Noch vor wenigen Jahren gehörte § 266 StGB zu den unbekannteren Strafgesetzen. Besonders in der Öffentlichkeit war der Stellenwert der Untreue eher gering. Das hat sich schlagartig geändert. Die Fälle Mannesmann, VW und Siemens haben die Untreue medienwirksam der Öffentlichkeit vorgestellt. Schon im Fall Mannesmann keimte sofort eine öffentliche Debatte darüber auf, was Manager dürfen und was nicht. Noch grundlegender war die Frage, wie viel Geld sie für ihre Dienste bekommen dürfen. Natürlich sind diese öffentlichen Debatten für die Rechtswissenschaft relativ unbedeutend, denn das bloße Verlangen nach sozialer Gerechtigkeit kann und darf die Auslegung eines Strafgesetzes nicht beeinflussen oder gar manipulieren.
Gleichwohl spiegelt die Debatte teilweise die Meinungsstreitigkeiten, die im Rahmen der Untreue diskutiert werden, wider. Denn dem Strafgesetz immanent ist das Spannungsverhältnis zwischen zivilrechtlicher Privatautonomie und Schutz vor Vermögensschädigungen. Die aus diesem Spannungsverhältnis resultierenden Schwierigkeiten spiegeln sich in der Gestaltung des Gesetzes wider. Der Tatbestand der Untreue ist unübersichtlich, wage und vollkommen umstritten. Oftmals ist es unmöglich, ex ante die Strafbarkeit eines potentiellen Untreue-Täters zu bestimmen. Vielmehr müssen die Gerichte, wenn ein Fall in dieser speziellen Ausprägung noch nicht vorgekommen ist, jedes mal wieder eine Methode entwickeln um den Angeklagten abzuurteilen. Das ist natürlich nicht sinnvoll. Daher soll hier der Untreue genau auf den Grund gegangen werden. Anhand der von Klaus Binding entwickelten Normentheorie soll die Untreue analysiert werden und somit am Ende handhabbarer gemacht werden.
Dazu soll zunächst in die Normentheorie eingeführt werden. Eine kurze Darstellung der von Binding entwickelten Grundsätze soll das Verständnis der später folgenden Analyse fördern. Nach der normentheoretischen Einführung wird die Untreue vorgestellt. Historie und Meinungsstand sollen einerseits Ansätze für die spätere Analyse bilden und andererseits aufzeigen inwieweit Schwierigkeiten mit der Anwendung des Strafgesetzes bestehen.
Im Hauptteil der Arbeit wird § 266 StGB selbst analysiert und anhand des normentheoretischen Werkzeugs genau eingeordnet.
Anschließend sollen die Ergebnisse auf ihre Praktikabilität hin untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- A. Normentheorie
- 1) Die Norm als reiner Imperativ
- a) Erster Beweis
- b) Zweiter Beweis
- c) Dritter Beweis
- 2) Arten der Normen
- a) Unbedingte und bedingte Normen
- b) Verbote und Gebote
- aa) Verletzungsverbote
- bb) Gefährdungsverbote
- cc) Verbote Schlechthin
- dd) Verursachungsgebote
- ee) Beförderungsgebote
- ff) Gebote schlechthin
- 3) Umfang der Normen
- 4) Die Norm als Regel mit Ausnahmen
- 5) Die sogenannten Strafgesetze und ihre Arten
- a) Absolut bestimmte Strafgesetze
- b) Relativ bestimmte Strafgesetze
- c) Absolut unbestimmte Strafgesetze
- 6) Struktur der Strafgesetze
- 7) Zusammenhang zwischen objektivem und subjektivem Recht
- 8) Verbot und Gebot und Recht auf Botmäßigkeit
- 9) Fazit: Bedeutung von Verhaltens- und Sanktionsnorm
- B. Historischer Überblick
- C. Wesen der Untreue
- 1) Missbrauchstheorie
- 2) Treuebruchstheorie
- 3) Ältere dualistische Theorie
- 4) Streng monistische Theorie
- 5) Neuere dualistische Theorie
- 6) Eingeschränkt monistische Theorie
- 7) Kritik
- a) Quaternio Terminorum
- b) Grammatikalisches Argument
- c) Historisches Argument
- d) Typologische Theorie
- 8) Fazit
- D. Normentheorie und Untreue
- I. Rechtsgut
- 1) Doppeltes Rechtsgut
- 2) Vermögen
- a) Juristische Vermögenslehre
- b) Wirtschaftlicher Vermögensbegriff
- c) Juristisch-ökonomische Vermittlungslehre
- d) Personaler Vermögensbegriff
- e) Rechtsprechung
- f) Fazit
- II. Treuebruchstatbestand
- 1) Treuebruchformen
- a) Gesetz
- b) Behördlicher Auftrag
- c) Rechtsgeschäft
- d) Kumulative Wirkung
- e) Treueverhältnis
- aa) Erloschene Rechtsverhältnisse
- bb) Rechtsunwirksame Betreuungsverhältnisse
- cc) Sittenwidrige und gesetzeswidrige Rechtsverhältnisse
- dd) ,,Tatsächliche“ Treueverhältnisse
- f) Die Treue
- aa) Ursprung des Treuebruch-Begriffes
- bb) Treue und Rechtverhältnisse
- cc) Fazit zu Treue und Rechtsverhältnissen
- 2) Tathandlung
- a) Bestimmtheit, Art 103 II GG i.V.m. § 1 StGB
- aa) Der Begriff des Bestimmtheitsgebots
- bb) Bestimmtheitsgebot und § 266 I Alt. 2 StGB
- b) Unbestimmtheit des Treuebruchstatbestands
- c) Fazit und Entwicklung der Norm
- III. Missbrauchstatbestand
- 1) Tathandlung
- a) BGHSt 5, 61
- b) Kritik
- c) Fazit und Entwicklung der Norm
- 2) Verfügungs- und Verpflichtungsbefugnis
- a) Tatsächliche Einwirkungen
- b) Bote
- aa) Problem
- bb) Bevollmächtigtenbegriff nach § 266 StGB
- cc) Fazit und Entwicklung der Norm
- a) Mitberechtigung
- b) Besonders geregelte Verfügungsbefugnisse
- c) Wirtschaftliche Zugehörigkeit
- d) Fazit
- IV. Vermögensbetreuungspflicht
- 1) Kasuistische Analyse
- a) RGSt. 69, 58
- b) RGSt. 69, 279
- c) RGSt. 71, 90
- d) JW 38, 2336
- e) BGHSt. 1, 186
- f) BGH NJW 1954 1616
- g) BGHSt. 24, 386
- h) BGHSt. 33, 244
- i) BGH wistra 91, 305
- j) Fazit
- 2) Auslegung - Das „ob“ der Vermögensbetreuungspflicht
- a) Grammatikalische Auslegung
- aa) Treuebruchstatbestand
- bb) Missbrauchstatbestand
- b) Systematische Auslegung
- c) Historische Auslegung
- aa) Missbrauchstheorie
- bb) Treuebruchstheorie
- cc) Fazit
- d) Teleologische Auslegung
- aa) Strafwürdigkeit
- bb) Strafbedürftigkeit
- cc) Fazit
- 3) Auslegung „wie“ der Vermögensbetreuungspflicht
- a) Grammatikalische Auslegung
- b) Systematische Auslegung
- c) Historische Auslegung
- d) Teleologische Auslegung
- 4) Fazit und Entwicklung der Norm
- V. Vermögensschaden
- 1) Grundfall
- 2) Schadensersatz
- 3) Individueller Schadenseinschlag
- 4) Zweckverfehlungslehre
- 5) Vermögensgefährdung
- 6) Fazit und Entwicklung der Norm
- VI. Vorsatz
- 1) Beurteilung
- 2) Fazit und Entwicklung der Norm
- VII. Versuch
- 1) Beurteilung
- 2) Fazit und Entwicklung der Norm
- VIII. § 266 II StGB
- 1) § 263 III Nr. 1 StGB
- 2) § 263 III Nr. 2 StGB
- 3) § 263 III Nr. 3 StGB
- 4) § 263 III Nr. 4 StGB
- Die Norm als reiner Imperativ
- Arten der Normen
- Die Untreue als Rechtsgutverletzung
- Der Treuebruchstatbestand
- Der Missbrauchstatbestand
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Normentheorie und der Untreue im Strafrecht. Sie analysiert die verschiedenen Theorien zur Normdefinition und untersucht, wie diese auf den Tatbestand der Untreue angewendet werden können. Die Arbeit verfolgt das Ziel, die Rechtsdogmatik der Untreue im Lichte der Normentheorie zu beleuchten und die verschiedenen Elemente des Tatbestands im Detail zu analysieren.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel A behandelt die Normentheorie und untersucht die Norm als reiner Imperativ. Es werden verschiedene Arten von Normen, wie z.B. Verbote und Gebote, sowie der Umfang und die Struktur von Normen analysiert. Kapitel B bietet einen historischen Überblick über die Entwicklung der Untreue im Strafrecht. Kapitel C beschäftigt sich mit dem Wesen der Untreue und analysiert verschiedene Theorien, die versuchen, den Tatbestand der Untreue zu erklären. Kapitel D untersucht die Anwendung der Normentheorie auf die Untreue. Es werden die Rechtsgüter, die durch Untreue verletzt werden, sowie die verschiedenen Elemente des Tatbestands, wie z.B. der Treuebruch, der Missbrauch und der Vermögensschaden, im Detail analysiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Normentheorie, die Untreue, das Strafrecht, das Rechtsgut, der Treuebruch, der Missbrauch, der Vermögensschaden, die Vermögensbetreuungspflicht, die Bestimmtheit, die Auslegung, die Rechtsprechung und die Entwicklung der Norm.
- Quote paper
- Hauke Lorenzen (Author), 2007, Normentheorie und Untreue, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126269
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