Wann die Holländer begonnen haben, direkte Fahrten an die Ostküste Südamerikas zu unternehmen, ist mit Sicherheit nicht mehr festzustellen. Im 16. Jahrhundert wurde die von Portugal entdeckte brasilianische Küste auch von diesen in Verwaltung genommen und die Handelsprodukte von portugiesischen Handelsschiffen über Lissabon in Europa vertrieben. Deshalb waren die Handelsbeziehungen zwischen Holland und der Ostküste Südamerikas, die es seit etwa 1580 gab, relativ bedeutungslos. Der europäische Vertrieb der Waren war aber, ebenso auch der Vertrieb der Waren aus Ostindien, vornehmlich in holländischer Hand. Es war aber nicht zu übersehen, dass ab dem 17. Jahrhundert die europäischen Nationen, darunter natürlich auch Holland, den Spaniern und Portugiesen den Alleinbesitz Amerikas streitig machen wollten, waren doch die Gewinnmöglichkeiten vielversprechend. Es bestand ja nicht nur die Möglichkeit, durch den Gewinn von Edelmetallen möglichst schnell und mühelos reich zu werden -wobei es gleichgültig war, ob man fremde Schiffe ausraubte oder den Indianern das Gold und Silber wegnahm- sondern auch die Möglichkeit der Eröffnung neuer Absatzmärkte durch Siedlungs- und Pflanzerkolonien. Tropische Erzeugnisse wie Zuckerrohr, Edelhölzer Baumwolle oder Tabak waren in Europa stark gefragt. Zugleich lockte die Aussicht, in Gestalt eigener Kolonien einen neuen Absatzmarkt für die heimischen Produkte zu schaffen. Vorrausetzung dafür war jedoch die Gewinnung eigener kolonialer Herrschaftsgebiete in Amerika. Als ein neuer und gefährlicher Gegner der Portugiesen traten in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Holländer auf, deren Versuch, in Brasilien ein eigenes großes Kolonialreich zu gründen, auch vorübergehend Erfolg hatte. Ein Besonderes Kapitel der holländischen Kolonialgeschichte stellt die Herrschaftszeit von Johann Moritz von Nassau-Siegen in der brasilianischen Kolonie „Neu-Holland“ dar. Gemäß seinem Lebensmotto ‚Qua patet orbis’ („Soweit der Erdkreis reicht“), versuchte er, in Brasilien ein alternatives Kolonisationsmodell durchzusetzen, indem er allen in der Kolonie Lebenden Religionsfreiheit gewährte, eine Art „Erstes Südamerikanisches Parlament“ gründete und mit Hilfe einer Reihe von Maßnahmen versuchte, die Kolonie auch kulturell zu fördern, in dem er Künstler, Gelehrte, Architekten und Mediziner nach Brasilien holte. In der vorliegenden Arbeit soll die Entstehung und der Aufbau des holländischen Kolonialreiches in Brasilien beschrieben werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das holländische Kolonialreich in Brasilien
2.1. Die W.I.C. (West-Indische Compagnie)
2.2. Aufbau und Erweiterung der Kolonie in Brasilien
2.3. Die Herrschaftszeit von Johann Moritz von Nassau-Siegen
2.4. Niedergang und Kapitulation
3. Schlussbetrachtung
4. Bibliographie
4.1. Quellen
4.2. Sekundärliteratur
Einleitung
Wann die Holländer begonnen haben, direkte Fahrten an die Ostküste Südamerikas zu unternehmen, ist mit Sicherheit nicht mehr festzustellen. Im 16. Jahrhundert wurde die von Portugal entdeckte brasilianische Küste auch von diesen in Verwaltung genommen und die Handelsprodukte von portugiesischen Handelsschiffen über Lissabon in Europa vertrieben. Deshalb waren die Handelsbeziehungen zwischen Holland und der Ostküste Südamerikas, die es seit etwa 1580 gab, relativ bedeutungslos. Der europäische Vertrieb der Waren war aber, ebenso auch der Vertrieb der Waren aus Ostindien, vornehmlich in holländischer Hand. Es war aber nicht zu übersehen, dass ab dem 17. Jahrhundert die europäischen Nationen, darunter natürlich auch Holland, den Spaniern und Portugiesen den Alleinbesitz Amerikas streitig machen wollten, waren doch die Gewinnmöglichkeiten vielversprechend. Es bestand ja nicht nur die Möglichkeit, durch den Gewinn von Edelmetallen möglichst schnell und mühelos reich zu werden -wobei es gleichgültig war, ob man fremde Schiffe ausraubte oder den Indianern das Gold und Silber wegnahm- sondern auch die Möglichkeit der Eröffnung neuer Absatzmärkte durch Siedlungs- und Pflanzerkolonien. Tropische Erzeugnisse wie Zuckerrohr, Edelhölzer Baumwolle oder Tabak waren in Europa stark gefragt. Zugleich lockte die Aussicht, in Gestalt eigener Kolonien einen neuen Absatzmarkt für die heimischen Produkte zu schaffen. Vorrausetzung dafür war jedoch die Gewinnung eigener kolonialer Herrschaftsgebiete in Amerika. Als ein neuer und gefährlicher Gegner der Portugiesen traten in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Holländer auf, deren Versuch, in Brasilien ein eigenes großes Kolonialreich zu gründen, auch vorübergehend Erfolg hatte. Ein Besonderes Kapitel der holländischen Kolonialgeschichte stellt die Herrschaftszeit von Johann Moritz von Nassau-Siegen in der brasilianischen Kolonie „Neu-Holland“ dar. Gemäß seinem Lebensmotto ‚ Qua patet orbis’ („Soweit der Erdkreis reicht“), versuchte er, in Brasilien ein alternatives Kolonisationsmodell durchzusetzen, indem er allen in der Kolonie Lebenden Religionsfreiheit gewährte, eine Art „Erstes Südamerikanisches Parlament“ gründete und mit Hilfe einer Reihe von Maßnahmen versuchte, die Kolonie auch kulturell zu fördern, in dem er Künstler, Gelehrte, Architekten und Mediziner nach Brasilien holte. In der vorliegenden Arbeit soll die Entstehung und der Aufbau des holländischen Kolonialreiches in Brasilien beschrieben werden. Insbesondere wird die Herrschaftszeit von Johann Moritz von Nassau-Siegen (1637-1644) thematisiert werden. Abschließend soll die Bedeutung der Statthalterschaft von Johann Moritz von Nassau-Siegen diskutiert werden.
2. Das holländische Kolonialreich in Brasilien
2.1. Die W.I.C. (West-Indische Compagnie)
Karl I von Spanien übertrug seinem Sohn Phillip II 1555 die Herrschaft über die spanischen Besitzungen in den Niederlanden.[1] Unter der Führung Wilhelms von Oranien bildete sich im Laufe der nächsten Jahre eine Opposition gegen die Fremdherrschaft der Spanier, die 1568 in einen Krieg mündete. 1581 erklärten die Nordprovinzen ihre Unabhängigkeit von Spanien. Aufgrund der Personalunion von Spanien und Portugal, die 1580 ihren Anfang nahm, begann der spanische König, den Handel der Holländer mit Portugal zu unterbinden, sodass die Holländer nach einer direkten Verbindung zu den reichen Kolonien Ausschau hielten. Dies waren jedoch weitestgehend Unternehmungen einzelner Handelsgesellschaften, die mit großen Gefahren und somit hohen Kosten verbunden waren. So entstand die Idee zur Gründung einer Westindischen Kompanie, deren geistiger Vater der Kaufmann Willem Usselinx war. Er sah in einer Westindischen Kompanie vor allem Möglichkeiten zu Koloniegründungen und zur Erschließung neuer Beschaffungs- und Absatzmärkte.[2] Durch die Personalunion von Spanien und Portugal brauchte man keine Rücksicht mehr auf die befreundeten Portugiesen zu nehmen, um eine Verbindung mit den Gewürzländern anzustreben.[3] Usselinx versuchte trotz Widerstand die Gründung voranzutreiben, scheiterte jedoch, als 1609 ein zwölfjähriger Waffenstillstand zwischen Spanien und Holland geschlossen wurde. In der Zeit des Waffenstillstands trieben die Holländer für Portugal Handel mit Südamerika. Geschätzt wurden vor allem ihre soliden Schiffe mit großen Laderäumen. Zu diesem Zweck gründeten die Holländer Handelsfilialen in Vianna und Oporto.[4] Lissabon wurde aufgrund der hohen Zuckerzölle gemieden.
Als 1621 der Waffenstillstandsvertrag auslaufen sollte, kämpften die holländischen Kriegsbefürworter gegen die Kriegsgegner, die den Waffenstillstand mit Spanien verlängern wollten. Die Kriegsbefürworter gewannen die innenpolitische Auseinandersetzung und hatten nun auch wieder Gründe, eine Westindische Kompanie zu gründen: Nicht die Gründung von Kolonien stand im Vordergrund, sondern der Kampf gegen Spanien. Am 3.6. 1621 gelang schließlich die Gründung der Westindischen Kompanie (W.I.C.).
Die W.I.C. erhielt ein 24jähriges Handelsmonopol für die Westküste Afrikas bis zum Kap der guten Hoffnung, Nord- und Südamerika und den Stillen Ozean östlich von Neuguinea.[5] Weiterhin bekam sie das Recht zur Schließung von Handelsverträgen und Allianzen mit den Einheimischen.[6] In Struktur und Organisation ähnelte die W.I.C. der bereits 1602 gegründeten Ostindischen Kompanie.[7] Sie bestand aus fünf Kammern mit unterschiedlichen Anteilen und Sitz in Amsterdam, Middelburg, Maasquartier, Norderquartier und Groningen. Amsterdam hatte acht, Middelburg vier und die übrigen Kammern je zwei Anteile. Aus den Kammern wurden jeweils den Anteilen entsprechend viele Direktoren in den sogenannten „Rat der XIX“ entsandt, welcher die Oberaufsicht hatte, bzw. die Hauptverantwortung trug. Die zentrale Aufgabe der W.I.C. bestand darin, dem Feind Spanien zu schaden. Dies sollte erreicht werden, indem die Besitzungen Spaniens in der neuen Welt angegriffen werden sollten. Der Plan war, die spanischen Kräfte durch einen Krieg an vielen Fronten und weit auseinanderliegenden Schauplätzen zu zersplittern und zu entkräften.[8] Dieses Ziel der W.I.C. einerseits und ihr Machtbereich mit wenig günstigen Aussichten auf einen raschen Gewinn andererseits lösten unter den Investoren viele Bedenken aus.[9] Das Abfangen der Silberflotten der Spanier erforderte erheblich mehr Mittel als die Ablenkung des Gewürzhandels zu Gunsten der Holländer. Auch gab es in Amerika keine der begehrten Gewürze. Das Gründungskapital von sieben Millionen Gulden konnte somit erst 1623, also zwei Jahre später, aufgebracht werden. Allein die Ostindische Kompanie musste eine Million Gulden zur Unterstützung der W.I.C. aufbringen, ansonsten drohte man ihr mit Entzug der Oktroi (Lizenz).
2.2. Aufbau und Erweiterung der Kolonie in Brasilien
Nachdem das Gründungskapital für die W.I.C. aufgebracht worden war, brachen 1624 23 Schiffe in Richtung Brasilien und Angola auf.
Obwohl das Ziel der Holländer darin bestand, Spanien zu schaden, wurden die Kolonien Portugals angegriffen. Die Holländer vermuteten aber, dass die Kolonien der Portugiesen weniger gut geschützt seien. Portugal wurde als der schwächere Partner in der Personalunion angesehen, die spanischen Truppen waren viel erfahrener und den portugiesischen Truppen weit überlegen. Daher war fraglich, ob Spanien Geld ausgeben würde, um Portugals Kolonien zu beschützen, wenn diese angegriffen werden würden. So wollte man über Brasilien auch an die Silberminen von Mexiko und Peru gelangen, die im spanischen Kolonialreich lagen.
Die holländische Unternehmung in Angola war 1624 nicht erfolgreich, eine portugiesische Flotte verhinderte die Einnahme. Dem Admiral Jakob Willekens gelang aber zusammen mit seinem Vizeadmiral Piet Hein in einem Überraschungscoup die Einnahme Bahias. Ihre Beute bestand aus wertvollen Brasilholz und etwa 3.900 Kisten Zucker[10]. Portugal unterschätzte zuerst das Verhalten der Holländer, man glaubte, dass sie nach der Plünderung Bahias flüchten würden.[11] Als dies nicht geschah, schickte Portugal eine kleine Flotte nach Brasilien, die jedoch wenig erfolgreich war. Erst im Februar 1625 bricht eine große spanisch-portugiesische Flotte, bestehend aus 52 gut ausgerüsteten Schiffen, auf, um Bahia zurück zu erobern. Die Portugiesen, die aus Bahia geflüchtet waren, belagerten nämlich die Stadt. Dadurch waren die Holländer eingeschlossen und mussten ebenfalls auf Unterstützung aus dem Mutterland warten. Die portugiesische Flotte war jedoch schneller und zwang die Holländer 1625 zur Kapitulation. Die holländische Flotte kam zu spät und segelte an der Küste entlang über Westindien zurück.
Für die W.I.C. bedeutete diese Unternehmung einen herben finanziellen Verlust. Ihr fehlte das Kapital für neue Aktionen und es wurde beschlossen, sich dieses durch Kaperfahrten auf spanischen und portugiesischen Handelsrouten zu verschaffen.[12]
Es folgten Kämpfe in der Karibik und im Atlantik, in deren Verlauf im September 1628 Piet Hein die spanische Silberflotte kapern konnte. Seine Beute bestand aus Silber, Gold, Perlen und Zucker im Gesamtwert von 15 Millionen Gulden[13].
1630 konnte von den Holländern ein neuer Versuch unternommen werden, sich in der portugiesischen Kolonie Brasilien festzusetzen. Da die Portugiesen inzwischen in Bahia ihre Truppen verstärkt hatten, wurde ein neues Ziel gewählt: die reichste aller Kapitanien Pernambuco mit ihrer Hauptstadt Olinda und dem Hafen Recife. Mit Hilfe der größten Flotte, die Holland je nach Amerika geschickt hat, bestehend aus 65 Schiffen mit 3900 Seeleuten und 3500 Soldaten, gelang es, Olinda und Recife zu erobern.[14] Die Holländer errichteten die ersten Forts und richteten einen politischen Rat ein. Diese oberste Behörde bestand zuerst aus vier Mitgliedern, wurde aber im Laufe des Jahres 1630 um zwei weitere Mitglieder erweitert.[15] Außerhalb von Olinda gründeten die geflüchteten Portugiesen jedoch ein Widerstandslager. So wurde den Invasoren die Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln so erschwert, dass sie auf Unterstützung aus dem Mutterland angewiesen waren. Die Hilfsflotten trafen zwischen Dezember 1630 und April 1631 ein und waren stark genug, um den Spaniern und Portugiesen den Ernst der Lage vor Augen zu führen. Diese verloren viel Zeit mit der Diskussion um die Verantwortung und Höhe der Hilfen, sodass erst im Mai 1631 eine spanisch-portugiesische Flotte nach Brasilien aufbrach.[16] Im September des gleichen Jahres lieferte sie sich mit der holländischen Flotte eine gewaltige Seeschlacht. Trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit der iberischen Flotte konnte diese nicht als Sieger aus der Schlacht hervorgehen und auf beiden Seiten entstand großer Schaden.
[...]
[1] Luxemburg, Brabant, Flandern, Artois, Hainaut
[2] Boxer, C., R.: The Dutch in Brazil 1624-1654 , Oxford, 1957, S.3
[3] Wätjen, H.: Holland und Brasilien im 17 . Jahrhundert , in: Hansische Geschichtsblätter, Jahrgang 1911, Band XVII, S.455, im folgenden zitiert als Holland und Brasilien
[4] Wätjen, H.: Holland und Brasilien, S.457
[5] Wätjen, H.: Das holländische Kolonialreich in Brasilien, Gotha, 1921, S.34;
[6] ebd.
[7] Zum Aufbau der W.I.C. siehe, Wätjen, H.: Das holländische Kolonialreich in Brasilien, Gotha, 1921, S.25 ff
[8] ebd. S.35
[9] Werner Sombart bemerkte zur W.I.C., sie sei „nichts anderes als eine halbkriegerische, mit Hoheitsrechten und staatlichen Machtmitteln ausgestattete Eroberungsgesellschaft“. („Der Bourgeois“, 1913, S.98)
[10] Wätjen, H.: Das holländische Kolonialreich in Brasilien, Gotha, 1921, S.41
[11] Handelmann, H.: Geschichte von Brasilien, Zürich, 1987, S.67
[12] ebd.
[13] Wätjen, H.: Das holländische Kolonialreich in Brasilien, Gotha 1921, S.41
[14] ebd., S.47
[15] ebd., S.52
[16] Boxer, C., R.: The Dutch in Brazil 1624-1654, Oxford, 1957, S.47
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