Mit dem Begriff Gentrification, den Ruth Glass 1964 prägte, ist allgemein der Prozess der Aufwertung von innenstadtnahen Wohngebieten gemeint. Eng verbunden mit dem Verlauf der Aufwertung von Stadtteilen in der Innenstadt sind in den meisten Fällen Verdrängungsprozesse von bestimmten sozialen Gruppen.
Spätestens seit den 1970er Jahren, ab dem Zeitpunkt, wo von einer Umkehrung des Prozesses der Suburbanisierung in Deutschland gesprochen werden kann, fand der Begriff Gentrification Eingang in die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen, die sich mit den Veränderungen von Siedlungsstrukturen, Wandlungsprozessen in Innenstädten und Problemfeldern wie Segregation und Niedergang von innenstadtnahen Wohngebieten auseinandersetzen. Gleichzeitig geriet das Phänomen eines „Wiedererwachens der Innenstädte“ auch in den Blick der Öffentlichkeit, der Wirtschaft und Politik und wurde auf verschiedenen Ebenen, insbesondere in der kommunalen Verwaltung im Bereich der Stadtplanung zu einer neuen Herausforderung.
Gentrification ist ein „schillernder“ Begriff. Während er manchen Kommunalpolitikern in strukturschwachen Räumen als Stabilisator kommunaler Wirtschaftskraft entgegen kommt, verkörpert er heute für die meisten Stadtteilinitiativen der Ballungsräume neue Verdrängungsprozesse [vgl. Wingenfeld 1990, S. 95].
Nach einem schon in den 1950er Jahren beginnenden Prozess der Stadt- (Um)Land-Wanderungen, der zur Planung und dem Bau von großen Neubaugebieten im peripheren Raum sowie Eigenheimsiedlungen „im Grünen“ führte, erfährt ab Mitte der 1970er Jahre (teilweise auch schon früher) innerstädtischer Wohnraum wieder eine wachsende Nachfrage. Das 1971 erlassene Städtebauförderungsgesetz, als Ergänzung zum allgemeinen Städtebaurecht, bildet seitdem den rechtlichen Handlungsrahmen der Stadtplaner und manifestiert seitens der Rechtsprechung den entstandenen und wachsenden Handlungsbedarf auf kommunaler Ebene.
In der Hausarbeit soll der Frage nachgegangen werden, welchen Grundsätzen und Leitlinien die Stadtplanung in Deutschland folgt? Konnten neue Erkenntnisse zu Veränderungen in den Planungsstrategien beitragen und wie sind die Entwicklungen, die mit Gentrification einhergehen und die Art der Maßnahmen, die durchgeführt worden sind, heute zu bewerten? Gibt es Alternativen zu herkömmlichen Planungsstrategien, die Wohnraum sicherstellen können?
Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
1. Gentrification aus planerischer Sicht
Stadtplanung in Deutschland und der gesetzliche Handlungsrahmen
Gentrification und Stadterneuerung
Strategien der Stadtplanung in Deutschland
2. Sanierungsgebiete und Leitvorstellungen in der Stadtplanung
Merkmale der Sanierungsgebiete
Leitvorstellungen und Grundsätze der Stadterneuerungsplanung
Klassische Städtebauförderung und ihre Kritik
3. Fallbeispiele
Fallbeispiel Frankfurt- Bockenheim
Fallbeispiel Hamburg: Stadtteil St. Georg
Fallbeispiel Berlin/Prenzlauer Berg – Wohnungsbaugenossen-
schaften und ihr Einfluss auf zentrale städtische Handlungsfelder
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
Einleitung
Mit dem Begriff Gentrification, den Ruth Glass 1964 prägte, ist allgemein der Prozess der Aufwertung von innenstadtnahen Wohngebieten gemeint. Eng verbunden mit dem Verlauf der Aufwertung von Stadtteilen in der Innenstadt sind in den meisten Fällen Verdrängungsprozesse von bestimmten sozialen Gruppen.
Spätestens seit den 1970er Jahren, ab dem Zeitpunkt, wo von einer Umkehrung des Prozesses der Suburbanisierung in Deutschland gesprochen werden kann, fand der Begriff Gentrification Eingang in die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen, die sich mit den Veränderungen von Siedlungsstrukturen, Wandlungsprozessen in Innenstädten und Problemfeldern wie Segregation und Niedergang von innenstadtnahen Wohngebieten auseinandersetzen. Gleichzeitig geriet das Phänomen eines „Wiedererwachens der Innenstädte“ auch in den Blick der Öffentlichkeit, der Wirtschaft und Politik und wurde auf verschiedenen Ebenen, insbesondere in der kommunalen Verwaltung im Bereich der Stadtplanung zu einer neuen Herausforderung.
Gentrification ist ein „schillernder“ Begriff. Während er manchen Kommunalpolitikern in strukturschwachen Räumen als Stabilisator kommunaler Wirtschaftskraft entgegen kommt, verkörpert er heute für die meisten Stadtteilinitiativen der Ballungsräume neue Verdrängungsprozesse [vgl. Wingenfeld 1990, S. 95].
Nach einem schon in den 1950er Jahren beginnenden Prozess der Stadt- (Um)Land-Wanderungen, der zur Planung und dem Bau von großen Neubaugebieten im peripheren Raum sowie Eigenheimsiedlungen „im Grünen“ führte, erfährt ab Mitte der 1970er Jahre (teilweise auch schon früher) innerstädtischer Wohnraum wieder eine wachsende Nachfrage. Das 1971 erlassene Städtebauförderungsgesetz, als Ergänzung zum allgemeinen Städtebaurecht, bildet seitdem den rechtlichen Handlungsrahmen der Stadtplaner und manifestiert seitens der Rechtsprechung den entstandenen und wachsenden Handlungsbedarf auf kommunaler Ebene.
In der Hausarbeit soll der Frage nachgegangen werden, welchen Grundsätzen und Leitlinien die Stadtplanung in Deutschland folgt? Konnten neue Erkenntnisse zu Veränderungen in den Planungsstrategien beitragen und wie sind die Entwicklungen, die mit Gentrification einhergehen und die Art der Maßnahmen, die durchgeführt worden sind, heute zu bewerten? Gibt es Alternativen zu herkömmlichen Planungsstrategien, die Wohnraum sicherstellen können?
Im ersten Teil der Arbeit wird der Handlungsrahmen der Stadtplanung und deren Aufgaben kurz umschrieben. Zudem wird anhand der Beschreibung der Planungsstrategien und der Begriffbestimmung von Gentrification und Stadterneuerung an die Probleme und Schwierigkeiten, die sich für die Stadtplaner in Deutschland ergeben, herangeführt. Im zweiten Teil der Arbeit wird sich neben der Aufführung der Merkmale und Leitvorstellungen auf städtischer Planungsebene kritisch mit der Umsetzung der Zielvorstellungen auseinandergesetzt und Problematiken angesprochen. Um die Thematik näher zu erläutern, werden im dritten Teil drei Fallbeispiele aus den Städten Frankfurt, Hamburg und Berlin beschrieben, worauf abschließend ein Fazit folgt.
1. Gentrification aus planerischer Sicht
Stadtplanung in Deutschland und der gesetzliche Handlungsrahmen
Stadtplanung kann definiert werden als räumliche Planung auf Ebene einer Gemeinde mit der Aufgabe, die räumliche Entwicklung einer Gemeinde zu lenken, vor allem ihre bauliche Entwicklung mit Bauleitplänen positiv zu beeinflussen. Für die Durchführung der Stadtentwicklungsplanung ist als Institution das Stadtplanungsamt der jeweiligen Kommune zuständig [vgl. DIERCKE 2001]. Nach dieser Definition bleibt die Frage offen: Was heißt die bauliche Entwicklung positiv und vor allem für wen (die Kommune oder bestimmte Akteursgruppen) positiv zu beeinflussen? Die Aufgaben der Stadtplanung beschränken sich nicht nur darauf, die Entwicklung der Kommune in baulicher/physischer Hinsicht zu beeinflussen und zu
steuern. Die Planungsaufgaben sind komplexer und greifen in andere Bereiche, wie die des Wohnungsbaus, der Umwelt- und Raumplanung und des Sozialwesens über. „Die Stadtplanung beginnt mit der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung in der Stadt und der daraus folgenden Stadtpolitik, und nicht mit dem Zeichnen von Plänen.“ [Spitzer 1995, S. 57]
Neben der Tatsache, dass „Stadtplanung eine von Menschen unterschiedlicher Couleur ausgeübte Tätigkeit ist, die in bestimmte Zeitepochen mit verschiedenen gesellschaftlichen Voraussetzungen eingebettet ist“ [Streich 2005, S. 15], ist ebenfalls anzufügen, dass die deutschen Großstädte erhebliche Unterschiede untereinander aufweisen. Zusammengefasst sind die Städte gekennzeichnet durch Unterschiede im Bezug auf die Entwicklung der Wirtschaftskraft, ihrer fiskalen Situation, das verfügbare Steueraufkommen und dem Grad der sozialen Ausdifferenzierung [vgl. Blasius & Dangschat 1990, S. 26]. Auf Grund dieser Aspekte ist es schwer, eine allgemeine umfassende Definition für den Begriff und die Aufgaben der Stadtplanung zu geben, da sie zu heterogen sind.
Das Baugesetzbuch bildet die gesetzliche Grundlage der Stadtplanung und steckt damit den Handlungsrahmen der Planer in den kommunalen Verwaltungen ab. Das Baugesetzbuch (BauGB) von 1960 mit Regelungen zum allgemeinen Städtebaurecht und das Städtebauförderungsgesetz (StBauFG) von 1971 (Neufassungen 1976 und 1984) mit Regelungen zum besonderen Städtebaurecht, wurden 1987 zusammengefasst zum Baugesetzbuch. Erst durch die Erweiterung 1971 wurden „Maßnahmen der Stadtsanierung und Stadtentwicklung besonders geregelt und auch die Bürgerbeteiligung eingeführt.“ [Spitzer 1995, S. 57]
Insbesondere die Paragraphen §§ 144 und 145 (Genehmigungsvorbehalt zur Prüfung von privaten Investitionen) dienen als Instrument zur:
- „Spekulationsabwehr im Bodenverkehr,
- Herstellung der Sozialverträglichkeit bei privaten Modernisierungen und
- zu einer Art „Veränderungssperre“ gegenüber unerwünschten Bauvorhaben“ [Richter 1990, S. 180]
Weitere Interventionsmöglichkeiten bieten die 170er- Paragraphen des Baugesetzbuches. Dazu gehört beispielsweise § 177, das Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot.
Auf Grundlage dieser gesetzlichen Regelungen wurden seit Anfang der 1970er Jahre Stadterneuerungs- und Sanierungsmaßnahmen durchgeführt.
Gentrification und Stadterneuerung
Im Folgenden werden die beiden Begriffe Gentrification und Stadterneuerung definiert und voneinander abgegrenzt.
Worin bestehen die Unterschiede zwischen den Begriffen Stadterneuerung und Gentrification, die zunächst beide als Aufwertung von bestimmten Wohnvierteln verstanden werden können?
„Stadterneuerung verfolgt Aufwertung als Ziel, während sie für die Gentrification der Auslöser ist“[Wingenfeld 1990, S. 97].
Maßnahmen der Stadterneuerung streben eine materielle Aufwertung der Bausubstanz von Gebäuden und die Verbesserung der baulich-räumlichen Strukturen sowie des Wohnumfeldes an, „also eine Verbesserung von Gebrauchswerten“ [Wingenfeld 1990, S. 97]. Diese Eigenschaften der Stadterneuerung, verbunden mit dem Ziel städtebaulichen Missstand zu beheben und dem Stadtteil neue Entwicklungsimpulse zu geben, sind also geplante Maßnahmen. Problematisch ist diese Strategie zu bewerten, wenn auf diese Weise eine städtebauliche Aufwertung herbeigeführt wird, ohne die langfristigen sozialen Auswirkungen der Maßnahmen zu berücksichtigen und mit Hilfe einer „begleitenden Wirkungsforschung die Veränderung von Rahmenbedingungen im Hinblick auf notwendige Korrekturen der Strategie zu beobachten“ [Wingenfeld 1990, S. 98]
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- Quote paper
- Diplom Geographin Diana Lantzen (Author), 2007, Gentrification in deutschen Großstädten aus planerischer Sicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125725
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