Nach einer weit verbreiteten Legende bestand das ursprüngliche Ziel der Entwicklung der Vorläufer des heutigen Internets vor dem Hintergrund des Kalten Krieges in der Schaffung eines verteilten Kommunikationssystems, um im Falle eines Atomkrieges eine störungsfreie Kommunikation zu ermöglichen. In Wirklichkeit wurden aber vorwiegend zivile Projekte gefördert, auch wenn die ersten Knoten von der Advanced Research Projects Agency (ARPA) finanziert wurden.
Aus heutiger Sicht weitgehend unbeachtet bleibt, dass das ARPANET, der direkte Vorläufer des heutigen Internets, nicht das einzige Vernetzungsprojekt war. Zahlreiche weitere Netzwerke (ALOHANET, in Hawaii, Cyclades in Frankreich, EIN in Europa, NPL in Großbritannien, CERNET am CERN in der Schweiz) wurden, zeitgleich oder zumindest zeitnah, vom ARPANET inspiriert oder unabhängig davon, weltweit in Betrieb genommen. Auch setzte sich das ARPANET beziehungsweise die ihm zu Grunde liegende Technik nicht einfach als beste Lösung durch, sondern es fand ein Austausch von Ideen und Techniken statt, die zur heutigen Form des Internets führten. Das Ziel dieser Arbeit ist es, diesen Entwicklungsprozess näher zu beschreiben.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. ARPANET
2.1. Geschichte des ARPANETs
2.2. ARPANET Technik
3. NPL Netzwerk
3.1. Geschichte des NPL Netzwerks
3.2. NPL Technik
4. ALOHANET
4.1. Geschichte des ALOHANETs
4.2. ALOHANET Technik
5. CYCLADES
5.1. Cyclades Geschichte
5.2. Cyclades Technik
6. Internet und Internetze
6.1. Geschichte
6.2. Internettechnik
6.2.1. Ethernet
6.2.2. Internet Protocol (IP)
6.2.3. Transmission Control Protocol (TCP)
7. Schlussbemerkung
8. Literaturverzeichnis
9. Internetquellen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - ARPANET Entwicklungmeilensteine (Zakon)
Abbildung 2 - ARPANET Topologie 1971 (Salus, S.64)
Abbildung 3 - ARPANET Topologie 1980 (Salus, S.100)
Abbildung 4 - Cyclades Topologie 1975 (Pouzin, 1975, S. 10)
Abbildung 5 - TCP/IP Schichtenmodell (Stallings, S.27)
1. Einleitung
Nach einer weit verbreiteten Legende bestand das ursprüngliche Ziel der Entwicklung der Vorläufer des heutigen Internets vor dem Hintergrund des Kalten Krieges in der Schaffung eines verteilten Kommunikationssystems, um im Falle eines Atomkrieges eine störungsfreie Kommunikation zu ermöglichen. In Wirklichkeit wurden aber vorwiegend zivile Projekte gefördert, auch wenn die ersten Knoten von der Advanced Research Projects Agency (ARPA) finanziert wurden.
Mit dem Aufkommen der Informatik bestand in den USA ein hoher Bedarf an Computern, da jede neue Informatikfakultät einen eigenen Computer bauen oder kaufen wollte. Das primäre Ziel der Vernetzung bestand darin, dass Computerressourcen gemeinsam genutzt werden konnten, um so die horrenden Kosten für neue Computersysteme an den Universitäten zu reduzieren. Die ersten vier Netzwerkknoten wurden folglich an den vier universitären Standorten UCLA (University of California Los Angeles), SRI (Stanford Research Institute), UCSB (University of California Santa Barbara) und University of Utah zwischen August und Dezember 1969 installiert und die erste Nachricht wurde am 29. Oktober 1969 zwischen der UCLA und dem SRI ausgetauscht.
Für die heutigen Mainstream-Benutzer des Internets steht World Wide Web praktisch synonym für Internet. Dabei wird außer Acht gelassen, dass die Idee vom WWW erst 1993 von Tim Berners-Lee entwickelt wurde. Bis dahin waren Telnet, Usenet und FTP, neben dem auch heute noch populären Dienst eMail, die wichtigsten Dienste des Internets. Im Laufe der Jahre verschoben sie sich jedoch entweder in Nischen (Usenet), wurden zu Spezialanwendungen für Administratoren (Telnet) oder gingen mehr oder weniger im WWW auf (FTP).
Aus heutiger Sicht weitgehend unbeachtet bleibt, dass das ARPANET, der direkte Vorläufer des heutigen Internets, nicht das einzige Vernetzungsprojekt war. Zahlreiche weitere Netzwerke (ALOHANET, in Hawaii, Cyclades in Frankreich, EIN in Europa, NPL in Großbritannien, CERNET am CERN in der Schweiz) wurden, zeitgleich oder zumindest zeitnah, vom ARPANET inspiriert oder unabhängig davon, weltweit in Betrieb genommen. Auch setzte sich das ARPANET beziehungsweise die ihm zu Grunde liegende Technik nicht einfach als beste Lösung durch, sondern es fand ein Austausch von Ideen und Techniken statt, die zur heutigen Form des Internets führten. Das Ziel dieser Arbeit ist es, diesen Entwicklungsprozess näher zu beschreiben.
2. ARPANET
2.1. Geschichte des ARPANETs
Nach dem Sputnik-Schock am 4.10.57 wurde 1958 in den USA die ARPA (Advanced Research Projects Agency) als zentrale Institution für militärbezogene Forschung und Entwicklung gegründet. 1962 wurde das Information Processing Technique Office (IPTO) als ARPA-Abteilung begründet, mit dem Ziel die nationale Computerforschung zu fördern (Naughton, S.76).
Paul Baran von der Research and Development Corporation (RAND) beschäftigte sich Anfang der 60er Jahre damit, wie man eine instabile Position zweier neurotischer Atommächte, die sich in einem eskalierende Rüstungswettstreit befanden, abwenden könnte. Mit einem verwundbaren Kommunikationssystem bestand seiner Meinung nach ein Risiko für beide Parteien, die Aktionen der anderen Partei falsch zu interpretierten und zuerst anzugreifen. Das Telefonnetz erachtete er als stark verwundbar und entwickelte deswegen die Idee eines Netzwerks, um das Überleben des Kommunikationsnetzes auch bei Beschädigung einzelner Stationen zu ermöglichen, da in einem Netzwerk beim Ausfall eines Knotens eine Nachricht einfach über andere Knoten weiterverteilt werden könnte. Gleichzeitig überlegte er sich, die Nachrichten in Blöcke zu unterteilen, die unabhängig voneinander übermittelt werden können. 1965 stellte Baran die Arbeit an seiner Netzwerkidee ein, da er die Defence Communication Agency (DCA) nicht für fähig hielt, das Projekt in die Tat umzusetzen (Naughton, S.92ff)
1965 leitet Larry Roberts das erste Experiment zur Verbindung zweier Computer über Telefonleitungen, bei dem der TX-2 am MIT mit dem SDC Q-32 in Santa Monica verbunden wird (Leiner). Robert Taylor der Leiter des IPTO sieht sich 1966 mit zwei Problemen konfrontiert. Das Terminal-Problem bestand darin, dass er in seinem Büro drei verschiedene Terminals besaß, um mit den drei dazugehörigen Mainframe-Rechnern zu arbeiten. Außerdem bestand eine hohe Nachfrage nach teuren Mainframe-Computern an den Universitäten. Taylors Idee bestand darin, die Computer zu vernetzen, so dass ein Terminal sich mit allen im Netz befindlichen Rechnern verbinden und die Rechenleistung verteilt werden konnte (Hafner & Lyon, S68f).
Taylor beauftragte Roberts mit der Umsetzung der Idee. Wesley Clark entwickelt kurz darauf die Idee eines Subnetzes für das ARPA-Netzwerk, das aus vielen so genannten Interface Message Processor (IMP) Rechnern besteht, die den Host-Computern die Aufgabe der Datenübertragung abnehmen. Allerdings konnte Roberts bis 1967 keine Lösung entwickeln, wie die Daten denn konkret übertragen werden sollte. Dies änderte sich, als er 1967 bei einer Computerkonferenz in Gatlinburg von den Arbeiten Davies und Barans erfuhr. Anschließend wurde beschlossen, das Paketvermittlungsverfahren für das ARPANET umzusetzen und eine Ausschreibung für die Entwicklung der IMPs konnte stattfinden. Diese wurde von Bolt, Beranek & Newman (BBN) 1968 gewonnen und BBN wurde damit beauftragt das ARPANET zu erschaffen. BBN kümmerte sich nur um die IMPs, die sie auf Basis von Honeywell 516 Computern bauten und die Kommunikation zwischen den IMPs. Für die Spezifizierung der Kommunikation zwischen den Hosts wurde 1969 die Network Working Griup (NWG), bestehend aus Studenten und Postdoktoranden (u.a. Vint Cerf, Steve Crocker, Leonard Kleinrock) der Universitäten, deren Computer an das Netzwerk angeschlossen werden sollten, gegründet (Gillies & Caillau, S. 30).
1969 beschreibt Steve Crocker im ersten Request for Comment (RfC) („Host Software“) die elementaren Voraussetzungen für die Kommunikation zwischen zwei Hosts und spezifiziert die ersten beiden Dienste des Netzwerks: Telnet und das File Transfer Protocol (FTP). Außerdem wird das Network Control Protocol (NCP) als elementares Paketübermittlungsprotokoll, auf dem alle anderen Protokolle aufbauen sollen, spezifiziert.
Die Inbetriebnahme des ARPANETs beinhaltete folgende Meilensteine:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 - ARPANET Entwicklungmeilensteine (Zakon)
Es folgte ein zügiger Ausbau und 1971 waren schon insgesamt 18 Knoten verbunden, wie die folgende Abbildung zeigt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 - ARPANET Topologie 1971 (Salus, S.64)
Im Oktober 1972 fand die erste Internationale Konferenz über Computerkommunikation (ICCC) in Washington statt. Hierbei wurde das ARPANET erstmalig einer breiten Öffentlichkeit mit zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten vorgestellt.
1972 erfindet Ray Tomlinson eMail zum Senden von Nachrichten über das Computernetzwerk. Dabei führt er das @-Zeichen als Trennzeichen zwischen Name und Host ein. Zu Anfang werden eMails noch über das FTP-Protokoll übertragen, doch schon im Folgejahr wird das Simple Mail Transfer Protocol (SMTP) für die Übertragung von eMails geschaffen. Eine Studie belegt ein Jahr nach der Einführung von eMail, das 75% das Verkehrs im ARPANET durch eMails generiert werden. Dieser Erfolg ist auch auf Larry Roberts zurückzuführen, der das erste eMail-Verwaltungsprogramm rd Anfang 1973 schrieb.
1975 wurde das ARPANET an die DCA übertragen, weil die DARPA es nicht mehr als Forschungsprojekt betrachtete. Zwei Jahre später gab es über 100 Hosts im ARPANET. Die folgende Abbildung zeigt den Ausbau des ARPANETs im Jahr 1980:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 - ARPANET Topologie 1980 (Salus, S.100)
1983 wurde das ARPANET in das ARPA-Internet und das MILNET aufgeteilt. Gleichzeitig wurde auf TCP/IP umgestellt. Am 20. Februar 1990 wurde das ARPANET abgeschaltet.
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- Philipp Helle (Author), 2007, Die Entwicklungsgeschichte verschiedener Computernetzwerke bis zum Internet, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125406
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