Die Masterarbeit stellt eine Untersuchung zur Herstellung von Transparenz der Notengebung im Fach Sport durch Sportlehrkräfte dar. Als Untersuchungsinstrument wurden leitfadengestützte Interviews eingesetzt. Die Interviews wurden gemäß der Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.
Das Ziel dieser Masterarbeit ist es, herauszufinden, wie ein solches Konzept zur Herstellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht, aussehen kann. Da Sportlehrkräfte sowohl für die Auswahl der Leistungskriterien als auch für die Herstellung von Transparenz der eigenen Notengebung selbstverantwortlich sind, erweist es sich als sinnvoll, Sportlehrkräfte direkt zu befragen, um zu einem Ergebnis zu kommen. Die Forschungsfrage lautet dementsprechend: Wie stellen Sportlehrkräfte Transparenz der eigenen Notengebung her?
Die Herstellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht durch Sportlehrkräfte soll dabei nicht isoliert, sondern, im Zusammenhang mit den Herausforderungen und Chancen der Leistungsbewertung im Sportunterricht, thematisiert werden, um ein ganzheitliches Bild des Themenfelds zu ermöglichen. Der theoretische Rahmen dieser Arbeit wurde dafür in zwei Theorieteile gegliedert. Der erste Theorieteil Notengebung im Sportunterricht gibt einen Überblick über das besondere Leistungsverständnis im Sportunterricht, die Bestandteile der Sportnote (aus fachwissenschaftlicher Sicht) und beinhaltet einen Vergleich zweier empirischer Studien zur Benotungspraxis von Sportlehrkräften, mit Bezug auf das Leistungsverständnis im Sportunterricht.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theorie Teil 1: Notengebung im Sportunterricht
2.1 Begriffsbestimmung und Abgrenzung: Notengebung
2.2 Besonderheiten der Notengebung im Unterrichtsfach Sport
2.2.1 Der Doppelauftrag des Sportunterrichts
2.2.2 Das Leistungsverstandnis im Schulsport
2.2.3 Die spezifische Ambivalenz
2.3 Die Bestandteile der Sportnote
2.3.1 Fachdidaktische Diskussion zu den Bestandteilen der Sportnote
2.3.2 Mogliche Beurteilungsbereiche und deren Gewichtung in der Notengebung
2.3.3 Kernlehrplan fur das Gymnasium - Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen
2.4 Vergleich von zwei empirischen Studien zur Benotungspraxis von Sportlehkraften
2.5 Zwischenfazit
3. Theorie Teil 2: Herstellung von Transparenz der Notengebung im Sportunterricht
3.1 Begriffsbestimmung: Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht
3.2 Aspekte von Transparenz im Unterricht
3.2.1 Demokratisierung und Mundigkeit
3.2.2 Transparenz im Lehr-Lernprozess
3.2.3 Klassenklima, Vertrauen und Lernerfolg
3.2.4 Transparenz der Bezugsnormorientierung im Benotungsprozess
3.3 Herstellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht
3.3.1 Das Prozessmodell nach Maitzen (2016)
3.3.1.1 Lernen vorbereiten und initiieren
3.3.1.2 Orientierung geben und erhalten
3.3.1.3 Lernen bilanzieren und reflektieren
3.3.2 Instrumente zur Herstellung von Transparenz
3.3.2.1 Transparenzpapiere
3.3.2.2 Unterrichtsgesprach
3.3.2.3 Lehrer-Feedback
3.3.2.4 Lernprozessbegleitende Dokumente
3.4 Empirische Untersuchungen zur Herstellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht
3.5 Zwischenfazit
4. Methodisches Vorgehen
4.1 Prazisierung der Fragestellung und des Forschungsinteresses
4.2 Forschungsdesign
4.3 Kategorienbildung
4.3.1 Kategorien zum Theorieteil 1: Wahl und Gewichtung der Beurteilungsbereiche
4.3.2 Kategorien zum Theorieteil 2: Herstellung von Transparenz
4.4 Leitfadenentwicklung
4.5 Datenerhebung
4.5.1 Auswahl der Stichprobe
4.5.2 Pretest
5 Datenauswertung
5.1 Beschreibung der Stichprobe
5.2 Ergebnisdarstellung
5.2.1 Wahl und Gewichtung der Beurteilungsbereiche
5.2.2 Herstellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht
5.2.2.1 Transparenzbereitschaft und transparentes Lehrerhandeln
5.2.2.2 Unterrichtsphasen oder Situationen zur Herstellung von Transparenz
5.2.2.3 Einsatz von Instrumenten zur Herstellung von Transparenz
5.2.2.4 Strategien zur Herstellung von Transparenz
5.2.2.5 Zusammenhang zwischen Problemen bei der Notengebung im Sportunterricht und der Herstellung von Transparenz
6 Diskussion
6.1 Auswahl und Gewichtung von Beurteilungsbereichen in der Benotungspraxis von Sportlehrkraften
6.2 Herstellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht durch Sportlehrkrafte
6.3 Zusammenhang zwischen Problemen bei der Notengebung im Sportunterricht und der Herstellung von Transparenz
7 Methodenkritik
8 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Chancengleichheit (Klant, 1983, S. 25)
Abbildung 2 Klassenklima (LISUM , 2011, S. 71)
Abbildung 3 Beurteilungsnormen (Grunder et al., 2010, S. 304)
Abbildung 4 Bewertungsraster fur das Unterrichtsvorhaben ,,Torchball - im Team zum Erfolg" (Roth, 2019, S. 50-51)
Abbildung 5 Deduktive Kategorien zur Wahl und Gewichtung der Beurteilungsbereiche (eigene Darstellung)
Abbildung 6 Deduktive Kategorien zur Herstellung von Transparenz (eigene Darstellung)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Beschreibung der Stichprobe (eigene Darstellung)
Tabelle 2 Beurteilungsbereiche und Gewichtung (eigene Darstellung)
Tabelle 3 Beurteilungsbereiche, Gewichtung und eingesetzte Instrumente (eigene Darstellung)
1 Einleitung
Wie genau Schulnoten zustande kommen lasst sich, bezogen auf alle Unterrichtsfacher, oft nur schwer aufklaren, da sich Noten zunachst in den Kopfen der Lehrkrafte zusammenfinden, bevor sie auf dem Zeugnis erscheinen. Im Sportunterricht sind die moglichen Beurteilungsbereiche, aus denen sich die Sportnote zusammensetzt, sehr vielzahlig, ihre genaue Gewichtung haufig unklar und daher fur Schulerinnen und Schuler noch schwieriger nachzuvollziehen. Sportlehrkrafte ge- nieBen zudem groBe Handlungsspielraume bei der Auswahl und Gewichtung von Beurteilungs- bereichen fur ihren Sportunterricht. Dieser Umstand wird vor allem durch das differenzierte Leis- tungsverstandnis des modernen Sportunterrichts definiert und bringt einige Herausforderungen, aber auch Chancen, fur die Leistungsbewertung im Sportunterricht mit sich.
Empirische Studien zur Benotungspraxis von Sportlehrkraften1 haben gezeigt, dass Sportlehr- krafte von diesem Handlungsspielraum Gebrauch machen und dementsprechend sehr unter- schiedliche Leistungsbereiche in der eigenen Notengebung akzentuieren. Doch wie wissen die jeweiligen Schulerinnen und Schuler welche Leistungen von ihnen erwartet werden und wie stark die jeweiligen Leistungsbereiche in der Sportnote schlussendlich ins Gewicht fallen? Diese Frage ist leicht zu beantworten. Der Kernlehrplan formuliert fur Sportlehrkrafte in Nordrhein-Westfalen, dass diese ihre Leistungsbewertung so gestalten sollen, dass „die Kriterien fur die Notengebung den Schulerinnen und Schulern transparent sind“ (KLP Nordrhein-Westfalen2, 2019, S. 38). Sportlehrkrafte sind dementsprechend rechtlich dazu verpflichtet ihre individuelle Herangehens- weise bei der Leistungsbewertung im Sportunterricht transparent an ihre Lernenden zu kommu- nizieren. Eine genaue Handlungsanleitung zur Herstellung von Transparenz geht aus dem Kernlehrplan nicht hervor. Formulieren Fachkonferenzen ebenfalls keine klaren Vorgaben diesbezug- lich, stehen Sportlehrkrafte vor der Herausforderung sich ein eigenes Konzept zur Herstellung von Transparenz der eigenen Notengebung zu uberlegen.
Das Ziel dieser Masterarbeit ist es, herauszufinden, wie ein solches Konzept zur Herstellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht, aussehen kann. Da Sportlehrkrafte sowohl fur die Auswahl der Leistungskriterien als auch fur die Herstellung von Transparenz der eigenen Notengebung selbstverantwortlich sind, erweist es sich als sinnvoll, Sportlehrkrafte direkt zu be- fragen, um zu einem Ergebnis zu kommen. Die Forschungsfrage lautet dementsprechend: Wie stellen Sportlehrkrafte Transparenz der eigenen Notengebung her?
Die Herstellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht durch Sportlehrkrafte soll dabei nicht isoliert, sondern, im Zusammenhang mit den Herausforderungen und Chancen der Leistungsbewertung im Sportunterricht, thematisiert werden, um ein ganzheitliches Bild des Themenfelds zu ermoglichen. Der theoretische Rahmen dieser Arbeit wurde dafur in zwei Theo- rieteile gegliedert. Der erste Theorieteil Notengebung im Sportunterricht gibt einen Uberblick uber das besondere Leistungsverstandnis im Sportunterricht, die Bestandteile der Sportnote (aus fach- wissenschaftlicher Sicht) und beinhaltet einen Vergleich zweier empirischer Studien zur Beno- tungspraxis von Sportlehrkraften, mit Bezug auf das Leistungsverstandnis im Sportunterricht.
Der zweite Theorieteil Herstellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht schafft zunachst einen Uberblick uber wichtige padagogische Ziele von Transparenz bei der Notengebung. Ebenfalls wird ein Uberblick uber Instrumente sowie Situationen oder Unterrichtspha- sen im Lehr- Lernprozess, zur Herstellung von Transparenz bei der Notengebung, geschaffen. Der Uberblick uber den empirischen Forschungsstand zu diesem Thema ist ebenfalls Teil der Ausfuhrungen.
Den beiden Theorieteilen folgt ein Kapitel zur methodischen Vorgehensweise. Als Forschungs- methode werden dabei leitfadengestutzte Interviews mit ausgewahlten Sportlehrkraften durchge- fuhrt. Die Ergebnisse der Interviews werden anschlieBend dargestellt und diskutiert. Den Ab- schluss dieser Masterarbeit bildet ein Fazit mit Ausblick.
2 Theorie Teil 1: Notengebung im Sportunterricht
Im Folgenden werden relevante Aspekte der Notengebung im Sportunterricht beschrieben. Dafur wird zunachst der Begriff Notengebung genauer definiert. Daran schlieBt eine Beschreibung der Besonderheiten der Notengebung im Unterrichtsfach Sport an. Dem folgt eine fachwissenschaft- liche Analyse zu den Bestandteilen der Sportnote. Im letzten Abschnitt werden zwei empirische Studien zur Benotungspraxis von Sportlehrkraften miteinander verglichen und diskutiert, bevor die Ergebnisse, dieses ersten Theorieteils, in einem Zwischenfazit zusammengefasst werden.
2.1 Begriffsbestimmung und Abgrenzung: Notengebung
Kernbegriffe dieses ersten Theorieteils sind die Wortpaare „Beurteilen/Bewerten“ und „Beno- ten/Zensieren“, welche im schulischen Kontext haufig gleichbedeutend verwendet werden, inhalt- lich jedoch voneinander zu unterscheiden sind. „Bewertungen nehmen wir - bewusst oder unbe- wusst - permanent vor“, konstatiert Miethling (1997, S. 20) und fuhrt weiter aus, dass sich aus der Selbsteinschatzung unserer Kompetenzen resultierend und somit aus unseren Erfolgen und Misserfolgen, eine Gesamtbewertung ergibt, die unseren Selbstwert bestimmt. Damit liegt der Bewertung eine grundlegende Form des Denkens und Reflektierens des Menschen zugrunde: das Vergleichen. Die Begriffe bewerten/beurteilen werden innerhalb der Fachliteratur, und somit auch im Rahmen dieser Arbeit, synonym verwendet (Feth, 2017, S. 7).
Dem steht das Begriffspaar benoten/zensieren gegenuber, welches laut DWDS3, ebenfalls synonym verwendet werden kann. Die Benotung stellt einen Sonderfall der Bewertung dar, indem Lehrkrafte ihre gewonnen Eindrucke in Form einer einzelnen Ziffer zusammenzufassen (Mieth- ling, 1997, S. 21; Feth, 2017, S. 7f).
Fur die Benotungspraxis bedeutet dies konkret, dass die Ergebnisse verschiedener Leistungser- hebungen zunachst einer Beurteilung unterzogen werden, die sich anschlieBend und darauf auf- bauend in einer Benotung (in Form einer Ziffernnote) niederschlagt. Notengebung beschreibt demzufolge den Prozess vom Beurteilen hin zum Benoten (Scheid, 2017, S. 118).
Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff Notengebung dementsprechend als Prozess verstan- den und umfasst somit sowohl die Beurteilung wie auch die Benotung.
2.2 Besonderheiten der Notengebung im Unterrichtsfach Sport
In der umfassenden Sprint-Studie zur Situation des Schulsports in Deutschland wird festgestellt: „Im Fach Sport werden die Noten offenbar anders vergeben als in anderen Unterrichtsfachern" (DSB4, 2006, S. 166). Was diese Andersartigkeit der Notengebung im Speziellen ausmacht soll in diesem Kapitel einmal genauer beleuchtet werden.
2.2.1 Der Doppelauftrag des Sportunterrichts
Zunachst ist hier Doppelauftrag des Schulsports zu nennen, welcher die Erziehung im und durch Sport anstrebt und in den Lehrplanen der Bundeslander als didaktisches Konzept des erziehen- den Sportunterrichts5 fest verankert ist. Beim Doppelauftrag des Schulsports geht es nicht nur darum Schulerinnen und Schulern die Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur naher zu bringen und ihre Fahigkeiten in einer bestimmten Sportart zu erweitern, sondern auch darum die Entwicklung der Heranwachsenden ganzheitlich zu fordern. Diese ganzheitliche Forderung druckt sich vor allem dadurch aus, dass Lernende ihr eigenes Handeln reflektieren und sozialen Kompetenzen, wie Fairness, Toleranz, Teamgeist, Mitverantwortung und Leistungsbereitschaft gestarkt werden sollen. Daruber hinaus sollen sich Lernende Wissen und Fahigkeiten aneignen, welche uber den Schulsport und die Institution Schule hinaus bedeutsam sein konnen (Beckers, 2000, S.89-92; Kurz, 2008, S. 211). Zwar konnte man an dieser Stelle argumentieren, dass jedes Schulfach zur Aufgabe hat, den Lernenden fachspezifische Inhalte zu vermitteln und gleichzeitig die Person- lichkeiten dieser zu fordern, allerdings wird dem Schulsport dahingehend eine Sonderstellung zugesprochen, als dass dieser explizit das Sozialverhalten der Schulerinnen und Schuler fordern, bewerten und schlieBlich auch zensieren soll.
2.2.2 Das Leistungsverstandnis im Schulsport
Anknupfend an den Doppelauftrag des Sportunterrichts ist das besondere Leistungsverstandnis im Sportunterricht zu erwahnen. Der Leistungsbegriff im Schulsport soll nach Kurz (2000, S. 27) immer als padagogischer Leistungsbegriff verstanden werden. Im Rahmen des Schulsport be- schreiben sechs padagogische Perspektiven6 den zu erfullenden padagogischen Auftrag des Schulsports. Ziel der Perspektive „Das Leisten erfahren, verstehen und einschatzen" (Kurz, 2000, S. 37) ist es beispielsweise, Leistung als padagogische Sinnperspektive zu verstehen, wobei den Schulerinnen und Schulern das Leisten als Erfahrungs- und Reflexionsaufgabe vermittelt werden soll. Dabei soll das Leisten nicht nur als ein Produkt sportlicher Leistung verstanden werden, sondern auch der Prozess, welcher zu einer schulsportlichen Leistung fuhrt, anerkannt, verstan- den und bewertet werden (Kurz, 2000, S. 37-39). Zudem soll es unter allen padagogischen Per- spektiven darum gehen, etwas zu lernen, die eigenen Grenzen zu erweitern und damit Erfahrun- gen individuellen Konnens zu ermoglichen (Aschebrock & Pack, 2004, S. 13).
2.2.3 Die spezifische Ambivalenz
Anmerkung der Redaktion: Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Grunden entfernt.
Abbildung 1 Chancengleichheit (Klant, 1983, S. 25)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Gegenstand, welcher im Sportunterricht behandelt wird, ist der Korper. Das Schulfach Sport hebt sich damit als einziges Bewegungsfach von den anderen Schulfachern ab (Balz & Kuhlmann, 2003, S. 205). Die beruhmte Karikatur von Klant (Abbildung 1) verdeutlicht die unterschied- lichen physischen Grundvoraussetzungen von Schulerinnen und Schulern und soll auf die offen- sichtliche Chancenungleichheit, bei der Prufung von sportmotorischen Leistungen, aufmerksam machen. Als Betrachter der Karikatur bewertet man die Aufgabenstellung schnell als ungerecht, da offensichtlich ist, dass diese Aufgabe fur die einen leichter zu bewaltigen ist als fur andere (und fur manche sogar schier unmoglich). Tillmann (2001, S. 45) spricht in diesem Zusammen- hang von einer „spezifischen Ambivalenz“. Diese Ambivalenz druckt sich durch zwei Besonder- heiten aus, die vor allem im Vergleich zu anderen Schulfachern auszumachen sind: Zum einen gibt es im Sportunterricht dieMoglichkeit Leitungen exakt zu messen (bspw. cgs-Messverfahren7) und zum anderen ist die Chancenungleichheit der Schulerinnen und Schuler durch unterschied- liche, individuelle korperliche Voraussetzungen unmittelbar zu erkennen. Auf Grund dieser offen- sichtlichen Chancenungleichheit wird eine Benotung, die ausschlieBlich auf der Grundlage der sportlichen Leistungsfahigkeit, gemessen an Normtabellen, von vielen Fachdidaktikern als ungerecht angesehen (ebd., S. 46). Auch Aschebrock & Pack (2004, S. 10) sprechen die spezi- fische Ambivalenz des Schulsports an und betonen, dass, „die Spannung zwischen den padago- gischen Zielen und einer an Normen ausgerichteten Notengebung [.] im Sport in besonderer Weise gegeben [sind]“.
2.3 Die Bestandteile der Sportnote
Diskussionen um die Sportnote gibt es seitdem es das Schulfach gibt. Hauptbestandteil dieser Diskussionen sind die Zusammensetzung der Note sowie ihre Sinnhaftigkeit (Feth, 2017, 39). Sucht man als Lehrkraft nach Vorgaben oder Empfehlungen zur Benotungspraxis im Sportunter- richt, genugt es dabei nicht sich auf sein Bachgefuhl zu verlassen oder Fachkolleginnen oder Fachkollegen um Rat zu fragen. Curriculare Vorgaben sowie Positionen aus fachwissenschaftli- cher Literatur sollten einem bekannt sein, da diese als normative Handlungsorientierungen fur die eigene Benotungspraxis dienen sollen. Dieses Kapitel soll einen Einblick in die (1) fachdidakti- sche Diskussion uber die Bestandteile der Sportnote geben, gefolgt von (2) einer Analyse des nordrhein-westfalischen Kernlehrplans in Bezug auf mogliche Vorgaben zur Benotung im Sport- unterricht und beinhaltet (3) eine Diskussion zum empirischen Forschungsstand zur Benotungs- praxis deutscher Sportlehrkrafte im Hinblick auf die Wahl und Gewichtung der unterschiedlichen Beurteilungsbereiche.
2.3.1 Fachdidaktische Diskussion zu den Bestandteilen der Sportnote
In der genaueren Betrachtung der verschiedenen Standpunkte in der einschlagigen Fachdidaktik fallt auf, dass es verschiedene Standpunkte im Hinblick darauf gibt, was genau Bestandteil der Sportnote sein sollte und in welchem Umfang diese Bestandteile in die Note einflieBen sollten (Achtergarde, 2007, S. 24). Einen Versuch die verschiedenen Positionen zu ordnen, nimmt Tillmann (2001) vor. Seiner Einschatzung nach lassen sich auf der Grundlage der spezifischen Am- bivalenz des Schulsports (vgl. Kapitel 2.2.3) zwei gegensatzliche und voneinander trennbare fachdidaktischen Positionen wiederfinden. Tillmann unterscheidet diese in Position A und Position B.
Die Vertreterinnen und Vertreter der Position A sehen das Zensieren von Leistungen im Sportun- terricht im Allgemeinen als sinnvoll und notwendig an. Die zentrale Sinnrichtung des Sportunter- richts wird an Begriffen, wie Leistung, Wettkampf und Rekord festgemacht. Die Sportnote soll dabei im Vergleich zu anderen Schulnoten keine Sonderrolle einnehmen und sich vorrangig, in einzelnen Fallen auch ausschlieBlich, an den korperlich-motorischen Leistungen orientieren. Bei der Benotung soll dabei auf moglichst objektive Bewertungsverfahren zuruckgegriffen werden. Ob die sogenannte „Leistungsnote“ noch durch Einbezug des individuellen Lernfortschritts oder des sportlichen und sozialen Verhaltens verbessert werden darf, ist unter den Vertreterinnen und Vertretern der Position A umstritten (Tillmann, 2001, S. 45). Wolfgang Soll, einer der bekanntesten Vertreter dieser Position, lehnt eine solche „padagogische“ Notengebung deutlich ab, weil die Sportnote fur ihn kein „Kompensationsmechanismus fur personliche Defizite" (Soil, 2003, S. 169) sein durfe und die padagogische Sportnote an Objektivitat und Transparenz ein- buBe. Fur ihn ist Leistung im Sportunterricht klar auf die sportmotorische Dimension beschrankt. Nach GroBing (2007, S. 266) bilden die motorischen Leistungen zwar ebenfalls die Grundlage der Ziffernote, allerdings konnten diese „um einen Grad durch Mitarbeit und konstitutionelle Vo- raussetzungen" angehoben oder herabgesetzt werden.
Die Vertreterinnen und Vertreter der Position B erachten, laut Tillmann (2001, S. 45-46), die Zif- fernote im Sportunterricht als sinnlos und uberflussig. Sie befurworten eine padagogische Leis- tungsbewertung und bemuhen sich um entwicklungsfordernde Formen der Fremd- und Selbst- bewertung und sprechen sich gegen einen konkurrenzorientierten, an reinen sportmotorischen Leistungen gemessenen Sportunterricht aus. Es wird sich um eine „padagogisch angemessene Form des Feedbacks" (ebd., S. 45) bemuht, bei dem externe Anspruche der Notengebung, wie etwa die Selektionsfunktion, moglichst weit in den Hintergrund rucken sollen (Miethling, 1997, S. 21). „Die Selektionsaufgabe hat den Stellenwert eines Storfaktors, der padagogische Prozesse erschwert" (Streckeisen et al., 2007, S. 48), so argumentiert die Arbeitsgruppe um Streckeisen und fuhren weiter aus, dass auch die Institution Schule als solche einen Storfaktor darstelle, da der Pflichtcharakter (Schulpflicht) und die ausgeubte burokratische Kontrolle ebenfalls als storend fur die individuelle Entwicklung der Schulerinnen und Schuler zu betrachten seien (ebd., S. 48).
Bei der Betrachtung dieser Gegenuberstellung fallt auf, dass beide Positionen sehr unterschied- liche, wenn nicht sogar gegensatzliche Auffassungen zum Thema Benotung von schulsportlichen Leistungen haben. Wahrend Vertreterinnen und Vertreter der Position A eine moglichst objektive Sportnote fordern (Leistungen sollen moglichst exakt gemessen, anschlieBend an uberregional gultigen Wertetabellen abgeglichen und dann in eine Ziffernote formuliert werden), mochten Ver- treterinnen und Vertreter der Position B mit der padagogischen Notengebung eine moglichst dif- ferenzierte Form der Ruckmeldung ermoglichen und sehen die Ziffernote haufig als unzu- reichende Beurteilungsform an und kritisieren die mangelnde Aussagekraft (Tillmann, 2001, S. 46). Fraglich bleibt allerdings, ob tatsachlich alle Vertreterinnen und Vertreter der padagogischen Notengebung ebenfalls der Auffassung sind, dass die Sportnote sinnlos und uberflussig sei. Miethling (1997, S. 20), welcher sich deutlich fur die padagogische Notengebung ausspricht, for- muliert beispielsweise, dass Sportnoten „MaBnahmen zur Erfullung administrativer Vorgaben [sind], die der Gleichstellung des Sportunterrichts im Facherkanon dienen".
Seit der Analyse von Tillmann (2001) sind nun mehr als zwanzig Jahre vergangen. In dieser Zeit hat sich innerhalb der Sportpadagogik eine deutliche Tendenz hin zu einer mehrperspektivischen8 und somit padagogischen Notengebung herauskristallisiert (vgl. Guardiera (2019); Roth (2019); Stasch (2018); Glosemeyer (2017) & Vonderheit 2017)). Diese etwas vereinfachte Gegenuber- stellung von Tillmann (2001) ist fur diese Arbeit dennoch von Bedeutung, da der Vergleich der zwei Positionen den Wandel von einer eindimensionalen (rein auf die sportmotorische Leistung bezogenen) hin zu einer mehrperspektivisch orientierten Benotungspraxis im Sportunterricht sehr gut veranschaulicht. Die padagogische Notengebung kann dementsprechend als fachwissen- schaftliche Norm formuliert werden, an der Sportlehrkrafte ihre Benotungspraxis ausrichten soll- ten.
2.3.2 Mogliche Beurteilungsbereiche und deren Gewichtung in der Notengebung
Bei der genaueren Betrachtung der verschiedenen Standpunkte in der einschlagigen Sportdidak- tik fallt auf, dass es unterschiedliche Standpunkte im Hinblick darauf gibt, was genau Bestandteil der Sportnote sein sollte und in welchem Umfang diese Bestandteile in die Note einflieBen sollen. Tillmann (2001, S. 46-47) unterscheidet zwischen drei verschiedenen Beurteilungsbereichen in der Notengebung: (1) sportlich-motorische Leistungen, (2) individueller Lernzuwachs, (3) soziales und sportliches Verhalten. Feth9 (2017, S. 15ff) gibt eine aktuellere und deutlich differenziertere Darstellung der moglichen Leistungsdimensionen im Sportunterricht: (1) sportmotorische Leis- tung; (2) individuelle Leistungsvoraussetzungen; (3) Leistungsbereitschaft; (4) individueller Leis- tungsfortschritt; (5) soziales Verhalten; (6) kognitive Dimension; (7) methodische Dimension. Alle dieser sieben Leistungsdimensionen lassen in den Lehrplanen der Bundeslander wiederfinden. Die kognitive und die methodische Dimension sind die zwei neuesten von allen genannten Beur- teilungsbereichen (Feth, 2017, S. 28-29).
2.3.3 Kernlehrplan fur das Gymnasium - Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen
Die Diskussion uber die Vergabe von Sportnoten im vorausgegangenen Kapitel hat gezeigt, dass in der Fachliteratur teilweise Uneinigkeit daruber herrscht, ob und wie im Sportunterricht Noten verteilt werden sollen. Der Kernlehrplan weist im Kapitel „Lernerfolgsuberprufung und Leistungs- bewertung“ zunachst auf die rechtlich verbindlichen Grundsatze der Leistungsbewertung im Schulgesetz (§ 48 SchulG) hin (KLP Nordrhein-Westfalen 2019, S. 38), was unmittelbar die Frage nach dem „ob“ (vgl. Kapitel 2.3.1) fur Sportlehrkrafte an staatlichen Schulen in Deutschland hin- fallig macht.
Zur Frage nach dem „wie“ wird zunachst angefuhrt, dass die Schulerinnen und Schuler regelma- Big Gelegenheiten bekommen sollen, ihre erlangten Kompetenzen in unterschiedlichen, alle Kompetenzbereiche berucksichtigenden und transparenten Lernerfolgsuberprufungen zu de- monstrieren (ebd., S. 38). Die Sportnote soll sich dabei aus Leistungen aus den vier Kompetenz- bereichen und dem Beurteilungsbereich „Sonstige Leistungen im Unterricht" zusammensetzen. Der Kernlehrplan unterscheidet im Fach Sport zwischen vier Kompetenzbereichen: (1) Bewe- gungs- und Wahrnehmungskompetenz, (2) Sachkompetenz, (3) Methodenkompetenz und (4) Ur- teilskompetenz. Die Bewegungs- und Wahrnehmungskompetenz soll dabei Grundlage fur die Entfaltung der Sach-, Methoden- und Urteilskompetenz. Die Bewegungs- und Wahrnehmungs- kompetenz beinhaltet sowohl psycho-physische, technisch-koordinative, taktisch-kognitive und asthetisch-gestalterische Fertigkeiten und Fahigkeiten, wie auch sportliches Handeln im sozialen Kontext und Sach- und Fachwissen zu sportlichen Handlungen (ebd., S.13-14). Die vier genann- ten Kompetenzbereiche werden im Kapitel „Kompetenzerwartungen" fur die ausgewahlten Sport- und Bewegungsfelder noch einmal konkretisiert.
Dem Beurteilungsbereich „Sonstige Leistungen im Unterricht" werden neben dem sportprakti- schen Handeln auch mundliche und schriftliche Beitrage zugeordnet, welche als kognitive Leis- tungen zusammengefasst werden konnen. Zu den mundlichen Beitragen zahlen dabei insbeson- dere Beitrage zum Unterricht in Gesprachs- und Reflexionsphasen (ebd., S.38-39).
Wahrend im vorausgegangenen Kernlehrplan fur die Sekundarstufe I im Fach Sport aus dem Jahr 2011 noch die „Bewegungs- und Wahrnehmungskompetenz" als Basis der Zusammenset- zung der Sportnote akzentuiert wurde (KLP Nordrhein-Westfalen, 2011, S.38), wird im aktuellen Kernlehrplan lediglich darauf hingewiesen, dass alle vier Kompetenzbereiche bei der Leistungs- bewertung angemessen zu berucksichtigen sind (KLP Nordrhein-Westfalen, 2019, S.38). AuBer- dem taucht die „Sachkompetenz", welche darauf abzielt, sportliches Handeln zu verstehen und zu ausgewahlten Problemen sachbezogen Stellung beziehen zu konnen, erst im Kernlehrplan von 2019 auf. Aus diesen Unterschieden, beziehungsweise Erweiterungen, im Kernlehrplan lasst sich eine Tendenz zu mehr Differenzierung der Leistungsdimensionen in der Sportnote erkennen. Die Kompetenzerwartungen sollen von Sportlehrkraften in Aufgabenstellungen umgesetzt und uberprufbar gemacht werden und somit im Sinne der Leistungsbewertung in Schulnoten uberfuhrt werden (ebd., S. 12). Die Kompetenzerwartungen fur den Sportunterricht setzen sich aus den vier Kompetenzbereichen und den Bewegungsfeldern10, kombiniert mit den Inhaltsfeldern11, zu- sammen. Die Inhaltsfelder ergeben sich aus den sechs Padagogischen Perspektiven (vgl. Kapitel 2.2.2) und werden in Inhaltlichen Schwerpunkten noch einmal ausdifferenziert und konkretisiert. Daraus ergeben sich vielfaltige Moglichkeiten der Lernerfolgsuberprufung und somit der Leis- tungsbewertung. Die Beurteilungskriterien und deren Gewichtung mussen demzufolge von der Sportlehrkraft so gewahlt werden, dass diese im engen Zusammenhang mit den jeweiligen Zielen und Inhalten des Sportunterrichts stehen (Neuber, 2019, S. 52-53).
Nach welchen Beurteilungskriterien Sportlehrkrafte benoten sollen und wie eine mogliche Ge- wichtung dieser Kriterien im Einzelnen aussehen soll, geht aus dem nordrhein-westfalischen Lehrplan nicht hervor12. Daraus lasst sich ein groBer Handlungsspielraum fur Sportlehrkrafte ab- leiten, was wiederum mit einem hohen MaB an Eigenverantwortlichkeit auf Seiten der Lehrkrafte einhergeht. Allerdings wird besonders bei der genaueren Betrachtung der Kompetenzbereiche und Inhaltsfelder deutlich, dass eine Notengebung nach den Vorstellungen der Gruppe A (vgl. Kapitel 2.3.1) mit dem Kernlehrplan nicht vereinbar ist. Demzufolge sind Lehrkrafte angehalten padagogische und somit leistungsdifferenzierte Sportnoten zu vergeben.
2.4 Vergleich von zwei empirischen Studien zur Benotungspraxis von Sportlehkraf- ten
„Wie eine Zensur im Fach Sport zustande kommt, ist schwierig aufzuklaren“ (Scherler, 2000, S. 180). Diese Aussage lasst sich sicherlich auch auf andere Schulfacher beziehen, da sich Noten zunachst in den Kopfen der Lehrkrafte zusammenfinden, bevor sie auf dem Zeugnis erscheinen. Allerdings sind die Bewertungsbereiche im Sportunterricht sehr vielzahlig, ihre genaue Gewich- tung haufig unklar und daher noch schwieriger nachzuvollziehen.
Dieser Herausforderung nimmt sich Feth (2017) allerdings an und untersucht in einer qualitativ angelegten Interviewstudie die Benotungspraxis von Sportlehrkraften. Fur die Datenerhebung wurden narrative und leitfaden-gestutzte Interviews, mit insgesamt 44 Sportlehrkraften aus Hessen (28 Lehrkrafte) und Nordrhein-Westfalen (16 Lehrkrafte), durchgefuhrt (N=44). Die Lehr- krafte, von denen 18 Lehrerinnen und 26 Lehrer sind, unterrichten an unterschiedlichen Schul- formen (Gymnasien, Gesamt- und Realschulen) (ebd., S. 78). Feth betont allerdings, dass sie sich bei der Auswertung der Interviews vorrangig auf die Benotungspraxis der Lehrkrafte in der Sekundarstufe I fokussiert und Interviewsequenzen der Sekundarstufe II im Analyseprozess eine weniger bedeutende Rolle gespielt hatten (ebd., S.78).
Die DSB-Sprint Studie (2006) ist ein ausfuhrlicher Bericht zur Situation des Schulsports in Deutschland, der im Auftrag der Deutschen Sportjugend (dsj) als Mitglied des Deutschen Sportbundes (DSB) entstanden ist. Im Kapitel „Der Sportunterricht in der Wahrnehmung der Leh- rer“ wird unter anderem die Benotungspraxis von Lehrkraften hinsichtlich der Bedeutung mogli- cher Beurteilungsbereiche untersucht. Bei der Befragung von Lehrkraften (N=1101) aus ganz Deutschland kam die quantitativ angelegte Studie zu dem Ergebnis, dass Sportlehrkrafte, im Sinne einer padagogischen Notengebung, ihre Schulerinnen und Schuler nach differenzierten Leistungsdimensionen benoten wurden. Viele Lehrkrafte gaben sogar an, padagogische Aspekte, wie Mitarbeit im Unterricht, Sozialverhalten und den individuellen Leistungsfortschritt bei der Be- notung starker zu gewichten als die sportmotorische Leistung (DSB, 2006, S.167).
Die qualitative Interviewstudie von Feth (2017, S. 150) kam zu einem anderen Ergebnis: Lehr- krafte greifen bei der Bewertung von Schulerleistungen uberwiegend auf moglichst objektive Messverfahren der sportmotorischen Leistung zuruck, um zu einer Note zu kommen. Die Diskre- panz zwischen den Ergebnissen der quantitativen DSB-Sprint Studie (2006) und den Ergebnis- sen der Analyse der Interviews von Feth (2017) ist deutlich. Feth diskutiert die Diskrepanz dieser beiden Studienergebnisse in ihrer Dissertation und kommt zu dem Schluss, dass sich Lehrkrafte zwar vornehmen wurden, differenziert und nach padagogischen Zielsetzungen zu benoten, diese allerdings aufgrund einer moglichst objektiven Notengebung nicht umsetzen und daher haupt- sachlich auf den Beurteilungsbereich der sportmotorischen Leistung in der Benotungspraxis zu- ruckgreifen (ebd., S. 150-151). Diese Diskrepanz lasst sich nach Feth vor allem durch die unter- schiedliche Methodik13 der beiden empirischen Studien erklaren (ebd., S. 155).
Es konnte allerdings ebenso gezeigt werden, dass Lehrkrafte von der padagogischen Notengebung Gebrauch machen, um Leistungsdefizite sportschwacherer Schulerinnen und Schuler im sportmotorischen Bereich auszugleichen, beziehungsweise die Note dadurch anzuheben. Prob- leme mit der Chancenungleichheit (vgl. Kapitel 2.2.3) werden vornehmlich dadurch gelost, dass die sportmotorische Leistung bei leistungsschwacheren Schulerinnen und Schulern schwacher ins Gewicht fallt als bei den Leistungsstarkeren. Lehrkrafte folgen somit dem Vorschlag von Gro- Bing (2007), die sportmotorische Leistung als Grundlage zur Benotung im Sportunterricht zu ma- nifestieren und sich die Moglichkeit offen zu halten, diese „um einen Grad durch Mitarbeit und konstitutionelle Voraussetzungen“ (ebd., S. 266) aufwerten zu konnen.
Nach Feth (2017, S. 129) diskutieren viele Lehrkrafte haufiger uber Sportnoten, als uber Noten in ihrem zweiten Unterrichtsfach, was darauf zuruckfuhren sei, dass die Schulerinnen und Schuler uber den Beurteilungsspielraum der Lehrkrafte Bescheid wussten.
2.5 Zwischenfazit
Die Analyse der fachdidaktischen Diskussion rund um die Bestandteile der Sportnote offenbart Uneinigkeit der Autoren und Autorinnen in Bezug auf die Wahl und Gewichtung der verschiede- nen Beurteilungsbereiche in der Sportnote. Es ist allerdings ein deutlicher Wandel uber die ver- gangenen Jahrzehnte zu erkennen. Wahrend Autoren wie Wolfgang Soll (2003) die Sportnote noch als reine Leistungsnote (im Sinne der sportmotorischen Leistung) interpretierten, zeigen neuere Publikationen deutlich in Richtung padagogischer und leistungsdifferenzierter Notengebung. Aus der Analyse des Kernlehrplans geht diese Herangehensweise der Leistungsbewertung ebenfalls hervor.
Wie die genauen Bezeichnungen der Beurteilungsbereiche aussieht oder wie viele Beurteilungs- bereiche es insgesamt gibt lasst sich nicht konkret festlegen, da eindeutige Festlegungen, in der Fachliteratur, diesbezuglich fehlen. Aus der Analyse des Kernlehrplans lasst sich allerdings ab- leiten, dass es gewisse Beurteilungsbereiche gibt, die unbedingt Teil der Sportnote sein sollten. Diese lassen sich, abgeleitet aus den Kompetenzerwartungen, zu folgenden Uberkategorien zu- sammenfassen: (1) Sozialverhalten, (2) sportmotorische Leistungen und (3) kognitive Leistungen. Der individuelle Leistungsfortschritt sowie die Leistungsbereitschaft (welcher haufig im Zusam- menhing mit der sportmotorischen Leistung angesprochen wird, sich aber auf jede der drei Uber- kategorien beziehen kann) kommen, neben den drei angefuhrten Beurteilungsbereichen, in der Fachliteratur am haufigsten vor und sin daher ebenfalls als Bestandteil einer padagogischen Notengebung zu betrachten.
Bei der Gewichtung der unterschiedlichen Beurteilungsbereiche gibt es in der Fachliteratur ver- schiedene Meinungen und auch der Kernlehrplan formuliert keine klare Vorgabe diesbezuglich. Die Gewichtung der Beurteilungsbereiche im Sportunterricht sollte nach Roth (2019, S. 44) von der Fachkonferenz jeder Schule festgelegt werden. Die Gewichtung der Beurteilungsbereiche kann und soll sich zusatzlich am jeweiligen Unterrichtsvorhaben (dem gewahlten Inhalts- und Bewegungsfeld und den gewahlten Kompetenzbereichen) orientieren und dementsprechend an die jeweiligen Unterrichtsinhalte angepasst werden (Neuber, 2019, S. 52-53).
Zusammengefasst lasst sich sagen, dass die Wahl und Gewichtung der Beurteilungsbereiche schlussendlich von den Inhalten des Unterrichtsvorhabens abhangt und von der jeweiligen Sportlehrkraft unter Berucksichtigung der Vorgaben des Kernlehrplans und des schulinternen Curriculums festzulegen sind. (Dohring & Gissel, 2011, S. 17).
Der Vergleich der Ergebnisse der DSB-Studie (2006) und der Interviewstudie von Feth (2017) hat gezeigt, dass sich Sportlehrkrafte zwar zu einer padagogischen Notengebung verpflichtet fuhlen, diese aber nicht immer konsequent umsetzten. Der Grund dafur ist, dass Sportlehrkraften die Legitimation ihrer Note leichter fallt, wenn diese nach moglichst objektiven Standards ermittelt wurde. Beurteilungsbereiche wie das Sozialverhalten oder der individuelle Leistungsfortschritt gelten als weniger objektiv als Messungen der sportmotorischen Leistung. Akzeptanz der eigenen Notengebung und die Vermeidung von Konflikten mit Schulerinnen und Schulern sind in den Aus- arbeitungen von Feth (2016, S. 163) als zentrale Handlungsmotive bei der Benotungspraxis der befragten Sportlehrkrafte auszumachen.
Wie Sportlehrkrafte Legitimation der eigenen Notengebung herstellen und die Akzeptanz der ei- genen Benotungspraxis, auf Seiten der Lernenden, erhohen konnen, ohne dabei die Ausrichtung einer padagogischen und leistungsdifferenzierten Notengebung zu vernachlassigen, soll Gegen- stand des zweiten Theorieteils dieser Arbeit sein.
3. Theorie Teil 2: Herstellung von Transparenz der Notengebung im Sport- unterricht
Im ersten Theorieteil konnte gezeigt werden, dass Sportlehrkrafte bei der Wahl und Gewichtung der Beurteilungsbereiche, nach denen sie ihre Schulerinnen und Schuler im Fach Sport benoten, teilweise groBen individuellen Handlungsspielraum genieBen. Den groBeren individuellen Hand- lungsspielraum haben Sportlehrkrafte bei der Gewichtung, da die Beurteilungsbereiche, zumin- dest im groBeren MaBstab, durch den Kernlehrplan vorgegeben werden, die Gewichtung hingegen nicht. Die Herstellung von Transparenz der Notengebung im Sportunterricht ist dabei als rechtliche Verpflichtung im Kernlehrplan klar formuliert (vgl. Kapitel 2.3.3).
Da die jeweilige Sportlehrkraft fur die Planung und Durchfuhrung des Sportunterrichts selbst ver- antwortlich ist, bestimmt sie auch nach welchen Kriterien sich die Sportnote zusammensetzt. Demzufolge bestimmt jede Lehrkraft fur den eigenen Sportunterricht nach welchen Beurteilungs- kriterien jede einzelne Lerngruppe benotet werden soll. Dabei kann die Benotungspraxis von Sportlehrkraft zu Sportlehrkraft und von Unterrichtsvorhaben zu Unterrichtsvorhaben sehr unter- schiedlich ausfallen. Damit Schulerinnen und Schuler wissen, worauf sie sich bei der Notengebung ihrer Sportlehrkraft einstellen mussen, ist es ganz entscheidend, dass die Beurteilungsbe- reiche und deren Gewichtung fur die Lernenden transparent gemacht werden. Warum die Her- stellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht eine zentrale Rolle im Lehr- und Lernprozess einnimmt und wie Sportlehrkrafte Transparenz der eigenen Notengebung her- stellen konnen, soll Gegenstand dieses zweiten Theorieteils sein.
3.1 Begriffsbestimmung: Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht
Moegling und Schude (2016, S.11) definieren Transparenz allgemein als „Durchsichtigkeit“ oder „Durchschaubarkeit“ von Strukturen und Prozessen. Strukturen und Prozesse sind dann als transparent zu bezeichnen, wenn diese sowohl von auBen wie auch von innen eingesehen und hinsichtlich ihrer Ziele, Ablaufe und Strukturprinzipien durchschaut werden konnen.
Transparenz als Element padagogischen Handelns besteht aus zwei Komponenten, namlich der Transparenzbereitschaft (definiert als Handlungstendenz, transparentes Handeln umzusetzen) und dem transparenten Lehrerhandeln (Thies et al., 2016, S. 105).
Im Rahmen dieser Arbeit soll der Fokus auf der Transparenzbereitschaft sowie dem transparen- ten Handeln von Sportlehrkraften, in Bezug auf die Herstellung von Transparenz bei der sportun- terrichtlichen Notengebung, liegen.
3.2 Aspekte von Transparenz im Unterricht
Dieses Kapitel soll Aufschluss daruber geben warum Transparenz im Unterricht relevant ist und offenlegen, dass eine hohe Transparenzbereitschaft sowie transparentes Handeln, auf Seiten der Lehrkrafte, positiven Einfluss auf die Personlichkeitsentwicklung und den Lernerfolg von Schule- rinnen und Schulern haben.
3.2.1 Demokratisierung und Mundigkeit
Eine zentrale Aufgabe von Schule ist es Schulerinnen und Schuler zur Teilnahme am offentlichen Leben zu befahigen. Wird die Institution Schule diesem Anspruch gerecht, dann leistet sie fur die Demokratiefahigkeit junger Menschen sowie fur den Erhalt und die Weiterentwicklung der demo- kratischen Kultur und des demokratischen Wertsystems einen entscheidenden Beitrag (GPJE14, 2004, S. 9).
Ein Bildungsideal der Demokratieerziehung ist es mundige Burgerinnen und Burger hervorzubrin- gen. Mundigkeit beschreibt, dass Menschen die Bereitschaft und die Fahigkeit zu selbststandi- gem Denken und eigenverantwortlichen Handeln besitzen (Maitzen, 2016, S. 192). Damit sich Schulerrinnen und Schuler wahrend der Schulzeit zu mundigen Burgerinnen und Burgern entwi- ckeln konnen, muss sich die Institution Schule klar und deutlich von autoritar strukturierten Bil- dungssystemen unterscheiden (Moegeling & Schude, 2016, S.17). Dies gilt insbesondere fur den Unterrichtsstil von Lehrkraften. Diese sollten nicht das unausgeglichene Machtverhaltnis zwi- schen ihnen und den Schulerinnen und Schulern in dem Vordergrund stellen, sondern stattdes- sen, durch Einbezug der Lernenden in Entscheidungsprozesse, Offentlichkeit herstellen (Zabrowski et al., 2011, S. 83). Transparenz kann im schulischen Kontext als Instrument zur Her- stellung von Offentlichkeit verstanden werden. Somit stehen Transparenz und Offentlichkeit in einem sich gegenseitig bedingenden, wechselseitigen Abhangigkeitsverhaltnis (Maitzen, 2016, S. 193; Zabrowski et al., 2011, S. 83).
Ein zentrales Grundprinzip der Demokratiepadagogik ist, dass Schulerinnen und Schuler neues Wissen nicht uber Belehrungen, sondern uber eigene Erfahrungen gewinnen (Neuber, 2019, S. 53). Im Rahmen des allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule, formuliert in den facherubergreifenden Querschnittsaufgaben des Kernlehrplans, sollen politische Bildung und De- mokratieerziehung Inhalt des Sportunterrichts sein (KLP Nordrhein-Westfalen, 2019, S. 9). Der Sportunterricht bietet in diesem Zusammenhang viele Moglichkeiten, denn er ist erfahrungsori- entiert und interaktiv, verfugt uber viele Entscheidungssituationen und -methoden und ist dadurch demokratiepadagogisch ausgesprochen interessant (Neuber, 2019, S. 52f). Lehrpersonen sollen dabei Vorbilder sein und Lerngelegenheiten schaffen in denen Schulerinnen und Schuler diese Erfahrungen sammeln konnen. Elementar wichtig ist, dass gesammelte Erfahrungen uber Parti- zipation, Kooperation, Ungerechtigkeit, Fairness und Eigenverantwortlichkeit reflektiert werden (ebd., S.53f). Nach Brautigam (2009, S. 163) kann Sportunterricht, der Selbstandigkeit und Ei- genverantwortlichkeit der Schulerinnen und Schuler fordern will, nur dann gelingen, wenn dieser den Lernenden die Chance gibt, sich an der Unterrichtsgestaltung aktiv zu beteiligen. Als Hinder- nisse des Demokratisierungsprozesses in der Schule spricht Neuber (2019, S. 53) zum einen den Pflichtcharakter der Schule und zum anderen das hierarchische Machtverhaltnis zwischen den Lernenden und den Lehrpersonen in Verbindung mit der Selektionsfunktion der Schulnoten an.
3.2.2 Transparenz im Lehr-Lernprozess
Die Vergabe von Schulnoten stellt im Lehr- Lernprozess meist den Abschluss einer Lernphase dar und soll die Lernleistung der Schulerinnen und Schuler in Form einer Ziffernote bilanzieren (Maitzen, 2016, S. 211). Um zu untersuchen, wie diese Bilanzierung der Lernleistung transparent an Schulerinnen und Schuler vermittelt werden kann, ist es zunachst wichtig hervorzuheben, dass die Vergabe von Schulnoten als Prozess zu bereifen ist (Glosemeyer, 2017, S. 61).
Transparente Leistungserwartungen sollen dabei den Ausgangspunkt im Lernprozess von Schu- lerinnen und Schulern bilden (Maitzen, 2016, S. 197). Hilbert Meyer (2017, S. 113) fuhrt den Aspekt „Transparente Leistungserwartungen" als eines seiner zehn Merkmale guten Unterrichts auf. Da Leistungserwartungen sowohl leistungsstarkeren wie auch leistungsschwacheren Schu- lerinnen und Schulern einen Lernanreiz (und somit ein Lernziel) bieten, sollten Lehrpersonen be- sonders bemuht sein ihre Leistungserwartungen klar und deutlich zu formulieren (ebd., S.113). Nach Hilbert Meyer besteht die Transparenz der Leistungserwartungen darin,
„(1) den Schulern ein an den gultigen Richtlinien oder an Bildungsstandards ausgerichtetes und ihrem Leistungsvermogen angepasstes Lernangebot zu machen, (2) dieses Angebot verstandlich zu kommu- nizieren und zum Gegenstand eines Arbeitsbundnisses zu machen und (3) ihnen nach formellen und informellen Leistungskontrollen zugig Ruckmeldungen zum Lernfortschritt zu geben" (ebd., S.114).
Meyer (ebd., S. 114) betont, dass die klare Formulierung von Leistungserwartungen Teil des Ar- beitsbundnisses zwischen Lehrenden und Lernenden ist. Dabei sollten die Lernziele einer Lern- gruppe an dessen Lernstand angepasst und die Lehrziele transparent gemacht werden. Die Interessen und Wunsche von Schulerinnen und Schuler sollen bei der Lernzielbildung hinzugezo- gen werden, damit aus Lehrzielen und Lernzielen ein gemeinsames Lernkonzept entstehen kann, welches fur beide Seiten nachvollziehbar und gewinnbringend erscheint (Maitzen, 2016, S. 193194). So formuliert auch John Hattie et al. (2013, S. 31), dass es bei der Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen besonders darauf ankommt, dass „je mehr die Lernenden zur Lehrperson werden und je mehr die Lehrperson zum bzw. zur Lernenden wird, desto ertragreicher sind die Outcomes“.
3.2.3 Klassenklima, Vertrauen und Lernerfolg
Die Personlichkeitsforderung und die individuelle Entwicklung der Schulerinnen und Schuler steht bei einer padagogischen Notengebung (vgl. Kapitel 2.3.1) im Vordergrund und kann nur dann erfolgreich stattfinden, wenn Schulerinnen und Schuler sich wohlfuhlen (Bohl, 2004, S. 27).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Klassenklima (LISUM , 2011, S. 71)
Dies wiederum setzt eine vertrauensvolle Beziehungsstruktur und ein lernforderliches Klima vo- raus (Meyer, 2017, S.47). Die Abbildung 2 fasst wesentliche Merkmal, welche fur ein gutes Klas- senklima relevant sind, sowie die positiven Effekte eines guten Klassenklimas zusammen. In Be- zug auf die Merkmale eines guten Klassenklimas ist anzufuhren, dass im Hinblick auf die Her- stellung von Transparenz im Lernprozess vor allem die Lehrer-Schuler Beziehung und die Merk- male des Unterrichts entscheidend sind. Fur den Bereich des Unterrichts wurde deutlich gemacht, wie entscheidend die Mitbestimmung sowie die Ubernahme von Verantwortungsbereichen von Schulerinnen und Schulern im unterrichtlichen Lernprozess ist (vgl. Kapitel 3.2.1). In Bezug auf die Lehrer-Schuler Beziehung wurde in diesem Zusammenhang ebenfalls die Notwendigkeit eines demokratischen Fuhrungsstils thematisiert. Fursorglichkeit und Wertschatzung seitens der Lehrkraft sowie ein demokratischer Fuhrungsstil sind Grundvoraussetzungen dafur, dass Schu- lerinnen und Schuler sich trauen Verantwortung zu ubernehmen und motiviert sind den Unterricht mitzugestalten (Bohl, 2004, S. 46).
Die Herstellung von Transparenz bei der Notengebung ist dabei ein wichtiger Bestandteil fur Ver- trauensaufbau in der Lehrer-Schuler Beziehung (Moegeling & Schude, 2016, S. 11). Fehlende Transparenz kann den Lernenden nicht nur die Orientierung im Lern- und Leistungsprozess er- schweren, sondern auch zu Verunsicherung und Stress fuhren (Zabrowski et al., 2011, S. 317). Positive Effekte eines guten Klassenklimas, wie Interesse, Mitarbeit oder die Zufriedenheit mit der Schule werden durch fehlende Transparenz und dem damit einhergehenden Vertrauensver- lust vermindert und fuhren dementsprechend zu einem schlechteren Klassenklima, welches wie- derum einen negativen Effekt auf den Lernerfolg der Schulerinnen und Schuler hat (Meyer, 2017, S. 49; LISUM, 2011, S. 71).
Hinsichtlich der Herstellung von Transparenz bei der Notengebung ist zu erwahnen, dass eine intransparente Notengebung verhindert, dass die Schulerinnen und Schuler Selbstwirksamkeits- erlebnisse im Lern- und Leistungsprozess erfahren (Jurowski, 2016, S.72). Selbstwirksamkeit er- leben Lernende nur dann, wenn diese sich ein Lern- oder Leistungsziel setzen und mittels ihrer eigenen Fahigkeiten und Anstrengungen dieses Ziel schlussendlich erreichen. Wenn Lehrkrafte Bewertungskriterien nicht klar und deutlich an ihre Lerngruppe kommunizieren, konnen sich Schulerinnen und Schuler auch nicht daran orientieren. Konkret bedeutet dies, dass Lernende gar nicht erst auf auf ein Lern- oder Leistungsziel hinarbeiten konnen, da sie im Zweifel gar nicht wissen, in welchen Bereichen sie sich steigern mussen, um eine bessere Note zu erhalten (ebd. S. 72).
3.2.4 Transparenz der Bezugsnormorientierung im Benotungsprozess
Das Spannungsfeld zwischen Fordern und Selegieren sowie der damit verbundene Umgang mit unterschiedlichen korperlichen Leistungsvoraussetzungen der Lernenden sind zwei groBe Her- ausforderungen in der sportunterrichtlichen Notengebung (vgl. Kapitel 2.2.3). In diesem Kapitel soll es in diesem Zusammenhang um die Bezugsnormorientierung im Bewertungsprozess gehen. Dieses Kapitel soll dazu dienen die Bezugsnormorientierung von Lehrkraften einmal kritisch zu betrachten und zu verdeutlichen, warum es wichtig ist, dass Lehrkrafte die gewahlten Bezugs- normen transparent an ihre Schulerinnen und Schuler kommunizieren.
Bezugsnormorientierung beschreibt, welche Art Bezugsnorm (individuell, sozial oder sachlich), eine Lehrkraft bei der Bewertung einer Aufgabe oder eines Lernproduktes akzentuiert (Hapke, 2016, 252).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 Beurteilungsnormen (Grunder et al., 2010, S. 304)
Abbildung 3 veranschaulicht die unterschiedlichen Bezugsnormen und stellt den Zusammenhang zu BezugsgroBen, der Aussagekraft und moglichen Beurteilungsformen her. Die lernzielorien- tierte Bezugsnorm beschreibt, dass einzelne Schulerinnen und Schuler an den vorab getroffenen Lern- und Leistungszielen gemessen werden (Bohl, 2004, S. 63). Die individuelle Bezugsnorm beschreibt den individuellen Leistungsfortschritt eines Schulers oder einer Schulerin. Der Ver- gleichsmaBstab ist dabei die vorherige Leistung des Einzelnen (ebd., S. 63). Die soziale Bezugs- norm vergleicht die Leistung eines Schulers oder einer Schulerin mit den Leistungen der anderen Lernenden innerhalb einer Klasse. Es ist ebenfalls moglich, dass die soziale Bezugsnorm zum Leistungsvergleich von Schulerinnen und Schulern zwischen unterschiedlichen Klassen (in der Regel innerhalb einer Jahrgangsstufe) eingesetzt wird (ebd., S. 63). Bei einer Literaturanalyse zum Thema Bezugsnormorientierung fallt auf, dass eine Kombination von sachlicher und indivi- dueller Bezugsnormorientierung vorgeschlagen wird, da dies die transparenteste Form der Be- wertung darstelle (Bohl, 2004, S. 65; Moegeling & Schude, 2016, S. 24; Jurowski, 2016, S. 70; Zabrowski et al., 2011, S. 157). Die soziale Bezugsnorm wird von Lehrkraften, laut Zabrowski et al. (2011, S. 18), zwar am haufigsten zur Bewertung hinzugezogen, liefere allerdings keine ob- jektive Aussage uber den tatsachlichen Leistungsstand eines oder einer Lernenden. Die soziale Bezugsnorm steht unter dem Verdacht ungerecht zu sein, da die Leistungen des Einzelnen an den Leistungen der anderen Schulerinnen und Schuler in einer Klasse oder einem Jahrgang ge- messen werden (Jurowski, 2016, S.70).
Zu einer transparenten Notengebung gehort, dass Schulerinnen und Schuler wissen nach wel- cher Bezugsnorm eine Leistung bewertet wird, damit die Lernenden die Moglichkeit zur Steue- rung ihres Arbeits- und Lernverhaltens haben (Hapke, 2016, S.253; Jurkowski, 2016, S. 70). Meyer (2017, S. 115) erganzt, dass Lehrkrafte mit ihren Lernenden daruber sprechen sollten, warum fur eine Leistung eine bestimmte Bezugsnorm akzentuiert wird und welche Kompromisse dabei eingegangen werden. Moegeling und Schude (2016, S. 22) sprechen in diesem Zusammenhang von der „Bewusstseinsschaffung fur die eigene Bezugsnormorientierung". Bohl (2004, S. 65) betont, dass Schulerinnen und Schuler die Mechanismen hinter den unterschiedli- chen Bezugsnormen problemlos verstehen wurden, vorausgesetzt diese werden ihnen gut ver- anschaulicht dargeboten. Um dieser Forderung nachzukommen, bietet sich beispielsweise die Abbildung 3 an, anhand derer die unterschiedlichen Bezugsnormen mit den Lernenden bespro- chen werden konnten.
Im Sportunterricht ist die Kommunikation der individuellen Bezugsnormorientierung von beson- derer Bedeutung, da, wie zu Beginn dieses Kapitels angesprochen, die unterschiedlichen korper- lichen Voraussetzungen der Schulerinnen und Schuler in besonderem MaBe Einfluss auf die Leistungsfahigkeit haben. Beispielsweise bei Lernenden mit einem Forderschwerpunkt konnen Sportlehrkrafte, als kompensatorische MaBnahme, die individuelle Bezugsnorm starker akzentu- ieren als bei anderen Schulerinnen und Schulern der gleichen Lerngruppe. Im Sinne eines inklu- siven Sportunterrichts ist die Herstellung von Transparenz der Bezugsnormorientierung daher im besonderen MaBe entscheidend, damit das soziale Lernen gefordert und Erfolgserlebnisse fur alle Schulerinnen und Schuler ermoglicht werden konnen (Fediuk, 2008, S. 50).
3.3 Herstellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht
Dieses Kapitel soll einen Uberblick daruber geben, wie Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht hergestellt werden kann. Teil der angesprochenen Eigenverantwortung von Lehr- kraften ist es die Beurteilungsbereiche und deren Gewichtung so zu wahlen, dass die betreffen- den Lerngruppen, sowie Schulerinnen und Schuler im Einzelnen, bestmoglich gefordert und ge- fordert werden (Dohring & Gissel, 2012, S. 12; Meyer, 2017, S. 118). Damit dies allerdings tat- sachlich umgesetzt werden kann, ist es ebenfalls Teil dieser Verantwortung von Lehrkraften, dass die Bewertungskriterien und deren Gewichtung klar und deutlich an die Schulerinnen und Schuler kommuniziert, das heiBt transparent gemacht werden (Smit, 2009, S. 37ff).
Dabei haben Sportlehrkrafte verschiedene Moglichkeiten, um ihre Notengebung fur ihre Schule- rinnen und Schuler transparent zu machen. Diese werden im Kapitel „Instrumente zur Herstellung von Transparenz" aufgefuhrt und orientieren sich an den Ausfuhrungen von Christoph Maitzen (2016), welcher ein Handlungsgerust fur die Gestaltung von kompetenzorientierten Lehr-Lernpro- zessen, ubergreifend fur alle Schulfacher, konzipiert hat.
Im Prozessmodell ist ein besonderer Fokus auf der Beziehung zwischen Lehrpersonen und Ler- nenden gesetzt, die nach Maitzen (2016, S. 192) am besten funktioniert, wenn zwischen Lehren- den und Lernenden ein Dialog stattfindet, der durch aufrichtige und wechselseitige Wahrnehmung ein lernforderliches Arbeitsklima schafft (vgl. Kapitel 3.2.3). Fur den Sportunterricht formulieren Dohring & Gissel (2011, S. 12), dass dieser so gestaltet werden soll, dass die Lernenden diesen „als Prozess erleben, in dem Probleme behandelt werden, fur den sie mitverantwortlich sind und bei dem sie genau wissen, was, mit welchen Konsequenzen, von ihnen verlangt wird“. Dem kann noch hinzugefugt werden, dass Lernenden auch transparent gemacht werden soll, wann (zu wel- chen Zeitpunkten im Schuljahr) gewisse Leistungen von ihnen erwartet und schlieBlich, bei Leis- tungskontrollen, benotet werden (Jurkowski, 2016, S. 68). Diese Vorgaben sollten den Schulerin- nen und Schulern immer zu Beginn eines neuen Unterrichtsvorhabens transparent gemacht wer- den (Dohring & Gissel, 2011, S. 19). Meyer (2017, S. 118) erganzt zudem, dass es ebenso wichtig ist Situationen im Unterricht, die nicht zensurrelevant sind als solche klar und deutlich zu kommu- nizieren, um den Leistungsdruck auf Seiten der Lernenden zu reduzieren.
3.3.1 Das Prozessmodell nach Maitzen (2016)
Das Modell „Auf dem Weg zum kompetenzorientierten Unterricht - Lehr- und Lernprozesse ge- stalten“ von Maitzen (2016) beschreibt einen Lehr-Lernzyklus mit funf Handlungsfeldern und stellt beispielhaft Instrumente zur Umsetzung vor. Das Thema Transparenz spielt in seinem Prozess- modell eine zentrale Rolle und kann mit Hilfe der prazisen Handlungsanleitungen sowie den Aus- fuhrungen von Dohring und Gissel (2011) gut auf die sportunterrichtliche Praxis ubertragen wer- den.
In diesem Kapitel sollen die Transparenzaspekte aus dem Prozessmodell nach Maitzen im Rah- men der prozessorientierten Handlungsfelder in Verbindung mit relevanten Aspekten zur Herstel- lung von Transparenz in der sportunterrichtlichen Notengebung gebracht werden.
Die funf Handlungsfelder nach Maitzen sind: (1) Lernen vorbereiten und initiieren, (2) Lernwege eroffnen und gestalten, (3) Orientierung geben und erhalten, (4) Kompetenzen starken und er- weitern, (5) Lernen bilanzieren und reflektieren (Maitzen, 2016, S. 196). In den folgenden Kapiteln sollen drei der funf Handlungsfelder genauer beleuchtet und in Zusammenhang mit der sportun- terrichtlichen Benotungspraxis gebracht werden. Die Handlungsfelder (2) Lernwege eroffnen und gestalten und (4) Kompetenzen starken und erweitern werden nicht weiter erlautert, da der Bezug zum Thema Herstellung von Transparenz bei der Notengebung im Sportunterricht innerhalb die- ser beiden Handlungsfelder nicht sinnvoll hergestellt werden kann und somit inhaltliche Aus- schweifungen in dieser Arbeit vermieden werden konnen.
3.3.1.1 Lernen vorbereiten und initiieren
Damit Lernen im kompetenzorientierten15 Unterricht funktionieren kann, mussen die Kompeten- zen zu Beginn einer Unterrichtseinheit in Teilkompetenzen zerlegt und fur die Schulerinnen und Schuler, zum Beispiel als Kompetenzraster, veranschaulicht gemacht werden (Maitzen, 2016, S. 197). Dabei sollen Lehrkrafte die Lehr- und Lernziele (Inhalte, Themen, Kompetenzen) und das unterrichtliche Vorgehen (Prozess, Methode, inhaltliche Struktur) transparent aus den Lehrplanen (Kernlehrplan in Nordrhein-Westfalen und dem jeweiligen schulinternen Lehrplan) ableiten und veranschaulichen. AuBerdem sollen Freiraume fur individuelle Lernziele einzelner Schulerinnen und Schuler von der Lehrkraft ermoglicht und aufgezeigt werden. Ebenso wichtig ist es den ak- tuellen Konnens- und Wissensstand der Lerngruppe offenzulegen und somit hervorzuheben, aus welcher Lernausgangslage die Unterrichtsgestaltung erfolgt (ebd., S. 198). Fur den Sportunter- richt ist hier noch anzufugen, dass zusatzlich zu den Voraussetzungen der Lerngruppe, die insti- tutionellen Rahmenbedingungen (z.B. Sportanlagen, Materialausstattung) eine entscheidende Rolle bei der Unterrichtsvorbereitung spielen (Scheid, 2017, S. 115; Doring & Gissel, 2011, S. 30). Um Freiraume fur Eigenstandigkeit und personliche Ziele im Sinne der angesprochenen de- mokratischen Partizipation (vgl. Kapitel 3.2.1) zu eroffnen, sollen Schulerinnen und Schulern die Moglichkeit gegeben werden eigene Lernziele und Ideen fur den Unterricht zu formulieren (Mait- zen, 2016, S.199). Planungsbeteiligung der Schulerinnen und Schuler ist nach Meyer (2017, S. 70) ein effektives Mittel, damit sich die Lernenden ernst genommen fuhlen, sie Verantwortung fur ihren eigenen Lernprozess ubernehmen konnen und somit zur Metakognition angeregt werden. Der Einbezug der Schulerinnen und Schuler soll allerdings Glosemeyer (2017, S. 61) zufolge nicht bei der Planung von Unterrichtsinhalten im Sportunterricht enden, sondern ebenfalls Bewer- tungskriterien (sowohl prozessorientiert wie auch punktuell) miteinschlieBen. Glosemeyer (ebd., S. 61) formuliert auBerdem, dass Prufungsbedingungen, Anforderungen, Gutekriterien und Be- zugsnormen mit Schulerinnen und Schulern gemeinsam verhandelt, schriftlich16 festgehalten und zur verbindlichen Grundlage fur die Notengebung gemacht werden sollen. Benotungskonzepte konnten dabei innerhalb der Lerngruppe variieren und nebeneinander eingesetzt werden, wodurch dann verschiedene Perspektiven auf den gleichen Gegenstand moglich gemacht wer- den. Am Ende einer Unterrichtsreihe konnten die aufgestellten Benotungskonzepte dann gemein- sam mit den Schulerinnen und Schulern reflektiert und verbessert werden (ebd., S. 61).
3.3.1.2 Orientierung geben und erhalten
„Ruckmeldungen und Feedback sollten feste systematische und ritualisierte Bestandteile des Un- terrichts werden und bereits im laufenden Lernprozess erfolgen" (Maitzen, 2016, S. 203). Die Einschatzung des Leistungsstandes eines Schulers oder einer Schulerin (Lehrer-Feedback) soll regelmaBig, differenziert und zugig erfolgen und sich an den transparent abgeleiteten Kompe- tenz- bzw. Leistungserwartungen orientieren (Jurowski, 2016, S.71). Dabei sollen Lehrkrafte be- sonders auf leistungsschwachere Schulerinnen und Schuler eingehen und ihnen nachvollziehbar erklaren in welchen Bereichen sie noch Defizite haben, wie sie sich konkret verbessern konnen, indem hilfreiche Hinweise fur den weiteren individuellen Lernweg aufgezeigt werden (Maitzen, 2016, S. 203ff; Meyer, 2017, S. 117). Durch den Einsatz von Selbsteinschatzungen (Selbst-Feed- back) oder Fremdeinschatzungen (Schuler-Schuler-Feedback) sollen den Lernenden zusatzlich die Moglichkeit gegeben werden eigene erbrachte Leistung mit den Leistungen der Mitschulerin- nen und Mitschuler zu vergleichen, um somit die eigene Wahrnehmung zu reflektieren und ein- ordnen zu konnen (ebd., S. 206). Selbst- und Fremdreflexionen dienen den Schulerinnen daruber hinaus die subjektiv wahrgenommenen Eindrucke gedanklich aufzuarbeiten und im nachsten Schritt erfolgreich zu artikulieren. Durch das Lehrer-Feedback soll den Lernenden zusatzlich Ori- entierung gegeben werden, indem ein realistisches Bild der erbrachten Leistungen, aus Sicht der Lehrperson, vermittelt wird (Dohring & Gissel, 2011, S. 54).
Ruckmeldungen und Feedback konnen Gesprache oder Ansprachen am Ende oder wahrend ei- ner Unterrichtsstunde seien sowie kurze schriftliche oder mundliche Ruckmeldung zu einem Lern- produkt und sollten immer kriteriengeleitet und auf der Basis von Lernprodukten oder Lerndoku- menten vermittelt werden. Maitzen (2016, S. 208-209) betont, dass die innere Haltung aller be- teiligten Personen entscheidend ist fur ein erfolgreiches Feedback. Dies setzt zum einen eine ehrliche und glaubwurdige Kommunikation voraus sowie die Bereitschaft sich im Lernprozess verbessern zu wollen.
Fur den Sportunterricht empfiehlt es sich Schulerinnen und Schuler Orientierung zu geben, indem immer wieder Bezug auf eingangs besprochene Leistungserwartungen (beispielweise in Form ausformulierter Kompetenzziele in Form eines Kompetenzrasters) genommen wird (Dohring & Gissel, 2011, S. 38). Durch den Verweis auf den aktuellen Leistungsstand und das Aufzeigen moglicher individueller Lernwege hin zum nachsten Lernziel wird den Lernenden Struktur und Sicherheit vermittelt was die Lernmotivation steigert und Klarheit im Lernprozess schafft (Meyer, 2017, S. 119).
3.3.1.3 Lernen bilanzieren und reflektieren
Um die aktuelle Lernphase bewusst abschlieBen zu konnen soll die Bilanzierung und Reflexion des Lernprozesses dazu dienen festzuhalten welche Leistungen oder Kompetenzstufen erreicht werden konnten und was in der kommenden Lernphase angestrebt werden soll. Die Bilanzierung erfolgt durch die Lehrkraft in Form einer Ziffernote. Die Reflexion der Lernphase soll in Zusam- menarbeit zwischen Schulerinnen und Schulern und der Lehrperson erfolgen. Schulerinnen und Schuler sollen zum einen dadurch einbezogen werden, dass sie sich eigene Lernziele fur die nachste Lernphase setzen. Zum anderen soll den Lernenden die Moglichkeit gegeben werden den Unterricht der Lehrkraft zu evaluieren zum Beispiel durch anonymisierte Evaluationsbogen aber auch durch mundliche Ruckmeldungen in Unterrichtsgesprachen (Maitzen, 2016, S. 211).
Fur Sportlehrkrafte bietet die Reflexion des durchgefuhrten Unterrichtsvorhabens zusammen mit den Lernenden die Moglichkeit diesen durch mogliche Anpassungen und Erweiterungen zu ver- bessern und somit bei der Unterrichtsplanung und -durchfuhrung zukunftiger Unterrichtsvorha- ben, auch im Hinblick auf die gewahlten Leistungsuberprufungen (sowohl punktuell wie auch pro- zessorientiert), Fortschritte zu machen (Scheid, 2017, S. 121; Glosemeyer, 2017, S. 61). Auch im Kernlehrplan werden Sportlehrkrafte aufgefordert die Ergebnisse der Lernerfolgsuberprufun- gen als Anlass zu nehmen, die Zielsetzungen und die Methoden ihres Unterrichts zu uberprufen und gegebenenfalls zu modifizieren" (KLP Nordrhein-Westfalen, 2019, S. 38).
3.3.2 Instrumente zur Herstellung von Transparenz
Wahrend es im vorausgegangenen Kapitel darum ging aufzuzeigen in welchen Phasen Sport- lehrkrafte die Moglichkeit haben Transparenz im Lernprozess, vor allem durch Einbezug der Schulerinnen und Schuler, zu schaffen soll in diesem Kapitel der Fokus auf den Instrumenten zur Herstellung von Transparenz der eigenen Benotungspraxis zu geben. Dieses Kapitel beschaftigt sich also mit der Frage welche Instrumente von Sportlehrkraften eingesetzt werden konnen, um gewahlte Beurteilungsbereiche und deren Gewichtung sowie mogliche Kompetenzerwartungen an die Schulerinnen und Schuler zu kommunizieren. Die Ausfuhrungen in diesem Kapitel orien- tieren sich wieder an Maitzen (2016) welcher neben den Transparenzaspekten auch konkrete Umsetzungsinstrumente in seinem Prozessmodell auffuhrt. Im Abgleich der Umsetzungsinstru- mente nach Maitzen mit den inhaltlichen Schnittmengen der Fachliteratur aus der Sportpadagogik soll dieses Kapitel eine Ubersicht uber mogliche Instrumente zur Herstellung von Transparenz in der sportunterrichtlichen Notengebung geben.
3.3.2.1 Transparenzpapiere
Transparenzpapiere sind wie Handouts zu verstehen und sollen Lern- und Leistungserwartungen, bezogen auf die Unterrichtsinhalte, formulieren und gut ubersichtlich und nachvollziehbar fur Schulerinnen und Schuler darstellen, wie sich die Gesamtnote am Halb- oder Schuljahresende zusammensetzt (Maitzen, 2016, S. 198; Moegeling & Schude, 2016, S. 29). Zusatzlich konnen Transparenzpapiere effektive Vorbereitungshilfen (z.B. Literaturstellen, Ubungen, Beispiele) ent- halten (LISUM, 2011, S. 72). Der Zeitpunkt zur Aushandigung von Transparenzpapieren an die eigenen Schulerinnen und Schuler sollte immer zu Beginn eines Schul- oder Halbjahres oder bei der Ubernahme einer neuen Lerngruppe sein, damit die Lernenden fruhzeitig einen Uberblick uber Lern- und Leistungserwartungen erhalten (Moegeling & Schude, 2016, S. 29).
Fur den Sportunterricht formuliert Roth (2019, S. 44), dass die Gewichtung der Beurteilungsbe- reiche im Sportunterricht von der Fachkonferenz Sport jeder Schule festgelegt werden sollten. Auch der Kernlehrplan verweist diesbezuglich auf die Fachkonferenzen der Schulen (KLP Nordrhein-Westfalen, 2019, S. 38).
[...]
1 DSB-Sprint-Studie (2006), Hapke (2016), Feth (2017)
2 Ministerium fur Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (2011). Kernlehrplan fur das Gymnasium - Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen. Sport.
3 DWDS: Digitales Worterbuch der deutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (https://www.dwds.de/wb/Benotung, Zugriff am 17.04.22).
4 Deutscher Sportbund e.V.
5 Beckers (2000) weist dem didaktischen Konzept des „erziehenden Sportunterrichts" funf grundlegende Prinzipien zu: (1) Mehrperspektivitat, (2) Erfahrungsorientierung und Handlungsorientierung, (3) Reflexion, (4) Verstandi- gung, (5) Weltorientierung.
6 Kurz formuliert in dem Kapitel „Padagogische Perspektiven auf den Sport in der Schule" (2000, S.27-44) das Konzept der Mehrperspektivitat und definiert darin sechs padagogische Perspektiven fur den Sportunterricht. Die padago- gischen Perspektiven sollen dabei als Handlungsorientierung fur die Lehrkrafte dienen Schwerpunkte im Unterricht zu setzen. Die schulsportlich erbrachten Leistungen sollen in diesem Rahmen greifbar und bewertbar sein.
7 Hierbei handelt es sich um Messverfahren im Sport, die auf dem sogenannten cgs-Einheitssystem (aus dem Engli- schen: „centimetre, gram, second") basieren und mit MaBband, Stoppuhr o.a. objektiv gemessen werden konnen.
8 Was genau unter einer mehrperspektivisch ausgerichteten Notengebung zu verstehen ist wird in Kapitel 2.2.3 noch einmal genauer erlautert.
9 Clarissa Feth (2017) hat ebenfalls einen Ordnungsversuch zur fachdidaktischen Diskussion um die Zusammenset- zung der Sportnote vorgenommen. Dabei verglich sie sechs fachdidaktische Positionen (GroBing (2007), Achter- garde (2007), Balz (2007), Scheid & Prohl (2012), Aschebrock & Pack (2004) und Kloos et al. (2007)) und fasste auf dieser Grundlage die hier dargestellten Leistungsdimensionen zusammen.
10Im Kernlehrplan werden insgesamt neun Bewegungsfelder aufgefuhrt: (1) Den Korper wahrnehmen und Bewe- gungsfahigkeiten auspragen, (2) Das Spielen entdecken und Spielraume nutzen, (3) Laufen, Springen, Werfen - Leichtathletik, (4) Bewegen im Wasser - Schwimmen, (5) Bewegen an Geraten - Turnen, (6) Gestalten, Tanzen, Darstellen - Gymnastik/Tanz, Bewegungskunste, (7) Spielen in und mit Regelstrukturen - Sportspiele, (Gleiten, Fahren, Rollen - Rollsport/Bootssport/Wintersport), (9) Ringen und Kampfen - Zweikampfsport.
11Im Kerlehrplan werden insgesamt sechs Inhaltsfelder aufgefuhrt: (a) Bewegungsstruktur und Bewegungslernen, (b) Bewegungsgestaltung, (c) Wagnis und Verantwortung, (d) Leistung, (e) Kooperation und Konkurrenz, (f) Ge- sundheit.
12Feth (2017) vergleicht in ihrer Dissertation die Lehrplane aus insgesamt 12 Bundeslandern. Dabei gibt lediglich der niedersachsische Lehrplan eine mehr oder weniger konkretere Vorgabe zur Gewichtung eines Beurteilungskriteri- ums. Dies betrifft die sportmotorische Leistung, welche mit mindestens 50 Prozent in die Sportnote einflieBen soll. In den anderen aufgefuhrten Lehrplanen werden laut Feth (2017, S. 35-36) keine Aussagen zur Gewichtung getrof- fen.
13Hier spricht Feth das Phanomen der „Sozialen Erwunschtheit" an. Die Soziale Erwunschtheit ist eine Antwort die Befragte bevorzugt geben, wenn sie denken, dass diese eher auf soziale Zustimmung treffen wurde als eine wahre Antwort, bei der sie soziale Ablehnung befurchten. Hartmann (1991) beschreibt ausfuhrlich die Theorie der sozia- len Erwunschtheit.
14 Gesellschaft fur Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwachsenenbildung
15 Dohring und Gissel (2011, S. 8) definieren den Begriff Kompetenzen als „Fertigkeiten, aber auch Fahigkeiten, Er- fahrungen, Einsichten und Einstellungen, die den Menschen zu einem sozial verantwortungsvollen und selbstbe- stimmten Handeln befahigen". Kompetenzorientierter Unterricht grenzt sich ihrer Ansicht nach von einem lernziel- orientierten Unterricht insofern ab, dass der bei einem lernzielorientierten Unterricht ausschlieBlich beobachtbare Verhaltensweisen im Vordergrund stehen, wahrend beim kompetenzorientierten Unterricht ebenfalls die (unsicht- baren) Lernprozesse und Lernergebnisse mitberucksichtigt werden (ebd., S. 13).
16 Wie solch ein verschriftlichtes Dokument der Bewertungsbereiche und Kompetenzen aussehen kann, wird im Ka- pitel 3.3.2.1 genauer dargestellt.
- Citar trabajo
- Anónimo,, 2022, Notengebung im Fach Sport. Wie kann Transparenz bei der Notengebung hergestellt werden?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1257209
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