Diese Arbeit beschäftigt sich anhand der Entwicklung eines Lehrplanentwurfs für den Bildungswissenschaftler im Bereich der Gesundheitserziehung und –förderung, hier speziell in der Betrieblichen Gesundheitsförderung, mit dem Modell des Four Component Instructional Design (4CID). Das Vier-Komponenten-Instruktionsdesign-Modell von Jeroen J.G. van Merriënboer gehört im Bereich des Komplexen Lernens derzeit international zu den wichtigsten Modellen. Van Merriënboer veröffentlichte es erstmals 1997 in seinem Erfolgsbuch „Training for Complex Cognitive Skills“. Wie der Titel andeutet, handelt es sich beim 4CID um
ein Modell zur Entwicklung von Lehrplänen für das Training von komplexen kognitiven Fähigkeiten anhand authentischer Lernaufgaben. Darüberhinaus gibt es systematische Empfehlungen für den Entwurf von Lernmaterialien.
In dieser Hausarbeit werden in Kapitel 2 die ersten drei Komponenten dieses lernerzentrierten Modells Situierten Lernens am Beispiel veranschaulicht und in Kapitel 3 entsprechende lerntheoretische Überlegungen angestellt. Kapitel 4 bildet mit einem kurzen Ausblick auf künftige Entwicklungen den Abschluss.
Stichworte aus der Arbeit:
Instructional Design, Hierarchie bzw. Hierarchische Analyse der Kompetenz, Sequenzprinzip der vereinfachenden Annahmen, Aufgabenklassen, Lernaufgaben, Unterstützende Informationen, Just-in-Time-Informationen, Situiertes Lernen, Didaktische Szenarien, Blueprint, Medien, Betrieblichen Gesundheitsförderung.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das 4CID-Modell und seine praktische Anwendung
2.1 Die Hierarchische Analyse der Kompetenz
2.2 Das Sequenzprinzip der vereinfachenden Annahmen
2.3 Der Entwurf von Lernaufgaben
2.4 Die Unterstützung des Lernenden durch Informationen
2.4.1 Beispiele für Unterstützende Informationen
2.4.2 Beispiele für Just-in-Time-Informationen
3 Mediendidaktische Überlegungen zum 4CID
3.1 Lerntheoretische Überlegungen
3.2 Das Situierte Lernen
3.3 Geeignete Didaktische Szenarien
3.4. Medien zur Unterstützung des Blueprints
4 Zusammenfassung und Ausblick
Literatur
1 Einleitung
„Gesundheit ist ein Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohl-befindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen.“ (WHO, 1948; zitiert nach BMGFJ, 2008) Gesundheit wird oft als unser höchstes Gut bezeichnet. Sie gilt als wichtiger Schlüssel zu Arbeitsfähigkeit, Erfolg und Lebensqualität. Gesundheit betrifft aber nicht nur den Einzelnen, sondern stellt auch einen bedeutenden wirtschaftlichen Faktor dar. Durch Krankheit entstehen neben direkten Ausfallkosten für den Arbeitgeber auch hohe gesamtgesellschaftliche Kosten für steigende Gesundheits-und Rehabilitationsmaßnahmen. Gesundheitserziehung und –förderung, die den Menschen zum Beispiel durch Aufklärung zum Erhalt, zu Stärkung oder Rück-gewinnung seiner Gesundheit befähigen sollen, haben folglich einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen.
Die Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 1986 betont den entscheidenden Einfluss der Arbeitsbedingungen auf die Gesundheit jedes Arbeit-nehmers. Dementsprechend sollten diese sicher, angenehm und gesundheits-förderlich gestaltet werden. Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) verfolgt genau diesen Zweck. „BGF ist eine moderne Unternehmensstrategie und zielt darauf ab, Krankheiten am Arbeitsplatz vorzubeugen (einschließlich arbeits-bedingter Erkrankungen, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und Stress), Gesundheitspotentiale zu stärken und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu verbessern.“ (Luxemburger Deklaration, 2008).
Diese Arbeit beschäftigt sich anhand der Entwicklung eines Lehrplanentwurfs für den Bildungswissenschaftler im Bereich der Gesundheitserziehung und –förderung, hier speziell in der Betrieblichen Gesundheitsförderung, mit dem Modell des Four Component Instructional Design (4CID). Dabei werden in Kapitel 2 die ersten drei Komponenten dieses lernerzentrierten Modells Situierten Lernens am Beispiel veranschaulicht und in Kapitel 3 entsprechende lern-theoretische Überlegungen angestellt. Kapitel 4 bildet mit einem kurzen Ausblick auf künftige Entwicklungen den Abschluss.
Personenbezogene Bezeichnungen werden der besseren Lesbarkeit halber in männlicher Form verwendet, meinen aber Personen beiden Geschlechtes.
2 Das 4CID-Modell und seine praktische Anwendung
Heutzutage werden immer mehr Routine-Aufgaben von Maschinen übernommen und die komplexen kognitiven Aufgaben, die nur durch Menschen auszuführen sind, rücken in den Vordergrund (Van Merri ë nboer & Kirschner, 2007, S.4), damit nimmt auch die Bedeutung von Modellen des Komplexen Lernens zu.
Das Vier-Komponenten-Instruktionsdesign-Modell (engl. Four Componen Instructional Design Model (4CID)) von Jeroen J.G. van Merri ë nboer gehört im Bereich des Komplexen Lernens derzeit international zu den wichtigsten Modellen. Van Merri ë nboer veröffentlichte es erstmals 1997 in seinem Erfolgsbuch „Training for Complex Cognitive Skills“. Wie der Titel andeutet, handelt es sich beim 4CID um ein Modell zur Entwicklung von Lehrplänen für das Training von komplexen kognitiven Fähigkeiten anhand authentischer Lernaufgaben. Darüberhinaus gibt es systematische Empfehlungen für den Entwurf von Lernmaterialien.
Instructional Design-Modelle zeichnen sich vor allem durch ihre Lernerzentriert-heit, ihre Zielorientierung und die „*authentic learning tasks* based on real life-tasks“ (Van Merri ë nboer & Kirschner, 2007, S.4), also möglichst authentische und ganzheitliche Lernsituationen, aus, die den schnellen Transfer des Gelernten auf komplexe reale Probleme ermöglichen sollen. „Complex learning is always involved with a learner acquiring integrated sets of learning goals. Its ultimate aim is the integration of knowledge, skills and attitudes in one rich, interconnected knowledge base. If people encounter a new and thus unfamiliar situation, such an interconnected knowledge base allows them to activate many different kinds of knowledge that may possibly help them to solve the problem.“ (van Merriënboer & Kirschner, 2007, S. 15). Dies sei gerade in unserer schnelllebigen Arbeitswelt, in der Informationen so rasch veralteten, wichtig.
Nach Van Merri ë nboer kann die komplexe Lernumgebung immer anhand der 4 Komponenten seines 4CID beschrieben werden (siehe auch Abb.1, S.4):
(1) Learning tasks. Diese ganzheitlichen Lernaufgaben sollen (wieder-kehrende und nicht-wiederkehrende) Fertigkeiten, kognitives Wissen und Einstellungen verbinden. Die Schwierigkeit steigt von Aufgabenklasse zu Aufgabenklasse an. Innerhalb einer Aufgabenklasse bleibt der Schwierigkeitsgrad der gleiche, nur das scaffolding, die begleitende Unterstützung, nimmt von Lernaufgabe zu Lernaufgabe ab.
(2) Supportive information. Die Unterstützenden Informationen sind für den Lerner innerhalb der Aufgabenklasse jederzeit greifbar. Sie sollen die Verbindung schaffen zwischen dem Vorwissen des Lerners und dem neuen Stoff. Sie erklären, wie mit den Aufgaben umgegangen werden muss.
(3) Procedural information. Diese werden auch als „Just-in-time-Informa-tionen“ bezeichnet, weil sie dem Lernenden erst unmittelbar während des Durchführungsprozesses zur Verfügung stehen. Sie enthalten genaue Anweisungen, wie mit wiederkehrenden Aspekten der jeweiligen Aufgabe umgegangen werden muss. Dies erfolgt teilweise in Schritt-für-Schritt-Anleitungen oder anhand von Check-Listen.
(4) Part-task practice. Bei diesen eingeschobenen Teilaufgaben handelt es sich um repetierende Übungen, die zur Automatisierung von wieder-kehrenden Aufgaben genutzt werden, um Routine zu erzeugen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Schematische Übersicht des 4CID-Modells
(Quelle: van Merriënboer & Kirschner, 2007, S. 14 + eigene Ergänzungen)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.1 Die Hierarchische Analyse der Kompetenz
In `Ten Steps to Complex Learning.´ (2007) beschreiben Merriënboer und Kirschner eine nach ihrer Meinung praktische, modifizierte und vereinfachte Version des 4CID-Modells, in Form eines Ablaufplanes, der in 10 Schritten zur systematischen Erstellung eines Blueprints (Lehrplanentwurf) führt.
Die Hierarchische Analyse der zu erlernenden Kompetenz bildet dabei einen Schritt, in dessen Ablauf „...die ganzheitlich komplexe Fertigkeit in konstitu-ierende Teile zerlegt“ (Bastiaens, Deimann, Schrader & Orth, 2006, S.92) wird. Es entsteht eine Fertigkeitenhierarchie, „an organizing framework for the whole knowledge base“ (Van Merriënboer & Kirschner, 2007, S. 15) , aus der sowohl die zeitlichen als auch die konditionalen Relationen der einzelnen Teilfertigkeiten zueinander abgelesen werden können.
Mit Hilfe dieser Aufschlüsselung können dann Leistungsziele für die konstitu-ierenden Fertigkeiten formuliert und als wiederkehrend oder nicht-wiederkehrend klassifiziert werden. (Bastiaens et.al, 2006, S.92)
In Abbildung 2 (S.5 vorl. Arbeit) wird anhand der Fertigkeitenhierarchie für den Aufgabenbereich des Bildungswissenschaftlers im Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung versucht, diesen Zusammenhang deutlich zu machen.
Die Temporären Relationen werden von links nach rechts gelesen. Leitfrage kann hier sein: `Welche (Teil-) Fertigkeiten sind in welcher Reihenfolge (sequentiell oder gleichzeitig) notwendig, um die komplexe Fertigkeit auszuführen?´. Beispielsweise muss der Bildungswissenschaftler erst ein Konzept für die betrieblichen Gesundheitsfördermaßnahmen erstellen, bevor er in die Vorbereitung seiner Seminare eintreten, diese dann später vor den Mitarbeitern halten und am Schluss nachbereiten kann.
Die Konditionalen Relationen, also die sich bedingende (Teil-)Fertigkeiten, werden von unten nach oben gelesen. Leitfrage könnte sein: `Welche Fertigkeit muss ich beherrschen, um eine höhere Fertigkeit ausführen zu können?´. Der Bildungswissenschaftler muss unter anderem in der Lage sein, Fragebögen zu erstellen, zu verteilen und auszuwerten, um eine Mitarbeiterbefragung per Fragebogen durchführen zu können. Diese Fertigkeit ist wiederrum eine notwendige Voraussetzung für die Bedürfnisermittlung, welche wiederum eine Voraussetzung für die Identifizierung seiner Zielgruppe ist. Und nur wenn der Bildungswissenschaftler fähig ist, seine Zielgruppe zu ermitteln, kann er auch das notwendige Konzept für gesundheitsförderliche Maßnahmen erstellen.
2.2 Das Sequenzprinzip der vereinfachenden Annahmen
Da in den Lernaufgaben die Ganzheitlichkeit der zu erlernenden Fertigkeit enthalten sein soll, kann nicht einfach auf das Einüben von Teilfertigkeiten zurückgegriffen werden. Um Frustration und Demotivation durch Überforderung beim Lernenden zu vermeiden, müssen andere Wege der Vereinfachung gefunden werden. Dazu schlagen Van Merriënboer und Kirschner vier verschiedene Sequenzprinzipien vor. Hier soll sich allerdings nur auf das erste Sequenzprinzip, das Prinzip der Vereinfachenden Annahmen (engl. simplifying assumption), konzentriert werden. Diese machen die Ausführung der Aufgabe entweder ein-facher oder komplizierter. Die Aufgabenklassen werden also mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad entworfen, so dass sich mit steigender Kompetenz des Lernenden auch die Komplexität der einzelnen Aufgabenklassen erhöht.
Am Beispiel des Bildungswissenschaftlers in der Betrieblichen Gesundheits-förderung können folgende Vereinfachende Annahmen getroffen werden:
1. Anzunehmen ist, dass die freiwillige Teilnahme eines Mitarbeiters an einem Seminar seine Motivation und das eigene Interesse an dem Thema anzeigt, während eine durch den Arbeitgeber erzwungen Anwesenheit die Gefahr von Desinteresse, Demotivation und Frust bei dem Teilnehmer verstärkt.
2. Da neue Informationen am besten verarbeitet werden, wenn sie an ein vorhandenes Vorwissen anschließen können, ist anzunehmen, dass Vorwissen im Bereich der Gesundheitsvorsoge und Arbeitssicherheit bei den Teilnehmern eines Seminars vereinfachend wirkt. Die Seminardurch-führung und Vorbereitung für Gruppen mit wenig oder kaum Vorwissen gestaltet sich demzufolge umfangreicher und schwieriger.
3. Für die Komplexität einer Thematik ist anzunehmen, dass sie sowohl für den Umfang der Vorbereitungen eines Seminars, als auch für das Verständnis der Kursteilnehmer eine Rolle spielt. Demnach ist es einfacher, ein weniger komplexes Thema zu behandeln.
4. Der praktische Bezug der Thematik ist ebenso wichtig. Es wird unterstellt, dass eine Alltagsproblematik schnell Interesse bei den Teilnehmern weckt, während ein sehr theorielastiges Thema, beispielsweise die Arbeitsschutz- Gesetzgebung, schnell zu Ermüdungserscheinungen in der Gruppe führen kann. Hier muss sich der Bildungswissenschaftler zu helfen wissen und die Seminargestaltung entsprechend anpassen.
5. Auch die Gruppengröße ist entscheidend für den Ablauf eines Seminars. Angenommen wird, dass in einer kleinen Gruppe gut auf einzelne Seminarteilnehmer und ihre Erwartungen an das Seminar eingegangen werden kann. Bei größeren Gruppen ist dies nicht immer möglich und stellt erheblich mehr Anforderungen an den Bildungswissenschaftler, weil es schneller zu Unaufmerksamkeit und Unruhe in der Gruppe kommen kann.
Natürlich ist dies nur ein Ausschnitt aus möglichen Vereinfachenden Annahmen. Beispielsweise spielen auch die psychosoziale Belastung der einzelnen Teilnehmer am Arbeitsplatz, die allgemeine Arbeitsplatzatmosphäre und die Zusammensetzung der Gruppe eine Rolle. Eine breitere Ausführung würde jedoch an dieser Stelle zu weit führen.
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- Quote paper
- Susann Pfeil (Author), 2009, Das 4CID-Modell am Beispiel eines Lehrplanentwurfs für den Bildungswissenschaftler im Bereich der Gesundheitserziehung und -förderung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125495
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