In meiner Arbeit wird an Hand der Geschichte Indiens und Gandhis Salzmarsch exemplarisch dargelegt, wie Salz als politisches Mittel eingesetzt wurde und welche weitreichenden Folgen dies für Indien hatte. In diesem Rahmen werde ich das Leben der umstrittenen Person Gandhis und die zeitgeschichtlichen Rahmenbedingungen beleuchten, die überhaupt dazu führten, dass die Inder zu diesem Mittel griffen, um sich von der drückenden Herrschaft der Briten zu befreien. Kurz streife ich auch das Phänomen des Kolonialismus im Allgemeinen, um die damaligen weltweiten Tendenzen deutlich zu machen.
Inhaltsverzeichnis
1. Bedeutung von Salz
2. Der neuzeitliche Kolonialismus
2.1 Kolonisation
2.2 Dekolonisation
3. Indien
3.1 Geschichte des Landes bis ins 19. Jahrhundert
3.2 Gandhi: Leben und Philosophie
4. Der Salzmarsch
4.1 Zeitgeschichtliche Rahmenbedingungen
4.1.1 Wirtschaftliche Faktoren
4.1.2 Politische Faktoren
4.2 Der Marsch
4.3 Auswirkungen
4.3.1 Unmittelbare Konsequenzen
4.3.2 Weitreichende Folgen
5. Schlussanalyse: Zusammenhang zwischen Salz und Macht
6. Anhang
7. Literaturverzeichnis
1. Bedeutung von Salz
Salz - es lässt nicht nur unser Essen besser schmecken, sondern ist, wie schon früh er- kannt[1], ein lebenswichtiger Stoff, ohne den der Mensch, die Tiere und auch das Land nicht leistungsfähig sind. Gerade wegen dieser herausragenden Bedeutung für alle Lebewesen der Erde darf Salz nicht nur als ein Mineralstoff, sondern auch als Machtmittel gesehen wer- den. Im Lauf der Geschichte hat Salz nicht selten eine tragende Rolle im Leben der Men- schen gespielt. Dies lässt sich deutlich erkennen, wenn man bedenkt was der Salzhandel alles bewirkte, dass es gar Salzkriege gab und dass das Salz auch in Brauchtum[2], Aberglau- ben und vielen Sagen Eingang fand. In Afrika war es sogar als anerkanntes Zahlungsmittel, also als Geld, nicht unüblich.[3] In meist günstig gelegenen Städten war Salz lange Zeit der tragende Wirtschaftsfaktor, der zu großem Reichtum und großer Bedeutung einer Region führen konnte, wie beispielsweise in Passau eindrucksvoll bis heute sichtbar. Aber damit ist seine Bedeutung nicht erschöpft: während das Salz schon seit dem Altertum ein Hilfsmittel bestimmter Gewerbe war, ist es heute einer der wichtigsten Rohstoffe für die anorganische chemische Industrie.[4] Die Tatsache, dass niemand dauerhaft auf Salz verzichten kann, hatte die herrschenden Schichten schon früh das Potenzial dieses Stoffes erkennen lassen. Des- halb sicherte man sich mittels des staatlichen Salzmonopols und der Salzsteuer diese lukra- tive Einnahmequelle; selbstverständlich nur unter dem Vorwand der Besorgnis, dass, sollte dieses Machtmittel in die falschen Hände geraten, dies eine tragische Benachteiligung der Armen bedeuten würde.[5] Gleichzeitig setzte man vereinzelt und mit schlimmen Folgen „Salzentziehung“ gar als Strafe in Gefängnissen ein.[6]
In meiner Arbeit wird an Hand der Geschichte Indiens und Gandhi s Salzmarsch exempla- risch dargelegt, wie Salz als politisches Mittel eingesetzt wurde und welche weitreichenden Folgen dies für Indien hatte. In diesem Rahmen werde ich das Leben der umstrittenen Per- son Gandhi s und die zeitgeschichtlichen Rahmenbedingungen beleuchten, die überhaupt dazu führten, dass die Inder zu diesem Mittel griffen, um sich von der drückenden Herrschaft der Briten zu befreien. Kurz werde ich auch das Phänomen des Kolonialismus im Allgemei- nen streifen, um die damaligen weltweiten Tendenzen deutlich zu machen. Hierbei setze ich zeitlich etwa bei den weltweiten Entwicklungen ab 1450 (n.Chr.) ein, da die Epoche des neu- zeitlichen Kolonialismus, der zu Beginn des 15. Jahrhunderts einsetzte und etwa bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 andauerte, der für meine Arbeit entscheidende Zeitraum ist. Die vorangegangenen Kolonialzeiten, wie etwa die römische oder arabische, zu erläutern würde den Rahmen der Arbeit sprengen.
2. Der neuzeitliche Kolonialismus
2.1 Kolonisation
Laut Wahrig ist Kolonisation erstens „die Besiedlung, Urbarmachung und Erschließung un- genutzten Landes im Ausland oder im Inneren des eigenen Landes“ oder zweitens „die Ero- berung oder der Erwerb von Kolonien“.[7] Der neuzeitliche Kolonialismus begann im Zeitalter der Entdeckungen im 15. Jh. in einer Verbindung von Rohstoffausbeutung und Missionsge- danken und bestimmte seitdem das Verhältnis der europäischen Staaten zu den übersee- ischen Gebieten, den Kolonien.[8] Diese Politik lief wesentlich auf die Ausbeutung der be- herrschten Gebiete hinaus; die wirtschaftlichen Kontakte wurden auf das Mutterland be- schränkt. So dienten die Kolonien gleichzeitig als Lieferanten billiger Rohstoffe und als neue Absatzmärkte für teure Fertigwaren der Mutterländer. Den Anfang machte Portugal bzw. Kastilien mit seiner Suche nach einem Seeweg nach Indien, während der es auf Afrika stieß und dort erste Niederlassungen gründete. Andere europäische Staaten folgten dem portu- giesischen Beispiel und der Sklavenhandel begann zu blühen. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. begann dann die massive Kolonisierung des Kontinents durch die Europäer. Portugal, Großbritannien, Belgien, Frankreich, Italien und Deutschland eroberten, besetzten oder er- warben v.a. ab 1870 weite Gebiete Afrikas.[9] Unter dem Deckmantel einer zivilisatorischen Bewegung, die als Sieg des Lichts und der Zivilisation über die Finsternis und Barbarei dar- gestellt wurde, betrieben die europäischen Mächte die schamlose Ausbeutung des afrikani- schen Kontinents und seiner Bevölkerung. Auf der Berliner Konferenz 1884-85 teilte man Afrika quasi unter sich auf[10] - selbstverständlich nur „aus Fürsorge für die Steigerung der mo- ralischen und materiellen Wohlfahrt der eingeborenen Völkerschaften“[11]. Aufgrund soge- nannter „Schutzverträge“, die man mit den eingeborenen Fürsten und Stammesführern ab- schloss, sollte der Landerwerb und die Machtübernahme von den Eingeborenen legal und gerecht erscheinen.[12] Für die jetzt beherrschten Völker brachten die Eroberer aber nicht nur den Verlust der Selbstbestimmung, sondern in Form von meist monokulturellen Plantagen auch die dauerhafte Abhängigkeit von einigen wenigen landwirtschaftlichen Exportprodukten und allen damit verbundenen typischen Probleme einer monokulturellen Landnutzung.[13] Zu all diesen ohnehin schon großen Belastungen und unfairen Praktiken kamen noch die „Ver- pflichtungen“ hinzu, die die Mutterländer ihren Kolonien wie selbstverständlich abverlangten. Als man in Europa entschied an kriegerischen Auseinandersetzungen teilzunehmen, für die man noch „Männer“ benötigte, zog man einfach Soldaten aus seinen Kolonien heran.[14] Wel- che direkten und auch weitreichenden Folgen dies für die afrikanischen Völkerschaften be- deutete, interessierte die Eroberer nicht. Sie nahmen sich von ihren Kolonien, was sie woll- ten, ohne auf die Folgen zu achten. Selbstverständlich fand Kolonisation nicht nur in Afrika statt, sondern ähnlich durchgeführt in anderen Teilen der Welt, wo Europa meinte Gewinn aus weiteren Herrschaftsgebieten ziehen zu können. Als Beispiele wären hier u.a. der asiati- sche Raum und auch Amerika, v.a. Südamerika zu nennen. Rechnet man, aus Sicht der Ko- lonien, die positiven Aspekte des Kolonialismus gegen die negativen auf, so überwiegt das Negative; v.a. wenn man die Spätfolgen auch nach der Dekolonisation in Betracht zieht.
2.2 Dekolonisation
Unter Dekolonisation versteht man die Beendigung des Kolonialstatus oder die Auflösung kolonialer Herrschaft. Gleichbedeutend werden die Begriffe Entkolonialisierung, Entkolonisie- rung, Dekolonialisierung und Dekolonisierung verwendet. Meist bezieht man sich mit Deko- lonisation auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, in der die Kolonien der europäischen Mächte nach und nach ihre Selbstständigkeit erlangten. Den Anfang machte 1922 Ägypten, dem 1947 Indien, 1949 Indonesien und bis 1990 schrittweise die afrikanischen Kolonien folg- ten. Der Prozess der Entkolonialisierung setzte insgesamt etwa ab dem Ersten Weltkrieg ein. Die beherrschten Völker begannen eine Lehre zu ziehen aus dem was sie durch die Koloni- alherren über die Geschichte der Welt und Politik lernten.[15] Man erkannte, dass man als Volk nicht unterlegen bleiben durfte. So bildeten sich allmählich Nationalgefühle und - bewegungen, die Selbstbestimmung und Freiheit zu fordern begannen. Man wollte sich nicht mehr damit zufrieden geben als „Zulieferbetrieb für Europa“ zu dienen; egal ob im Bezug auf die Lieferung von „Menschengut“ für dessen Kriege[16] (siehe Statistik V im Anhang) oder billi- ge landwirtschaftliche Produkte für dessen Industrie. Als Identifikationskerne dieser Bewe- gungen dienten oft vorkoloniale Strukturen oder Religionen. Eine Verschärfung der Situation der Kolonien durch die Weltwirtschaftskrise 1929 und den Zweiten Weltkrieg beschleunigte den Lösungsprozess in vielen Fällen noch. Der von Europa ausgehende Druck verstärkte sich zunehmend bis hin zur Unerträglichkeit der gestellten Forderungen, sodass den be- herrschten Völkern gar kein anderer Ausweg mehr blieb, als Auflehnung und Freiheitskampf. Soziale Träger des Widerstandes waren in der Regel die lokalen Eliten, aber vereinzelt auch europäische Einzelpersonen, wie etwa der Missionar William Carey [17], der schottisch gebo- rene Allan Octavian Hume [18] oder die Engländerin Annie Besant [19]. Schaffte es ein Land dann tatsächlich die Freiheit zu erlangen, so konnte es sich souverän[20] nennen. Dass mit der Er- langung der Unabhängigkeit vom Mutterland, die Probleme des jeweiligen Landes bei wei- tem nicht behoben waren, mussten viele Ex-Kolonien erfahren. In der Regel folgten auf den Rückzug der Kolonialherren Chaos und innerstaatliche Konflikte.[21] Manche Kolonien haben diese Probleme bis heute nicht bewältigt und sind noch damit beschäftigt einen neuen Weg für sich zu finden; andere konnten sich trotz offizieller Unabhängigkeit nie ganz von ihren Kolonialherren lösen und verharren weiter in einem Abhängigkeitsverhältnis.[22] Die meisten ehemaligen Kolonien Europas gehören heute zu den sogenannten Entwicklungsländern und werden noch lange die Hilfe der industrialisierten Welt brauchen, um ihre unter dem Joch Europas entstandenen Probleme endgültig zu lösen.[23]
3. Indien
3.1 Geschichte des Landes bis ins 19. Jahrhundert
Die Geschichte Indiens ist von vielen unterschiedlichen Herrschern geprägt, die in unter- schiedlicher Staatsform über unterschiedliche Gebiete des Subkontinents geherrscht haben. Ich möchte mit meiner Chronik schon vor Christi Geburt beginnen, um zu verdeutlichen, wie früh in Indien schon Zivilisation einsetzte. Etwa ab 2800 v.Chr. Begann sich die Induskultur auszuprägen, die dann bis etwa 1200 v.Chr. vorherrschend war. Ab etwa 1250 v.Chr. setze die Einwanderung der vedischen Völker von Nordwesten her ein, die etwa bis 600 v.Chr. die Oberhand behielten, bis dann die erste Urbanisierung einsetzte und sich regionale Königtü- mer herauszubilden begannen. Das erste große Königreich im Gangesgebiet bestand ca. ab 500 v.Chr. bis dann 320 v.Chr. Chandragupta Maurya das Maurya -Reich und die gleichna- mige Dynastie begründete – sein Enkel Ashoka schaffte es sogar, das erste indische Groß- reich zu erschaffen; dieses besteht bis 185. Viele weitere Dynastien, Gebietsaufteilungen, Herrschaftsformen, Kriege und Einfälle fremder Völker (Alexander der Große, Hunnen, Mongolen u.v.m.) später begründet Babur, ein Nachfahre Dschingis Khans und Timurs, im Jahr 1526 n.Chr. das Reich der Großmoguln.[24] Trotzdem bleibt Indien aufgrund seines ge- ringen völkischen Zusammenhalts angreifbar.[25] Zu diesem Zeitpunkt sind die Europäer, na- mentlich die Portugiesen, schon seit beinahe drei Jahrzehnten in Indien zu Gange. Ab die- sem Zeitpunkt geht die Ausbreitung des europäischen Einflussbereiches quasi Schlag auf Schlag. Ab dem Jahr 1600 lassen sich nacheinander die britische, die niederländische und etwas verspätet die französische Ostindiengesellschaft nieder und beginnen ihre Erobe- rungszüge durch das Land. Anfangs legal und nicht zwangsläufig mit dem Anspruch später einmal das Land beherrschen zu wollen, breiten sich die Europäer in Indien aus. Mit den Jahren zunehmend doch diesem Ziel unterworfen und setzen sie dies auch mit nicht-legalen Mitteln durch. Während das Mogulreich 1719 seine Hegemonie aufgeben muss und kurz darauf die Marathen zur Großmacht aufsteigen, beginnen die europäischen Großmächte sich um die Vormachtstellung in Indien zu streiten.
[...]
[1] vgl. SOMMERFELD, W. (1868): Salzmonopol und Salzsteuer, S.7 ff. und 19
[2] noch heute werden oft Brot und Salz beim Einzug in eine neue Wohnung geschenkt
[3] vgl. SOMMERFELD, W. (1868): Salzmonopol und Salzsteuer, S. 10
[4] vgl. EMONS, H.H.; Walter, H.-H. (1984): Mit dem Salz durch die Jahrtausende, S. 2
[5] vgl. SOMMERFELD, W. (1868): Salzmonopol und Salzsteuer, S. 5
[6] vgl. SOMMERFELD, W. (1868): Salzmonopol und Salzsteuer, S. 10
[7] vgl. WAHRIG, G. (1972): Deutsches Wörterbuch, S. 2086
[8] vgl. REDAKTION SCHULE UND LERNEN (Hrsg.) (2001): Schülerduden. Erdkunde II, S. 207
[9] vgl. REDAKTION SCHULE UND LERNEN (Hrsg.) (2001): Schülerduden. Erdkunde I, S. 13
[10] vgl. ANSPRENGER, F. (1973): Kolonisierung und Entkolonisierung in Afrika, S. 1, 13 und 18
[11] Berliner Schlussakte vom 26. Februar 1885(sog. Kongo-Akte), Kap. 6 Präambel; vgl. ANSPRENGER, F. (1973): Kolonisierung und Entkolonisierung in Afrika, S. 15
[12] vgl. ANSPRENGER, F. (1973): Kolonisierung und Entkolonisierung in Afrika, S. 18
[13] vgl. ANSPRENGER, F. (1973): Kolonisierung und Entkolonisierung in Afrika, S. 29
[14] vgl. ANSPRENGER, F. (1973): Kolonisierung und Entkolonisierung in Afrika, S. 23
[15] vgl. GAEBERT, H.W. (1944): In Sachen Indien gegen London, S. 19 und 111 f.
[16] vgl. ANSPRENGER, F. (1973): Kolonisierung und Entkolonisierung in Afrika, S. 35 und GAEBERT, H.W. (1944): In Sachen Indien gegen London, S. 230 f.
[17] vgl. GAEBERT, H.W. (1944): In Sachen Indien gegen London, S.129
[18] vgl. GAEBERT, H.W. (1944): In Sachen Indien gegen London, S. 134
[19] vgl. HAGEMANN, A. (2008): Mahatma Gandhi, S. 33
[20] vgl. SCHERK, N. (1969): Dekolonisation und Souveränität, S. 3
[21] vgl. DÖLLE, H.; REICHERT-FACILIDES, F.; ZWEIGERT, K. (1964): Internationalrechtliche Betrachtugen zur Dekolonisierung, S. 48 f. und SCHULZ, O. (1981): Sicherung und Konsolidierung der Ergebnisse der Dekolonisation, S. 39 ff.
[22] vgl. SCHERK, N. (1969): Dekolonisation und Souveränität, S. 1 f., 37 ff. und 139 ff.
[23] vgl. SCHULZ, O. (1981): Sicherung und Konsolidierung der Ergebnisse der Dekolonisation, S. 2
[24] vgl. ROTHERMUND, D. (1995): Indien, S. 610 ff.
[25] vgl. BHATTA, K.A. (1943): Indien im britischen Reich, S. 17
- Arbeit zitieren
- Dorothea Bernhard (Autor:in), 2008, Salz und Entkolonialisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125421
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