Meist wird es als selbstverständlich angesehen, dass die Bildung und die Schulpolitik im Drit-ten Reich unter Hitlers Herrschaft einen Triumph über eine ganze Jugendgeneration gefeiert habe. Doch da kommen schon erste Fragen auf: Hat sich eine in ihren Denkmustern veränder-te Gesellschaft anders entwickelt als eine jüngere oder ältere Generation? Oder wandten die politischen Befehlshaber spezielle Herrschaftsformen an, um bei den jüngeren Mitgliedern der Gemeinschaft eine bessere Gehirnwäsche durchzuführen? Wenn mehr für die zweite Vermutung spricht, muss man klipp und klar auch die Frage in Bezug auf die Macht auf die Praxis der Jugenderziehung einer Antwort zuführen. Was besagt das gegenwärtige Beurteilen der Techniken der NS-Bildungsmaschinerie?
Durch die Annahme, dass die Aufmachung von Erziehung und Ausbildung für die erfahrene Sozialisation eine wichtige Rolle einnimmt, versucht der Verfasser der vorliegenden Semi-nararbeit das Bild einer einheitlichen, jedoch „uniformierten Generation“ berichtigen und sei-nen Fokus auf die Schulbildung und insbesondere auf die einzelnen Schulfächer legen. Die Fixierung der Schule auf die Aufgabenstellung brachte anno dazumal nicht nur „kleine“ Ver-änderungen mit sich, sondern stellte im wahrsten Sinn des Wortes den Leitsatz der Wissen-schaftlichkeit der Schulbildung als solchen in Frage.
Inhalt
1 Anstelle eines Vorwortes
2 Zur Vorgeschichte
3 Politische Bildung als bedingungslose Indoktrination
4 Nationalsozialistische Propaganda im Dritten Reich
5 Über das Ziel einer umfassenden humanistischen Bildung
5.1 Der Sportunterricht
5.2 Der Deutschunterricht
5.3 Der Musikunterricht
5.4 Der Unterricht in den Bildenden Künsten
5.5 Der Mathematikunterricht
5.6 Der Biologieunterricht
5.7 Der Geschichtsunterricht
6 Abschließende Bemerkungen
7 Literaturverzeichnis
1 Anstelle eines Vorwortes
Meist wird es als selbstverständlich angesehen, dass die Bildung und die Schulpolitik im Dritten Reich unter Hitlers Herrschaft einen Triumph über eine ganze Jugendgeneration gefeiert habe. Doch da kommen schon erste Fragen auf: Hat sich eine in ihren Denkmustern veränderte Gesellschaft anders entwickelt als eine jüngere oder ältere Generation? Oder wandten die politischen Befehlshaber spezielle Herrschaftsformen an, um bei den jüngeren Mitgliedern der Gemeinschaft eine bessere Gehirnwäsche durchzuführen? Wenn mehr für die zweite Vermutung spricht, muss man klipp und klar auch die Frage in Bezug auf die Macht auf die Praxis der Jugenderziehung einer Antwort zuführen. Was besagt das gegenwärtige Beurteilen der Techniken der NS-Bildungsmaschinerie?
Durch die Annahme, dass die Aufmachung von Erziehung und Ausbildung für die erfahrene Sozialisation eine wichtige Rolle einnimmt, versucht der Verfasser der vorliegenden Seminararbeit das Bild einer einheitlichen, jedoch „uniformierten Generation“ berichtigen und seinen Fokus auf die Schulbildung und insbesondere auf die einzelnen Schulfächer legen. Die Fixierung der Schule auf die Aufgabenstellung brachte anno dazumal nicht nur „kleine“ Veränderungen mit sich, sondern stellte im wahrsten Sinn des Wortes den Leitsatz der Wissenschaftlichkeit der Schulbildung als solchen in Frage.
2 Zur Vorgeschichte
„Hitler verschwieg ihnen [den Deutschen, Anm. O. A.] lange, was er wirklich wollte: Die Eroberung von Osteuropa und die Ausrottung der Juden.“[1]
Das anfangs in Deutschland und in der Folge in fast ganz Europa wütende NS-Regime stellt das wohl dunkelste Kapitel der bekannten europäischen Geschichte dar. Unter dem „NS-Regime“ versteht man die Regierungsgewalt der in Deutschland von 1933 bis 1945 Macht habenden terroristischen Regierung der so genannten Nationalsozialisten und ihrer Partei NSDAP.
Der deutsche Nationalsozialismus entstand in der bis heute nicht erklärbaren wahnhaften Gedankenwelt eines Adolf Hitler und seiner späteren Mittäter. Ein völkisch-rassistisches Gedankengut hatte in den 1920er-Jahren zahlreiche Anhänger, die der „Führer“ Adolf Hitler mobilisieren konnte.
Als Folge des nicht verkrafteten Traumas des vollkommenen Verlustes aller zivilisatorischen Normen im Verlauf des Ersten Weltkriegs, der davor nicht für möglich gehaltene industrialisierte und mitunter sogar militärisch nutzlose Massaker um des Profits der Rüstungsindustrie Willen ermöglichte und so den Zusammenbruch und die Leugnung aller bürgerlichen Wertvorstellungen in einer ganzen Generation hinterließ, konnte sich der Nationalsozialismus seinen Weg zur Macht bahnen, - unterstützt durch eine breite Front von Antidemokraten, die die Weimarer Republik schließlich zum Einsturz brachten.
Der Nationalsozialismus ist eine extreme Ausformung des Faschismus, der nach dem Ersten Weltkrieg als Gegenbewegung zum international orientierten Kommunismus rasch an Boden gewann.
Als erstes Land in Europa geriet Italien im Jahr 1922 in den Griff einer faschistischen Regierung unter Benito Mussolini; faschistische Strömungen erfassten alsbald fast alle europäischen Staaten mit mehr oder minder großem Erfolg. Mit dem Tod des faschistischen Diktators Franco in Spanien im Jahr 1975 endete die unselige Epoche des Faschismus auf europäischem Boden, wenngleich Splitterparteien in zahlreichen Ländern noch immer von seiner Wiederkehr träumen.
Der Faschismus forderte eine Rückbesinnung auf nationale, historische Werte, eine „völkische“ Einheit und eine Eindämmung des internationalen Einflusses auf die Nationen, die als Auslöser des Weltkrieges betrachtet wurden.
Als Konsequenz sahen Faschisten die Feinde ihrer Bewegung in den Kommunisten, die eine Internationale des Proletariats verwirklichen wollten sowie in der in den meisten Ländern vertretenen jüdischen Minderheitsbevölkerung mit ihrem oft erheblichen Einfluss auf die internationale Finanzwelt. Die von Faschisten geforderte Hochhaltung christlicher Werte steigerte zudem die Bereitschaft zur Diskriminierung der Juden in diesen Ländern. Der deutsche Nationalsozialismus war allerdings dem Wesen nach „unchristlich“; Hitler und insbesondere Heinrich Himmler, der zweite Mann im NS-Reich, träumten vielmehr von der Wiederkehr des heidnischen Germanenglaubens. Sonnenwendfeiern und der Erntedank sollten auf Sicht den christlichen Glauben verdrängen; die Kirchen wurden mit Zuwendungen „ruhig gestellt“, aber als letztlich nutzlos erachtet.
Beispielgebend sei hier eine Diktatvorlage zum Thema „Jesus und Hitler“ einer Münchner Volksschule:
„Wie Jesus die Menschen von der Sünde und der Hölle befreite, so rettete Hitler das deutsche Volk vor dem Verderben. Jesus und Hitler wurden verfolgt, aber während Jesus gekreuzigt wurde, wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt (...)“[2]
In der Praxis erfolgte in faschistisch regierten Ländern eine erhebliche Militarisierung der Bevölkerung durch den Aufbau großer Armeen zur Abwehr angeblicher äußerer Feinde und der Einbindung beinahe aller Schichten in paramilitärische Organisationen.
Insbesondere die Jugend wurde in hohem Maß politisiert und indoktriniert. Durch mehr oder weniger offen erzwungene Mitgliedschaft in faschistischen Nachwuchsorganisationen und einen entsprechend politisch eingefärbten Schulunterricht sollte die Sympathie kommender Generationen für die Ziele des Faschismus erreicht werden.
Der aggressive deutsche Nationalsozialismus hatte die Schaffung eines großgermanischen Reichs zum Ziel, das sich bis zum Ural erstrecken sollte. Die hier lebenden slawischen Völker sollten zum großen Teil versklavt werden; die dort lebenden Juden sowie die Aristokratie, die finanzielle Oberschicht sowie die Intellektuellen sollten ermordet werden.
Um die deutsche Bevölkerung und insbesondere die Jugend auf diese ungeheuerlichen Pläne einzustimmen, hatte der Schulunterricht in der Zeit des Nationalsozialismus vor allem zum Ziel, die Schülerinnen und Schüler von der historischen und „rassischen“ Überlegenheit der deutschen „Rasse“ und ihrer Berufung als „Herrenmenschen“ zu überzeugen. Ab 1936/1937 verstärkte das NS-Regime die ideologische Umgestaltung des Schulunterrichts.[3]
[...]
[1] Siehe dazu Guido Knopp, Die Jahrhundert-Bilanz, in: http://www.focus.de/auto/neuwagen/essay-die-jahrhundert-bilanz_aid_173620.html (Abrufdatum: 1.2.2009, 15.43 Uhr).
[2] Diktat in der Blumenschule München am 16. April 1934, in Walther Hofer, Der Nationalsozialismus, Dokumente 1933-1945, Frankfurt 1957, S. 128.
[3] Siehe dazu: http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/alltagsleben/schule/index.html, (Abrufdatum: 1.2.2009, 18.03 Uhr).
- Quote paper
- Orkun Aktuna (Author), 2009, Zur NS-Schulpolitik mit besonderem Hauptaugenmerk auf die einzelnen Schulfächer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125898
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