Viele haben Vorurteile gegenüber Hartz-IV-Empfängern. Doch welche Rollen spielen unsere (Massen-) Medien bei der Beeinflussung der Wahrnehmung der Leistungsempfänger in unserer Gesellschaft?
In den Medien wird die Meinung, durch die Wahl der Begriffe und die Ausdrucksweise stark beeinflusst. Oft tauchen in den Medien Überschriften auf, wie "Wohlfahrt als Hauptstörfaktor für den Standort D", in welchen vermittelt wird, dass "wir" uns den Wohlfahrtsstaat nicht mehr leisten könnten. Somit steht dieser im Kreuzfeuer der Kritik und in einer Krise, welche er jedoch nicht selbst hervorgerufen hat. Den Beziehern von Sozialhilfen und Hartz IV wird damit vorgeworfen, den deutschen Staat in bestimmter Weise auszurauben und auszunutzen. Auch hier sind die gewählten Begriffe der Medien nicht objektiv, sondern setzen Vorurteile voraus und sind abwertend. Insgesamt kann man die mediale Berichterstattung über die Reformmaßnahmen seit 2002 in drei Stadien gliedern. Diese sollen in dem folgenden Essay erötert werden.
Leistet die Medienöffentlichkeit einen Beitrag zur Stigmatisierung von Hartz IV-Empfängern?
„Arm durch Arbeit, reich durch Hartz IV“ (Butterwege 2018: 251).
Trägheit, Missbrauch, Drückeberger, Faulenzer und Sozialschmarotzer.
Jeder Zweite hat Vorurteile gegenüber Hartz IV-Empfängern (derwesten).
Oft werden Leistungsempfänger des Hartz IVs, als solche dargestellt und von einer breiten Masse der Bevölkerung als solche wahrgenommen. Es gibt zahlreiche Vorurteile gegenüber diesen Menschen und oft werden sie für gesellschaftliche Fehlentwicklungen, ökonomische Krisenerscheinungen und politische Pannen verantwortlich gemacht (Butterwege 2018: 245).
Doch welche Rollen spielen unsere (Massen-) Medien bei der Beeinflussung der Wahrnehmung der Leistungsempfänger in unserer Gesellschaft?
Auch Politiker, wie beispielsweise Gerhard Schröder, zu seiner Amtszeit als Kanzler, wurde als sogenannter ´Medien Kanzler´ betitelt, da er nicht autonom handelte, sondern sich von den publizistischen Medien zu sehr beeinflussen lies. Er war der Meinung, dass diejenigen, welche arbeiten könnten, es jedoch nicht wollen würden, keine Hoffnung auf Solidarität haben sollten: „Wer arbeitsfähig ist, aber einen zumutbaren Job ablehnt, dem kann die Unterstützung gekürzt werden. Das ist richtig so“ (Butterwege 2018: 245). Des Weiteren forderte er mehr Härte im Umgang mit ´Faulpelzen´. Allein das Wort ´Faulpelze´, impliziert Abneigung gegenüber diesen Menschen und ist keineswegs objektiv, sondern viel mehr wertend. Unter anderem durch solche Äußerungen und Schaffung von Vorurteilen, wurden erwerbstätige Transferbezieher, vor allem im medialen Mainstream, für gesellschaftliche Fehlentwicklungen, ökonomische Krisenentscheidungen und politische Pannen verantwortlich gemacht. Sie wurden damit zum Sündenbock der Gesellschaft (Butterwege 2018: 245).
In den Medien wird die Meinung, durch die Wahl der Begriffe und die Ausdrucksweise stark beeinflusst. Oft tauchen in den Medien Überschriften auf, wie „Wohlfahrt als Hauptstörfaktor für den Standort D“, in welchen vermittelt wird, dass ´wir´ uns den Wohlfahrtsstaat nicht mehr leisten könnten (Butterwege 2018: 246). Somit steht dieser im ´Kreuzfeuer der Kritik´ und in einer Krise, welche er jedoch nicht selbst hervorgerufen hat (Butterwege 2014: 73) Den Beziehern von Sozialhilfen und Hartz IV wird damit vorgeworfen den deutschen Staat in bestimmter Weise auszurauben und auszunutzen. Auch hier sind die gewählten Begriffe der Medien nicht objektiv, sondern setzen Vorurteile voraus und sind abwertend.
Insgesamt kann man die mediale Berichterstattung über die Reformmaßnahmen seit 2002 in drei Stadien gliedern.
Die erste Phase dauerte bis zum ersten Januar 2005. Sie stellte die Phase der übertriebenen Erwartungen und der Anfangseuphorie der Journalisten und Journalistinnen dar (Butterwege 2018: 246). Die darauffolgende Phase war auf Grund der überschrittenen Schwelle von fünf Millionen Arbeitslosen, nach dem 04. Mai geprägt, durch Ernüchterung und Enttäuschung (Butterwege 2018: 246). In der dritten Phase, kennzeichnete sich das Senken der Erwerbslosigkeit 2006/ 2007, durch konjunkturelle Einflüsse, wodurch Deutschland im Gegensatz zu den anderen EU Mitgliedern, besser durch die Weltwirtschaftskrise und die Währungskrise (2008) kam. Dadurch entwickelte sich eine Phase der neuerlichen Überheblichkeit, der Fehlinterpretation und der wiedererweckenden Illusion hinsichtlich der Wirksamkeit von Hartz IV (Butterwege 2018: 246). Die (Massen-) Medien waren der Katalysator der Agenda 2010 der Hartz IV Gesetze (Butterwege 2018: 246).
2005, als das erste Mal nach der Nachkriegszeit die Arbeitslosenzahlstieg und die fünf Millionen Schwelle überschritt, reagierten die deutschen Medien sehr empört. Zahlreiche JournalistInnen sahen das zentrale Reformwerk der rot-grün Koalition diskreditiert (Butterwege 2018: 247). Der „Stern“, der „Spiegel“ und die „Zeit“, welche anfangs als Einpeitscher der Hartz IV Gesetzgebung fungierten, gingen nach den Pannen der Hartz IV Implementation deutlich auf Distanz zu den Reformwerken (Butterwege 2018: 247).
Ein Beispiel dafür, ist die Titelgeschichte des „Spiegel“, am 22. Mai 2005: „Orgie von Verschwendung, Ineffizienz und Bürokratie“ (Butterwege 2018: 248). Die Realität der Reformen, würden milliardenschwere Verluste, ´Abzockerei´ und eine Wirkung auf dem Arbeitsmarkt, welche gegen null tendiere, darstellen.
Doch nicht nur in den Massenmedien sind die Hartz IV Gesetze Thema. Auch in Forschungszentren kommen diese zu sprechen. 2006 sagte Alexander Spermann, welcher Forschungsbereichsleiter von „Arbeitsmärkte, Personalmanagement und soziale Sicherung“, am Zentrum für europäische Wirtschaftsordnung (ZEW) war, dass das Arbeitslosengeld II, „schrittweise und mit Fingerspitzengefühl je nach Bedarfslage und verfassungskonform auf ein physisches Existenzminimum abgeschmolzen“ werden müsse (Butterwege 2018: 248f). Dadurch wird das falsche Bild erweckt, dass Hartz IV Bezieher durch ihre erworbenen Leistungen ein bequemes Leben, auf Kosten des Staates führen könnten, ohne jegliche Arbeit zu erbringen. Dabei reicht das Arbeitslosengeld II oft nicht aus, sondern ist unzureichend (Butterwege 2018: 252). Beispielsweise reicht es nicht aus, wenn eine unerwartete Reparatur gezahlt werden muss. Auch wenn die beziehenden Familien Kinder haben, welche die Schule besuchen und Nachhilfe benötigen, reicht das Arbeitslosengeld II nicht aus. Dadurch könnte die Frage entstehen, ob Kinder aus sozial schwächeren Familien, wie beispielsweise Hartz IV-Empfänger, schlechtere Chancen in ihrem Bildungsweg haben. Des Weiteren impliziert seine Aussage, dass es unfair sei, dass andere Menschen durch die gezahlten Steuern, dass Leben anderer finanzieren, welche womöglich zu faul sein um zu arbeiten.
Auch in den Medien, wird dargestellt, dass man mit dem Beziehen des Arbeitslosengeldes in ´Saus und Braus´ leben könne (Butterwege 2018: 250). Beispielsweise in der „BILD“ Zeitschrift, wird das Leben von Hartz IV-Empfängern als Luxus Leben dargestellt (Butterwege 2018: 254). Häufig wird auf den Leistungsmissbrauch aufmerksam gemacht, wie zum Beispiel in dem Artikel der „BILD“ am 17. Oktober 2005: „Die üblen Tricks der Hartz IV Schmarotzer! Und wir müssen zahlen“ (Butterwege 2018: 254). In diesem wurden die fünf schlimmsten Fälle von Hartz IV Missbrauch geschildert. Darunter häufig Ausländer, welche trotz des Beziehens von Hartz IV in ihrer Heimat leben würden.
Die Überrepräsentation von Migranten als ´Abzocker´ ist in den Medien häufig ein Thema und diese werden als vermeintliche Hartz IV Betrüger entlarvt: „Missbrauch von Türken“, „Türkische Familie baut Luxus Villa mit Hartz IV“ (Butterwege 2018: 255). Durch das Angreifen von ´Armutsmigranten´, entsteht außerdem eine Verbindung zum Rassismus (Butterwege 2018: 258).
Beispielsweise durch Artikelüberschriften wie „Osteuropäer sitzen in gepackten Koffern“ und „Europas Ärmste auf dem Weg nach Deutschland“, entsteht eine Furcht vor unkontrollierbaren Migrationsbewegungen und dem Wohlstandsverlust der Einheimischen (Butterwege 2018: 259). Jedoch ist die Quote der osteuropäischen Migranten, vor allem in ´Boomtowns´ des Südwestens der BRD und des Rhein Main Gebiets, sehr niedrig. Diese suchen genau wie Erwerblose Deutsche, auch nach einer Arbeitsstelle (Butterwege 2018: 260).
Wären die Langzeitarbeitslosen alles lediglich Betrüger, hätte der Wohlfahrtsstaat seine Existenzberechtigung verloren.
In den (Massen-) Medien bleibt die viel höhere Zahl der Fälle, in welchen eigentlich Anspruchsberechtigte, aus verschiedenen Gründen, kein Arbeitslosengeld zwei, oder Sozialhilfe beziehen und erhalten, unbeachtet. Die Gründe können dabei unterschiedlich sein, wie die Unkenntnis über Zuständigkeiten, die Verachtung von ihren Mitbürgern und Mitbürgerinnen oder Scham vor Freunden und der Familie. Der Fokus wird ausschließlich auf den kleinen Prozentsatz der Betrugsfälle gelegt (Butterwege 2018: 256). Allein, dass aus Scham, Stolz oder der Angst vor Verachtung kein Antrag auf das Arbeitslosengeld oder die Sozialhilfe gestellt wird, zeigt welchen enormen Einfluss die Bilder und Vorurteile haben, welche in den Medien publik gemacht werden.
Zudem hat das Institut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WSI), den massenhaften Sozialmissbrauch als Mythos entlarvt. Es gäbe andere Gründe für den Kostenanstieg im Hartz IV System, wie die wachsende Anzahl von Langzeiterwerbslosen (Butterwege 2018: 252).
Einige sehen sowohl Hartz IV, als auch die Leih- und Zeitarbeit als eine Verschärfung der Probleme auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft (Butterwege 2018: 249). Beispielsweise der „Stern“ schrieb, dass statt ´Arbeit unter allen Umständen´, Hartz IV den Weg zu einem gesellschaftlichen Grundeinkommens ermöglicht hätte und damit die Arbeit verhöhnen würde und im Gegensatz dazu, dass Nichtstun belohnen würde (Butterwege 2018: 251). Dadurch würde sich für einen breiten Teil der Bevölkerung Hartz IV, als ein Lebensmodell anbieten. Außerdem wird das Bild vermittelt, dass man mit dem Beziehen des Arbeitslosengeldes besser leben könnte, als wenn man arbeiten würde.
Insgesamt wurde deutlich, dass die Medien einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung der Hartz IV-Empfänger haben und diese eine bewusste Intention verfolgen. Sie tragen eindeutig zu einer Stigmatisierung von Hartz IV-Empfängern bei.
Hartz IV an sich, klingt bereits hart, harsch, kalt und brutal (Butterwege 2018: 253). Durch die verwendeten Begriffe, wie ´Schmarotzer´, ´Faulenzer´ und ´Drückeberger´ in den Artikeln, werden die Bezieher dieser Leistungen bereits negativ dargestellt und mit Vorurteilen belastet. Erwerbstätige Personen und Steuerzahler bekommen durch das zahlreiche lesen von Missbrauchsfällen von Hartz IV Beziehern, dass Gefühl, dass die Leistungsempfänger nicht verarmt seien, sondern die Steuerzahler ausgebeutet werden. Dadurch wären die Empfänger die wahren Kapitalisten des Systems (Butterwege 2018: 251f). Dabei werden die zahlreichen Fälle, in denen die Leistungen für beziehende Personen und Familien nicht ausreichen, aus und vor gelassen und bewusst ignoriert. Durch das Darstellen von Einzelfällen als Beweismittel, wird zudem nur die halbe Wahrheit an den Leser vermittelt und die andere Seite bleibt unbeachtet (Uske 1995: 53).
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- Citation du texte
- Anonyme,, 2019, Leistet die Medienöffentlichkeit einen Beitrag zur Stigmatisierung von Hartz IV-Empfängern?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1266244
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