Wenn wir an Märchen denken, kommen uns vielleicht Titel wie Dornröschen, Schneewittchen, Aschenputtel, Das tapfere Schneiderlein oder Der Frosch-könig in den Sinn. Das Exotischste an das wir uns erinnern können, sind die Geschichten wie Alibaba und die 40 Räuber oder Aladin und die Wunderlampe. Dennoch gibt es auch in anderen Kulturen wundersame Geschichten und Erzählungen, wie zum Beispiel in China. Diese Märchen sind uns nicht unbedingt geläufig oder wir kennen zwar eine von Hollywood verfilmte Geschichte mit Jet Li, die wir aber nicht als Märchen einordnen können.
Im Rahmen dieser Arbeit wird ein solches, vielleicht eher unbekanntes Märchen beleuchtet. Dabei handelt es sich um Die Reise nach Westen (chin. Xiyouji 西游记) die zu einer der grossen chinesischen Erzählungen der Ming-Zeit gehört. Angesichts der weiten Entfernung zu unseren Märchen sollen Parallelen und Differenzen zwischen diesem chinesischen und europäischen Märchen untersucht werden. Die zentrale Fragestellung ist somit: Unterscheiden sich der Handlungsverlauf und die Systemstruktur in chinesischen und europäischen Märchen?
Zur Erläuterung dieser Fragestellung werden zuerst der Handlungsverlauf von Max Lüthi über europäische Märchen und Vladimir Propp‘s Struktursystem vorgestellt. Danach folgt eine Erläuterung zu Die Reise nach Westen. Anschliessend werden die beiden Aufbauschemata mit demjenigen des Xiyouji verglichen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 2
2. Theorien zur Struktur eines Märchens
2.1 Handlungsverlauf europäischer Märchen nach Max Lüthi
2.2 Struktursystem des Märchens nach Vladimir Propp
3. Erläuterungen zu „Die Reise nach Westen“
4. Vergleich zwischen dem Handlungsverlauf und der Systemstruktur
4.1 Vergleich mit Max Lüthi’s Handlungsverlauf
4.1.1 Ausgangspunkt
4.1.2 Schwierigkeiten und ihre Bewältigung
4.1.3 Der Rhythmus des Xiyouji
4.2 Vergleich mit Vladimir Propp’s Struktursystem
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
7. Abbildungsverzeichnis
8. Anhang
1. Einleitung
Wenn wir an Märchen denken, kommen uns vielleicht Titel wie Dornröschen, Schneewittchen, Aschenputtel, Das tapfere Schneiderlein oder Der Frosch- könig in den Sinn. Das Exotischste an das wir uns erinnern können, sind die Geschichten wie Alibaba und die 40 Räuber oder Aladin und die Wunderlampe. Dennoch gibt es auch in anderen Kulturen wundersame Geschichten und Erzählungen, wie zum Beispiel in China. Diese Märchen sind uns nicht unbedingt geläufig oder wir kennen zwar eine von Hollywood verfilmte Geschichte mit Jet Li, die wir aber nicht als Märchen einordnen können.
Im Rahmen dieser Arbeit wird ein solches, vielleicht eher unbekanntes Märchen beleuchtet. Dabei handelt es sich um Die Reise nach Westen (chin. Xiyouji 西西记) die zu einer der grossen chinesischen Erzählungen der Ming-Zeit gehört. Angesichts der weiten Entfernung zu unseren Märchen sollen Parallelen und Differenzen zwischen diesem chinesischen und europäischen Märchen untersucht werden. Die zentrale Fragestellung ist somit: Unterscheiden sich der Handlungsverlauf und die Systemstruktur in chinesischen und europäischen Märchen?
Zur Erläuterung dieser Fragestellung werden zuerst der Handlungsverlauf von Max Lüthi über europäische Märchen und Vladimir Propp‘s Struktursystem vorgestellt. Danach folgt eine Erläuterung zu Die Reise nach Westen. Anschliessend werden die beiden Aufbauschemata mit demjenigen des Xiyouji verglichen.
2. Theorien zur Struktur eines Märchens
2.1 Handlungsverlauf europäischer Märchen nach Max Lüthi
Wer mehrere Märchen, zum Beispiel von den Brüdern Grimm, hintereinander liest, dem fällt auf, dass der Handlungsverlauf oder Aufbau der Märchen Parallelen aufweist.
Max Lüthi beschreibt ein allgemeines Schema, das dem europäischen Volksmärchen zu Grunde liegt1: Im Kern des Märchens befinden sich Schwierigkeiten und ihre Bewältigung, sowie Kampf und Sieg oder Aufgabe und Lösung. Ausgangspunkt eines Märchens ist meist ein Mangel oder eine Notsituation, durch die eine Aufgabe, ein Bedürfnis oder andere Schwierigkeiten zu bewältigen sind.
Lüthi erläutert weiter, dass sich Märchenhandlungen oft in einem Zweier- oder Dreierrhythmus aufschlüsseln lassen.2 Zweiteilig bedeutet hier, dass die Hauptfigur der Erzählung zwar die erste Herausforderung, egal welcher Art besteht, daraufhin aber in eine weitere Notlage gerät. Bei der Dreiteilung steht die Zahl Drei im Vordergrund. Alle wesentlichen Teile des Märchens sind in die Dreiersymbolik einbezogen: Zum Beispiel müssen drei Geschwister, drei Abenteuer bestehen oder drei Rätsel lösen oder es müssen drei Prinzessinnen befreit werden. Einzelne Forscher sehen aber im Zweierrhythmus die eigentliche Vollform des Märchens (Propp, Berebdsohn).
2.2 Struktursystem des Märchens nach Vladimir Propp
Ein ähnlicher Aufbau lässt sich auch von Vladimir Propp erschliessen. „Für Propp sind die konstanten und unveränderlichen Elemente des Märchens die ››Funktionen‹‹ der handelnden Personen, deren Zahl beschränkt ist.“3 Nach seiner Meinung treten höchstens sieben Personen auf. Ein Märchen ist nach seinem Verständnis eine Erzählung, „die sich aus einer Schädigung (A) oder einem Fehlelement (alpha) über entsprechende Zwischenfunktionen zur Hochzeit (H*) oder anderen konfliktlösenden Funktionen entwickelt.“4
3. Erläuterungen zu „Die Reise nach Westen“
Die Erzählung Die Reise nach Westen wurde zum ersten Mal 1592 während der Ming – Dynastie in Nanjing publiziert. Das Märchen wird dem Autor Wu Chengen (chin. 吴承恩), zugeschrieben. Dieser war ein Magistratsbeamter in mittlerer Laufbahn aus Huaian. Er wurde circa 1500 geboren und starb 1582.5
Tripitaka oder im chinesischen Xuanzang (chin. 玄奘), ein jungendlicher
Priester, dessen Pilgerfahrt nach Indien ein Teil des Märchens ist, war eine reale Person, die im siebten Jahrhundert n. Chr. lebte. Schon im zehnten Jahrhundert n. Chr. gab diese Pilgerreise Anlass für fantastische Geschichten. Diese wurden dann auch im chinesischen Theater aufgeführt. Als Wu Chengen sein Märchen aufzuschreiben begann, hatte er bereits eine grosse Menge an Vorbildmaterial, das er verwenden konnte.6 Hier gibt es gewisse Gemein- samkeiten mit den Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm, die zwar ihre Märchen aus mündlichen Quellen eruiert haben sollen, heute ist aber nachgewiesen, dass bereits literarische Vorformen von gewissen Märchen bestanden haben.7
Arthur Waley, der wohl die bekannteste Übersetzung von Die Reise nach Westen ins Englische vollbracht hat, beschreibt das Märchen folgendermassen:8
„Monkey is unique in it’s combination of beauty with absurdity, of profundity with nonsense. Folk-lore, allegory, religion, history, anti-bureucratic satire and pure poetry [...] The bureaucrats of the story are saints in Heaven, and it might be supposed that the satire was directed against religion rather than against bureaucracy. But the idea that the hierarchy in Heaven is a replica of government on earth is an accepted one in China. [...] Tripitaka stands for the ordinary man, blundering anxiously through the difficultes of life, while Monkey stands for restless instability of genius. Pigsy, again, obiously symbolizes the physical appetites, brute strength, and a kind of sumbrous
patience. Sandy is more mystirous.”9
Somit wären auch die Hauptfiguren der Geschichte genannt: Tripitaka der Priester, Monkey (chin. Son Wukong 孫悟空), der König der Affen, Pigsy (chin. Zhu Bajie 豬八戒) ein Dämon, der halb Mensch, halb Schwein ist, und Sandy (chin. Sha Wujing 沙悟淨), ein Wasserdämon.10
4. Vergleiche zwischen dem Handlungsverlauf und der Systemstruktur
4.1 Vergleich mit Max Lüthi’s Handlungsverlauf
Als Vergleichsbasis zu den europäischen Märchen werden die Werke von W. J.
F. Jenner von 198211 sowie die Übersetzung von Arthur Waley12 für Lüthi und Propp herangezogen.
[...]
1 Lüthi 1990, 25.
2 Ebd. 1990, 25-26.
3 Benrich 2001, 66-67.
4 Ebd., 67.
5 Jenner 1982b.
6 Waley 1945, 9.
7 Tomkowiak / Marzolph 1996, 11.
8 Eine Kurzzusammenfassung ist im Anhang zu finden.
9 Waley 1845, 9-10.
10 Jenner 1999.
11 Jenner 1982a.
12 Waley 1945.
- Citation du texte
- Regula Himmelberger (Auteur), 2008, Die Reise nach Westen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125771
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