Das Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist, die Potenziale der Kreislaufwirtschaft im To-Go-Geschäft herauszuarbeiten. Dabei steht die Umstellung des linearen Einwegverpackungssystems auf ein zirkuläres Mehrwegmodell im Fokus. Anhand von Experteninterviews mit Gastronomie-Unternehmern, die bereits auf ein zirkuläres Geschäftsmodell umgestellt und ein Poolsystem eingeführt haben, soll analysiert werden, welche Chancen aus deren Sicht sich daraus ergeben und welchen Risiken, Herausforderungen sich die Gastronomen ausgesetzt sehen bzw. gesehen haben.
In den letzten Jahren hat der Verkauf von Außer-Haus-Speisen und Getränken zugenommen, was unter anderem auf veränderte Arbeits- und Lebensbedingungen zurückzuführen ist. Nicht zuletzt haben die Coronakrise und die damit zusammenhängenden Lockdowns den Außer-Haus-Verkauf gefördert, und mit der Zunahme des To-Go-Geschäftes während der Corona-Pandemie ist auch ein Wachstum des Verpackungsmülls zu verzeichnen. Pro Jahr fallen durch Einwegverpackungen und Einweggeschirr in Deutschland knapp 350.000 Tonnen Abfall an, davon über 105.000 Tonnen Kunststoff. Zwischen 1994 und 2017 sind die Kunststoffabfälle insgesamt um 72 Prozent gestiegen. Schaut man sich dies beispielsweise bei den Coffee-to-go-Bechern genauer an, so werden stündlich 320.000 Einwegbecher für Heißgetränke verbraucht, pro Jahr sind es knapp drei Milliarden Stück. Global betrachtet landen laut dem World Wide Fund for Nature zwischen 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr in unseren Weltmeeren, und gemäß dem Naturschutzbund Deutschland e.V. besteht etwa 75% des gesamten Meeresmülls aus Kunststoffen.
Doch unser linear geprägtes Wirtschaftssystem steht im Umbruch, auch im Außer-Haus-Geschäft. Das bisherige Nutzungsverhalten im To-Go-Geschäft ist im Wesentlichen vom umstrittenen und oft kritisierten „Take-make-Dispose“-System geprägt, das heißt Verpackungen werden nur für den einmaligen Gebrauch hergestellt und nach der Nutzung direkt entsorgt. Die Lösung hierfür scheint ein zirkuläres System zu sein, bei dem vorhandene und aktuell gebundene Ressourcen wiederverwendet werden um so die Abfallmenge zu reduzieren und Materialien wirtschaftlich erneut einzusetzen. Doch die Circular Economy ist viel mehr als Recycling, denn der Ansatz beginnt bereits beim Design.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Methodik und Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen und Konzept der Circular Economy
2.1 Begriffsdefinition Nachhaltigkeit
2.2 Einführung in die Circular Economy
2.3 Das Prinzip „Von der Wiege zur Wiege“ - Cradle to Cradle
2.4 Closed-Loop und Open Loop-System
2.5 Design als Schlüsselfaktor der CE
2.6 Zirkuläre Geschäftsmodelle der Zukunft
2.6.1 „Product That Last“-Projekt zur Entwicklung von Geschäftsmodellen und Design Strategien nach Bakker und den Hollander
2.6.2 Erzielung der „Circular Advantage“ mit Hilfe von Geschäftsmodellen
2.7 Recycling als weiterer Grundpfeiler in Kreislaufströmen
2.8 Möglichkeiten und Hindernisse der CE
3 Einsatzmöglichkeit der CE im Außer-Haus-Verkauf
3.1 Implementierungsmöglichkeiten der CE in der Gastronomie
3.2 Problem des Verpackungsmülls und staatliche Eingriffe
3.3 Verschiedene Möglichkeiten des Mehrwegs
4 Experteninterviews
4.1 Forschungsfrage
4.2 Methodik der Interviews
4.2.1 Erhebung der Daten
4.2.2 Die Interviewpartner
4.2.3 Der Interviewablauf
4.2.4 Auswertung der Daten
4.3 Ergebnisse der Befragung
4.4 Diskussion
4.4.1 Interpretation und Beantwortung der Forschungsfragen
4.4.2 Limitation
4.5 Fazit
5 Schlussbetrachtung
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ursachen der Umweltbelastung am Ende des 20. Jahrhunderts (eigene Darstellung des Autors in Anlehnung an Di Blasi / Goebel / Hösle, 2001, S. 95)
Abbildung 2: Erdüberlastungstag der Jahre 1970 - 2020 (vgl. Overshootday, 2020)
Abbildung 3: Linearwirtschaft vs. Kreislaufwirtschaft (vgl. Walcher/Leube, 2017)
Abbildung 4: Entwicklung der Circular Economy (eigene Darstellung des Autors (vgl. Weetman, 2017, S.13))
Abbildung 5: Rahmen der Circular Economy (eigene Darstellung des Autors (vgl. Weetmann, 2017, S.27))
Abbildung 6: Prinzip von cradle to cradle (eigene Darstellung des Autors in Anlehnung an Cradle to Cradle NGO)
Abbildung 7: Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft (vgl. EMF, 2015)
Abbildung 8: EU Vergleich der Länder bezüglich Müllproduktion pro Kopf (vgl. Eurostat, 2022)
Abbildung 9: Verbrauch von Serviceverpackungen in der Gastronomie (vgl. Umweltbundesamt)
Abbildung 10: Biosystem in Montfort Boys' Town (eigene Darstellung des Autors in Anlehnung an Pauli, 1999, S. 232)
Abbildung 11: Kreislauf des Unternehmens GotBag (vgl. GotBag)
Abbildung 12: Kreislauf des Unternehmens Airpaq (vgl. Airpaq)
Abbildung 13: Kreislauf bei Samsung (vgl. Samsung)
Abbildung 14: Modell für Ablauf im Poolsystem (vgl. Lebensmittelverband Deutschland e.V.,2021, S.3)
Abbildung 15: Auswertung der Interviews und Paraphrasierung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Motivation und Verpackungsgesetz
Tabelle 2: Anforderung an die Beschaffenheit der Verpackung und der Speisen
Tabelle 3: Investitionen und Betrieb
Tabelle 4: Kundenanalyse
Tabelle 5: Problemfelder und Veränderungen
Tabelle 6: Kunden- und Mitarbeiterresonanz
Tabelle 7: Lagerung
Tabelle 8: Zufriedenheit
Tabelle 9: Aussicht für die Zukunft
Tabelle 10: Chancen und Risiken einer Umstellung auf ein Poolsystem
Tabelle 11: Kosten der gängigsten Poolsysteme (Eigene Darstellung des Autors (in Anlehnung an Ecolog, 2021, S.31; Faircup; Life e.V., 2021) )
Tabelle 12: Interviewleitfaden
Tabelle 13: Kategorien und Kod ierleitfaden
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Wer kennt es nicht: Man ist unterwegs und hat Lust auf einen Kaffee, oder möchte am Abend nicht mehr viel Zeit in der Küche mit kochen verbringen und nimmt sich stattdessen schnell etwas aus seinem Lieblingsrestaurant mit. In den letzten Jahren hat der Verkauf von Außer-Haus-Speisen und Getränken zugenommen, was unter anderem auf veränderte Arbeits- und Lebensbedingungen zurückzuführen ist (vgl. Umweltbundesamt, 2019, S.34). Nicht zuletzt haben die Coronakrise und die damit zusammenhängenden Lockdowns den Außer-Haus-Verkauf gefördert, und mit der Zunahme des ToGo-Geschäftes während der Corona-Pandemie ist auch ein ca. 10% Wachstum des Verpackungsmülls zu verzeichnen (vgl. Wirtschaftswoche, 2020). Pro Jahr fallen durch Einwegverpackungen und Einweggeschirr in Deutschland „knapp 350.000 Tonnen Abfall an, davon über 105.000 Tonnen Kunststoff. Zwischen 1994 und 2017 sind die Kunststoffabfälle insgesamt um 72 Prozent gestiegen“ (vgl. Nabu, 2022, S.2). Schaut man sich dies beispielsweise bei den Coffee-to-go-Bechern genauer an, so werden stündlich 320.000 Einwegbecher für Heißgetränke verbraucht, pro Jahr sind es knapp drei Milliarden Stück (vgl. Deutsche Umwelthilfe, 2022). Global betrachtet landen laut dem World Wide Fund for Nature (WWF) zwischen 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr in unseren Weltmeeren (vgl. WWF, 2020), und gemäß dem Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) besteht etwa 75% des gesamten Meeresmülls aus Kunststoffen (vgl. NABU, 2021).
Die momentane Situation im To-Go-Geschäft ist im Wesentlichen vom umstrittenen und oft kritisierten „Take-make-Dispose“-System geprägt (vgl. Esposito/Sessa/Sica/Malandrino, 2020, S.1), das heißt Verpackungen werden nur für den einmaligen Gebrauch hergestellt und nach der Nutzung direkt entsorgt. Viele Betriebe greifen aus Kostengründen daher auf diese Art der Verpackung zurück (vgl. Nabu, 2022, S.2).
In der Regel sind dies Verpackungsarten wie Styropor, Plastik, Pappe und andere Kunststoffe. Abgesehen von der Kostenersparnis haben diese Verpackungsarten die Vorteile einer vereinfachten Lagermöglichkeit, besserer Transportsicherheit und einer Individualisierbarkeit des Designs (vgl. Baumann, 2021), allerdings haben sie neben ökologischen auch gesundheitliche Nachteile. So können dort gesundheitsschädigende Chemikalien wie per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) enthalten sein, was zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann (vgl. Deutsche Umwelthilfe, 2022). Zu bedenken ist auch, dass diese Verpackungen eine sehr lange Zeit benötigen, bis sie „verrotten“. So dauert es bei Plastiktüten beispielsweise zwischen 100 und 500 Jahre, bei Plastikflaschen 450 bis 5.000 Jahre und bei Styropor sogar über 6.000 Jahre (vgl. Multhaupt, 2021). Doch auch wenn sich Plastik mit der Zeit weitgehend zersetzt, so ist es „biologisch inert“: das heißt, auch wenn Mikroplastikartikel immer kleiner werden, lösen sich diese nie ganz auf (vgl. Umweltbundesamt, 2017). Dadurch wird die Umwelt und die Tierwelt mit sekundärem Mikroplastik belastet (vgl. Multhaupt, 2021). Zu Mikroplastik zählen dabei alle Partikel und Fasern, die kleiner als fünf Millimeter sind (vgl. Stubenrauch/Ekardt, 2020).
Die Problematik zeigt, dass das lineare Wirtschaftssystem nicht mehr zeitgerecht ist und ein Umdenken stattfinden sollte. Es muss auf der einen Seite ein Ressourcen- sowie umweltschonendes und zeitgleich praktikables und kostengünstiges System geschaffen werden. Hierbei müssen sich neben den Privatpersonen vor allem die Unternehmen Ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein (Corporate Social Responsibility (CSR)). Ein zukunftsfähigeres System scheint daher die Circular Economy (CE) zu sein, bei dem im Vergleich zum linearen System die Material- und Produktflüsse zirkulieren. In einigen Branchen hat man sich bereits über nachhaltigere Lösungen Gedanken gemacht, wie beispielsweise in der Textilindustrie. Dort sollte der sogenannten „Fast Fashion“ mit zirkulären Ansätzen entgegengewirkt werden, um Ressourcen einzusparen. Fast Fashion zeichnet sich durch günstig angebotene Textilien aus, deren Produktlebenszyklen kurz und meist nicht nachhaltig sind (vgl. Joy et al., 2012). Aus Abfällen kann aber etwas Neues entstehen, indem nach einer Aufbereitung der Materialien diese als Inputfaktoren für neue Produkte dienen können. Somit schafft der zirkuläre Ansatz eine Wirtschaft, in der Dinge wiederverwendet werden, anstatt sie zu verbrauchen (vgl. Weetman, 2017, S.2). Dies gewährleistet einen längeren Produktlebenszyklus während endliche Ressourcen geschont und bereits vorhandene Elemente neu genutzt werden.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Auch die Gastronomie steht vor einer neuen Herausforderung, nämlich möglichst umweltfreundlich und ressourcenschonend zu agieren im Zuge Ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. Denn auch die Kundenbedürfnisse haben sich verändert und immer mehr Menschen wünschen sich einen nachhaltigeren Umgang der Gastronomie, vor allem in den Themen Verpackung und Plastik. Der Wunsch nach umweltfreundlicheren Verpackungen steigt, und die Hälfte der Bevölkerung wäre auch bereit, hierfür einen Aufpreis zu bezahlen (vgl. Graefe, 2022). Doch längst nicht alle gastronomischen Betriebe, die Außer-Haus-Essen oder Getränke to-go anbieten, haben Ihr lineares Verpackungssystem umgestellt. Dabei kann die CE dabei helfen den negativen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und dennoch Gewinne zu erwirtschaften. Einer Studie des Fraunhofer Instituts zufolge verzeichnen Poolsysteme „derzeit sowohl in Bezug auf die Zahl der Ausgabestellen, der ausgegebenen Becher als auch der Nutzungen deutliche Zuwachsraten. Daher kann erwartet werden, dass sich der Anteil an den Nutzungen in den nächsten Jahren deutlich vergrößern wird (vgl. Fraunhofer CCPE, 2022, S. 124).“ Allerdings ist laut dieser Studie „die Einführung eines Poolsystems mit hohem Aufwand und großen Risiken verbunden (...) (vgl. Fraunhofer CCPE, 2022, S. 123)“.
Darauf basierend ist das Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit, die Potenziale der Kreislaufwirtschaft im To-Go-Geschäft herauszuarbeiten. Dabei steht die Umstellung des linearen Einwegverpackungssystems auf ein zirkuläres Mehrwegmodell im Fokus. Anhand von Experteninterviews mit GastronomieUnternehmern, die bereits auf ein zirkuläres Geschäftsmodell umgestellt und ein Poolsystem eingeführt haben, soll analysiert werden, welche Chancen aus deren Sicht sich daraus ergeben und welchen Risiken, Herausforderungen sich die Gastronomen ausgesetzt sehen bzw. gesehen haben.
Im folgenden Kapitel wird nun die genaue Vorgehensweise erläutert.
1.3 Methodik und Aufbau der Arbeit
Nachdem im ersten Kapitel das Problem und die Zielsetzung dieser wissenschaftlichen Arbeit dargestellt wurde, folgt im zweiten Kapitel ein theoretischer Teil. In diesem Kapitel wird definiert, was unter Nachhaltigkeit zu verstehen ist, was Cradle-to-cradle (C2C) bedeutet und was der Unterschied zwischen „Closed-Loop“ und „Open-Loop“ ist. Zudem wird das Grundprinzip der Circular Economy vorgestellt und anhand von Journals und weiterer Literatur erarbeitet, welche Barrieren und Möglichkeiten im Allgemeinen die CE hat und welchen Stellenwert das Design dabei einnimmt. Im dritten Kapitel wird dann eruiert, welche Einsatzmöglichkeiten die CE im Besonderen im Außer-Haus-Geschäft bietet. Dabei wird das Problem des Verpackungsmülls angesprochen und welche Arten von Mehrwegsystemen es gibt. Im vierten Kapitel wird eine empirische Untersuchung auf die Auswirkungen einer Umstellung von Einweg- auf ein Pool-Mehrwegsystem durchgeführt, um herauszufinden, welche Chancen und Risiken daraus entstanden sind. Hierbei dienen drei Experteninterviews mit Gastronomen, die bereits eine Umstellung durchgeführt und ein Poolsystem bei sich etabliert haben. Diese Interviews werden mit Hilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet und deren Ergebnisse im Anschluss interpretiert. Hierbei erfolgt auch ein Einblick darauf, wie die Daten erhoben wurden und welche Methoden jeweils zum Einsatz kamen. Im fünften Kapitel erfolgt eine kritische Reflektion der CE im To-Go- Geschäft und zieht ein Fazit in Bezug auf die Forschungsfrage. Zudem soll ein Ausblick auf die zukünftige Bedeutung der Circular Economy im Außer-HausVerkauf gegeben werden.
2 Grundlagen und Konzept der Circular Economy
In diesem Kapitel erfolgt der theoretische Teil zur Erörterung der Circular Economy. Zuvor wird allerdings erst der Begriff der Nachhaltigkeit definiert und erläutert, denn Nachhaltigkeit ist der wesentliche Grundgedanke der CE.
2.1 Begriffsdefinition Nachhaltigkeit
Heutzutage scheint Nachhaltigkeit ein neues Phänomen zu sein, doch wurde beispielsweise schon in der Nachkriegszeit nachhaltig gehandelt: Milch und Kartoffeln kamen beispielsweise vom Bauern in der Ortschaft oder Fische aus heimischen Flüssen. Wer konnte, hielt sich auch selbst Vieh und züchtete eigene Pflanzen zum Anbau von Obst und Gemüse. Durch kurze Beschaffungswege wurde zudem Kohlenstoffdioxid (CO2) eingespart. Erst mit der Globalisierung wich die nachhaltige Lebensweise dem Profit und dem reichhaltigen und diversen Angebot aus fernen Ländern.
Historisch betrachtet trat der Begriff der „Nachhaltigkeit“ erstmals Anfang des 18. Jahrhunderts in Erscheinung im Rahmen der Forstwirtschaft (Grunwald/Kopfmüller, 2012, S. 18). Denn als damals die „Holznot“ ausgerufen wurde aufgrund übermäßiger Rodung der Wälder, entschied man, künftig nur noch so viel Holz zu schlagen wie nachwächst. Dies sollte gewährleisten, dass auch zukünftige Generationen weiterhin diese Ressource nutzen können (Eismann/Lorkowski, 2016, S. 8). 1972 veröffentlichte der Club of RomeI die Studie >>Die Grenzen des Wachstums<<, wo der Begriff der Nachhaltigkeit aufgenommen und weiter ausgeführt wurde. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass es bei den voranschreitenden Trends des Bevölkerungswachstums (waren es 1965 noch rund 3,3 Milliarden sind es 2020 bereits rund 7,8 Milliarden Menschen (vgl. Statista, 2021)), der Ressourcenausbeutung und Umweltverschmutzung im Laufe der nächsten Hundert Jahre zu einem ökologischen Kollaps und folglich zu einem wirtschaftlichen Niedergang führen wird (vgl. Grunwald/Kopfmüller, 2012, S. 20; Meadows et al., 1972). Als Hauptursachen für die Umweltbelastung am Ende des 20. Jahrhunderts können folgende drei verknüpfte Faktoren des „Wachstums“ identifiziert werden: Bevölkerungswachstum, AnspruchsWachstum bzw. Wohlstands-Streben sowie Technologie- und Konsumwandel (vgl. Di Blasi / Goebel / Hösle, 2001, S.95).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Ursachen der Umweltbelastung am Ende des 20. Jahrhunderts (eigene Darstellung des Autors in Anlehnung an Di Blasi / Goebel / Hösle, 2001, S. 95)
Ein guter Indikator hierfür ist der sogenannte Erdüberlastungstag. Dieser gibt an, wann der Tag im Jahr erreicht ist, an dem der Vorrat an natürlichen Ressourcen für das laufende Jahr aufgebraucht ist. Für das Jahr 2021 war dies in Deutschland beispielsweise bereits am 5. Mai, was bedeutet, dass Deutschland ab diesem Tag „Umweltschulden“ macht (vgl. Geo, 2021). Der globale Erdüberlastungstag beispielsweise fiel im selben Jahr auf den 29. Juli, wobei dieser rückwärtige Trend der Coronakrise geschuldet ist (vgl. Germanwatch e.V., 2022). Denn Coronabedingt wurde die Wirtschaft und somit auch die Produktion weit heruntergefahren. Der Blick über die Jahre bestätigt aber das vom Club of Rome prognostizierte Szenario und verdeutlicht die drei Faktoren des Wachstums:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie die Abbildung zeigt, verbraucht der Mensch „derzeit 60% mehr als das, was unser Planet erneuern kann“ - es bräuchte also sozusagen 1,6 Erden, um den Ressourcenverbrauch eines Jahres zu bewältigen (vgl. Overshoot, 2020).
Bei der Nachhaltigkeit im heutigen Sinn geht es eher um eine zeitliche Dimension, nämlich dauerhaft oder zukunftsfähig (Hutter/Blessing/Köthe, 2012, S. 18). Unter nachhaltiger Entwicklung versteht man einen Prozess gesellschaftlicher Veränderung, eines Umdenkens, während Nachhaltigkeit das Ende eines solchen Prozesses versteht. Bei der Nachhaltigkeit selbst handelt es sich also um einen Zustand. Da die Menschheit sich noch im Prozess befindet, soll abschließend zu diesem Thema die nachhaltige Entwicklung definiert werden:
„Nach der heute überwiegend akzeptierten Definition ist nachhaltige Entwicklung dann realisiert, wenn sie ,die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können‘ (Hauff, 1987, S. 46)“ (Grunwald/Kopfmüller, 2012, S. 11). Es geht also darum, die Grundbedürfnisse der jetzigen und künftigen Generationen zu befriedigen und dabei die Grenzen des Ökosystems Erde nicht zu überschreiten und ihre endlichen Ressourcen sinnvoll einzusetzen (vgl. Rauch, 2014, S.3).
2.2 Einführung in die Circular Economy
Wie bereits in der Einführung der Arbeit kurz angesprochen, ist unser bisher bekanntes Wirtschaftsbild traditionell geprägt von einer linearen Wirtschaft, auch Cradle-to-Grave bzw. von der Wiege zur Bahre (vgl. Braungart/McDonough, 2003, S.47) genannt. Dieses Wirtschaftssystem ist in Anbetracht steigender Bevölkerungszahlen allerdings nicht mehr nachhaltig und tragbar, möchte man künftigen Generationen noch eine Lebensgrundlage bieten. Daher scheint die Transformation des linearen Wirtschaftssystems in ein zirkuläres Modell unabdingbar und logisch, will man dieses Ziel erreichen (vgl. Walcher/Leube,2017). Einen guten Überblick über beide Systeme gibt folgendes Schaubild:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Linearwirtschaft vs. Kreislaufwirtschaft (vgl. Walcher/Leube, 2017)
Wie man dem Schaubild entnehmen kann, werden bei der linearen Wirtschaft die Rohstoffe gewonnen ggf. verarbeitet und im Anschluss der Produktion zugeführt und im Absatzmarkt platziert. Nach dem Kauf und der Verwendung durch den Kunden ist der Lebenszyklus des Produktes beendet und wird letzten Endes entsorgt (vgl. Booth et al., 2012). Die CE schließt allerdings diese Stoffströme, indem die Phase „Entsorgung“ durch „Zirkulation“ ersetzt wird (vgl. Walcher/Leube,2017).
Bei der Entwicklung der CE haben viele führende Denker neue Konzepte entwickelt, die sich mit nachhaltigen Geschäftsmodellen auseinandersetzen (vgl. Weetman, 2017, S.13). So hat beispielsweise Walter Stahel ein Konzept entwickelt, in dem er eine Entflechtung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch vorschlug (vgl. Lacy/Rutqvist/Buddemeier, 2015, S.63). In seinem Konzept The Performance Economy sollte der Fokus darauf liegen, Leistungen bzw. Services zu verkaufen anstatt von Gütern in einer Kreislaufwirtschaft (vgl. Stahel, 2019, S.66). Dies soll neue lokale Arbeitsplätze schaffen, die „Ressourcenhaltung“ erhöhen und Abfall vermeiden. Dieser und andere Ansätze wie beispielsweise die Blue Economy, Cradle to Cradle, Natural capitalism (Natürlicher Kapitalismus) und die Industrieökologie haben in ihrem Kern immer denselben wiederkehrenden Aspekt: die Zirkularität. Die CE wurde also wesentlich von diesen Konzepten beeinflusst. Die Schlüsselelemente sind hierbei die Geschäftsmodelle, Kreisströme und das Material- und Produktdesign (vgl. Weetman, 2017, S.13):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Entwicklung der Circular Economy (eigene Darstellung des Autors (vgl. Weetman, 2017, S.13))
Die verschiedenen Ansätze der zirkulären Geschäftsmodelle teilen sich dabei mehrere gemeinsame Prinzipien, die auf folgendes abzielen (vgl. Weetman, 2017, S.25):
- Verlängerung der Material- und Produktlebenszyklen über mehrere „Nutzungszyklen“
- Nutzung eines „Waste = Food“ - Ansatzes (Müll = Nahrung), um zum einen bei der Rückgewinnung von Materialien zu helfen, und zum anderen sicherzustellen, dass die biologischen Materialien, die zurück in die Erde gehen, gutartig und nicht giftig sind
- Beibehaltung der eingebetteten Energie-, Wasser- und anderen Prozessinputs im Produkt und im Material und das so lange wie möglich
- Verwendung von systemorientierten Ansätzen beim Entwerfen von Lösungen
- Regenerierung der Natur und lebender Systeme oder zumindest deren Erhaltung
- Förderung der Produktverantwortung, in dem man auf Steuern, Richtlinien und Marktmechanismen drängt
Catherine Weetman hat die verschiedenen Ansätze und deren Prinzipen in ihrem Buch (vgl. Weetman, 2017) vermischt und daraus einen sogenannten „Circular Economy Framework“ erstellt. Dieser Rahmen stellt die wesentlichen Grundlagen der CE gut dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Rahmen der Circular Economy (eigene Darstellung des Autors (vgl. Weetmann, 2017, S.27))
Dieser Rahmen wurde in sechs Blöcke unterteilt: circular inputs (zirkuläre Eingänge), Product design (Produktdesign), Process design (Prozessdesign), circular flows (Kreisströme), Business models (Geschäftsmodelle) und enablers and accelerators („Möglichmacher“ und „Beschleuniger“).
Auf die Punkte Design der Produkteund Geschäftsmodellewird später gezielt eingegangen (siehe Kapitel 2.5und 2.6).
Je nachdem, in welcher Phase der Rückführung innerhalb der Wertschöpfungskette (=Materialformulierung, Komponentenproduktion, Montage, Vertrieb oder Nutzung) man sich befindet, kann man neben dem „großen“ Kreislauf noch drei „kleinere“ unterscheiden (vgl. Walcher/Leube, 2017):
- Verlängerung (Reuse oder Maintenance) : Eine Verlängerung des Produktlebenszyklus kann durch aktiven Eingriff des Besitzers erfolgen und wird entweder durch Umnutzung weiterbenutzt (=Reuse) oder für eine weitere Ursprungsnutzung gereinigt, gewartet oder repariert (=Maintenance). Die Wartung bzw. Reparatur kann hierbei entweder selbst vom Nutzer durchgeführt werden (z.B. Lampe auswechseln) oder professionell durch einen Dienstleister (z.B. Autoreparatur).
- Umverteilung (Redistribution): Hierbei kann der Nutzer sich einerseits ökologisch verhalten und andererseits einen persönlichen und ggf. ökonomischen Gewinn erzielen. Denn durch Umverteilung wird das Eigentum an dem Produkt einem anderen Nutzer übereignet, der dieses dann weiterhin nutzen kann (z.B. Weiterverkauf auf dem Flohmarkt).
- Aufarbeitung (Remanufacturing): Dieser Kreislauftyp basiert auf Überholung, Demontage und Komponentenverwertung wobei zwischen Base Remanufacturing und Mass Remanufacturing unterschieden werden kann. Ersteres bezieht sich dabei auf eine einfache Aufarbeitung (z. B. Änderungen bei Funktion und Aussehen) meist durch Privatpersonen zum anschließenden Verkauf, während zweiteres zur industriellen Aufarbeitung zählt (Upcycling). Aber auch das Zerlegen alter Computer und die Wiederverwendung oder Weiterverarbeitung bestehender Komponenten gehört dazu. (siehe Kapitel 2.7)
All das hat Auswirkungen darauf, ob ein Produkt im Ganzen oder in Teilen zurückgeführt wird, ob sich der Produktnutzen grundlegend ändert und ob der ursprüngliche Nutzer auch Folgenutzer bleibt. Das Ziel ist aber die Erhaltung des Gegenstandes zur Weiternutzung.
Spätestens seit der Gründung der Ellen MacArthur Foundation (EMF) im Jahre 2009 und deren Veröffentlichung des ersten Berichts „Towards the Circular Economy“ 2012 und weiteren Überarbeitungen 2015 (vgl. EMF, 2015), etablierte sich der Ansatz der CE in der wirtschaftlichen Diskussion um zukünftige Wirtschaftssysteme. Die EMF wurde als gemeinnützige Stiftung von einer Gruppe weltweit führender Unternehmen gegründet, um die Prinzipien der CE schneller zu verbreiten (vgl. Lacy/Rutqvist/Buddemeier, 2015, S.63/64). Auch wenn es in der Literatur keine eindeutige Definition für den Begriff Circular Economy gibt, so hat die EMF folgende Definition für sich festgelegt: CE ist , „ein industrielles System, das durch Absicht und Design restaurativ oder regenerativ ist. Es ersetzt das End-of-Life-Konzept durch Restaurierung, verlagert sich auf die Nutzung erneuerbarer Energien, eliminiert den Einsatz giftiger Chemikalien, die die Wiederverwendung und Rückführung in die Biosphäre beeinträchtigen, und zielt ab auf die Eliminierung von Abfall durch überlegenes Design von Materialien, Produkten, Systemen und Geschäftsmodellen (Ellen MacArthur Foundation 2013b: 2; see also Aldersgate Group, 2012; Ellen MacArthur Foundation, 2013a, 2014; Lee et al., 2012)“ ‘ (vgl. Hobson, 2016).
Die CE findet immer mehr Einzug in die Wirtschaft. Beschleuniger für ein Umdenken und Umsetzen der CE dürften auch die jüngsten Ereignisse in der Logistikkette sein, die unter anderem der Coronakrise geschuldet sind. Beispielhaft zu nennen sind die Versorgungsengpässe bei den Halbleitern bzw. die Chipkrise 2020/2021, die viele Bereiche getroffen hat, wie beispielsweise die Automobil- und Computerbranche (vgl. Dernbach/Heise, 2021).
Daher ist die durch die C2C geprägte Kreislaufwirtschaft, auch von der Wiege zur Wiege genannt, die einzig logische Konsequenz auf die Ressourcenknappheit (vgl. Holst/Buddemeier/Machur, 2017). Dieses einfache Prinzip soll zum Einen neuen Input aus ausgedienten Produkten erzeugen und diese in den Wirtschaftskreislauf zurückführen, zum anderen sollen Produkte so geschaffen werden, dass sie mehr als einmal zu nutzen sind (vgl. Braungart/McDonough, 2003, S.134/S.135). Die CE kann dabei in zwei unterschiedliche Metabolismen eingeteilt werden: dem biologischen und dem technischen Kreislauf. Dieser Aspekt wird im folgenden Unterkapitel weiter ausgeführt, da dies dem Ansatz des Cradle-to-Cradle entspringt.
2.3 Das Prinzip „Von der Wiege zur Wiege“ - Cradle to Cradle
Das Cradle-to-Cradle Prinzip folgt einem einfachen Beispiel, nämlich dem der Natur. Braungart und McDonough orientieren sich diesbezüglich am Vorbild eines Kirschbaums (vgl. Braungart/McDonough, 2008, S.34):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Prinzip von cradle to cradle (eigene Darstellung des Autors in Anlehnung an Cradle to Cradle NGO)
Im Frühjahr bringt der Kirschbaum tausende von Blüten hervor, von denen viele irgendwann zu Boden fallen. Diese lösen sich dann auf und werden zu Nährstoffen für die Erde und tragen somit zur Gesamtgesundheit des lokalen Ökosystems bei. Doch er liefert nicht nur Nährstoffe für die Erde, denn mit Hilfe der Sonne und durch die Photosynthese stellt er Nahrungsmittel für Tiere und Insekten her. Zudem bindet er Kohlenstoff, erzeugt Sauerstoff und unterstützt gesunde Wasserzyklen. Die Äste und Blätter wiederum dienen als großartiger Lebensraum und Schutz für Insekten und Mikroben. Und selbst wenn der Baum tot ist, liefert der Baum Nahrung und Nährstoffe, denn er löst sich allmählich auf und setzt Mineralien frei, die wiederum neues Leben ermöglichen.
An diesem Beispiel lässt sich gut erkennen, dass es keinen Abfall gibt, denn der „Abfall“ selbst stellt wichtige Nährstoffe für andere Lebewesen dar. Braungart und McDonough, die das C2C-Konzept entwickelten, raten dazu das Konzept der Öko-Effizienz auf die Öko-Effektivität umzustellen. Während die Öko-Effizienz nach dem Prinzip „die Dinge richtig zu machen“ arbeitet, hat sich die Öko-Effektivität dem Leitfaden „die richtigen Dinge zu machen“ verschrieben (vgl. Braungart/McDonough, 2008). Im Fokus steht dabei nicht nur die Verkleinerung des negativen ökologischen Fußabdrucks, sondern auch die Vergrößerung des positiven ökologischen Fußabdrucks. Zum Beispiel bemühtman sich beider Öko-Effizienz „jedes Jahr geringere Mengen toxischen Materials in Luft, Wasser und Erdboden freizusetzen“, während man bei der Öko-Effektivität darauf hinarbeitetkeine gesundheitsschädlichen Stoffe in die Umwelt zu entlassen (vgl. Braungart/McDonough, 2008, S.18/S.35). Hierbei hat sich als praktischer, strategischer Ausdruck der Öko-Effektivität folgende Beschreibung etabliert, nämlich dass „(...) das Cradle to CradleDesign den Rahmen für die Entwicklung von Produkten und industriellen Abläufen definiert, in denen Materialien zu Nährstoffen werden, und zwar indem sie ihren ständigen Umlauf in einem von zwei bestimmten Stoffwechselkreisläufen (Metabolismen) sicherstellen (vgl. Braungart/McDonough, 2008, S.39).“ Der eine ist hierbei der biologische Kreislauf, der andere der technische. Einen guten Überblick gibt das sogenannte „Butterfly Diagram“ der EMF:
Anmerkung der Redaktion: Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.
Abbildung 7: Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft (vgl. EMF, 2015) Produkte können somit entweder aus Materialen bestehen, die biologisch bzw. physikalisch abbaubar sind und so zu Nahrung für biologische Kreisläufe werden, oder aber aus technischen Materialien, die in geschlossenen technischen Kreisläufen bleiben. Einen biologischen Nährstoff zeichnet dabei aus, dass dieser von Mikroorganismen im Boden oder von anderen Tieren verzehrt wird. Der technische Nährstoff hat die Eigenschaft, dass dieser upgecycelt und in den technischen Kreislauf zurückgeführt werden kann (vgl. Braungart/McDonough, 2003, S.137/S.142). Um einen hohen Nutzen zu erzeugen ist es wichtig, diese beiden Kreisläufe getrennt zu halten. Zum Beispiel dürfen Produkte, die in den organischen Kreislauf gelangen, keine toxischen Rückstände enthalten (vgl. Braungart/McDonough, 2003, S.136).
Wie das Prinzip von Cradle-to-Cradle bestmöglich und gewinnbringend umgesetzt werden kann, zeigt ein interessantes Projekt auf den Fidschiinseln (siehe Anhang 1).
2.4 Closed-Loop und Open Loop-System
Das „Closed-Loop-System“ (geschlossenes Kreislaufsystem) verfolgt das Ziel, Materialkreisläufe zu schließen und ist ein wesentliches Merkmal des C2C- Ansatzes. Hierbei werden Produkte oder Materialen zur erneuten Verwendung durch dasselbe Unternehmen zurückbehalten oder zurückgewonnen. Diese zurückgewonnen Materialen bzw. Produkte werden entweder in demselben Produkt oder Prozess genutzt oder für ein anderes Produkt bzw. in einem anderen Prozess verwendet. Als Beispiel können hier Rohstoffe wie Stahl oder Wasser genannt werden, die zurückgewonnen, neu eingeschmolzen bzw. gereinigt und für neue Produkte und Prozesse genutzt werden (vgl. Weetman, 2017, S.38). Lieferketten werden hierbei zu Kreisläufen, wenn eine robuste Reverse Logistik eingeführt wird, um Produkte, Komponenten und Materialen wiederzugewinnen (vgl. Weetman, 2017, S.323). Nach Guide und Van Wassenhove gibt es drei Arten von Rückgaben (vgl. Kalogerakis/Drabe/Paramasivam/Herstatt, 2015; Weetman, 2017, S.323):
1. Gewerbliche Rückgaben, die vom Konsumenten an den Verkäufer innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach dem Kauf zurückgesandt werden (z.B. falsch bestellte oder beschädigte Ware oder Rückruf von Produkten)
2. End-of-Use-Rückgaben aufgrund von technischen Upgrades die der Markt hervorbringt
3. End-of-Life-Rückgaben treten dann auf, wenn das Produkt veraltet ist oder nicht mehr wiederverwendet werden kann. Dieses wird dann in der Regel ordnungsgemäß recycelt oder entsorgt
Das „Open-Loop-System“ unterscheidet sich dahingehend, dass die Materialien oder Produkte nicht dem gleichen Unternehmen zukommen, sondern auch anderen Betrieben. Weetman unterscheidet hierbei zwischen zwei verschiedenen offenen Kreisläufen (vgl. Weetman, 2017, S.38):
- Open loop, same sector: Materialien und Produkte fließen zu einem anderen Unternehmen zurück. Dies kann ein Unternehmen sein, das sich in einem bestimmten Bereich spezialisiert hat, wie beispielsweise einem Metallrecycler, der Stahl und Aluminium aus Altautos verarbeitet. Oder einem Unternehmen, das Produkte weiterverkauft oder wiederaufbereitet, die zuvor von einem anderen Unternehmen hergestellt wurden (z.B. Antiquitäten).
- Open loop, cross-sector: Hier fließen Materialien oder Produkte in einen oder mehrere verschiedene Industriesektoren. Hier steht beispielhaft das Kunststoffrecycling, bei dem spezialisierte Unternehmen gemischte Kunststoffe verarbeiten, wie z.B. Verpackungen aus Hausmüll. Das daraus resultierende Rezyklat, was in der Regel ein minderwertigerer Kunststoff ist, kann dann in eine Vielzahl von Anwendungen fließen.
2.5 Design als Schlüsselfaktor der CE
Wie in Kapitel 2.2 bereits angedeutet, beginnt die Kreislaufwirtschaft bereits beim Design von Produkten. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft wird bei der Verwendungsphase zwischen Verbrauch (=Konsum) und Gebrauch (=Nutzung) unterschieden. Zu den Verbrauchsgütern, die für den biologischen Kreislauf konzipiert sein müssen, gehören beispielsweise Lebensmittel oder Hygieneartikel wie Taschentücher oder Seife aber auch verschleißende Gegenstände wie Reifen oder Schuhsohlen. Gebrauchsgegenstände wie Kühlschränke, Computer, Autos als auch Häuser müssen am Ende des Produktlebenszyklus in den technischen Kreislauf zurückgeführt werden (vgl. Walcher/Leube, 2017, S.19). Sowohl im technischen als auch im biologischen Kreislauf muss auf ein nachhaltiges Design geachtet werden, was bereits am Zeichenbrett für neue Produkte beginnt. Beim „Product Design“ (vgl. Weetman, 2017, S 27/28/214) muss bereits beim Entwurf (Design) besonders auf Langlebigkeit geachtet werden. Dabei sollte man sich folgende Fragen stellen: lässt es sich leicht zerlegen und reparieren? Das Design sollte Kreislaufströme ermöglichen und fördern, um den Kreislauf von Produkten, Teilen und Materialen über den längsten Zeitraum auf dem höchsten Wert zu halten (vgl. Moreira et al, 2020). Um leichten Zugang zu den zukünftigen Ressourcen zu erhalten, sollte das Produkt am Ende des Lebenszyklus leicht zu zerlegen sein. Die Design Phase beeinflusst den Produktlebenszyklus, dabei können die Designer und Konstrukteure die Haltbarkeit, Kompatibilität, Modularität oder die Multitasking Funktion der entworfenen Produkte berücksichtigen und verbessern (vgl. Medkova, 2016, S. 40). Ein wichtiger Baustein dabei ist, gleich von Anfang an das Produkt so zu gestalten, dass nachhaltige Ressourcen in seiner Stückliste verwendet werden. Diese „Circular inputs“ sollten sicher, ungiftig, erneuerbar und vorzugsweise recycelt sein. Hierbei kann durch Angabe von Substitutionsgütern ein künftiger Lieferengpass verringert werden, was eine gewisse Versorgungssicherheit gewährleistet. Die nachhaltigen Materialien, die in den Produkten verbaut werden, können unter anderem durch recycelte Geräte zurückgewonnen werden. Beim „Circular flow“ muss man sich zudem die Frage stellen, wie die Rückgewinnung durchgeführt werden kann, ohne einen Wertverlust an den Rückflüssen zu haben. Zudem muss eine Antwort auf die Frage gefunden werden, wie am besten Kreislaufströme eingerichtet werden können. Dies beinhaltet die Wiederverwendungsoptionen, Wiederaufbereitung und das Recycling. Außerdem müssen die Prozesse bei der Herstellung bedacht werden („Process Design“), denn ein Ressourcenverbrauch muss auch bei der Produktion auf ein minimales reduziert werden. Dies gilt insbesondere für die Produktionsinputfaktoren wie Energie, Wasser und andere Prozesshilfen, die zu eingebetteten Ressourcen im Produkt werden (vgl. Weetman, 2017, S.27/28).
In unserem aktuell vorherrschenden linearen Wirtschaftssystem ist ein langlebiges Produkt aus ökonomischen Gründen auch oft absichtlich nicht vorgesehen. In vielen technischen Geräten ist eine „künstliche“ Obsoleszenz eingeplant und soll somit zu einer kürzeren Nutzungszeit führen. Damit ist der Kunde in vielen Fällen gezwungen, ein neues Gerät zu kaufen, obwohl das „defekte“ sicherlich technisch noch funktionsfähig wäre (vgl. Walcher/Leube, 2017). Auch wenn eine „geplante Obsoleszenz“ der Industrie bislang empirisch nicht nachgewiesen werden konnte (vgl. Wieser/Tröger, 2015, S.14), können folgende Gründe für eine Obsoleszenz sprechen (vgl. Walcher/Leube, 2017, Hobson et al., 2017):
- Technisch überholtes Produkt bzw. nicht mehr kompatibel mit anderen Geräten (z.B. Computer oder Handyladekabel)
- Aus dem Trend bzw. wird vom Nutzer als veraltet wahrgenommen (z.B. Kleidung oder Smartphone)
- Eine Neuinvestition kann langfristig Geld sparen (z.B. Kühlschrank Energie)
All diese Punkte sollten bei der Neuentwicklung von nachhaltigen Produkten beachtet werden. So ist es denkbar, dass beispielsweise Kühlschränke so konzipiert werden, dass bei einer neuen Technologie ganz einfach ein Austausch stattfinden kann. Oder im Textilbereich, wo Kleidung schnell wieder aus der Mode kommt, sollte entweder auf alternative, wiederverwertbare Stoffe zurückgegriffen oder aber aus recyceltem Material etwas Neues generiert werden (siehe Kapitel 2.7).
2.6 Zirkuläre Geschäftsmodelle der Zukunft
Aufbauend zum Produkt Design werden nun zwei Ansatzweisen betrachtet, wie Geschäftsmodelle die CE unterstützen bzw. mit deren Umsetzung eine Kreislaufwirtschaft möglich wird. Beide Modelle greifen ineinander und haben ähnliche Ansätze. Geschäftsmodelle und kommerzielle Rahmenbedingungen können die effektive Zirkulation des Produkts, der Teile oder der Materialien unterstützen. Hierzu gehören Dienstleistungsmodelle, die das Eigentum ersetzen, wie beispielsweise „Pay-per-Use“, Sharing- und Mietmodelle sowie Tauschsysteme. Aber auch die Reparatur, die Herstellung, das Recycling oder der Weiterverkauf können hierbei die Grundlage eines Geschäftsmodells bilden (vgl. Weetman, 2017, S.28).
2.6.1 „Product That Last“-Projekt zur Entwicklung von Geschäftsmodellen und Design Strategien nach Bakker und den Hollander
Wie wichtig und sinnvoll eine Umstellung des linearen auf ein zirkuläres Wirtschaftssystem ist und welche Rolle das Design dabei spielt, wurde in den vorigen Unterkapiteln ausgeführt. Aber welche Möglichkeiten entstehen dadurch für Unternehmen? Um eine Antwort darauf zu finden, wurde eine Studie durchgeführt von Bakker und den Hollander von der Delft University of Technology. Das „Product That Last“-Projekt wurde initiiert und finanziert vom niederländischen Wirtschaftsministerium und wurde zusammen mit Unternehmen durchgeführt, die mehr Nachhaltigkeit bei sich implementieren wollen. Ziel des Projektes war dabei, erfolgreiche neue Geschäftsmodelle und Design-Strategien zu erarbeiten, die einen Mehrwert für Firmen und Konsumenten gleichermaßen kreieren, durch länger haltbare Produkte (vgl. Bakker/den Hollander, 2013; Medkova, 2016, S.40). Als Datengrundlage dienten bei der Forschung unter anderem Unternehmen, die bereits erfolgreich langhaltende Produkte etabliert haben. Dabei beschreiben Bakker und den Hollander fünf Geschäftsmodelle, die für eine Umsetzung der Kreislaufwirtschaft relevant sind (vgl. Walcher/Leube,2017; Medkova, 2016, Bakker/den Hollander, 2013; Hobson et al., 2017):
- Das klassische Long-Life-Modell: Hierbei werden hochqualitative Produkte gefertigt die eine hohe Lebensdauer aufweisen (z.B. Miele Waschmaschinen)
- Das Hybrid-Modell: Ist eine Kombination aus langlebigen technischen Produkten bzw. Gebrauchsgütern und kurzlebigen Verbrauchsgütern (z.B. Drucker bzw. die Druckerpatronen). Die Haupteinnahmequelle ist dabei der wiederholte Verkauf der „Fastcycling-Verbrauchsmaterialien“.
- Das Gap-Exploiter Modell: Zeichnet sich dadurch aus, dass Produkte aus verschiedenen Komponenten bestehen, die unterschiedlich lange Lebenszyklen aufweisen. Dies macht es möglich, einzelne Bestandteile auszutauschen oder upzugraden. So hält ein Auto oft länger als die Sitze, was es möglich macht, die Sitze im Laufe der Zeit auszutauschen oder neu zu beziehen bzw. beziehen zu lassen.
- Das Access Modell: Beim Access Modell erhält man Zugriff auf ein Produkt aber wird kein Eigentümer (Sharingmodell). Einkommen wird durch die Vermietung erzielt.
- Das Performance Modell: Dieses Modell bietet eher Produktleistung als das Produkt selbst, es ist somit eher ein Business-ProzessOutsourcing. Ein Beispiel hierfür ist Rolls Royce, der als Partner von Fluggesellschaften „verlässliche“ Triebwerke für diese produziert und dabei von den Fluggesellschaften für jede Triebwerksbetriebsstunde bezahlt wird (= Power-by-the-hour als Form des Performance-based- contracting)
Der Ansatz des Projektes zielt darauf ab, die Produkte so nah wie möglich am Originalstatus zu erhalten und die vermeintlichen Gründe für seine Überalterung zu beseitigen. Um eine wahrgenommene Alterung zu beseitigen bzw. hinauszuzögern, wurden aus den fünf Geschäftsmodellen sechs
Designstrategien identifiziert, die besagen, welche Anforderungen das Design erfüllen sollte (Bakker/den Hollander, 2013):
1. Ein Design sollte eine Produktverbundenheit und somit Vertrauen schaffen. Produkte, die Emotionen wecken, werden mehr geliebt bzw. gemocht und man vertraut Ihnen länger
2. Entwicklung von Produkten mit längerer Haltbarkeit, die funktioneller Obsoleszenz entgegenwirkt
3. Systemischer Obsoleszenz soll entgegengewirkt werden, indem durch Standardisierung und Kompatibilität ein Produkt mehrseitig nutzbar ist (z.B. IKEA Paxschrank Korpus ist Basis und die Einlegeböden und Schubladen sind variabel)
4. Ein einfach zu wartendes und reparables Design
5. Ein Design, das erweiterbar und anpassungsfähig ist, damit systemischen Einflüssen entgegengetreten werden kann (z.B. Kitchen Aid Mixer)
6. Das Produkt muss leicht demontiert und remontiert werden können. Das erleichtert eine einfache Wartung und Reparatur
2.6.2 Erzielung der „Circular Advantage“ mit Hilfe von Geschäftsmodellen
Die Autoren des Buches „Wertschöpfung statt Verschwendung - Die Zukunft gehört der Kreislaufwirtschaft“, Peter Lacy, Jakob Rutqvist und Philipp Buddemeier, haben bei Ihren gemeinsamen Recherchen mit der Accenture GmbH festgestellt, dass eine Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft den Unternehmen enorme Vorteile bringen würde. Laut den Autoren könnte der Übergang zur CE die größte Chance seit der letzten großen Revolution vor 250 Jahren sein. Denn eine Neustrukturierung würde eine neue Sichtweise geben und die Beziehungen zwischen Märkten, Kunden und natürlichen Ressourcen somit neugestalten (vgl. Lacy/Rutqvist/Buddemeier, 2015, S. 19; Accenture, 2014). Die gemeinsamen Forschungen „zeigen einen Ertrag von 4,5 Billionen Dollar für die Verwandlung von gegenwärtiger Verschwendung in Wertschöpfung bis zum Jahr 2030“ (vgl. Lacy/Rutqvist/Buddemeier, 2015, S.
Eine Wende hin zur CE bringt also auch Wettbewerbsvorteile mit sich, was Accenture als „Circular Advantage“ deklariert. Der „Circular Advantage“ (also zirkuläre Vorteil) kommt durch Innovation im Bereich Ressourceneffizienz und gleichzeitigem Kundenwert (vgl. Accenture, 2014). Als Treiber für die CE zählen laut den Autoren und Accenture folgende Faktoren (vgl. Lacy/Rutqvist/Buddemeier, 2015, S.24; Accenture, 2014;
Esposito/Sessa/Sica/Malandrino, 2020; WARSE, 2020):
1. Ressourcenbeschränkungen : Durch das lineare „Wegwerf“- Wirtschaftsmodell werden unnötig Ressourcen verschwendet. Und bei schwindenden Rohstoffen steigen diese zwangsläufig im Preis, was wiederum Auswirkungen auf die Kosten und am Ende auf den Preis des verkauften Produktes hat
2. Technologische Entwicklung : Die digitale Transformation in Firmen und Privathaushalten sowie neue Technologien eröffnen den Firmen neue Möglichkeiten aber auch Risiken, da die Produktlebenszyklen immer kürzer werden
3. Sozioökonomische Treiber : In einer Kreislaufwirtschaft ist Wachstum entkoppelt von Ressourcenknappheit und ermöglicht den Kunden, einen größtmöglichen Nutzen bzw. Wert aus Produkten und Waren zu ziehen
Die Accenture hat bei Ihren Forschungen über 100 disruptive Unternehmen betrachtet, die bereits zirkuläre Kreisläufe erfolgreich in Ihrem Unternehmen implementiert haben. Dabei haben Sie die fünf folgenden Geschäftsmodelle identifiziert, womit der „Circular Advantage“ erreicht werden kann (vgl. Lacy/Rutqvist/Buddemeier, 2015; Accenture, 2014;
Holst/Buddemeier/Machur, 2017):
Circular Supply-Chain („zirkuläre Lieferkette“)
Bei dieser Form werden nur Inputfaktoren für Produkte verwendet, die im technischen oder im Biologischen Kreislauf verbleiben. Bei Ersterem kommen also nur Materialen zum Einsatz, die entweder recyclebar und erneuerbar sind und bei zweiterem nur biologisch abbaubare Stoffe, die dem ökologischen Kreislauf zugeführt werden können. Ziel ist die Wiederverwendung in neuen Produkten, um so die Kosten zu senken, während man gleichzeitig abgekoppelt ist von knappen Ressourcen, um damit eine erhöhte Berechenbarkeit und Steuerbarkeit gewährleisten zu können.
Ressource Recovery (Wiederverwertung und Recycling)
Des einen Abfall ist des anderen nutzbare Ressource (vgl. Accenture, 2014), das ist das Prinzip der Wiederverwertung und Recycling. Dabei werden Rohstoffe aus bereits verwendeten Produkten oder Nebenprodukten genutzt, um diese aufbereitet in neuen Endprodukten zu verwenden (vgl. Bj0rn / Hauschild, 2011). Damit wird Verschwendung und früherer Abfall transformiert in neuen Wert durch Innovation in Recycling, Downcycling und Upcycling (siehe Kapitel 2.7). Angesichts dieser neuen Möglichkeiten entstehen neue Geschäftsfelder in Dienstleistungen, die sich beispielsweise auf Rückholung und Aufbereitung spezialisieren.
Product Life Extension (Lebenszyklusverlängerung)
Das Ziel bei diesem Geschäftsmodell ist es, den Lebenszyklus und damit den Wert eines Produktes oder von Komponenten durch Reparatur, Wiederverkauf, Nachrüstung (z.B. Aufbereitung durch Upgrades) oder Wiederherstellung zu verlängern. Das bedeutet, dass bei diesem Geschäftsmodell eine Umwandlung stattfindet vom reinen Verkauf zur Aufrechterhaltung von Produkten, beispielsweise durch modulare Produktdesigns, die einfach getauscht oder mit Verbesserungen nachgerüstet werden können.
Sharing Platforms (Kollaborationsplattformen)
Die Idee hinter der Sharing Economy (SE) ist eine Kollaboration mit anderen Betrieben, Personen oder aber Unternehmen, die sich gezielt auf dieses Geschäftsmodell spezialisiert haben. Dieses Modell basiert auf einer Plattform, die die Besitzer von Produkten mit Personen oder Unternehmen zusammenbringen, die gerne ein bestimmtes Objekt für eine kurze Zeit nutzen möchten. Die SE ermöglicht dabei mehreren Kunden, dieselben Ressourcen zu nutzen (vgl. Lacy/Rutqvist/Buddemeier, 2015, S.151). Der Vorteil für die Kunden ist, dass sie ähnlich wie bei Product as a Service (PaaS) den Gegenstand nicht besitzen, sondern nur für die Zeit der Nutzung bezahlen oder das Gerät unentgeltlich für diese kurze Zeit bekommen (vgl. Weetman, 2017, S.73). Ein gutes Beispiel ist die Landwirtschaft. Da Maschinen zur Ernte von z.B. Getreide sehr teuer sind, und man diese in der Regel nur für einen kurzen Zeitraum benötigt, schließen sich mehrere Bauern zu einer Kollaboration zusammen und kaufen gemeinsam eine Maschine. Dies hat den Vorteil, dass nicht jeder Bauer eine Erntemaschine kaufen und warten muss, was wiederum Ressourcen schont (vgl. Lacy/Rutqvist/Buddemeier, 2015, S.30). Der Hauptunterschied zu PaaS liegt in der Länge der Mietdauer des ausgeliehenen Objektes, diese ist meist kürzer als beim klassischen Leasing. Zudem ist die Anzahl der Nutzer in einer Sharing Plattform größer, was den Begriff „kollaborativen Konsum“ gut darstellt (vgl. World Business Council for Sustainable Development, 2018). Als Beispiele für Sharing-Plattformen seien „ShareNow“ (www.share-now.com) und „Airbnb“ (www.airbnb.de) genannt. Bei ersterem ist es möglich, ein Fahrzeug aus der Flotte via App für eine kurze Zeit zu mieten und von einem Punkt zu einem anderen zu fahren. Hierbei kann das Fahrzeug überall im Geschäftsgebiet abgestellt werden, bezahlt wird hierbei nur pro gefahrenem Kilometer. Bei der Plattform „Airbnb“ bieten Privatpersonen Ihre möblierte Wohnung für einen gewissen Zeitraum an. Dies hat gleich mehrere Vorteile: Der Vermieter vermeidet so einen Leerstand der Wohnung und kann diese ggf. teurer vermieten, und zum anderen für den Mieter der eventuell sparen kann im Vergleich zu einer Hotelübernachtung. Oft werden solche Angebote auch von Pendlern genutzt, welche die ganze Woche in einer anderen Stadt sind und nur am Wochenende zu Hause.
Product as a Service („Leistung vor Eigentum“)
Dieses Geschäftsmodell verfolgt das Ziel, dass man Gegenstände nicht mehr besitzt, sondern leiht bzw. least. In diesem Fall wären Produzenten und Einzelhändler auch für deren Instandhaltung zuständig und der Leiher zahlt nur eine Nutzungsgebühr für den Service. Dabei gibt es verschiedene Ausprägungen (vgl. Lacy/Rutqvist/Buddemeier, 2015, S.175):
- Nutzungsabhängige Bezahlung: Die Kunden kaufen eher die Leistung als ein Produkt. Bezahlt wird nur nach Nutzungsmesswerten wie z.B. gefahrene Kilometer
- Leasing: Kunden kaufen das vertragliche Recht ein Produkt über einen längeren Zeitraum hinweg zu nutzen (z.B. ein Auto)
- Vermietung: Hier kaufen Kunden ein Produktnutzungsrecht für einen kurzen Zeitraum (meist unter 30 Tagen). Die Konditionen sind dabei flexibler als ein Leasingvertrag
- Leistungsvereinbarung: Kunden kaufen einen vordefinierten Grad an Service und Qualität, dabei verpflichten sich Anbieter ein bestimmtes Ergebnis zu garantieren (z.B. eine funktionierende Waschstraße für die Küche)
Der Schwerpunkt der Anbieter liegt bei PaaS in der Erzeugung neuer Ertragsquellen und für die Kunden eine Risikominderung bezüglich Ausfalls des Produktes (vgl. Lacy/Rutqvist/Buddemeier, 2015, S.175). Bei diesem System werden viele Hersteller, um wirtschaftlich zu sein, Produkte in Richtung Langlebigkeit, Verlässlichkeit und Wiederverwendbarkeit entwickeln (vgl. Lacy/Rutqvist/Buddemeier, 2015, S.31). Auch wenn dieses Geschäftsmodell noch das lineare System unterstützt, sind auch zirkuläre Ansätze enthalten. Denn Produzenten haben einen großen Vorteil darin, die Produkte haltbar sowie zuverlässig zu gestalten und zu bauen (vgl. Weetman, 2017, S.77). Es fällt zwar immer noch Abfall an, allerdings wird der Produktlebenszyklus deutlich verlängert und durch Recycling können kaputte Teile teilweise noch als Input in einem anderen Kreislauf verwendet werden.
2.7 Recycling als weiterer Grundpfeiler in Kreislaufströmen
Neben dem Design ist das Recycling ein weiterer und wichtiger Baustein innerhalb zirkulärer Kreisströme. Der englische Begriff „recycle“ ist eine Ableitung aus der lateinischen Vorsilbe „re“- was so viel bedeutet wie „wieder; zurück“ und dem griechischen Wort „kyklos“ für „Kreis; Kreislauf“, und steht somit für Wiederverwertung (vgl. Hiester, 2020). Während das Design am Anfang der CE steht, findet das Recycling zum End-of-Life eines Produktes, also am Ende des Produktlebenszyklus, statt (vgl. Ellen MacArthur Foundation). Auch wenn in einer „richtig aufgebauten“ Kreislaufwirtschaft der Schritt des Recyclings eigentlich vermieden werden sollte, so lässt sich dies in der Regel nicht gänzlich vermeiden. Wichtig dabei ist, keinen Abfall entstehen zu lassen, sondern neuen Input für neue Produkte zu generieren (vgl. Lemille, 2019).
Das Ziel von Recycling ist die Eliminierung von Müll und besteht in einem Vorgang, bei dem Abfallstoffe wieder in den Wirtschaftskreislauf überführt werden. Mithilfe von Aufbereitungsprozessen wird das alte Material zu einem neuen Ausgangsstoff für die Produktion umgewandelt. Aus diesem Grund werden recycelte Ressourcen auch als „Sekundärrohstoffe“ bezeichnet (vgl.
Soyez/Baier, 2009 S.72/73; J0rgensen, 2019, S.11). Im Kern kann Recycling also als eine Art Transformation angesehen werden und als Grundlage zur Erhaltung oder Schaffung von neuen Werten gelten (vgl. J0rgensen, 2019, S.7). Nur wenige Materialen können im „zweiten Leben“, also nach der Wiederaufbereitung, die gleiche Qualität aufweisen. Hierzu zählen zum Beispiel Metalle wie Stahl oder Kupfer, die nach dem Einschmelzen als neue Ausgangsrohstoffe verwendet werden können (vgl. Soyez/Baier, 2009 S.90). Nach der Aufbereitung der recycelten Materialen können sich deren Werte auch erhöhen oder senken. Daher kann man wiederaufbereitete Sekundärrohstoffe im Anschluss auch in zwei weitere Kategorien unterteilen, ausgehend vom Wert des Ausgangsmaterials (vgl. Soyez/Baier, 2009 S.91; J0rgensen, 2019; Pauli, 1999, S.10, Weetman, 2017, S.377/385; World Economics Forum, 2014):
Upcycling
Beim Upcycling wird der Wert des Ausgangsmaterials erhöht, d.h. es entsteht ein neues und höherwertigeres Produkt. Vor allem in Bastlerkreisen ist dies ein beliebtes Mittel um aus Abfall, der sonst entsorgt werden würde, etwas Neues und Einzigartiges zu gestalten. Aber auch Firmen, besonders Startups, haben diese Idee aufgenommen und damit neue Geschäftsfelder erschlossen (siehe Anhang 2)
Downcycling
Beim Downcycling entsteht ein minderwertigeres Material wie z.B. Rezyklat. Hierfür werden beispielsweise PET-Flaschen geschreddert, um dieses Rezyklat wiederrum in neuen Produkten einzusetzen wie zum Beispiel im Fahrzeugbau, in Elektrogeräten und sogar für neue Verpackungen (vgl. bvse- Fachverband Kunststoffrecycling, 2020).
Viele Firmen als auch Startups haben die Notwendigkeit und Vorteile des ressourcensparenden Wirtschaftens für sich erkannt, und haben bereits zirkuläre Ansätze und Geschäftsmodelle bei sich etabliert. Wie dies konkret in verschiedenen Branchen aussieht, wird im Anhang 2 vorgestellt.
2.8 Möglichkeiten und Hindernisse der CE
Wie die Studie von Accenture zeigt, setzen immer mehr Unternehmen auf zirkuläre Strukturen und binden diese bei sich ein, unter anderem mit der Umsetzung von neuen Geschäftsmodellen (vgl. Accenture, 2014). Ein großer Vorteil der Transformation hin zur CE ist die Reduzierung von Schadstoffen. Laut einem Bericht von Material Economics lassen sich so pro Jahr 56% der heutigen Emissionen einsparen, vor allem im Bereich Verpackungsmüll wie Plastik oder Aluminium (vgl. Material Economics, 2018). Neben den ökologischen Aspekten sprechen unter anderem Materialeinsparungen, Senkung der Versorgungsrisiken - besonders bei knappen Ressourcen - und ein generelles Wachstum des Umsatzes für einen kreislaufwirtschaftlichen Ansatz (vgl. PWC, 2022; Wilts / von Gries, 2017). Auch Preisvolatilitäten, also Preisschwankungen, die aufgrund von sich ändernden Rohstoffverfügbarkeiten entstehen, werden durch eine Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft abgemildert (vgl. PWC, 2019; Senft, 2022). Zudem bringt eine Wende bei der Ressourcenverwendung gewisse Wettbewerbsvorteile mit sich, da viele Kunden den Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit äußern. Ein Unternehmen das ökologisch denkt und verantwortungsbewusst agiert, kann dadurch sein Image steigern und neue Märkte erschließen, vor allem mit Hilfe neuer innovativer Geschäftsmodelle (vgl. PWC, 2020; DIN e.V., 2021). Darüber hinaus entstehen durch neue Geschäftsmodelle auch viele neue Arbeitsplätze in den verschiedensten Bereichen wie beispielsweise Reparatur, Wartung, IT oder Recycling (vgl. acatech / Circular Economy Initiative Deutschland / SYSTEMIQ, 2021).
Die Umstellung einer linearen Wirtschaftspolitik auf eine Kreislaufwirtschaft bietet aber leider nicht nur Vorteile, vielmehr müssen teilweise gewisse Hindernisse überwunden werden. Als eine der ersten Herausforderungen muss die aktuelle Lieferkette (Supply-Chain) bedacht und ggf. angepasst werden. Denn oft sind die Lieferketten weit gestreut und komplex, wodurch eine Sammlung, Rückführung und Wiederaufbereitung von Ressourcen erschwert wird (vgl. Beaulieu / van Durme / Arpin, 2015; Material Economics, 2018). Auch ist ein neues Zusammenarbeitsmodell entlang der Wertschöpfungskette zu etablieren. Hier müssen Rohstoffproduzenten, Produktdesigner, Hersteller, Handel, Konsumenten und Wiederaufbereiter kollaborativ an neuen Konzepten für die Zukunft arbeiten, anstatt sich nur auf Ihre eigenen Elemente in der Kette zu fokussieren (vgl. Wilts / von Gries, 2017; PWC, 2019). Des Weiteren muss für eine erfolgreiche Transformation eine institutionelle bzw. systemische und kulturelle Änderung der Unternehmenspolitik vollzogen werden und auch eine Transparenz zwischen Regierung, Unternehmen und Kunden erfolgen (vgl. Kopnina, 2019). Nicht zu unterschätzen dabei ist die Einführung eines „ökologischen Managements“ (vgl. Kopnina, 2019), welches einen Mehraufwand in Organisation und Monitoring bei der Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft bedeutet (vgl. Wilts / von Gries, 2017). Nur durch immer neue Innovationen und Geschäftsfelder bzw. Geschäftsmodelle kann die CE dauerhaft im Unternehmen etabliert werden (vgl. Kopnina, 2019). Um zu diesen Innovationen zu kommen, bedarf es oft auch an Investitionen wie beispielsweise für Mehraufwendungen in der Forschung, Personal und Maschinen bzw. anderer Hardware. Diese höheren Kosten müssen im Vorfeld auch mit eingeplant werden, denn Nachhaltigkeit im Unternehmen zu verankern kann unter Umständen Jahre dauern, was natürlich ein gewisses Risiko mit sich bringt (vgl. Kehl, 2016; PWC, 2019).
Nicht zuletzt braucht es den entsprechenden Mut, eine Wende in der Beschaffungslogistik einzusteuern. Weg von dem, was Jahre lang funktioniert hat, hin zu einem neuen System und neuen Geschäftsmodellen, die große Chancen, aber auch Risiken mit sich bringen (vgl. Beaulieu / van Durme / Arpin, 2015).
[...]
I Der 1968 gegründete Club of Rome ist ein Zusammenschluss von Experten diverser Disziplinen aus 30 Ländern, und die gemeinnützige Organisation setzt sich für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit ein (vgl. Beckmann, 2018)
- Quote paper
- Fabian Puder (Author), 2022, Warum Circular Economy immer wichtiger wird. Chancen und Risiken zirkulärer Wertschöpfung im To-Go-Geschäft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1265348
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