In dieser Arbeit dient die Sitcom „Blockbustaz“ als Untersuchungsobjekt. Das junge Format lief erstmals im Jahr 2016 auf ZDFneo. Aktuell wird dort die zweite Staffel ausgestrahlt. Im Fokus steht das Leben mehrerer Charaktere in einer Kölner Plattenbausiedlung. Die meist arbeitslosen Bewohner treffen in jeder Folge auf eine neue Herausforderung, die sie auf ihre ganz eigene Art und Weise bewältigen. Die Nutzung von stereotypischen, zugespitzten und teils übertriebenen Situationen erzeugt einen spezifischen Humor, der bei vielen Journalisten auf Kritik stieß. Daher stellt sich „Blockbustaz“ im Hinblick auf die Nutzung von Stereotypen als interessantes Untersuchungsobjekt dar. Kann der gezielte Einsatz von Stereotypen eine spezifische Funktion erfüllen? Inwiefern beeinflusst die Darstellung von Arbeitslosen, Menschen mit Migrationshintergrund, Geschlechtern und allgemein sozialer Klassen unsere Einstellung zu diesen Gruppen? Wird solch eine Darstellung von den Zuschauern als humorvoll oder als überspitzt angesehen?
Um diese und weitere Fragestellungen zu untersuchen, besteht das Interesse dieser Forschungsarbeit darin, die Auswirkung von Stereotypen in audiovisuellen Darbietungen zu analysieren. Stereotype treten primär in Formaten mit einem hohen Gehalt an Komik und Humor auf. Sitcoms stellen somit einen Spielraum für die Nutzung von stereotypischen Bildern bereit. Neben der Unterhaltung sollen bei dem Einsatz von Stereotypen allerdings auch Wissen und Werte vermittelt werden. Demnach ist es interessant zu erforschen, welche Rolle Stereotypen in Sitcoms für den Rezipienten einnehmen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Das Stereotyp
2.2 Stereotypen in Film und Fernsehen
2.3 Die Sitcom als Format
2.4 Soziologische Aspekte der Arbeitslosigkeit
3. Die Sitcom „Blockbustaz“
3.1 Inhaltsangabe „Blockbustaz“
3.2 Folge 3: „Elterninitiative“
3.3 Rollenprofile
3.3.1. Sol Berger
3.3.2 Jessica Meissner
3.3.3 Lisa Meissner
3.3.4 Anna
3.3.5 Harald
3.3.6 Ronald Meissner
3.3.7 Volkan
3.4 Konzept der Sitcom „Blockbustaz“
4. Methodisches Vorgehen
4.1 Themenwahl
4.2 Qualitative Interviews
4.3 Das Fokussierte Interview
4.4 Sample
4.5 Datenerfassung
4.6 Die Themenanalyse
5. Ergebnisdarstellung
5.1 „Blockbustaz“ als Format
5.2 Figuren als Stereotype
5.2.1 Figur Anna
5.2.2 Figur Harald
5.2.3 Figur Jessica
5.2.4 Figur Sol
5.2.5 Figur Lisa
5.2.6 Figur Volkan
5.2.7 Figur Ronald
5.3 Stereotyp des Hartz-IV-Empfängers
5.4 Geschlechterstereotypen
5.5 Stereotyp eines Plattenbaubewohners
5.6 Zusammenfassung Stereotype
5.7 Beantwortung der Forschungsfrage
6. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Mediale Inhalte beeinflussen die Wahrnehmungswelten ihrer Rezipienten und zeigen Deutungen auf, welche die soziale Wirklichkeit verändern (Keppler, 2005). Filme und Serien geben ein Bild der gesellschaftlichen Wirklichkeit wieder, welches als solches nicht mit der Realität übereinstimmt (Keppler, 2006). Dabei darf die „Medienwirklichkeit“ nicht mit der Alltagswirklichkeit gleichgesetzt werden (Keppler, 2015). Insbesondere die Nutzung von Stereotypen findet in vielen audiovisuellen Produkten ihre Geltung, wodurch die Rekonstruktion der Realität deutlich beeinflusst wird. Doch kann der gezielte Einsatz von Stereotypen eine spezifische Funktion erfüllen? Inwiefern beeinflusst die Darstellung von Arbeitslosen1, Menschen mit Migrationshintergrund, Geschlechtern und allgemein sozialer Klassen unsere Einstellung zu diesen Gruppen? Wird solch eine Darstellung von den Zuschauern als humorvoll oder als überspitzt angesehen?
Um diese und weitere Fragestellungen zu untersuchen, besteht das Interesse dieser Forschungsarbeit darin, die Auswirkung von Stereotypen in audiovisuellen Darbietungen zu analysieren. Stereotype treten primär in Formaten mit einem hohen Gehalt an Komik und Humor auf (Holzer, 1999). Sitcoms stellen somit einen Spielraum für die Nutzung von stereotypischen Bildern bereit. Neben der Unterhaltung sollen bei dem Einsatz von Stereotypen allerdings auch Wissen und Werte vermittelt werden (Mills, 2004). Demnach ist es interessant zu erforschen, welche Rolle Stereotypen in Sitcoms für den Rezipienten einnehmen.
In dieser Arbeit dient die Sitcom „Blockbustaz“ als Untersuchungsobjekt. Das junge Format lief erstmals im Jahr 2016 auf ZDFneo. Aktuell wird dort die zweite Staffel ausgestrahlt. Im Fokus steht das Leben mehrerer Charaktere in einer Kölner Plattenbausiedlung. Die meist arbeitslosen Bewohner treffen in jeder Folge auf eine neue Herausforderung, die sie auf ihre ganz eigene Art und Weise bewältigen. Die Nutzung von stereotypischen, zugespitzten und teils übertriebenen Situationen erzeugt einen spezifischen Humor, der bei vielen Journalisten auf Kritik stieß (Gerhardt, 2016; Löbel, 2016; Witzeck, 2018; Wolff, 2016). Daher stellt sich „Blockbustaz“ im Hinblick auf die Nutzung von Stereotypen als interessantes Untersuchungsobjekt dar.
Zu Beginn wird die Thematik der Arbeit in einen theoretischen Kontext eingebettet. Hierbei wird der Terminus „Stereotyp“ definiert und dessen Anwendung in Film und Fernsehen veranschaulicht. Danach erfolgt die Vorstellung der Sitcom „Blockbus- taz“ und die begründete Auswahl der Folge „Elterninitiative“ als Untersuchungseinheit. Im methodischen Teil wird die Bedeutung der qualitativen Interviews expliziert und die Methode des Fokussierten Interviews nach Merton und Kendall (1946) und dessen Auswahl dargestellt. Im Anschluss wird der Verlauf der Studie skizziert, sowie die Rekrutierung der Teilnehmer2 beschrieben. Beruhend auf der Transkription der Interviews wird die Datenanalyse durchgeführt, die sich an der Themenanalyse nach Froschauer und Lueger (2003) orientiert. Abschließend werden die Themen der einzelnen Interviews miteinander verglichen und Theorien zu der Rolle von Stereotypen in Sitcoms aufgestellt. Zuletzt soll die Forschungsfrage beantwortet und die Ergebnisse im Hinblick auf noch bestehenden Forschungsbedarf kritisch reflektiert werden.
2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Das Stereotyp
Der Terminus „Stereotyp“ stammt von den griechischen Begriffen stereos und typos ab. Ersteres bezieht sich auf einen festen beziehungsweise harten Zustand. Typos ist ein Substantiv, welches für eine Gruppe mit bestimmten Merkmalen steht. Zusammengefügt beschreibt der Terminus also eine feste Gruppe mit spezifischen Merkmalen. In der Gegenwart werden dem Ausdruck „Stereotyp“ in vielen Fachrichtungen unterschiedliche Bedeutungen zugeschrieben. Die Definition, die für diese Forschungsarbeit relevant ist, bezieht sich auf den Kerngedanken, den Lippmann (1922) in seinem Werk „Public Opinion“ erstmalig veröffentlichte. Zunächst beschreibt er Stereotype als Bilder in unseren Köpfen, wobei es sich um kognitive Formen handelt, die von unserer Gesellschaft geprägt werden. Des Weiteren geht es dabei um die Wahrnehmung fremder Gruppen und Kulturen, die unser Denken beeinflussen.
Mit Stereotyp wird kein allgemein geteiltes Konzept beschrieben. Schweinitz (2006) differenziert an dieser Stelle zwischen vorurteilshaften Vorstellungen über Fremde, die gesellschaftlich verbreitet sind und narrativen Wiederholungsformen normierter Bilder (S. 3). Primär ersteres bezieht sich auf die Reflektion von Menschenbildern, die in der weiteren Forschungsarbeit besondere Aufmerksamkeit erhält. Der Fokus liegt auf der vereinfachten, zufälligen und oberflächlichen Meinung über eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe. Solche Fremdbilder sind essentielle Bestandteile interkultureller Identitätsbilder und kollektiver Kommunikation (Havas, 2013). Es handelt sich dabei um sozial geteilte Vorstellungen über besondere Eigenschaften und Verhaltensmuster fremder Gruppen, die als typisch wahrgenommen werden. Schweinitz (2006) fasst alle relevanten Bestimmungen des Konstrukts zusammen:
Stereotype seien (1.) beim Individuum relativ dauerhaft mental verankert (Stabilität), sie seien (2.) intersubjektiv innerhalb bestimmter sozialer Formationen verbreitet, für die sie Konsens stiftende oder normierende Funktionen besitzen (Konformität), sie würden daher (3.) nicht oder selten auf unmittelbar eigener Erfahrung beruhen, sondern primär gesellschaftlich - kommunikativ - vermittelt (Second- Hand-Charakter) sein, außerdem seien sie (4.) auf simple Kombinationen weniger Merkmale beschränkt (Reduktion) sowie (5.) mit starken Gefühlen besetzt (affektive Färbung). Schließlich würden sie (6.) als Automatismen massiv in die Wahrnehmungs- und Urteilsprozesse eingreifen, sie leiten, ja überformen (Schablonenwirkung). Aus solcher Perspektive verbindet sich der Begriff nun, wenn es um die Funktion von Stereotypen geht, zumeist mit Prozessen der Urteilsbildung. Ihnen wird dabei häufig (7.) der Status unangemessener Vorurteile (Inadäquatheit) zugeschrieben (Schweinitz, 2006, S. 5).
In Verbindung mit dem Konstrukt haben einige Forscher untersucht, wie solche medial dargestellten Stereotypen bei den Rezipienten verarbeitet werden. Havas (2013) weist darauf hin, dass es sich bei Stereotypen um übergeneralisierende und vereinfachte Ergebnisse der Informationsverarbeitung handelt. Schmid Mast und Krings (2008) befassen sich in ihrer Studie detailliert mit der Verarbeitung von Stereotypen. Das von ihnen formulierte Zwei-Faktoren-Modell besteht aus zwei unterschiedlichen Arten der Verarbeitung. Bei der kategorialen („top-down“) Variante wird die Wahrnehmung durch die Aktivierung bekannter Stereotypen beeinflusst. Dagegen können bei der personalisierten („bottom-up“) Verarbeitung die gegebenen Informationen individueller verarbeitet werden. Während die kategoriale oder automatische Verarbeitung ein Prozess ist, in dem eine automatisch unbewusste Aktivierung von Stereotypen erfolgt, kann bei einem personalisierten oder kontrollierten Prozess das kulturell geprägte Wissen über Stereotype anhand neuer Informationen modifiziert oder verdrängt werden. Allerdings benötigt diese bewusst kontrollierte Variante kognitive Ressourcen, die nicht immer von den Rezipienten aufgebracht werden. Daher tritt die Aktivierung von Stereotypen häufiger ein, denn viele Rezipienten sind während der Rezeptionsphase anderweitig beschäftigt, sodass es an kognitiven Ressourcen mangelt (Devine, 1989).
Bereits Luhmann (1996) verwies darauf, dass das Wissen der Individuen über die Gesellschaft auf den Informationen der Massenmedien basiert. Allerdings werden Medienprodukte nicht immer dekodiert, wie sie enkodiert wurden (Willems, 2000). Demnach existieren Spielräume in der Bedeutungskonstitution und im Prozess der Aneignung medialer Texte (Willems, 2000, S. 223). Die Rezipienten filtern die wesentlichen Informationen aus der Vielzahl an Bildern, Handlungen und Dingen, die medial präsentiert werden (Lowry, 1992). Danach ziehen sie induktive Schlüsse, die sich von Individuum zu Individuum unterscheiden. Also handelt es sich nicht um einen homogenen Prozess der Rezeption. Jeder Zuschauer nimmt unterschiedliche Positionierungen durch das moralische Urteilen ein, zumal ein individueller Rückbezug auf die Realität gezogen wird. Die individuelle Rahmungshoheit setzt der informationellen Selbstbestimmung Grenzen (Wulff, 2005). Wie letztlich der mediale Inhalt verarbeitet wird, kommt auf den Rezipienten selbst an. Dem Fiktionalen wird dadurch eine Grenze gesetzt. Aus der Rezeption kann eine Stabilisierung des vorhandenen Wissens als Effekt erfolgen (Wulff, 2005). Dies ist insbesondere bei der Rezeption von Stereotypen der Fall. Eine Modifikation oder Verdrängung bereits vorhandener Bilder ist eher selten (Wulff, 2005).
Um nun nochmals genauer das Phänomen der Stereotype beleuchten zu können, muss das Konstrukt an sich genauer definiert werden. Schweinitz (2006) geht von Vorstellungen über Menschen aus, die sich primär auf die Zugehörigkeit zu einer Kategorie beziehen. Meist erfolgt eine Zuschreibung zu einer Gruppe aufgrund der Rasse, Nation, Berufsrolle, sozialen Klasse oder dem Geschlecht. Diese Vorstellungsmuster rufen einstellungsprägende und wahrnehmungsleitende Wirkungen hervor (Schweinitz, 2006, S. 4). Havas (2013) verweist darauf, dass solch ein Prozess der Verallgemeinerung das Sichtfeld einschränkt und als extrem reduktionistisch anzusehen ist. Das wird vor allem dadurch deutlich, dass Stereotype meistens Minderheiten sind.
Durch die Medien erfolgt eine narrative, visuelle Konkretisierung dieser stereotypischen Bilder (Schweinitz, 2006, S. 12). Dabei nehmen die Medien eine aktive Rolle bei der Formierung von visuellen Stereotypen ein (Petersen & Schwender, 2017). Sie aktivieren mentale Schemata bei den Rezipienten. Demnach definiert Schweinitz (2006) die Wahrnehmung von Stereotypen als kognitiven Prozess, welcher soziale Folgen impliziert (S. 13).
Grundsätzlich dürfen die Begriffe Klischee, Vorurteil und Stereotyp nicht synonym verwendet werden. Bei einem Stereotyp handelt es sich um ein latentes Konstrukt, welches im Gegensatz zu einem Klischee wesentlich schwerer zu erfassen ist (Schweinitz, 2006, S. 18). Obwohl häufig Vorurteile und Klischees der deutschen Bevölkerung in der Medienberichterstattung parallel aufgegriffen werden, müssen auch hier klare Abgrenzungen gezogen werden (Merk, 2015). Mit Stereotypen werden mentale, kognitive und schematische Vorstellungen über soziale Gruppen oder Individuen, die bestimmte Merkmale aufweisen, innerhalb derselben Gesellschaft geteilt. Dabei können es sowohl positive als auch negative Vorstellungen und Überzeugungen sein. Ein Vorurteil ist dagegen eine voreilige Evaluation ohne präzise und ausreichende Vorkenntnisse in Bezug auf die Darstellung der Realität (Varrone, 2012, S. 52). Dies erfolgt vor allem durch Kategorisierung.
Im direkten Vergleich beinhaltet ein Stereotyp eine mentale Vorstellung von Merkmalen, während ein Vorurteil eine subjektive Überzeugung oder Beurteilung zum Ausdruck bringt. Dabei setzen Vorurteile auf Emotionen, wohingegen Stereotypen auf kognitiver Ebene wirken (Varrone, 2012, S. 54). So sind nationale Stereotypen zum Teil karikierende Darstellungen typischer Eigenschaften eines Volkes, die aber nicht auf emotionaler Ebene wirken (Manz, 1968, S. 30). Klischees sind daher weder zeitgemäß noch dynamisch anpassungsfähig (Groth, 2003, S. 20). Stereotype implizieren zum Teil negative und zum Teil auch positive Eigenschaften des Fremden oder des Eigenen. Vorurteile und Klischees beziehen sich hingegen primär auf eine negative Zuschreibung.
Insgesamt erfüllen Stereotypisierungen mehrere Funktionen (Groth, 2003, S. 20). Auf der kognitiven Ebene sorgen Stereotype für eine Strukturierung von Informationen und Eindrücken der Umwelt (Groth, 2003). Diese Strukturierung dient wiederum einer Orientierung und Selbstbewertung des Individuums. Mithilfe von Stereotypen kann ein Verständnis für komplexe und unangenehme Ereignisse der Gesamtgesellschaft entstehen. Demnach sorgen Stereotypisierungen für eine soziale Rechtfertigung. Vor allem kann die eigene Gruppe, zu der ein Individuum gehört, von einer anderen sozialen Gruppe separiert werden, wodurch das Wir-Gefühl erhöht wird. Abschließend können auch Integration und Stabilisierung politischer Mächte gestärkt werden (Groth, 2003, S. 32).
Die Wirkungen, die mit diesen Funktionen einhergehen, beziehen sich insbesondere auf die Wahrnehmung der Individuen. Zunächst erfolgt eine generelle Veränderung in der Wahrnehmung beim Individuum. Aufgrund der Kategorien, in die sich Stereotype einteilen lassen, kommt es zu einer extrem selektiven Wahrnehmung. Insgesamt wird die Erwartungshaltung eines Rezipienten an das mediale Produkt und an die Realität aufgrund der dargebotenen Stereotype determiniert (Groth, 2003). Stereotype beruhen auf dem kulturell geprägten Alltagsbewusstsein, weswegen sie Bezugsgrößen für die Konstruktion von fiktionalen Figuren der Narration liefern (Schweinitz, 2006). Das rezeptive Erleben besteht darin, dass das Publikum durch die enge Verbundenheit an der alltäglichen Vorstellung und Wertewelt an dem Handlungsgeschehen teilhat (Schweinitz, 2006, S. 44). Die Bilder vom Fremden erzeugen ein Spiel mit der Differenz und rufen eine kritische Reflexion hervor.
Wie bereits deutlich wurde, treten Stereotypen in den Medien verstärkt in Verbindung mit sozialer Ungleichheit auf. Kreckel beschreibt soziale Ungleichheit folgendermaßen:
„Soziale Ungleichheit im weiteren Sinne liegt überall dort vor, wo die Möglichkeiten des Zugangs zu allgemein verfügbaren und erstrebenswerten Gütern und/oder zu sozialen Positionen, die mit ungleichen Macht- und/oder Interaktionsmöglichkeiten ausgestattet sind, dauerhafte Einschränkungen erfahren und dadurch die Lebenschancen der betroffenen Individuen, Gruppen oder Gesellschaften beeinträchtigt bzw. begünstigt werden" (Kreckel, 2004, S.17).
Die Massenmedien produzieren hegemoniale Vorstellungen von unserer Gesellschaft, wodurch wiederum ein „common sense“ sozial konstruiert wird (Lenz & Zillien, 2005, S. 239). Das Individuum nimmt das als wahr und gegeben an, was durch die Medien reproduziert oder selbst produziert wurde. Vor allem in Bezug auf das Erkennen von sozialer Ungleichheit können die Medien die Wahrnehmung der Rezipienten beeinflussen (Kreckel, 2004). Dabei können sie nicht nur die Vorstellungen darüber formen, was soziale Ungleichheit ist, sondern auch wie sie zu rechtfertigen ist. In Verbindung mit Stereotypen kann der sozialen Ungleichheit somit Bedeutung zugeschrieben werden. Insgesamt kann dadurch ein verfälschtes Bild der Realität konstruiert werden, sodass Stereotype soziale Ungleichheit widerspiegeln, die in solch einer Form gar nicht existiert. Andererseits kann auch soziale Ungleichheit mit der Präsentation von Stereotypen gemindert werden.
2.2 Stereotypen in Film und Fernsehen
In der Medienforschung liegen bereits einige Studien zu der Nutzung von Stereotypen in Film und Fernsehen vor. Ein deutlicher Fokus liegt dabei auf der Untersuchung der Darstellung von Migranten. Nies (2015) stellte fest, dass sich die historische Entwicklung des Migrantenfilms von einem problemorientierten Betroffenheitsdiskurs in den 1960er bis 1980er Jahren hin zu komödiantischen Filmen entwickelt hat. Mediale Produkte gelten nach wie vor als Gesellschaftsbilder, in denen soziale Normen und Werte modellhaft verhandelt werden. Dabei werden Migranten häufig in Verbindung mit Kriminalität gezeigt (Neumann, 2002, S. 4). Die Medien konstruieren eine eigene soziale Wirklichkeit und bilden diese nicht ab (Keppler, 2005). Ein Teil des Konstruktionsprozesses sind ethnische Zuschreibungen.
Allerdings erzeugt das ausländische Stereotyp in den Medien eine totale Fremdheit, da der deutsche Rezipient mit dem Unvertrauten konfrontiert wird (Merk, 2015, S. 316). Die Herstellung von Ethnizität lässt soziale Gruppen entstehen, die als kulturell geschlossen und einheitlich beschrieben werden (Neumann, 2002). Dabei wird die Herausbildung von Stereotypen ethnischer Gruppen als eine Funktion angesehen, um Aufmerksamkeit zu generieren. Dennoch soll die Nutzung von Witzen deutlich von einem rassistischen Akt abgrenzen (Nies, 2015). Daher ist die Verwendung von solchen ethnischen Stereotypen in der Verbindung mit starken Komiksignalen essentiell, um eine rassistische Anschuldigung zu vermeiden. Daraus resultiert eine signifikante Übersteigerung in der Inszenierung von Personen, Konflikten und Stereotypen im Film und Fernsehen.
Die Nutzung von ethnischen Stereotypen konnte in vielen Studien ihre Geltung finden. Henning, Spitzner und Reich (2012) haben sich mit der Serie „Türkisch für Anfänger“ befasst und herausgefunden, dass Türken stereotype Vertreter ihrer Ethnie sind (S. 20). Türken werden primär als Islamisten mit einer intensiven familiären Bindung assoziiert. Dadurch werden negative Bilder anderer Ethnien beim Rezipienten aktiviert (Henning, Spitzner & Reich, 2012, S. 21). Die Komödie setzt als Format auf eine überspitzte Darstellung, sodass der Inhalt sowohl eine informative als auch eine unterhaltende Wirkung erzeugt. Das Publikum dieser Studie reagierte überwiegend mit Humor auf diese Darstellung. Als Fazit fassten die Autoren zusammen, dass die mediale Präsentation dieser Menschenbilder Vorurteile nicht abbaut, aber die Rezipienten zu einer Auseinandersetzung anregt, sodass ein integratives Verständnis entstehen kann.
Auch Merk (2015) weist darauf hin, dass die türkische Nationalität häufig als Vertreter der anderen Ethnie im Fernsehen gezeigt wird. Zum einen werden diese als vorbestraft und aggressiv präsentiert. Der sogenannte „Trash-Ausländer“ besitzt eine südliche Herkunft und verkörpert einen Macho, Besserwisser oder Kriminellen (Merk, 2015, S. 37). Zum anderen sind die fiktionalen Charaktere häufig arbeitslos und perspektivlos. Demnach kann zusammenfassend eine negative Darstellung der Türken im Fernsehen geschlussfolgert werden, was von den Rezipienten in Merks Studie bestätigt wurde. Mastro und Tropp (2004) haben einen signifikanten Effekt in Bezug auf Vorurteile feststellen können. In ihrer Studie wurden die Charaktere in Filmen, die über eine schwarze Hautfarbe verfügen, weniger positiv beschrieben als diejenigen mit heller Haut. So konnten eindeutige Vorurteile gegenüber Dunkelhäutigen belegt werden (Mastro & Tropp, 2004, S. 125).
Im Vergleich zu dem Stand der Forschung zur Darstellung von Migranten wurde das Stereotyp des Hartz-IV-Empfängers im Fernsehen bisher weniger untersucht. Während Migranten als eigene soziale Gruppe definiert werden, so gehören auch Arbeitslose einer eigenen sozialen Klasse an. Grundsätzlich wurde erforscht, dass der Arbeitsmarkt in den Medien negativ dargestellt wird (Quiring, 2003). Das impliziert, dass es wenige Optionen für Arbeitslose gibt, um neue Arbeit zu finden. Die Medien üben dadurch eine Kritik- und Kontrollfunktion aus, wobei die genutzten Übertreibungen als kritische Grundlage für die individuelle Meinungsbildung angesehen werden. Bei dem Thema Arbeitslosigkeit wird somit in den Medien häufig mit einer übertriebenen und zugespitzten Darbietung gearbeitet (Quiring, 2003).
Zu der expliziten Präsentation von Hartz-IV-Empfängern gibt es wenig Litera- tur. Schirm (2010) weist darauf hin, dass der Leistungsmissbrauch, wie er medial dargestellt wird, so nicht belegt werden kann (S. 67). Zusätzlich konnte mit ihrer subjektiven Umfrage offengelegt werden, dass ein weit verbreiteter Arbeitsunwille in Deutschland vorherrscht. Dennoch werden Sozialmissbrauchsdebatten strategisch von Politikern und Medien genutzt, um vor allem in Zeiten einer Wahl oder Koalitionsbildung die Bevölkerung zu beeinflussen. Somit kann insgesamt von einem einseitigen und undifferenzierten Bild der Medien über Hartz-IV-Empfänger ausgegangen werden. Dagegen wurde mit dem direct cinema der Ansatz gestartet, auf dokumentarische Art Minoritäten und Klassenunterschiede medial greifbar zu machen (Beyerle, 1991). Obgleich sich zu dieser Zeit die filmische Bewegung etablierte, liegt der Fokus in der aktuellen Medienforschung nicht auf der Betrachtung von Hartz-IV-Empfängern.
Ein wiederum breit erforschtes Gebiet sind die Geschlechterstereotypen. Die Unterteilung in die Geschlechter erfolgt nach einer dualistischen Klassifikation. Dabei ist die Geschlechteridentität ein hergestelltes, kulturelles Konstrukt, welches die biologischen Gegebenheiten ausnutzt (Seifert, 2003, S. 9). Die Rolle des Geschlechts besteht somit aus der biologischen und sexuellen, sowie aus der kulturell geprägten Rolle, die historisch verankert ist (Magin & Stark, 2010). Demnach differenzieren sich die Rollenvorstellungen zwischen den unterschiedlichen Kulturen. Eine Polarisierung der Ge- schlechterrollen wurde vor allem in den westlichen Kulturen beobachtet (Magin & Stark, 2010). Hierbei hat sich das Bild der bürgerlichen Familie etabliert, in welchem der Mann als Familienoberhaupt fungiert und die Ehefrau somit von ihrem Ehemann abhängig ist.
Obwohl deutliche Differenzen zwischen Kulturen aufgezeigt wurden, sind die Geschlechterstereotypen kulturübergreifend stark verwurzelt (Magin & Stark, 2010, S. 386). In der Studie von Weiderer (1993) wurde ersichtlich, dass die Frage, wie Frauen im Fernsehen dargestellt werden, in den Hintergrund gerückt ist. Allerdings seien stereotypische Vorstellungen über Geschlechter und ihre Beziehungen zueinander immer noch dominant vertreten (Weiderer, 1993, S. 224). Dagegen gehen Magin und Stark (2010) davon aus, dass sich traditionelle Geschlechterrollen und Stereotype langsam auflösen (S. 384). In der Werbung werden klar definierte Geschlechterstereotypen verbreitet, da Informationen in Verbindung mit Stereotypen schnell wahrgenommen werden (Nelke, 2010). Deswegen ist die Auflösung der traditionellen Geschlechterstereoty- pen ein langsamer Prozess, der nicht in allen Bereichen eintritt.
Generell neigen Menschen zu der Annahme, dass Frauen und Männer die Merkmale aufweisen, die für ihre jeweilige soziale Rolle typisch sind (Eckes, 2008, S. 172). Das bezieht sich insbesondere auf die Familien- und Berufsrolle der Individuen. So werden Frauen häufig mit der Vorstellung einer Hausfrau assoziiert, dagegen stehen Männer in der Rolle des Ernährers mit hohem Status, wie zum Beispiel in dem Beruf als Manager oder Anwalt (Eckes, 2008, S. 173). Auch Nelke (2010) stellte fest, dass Frauen im Fernsehen entweder Hausfrau und Mutter oder jung, schön und unabhängig sind (S. 6). Eine andere Rolle wird den Frauen in den Medien selten zugeschrieben. Vor allem in TV-Serien sind Heirat und Elternschaft die wichtigsten Themen für die Frau. Auch die Partnersuche und die Liebe stellen das essentielle Gesprächsthema der weiblichen Akteure dar. Die Gesprächsthemen der Männer beziehen sich in den medialen Formaten primär auf das Geschäftliche. Dazu kommt eine traditionelle Arbeitsteilung der verwurzelten Geschlechterrollen. Zusammenfassend entstehen somit die traditionellen Geschlechterstereotypen in Serien und anderen medialen Produkten.
In den letzten 25 Jahren ging es um das Frauenbild in den Medien. Dabei muss beachtet werden, dass die Geschlechterrollen bereits während der Sozialisation im Kindesalter angeeignet werden (Seifert, 2003, S. 2). Die Inszenierung der Medien ist dabei bedeutsam, wie Frauen in der Gesellschaft beurteilt werden (Magin & Stark, 2010, S. 384). Bleicher (2014) beschreibt diesen Zusammenhang als gesellschaftliche, kulturelle und mediale Genderkonstruktion. Dabei sind Produktion, Inszenierung, Performanz, Rollenmuster, Vermarktung, Rezeption und Reproduktion essentielle Bestandteile bei der Herstellung von Stereotypen (Bleicher, 2014, S. 49). Den Medien wird eine zentrale Bildmacht bei der Vermittlung von Geschlechterdifferenzen und Wertekonstellationen zugesprochen. Schließlich basieren geschlechtsspezifische Identitätsmerkmale auf medialen Vermittlungen.
Die Geschlechterkonstruktion ist also vergleichbar mit der Konstruktion von Rassen (Seifert, 2003). Was die Rezipienten unmittelbar wahrnehmen, ist ein kulturell erzeugtes Konstrukt. Durch die Nutzung von traditionellen Wissens- und Wertebeständen über Geschlechterbeziehungen, entstehen dann die Geschlechterrollen (Magin & Stark, 2010). Daher gehen Lünenborg, Röser, Maier, Müller und Grittmann (2009) davon aus, dass sich der Abstand zum traditionellen Stereotyp immer noch als „hauchdünn“ (S. 99) erweist. Die Forschung zeigt, dass Geschlechterstereotype weniger quantitativ auffällig sind, sondern vielmehr auf qualitative Weise zu beachten sind (Magin & Stark, 2010, S. 395). Das spricht für eine qualitative Forschung im Hinblick auf die Untersuchung von Stereotypen.
2.3 Die Sitcom als Format
Um die Bedeutung von Sitcoms verstehen zu können, muss zunächst die allgemeine Rolle von Serien beleuchtet werden. Die Rezeption von Serien wird in der Gesellschaft nicht nur toleriert, sondern vielmehr sogar mit Verständnis begrüßt (Kumpf, 2011, S. 20). In den letzten Jahren erfolgte eine Verlagerung des Wettbewerbs vom Massenpublikum zu einem Nischenprogramm (Nelson, 2007, S. 44). Viele Formate, vor allem Serien, konnten sich somit außerhalb des Mainstreams etablieren. Kumpf (2011) weist darauf hin, dass primär Akademiker Serien rezipieren. Dabei nehmen sie eine aktive Rolle ein, sodass die Serie eine Anregung zum Nachdenken erzeugt. Damit eine Serie erfolgreich ist, muss sie nah am realen Leben spielen und zusätzlich etwas Neues und Unverbrauchtes bieten (Kumpf, 2011, S. 24).
Die intensive Nutzung von Komik erschuf ein neues Format innerhalb der seriellen Produkte und zwar die Sitcom (Koller, 1995). Die „erheiternde Wirkung individueller, aber durch Wiederkehren karikierend übertriebener Absonderlichkeiten einer einzigen Bühnenperson“ (Havas, 2013, S. 36) überträgt den Komikgehalt auf einen Charakter. Neben der Charakterkomik treten auch die Situationskomik und die Verbalkomik in Sitcoms auf. Der stereotypische Humor besteht zum Teil aus der vorurteilsbehafteten Komik, die sich aus ethnischen Witzen zusammensetzt und somit Konventionen verletzt. An dieser Stelle werden Sitcoms jedoch kritisiert. Mills (2004) zeigt auf, dass das Genre über eine vereinfachte Nutzung und eine altmodische Repräsentation von Stereotypen verfügt. Dadurch passt sich das Format nicht den sozialen und politischen Entwicklungen an, wodurch das Konzept instabil und anfällig für Kritik ist.
Auf der anderen Seite steht das Thema Familie im Zentrum der Sitcom und mit diesem medialen Inhalt soll Bedeutung geschaffen werden (Mills, 2004, S. 78). Die Sitcom fungiert also als soziale Instanz, die Live Entertainment ersetzt (Mills, 2004, S. 78). Somit gehört zu ihrer Funktion neben der Unterhaltung auch die Informationsübermittlung von Wissen und Werten. Dabei werden Normen und Wertvorstellungen mit Humor gebrochen (Neale & Krutnik, 1990). Zusätzlich entsteht eine emotionale Bindung zu den Charakteren, wodurch sich die Rezipienten zu der Auseinandersetzung mit den angesprochenen Themen verpflichtet fühlen.
Der grobe Aufbau der Sitcom orientiert sich an einer klassischen Serie (Maden- gruber, 2003). Allerdings besitzt jede Folge eine in sich abgeschlossene Handlung. Es gibt fixe Schauplätze, die in jeder Folge zu sehen sind. Der Fokus liegt auf den vielen Dialogen, da die Komik insbesondere mit verbalen Witzen zum Vorschein kommt. Zu Beginn gibt es ein aktuelles Problem, also eine Konfliktsituation, was den Ausgang der Geschichte darstellt. Daraufhin folgt die Haupthandlung mit kleineren Nebengeschichten, die sogenannten Sub-Plots. Der Problematik wird mit eher untypischen Methoden entgegengewirkt. Dabei werden also Werte und Normen dargestellt, die von den Figuren auf humorvolle Art und Weise eingehalten oder gebrochen werden (Neale & Krut- nik, 1990). Am Ende wird der Konflikt gelöst, sodass die Handlung innerhalb einer Folge abgeschlossen wird. Die nächste Folge hat meistens einen neuen thematischen Schwerpunkt und baut nicht auf der vorherigen Episode auf, wobei es sich bei Sitcoms um eine geschlossene Form des Handlungsgeschehen handelt.
2.4 Soziologische Aspekte der Arbeitslosigkeit
„Blockbustaz“ handelt primär von Menschen, die arbeitslos sind. Mit dieser Thematik kommt die Frage nach der soziologischen Ansicht zu dem Thema Arbeitslosigkeit auf. Inwieweit ein Verständnis für diese Menschengruppe suggeriert wird, soll daher unter soziologischer Betrachtung erfolgen. Weishaupt (2013) beschreibt einen normativen Wandel, welcher die Schuldzuweisung der Arbeitslosigkeit von wirtschaftlichen Gegebenheiten auf das Individuum selbst verschiebt. Seit den 1980er Jahren wird Arbeitslosigkeit als freiwillige Entscheidung gedeutet, da nicht mehr wie zuvor wirtschaftliche Gründe zu einer Arbeitslosigkeit führen müssen. Vielmehr können mithilfe der aktiven Arbeitsmarktpolitik den Arbeitslosen neue Chancen auf eine Umschulung und Weiterbildung geboten werden. Daher liegt die Entscheidung bei dem Individuum selbst, inwieweit Aktivierungsmaßnahmen genutzt werden. Die Zahlung des Arbeitslosengeldes wird allerdings als attraktives Angebot angesehen, wodurch keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden. Dennoch müssen ökonomische und individuelle Merkmale bei der Beurteilung eines Arbeitslosen einfließen.
May und Schwanholz (2013) fanden heraus, dass das Hartz-IV-Regime von der Bevölkerung heterogen evaluiert wird (S. 217). Dabei haben sich tief verwurzelte Grundorientierungen etabliert, die sich von Individuum zu Individuum differenzieren. Das bedeutet, dass je nachdem, was von einem Individuum als gerecht angesehen wird, auch die Regelung zu Hartz-IV auf unterschiedliche Art und Weise empfunden wird. Dadurch nehmen Teile der Bevölkerung individuelle Positionen hinsichtlich der Hartz- IV-Regelungen ein. So wird soziale Ungleichheit von jedem anders wahrgenommen.
Soziologisch betrachtet lässt sich zusammenfassen, dass Arbeitslosigkeit keine homogene, soziale Gruppe beschreibt. Sowohl Menschen, die arbeitslos sind, als auch diejenigen, die Hartz-IV bewerten, weisen eine ausgeprägte Heterogenität auf. Daher ist es interessant, dass Stereotype eine einheitliche, vereinfachte soziale Gruppe widerspiegeln. In der folgenden Studie soll also erfasst werden, inwiefern das Stereotyp des Hartz-IV-Empfängers ein einheitliches Bild bei den Teilnehmern hervorruft.
3. Die Sitcom „Blockbustaz“
3.1 Inhaltsangabe „Blockbustaz“
Die Sitcom „Blockbustaz“ spielt in einem Kölner Hochhausblock und zeigt den Hauptcharakter Sol Berger, der dort von Kindheit an mit seiner alleinerziehenden Mutter Madita wohnt. Im Block ist Sol von seiner vernünftigen Freundin Jessica, seinem besten Freund Hardy und vielen anderen Bewohnern umgeben. Er lebt als HobbyRapper arbeitslos aber unbeschwert in den Tag hinein, bis ihn seine Mutter zum 30. Geburtstag vor die Tür setzt. Nun muss Sol sein Leben selbst in die Hand nehmen und sich dem Erwachsen-Sein stellen. Seitdem liegt er allerdings seiner Freundin Jessica auf der Tasche, obwohl diese mit einigen Nebenjobs auch noch ihre ganze Hartz-IV- Familie über Wasser halten muss.
Sein bester Freund Hardy hingegen arbeitet in seiner eigenen Pizzeria im Block, wodurch er sich oft in diverse kriminelle Geschäfte verwickeln lässt. Herr Bulut, der türkische Hausmeister, hat Sol wegen dessen Faulheit auf dem Kieker. Dabei ist sein Sohn Deniz selbst auf dem besten Weg zu einem Intensivstraftäter. Jemand, der im Block aufwächst, hat nicht die gleichen Zukunftsaussichten, wie jemand, der in einem bürgerlichen Umfeld sozialisiert wird. Trotzdem versuchen die Bewohner täglich das Beste aus ihrer Situation zu machen.
In der zweiten Staffel wird Sol aus dem Gefängnis entlassen. Jessica hat sich zwischenzeitlich von ihm getrennt und wohnt wieder bei ihrem Hartz-IV-Vater, ihrer kleineren Schwester Lisa und deren Sohn Jeremy. Sol bleibt keine andere Wahl als bei Volkan, dem kriminellen Türken, einzuziehen. Sein oberstes Ziel besteht darin, Jessica wieder für sich zu gewinnen. Allerdings ist Jessica darauf fokussiert aus der prekären Familiensituation herauszukommen. Dafür will sie sich einen Job und für den Sohn ihrer Schwester einen KITA-Platz suchen. Sol kämpft hingegen weiterhin für seine Berufsunfähigkeit und scheint keinen Schritt in Richtung Erwachsen-Sein zu gehen. Er hat sich drei Vorsätze im Gefängnis gemacht: mit dem Kiffen aufhören, dem kriminellen Volkan aus dem Weg gehen und Jessica heiraten. Aufgrund seiner naiven und tollpat- schigen Art gerät er aber in ein Schlamassel nach dem anderen. Zu Beginn der zweiten Staffel stellt sich dieses Vorhaben somit als große Herausforderung dar.
3.2 Folge 3: „Elterninitiative“
Jessica will Jeremy in einer bürgerlichen Kita unterbringen und hat gegen Lisas Willen die Vorstandseltern zum Kennenlernen eingeladen. Lisa wurde bereits mit 13 Jahren Mutter und besucht noch die Schule. Jessica will ihr deshalb sowohl den Alltag erleichtern, als auch Jeremy die Sozialisation in einem anderen Umfeld ermöglichen. Nachdem Anna, die Vorsitzende der KITA, angekommen ist, verstehen sich die zwei blendend. Jessica gibt sich als Jeremys Mutter aus und präsentiert sich von ihrer besten Seite. Durch ein Missverständnis übernimmt Sol die Rolle von Jeremys Vater und verursacht beim Versuch, Jessica zu imponieren, eine Katastrophe nach der anderen. Zu allem Überfluss muss Sol dann auch noch feststellen, dass der erfolgreiche Rapper Gorilla einen seiner Songs geklaut hat. Auf der einen Seite will Sol Jessica helfen, aber auf der anderen Seite versucht er auch Gorilla zu erreichen.
Später am Tag stört Lisa das Treffen der beiden Frauen. Sie hat Migräne und deswegen die Schule, wie so oft, früher verlassen. Jessica stellt sie als Jeremys Babysitterin vor. Als Harald, der Ehemann von Anna, zu dem Treffen dazu stößt, scheint dieses zu scheitern. Harald kennt Sol vom Spielplatz, denn dort haben sie sich gestritten, da sich die Kinder nicht verstanden haben. Allerdings versöhnen sich die zwei schnell bei ihrem Aufeinandertreffen. Dagegen entstehen Zweifel bei Anna, ob die Familie für ihr KITA-Programm geeignet ist.
Auch Ronald, der Vater von Jessica und Lisa, stört das Kennenlernen und öffnet sich routiniert am Mittag eine Flasche Bier beim Ansehen einer Quiz-Show an. Die Tatsache, dass Jessica noch mit ihrem Vater zusammenwohnt, scheint Anna mehr zu stören als die offensichtliche Arbeitslosigkeit des Mannes. Nachdem dann auch noch Sols Freunde Hardy und Volkan in die Wohnung kommen, ist Anna erst recht mit der Situation überfordert. Schließlich kommt es zu einem Streit zwischen Jessica und Anna, bei dem sie auch handgreiflich werden. Die Männer rauchen dagegen freundschaftlich Joints auf dem Balkon. Es stellt sich heraus, dass Harald der Anwalt von Rapper Gorilla ist. Sol hat somit keine Chance auf eine Klage gegen den Rapper und dessen Diebstahl. Anna beschimpft Jessica und ihre Familie als gewalttätig, dumm und asozial. Die Chance auf einen KITA-Platz löst sich in Luft auf. Jeremy bleibt die Sozialisation in einem bürgerlichen Umfeld vorenthalten.
3.3 Rollenprofile
3.3.1. Sol Berger
Sol ist mit 30 Jahren bei seiner Mutter Madita ausgezogen, wohnte dann zwei Stockwerke tiefer mit Freundin Jessica zusammen, bis er ins Gefängnis gekommen ist. Er ist ein Tollpatsch, Faulenzer und konsequenter Arbeitsverweigerer. Eigentlich möchte er Rapper werden, wofür er aber viel zu schlecht ist und seinen großen Worten nie Taten folgen lässt. Nach seiner Gefängnisstrafe trennte sich Jessica von ihm. Daraufhin zog er bei Volkan ein, von dem er ab dem Zeitpunkt an unterdrückt wird. Im Arbeitsamt gibt er Asthma als Grund für seine Berufsunfähigkeit an. Allerdings raucht er einen Joint nach dem anderen, sodass seine Arbeitsverweigerung offensichtlich ist. Seine Mutter ist ebenfalls arbeitslos. Seinen Vater kennt er nicht, dieser muss allerdings ausländische Wurzeln haben, da Sol eine südländische Erscheinung hat und sich oft über die rassistische Einstellung der Behörden beklagt. Seinem Traum, Rapper zu werden, kommt er kein Stück näher. Dagegen bleibt er weiterhin der Chaot, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt.
3.3.2 Jessica Meissner
Jessica war für lange Zeit mit Sol in einer Beziehung. Während er im Gefängnis saß, zog sie aus der gemeinsamen Wohnung aus. Sie kann sich nicht mehr um Sol kümmern, da ihre Familie auf sie angewiesen ist. Für Lisa und Jeremy nimmt sie die Mutterrolle ein. Ihr Vater lebt von Hartz-IV, allerdings gibt dieser das Geld primär für Alkohol aus. Jessica hatte nie die Chance auf eine ordentliche Ausbildung, sodass sie sich jetzt mit vielen Nebenjobs herumschlagen muss. Sie scheint die einzig Vernünftige im Block zu sein. Dennoch lässt sie sich in schwachen Momenten auf Handlungen wie beispielsweise Kiffen ein. Grundsätzlich kann sie aber als Arbeitstier und verantwortungsbewusster Familienmensch beschrieben werden.
3.3.3 Lisa Meissner
Lisa ist Jessicas jüngere Schwester, die bereits mit dreizehn Jahren schwanger wurde. Der Vater ist unbekannt, weshalb sie gemeinsam mit Jessica den kleinen Jeremy aufzieht. Schule und Ausbildung sind für die Siebzehnjährige nur eine Last, sie will das Leben genießen. Zum Teil ist sie sehr frech und würdigt die Hilfe ihrer Schwester nicht, aber in manchen Situationen lässt sie ihre liebevolle und soziale Art zum Vorschein kommen. Für ihren kleinen Jeremy würde sie alles tun. Allerdings kann sie nicht immer richtig einschätzen, was tatsächlich das Richtige für sie und Jeremy ist, was auch ihrem Alter geschuldet ist. An ihrer Wortwahl und im Umgang mit ihren Mitmenschen kann ihre Herkunft leicht erschlossen werden.
3.3.4 Anna
Anna ist Hausfrau und Mutter, welche im Alltag durch eine Putzfrau und ein Kindermädchen unterstützt wird. So bleibt ihr viel Zeit für die Leitung einer KITA, die Kinder aus verschiedenen sozialen Milieus zusammenbringt. Gegenüber Jessica und ihrer Familie besitzt sie viele Vorurteile, die sie ohne Scheu an den Tag legt. Anna muss sich keine Sorgen machen, da ihr Ehemann als Jurist für das Familienvermögen bestens sorgt. Durch ihr Verhalten gegenüber Jessica macht sie ihre Position und ihren Status in der Gesellschaft deutlich.
3.3.5 Harald
Harald verdient als erfolgreicher Jurist viel Geld und ermöglicht somit seiner Familie ein gutes Leben. Obwohl er sich mit Sol auf dem Spielplatz gestritten hat, kann er sich schnell mit ihm versöhnen. Er stellt sich ebenfalls als hilfsbereit dar, da er Sol seine juristischen Fachkenntnisse anbietet. Insgesamt verkörpert er einen anständigen und wohlhabenden Mann. Letztendlich setzt er sich nicht für Sol und dessen Freunde ein, wodurch dem kleinen Jeremy der KITA-Platz verwehrt bleibt.
3.3.6 Ronald Meissner
Ronald wohnt mit seinen Töchtern Jessica und Lisa und dem kleinen Jeremy zusammen. Er ist ein spielsüchtiger Alkoholiker, der Stammgast in Hardys Pizzeria ist. Verantwortung ist nicht seine Stärke, sodass er Jessica die Familie versorgen lässt. Er lebt in den Tag hinein und hat keinerlei Hemmung jemandem ins Gesicht zu lügen. Dazu lebt er von Hartz-IV und nutzt lieber andere Menschen aus, anstatt sich wieder aufrichtige Arbeit zu suchen. Seine Schulden zahlt er in der Regel nicht und lässt Jessica dafür aufkommen. Er genießt die staatliche Versorgung in vollen Zügen. Er musste schon des Öfteren um das Sorgerecht seiner Kinder bangen. Dennoch liebt er seine Familie.
3.3.7 Volkan
Volkan wohnte zunächst alleine im Block. Konträr zu seiner finsteren Erscheinung besitzt er einen winzigen, süßen Hund. Der Türke wird sehr schnell aggressiv und erinnert seine Mitmenschen gerne daran, dass er unter Bluthochdruck leidet. In der zweiten Staffel zieht Sol bei ihm ein, allerdings handelt es sich dabei um keine typische Wohnge- meinschaft, denn Volkan weiß, wie er Menschen manipulieren und herumkommandieren kann. Er scheint in viele skurrile Geschäfte verwickelt zu sein. Trotz seinem eher beängstigenden Erscheinungsbild hat er eine liebevolle Art, sofern er daraus einen Nutzen ziehen kann. Allerdings vermuten alle, dass er Kontakte zur Mafia hat, weshalb ihn seine Mitmenschen mit Respekt behandeln.
3.4 Konzept der Sitcom „Blockbustaz“
Die Sitcom „Blockbustaz“ hat sich in einem internen Wettkampf, dem TVLap 2014, im ZDFneo als Serie etabliert und wurde von den Zuschauern mit Begeisterung zelebriert. Die Absicht der Redakteure und Produzenten3 liegt darin, mit Filmen und Serien für den Spartenkanal ZDFneo ein jüngeres Publikum zu erreichen, wozu unter anderem die Sitcom „Blockbustaz“ gehört. Die aktuelle Zielgruppe des ZDF richtet sich an Zuschauer über 49 Jahre (Renner, 2007). Demnach soll ZDFneo attraktiv gestaltet werden, um auch Jugendliche und junge Erwachsene auf diesen Sender aufmerksam zu machen. Da die Zuschauer von 20 - 39 Jahren eine hohe Affinität zu dem Internet und sozialen Medien hegen, ist die Online-Vermarktung essentiell für den Erfolg der Sitcom. Das Abrufen über die Mediathek wird daher ebenfalls geboten.
Die Auswahl der Hauptdarsteller erfolgte strategisch. Es handelt sich dabei nicht um etablierte Schauspieler, sondern um Personen des öffentlichen Lebens, welche auf YouTube präsent sind. Eko Fresh ist ein bekannter Rapper, der den Hauptcharakter Sol Berger darstellt. Er ist selbst in einem Block aufgewachsen, sodass er sich authentisch in die Rolle des Blockbewohners versetzen kann. Jessica wird von Joyce Ilg gespielt, die als YouTuberin in Deutschland bekannt ist. Die zwei Hauptfiguren werden somit nicht von gelernten Schauspielern verkörpert4. Laut Redaktion besteht die Idee darin, die Serie eng mit einem Online-Auftritt zu koppeln, sodass ein junges Publikum erreicht werden kann. Zusätzlich sorgen viele Gastauftritte für eine abwechslungsreiche Besetzung.
Der Fokus der Sitcom liegt auf der Unterhaltung. Gleichzeitig soll die Bevölkerung aber auch zu dem Thema Arbeitslosigkeit informiert werden. Mit Stereotypisierungen und überspitzten Witzen sorgt der Alltag der Blockbewohner für humorvolle Reaktionen bei den Zuschauern. Insbesondere soll das Format die Sitcom/Comedy- Säule von ZDFneo stärken. Die Resonanz des Publikums wurde anhand von sechs Fol- gen in der ersten Staffel getestet5 (Kolbeck, Nürnberger & Badenski, 2016). Insgesamt fiel die Resonanz positiv aus, sodass eine zweite Staffel produziert wurde. Die neue Staffel ist ab März 2018 im Fernsehen und Online zu sehen. Für diesen Forschungszweck wird eine Folge der zweiten Staffel genutzt, um möglichst den aktuellen Inhalt testen zu können.
4. Methodisches Vorgehen
4.1 Themenwahl
Inhaltlich differenziert sich „Blockbustaz“ als Format stark von den anderen Serien und Filmen, die bei ZDF und ZDFneo gezeigt werden. Wie bereits erörtert, richtet sich das Konzept der Sitcom laut Information der Redaktion an ein wesentlich jüngeres Publikum als die üblichen audiovisuellen Produkte des Senders. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf der Darbietung von Komik und Humor, wofür überspitzte Darstellungen von Stereotypen genutzt werden. Allerdings stellt sich die mediale Präsentation von arbeitslosen Menschen, so wie es in „Blockbustaz“ erfolgt, als kritisch dar. Nach der Erstausstrahlung stieß die Sitcom auf große Medienkritik, viele Journalisten bewerten die Darstellung der Stereotypen als überspitzt und humorlos (Gerhardt, 2016; Löbel, 2016; Witzeck, 2018; Wolff, 2016). So wurde das Potenzial dieser Sitcom für eine qualitative Analyse erkannt und für diesen Forschungszweck eingesetzt.
„Blockbustaz“ liefert neben der Unterhaltung auch den Anstoß über soziale Phänomene nachzudenken. Wie solche Menschenbilder vom Publikum wahrgenommen und evaluiert werden, stellt sich an dieser Stelle als das Interesse der Forschungsarbeit dar. In Verbindung mit bisherigen Studien und Literatur zu Stereotypen lautet die leitende Forschungsfrage:
Inwiefern werden die dargestellten Stereotypen in der Sitcom „Blockbustaz“ als diese wahrgenommen?
Für die Studie wurde die Wahl der dritten Folge der zweiten Staffel mit dem Titel „Elterninitiative“ getroffen. Der Inhalt dieser Folge wurde bereits in Kapitel 3.2 zusammengefasst und gibt einen Überblick darüber, dass der Konflikt zwischen einer wohlhabenden, bürgerlichen Familie und einer Familie, die versucht aus ihrer Situation im Block das Beste herauszuholen, deutlich im Vordergrund steht. Jede Folge weist eine abgeschlossene Handlung auf, wodurch sich der Schwerpunkt der Themen stark differenziert. Mit einer anderen Folge könnte beispielsweise mehr auf das Stereotyp des Migranten eingegangen werden. Da jedoch zu diesem Phänomen bereits viel Literatur vorliegt, wurde dieser Fokus nicht gewählt. Demnach bietet die auserwählte Folge ein breites Spektrum an Stereotypen, wodurch mit ihrer Hilfe als Stimulus erforscht werden soll, inwiefern die Teilnehmenden allgemein Stereotype auch als solche wahrnehmen.
4.2 Qualitative Interviews
Die Absicht dieser Forschungsarbeit liegt in dem Verstehen von subjektiven Sichtweisen, weshalb sich der Prozess an der qualitativen Forschung orientiert. Die Rekonstruktion von Sinn und latenten Sinnstrukturen stellt die oberste Priorität in der qualitativen Vorgehensweise dar (Helfferich, 2011, S. 21). Laut Schneider (2008) entsteht Sinn erst in der Interaktion zwischen Individuen, sodass sich die Form der qualitativen Interviews besonders gut anbietet. Dabei zählen Interviews zu den häufigsten Datengewinnungsverfahren in der qualitativen Sozialforschung (Aufenanger, 2006). Der Vorgang erfolgt induktiv, sodass von der sozialen Realität zu einer wissenschaftlichen Theorie geschlossen wird. Dabei müssen vor allem die Prämissen Offenheit, Kommunikation, Flexibilität, Fremdheitspostulat und Explikation gewährleistet sein (Bergmann, 2006). Das Stereotyp ist zwar ein gut erforschtes Thema in der Medienforschung, dennoch gibt es wie bereits erwähnt kaum Literatur zu der Darstellung von Arbeitslosen und Hartz-IV- Empfängern, so wie es bei „Blockbustaz“ der Fall ist. Ebenfalls ist die Forschung zur Wahrnehmung der Rezipienten noch nicht ausgereift, sodass eine Hypothesenbildung ex ante nicht sinnvoll wäre.
Bei qualitativen Interviews werden künstliche Daten generiert, die keine Sicherheit über die Qualität der Rekonstruktion und der Verbalisierung bieten (Aghamanouk- jan, Buber, & Meyer, 2009; Hopf, 2012). Um der vorherrschenden Künstlichkeit und Asymmetrie in Interviewsituationen entgegenzuwirken, wird das Interview nah an einem alltäglichen Gespräch aufgebaut. Daher müssen sowohl Interviewer als auch Interviewter aktiv an der Situation beteiligt sein. Allerdings nimmt die Interviewerin dieser Studie selbst die gestaltende Rolle ein. Zu Beginn muss also eine Erzählaufforderung erfolgen, um in das Gespräch zu starten (Hopf, 2012). Im weiteren Verlauf des Interviews kann sich die Interviewerin an einem Leitfaden orientieren, welcher jedoch in jedem Fall flexibel genutzt werden soll. Während dem leitfadengestütztem Interview müssen situative Entscheidungen getroffen werden, so besteht ein erhöhtes Risiko für Interviewfehler (Klippel, 2011). Die Qualität des Leitfadens muss also vorab anhand von Probe-Interviews getestet werden.
4.3 Das Fokussierte Interview
Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin rezipiert zunächst die auserwählte Folge, die eine Dauer von genau 30 Minuten aufzuweisen hat. Im Anschluss werden die Gespräche in Form von Fokussierten Interviews durchgeführt. Das Fokussierte Interview entstand in den 1940er Jahren in der Propaganda- und Wirkungsforschung (Lamnek, 1995, S. 337). Merton und Kendall (1946) deklarierten diese Form des Interviews zu einer eigenständigen Forschungsmethode, die heute in vielen Studien ihre Anwendung findet. Obwohl das Interview infolge eines Stimulus-Einsatzes erfolgt, liegt kein experimentelles Design vor. Es handelt sich nicht um eine gestellte Situation wie in einem Experiment, sondern um eine reale Feldsituation (Hopf, 1978). So ist das Ziel die Erfassung der Reaktionen auf diese Situation.
Bevor die Arbeit im Feld beginnen kann, müssen einige Vorarbeiten geleistet werden. Dazu gehört vor allem die Erstellung eines Leitfadens, welcher während der Durchführung der Fokussierten Interviews als Stütze und Orientierung für die Forscherin dienen soll (Helfferich, 2011). Der Leitfaden wurde während der eigenen Rezeption der Folge „Elterninitiative“ erstellt. Die Fragen sollen also die Forschungsthematik gezielt verfolgen, aber gleichzeitig auch einen Spielraum für nicht antizipierte Reaktionen schaffen. Da die Teilnehmer keinerlei Vorkenntnisse zu der Sitcom besitzen sollen, muss zu Beginn des Interviews Raum für Verständnisfragen eingeräumt werden. Insgesamt enthält der Leitfaden Themen, Gegenstände und Fragenvorschläge. Die Behandlung der Themen erfolgt in Form eines Wechselspiels zwischen offenen Fragen und erzählenden, berichteten Antworten (Hopf, 1978).
In der Interviewsituation wird darauf geachtet, dass den Befragten Raum und Zeit gegeben wird, damit diese berichten können, was sie aufgrund des Stimulus als zentral ansehen. Des Weiteren werden die Aussagen der Interviewten mittels Nachfragen spezifiziert. Die reine Beschreibung von Tatsachen reicht nicht aus, um die Forschungsfragen beantworten zu können. Daher sind selbstenthüllende Kommentare das Ziel der Fokussierten Interviews, um ein hohes Maß an Tiefgründigkeit erzielen zu können (Merton & Kendall, 1946).
Zusammenfassend hat sich das Fokussierte Interview nach Merton und Kendall als sinnvolle Methode bewährt. Die Konzentration auf einen Stimulus, also die Sitcom, konnte vor allem durch dieses methodische Vorgehen verfolgt werden. Die Fokussie- rung auf die Forschungsthematik konnte mithilfe des Leitfadens eingehalten werden. Dennoch bestand die Option, jederzeit von dem Leitfaden abzuweichen. Es wurde zusätzlich auf eine ausgeprägte Alltagsnähe während des Gesprächs geachtet, um damit die qualitative Forschungsweise zu verfolgen.
Die Befragten sahen zum ersten Mal eine Folge der Sitcom „Blockbustaz“. Dies war eine Vorrausetzung bei der Zusammenstellung des Samples. Daher wurden Fotos von den Figuren, die in dieser Folge vorkamen, in ausgedruckter Form vorgelegt. So sorgten diese Fotos während des Interviews dafür, dass sich die Befragten an die Figuren erinnern konnten. Die Nennung der Namen hätte an dieser Stelle nicht gereicht, da die Befragten zum ersten Mal mit den Figuren in Kontakt kamen. Neben dem Leitfaden wurden also auch Fotos genutzt, um das Fokussierte Interview zu stützen.
4.4 Sample
Im Rahmen der Bachelorarbeit wurde eine Stichprobe von maximal zehn Teilnehmern als Ziel angesetzt. In der qualitativen Forschung liegt der Schwerpunkt nicht auf der Anzahl der Teilnehmer, sondern vielmehr auf der Qualität der geführten Interviews (Bergmann, 2006). Bedeutsam ist dabei, dass die Gespräche tiefgründig geführt werden, sodass daraus spezifizierte Aussagen resultieren (Hopf, 1978). Vorab wurde festgelegt, dass es sich um eine einheitliche Stichprobe handeln soll. Das heißt, dass nur Studierende der Universität Mannheim als Teilnehmer in Frage kamen. Der Zugang zu dieser Gruppe an Teilnehmenden stellte sich an dieser Stelle als einfach dar, da die Forscherin selbst Studentin ist. Ebenso richtet sich die Sitcom laut Angaben der Redaktion an eine jüngere Zielgruppe im Alter von 20 bis 39 Jahren, sodass sich Studierende in Bezug auf das Alter gut für diesen Forschungszweck eignen. Dabei sollen mindestens sechs und maximal zehn Teilnehmer und Teilnehmerinnen rekrutiert werden, die anhand ihrer ähnlichen soziodemographischen Gegebenheiten eine hohe Vergleichbarkeit gewährleisten. Das bedeutet, dass es sich bei allen Interviewten um Studierende des gleichen Alters und der gleichen Nationalität handeln soll. Die Geschlechter sollen dabei gleich verteilt sein.
In einem weiteren Schritt wird die Rekrutierung der Teilnehmer kurz beschrieben. Für diese Forschungsarbeit wurden insgesamt acht Teilnehmer rekrutiert. Die Auswahl erfolgte nicht nach einem Zufallsprinzip, sondern nach dem Schneeballsystem (Helfferich, 2011, S. 174). Die Forscherin ist gezielt im Bibliotheksbereich der Universität auf Studierende zugegangen und hat diese gefragt, ob sie sich bereit erklären an der Studie teilzunehmen. Nachdem die ersten Interviews stattfanden, haben die Befragten weitere Studierende genannt, die möglicherweise Interesse an der Studie haben könnten. Tatsächlich gab es keine Absagen und die Rekrutierung der acht Teilnehmer stellte sich als problemlos dar. Die Studierende der Universität Mannheim haben eine hohe Teilnahmebereitschaft gezeigt. Dabei wurden aus den Studiengängen Soziologie, Politikwissenschaft, Unternehmensjura und Lehramt jeweils eine weibliche Teilnehmerin und ein männlicher Teilnehmer zum Interview eingeladen. Alle Befragten sind zwischen 22 und 26 Jahren und besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. So steht ein einheitliches Sample für die Datenanalyse bereit.
4.5 Datenerfassung
Ein erster Schritt vor dem tatsächlichen methodischen Vorgehen ist das Testen des Stimulus und des Leitfadens. Zwei Studierende, männlich und weiblich, haben sich die ausgewählte Folge ohne Vorkenntnisse angeschaut. Sie sollten sich dazu äußern, inwiefern der Inhalt der Folge verständlich ist. Beide gaben an, dass der Inhalt der Folge verständlich sei. Anfangs seien die Beziehungen der Akteure nicht eindeutig, aber die Verhältnisse würden im Verlauf der Folge deutlich werden. Da es sich um eine ProbeSichtung handelte, ging es nur um das reine Verständnis des Stimulus und nicht um das inhaltliche Befragen, sodass keine weiteren Fragen gestellt wurden. Daraufhin wurden dann zwei Probe-Interviews mit Studierenden durchgeführt. Auch hierbei waren Studierende der Universität Mannheim Teilnehmer. Der Leitfaden konnte seinen Zweck gut erfüllen. Es wurde lediglich die Reihenfolge mancher Fragen geändert. An anderen Stellen wurden Entscheidungsfragen hinzugefügt, sodass die Forscherin besser vorbereitet ist auf unterschiedliche Antwortmöglichkeiten. Fragen, die das Potenzial für tiefgründiges Nachfragen aufwiesen, wurden markiert und mögliche Rückfragen dazu notiert. Insgesamt erwies sich der Leitfaden als sinnvoll und wurde im Feld auch so eingesetzt.
Im Zeitraum vom 23. April bis zum 3. Mai 2018 wurden die Fokussierten Interviews geführt. Die Teilnehmenden wurden jeweils einzeln in einem Seminarraum an der Universität Mannheim oder in die private Wohnung der Forscherin eingeladen. Nachdem sie die Folge „Elterninitiative“ rezipiert hatten, kam die Forscherin dazu und eröffnete das Gespräch. Alle Interviews gingen etwa dreißig Minuten lang und verliefen problemlos in einer entspannten Atmosphäre ab. Dabei wurden alle Gespräche mittels Tonaufnahme eines Smartphones aufgenommen, damit sie in einem weiteren Schritt für die Datenanalyse transkribiert werden konnten. Die Transkription lehnte sich an die Form des Basistranskripts nach GAT Richtlinien. Allerdings wurde nur das gesproche- ne Wort erfasst, sodass beispielsweise Intonationen, Dehnungen oder Sprechpausen nicht markiert wurden. Die Begründung liegt darin, dass für den Forschungszweck rein der manifeste Gehalt der Daten von Bedeutung ist. Es handelt sich also nicht um eine Konversationsanalyse, sondern um eine Themenanalyse.
4.6 Die Themenanalyse
Der analytische Teil dieser Arbeit orientiert sich an der Methode der Themenanalyse nach Froschauer und Lueger (2003). Diese Methode bietet sich für die Forschungsthematik an, da sie in ihrer Herangehensweise viel Offenheit postuliert. Es wird ein komprimierter Überblick über die erhobenen Daten geschaffen, wodurch Kernaussagen generiert werden können. Ein starres und standardisiertes Vorgehen hätte die Forscherin an einer unvoreingenommenen Interpretation gehindert. Hierbei ergeben sich zwei Vorgehensweisen, zum einen das Textreduktionsverfahren und zum anderen das Codierverfahren. Für diese Arbeit wurde das Textreduktionsverfahren gewählt. Dieser methodische Vorgang dient „einer Zusammenfassung der zentralen Themen oder der im Text enthaltenden Argumentationsstruktur“ (Froschauer & Lueger, 2003, S. 158). So lassen sich Meinungen von Experten oder generell Einstellungen von Personen vereinfacht aufbereiten. Dabei „bedarf es keiner besonders exakte[n] Transkription“ (Froschauer & Lueger, 2003, S. 159). Daher beruht die Themenanalyse nur auf der Transkription des manifesten Inhalts und auf keinen sonstigen konversationsanalytischen Phänomenen.
Zunächst werden Themen in den Daten identifiziert und markiert, die für die Beantwortung der Forschungsfrage relevant sind, woraufhin eine schrittweise reduktive Verdichtung der Themenblöcke erfolgt. Dabei gilt zu untersuchen, welche Aspekte die einzelnen Themen charakterisieren. Nachdem die Themen feststehen, kann deren Abfolge untersucht werden, was jedoch aufgrund des leitfadenorientierten Interviews eine geringere Bedeutung einnimmt. Interessant ist es an dieser Stelle zu analysieren, inwiefern die Themen in den Interviews an unterschiedlichen Stellen auftreten. Das heißt, ob die Befragten von sich aus auf die untersuchten Themen eingehen oder erst nachdem eine Frage gestellt wurde. Infolge der Bearbeitung der einzelnen Interviews erfolgt dann die fallübergreifende Analyse, in der Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb und vor allem zwischen den Texten untersucht werden.
In der Interpretation der Ergebnisse ergeben sich drei Optionen (Froschauer & Lueger, 2003, S. 170). Zuerst sollen Gemeinsamkeiten zu den untersuchten Themen verglichen werden, was die redundante Interpretation darstellt. In einem zweiten Schritt werden Widersprüche einander gegenübergestellt. Abschließend erfolgt die zusammen- fassende Interpretation, die besondere Themencharakteristika in den Kontext der Forschungsfrage einbettet. Schließlich soll ein Verständnis für das untersuchte soziale System entstehen. Sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede in den einzelnen Interviews hinsichtlich der Themen dienen der Beantwortung der Forschungsfrage. Im Abschluss werden alle Auffälligkeiten zusammenfassend dargestellt.
5. Ergebnisdarstellung
Zunächst werden die ersten Auffälligkeiten aufgezeigt, welche in Bezug zu den einzelnen Figuren in Verbindung mit der Wahrnehmung von Stereotypen aufgekommen sind. Dafür werden die Daten der einzelnen Interviews in einer fallübergreifenden Analyse miteinander verglichen und anhand von Auszügen zur Veranschaulichung untermauert. Dieser Vergleich erfolgt anhand festgelegter Themen, die nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden untersucht werden. Danach werden die Befunde zu Stereotypisierungen zusammenfassend dargestellt. In einem letzten Schritt folgt die Beantwortung der Forschungsfrage.
5.1 „Blockbustaz“ als Format
Positiv aufgefallen sind die gesellschaftskritischen und nachvollziehbaren Themen. Im Detail nennen die Teilnehmenden soziale Ungleichheit und die Vorurteile, die gegenüber anderen sozialen Schichten/Klassen in unserer Gesellschaft bestehen. Besonders gelungen sei dabei die Darstellung der oberen und der unteren Sozialschicht, deren Zusammentreffen als aktionsreich und unterhaltsam wahrgenommen wurde. Ebenfalls stößt die Besetzung der Sitcom auf positive Resonanz, da einige Teilnehmer die Darsteller kennen und ihre Performanz in den Rollen als lustig empfinden. Im Kontrast dazu kritisieren einige Teilnehmer die überspitzte und überzogene Darstellung der Charaktere, wodurch ein Mangel an Authentizität entsteht. Dadurch wird auch der Realitätsbezug in Frage gestellt.
Die Teilnehmer dieser Studie können in drei unterschiedliche Gruppen eingeordnet werden. Diese Aufteilung lehnt sich an die Kategorisierung des qualitativen Formattests an, welcher von einem Marktforschungsinstitut hinsichtlich der gesamten Bewertung der Sitcom durchgeführt wurde (Kolbeck et al., 2016). Unter den Befragten befinden sich Befürworter, Aufgeschlossene und Ablehner. Zu den Befürwortern gehören diejenigen, die mit Begeisterung auf die gestellten Fragen eingegangen sind und betont haben, dass sie weitere Folgen schauen werden. Christoph, Jule und Laura6 wurden dieser Gruppe zugeordnet. Zu den Aufgeschlossenen zählen die Befragten, die normalerweise solch ein Format nicht rezipiert hätten, aber viele positive Eigenschaften nannten. Die Befragten Patrick, Marcel und Jana gehören zu dieser Gruppe. Unter einem Ablehner wird eine Person verstanden, die nicht ausschließlich Kritik wiedergab, aber deutlich machte, dass sie den Humor mit der Sitcom nicht teilt und somit auf keinen Fall weiterschauen würde. Die Gruppe der Ablehner wird von Annika und Felix vertreten. So fließen diese Gruppierungen in die abschließende Auswertung der Themenanalyse ein, um feststellen zu können, was vor allem für die Befürworter das Stereotyp in der Sitcom bedeutet und was durch diesen Einsatz erreicht werden kann. Anhand der folgenden Transkript-Auszüge soll die Einordnung in die drei Kategorien demonstriert werden. Für das Format haben sich eindeutig Christoph und Jule ausgesprochen:
Transkript-Auszug7 des Fokussierten Interviews mit Christoph am 27. April 2018:
007 ich dachte erst um ehrlich zu sein es wird nicht so gut
008 ich war ich war wirklich positiv überrascht sogar so dass ich sagen
009 würde dass ich es nochmal schauen würde (...)
015 und ich finds eigentlich eine amüsante serie
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Jule am 27. April 2018:
031 genau und das fand ich eigentlich echt gut dargestellt weil eben noch
032 so en witz dabei war und das ganze halt einfach irgendwie lustig
033 dargestellt war obwohl es ein fundiertes problem irgendwo is (.)
037 und das war einfach ähm gut gemacht
Zusätzlich zu dem ausgesprochenen Lob betonten sie auch nach dem Interview, dass sie die Sitcom weiterhin verfolgen werden. Daher fiel die Einordnung dieser zwei Befragten eindeutig in die Gruppe der Befürworter.
Die Abgrenzung zu den Aufgeschlossenen erfolgte aufgrund des Kriteriums, dass diese Teilnehmer die Sitcom als gelungen ansehen, aber die Begeisterung im Vergleich zu der vorherigen Gruppe wesentlich geringer ausfiel, was durch die Schilderung des ersten Eindrucks deutlich wird. Dabei steht die Teilnehmerin Laura zwischen diesenbeiden Gruppen. Sie wurde schließlich den Befürwortern zugeordnet, da davon ausgegangen werden kann, dass sie weiterschauen würde.
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Laura am 23. April 2018:
029 ich fand also ähm es wurde einem nicht langweilig
030 und man wollte schon auch weitergucken und man wollte wissen wie
031 geht es jetzt weiter ähm
Im Vergleich dazu gehören folgende Studierende zu der Gruppe der Aufgeschlossenen:
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Jana am 23. April 2018:
030 ich fands interessant weil es die diese diese vorurteile nochmal
031 aufgezeigt hat von den verschiedenen schichten
032 natürlich bisschen überspitzt dargestellt (...)
055 ich musste mal schmunzeln aber nich wirklich lachen
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Patrick am 25. April 2018:
007 es war jetzt eine serie gewesen die ich mir nie selber so angeguckt
008 hätte aber fand die folge eigentlich ganz gut
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Marcel am 3. Mai 2018:
012 oh gott war mein erster eindruck aber hab dann doch häufig gelacht
013 während der serie
014 so schlecht fand ich es gar nich
Obwohl die nächsten zwei Befragten auch Positives zu „Blockbustaz“ nannten, wurde deutlich, dass sie das Format aufgrund des Humors eher ablehnen:
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Annika am 2. Mai 2018:
068 A: also gar nich so dein humor
069 B: nenenenene gar nich
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Felix am 25. April 2018:
019 B:ich fands nich schlecht
020 ich fands schon interessant
021 nur mein persönlicher fall ist es nich
5.2 Figuren als Stereotype
5.2.1 Figur Anna
Alle Befragten sind sich bei der Figur Anna einig, dass sie diese als unsympathisch charakterisieren. Ein großer Kritikpunkt liegt in der Offenlegung ihrer Vorurteile gegenüber der Familie, die im Plattenbau lebt. Dabei wird sie eindeutig als Stereotyp wahrgenommen. Sie ist die typische Hausfrau und Vollzeit-Mutter, die nicht arbeitet (vgl. Laura, Z. 90 - 96). Sie stammt aus der oberen sozialen Schicht und nutzt ihre Macht gegenüber sozial Schwächeren schamlos aus. In ihrer Ehe mit Harald nimmt sie die dominante Rolle ein. Die Befragten betonen, dass sie selbst nicht arbeitet, aber trotzdem große Vorurteile gegenüber Arbeitslosen hegt (vgl. Laura, Z. 95f.). Dabei bewertet sie ihre ehrenamtliche Arbeit in der Elterninitiative über. Insgesamt entspricht sie dem klassischen Bild einer Hausfrau, die dazu noch wohlhabend ist, wodurch sie die Sorgen der Bewohner der Plattenbauwohnungen nicht nachvollziehen kann.
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Laura am 23. April 2018:
090 ähm ja ich glaub ihr ist einfach bisschen langweilig in ihrem
091 hausfrauen dasein
092 und ich fand auch die stelle witzig wo sie meinte dass sie ihr
093 eigenes familienunternehmen leitet das ist so ein typischer
094 spruch von so müttern oft
095 und ja dass sie halt nich nur dass sie total die vorurteile hat
096 das merkt man auch dass sie dann das geschirr abputzt und so
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Christoph am 27. April 2018:
049 ich würde sie als totale helikoptermutter beschreiben die ihre arbeit
050 in dieser kitatagesstätte bisschen überwertet und sich total sie sagt
051 ja sie leitet ein familienunternehmen und ja die familie ist halt das
052 falsche bild einer feministin würde ich sagen
Anna entspricht nicht dem Stereotyp einer gegenwärtigen Feministin, sondern spiegelt das klassische Bild einer Hausfrau wider (vgl. Christoph, Z. 51f.). In ihrer Rolle als Mutter scheint sie aufzugehen, allerdings verspürt sie den Drang, nicht nur Mutter zu sein. Ihr Ehemann ist als erfolgreicher Anwalt sehr angesehen in der Gesellschaft, wodurch sie mit ihrem ehrenamtlichen Projekt ebenfalls Ansehen erzielen möchte. Ihr soziales Engagement hingegen ist mehr Fassade als tatsächliche Hilfe für die Gesellschaft (vgl. Annika, Z. 104). Dabei haben alle Befragten angemerkt, dass es ihr vielmehr um das Bild geht, dass sie nach außen trägt, als die tatsächliche Intention, anderen Menschen zu helfen.
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Annika am 2. Mai 2018:
102 und ähm da kam dann irgendwie raus dass sie typisch die sein soll die
103 aus der oberen schicht kommt und die mega die vorurteile hat aber
104 eigentlich offiziell versucht das zu verstecken
Anna wird zusammenfassend von allen Befragten direkt als Stereotyp klassifiziert, welches dem Bild einer Hausfrau aus der Oberschicht entspricht. Dabei kritisieren alle diese Menschengruppe, da sie offensichtlich große Vorurteile gegenüber sozial schwächeren Gruppen ausüben (vgl. Annika, Z. 103f. & Laura, Z. 95f.). Hier wird das Bild der Frauen wohlhabender Herkunft bestätigt, welches bei allen Teilnehmern schon vorher bestanden hat und somit während der Rezeption aktiviert wird. Es handelt sich somit um die These von Wulff (2005), dass eine Verstärkung des bereits vorhandenen Wissens eintritt.
5.2.2 Figur Harald
Umso interessanter ist die Wahrnehmung des Charakters Harald, welcher der gleichen sozialen Schicht wie Anna angehört. Nach dem ersten Eindruck seiner Person und den Erzählungen von Anna haben die Teilnehmenden das klassische Bild eines Rechtsanwalts erwartet (vgl. Jana, Z. 135f. & Jule, Z. 140ff.).
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Jana am 23. April 2018:
135 naja also was anna von ihm erzählt hat dacht ich mir zuerst oh gott
136 bestimmt voll der schnösel aber an sich ist er eigentlich voll cool
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Jule am 27. April 2018:
140 und man sich immer vorstellt wie assi die leute sind vom berufswegen
141 einfach aber er einfach glaub ein ganz netter kerl is so in seinem
142 inneren und ein ganz lockerer so
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Annika am 2. Mai 2018:
156 hm joa der wird so am anfang wird er so als typischer mensch der
157 oberschicht hingestellt
Obwohl erwartet wird, dass Harald dem klassischen Stereotyp eines Anwalts entspricht, sind sich alle einig, dass er nicht eindeutig diesem Stereotyp gerecht wird (vgl. Jule, Z. 140ff.). Zunächst ist ersichtlich, dass die Befragten eine klare Vorstellung darüber haben, was sie von einem erfolgreichen Anwalt erwarten (vgl. Annika, Z. 156f.). Daher sind sie überrascht, dass diese Vorstellung nicht vollständig eintritt. Die Teilnehmer berichten mit Begeisterung davon, wie offen und tolerant er sei. Im Vergleich zu seiner Frau Anna scheint er keinerlei Vorteile gegenüber den Bewohnern des Plattenbaus zu haben. Diese Charakterisierung führt dazu, dass alle ihn als sympathisch beschreiben (vgl. Felix, Z. 137f.).
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Felix am 25. April 2018:
137 ich fand den typ einfach mega cool wirklich richtig cool weil er is er
138 hats ich mag behaupten als anwalt hat ers im leben geschafft
Insbesondere dieser Bruch in der Vorstellung, die die Teilnehmer ursprünglich von einem Rechtsanwalt haben, sorgt dafür, dass der Charakter als sympathisch wahrgenommen wird. Der Wandel, welcher er im Verlauf der Folge durchlebt, fällt den Befragten genauso positiv auf (vgl. Marcel, Z. 91ff.).
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Marcel am 3. Mai 2018:
091 so der erste eindruck war ein steifer mensch ganz passend zu seiner
092 frau wobei er dann ganz plötzlich einen wechsel durchgemacht hat und
093 sich dann gut mit den männern dort verstanden hat
Harald entwickelt sich von einem ernsten Anwalt zu einem freundlichen Mann, der mit Arbeitslosen auf dem Balkon einen Joint raucht (vgl. Marcel, Z, 91ff.). Vor allem durch die Musik kommen er und Sol in ein freundschaftliches Gespräch. Aufgrund dieses Wandels verdeutlicht er, dass selbst Männer mit unterschiedlicher Herkunft die gleichen Interessen besitzen und sich daher auf freundschaftlicher Basis begegnen können. An dieser Stelle leistet die Stereotypisierung von Harald als Rechtsanwalt eine besondere Aufgabe. Dadurch, dass Harald vor allem in Kontrast zu seiner Frau, sich auf das gleiche Niveau wie Sol und seine Freunde stellt, wird gezeigt, dass ein Miteinander zwischen unterschiedlichen sozialen Schichten möglich ist. So entsteht ein integratives Verständnis für dieses soziale Milieu und die klassische Oberschicht wird aufgewertet.
Transkript-Auszug des Fokussierten Interviews mit Annika am 2. Mai 2018:
174 also ich find der konnte das authentische so behalten bis zum schluss
Sein Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen wird an dieser Stelle als authentisch wahrgenommen (vgl. Annika, Z. 174). Ein Mann, der nicht dem klassischen Stereotyp entspricht, wird also als realitätsnah angesehen. Insgesamt kam Harald als Charakter sehr gut bei den Rezipienten an, da er mit seiner Rolle eine Vereinigung zwischen den zwei sozialen Schichten erreichen konnte.
Eine weitere Feststellung besteht darin, dass Harald primär von den männlichen Teilnehmern als äußerst sympathisch und cool beschrieben wurde (vgl. Felix, Z. 137f.). Eine klare Sympathie kann also von den männlichen Rezipienten zu den männlichen Charakteren in Serien geschlossen werden. Vor allem bei den männlichen Rezipienten erfolgt ein personalisierter Verarbeitungsprozess nach Schmid Mast und Krings (2008). Der erhöhte Sympathiegrad, den die Teilnehmer gegenüber Harald empfinden, wirkt sich darauf aus, dass sie das Stereotyp des Rechtsanwalts in ihrer Vorstellung modifizieren. Demnach bedeutet dies, dass nicht jeder erfolgreiche Anwalt auch abgehoben sein muss. Eine Aufwertung des Bildes eines Anwalts kann damit erzielt werden.
[...]
1 In dieser Studie werden Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger synonym verwendet, wobei es sich immer um Hartz-IV-Empfänger handelt.
2 Unter Teilnehmer werden in dieser Forschungsarbeit sowohl alle männlichen als auch weiblichen Personen verstanden, die an dieser Studie teilgenommen haben.
3 Diese Informationen stammen aus persönlichen Gesprächen mit den Redakteuren, die während eines Praktikums geführt wurden.
4 Hier bezieht sich die Forscherin erneut auf Informationen der Redaktion.
5 Ein Marktforschungsinstitut hat mittels Gruppendiskussionen herausgefunden, dass die Serie bei einigen Zuschauern sehr gut ankam. Daraufhin erfolgte der Entschluss, eine zweite Staffel zu produzieren.
6 Die Namen entsprechen nicht den realen Namen der Teilnehmer. Es wird ausschließlich aus dem Grund mit Namen in dem Ergebnisteil gearbeitet, um einen besseren Lesefluss zu gewährleisten.
7 Bei den Transkripten handelt es sich um das Gesprochene der Teilnehmer. Sobald Redeanteile der Interviewerin auftreten, werden diese mit „A“ gekennzeichnet.
- Quote paper
- Adriana Henke (Author), 2018, Die Rolle von Stereotypen in Sitcoms. Eine qualitative Analyse am Beispiel von „Blockbustaz“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1265498
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