Wodurch wird die Entwicklung von Eigenschaften ausgelöst? Wie wirken Kultur und soziale Umstände auf das Wohlergehen des Menschen, auf sein gesamtes Leben hindurch und welche Rolle spielt der Zeitplan von Ereignissen in unserer Entwicklung?
Diese aufgeführten Fragen beschäftigen – in ihrer gut hundertjährigen Geschichte – die empirische Entwicklungspsychologie, ein Fach, das Veränderungen sowie Kontinuität über die ganze Lebensspanne hinaus untersucht. Im Gegensatz zur Historie des Menschen selbst, ist die Forschung zur anthropogenen Entwicklung ein recht junges Unterfangen. Die kindliche Entwicklung findet ihren Zugang in die Welt der Wissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts, währenddessen die Entwicklung des Erwachsenen gar erst in den sechziger, siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts für die Wissenschaft interessant/relevant wird.
Man spricht sogar - fürs 19. Jahrhundert – von der Erfindung des Kinder- und Jugendlebens, welche sie nicht mehr selbstverständlich in die Welt der Erwachsenen treten lässt. Begleiterscheinungen oder gar Verursacher dieser Dynamik sind die Psychologisierung, Soziologisierung und die Pädagogisierung des Lebens zusammen: „Das Verhalten differenzierter Gruppen wird ein Thema.“
Die Psychologie entwickelt sich zunächst zwischen Natur- und Geisteswissenschaft. Jene Entwicklung geht vor allem von Deutschland aus. Wilhelm Wundt, ein Professor für Philosophie, ist der Gründungsvater der Psychologie als eigenständige Wissenschaft und erweckt 1879 in Leipzig das erste psychologische Institut zum Leben. Wundt richtet sein Augenmerk primär auf Wahrnehmung, Reaktion und Assoziationen mit dem Ziel der Erfahrungswissenschaft von der psychologischen Entwicklung. Parallel treten die Gedächtnispsychologie sowie die Lernpsychologie auf. Ein wichtiger und wirkungsmächtiger Ansatz ist der Versuch, „die herrschende Psychologie ohne Seele, die vom Interesse des gesunden Menschenverstandes an der individuellen Psyche ganz absieht, durch eine experimentelle Wissenschaft gerade von den individuellen Unterschieden zu ergän
Inhalt
Einleitung
1. Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung
1.1 Das sensumotorische Stadium
1.2 Das präoperationale Stadium
1.3 Das konkret-operationale Stadium
1.4 Das formal-operationale Stadium
2.Kritik
3.Das Kohlbergsche Modell
4.Diskussion
Quellen- und Literaturverzeichnis
Literatur:
Einleitung
Wodurch wird die Entwicklung von Eigenschaften ausgelöst? Wie wirken Kultur und soziale Umstände auf das Wohlergehen des Menschen, auf sein gesamtes Leben hindurch und welche Rolle spielt der Zeitplan von Ereignissen in unserer Entwicklung?
Diese aufgeführten Fragen beschäftigen – in ihrer gut hundertjährigen Geschichte – die empirische Entwicklungspsychologie, ein Fach, das Veränderungen sowie Kontinuität über die ganze Lebensspanne hinaus untersucht. Im Gegensatz zur Historie des Menschen selbst, ist die Forschung zur anthropogenen Entwicklung ein recht junges Unterfangen. Die kindliche Entwicklung findet ihren Zugang in die Welt der Wissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts, währenddessen die Entwicklung des Erwachsenen gar erst in den sechziger, siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts für die Wissenschaft interessant/relevant wird.[1]
Man spricht sogar - fürs 19. Jahrhundert – von der Erfindung des Kinder- und Jugendlebens, welche sie nicht mehr selbstverständlich in die Welt der Erwachsenen treten lässt. Begleiterscheinungen oder gar Verursacher dieser Dynamik sind die Psychologisierung, Soziologisierung und die Pädagogisierung des Lebens zusammen: „Das Verhalten differenzierter Gruppen wird ein Thema.“[2]
Die Psychologie entwickelt sich zunächst zwischen Natur- und Geisteswissenschaft. Jene Entwicklung geht vor allem von Deutschland aus. Wilhelm Wundt, ein Professor für Philosophie, ist der Gründungsvater der Psychologie als eigenständige Wissenschaft und erweckt 1879 in Leipzig das erste psychologische Institut zum Leben. Wundt richtet sein Augenmerk primär auf Wahrnehmung, Reaktion und Assoziationen mit dem Ziel der Erfahrungswissenschaft von der psychologischen Entwicklung. Parallel treten die Gedächtnispsychologie sowie die Lernpsychologie auf. Ein wichtiger und wirkungsmächtiger Ansatz ist der Versuch, „die herrschende Psychologie ohne Seele, die vom Interesse des gesunden Menschenverstandes an der individuellen Psyche ganz absieht, durch eine experimentelle Wissenschaft gerade von den individuellen Unterschieden zu ergänzen, die differentielle Individual- und Persönlichkeitspsychologie.“[3] Person und Charakter treten von nun an ins Zentrum. Diese Neuorientierung hängt mit zwei wichtigen Entwicklungen zusammen:
- Die Entstehung einer Kinder- und Jugendpsychologie
- Die Renaissance des Kindes
Bücher wie „Die Seele des Kindes“ (1882) vom Physiologen W. Th. Preyer, markieren den Anfang und führen über die Beobachtung der Spiel- und Sprachentwicklung hin zur angewandten Psychologie (Schul-, Eignungs-, Arbeits- und Heerespsychologie). Bei den psychologischen Tests stehen fortan das Verhalten und Erleben im Mittelpunkt. Im Jahre 1908 zieren bereits 12 psychologische Institute die deutsche Universitätslandschaft, dennoch existiert nur ein Lehrstuhl. Zu einer interdisziplinären Krise kommt es im Jahr 1913/14: Die Philosophen wehren sich gegen das Vorgehen, ihre Lehrstühle mit den Psychologen zu teilen und die Psychologen wiederum fanatisieren einen Separatismus bzw. eine Eigenständigkeit ihres Faches - erst 1918 werden beide Fächer voneinander getrennt.[4]
Die sich aus der allgemeinen Psychologie herausbildende Entwicklungspsychologie ist, wie andere Disziplinen auch, dem Zeitgeist unterworfen. Der Entwicklungsbegriff bildet sich allmählich heraus und orientiert sich an materiellem, biologischem, historischem oder seelischem Geschehen. Zuvor steht der Begriff „Entwicklung“ für die gedankliche Entfaltung oder Darlegung eines Sachverhalts. Im naturwissenschaftlichen Denken des 19. Jahrhunderts konkurrieren indessen drei Bedeutungen von Entwicklung miteinander:
- Präformation (Entwicklung ist die Ausfaltung eines bereits Angelegten zu seiner
Endgestalt)
- Epigenese (Entwicklung als fortschreitendes Geschehen)
- Evolutionsbegriff als Deszendenztheorie (Entwicklung ist normativ, von inneren
Wachstumsimpulsen gelenkt und an einer bestimmten Chronologie gebunden)
Der entscheidende Anstoß für gezielte Auseinandersetzungen mit Entwicklungsproblemen kam in der Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Entdeckungen Darwins auf.[5] Laut Darwin ist die biologische Evolution das Resultat von Selektionsprozessen. Das heißt, dass die Funktion der Umwelt ausschließlich darauf beschränkt ist, die geeigneten Erbvarianten auszuwählen. „Diese selbst kommen jedoch über die Weitergabe des Erbguts auf dem Wege der Fortpflanzung und (seltener) Mutation zu Stande.“[6] Neben dieser Evolutionstheorie infiltrieren vor allem pädagogische Strömungen damaliger Zeit, die das Interesse für Entwicklungsprobleme anregen. Durch detaillierte Datensammlungen wird es möglich, Probleme der Kindesentwicklung zu erfassen, jedoch gibt es seinerzeit auch methodische Mängel wie die unregelmäßigen Zeitabstände der Beobachtungen, zumeist nur familiär eingebundene Beobachter und singuläre Berichte, was eine Verallgemeinerung blockiert.
Wissenschaftliche Fortschritte in der Entwicklungspsychologie ergeben sich erst mit der Verbesserung psychologischer Untersuchungsmethoden. Zu den neuen Methoden zählen die Fragebögen für Kinder (ab 1882), eingeführt durch Stanley Hall, eine Standardisierung von Intelligenzmessung sowie Konditionierungsversuche[7]. Die Gesetzmäßigkeiten und Ursachenkausalitäten, die auf das Lernverhalten des Individuums Einfluss nehmen, gehören zum überwiegenden Untersuchungsgegenstand der Entwicklungspsychologie. „Die mit Abstand umfangreichsten Untersuchungen sowie meist zitierten Beispiele und Thesen dieser Sparte von Theorie findet man bei Jean Piaget.[8] Bis heute bleibt Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung in der Kindheit der Probierstein, an dem sich alle anderen Entwicklungstheorien messen müssen.[9] Fast mehr als 50 Jahre widmet sich Piaget der Beobachtung der Entwicklung des Denkens bei Kindern. Seine Erkenntnisse beruhen auf der Beobachtung seiner eigenen Kinder (und anderen Probanden), die er von Geburt an observiert. Piaget nimmt die Reaktion der Kinder auf, die sich verändernde Umwelt von einem sehr frühen Alter an in Augenschein. Er verwendet, um zu Schlussfolgerungen zu kommen, einfache Demonstrationen und Interviews. Sein Interesse beruht auf die Natur der Veränderungen, denen „das Kind im Verlauf der kognitiven Entwicklung unterworfen ist.“[10]
In meiner Seminararbeit „Piaget – Kognitive Entwicklung“ möchte ich die Stufentheorie Piagets näher beleuchten, kritisieren, vergleichen und auswerten. Im ersten Teil wird das Stufenmodell mitsamt seiner Versuche erklärt und soll die von Piaget erworbenen Kenntnisse innerhalb der Entwicklung von Kindern reflektieren. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit den Kritiken, die gegen und für die Piagetsche Theorie sprechen. Hierbei werde ich mich primär auf das Werk „The Foundations of Mind“ von Jean Mandler beziehen, jedoch auch andere Positionen hinzuziehen. Eine Alternative bzw. Weiterführung von Piagets Theorie biete ich im Abschnitt „Das Kohlbergsche Modell“ an, da auch dieses in Stufen unterteilt und somit strukturell gut zu vergleichen ist. Letztlich gebe ich im letzten Abschnitt „Diskussion“ einige aktuelle Probleme innerhalb der Familienpolitik wieder, die eine ideale Entwicklung behindern.
1. Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung
Die Breite der Piagetschen Theorie reicht von den ersten Lebenstagen bis ins Jugendalter hinein. Gegenstand dieser Theorie ist die Untersuchung der Konzeptualisierung der Zeit, des Raumes und der Entfernung, des Sprachgebrauchs, das Gedächtnis, die Empathiefähigkeit, das Denken und das moralische Urteilen. Seine Annahme beschränkt sich darauf, dass Kinder von der Geburt an geistig als auch körperlich aktiv sind. Diese Aktivität trägt entscheidend zu ihrer Entwicklung bei. Sein Denkansatz wird auch als konstruktivistisch bezeichnet, weil er Kinder so darstellt, dass sie sich das Wissen als Reaktion auf ihre Erfahrung konstruieren. Die drei wichtigsten konstruktivistischsten Prozesse nach Piaget sind:
- Das Aufstellen von Hypothesen
- Das Durchführen von Experimenten
- Das Ziehen von Schlussfolgerungen
Kinder sind dementsprechend in der Lage von sich selbst zu lernen und nicht auf die Instruktionen bzw. Befehlen von Erwachsenen angewiesen zu sein. Bei den zentralen Entwicklungsfragen spielen die Anlagen der Umwelt, die Quellen der Kontinuität als auch die Quellen der Diskontinuität eine tragende Rolle.[11] Umwelt und Anlage arbeiten bei der kognitiven Entwicklung zusammen, wobei sich die Umwelt mit den Erfahrungen des Kindes und die Anlage mit dem reifenden Gehirn beschäftigen. Essentiell für das Wachstum sind die Adaption, die Tendenz auf die Anforderungen der Umwelt zu reagieren, wie es dem subjektiven Ziel entspricht, und die Strukturierung, die Tendenz, die Beobachtungen in zusammenhängende Wissenssysteme integriert.
Die Quellen der Kontinuität sind hingegen Prozesse, die von Geburt an zusammenwirken, um die Entwicklung zu anzutreiben. Sie werden in drei Prozesse gegliedert:
- Assimilation
- Akkomodation
- Äquilibration
[...]
[1] Vgl. Berk, Laura E. (2005). Entwicklungspsychologie3. München: Pearson Studium.
[2] Nipperdey, Thomas (1991, S.113). Deutsche Geschichte: 1866 – 1918.2 München: Verlag C.H. Beck.
[3] Nipperdey, Thomas (1991, S.632). Deutsche Geschichte: 1866 – 1918.2 München: Verlag C.H. Beck.
[4] Vgl. Nipperdey, Thomas (1991). Deutsche Geschichte: 1866 – 1918.2 München: Verlag C.H. Beck.
[5] Vgl.Trautner, Hanns Martin (1978). Lehrbuch der Entwicklungspsychologie (Bd.I). Zürich: Verlag für Psychologie.
[6] Trautner, Hanns Martin (1978, S.4). Lehrbuch der Entwicklungspsychologie (Bd.I). Zürich: Verlag für Psychologie.
[7] „Neugeborene verfügen über eine Reihe von Reflexen, deren natürliche Auslöser bekannt sind. Durch zeitliche Koppelungen eines Sekundärreizes aus der Umwelt des Kindes mit dem natürlichen Auslöser kann eine konditionierte Reaktion, die dem Reflex sehr ähnlich ist, durch positive Bekräftigung erhöht und mit einem konditionierten Reiz verknüpft. Es kann nur jeweils geprüft werden, welche Varianten des Sekundärreizes Reaktionen auslösen und wie stark diese Reaktionen sind.“ (Hetzer, Hildegard (Hrsg.). (1990, S.22). Angewandte Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters2. Wiesbaden: Quelle & Meyer Verlag.)
[8] Steeg, Friedrich (1996, S.42). Lernen und Auslese im Schulsystem am Beispiel der Rechenschwäche. Tübingen: Peter Lang.
[9] Vgl. Pauen, Sabine (Hrsg.). (2005). Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter. München: Spektrum Akademischer Verlag.
[10] Vgl. Engel, Irma; Hoppe-Graf, Siegried (Hrsg.). (1996). Psychologie7. Berlin: Springer.
[11] Vgl. Pauen, Sabine (Hrsg.). (2005). Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter. München: Spektrum Akademischer Verlag.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2008, Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125604
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.