Am 01. November 2008 ist die umfassendste Reform des GmbH-Rechts seit Bestehen des GmbH-Gesetzes von 1892 in Kraft getreten. [...]
Die vom Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages noch einmal modifizierte Fassung des Gesetzentwurfs wurde vom Deutschen Bundestag am 26. Juni 2008 beschlossen und nach Billigung des Bundesrates und Ausfertigung des Bundespräsidenten am 28. Oktober 2008 im Bundesgesetzblatt verkündet.
Die deutsche GmbH ist durch die jüngere Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit (Art. 43, 48 EGV) in einen Wettbewerb zu anderen europäischen Rechtsformen getreten. Nach der Rechtsprechung in den Sachen Centros, Überseering und Inspire Art genießen in der EG gegründete Gesellschaften, unabhängig vom realen Verwaltungssitz, europaweite Freiheit der Rechtsformwahl. Unter Druck gerät die GmbH, trotz ihrer jahrzehntelangen Vorbildfunktion, vor allem durch die englische private company limited (ltd.). Ins Fadenkreuz der Kritik geraten sind dabei insbesondere die durch das Mindeststammkapitalsystem ausgelösten Gründungsbelastungen und das als schwerfällig empfundene Eintragungsverfahren. So heißt es denn auch im Regierungsentwurf, das GmbH-Gesetz solle grundlegend modernisiert und dereguliert, Existenzgründungen erleichtert, die Registereintragung von GmbHs beschleunigt und die GmbH somit international wettbewerbsfähig gemacht werden. Zum anderen soll der „missbräuchlichen Verwendung von GmbHs in Unternehmenskrisen“ begegnet werden. Das Ergebnis dieser Bemühungen in der am 26. Juni 2008 vom Bundestag beschlossenen Form stellt sich daher auch nicht als bloße Detailveränderung, sondern als ein ganzes Bündel umfangreicher Modifizierungen und Neuerungen dar.
Diese Arbeit soll in einem ersten Komplex die rechtspolitisch umstrittenen und eng miteinander verzahnten Themen Mindeststammkapital und (haftungsbeschränkte) Unternehmergesellschaft untersuchen und bewerten.
In einem zweiten Komplex sollen weitere wesentliche Neuerungen des MoMiG in den Bereichen der Kapitalaufbringung und -erhaltung und der Missbrauchsbekämpfung auf ihre gläubigerschutzrelevanten Auswirkungen hin geprüft werden.
Abschließend soll ein Ausblick auf die Rechtswirklichkeit nach Inkrafttreten des MoMiG mit Augenmerk auf den Gläubigerschutz gewagt werden.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung
- B. Die gesetzliche Regelung zu Mindestkapital und Unternehmergesellschaft nach dem MoMiG
- I. Mindestkapital
- 1. Historische Entwicklung
- a) GmbH-Gesetz von 1892
- b) GmbH-Reform von 1980
- 2. Funktionen des Mindeststammkapital
- a) Haftungsfonds
- b) Verlustpuffer
- c) Warnlampenfunktion
- d) Seriositätsfunktion
- 3. Nachteile
- a) Verhinderung der Gründung rentabler Unternehmen
- b) Gründungsaufwand
- 4. Bewertung mit Hinblick auf die Rechtslage nach dem MoMiG
- II. (Haftungsbeschränkte) Unternehmergesellschaft
- 1. Regelungszweck und Rechtsnatur
- 2. Verzicht auf ein Mindeststammkapitalerfordernis
- 3. Gebot der vollständigen Leistung u. Verbot von Sacheinlagen
- 4. Drohende Zahlungsunfähigkeit
- 5. Bildung einer gesetzlichen Rücklage
- a) Allgemeines
- b) Umgehungspraktiken und Gefahr der ständigen Einzahlungspflicht
- c) Die UG als Komplementärin einer KG und Beteiligte im Konzern
- 6. Der Rechtsformzusatz
- 7. Gesamtwürdigung
- C. Weitere gläubigerschutzrelevante Neuerungen
- I. Verdeckte Sacheinlage
- II. Hin- und Herzahlen
- III. Eigenkapitalersatzrecht
- IV. Insolvenzverursachungshaftung des Geschäftsführers
- V. Bekämpfung von Missbrauch
- 1. Insolvenzantragspflicht der Gesellschafter
- 2. Bestellungshindernisse und Gesellschafterhaftung
- 3. Erleichterte Zustellung
- D. Gläubigerschutz nach dem MoMiG - Quo vadis?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit den aktuellen Reformen und Reformvorhaben im Gesellschaftsrecht, insbesondere mit dem neuen GmbH-Recht nach dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG). Ziel ist es, die wichtigsten Änderungen bezüglich Mindestkapital, Gläubigerschutz und der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft zu erläutern und zu bewerten.
- Mindestkapitalerfordernis für GmbHs und dessen Auswirkungen
- Einführung und Rechtsstellung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
- Neuerungen im Gläubigerschutz durch das MoMiG
- Bekämpfung von Missbrauch im GmbH-Recht
- Auswirkungen des MoMiG auf den Gläubigerschutz
Zusammenfassung der Kapitel
A. Einführung: Dieses einführende Kapitel legt den Grundstein für die folgende detaillierte Auseinandersetzung mit den Neuerungen des MoMiG. Es skizziert den Gegenstand der Arbeit und die zentralen Fragestellungen, die im Verlauf der Untersuchung beantwortet werden sollen. Es dient als Überblick über die folgenden Kapitel und präzisiert die methodische Herangehensweise, die zur Analyse des neuen GmbH-Rechts zum Einsatz kommen wird. Die Einführung positioniert den Text innerhalb der bestehenden Literatur und Forschungslandschaft, um die Relevanz und den Beitrag der Arbeit zu verdeutlichen.
B. Die gesetzliche Regelung zu Mindestkapital und Unternehmergesellschaft nach dem MoMiG: Dieses Kapitel analysiert die zentralen Änderungen im GmbH-Recht durch das MoMiG, insbesondere die Neuregelungen zum Mindestkapital und zur Unternehmergesellschaft (UG). Es beleuchtet die historische Entwicklung des Mindestkapitals, die Funktionen des Stammkapitals (Haftungsfonds, Verlustpuffer, Warn- und Seriositätsfunktion), und die Nachteile des Systems. Der Schwerpunkt liegt dann auf der UG, ihrer Rechtsnatur, dem Verzicht auf ein Mindestkapital und den damit verbundenen Implikationen für den Gläubigerschutz. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Rücklage und die Problematik von Umgehungspraktiken werden detailliert diskutiert. Das Kapitel endet mit einer Gesamtbewertung der Reformen in Bezug auf ihre Wirksamkeit und Auswirkungen.
C. Weitere gläubigerschutzrelevante Neuerungen: Dieses Kapitel widmet sich weiteren wichtigen Aspekten des MoMiG, die den Gläubigerschutz betreffen. Es untersucht detailliert die Relevanz von Themen wie verdeckte Sacheinlagen, Hin- und Herzahlen, Eigenkapitalersatzrecht und die Insolvenzverursachungshaftung des Geschäftsführers. Besondere Beachtung findet die Bekämpfung von Missbrauch im GmbH-Recht durch die verschärften Regelungen zur Insolvenzantragspflicht der Gesellschafter, Bestellungshindernisse und die erleichterte Zustellung. Die einzelnen Abschnitte beleuchten die jeweiligen Regelungen eingehend und analysieren deren Auswirkungen auf den Schutz der Gläubiger.
Schlüsselwörter
GmbH-Recht, MoMiG, Mindestkapital, Gläubigerschutz, Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), verdeckte Sacheinlage, Hin- und Herzahlen, Insolvenzverursachungshaftung, Missbrauch, Rechtsformwahl.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Dokument: Modernisierung des GmbH-Rechts und Gläubigerschutz
Was ist der Gegenstand dieses Dokuments?
Dieses Dokument bietet eine umfassende Übersicht über die Neuerungen des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG). Es analysiert die wichtigsten Änderungen bezüglich Mindestkapital, Gläubigerschutz und der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft (UG).
Welche Themen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt die historische Entwicklung des Mindestkapitals für GmbHs, die Funktionen des Stammkapitals, die Nachteile des Mindestkapitals, die Einführung und Rechtstellung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), Neuerungen im Gläubigerschutz durch das MoMiG (z.B. verdeckte Sacheinlagen, Hin- und Herzahlen, Eigenkapitalersatzrecht, Insolvenzverursachungshaftung), die Bekämpfung von Missbrauch im GmbH-Recht und die Auswirkungen des MoMiG auf den Gläubigerschutz.
Wie ist das Dokument strukturiert?
Das Dokument ist in mehrere Kapitel gegliedert: Eine Einführung, ein Kapitel über die gesetzliche Regelung zu Mindestkapital und Unternehmergesellschaft nach dem MoMiG, ein Kapitel über weitere gläubigerschutzrelevante Neuerungen und ein Schlusskapitel, das den Gläubigerschutz nach dem MoMiG bewertet. Jedes Kapitel enthält eine Zusammenfassung und wichtige Schlüsselwörter werden am Ende des Dokuments aufgelistet.
Was sind die wichtigsten Neuerungen des MoMiG bezüglich des Mindestkapitals?
Das MoMiG beinhaltet eine Analyse der historischen Entwicklung des Mindestkapitals, seiner Funktionen (Haftungsfonds, Verlustpuffer, Warn- und Seriositätsfunktion) und der Nachteile (Verhinderung rentabler Unternehmensgründungen, hoher Gründungsaufwand). Es wird bewertet, wie sich die Rechtslage nach dem MoMiG auf das Mindestkapital auswirkt.
Welche Rolle spielt die Unternehmergesellschaft (UG) im Kontext des MoMiG?
Das Dokument beleuchtet die Rechtsnatur der UG, den Verzicht auf ein Mindestkapitalerfordernis, das Gebot der vollständigen Leistung und das Verbot von Sacheinlagen. Es analysiert die Problematik der drohenden Zahlungsunfähigkeit, die Bildung einer gesetzlichen Rücklage, mögliche Umgehungspraktiken und die Rolle der UG als Komplementärin einer KG oder Beteiligte im Konzern.
Wie verbessert das MoMiG den Gläubigerschutz?
Das MoMiG führt verschiedene Maßnahmen zum verbesserten Gläubigerschutz ein, wie die Bekämpfung von verdeckten Sacheinlagen, Hin- und Herzahlen, die Regulierung des Eigenkapitalersatzrechts und die Insolvenzverursachungshaftung des Geschäftsführers. Es verschärft die Regelungen zur Insolvenzantragspflicht der Gesellschafter, zu Bestellungshindernissen und zur erleichterten Zustellung.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Inhalte des Dokuments?
Wichtige Schlüsselwörter sind: GmbH-Recht, MoMiG, Mindestkapital, Gläubigerschutz, Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), verdeckte Sacheinlage, Hin- und Herzahlen, Insolvenzverursachungshaftung, Missbrauch, Rechtsformwahl.
Für wen ist dieses Dokument relevant?
Dieses Dokument richtet sich an alle, die sich mit dem deutschen GmbH-Recht, dem MoMiG und dem Gläubigerschutz auseinandersetzen, insbesondere Juristen, Wirtschaftswissenschaftler, Unternehmer und Studenten.
- Quote paper
- Conrad Schulte-Wintrop (Author), 2009, Mindestkapital, Gläubigerschutz und haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft nach dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126366