In seinem Werk „Politik der Würde“ setzt der Jerusalemer Avishai Margalit neue
Maßstäbe, indem er den Versuch unternimmt, das bisherige Idealbild einer
Gesellschaft zu ersetzen. Schien doch lange Zeit die Gerechtigkeit ein
Paradekriterium für eine vorbildliche Gesellschaft zu sein, so betitelt Margalit nun die
ideale Gesellschaft als anständige, die jeden Menschen ausgehend von politischen,
sozialen und rechtlichen Institutionen menschenwürdig behandelt. Diese Behandlung
gründet vor allen Dingen auf einer Nicht-Verletzung der Selbstachtung und einer
daraus resultierenden Nicht-Demütigung eines jeden Menschen.
Im dritten Kapitel dieser Schrift erläutert der Philosoph das Thema „Ehre“. Nachdem
er in den ersten beiden Kapiteln den Begriff „Selbstachtung“ als Gegenbegriff zur
„Demütigung“ entworfen und folglich eine anständige Gesellschaft als eine
nichtdemütigende charakterisiert hat, macht Margalit sich nun Gedanken darüber, ob
die Selbstachtung das einzig mögliche Charakteristikum einer solchen Gesellschaft
sei oder ob dieser Begriff beispielsweise durch den der Ehre nicht erweitert oder gar
ersetzt werden könne. Doch was versteht man überhaupt unter „Selbstachtung“?
Und was ist der Unterschied zum so genannten „Selbstwertgefühl“, einem Ausdruck,
der zumindest umgangssprachlich oft in ähnlichen Kontexten zu finden ist und
dessen Bedeutungsspektrum fälschlicherweise oft dem der „Selbstachtung“
gleichgesetzt wird?
Eben diese Unterscheidung soll nachfolgend - sowohl in Anlehnung an Margalits
philosophische Erörterung, als auch anhand alltäglicher Beispiele - erläutert werden.
Inhaltsverzeichnis
1) Einleitung
2) Selbstachtung
3) Selbstwertgefühl
4) Gegenüberstellung
5) Fazit
Quellen
1)Einleitung
In seinem Werk „Politik der Würde“ setzt der Jerusalemer Avishai Margalit neue Maßstäbe, indem er den Versuch unternimmt, das bisherige Idealbild einer Gesellschaft zu ersetzen. Schien doch lange Zeit die Gerechtigkeit ein Paradekriterium für eine vorbildliche Gesellschaft zu sein, so betitelt Margalit nun die ideale Gesellschaft als anständige, die jeden Menschen ausgehend von politischen, sozialen und rechtlichen Institutionen menschenwürdig behandelt. Diese Behandlung gründet vor allen Dingen auf einer Nicht-Verletzung der Selbstachtung und einer daraus resultierenden Nicht-Demütigung eines jeden Menschen.
Im dritten Kapitel dieser Schrift erläutert der Philosoph das Thema „Ehre“. Nachdem er in den ersten beiden Kapiteln den Begriff „Selbstachtung“ als Gegenbegriff zur „Demütigung“ entworfen und folglich eine anständige Gesellschaft als eine nichtdemütigende charakterisiert hat, macht Margalit sich nun Gedanken darüber, ob die Selbstachtung das einzig mögliche Charakteristikum einer solchen Gesellschaft sei oder ob dieser Begriff beispielsweise durch den der Ehre nicht erweitert oder gar ersetzt werden könne. Doch was versteht man überhaupt unter „Selbstachtung“? Und was ist der Unterschied zum so genannten „Selbstwertgefühl“, einem Ausdruck, der zumindest umgangssprachlich oft in ähnlichen Kontexten zu finden ist und dessen Bedeutungsspektrum fälschlicherweise oft dem der „Selbstachtung“ gleichgesetzt wird?
Eben diese Unterscheidung soll nachfolgend - sowohl in Anlehnung an Margalits philosophische Erörterung, als auch anhand alltäglicher Beispiele - erläutert werden.
2)Selbstachtung
Die Selbstachtung ist für Avishai Margalit ein sehr problematisch einzugrenzender Begriff. Im Bestreben, ein Antonym zur Demütigung und somit eine klare Definition der Trennung einer anständigen von einer nichtanständigen Gesellschaft zu finden, gebraucht er diesen Ausdruck.
Jedem Menschen kommt nach seiner Auffassung aufgrund seines Mensch-Seins Selbstachtung zu, die folglich die Basis zur Gleichbehandlung aller Menschen darstellt. Auch andere Moralphilosophen pflichten ihm in dieser Hinsicht bei.
Primär gründet die Selbstachtung also auf Merkmalen der Zugehörigkeit des Menschen zu einer Gruppe, wie zum Beispiel zur Einheit der Menschen an sich. Nur sekundär spielen erworbene Eigenschaften und Leistungen eine Rolle hinsichtlich der Selbstachtung, wobei auch die Entwicklung einer individuellen Persönlichkeit mit ihren Vorlieben, Grundsätzen und ihrer Urteilskraft von Margalit als Leistung bezeichnet wird.
Ein guter Mensch ist demnach der Überzeugung, dass alle Menschen aufgrund ihres Mensch-Seins Achtung verdienen. Aufgrund dessen sollen alle Menschen sich gegenseitig anerkennen, auch wenn nur gute Menschen (und gut werden sie durch herausragende Leistungen) in der Lage sind, sich selbst in Anbetracht ihres Mensch-Seins zu achten.
Dies erlaubt einem guten Menschen allerdings nicht, andere gering zu schätzen, die sich selbst nicht achten können, weil sie zwar Mitglied einer Gruppe, allerdings nicht Träger besonderer Leistungen sind.
Das Attribut „gut“ ist hierbei derjenige Ausdruck, welcher die Selbstachtung zu einem graduierbaren macht. Es gibt also mehrere Abstufungen der Selbstachtung, aber keinen Menschen, dem jene nicht in fundamentaler Weise zukommt, da sie sein Dasein als Mensch laut Margalit bereits impliziert.
Die Frage, weshalb das Primärmerkmal eines der Zugehörigkeit sei, wo doch der Mensch seine individuellen Züge größtenteils durch qualitativ differenzierte Errungenschaften erhält, beantwortet der jerusalemische Philosoph ebenfalls: Die Fähigkeit zur Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit sei nicht unbedingt diejenige, aufgrund welcher einem Menschen Achtung zuteil würde. Zwar könne Selbstachtung Individualität erfordern, begründet würde sie durch diese allerdings nicht.
Als Musterexempel für eine geringe Selbstachtung führt Margalit Onkel Tom aus dem Roman Onkel Tom’s Hütte an, der sich von seinem Herrn wehrlos auspeitschen und ausnutzen lässt, statt sich zu beugen, um seinen Idealen treu zu bleiben. Allgemein sind Erniedrigungen von außen, ob physischer oder psychischer Art, Verletzungen der Achtung eines Menschen. Doch unter besonderem Erfolgsdruck, aus reiner Sturheit, zur Erlangung eines bestimmten Zieles oder aus anderen Gründen neigen manche Menschen dazu, sich sogar selbst zu erniedrigen, weshalb dann von einer Verletzung der Selbstachtung die Rede ist.
3) Selbstwertgefühl
Von der oben erläuterten Selbstachtung eines Menschen möchte Margalit dessen Selbstwertgefühl deutlich abgrenzen. Eine Wertschätzung kann einem Menschen seiner Meinung nach nämlich nicht alleine durch sein Dasein als solcher zukommen; weiterhin kann sie im absoluten Gegensatz zur Achtung eine Grundlage für Ungleichbehandlungen darstellen.
Auch das Selbstwertgefühl ist graduierbar; es kann sowohl aus Leistungen, als auch aus der bloßen Leistungsfähigkeit eines Menschen erwachsen, die ihn in den Glauben versetzt, mit ihrer Hilfe, beziehungsweise aufgrund der Fähigkeit selbst, gewisse Erfolge erringen zu können. Basierend auf qualitativ und quantitativ verschiedenen Eigenschaften kann das Selbstwertgefühl eines Menschen diesem folglich in unterschiedlichem Maße zuteil werden.
Margalit führt diesbezüglich Menschen adeliger Herkunft als Beispiel an, die im Glauben durch ihre Zugehörigkeit an sich, besondere Fähigkeiten verheißen bekommen zu haben, ein gesteigertes Selbstwertgefühl besitzen – beispielsweise im Gegensatz zu einem Menschen aus einer unteren sozialen Schicht, dem es wohl sichtlich schwerer fallen wird, sich aufgrund seiner Herkunft als zu Besonderem fähig einzuschätzen.
Meiner Meinung nach hat die Mehrheit der Menschen in ihrem Leben einmal mit einem defizitären Selbstwertgefühl zu kämpfen: Sei es ein schüchterner junger Mann, welcher aufgrund der Tatsache, dass er noch nie eine Freundin hatte, glaubt, nicht attraktiv zu sein, sich dafür schämt und an sich selbst zu zweifeln beginnt, eine junge Frau, die trotz unzähliger Bewerbungen noch immer keinen Ausbildungsplatz bekommen hat, dadurch den Glauben an sich selbst verliert und die Schuld hierfür bei sich sucht oder das Nachbarkind, das ungeachtet seiner immensen schulischen Bemühungen doch nur eine Hauptschulempfehlung bekommen hat – sie alle schätzen ihren Selbstwert in der jeweiligen Situation gering und halten sich in gewissem Sinne für unfähig und minderwertig gegenüber anderen, die genau das Gegenteil erfahren und sich im Bewusstsein dessen gut fühlen.
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- Katharina Los (Author), 2009, Avishai Margalit: Selbstwertgefühl und Selbstachtung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125614
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