Seit geraumer Zeit wird die Öffentlichkeit mit dem Thema Kindeswohlgefährdung bzw. Kindestötung durch die Medien konfrontiert.
Schicksale wie das von Kevin K. gelangten so zur trauriger Berühmtheit.
Der Gesetzgeber sah einen Anlass zur Novellierung der Kinder-
und Jugendhilfe zum einen, um einen effektiveren Schutz des Kindeswohls zu gewährleisten zum anderen, weil es wiederholte Strafverfahren wegen Verletzung der Garantenpflicht, gegen Mitarbeiter/innen der Jugendhilfe gab bzw. gibt.
Dies führte wiederum zu einer Verunsicherung und damit verbundener fachinterner Diskussion über das persönliche strafrechtliche Risiko unter den Sozialarbeitern sowie den Jugendämtern.
Bislang ging der Gesetzgeber davon aus, dass in § 50 Abs. 3 SGB VIII
(Mitwirkung in Verfahren vor dem Vormundschafts- und den Familiengerichten) das Anrufen des Gerichtes, wenn es dessen Tätigkeit für erforderlich hält, geregelt wäre.
An keiner Stelle wurde aber explizit geregelt, was das Jugendamt zunächst zu tun hat, um eine mögliche Gefährdung des Kindeswohls festzustellen.
Um eine genaue Risikoeinschätzung vornehmen zu können muss das Jugendamt nicht nur bestimmte Befugnisse haben, sondern eine Mitwirkung bei der Risikoeinschätzung muss auf Seiten der Eltern sowie der Kinder bzw. Jugendlichen verpflichtend gemacht werden.
Klare Regelungen im Bezug auf die Befugnisse im Zusammenhang mit der Informationsgewinnung und dem Verfahren der Risiko-einschätzung waren zwingend erforderlich.
Durch den „Beschuss“ der Jugendämter durch die Medien hat das Ansehen und das gesetzte Vertrauen in die Jugendämter sehr gelitten.
Der Gesetzgeber erhofft sich durch die Novellierung eine klare Handlungsleitlinie für die Jugendhilfe.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Fall Kevin K.
- Was bedeutet Kindeswohlgefährdung?
- Der Begriff „Kindeswohlgefährdung“
- § 8a SGB VIII und § 42 SGB VIII
- Aufbau und Entwicklung des § 8a VIII
- Funktionen des § 42 SGB VIII
- Der Unterschied zwischen dem § 8a SGB VIII und dem §42 SGB VIII
- Statistische Angaben
- Statistische Angaben zur Anzahl der Inobhutnahmen in NRW
- Statistische Angaben zu Misshandlungs- und Tötungsdelikten von Kindern
- Ausmaß von Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung in Deutschland
- Das Jugendamt
- Organisation und Aufgaben des Jugendamtes (§70 SGB VIII)
- Das Personal (§ 72 SGB VIII)
- Der Allgemeine Soziale Dienst (ASD)
- Garantenpflicht, staatliches Wächteramt, Amtsvormundschaft
- staatliches Wächteramt (Artikel 6 Abs. 2 GG)
- Garantenpflicht
- Amtsvormundschaft
- Implementierung des § 8a SGB VIII in der Arbeit des Jugendamtes
- „Gewichtige Anhaltspunkte“
- Kompetenzen der Fachkraft(e)
- „Mehrere Fachkräfte“, erfahrene Fachkräfte
- Handlungsschritte
- Hinweise zur Abschätzung des Gefährdungsrisikos
- Weitere Vorgehensweise
- Beschaffung von Informationen und Regelungen zum Hausbesuch
- Miteinbeziehung der Personenberechtigten und des Kindes/Jugendlichen
- Einleitung des Hilfeplanverfahrens
- Anrufung des Familiengerichtes
- Inobhutnahme
- Dokumentation
- Datenschutz
- Qualitätssicherung (Regelmäßige Unterrichtung und Auswertung)
- Kooperation zwischen Jugendamt und Familiengericht
- Unterstützung bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen (§ 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII)
- Mitwirkung des Jugendamtes im Verfahren vor dem Vormundschafts- und Familiengericht (§ 50 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII)
- Eigenständige Anrufung des Gerichtes, wenn das tätig werden des Familiengerichtes für erforderlich gehalten wird (§ 8a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII)
- Kritische Anmerkung
- Schlussfolgerung zum Fall Kevin
- Resümee
- Quellenverzeichnis
- Literatur
- Quellenangaben
- Seminarunterlagen
- Internet
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die gesetzlichen Regelungen und die praktische Umsetzung des Kindesschutzes im Kontext von Kindeswohlgefährdung. Im Fokus steht die Untersuchung der gesetzlichen Grundlagen, insbesondere § 8a und § 42 SGB VIII, und deren Anwendung im konkreten Fall Kevin K. Ziel ist es, die Herausforderungen und Problematiken der Kindeswohlgefährdung aufzuzeigen und mögliche Verbesserungen im System zu diskutieren.
- Analyse des Falles Kevin K. und der daraus resultierenden Gesetzesänderungen.
- Untersuchung der rechtlichen Grundlagen des Kindesschutzes in Deutschland.
- Bewertung der Rolle des Jugendamtes bei der Prävention und Intervention von Kindeswohlgefährdung.
- Klärung des Begriffs der Kindeswohlgefährdung und der damit verbundenen Risikoeinschätzung.
- Diskussion der Kooperation zwischen Jugendamt und Familiengericht.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beleuchtet den Kontext der Arbeit, ausgehend von medienwirksamen Fällen von Kindeswohlgefährdung und Kindestötung wie dem Fall Kevin K. Sie begründet die Notwendigkeit einer Novellierung des SGB VIII, um den Kinderschutz zu verbessern und die rechtliche Unsicherheit von Jugendamtsmitarbeitern zu reduzieren. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen werden als unzureichend dargestellt, da sie keine klaren Vorgaben für die Risikoeinschätzung und Informationsbeschaffung durch das Jugendamt bieten. Die negative Berichterstattung über Jugendämter und der daraus resultierende Vertrauensverlust werden ebenfalls thematisiert.
Fall Kevin K.: Dieses Kapitel beschreibt detailliert den Fall Kevin K., der als Anlass für die Gesetzesänderungen diente. Es werden die Umstände seines Todes, die Vorgeschichte der Familie (Drogenabhängigkeit, Gewalt), und die Ermittlungen gegen die zuständigen Mitarbeiter des Jugendamtes geschildert. Der Fokus liegt auf dem Versagen des Systems, trotz bekannter Risikofaktoren effektiv einzugreifen. Der Fall illustriert die tragischen Konsequenzen unzureichenden Kinderschutzes und der mangelnden interinstitutionellen Kooperation.
Was bedeutet Kindeswohlgefährdung?: Dieser Abschnitt definiert den Begriff "Kindeswohlgefährdung" und erläutert seine Bedeutung im Kontext des Kindesschutzes. Es werden die rechtlichen Grundlagen und die Kriterien für die Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung beleuchtet. Der Text analysiert den komplexen Prozess der Risikobewertung, unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren und Perspektiven. Dies bildet die Grundlage für das Verständnis der weiteren Kapitel.
§ 8a SGB VIII und § 42 SGB VIII: Dieses Kapitel befasst sich mit den zentralen Paragraphen des SGB VIII, die den rechtlichen Rahmen für den Kinderschutz bilden. Es analysiert den Aufbau und die Entwicklung des § 8a SGB VIII, beschreibt die Funktionen des § 42 SGB VIII und vergleicht beide Paragraphen. Die Analyse konzentriert sich auf die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen des Jugendamtes im Umgang mit Kindeswohlgefährdung und untersucht die Interaktion der beiden Paragraphen im praktischen Einsatz.
Statistische Angaben: Dieses Kapitel präsentiert statistische Daten zur Anzahl der Inobhutnahmen in NRW, zu Misshandlungs- und Tötungsdelikten von Kindern sowie zum Ausmaß von Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung in Deutschland. Die Daten dienen der Veranschaulichung der Problematik und unterstreichen die Relevanz des Themas. Sie liefern ein quantitatives Bild der Herausforderungen im Kinderschutz und setzen die einzelnen Fälle in einen größeren Kontext.
Das Jugendamt: Hier wird die Organisation und Aufgaben des Jugendamtes im Rahmen des SGB VIII beschrieben, sowie die Rolle des Personals und des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD). Der Schwerpunkt liegt auf der Garantenpflicht, dem staatlichen Wächteramt und der Amtsvormundschaft des Jugendamtes, mit deren Hilfe die gesetzlichen Aufgaben umgesetzt werden sollen. Die verschiedenen Verantwortlichkeiten und Befugnisse des Jugendamtes werden detailliert erörtert.
Implementierung des § 8a SGB VIII in der Arbeit des Jugendamtes: Dieses Kapitel erläutert die praktische Anwendung des § 8a SGB VIII in der täglichen Arbeit des Jugendamtes. Es beschreibt die notwendigen Schritte, beginnend mit der Feststellung „gewichtiger Anhaltspunkte“ bis hin zur Anrufung des Familiengerichts und der Inobhutnahme. Der Fokus liegt auf der Risikoeinschätzung, der Informationsbeschaffung, der Zusammenarbeit mit den Eltern und dem Kind, sowie der Dokumentation und Qualitätssicherung. Die Kompetenzen der Fachkräfte werden ebenso behandelt.
Kooperation zwischen Jugendamt und Familiengericht: Dieses Kapitel beschreibt die Zusammenarbeit zwischen dem Jugendamt und dem Familiengericht im Kontext von Kindeswohlgefährdung. Es werden die jeweiligen Rollen und Aufgaben der Institutionen beleuchtet und die Bedeutung einer effektiven Kooperation für den Kinderschutz hervorgehoben. Die Möglichkeiten und Grenzen der Zusammenarbeit sowie kritische Anmerkungen zur Praxis werden diskutiert.
Schlüsselwörter
Kindeswohlgefährdung, § 8a SGB VIII, § 42 SGB VIII, Jugendamt, Familiengericht, Garantenpflicht, Risikoeinschätzung, Kinderschutz, Inobhutnahme, Fall Kevin K., Hilfeplanverfahren, Amtsvormundschaft, statistische Daten, Sozialarbeit.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Kindeswohlgefährdung: Analyse des Falles Kevin K. und der gesetzlichen Regelungen"
Was ist der zentrale Gegenstand der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit analysiert die gesetzlichen Regelungen und die praktische Umsetzung des Kindesschutzes in Deutschland, insbesondere im Kontext von Kindeswohlgefährdung. Ein besonderer Fokus liegt auf der Untersuchung der gesetzlichen Grundlagen (§ 8a und § 42 SGB VIII) und deren Anwendung im konkreten Fall Kevin K., um Herausforderungen, Problematiken und mögliche Verbesserungen aufzuzeigen.
Welche gesetzlichen Grundlagen werden im Detail untersucht?
Die Arbeit befasst sich eingehend mit § 8a und § 42 des Sozialgesetzbuches VIII (SGB VIII). Es werden der Aufbau, die Entwicklung, die Funktionen und die Unterschiede beider Paragraphen analysiert, sowie deren praktische Anwendung in der Arbeit des Jugendamtes im Umgang mit Kindeswohlgefährdung.
Welche Rolle spielt der Fall Kevin K. in der Arbeit?
Der Fall Kevin K. dient als Fallbeispiel und Ausgangspunkt der Analyse. Die Arbeit beschreibt detailliert die Umstände seines Todes, die familiäre Vorgeschichte und das Versagen des Systems, trotz bekannter Risikofaktoren effektiv einzugreifen. Der Fall illustriert die tragischen Folgen unzureichenden Kinderschutzes und mangelnder interinstitutioneller Kooperation.
Wie wird der Begriff "Kindeswohlgefährdung" definiert und bewertet?
Die Arbeit definiert den Begriff "Kindeswohlgefährdung" und erläutert seine Bedeutung im Kontext des Kindesschutzes. Sie analysiert den komplexen Prozess der Risikobewertung, unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren und Perspektiven, um die Grundlage für das Verständnis der weiteren Kapitel zu schaffen.
Welche Rolle spielt das Jugendamt im Kinderschutz?
Die Arbeit beschreibt die Organisation, Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Jugendamtes im Rahmen des SGB VIII, einschließlich der Rolle des Personals und des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD). Besonderes Augenmerk liegt auf der Garantenpflicht, dem staatlichen Wächteramt und der Amtsvormundschaft des Jugendamtes.
Wie wird § 8a SGB VIII in der Praxis des Jugendamtes umgesetzt?
Die Arbeit erläutert die praktische Anwendung von § 8a SGB VIII, von der Feststellung „gewichtiger Anhaltspunkte“ bis zur Anrufung des Familiengerichts und der Inobhutnahme. Es werden die Schritte der Risikoeinschätzung, Informationsbeschaffung, Zusammenarbeit mit Eltern und Kind, Dokumentation und Qualitätssicherung detailliert beschrieben.
Welche Bedeutung hat die Kooperation zwischen Jugendamt und Familiengericht?
Die Arbeit betont die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und Familiengericht im Kontext von Kindeswohlgefährdung. Die jeweiligen Rollen, Aufgaben und die Möglichkeiten und Grenzen der Kooperation werden analysiert, um die Bedeutung einer effektiven Zusammenarbeit für den Kinderschutz hervorzuheben.
Welche statistischen Daten werden präsentiert?
Die Arbeit präsentiert statistische Daten zur Anzahl der Inobhutnahmen in NRW, zu Misshandlungs- und Tötungsdelikten von Kindern und zum Ausmaß von Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung in Deutschland. Diese Daten veranschaulichen die Problematik und unterstreichen die Relevanz des Themas.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit zieht Schlussfolgerungen aus der Analyse des Falles Kevin K. und den gesetzlichen Regelungen. Sie zeigt die Herausforderungen im Kinderschutz auf und diskutiert mögliche Verbesserungen im System.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Kindeswohlgefährdung, § 8a SGB VIII, § 42 SGB VIII, Jugendamt, Familiengericht, Garantenpflicht, Risikoeinschätzung, Kinderschutz, Inobhutnahme, Fall Kevin K., Hilfeplanverfahren, Amtsvormundschaft, statistische Daten, Sozialarbeit.
- Quote paper
- Tatjana Tomic (Author), 2009, Risikoabschätzung bei Kindeswohlgefährdung anhand des Falls von Kevin K. unter Berücksichtigung von §8a und §42 SGB VIII, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126760