Der Begriff der „Fremdheit“ erscheint zunächst einmal gerade nicht als ein zentraler Sachverhalt in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion. Dies verwundert nicht, insofern man den Hervorgang der Pädagogik aus der familiären Erziehung zur Kenntnis nimmt. In den Anfängen der professionellen und wissenschaftlich reflektierten Erziehung wird davon ausgegangen, daß der (berufsmäßige) Erzieher in seiner pädagogischen Beziehung zum Kind freundschaftlich oder väterlich diesem begegnen solle (Vgl. Giesecke, S. 100f).
Unter dem Begriff des „pädagogischen Bezugs“ ist in der Erziehungswissenschaft das ausführlich diskutiert worden, was ich im Rahmen der hier vorliegenden Arbeit unter der Perspektive des Begriffs der „Fremdheit“ verhandeln und (das ergibt sich damit bereits aus der Themenstellung) kritisch hinterfragen und diskutierten möchte. Diese Auseinandersetzung geschieht in den folgenden Schritten: Zunächst sollen die Grundgedankengänge umrissen werden, die das Thema der pädagogischen Beziehung bestimmt haben. Aus der Kritik dieser Diskussion soll der Begriff der „Fremdheit“ als Element dieses Themas dargestellt und akzentuiert werden. Hierzu soll, zur kritisch-konstruktiven Entwicklung dieses Ansatzes, auf philosophische - insbesondere erkenntnistheoretische - Positionen Bezug genommen werden, welche es ermöglichen, dem Element der Fremdheit in der Erziehung eine profilierte Rolle und Aufgabe zuzuweisen, aber auch seine Grenzen zu benennen. Dieser Rückgriff erscheint m.E. auch dadurch erforderlich, daß eher phänomenologisch orientierte, deskriptive Annäherungen zwar zu einer Problematisierung des Sachverhalts beizutragen vermögen, weniger aber zu einer nachfolgenden (reflexiven) Konzeptionierung verhelfen. Damit dabei aber nicht der Bezug zum Feld pädagogischer Problemstellung verloren geht, muß entsprechend von der philosophisch-abstrakten Auseinandersetzung mit dem Thema der Blick stufenweise zunächst wieder auf die pädagogische Theorie allgemeinen und schließlich auf das Thema des pädagogischen Bezugs als Ausgangsthema gerichtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Vertrautheit statt Fremdheit - Die traditionelle Grundkategorie zum pädagogischen Bezug
- Philosophische Anknüpfungspunkte für 'Fremdheit' als alternative Grundkategorie in der Pädagogik
- „Ent-eignung" als Auslieferung an das Fremde - Diltheys Hermeneutik
- „An-eignung" als Bändigung der Fremdheit - Hegels Dialektik
- „So-sein-lassen" von Eigenem und Fremdem - Adornos N egatlve Dialektik
- Fremdes „nicht-im-Stich-lassen" - Lévinas' Humanismus des anderen Menschen
- Folgerungen für eine pädagogische Theorie des Umgangs mit Fremdheit
- Die sozialkonstruktivtstische Sicht von Fremdheit
- und „Fremdheitskompetenz" als ihr Bewältigungsmodell
- Kinder als Fremde „aus der Perspektive von Kindern" verstehen? - Rückwirkungen auf das Konzept des pädagogischen Bezugs
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Begriff der „Fremdheit" als möglicher Grundkategorie in der Pädagogik. Im Mittelpunkt steht die kritische Auseinandersetzung mit dem traditionellen Konzept des „pädagogischen Bezugs", das von Vertrautheit und Nähe ausgeht. Die Arbeit argumentiert, dass Fremdheit ein wesentliches Moment pädagogischer Beziehungen darstellt und daher eine zentrale Rolle in einer pädagogischen Theorie des Umgangs mit Fremdheit einnehmen sollte.
- Kritik des traditionellen Konzepts des „pädagogischen Bezugs" als Grundlage der pädagogischen Beziehung.
- Analyse der Rolle von Fremdheit im pädagogischen Kontext anhand philosophischer Ansätze.
- Entwicklung einer pädagogischen Theorie des Umgangs mit Fremdheit, die auf sozialkonstruktivistischen und erkenntnistheoretischen Überlegungen basiert.
- Bedeutung der „Fremdheitskompetenz" für pädagogisches Handeln.
- Reflexion der Implikationen für die Kindheitsforschung und das Konzept des pädagogischen Bezugs.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die traditionelle Grundkategorie des pädagogischen Bezugs, die von Vertrautheit und Nähe ausgeht. Es wird gezeigt, wie das Familienmodell als Grundlage jeder pädagogischen Beziehung über Jahrzehnte dominierte und zu einer Ideologisierung des Familienmodells führte.
Das zweite Kapitel untersucht verschiedene philosophische Ansätze, die Fremdheit als Ausgangspunkt pädagogischer Beziehungen betrachten. Es werden Diltheys Hermeneutik, Hegels Dialektik, Adornos Negative Dialektik und Lévinas' Humanismus des anderen Menschen analysiert und ihre Implikationen für die Pädagogik diskutiert.
Das dritte Kapitel befasst sich mit den Folgerungen für eine pädagogische Theorie des Umgangs mit Fremdheit. Es werden die sozialkonstruktivistische Sicht von Fremdheit und das Konzept der „Fremdheitskompetenz" als Bewältigungsmodell vorgestellt.
Das vierte Kapitel untersucht die Rückwirkungen der vorangehenden Überlegungen auf das Konzept des pädagogischen Bezugs und die Kindheitsforschung. Es wird argumentiert, dass Kinder als Fremde betrachtet werden sollten und dass ein Verständnis von Kindern „aus der Perspektive von Kindern" weder möglich noch angemessen ist.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Pädagogik, Fremdheit, pädagogischer Bezug, Vertrautheit, Hermeneutik, Dialektik, Negative Dialektik, Humanismus, sozialkonstruktivistische Sicht, Fremdheitskompetenz, Kindheitsforschung, Kinder als Fremde, „aus der Perspektive von Kindern", „Sein-Lassen und Nicht-im-Stich-lassen".
- Citar trabajo
- Markus Raschke (Autor), 2000, Fremdheit als Grundkategorie in der Pädagogik?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12567
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.