„[…] Ich bin überhaupt nicht für die Strafe, sondern nur für Massregeln [sic!] im Dienste der Gesellschaft oder zu deren Schutz.“ (Einstein)
Das Recht dient dem Zwecke, das Zusammenleben in unserer Gesellschaft unter dem Aspekt der Gerechtigkeit zu ordnen und zu sichern. Das Ordnungswidrigkeitenrecht regelt die Folgen von Verstößen gegen den gewöhnlichen Alltagsumgang in unserer Gesellschaft und bietet eine Grundlage für Sanktionsmaßnahmen, um die Einhaltung des Ordnungsrechts zu ermöglichen. Es stellt dazu Regeln auf, die zu befolgen sind und ahndet jede ihnen widrige Handlung mit Sanktionsmaßnahmen in Form einer Buße, nicht der Strafe.
Mit dieser Ausarbeitung soll ein Einblick in das Recht der Ordnungswidrigkeiten geschaffen werden, insbesondere in Hinsicht auf das Straßenverkehrsrecht, in welchem der wesentliche Teil aller Ordnungswidrigkeiten begangen wird. Dieser Anforderung soll der erste Teil der Arbeit genügen. Im zweiten Teil wird eine Zusammenfassung des Verfahrensrechts der Ordnungswidrigkeiten gegeben.
INHALT
1 Einführung
2 Historische Entwicklung des OWiG
3 Begriff und Anwendungsbereich des OWiG
3.1 Begriff der Ordnungswidrigkeit
3.2 Abgrenzung des OWiG vom Strafrecht
3.2 Das OWiG im Straßenverkehrsrecht
3.2.1 § 24 StVG
3.2.2 § 49 StVO
4 Das Verfahren im OWiG
4.1 Grundlagen
4.2 Vor- bzw. Verwarnungsverfahren
4.3 Ermittlungs- bzw. Bußgeldverfahren
4.4 Gerichtliches Verfahren und Vollstreckung
5 Eintrag in das Verkehrszentralregister
6 Fazit
7 Quellenverzeichnis
1. Einführung
„[...] Ich bin überhaupt nicht für die Strafe, sondern nur für Massregeln [sic!] im Dienste der Gesellschaft oder zu deren Schutz.“ 1
Das Recht dient dem Zwecke, das Zusammenleben in unserer Gesellschaft unter dem Aspekt der Gerechtigkeit zu ordnen und zu sichern.2 Das Ordnungswidrigkeitenrecht regelt die Folgen von Verstößen gegen den gewöhnlichen Alltagsumgang in unserer Gesellschaft und bietet eine Grundlage für Sanktionsmaßnahmen, um die Einhaltung des Ordnungsrechts zu ermöglichen.3 Es stellt dazu Regeln auf, die zu befolgen sind und ahndet jede ihnen widrige Handlung mit Sanktionsmaßnahmen in Form einer Buße, nicht der Strafe.
Mit dieser Ausarbeitung soll ein Einblick in das Recht der Ordnungswidrigkeiten geschaffen werden, insbesondere in Hinsicht auf das Straßenverkehrsrecht, in welchem der wesentliche Teil aller Ordnungswidrigkeiten begangen wird. Dieser Anforderung soll der erste Teil der Arbeit genügen. Im zweiten Teil wird eine Zusammenfassung des Verfahrensrechts der Ordnungswidrigkeiten gegeben.
2. Historische Entwicklung des OWiG
Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG), wie man es heute kennt, existiert seit dem Jahre 1968. Zuvor gab es bereits erste Ansätze wie ein Wirtschaftsstrafgesetz, welches in seiner ersten Form 1949 erlassen wurde und auf dem aufbauend 1952 ein vorläufiges OWiG eingeführt wurde.4 Diese Vorläufer fanden allerdings wegen ihres eher geringen und noch zu undifferenzierten Umfanges kaum Beachtung im deutschen Rechtssystem. Dies gelang erst dem OWiG in seiner Form von 1968, einhergehend mit einer Novellierung des Strafgesetzes in den Jahren bis 1975.5
Erforderlich war die Schaffung eines Ordnungswidrigkeitenrechts aus vielerlei Gründen. Besonders zu beherzigen ist an dieser Stelle der wachsende Unmut gegenüber der Sanktionsmaßnahme „Strafe“. Hauptsächlich in den 1960er Jahren gab es viel Kritik am bisherigen System der Strafe, ihre Wirksamkeit wurde stark angezweifelt. Die Forderungen reichten von der Beschränkung auf die Schwerkriminalität bis zur gänzlichen Abschaffung der staatlichen Sanktionen, letztere war jedoch eher eine Mindermeinung.
Auch der Gesetzgeber selbst war mit der bisherigen Regelung unzufrieden. Da für jedes kleinste Bagatelldelikt das „Schwert des Strafrechts“ Anwendung finden musste, rollte stets eine Prozessflut auf die Gerichte zu, die mit enormen Kosten verbunden war. Zusätzlich hierzu erregte der Punkt, dass auch Verwaltungsbehörden für die Ahndung der Delikte herangezogen wurden, Unmut in der Bevölkerung. Hierin wurde eine Verletzung des Art. 92 GG gesehen, der Rechtsprechung ausschließlich durch Richter. Die damalige Einteilung in Verbrechen, Vergehen und Übertretung konnte nicht länger Bestand haben, und so wurden Übertretungen, sowie ein Teil der Vergehen, zu Ordnungswidrigkeiten, die durch das neue OWiG geregelt werden sollten.6
3. Begriff und Anwendungsbereich des OWiG
3.1 Begriff der Ordnungswidrigkeit
Nach § 1 OWiG ist die „Ordnungswidrigkeit eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit Geldbuße zulässt.“ Es muss also eine Geldbuße angedroht sein, damit die Vorschriften des OWiG greifen.7 Der Klarheit wegen bedient sich der Gesetzgeber, in der Formulierung von Normen mit Katalogen zur Auflistung ordnungswidriger Handlungen, der Formulierung „Ordnungswidrig handelt, wer...“8
3.2 Abgrenzung des OWiG vom Strafrecht
Die formale Abgrenzung von Ordnungswidrigkeit und Straftat fällt leicht: Ist die Rechtsfolge einer Norm eine Strafe, so handelt es sich bei der Tat um eine Straftat. Wird als Rechtsfolge eine Geldbuße angedroht, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor.
Eine genauere Abgrenzung erfolgt durch zwei Theorien, die quantitative und die gemischt quantitativ-qualitative Theorie. Letztere wird durch die herrschende Meinung und auch Rechtsprechung vertreten.9 Nach ihr erfolgt die Abgrenzung über eine quantitativ ansteigende Missbilligung der Tat.10 Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Kernbereich. Fällt die Tat in diesen Kernbereich, so kennzeichnet sie, dass eine reine Geldbuße als Sanktionsmaßnahme nicht genügt, der sozialethische Unwert der Tat ist zu hoch. Hieraus lässt sich folgern: Straftaten sind verbunden mit einem sozialethischen Unwert, während Ordnungswidrigkeiten diesen nicht besitzen. Das Bundesverfassungsgericht dazu:
„Sie unterscheiden sich jedoch dadurch, da ß [sic!] nach allgemeiner Anschauung mit der Verhängung einer Kriminalstrafe ein ehrenrühriges, autoritatives Unwerturteil über eine Verhaltensweise des Täters, der Vorwurf einer Auflehnung gegen die Rechtsordnung und die Feststellung der Berechtigung dieses Vorwurfs verbunden sind. Demgegenüber wird die an eine Ordnungswidrigkeit geknüpfte Geldbu ß e lediglich als eine nachdrückliche Pflichtenmahnung angesehen und empfunden. [...] Ihr fehlt der Ernst der staatlichen Strafe.“11
3.2 Das OWiG im Straßenverkehrsrecht
Die Mehrheit aller Ordnungswidrigkeiten wird im Straßenverkehr begangen.12 Sämtliche Straf- und Bußgeldvorschriften des StVG werden im dritten Teil, §§ 21-27, geregelt. Die Ordnungswidrigkeit findet ihre Regelung in § 24. Auf diese und eine weitere wichtige Norm aus dem Straßenverkehrsrecht wird im Folgenden näher eingegangen. Zuvor seien noch drei weitere wichtige Normen erwähnt, auf die in dieser Ausarbeitung jedoch nicht näher eingegangen wird. Es handelt sich hierbei um § 75 FeV, § 69a StVZO und § 14 IntKfz-VO (VO über internationalen Kfz-Verkehr). Diese Normen und § 49 StVO sind Normen, die nötig sind, um die Vorschrift aus § 24 StVG auszufüllen.
3.2.1 § 24 StVG
Diese Norm bestimmt grundlegend, was als Ordnungswidrigkeit im Sinne des StVG gilt und welche Sanktion auf sie folgt.
Nach Abs. 1 Satz 1 handelt derjenige ordnungswidrig, der einer nach § 6 Abs. 1 oder § 6e Abs. 1 (StVG) erlassenen Rechtsnorm zuwiderhandelt.
Die Ordnungswidrigkeit ergibt sich daher erst in Verbindung mit einer Rechtsnorm. § 24 hat die Form einer Blankettvorschrift13. Die in Verbindung mit ihr stehenden Rechtsnormen bieten Kataloge an, die unterschiedliche Ordnungswidrigkeiten erfassen.
Aufgrund von § 24 StVG geahndet werden können nur Tatbestände, die auch in einer der auf § 24 verweisenden Rechtsnormen explizit als Ordnungswidrigkeit genannt werden. Die aufzuerlegenden Geldbußen werden durch Abs. 2 festgelegt, häufig begangene Ordnungswidrigkeiten sind mit einer genau zugewiesenen Geldbuße im bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog aufgeführt, welcher gemäß der 2001 erlassenen Bußgeldkatalog-Verordnung gilt.
3.2.2 § 49 StVO
Bei dieser Norm handelt es sich wie zuvor beschrieben um einen Katalog, der zur Ausfüllung des § 24 StVG nötig ist. Die StVO an sich ist eine nach § 6 StVG erlassene Rechtsnorm.
§ 49 StVO listet alle Ordnungswidrigkeiten auf, die gegen die Vorschriften der StVO begangen werden können. Mit den Worten „Ordnungswidrig im Sinne des § 24 Straßenverkehrsgesetzes handelt [...]“ beginnt die Norm. Dieser Verweis auf die Ahndungsgrundlage ist von Nöten, damit die Norm ihre Wirkung entfalten kann.14 Ohne ihn wäre sie nicht rechtsgestaltend. § 49 gibt nicht den gesamten Tatbestand wieder, vielmehr verweist er auf die entsprechende Norm innerhalb der Vorschrift. (Beispiel: § 49 Abs. 1 Nr. 8. die Vorfahrt nach § 8.)
4. Das Verfahren im OWiG
4.1 Grundlagen
Das Verfahren im Ordnungswidrigkeitenrecht wird nicht von der Staatsanwaltschaft geführt, sondern von der verfolgenden Verwaltungsbehörde, z.B. der Polizei (§§ 35 ff OWiG). Nur wenn gegen den aus dem Verfahren resultierenden Bescheid Einspruch eingelegt wird, nehmen Staatsanwaltschaft und Gerichte die Arbeit auf. Dazu zu einem späteren Zeitpunkt Näheres. Der generelle Ablauf des Verfahrens ist unter Ergänzung der Normen des ersten Teils im zweiten Teil des OWiG festgehalten. Das Verfahren lässt sich grundlegend in drei Abschnitte gliedern:
- Vor- bzw. Verwarnungsverfahren
- Zwischen- oder Ermittlungsverfahren
- gerichtliches Verfahren15
[...]
1 Albert Einstein.
2 Schwacke, S. 1.
3 Theisen S. 11.
4 Schwacke S. 2.
5 ebenda.
6 BVerfGE 27, 18.
7 Göhler, S. 38 Rn. 3.
8 ebenda.
9 Bohnert S. 7.
10 ebenda.
11 BVerfGE 27,18.
12 Die weiteren Anwendungsbereiche, z.B. im Wirtschaftsrecht, werden aufgrund der Themenvorgabe nicht weiter beachtet.
13 Jagow S. 806.
14 Jagow S. 701.
15 Thieß, S. 129.
- Citar trabajo
- Mustafa Salem (Autor), 2009, Die Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126118
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