Gleich zu Beginn des Philebos wird das Thema bezeichnet, nämlich das Gute im menschlichen Leben.
Hier stehen sich zwei verschiedene Auslegungen einander gegenüber. Die eine sieht das Gute in der Lust, im Vergnügen und allem, was damit zusammenhängt. Die andere Auffassung, die Sokrates vertritt, sieht im Vernünftigsein, Erkennen und Sicherinnern das Gute. Beide Auslegungen werden eingeführt als Ergebnis eines vorangegangenen Gesprächs, welches selbst nicht fortgeführt wird. Der Verfechter der ersten These, Philebos, ist vom Gespräch zurückgetreten, bleibt aber anwesend und schaltet sich im Laufe des Dialoges immer wieder kurz ein. Die Vertretung seiner These übernimmt ein anderer, Protarchos, denn „Philebos der Schöne ist […] ermüdet.“ Hier wird jedoch bereits deutlich, dass Philebos als Gesprächspartner zu dieser Thematik für Sokrates auch gar nicht in Frage kommt, da er an Gründen und Gegengründen gar kein Interesse zu haben und auf seinem hedonistischen Standpunkt zu beharren scheint. Franz von Kutschera beschreibt ihn wie folgt: „Es ist ihm gleichgültig, ob sein Leben, in dem er möglichst viel Spaß haben will, vernünftig oder in irgendeinem objektiven Sinn richtig ist, es genügt ihm völlig, daß es ihm gefällt.“ Protarchos hingegen ist offen für die Diskussion. Nur mit einem solchen Partner kann Sokrates ein fruchtbares Gespräch führen.
Mit Protarchos einigt sich Sokrates also auf das Gesprächsthema und das Ziel. Es geht um das gute Leben und die Frage, ob es sich an Lust oder an Vernunft orientiere. Doch bereits hier zieht Sokrates in Erwägung, dass es auch eine dritte Alternative geben könne, der beide vertretenen Standpunkte unterlegen sein könnten. Für diesen Fall einigt man sich auf die „Spielregel“, dass dann ermittelt werden solle, welche der beiden Standpunkte der besten Alternative am nächsten komme, um einen Sieger in diesem Wettstreit bestimmen zu können.
Am Beginn der eigentlichen Untersuchung steht nun die Frage, ob Lust und Vernunft jeweils eine einheitliche Verfassung der Seele anzeigen. Hier stellt sich schnell heraus, dass es trotz der begrifflichen Einheit sowohl der Lust als auch der Vernunft jeweils verschiede Arten gibt. Die weitere Untersuchung der beiden Thesen muss also diese Verschiedenheit, die sie in sich begreifen, ins Auge fassen.
Gliederung:
I. Einleitung: Kurze Zusammenfassung des Dialogs bis zum Abschnitt 18e
1. Erste Bezeichnung des Gesprächsthemas (11b-14c)
2. Der Exkurs über die Dialektik (14c-18e)
II. Interpretation des Abschnitts 18e – 23b
1. 18e – 20a: Wiederaufnahme der ursprünglichen Frage und Protarchos’ 1. Kapitulation
2. 20b – 21d: Sokrates’ Traum und Protarchos’ 2. Kapitulation
3. 21d – 23b: Kompromisslösung und neue Fragestellung
III. Zusammenfassung
IV. Literaturverzeichnis
1.Textgrundlage:
2. Sekundärliteratur:
I. Einleitung: Kurze Zusammenfassung des Dialogs bis zum Abschnitt 18e
1. Erste Bezeichnung des Gesprächsthemas (11b-14c)
Gleich zu Beginn des Philebos wird das Thema bezeichnet, nämlich das Gute im menschlichen Leben.
Hier stehen sich zwei verschiedene Auslegungen einander gegenüber. Die eine sieht das Gute in der Lust, im Vergnügen und allem, was damit zusammenhängt. Die andere Auffassung, die Sokrates vertritt, sieht im Vernünftigsein, Erkennen und Sicherinnern das Gute. Beide Auslegungen werden eingeführt als Ergebnis eines vorangegangenen Gesprächs, welches selbst nicht fortgeführt wird. Der Verfechter der ersten These, Philebos, ist vom Gespräch zurückgetreten, bleibt aber anwesend und schaltet sich im Laufe des Dialoges immer wieder kurz ein. Die Vertretung seiner These übernimmt ein anderer, Protarchos, denn „Philebos der Schöne ist […] ermüdet.“[1] Hier wird jedoch bereits deutlich, dass Philebos als Gesprächspartner zu dieser Thematik für Sokrates auch gar nicht in Frage kommt, da er an Gründen und Gegengründen gar kein Interesse zu haben und auf seinem hedonistischen Standpunkt zu beharren scheint. Franz von Kutschera beschreibt ihn wie folgt: „Es ist ihm gleichgültig, ob sein Leben, in dem er möglichst viel Spaß haben will, vernünftig oder in irgendeinem objektiven Sinn richtig ist, es genügt ihm völlig, daß es ihm gefällt.“[2] Protarchos hingegen ist offen für die Diskussion. Nur mit einem solchen Partner kann Sokrates ein fruchtbares Gespräch führen.
Mit Protarchos einigt sich Sokrates also auf das Gesprächsthema und das Ziel. Es geht um das gute Leben und die Frage, ob es sich an Lust oder an Vernunft orientiere. Doch bereits hier zieht Sokrates in Erwägung, dass es auch eine dritte Alternative geben könne, der beide vertretenen Standpunkte unterlegen sein könnten. Für diesen Fall einigt man sich auf die „Spielregel“, dass dann ermittelt werden solle, welche der beiden Standpunkte der besten Alternative am nächsten komme, um einen Sieger in diesem Wettstreit bestimmen zu können.
Am Beginn der eigentlichen Untersuchung steht nun die Frage, ob Lust und Vernunft jeweils eine einheitliche Verfassung der Seele anzeigen. Hier stellt sich schnell heraus, dass es trotz der begrifflichen Einheit sowohl der Lust als auch der Vernunft jeweils verschiede Arten gibt. Die weitere Untersuchung der beiden Thesen muss also diese Verschiedenheit, die sie in sich begreifen, ins Auge fassen.
2. Der Exkurs über die Dialektik (14c-18e)
Dieses Zugeständnis des Protarchos ermöglicht es dem Sokrates das Problem des Einen und Vielen methodisch anzugehen. Der Inhalt des folgenden Exkurses ist die Begründung der Theorie der Dialektik.
In diesem Exkurs verdeutlicht Sokrates anhand verschiedener Beispiele, dass es nicht genügt zu wissen, dass unbegrenzt viele verschiedene Individuen unter eine Gattung fallen, sondern, dass es darauf ankommt zu wissen, in wie viele Arten sich eine Gattung zerlegt. Von Kutschera fasst zusammen: „Der ganze Exkurs ist eine wortreiche Erläuterung dessen, was Platon schon in früheren Dialogen zur Dihairesis dargelegt hatte. Er bringt wenig Neues; neu ist nur die Forderung eines hinreichend differenzierten Klassifikationssystems, einer Hierarchie von Unterscheidungen, die tatsächlich alle relevanten Unterschiede erfaßt.“[3]
II. Interpretation des Abschnitts 18e – 23b
1. 18e – 20a: Wiederaufnahme der ursprünglichen Frage und Protarchos’ 1. Kapitulation
Der vorangegangene Exkurs endet mit der Frage des Philebos, was denn das soeben Erörterte mit der Ausgangsfrage zu tun habe:
„Philebos: Dies habe ich nun noch deutlicher als jenes, nämlich in seiner Beziehung unter sich, verstanden, o Protarchos. Dieselbe Kleinigkeit fehlt aber jetzt noch wie vorher.
Sokrates: Etwa, o Philebos, was dies wohl zur Sache beiträgt?
Philebos: Ja, das ist es, wonach Protarchos und ich schon lange suchen.“[4]
Dies nimmt Sokrates zum Anlass, wieder zur Ausgangsfrage zurückzukehren und das soeben Vorangegangene auf sie zu beziehen. Dorothea Frede fasst zusammen: „Der lange Rede kurzer Sinn ist der Nachweis, daß auch Lust und Wissen der entsprechenden Behandlung zu unterziehen sind“[5], also mit den Worten Sokrates’: „Eben dieses also fragt die vorige Rede uns ab, wie doch jede von beiden Eins ist und Vieles, und wie nicht gleich unendlich, sondern zuvor jede ihre bestimmte Zahl hat, ehe das Einzelne in ihnen unendlich geworden ist.“[6]
Im Gegensatz zum Philebos scheint dies dem Protarchos klar zu sein. Er sieht sich jedoch außerstande, dieses dialektische Verfahren zur Feststellung der Einheit und Vielheit von Lust und Vernunft anzuwenden und macht das dem Philebos deutlich:
„Siehe daher zu, welcher von uns beiden das jetzt Gefragte beantworten soll. Denn vielleicht ist es wohl lächerlich, wenn ich, der ich die Rede vollständig zu übernehmen mich erklärt habe, nun, weil ich das jetzt Gefragte nicht zu beantworten vermag, es dir wieder zurückschiebe; noch lächerlicher aber bei weitem, glaube ich, wenn keiner von uns beiden es vermöchte.“[7]
In seiner nun folgenden „ersten Kapitulationsrede“[8], welche nach Frede „die längste Erklärung [ist], die Protarchos während des ganzen Gesprächs abgibt“[9], erkennt er klar die Berechtigung der Frage nach der Einheit und Vielheit von Lust und Vernunft an, gesteht aber ebenso klar, dass er selbst dies nicht zu leisten vermag:
„Allein schön ist es freilich, alles zu wissen, für den Weisen; doch die nächstbeste Fahrt wenigstens scheint zu sein, daß man sich selbst nicht verkenne.“[10]
Damit will wohl Protarchos sagen, dass er sich dessen bewusst ist, was er nicht zu leisten vermag, nämlich die dialektische Methode auf die Lust und die Vernunft anzuwenden. Er will sich keiner Selbsttäuschung hingeben, indem er vorgibt, es zu können und dann wohlmöglich scheitert. Dazu Frede: „Protarchos weiß jetzt also, was er nicht weiß, bzw. was er nicht kann, und muß nicht erst vorexerziert bekommen, daß er es nicht kann.“[11] Sinnvoller erscheint es ihm, es dann gar nicht erst zu versuchen und es einzugestehen, dass er nicht in der Lage dazu ist. Der Ausdruck der „zweitbesten Fahrt“ verweist nach Frede auf verschiede Parallelstellen zu anderen Texten Platons: „Der Ausdruck stammt aus der Seefahrt und bezeichnet die im Vergleich zum Segeln weit weniger bequeme Fortbewegung durch Rudern. In der Umgangssprache eines so sehr auf die Seefahrt angewiesenen Volkes mag diese Redewendung so häufig vorgekommen sein, daß Platon in ihrer Verwendung an dieser Stelle nicht notwendigerweise ein Selbstzitat sehen muß. Dennoch ist es möglich, daß ihm Assoziationen mit der berühmten Stelle im Phaidon und vielleicht auch mit dem Politikos zur Markierung der ,Kapitulation’ des Protarchos willkommen sind.“[12]
[...]
[1] Platon: Philebos, 11c.
[2] Kutschera, Franz von: Platons Philosophie III. Die späten Dialoge, Paderborn 2002, S. 91.
[3] Ebd., S. 97.
[4] Plat. Phil., 18d.
[5] Frede, Dorothea: Platon, Philebos. Übersetzung und Kommentar, Göttingen 1997, S. 167.
[6] Plat. Phil., 18e/19a.
[7] Ebd., 19a/b.
[8] Frede, Dorothea, a.a.O., S. 167.
[9] Ebd.
[10] Plat. Phil., 19c.
[11] Frede, Dorothea, a.a.O., S. 167f.
[12] Ebd., S. 168.
- Citation du texte
- Peter Brendebach (Auteur), 2006, Platon, Philebos, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126204
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