Die vorliegende Arbeit beschäftige sich mit den Einstellungen zum Thema Figur, Essen und Diät bei Grundschulkindern. Dabei ist von Interesse, inwiefern diese für die Entstehung von Essstörungen verantwortlich sein können und ihnen präventiv vorgebeugt werden kann. Sie teilt sich einem theoretischen und einem empirischen Teil auf.
Im theoretischen Teil soll zunächst das Thema Ernährung im Kontext der Schule betrachtet werden, um nachzuvollziehen, wie diese mit der Gesundheitsförderung in Zusammenhang steht und welche Bedeutung sie für diese hat. Anschließend werden die Ziele von Ernährungserziehung erläutert, um im Weiteren zu verdeutlichen, wie die Themen Körper und Ernährung im hessischen Rahmenplan eingebettet sind. Dies soll zunächst zu einer grundlegenden Orientierung führen, in der dargestellt wird, wie sich das Thema Ernährung in der Schule darstellt und in welchem Bezug es gesehen werden muss. Dies macht erst die Konsequenzen und Möglichkeiten dieser Einbettung möglich, die daraufhin erläutert werden. Danach wird die Umsetzung der Ernährungserziehung erläutert, wobei die Umsetzungsmöglichkeiten von Institution und Lehrern getrennt aufgeführt werden.
Im Anschluss daran werden die Präventionsmöglichkeiten der Schule diesbezüglich dargestellt. Hier geht es darum aufzuzeigen, auf welche Möglichkeiten die Schule eingehen kann, um eine adäquate Umsetzung der Ernährungserziehung zu gewährleisten und das Risikoverhalten der Kinder zu verringern.
In einem nächsten Schritt wird auf die Einstellungen zu Figur, Essen und Diät eingegangen. Um später Präventionsmaßnahmen diesbezüglich zu verstehen, soll an dieser Stelle gezeigt werden, warum diese Einstellungen gefährlich sein können und inwiefern sie mit Essstörungen zusammenhängen. Dazu werden zunächst die Einstellungen der Personen hinsichtlich ihres Körperbildes aufgezeigt und wie diese auf die Körperzufriedenheit Einfluss nehmen. Im Anschluss werden mehrere Studien vorgestellt.Im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit wird die Untersuchung, die im Zuge der wissenschaftlichen Hausarbeit durchgeführt wurde, vorgestellt. Im folgenden kommt es zur Darstellung der Ergebnisse und der anschließenden Interpretation zur Diskussion. Am Ende der Arbeit soll eine Zusammenfassung stehen, die einen kurzen Überblick über die Arbeit gibt und diese zusammenfassend darstellt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Thema Ernährung in der Grundschule
2.1 Wie wird das Themenfeld Ernährung in Bezug zur Gesundheitsförderung gesehen?
2.2 Was soll Ernährungserziehung in der Grundschule leisten?
2.3 Wie werden die Themen Körper und Ernährung in den Rahmenplan eingebettet?
2.4 Umsetzung der Ernährungserziehung in der Grundschule
2.4.1 Was kann die Grundschule tun?
2.4.2 Was können Lehrer und Eltern tun?
2.4.3 Wie kann in der Schule Prävention diesbezüglich aussehen?
3 Einstellungen zu Figur, Essen und Diät
3.1 Körperbild und Körperunzufriedenheit
3.2 Essen und Ernährungsgewohnheiten
3.3 Ernährungs- und Essverhalten
3.3.1 Gezügeltes Essverhalten
3.3.2 Gestörtes Essverhalten
3.3.3 Adipositas und Übergewicht
3.4 Prävention von Essstörungen, Adipositas und Übergewicht
4 Vorstellung vorausgehender Studien
4.1 »Dieting Behavior and Eating Attitudes in Children« von Michael J. Maloney u.a
4.2 »Body Figure Perceptions and Preferences among Preadolescent Children« von M. Elizabeth Collins
4.3 »Körperbild, Körperunzufriedenheit, Diätverhalten und Selbstwert bei Mädchen und Jungen im Alter von sieben bis dreizehn Jahren« von Susanne Kreikebaum
4.4 »Body Shape Perceptions of Preadolescent and Young Adolescent Children« von K. N. Parkinson u.a
4.5 »Body Figure Perceptions and Eating Attitudes Among Australian Schoolchildren Aged 8 to 12 Years« von Kim Rolland u.a
5 Untersuchungsmethodik
5.1 Design der Studie
5.2 Beschreibung der Stichprobe
5.2.1 Informationen zu den einzelnen Schulen
5.2.2 Die Altersverteilung
5.2.3 Gewichts – Größen – Verteilung
5.2.4 Gewichtsschätzungen
5.3 Beschreibung der Untersuchungsinstrumente
5.3.1 Die Figurenzeichnungen
5.3.2 Die Fragenstruktur des Interviews
5.4 Durchführung der Datenerhebung
6 Darstellung der Ergebnisse
6.1 Vorstellung der Ergebnisse
6.1.1 Keine Antwort
6.1.2 Schwer und dick
6.2 Interpretation der Ergebnisse
7 Diskussion der Ergebnisse
8 Zusammenfassung
9 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Ins Blickfeld ist in den letzten Jahren vor allem kindliches Übergewicht gerückt. Deutlich zugenommen hat aber auch die Zahl der anorektischen und bulimischen Patienten. Fachleute machen gar einen Trend aus, wonach das Alter der Betroffenen kontinuierlich sinkt“ (www.aeztlichepraxis.de)
Die vorliegende Arbeit beschäftige sich mit den Einstellungen zum Thema Figur, Essen und Diät bei Grundschulkindern. Dabei ist von Interesse, inwiefern diese für die Entstehung von Essstörungen verantwortlich sein können und ihnen präventiv vorgebeugt werden kann. Sie teilt sich einem theoretischen und einem empirischen Teil auf.
Im theoretischen Teil soll zunächst das Thema Ernährung im Kontext der Schule betrachtet werden, um nachzuvollziehen, wie diese mit der Gesundheitsförderung in Zusammenhang steht und welche Bedeutung sie für diese hat. Anschließend werden die Ziele von Ernährungserziehung erläutert, um im Weiteren zu verdeutlichen, wie die Themen Körper und Ernährung im hessischen Rahmenplan eingebettet sind. Dies soll zunächst zu einer grundlegenden Orientierung führen, in der dargestellt wird, wie sich das Thema Ernährung in der Schule darstellt und in welchem Bezug es gesehen werden muss. Dies macht erst die Konsequenzen und Möglichkeiten dieser Einbettung möglich, die daraufhin erläutert werden. Danach wird die Umsetzung der Ernährungserziehung erläutert, wobei die Umsetzungsmöglichkeiten von Institution und Lehrern getrennt aufgeführt werden.
Im Anschluss daran werden die Präventionsmöglichkeiten der Schule diesbezüglich dargestellt. Hier geht es darum aufzuzeigen, auf welche Möglichkeiten die Schule eingehen kann, um eine adäquate Umsetzung der Ernährungserziehung zu gewährleisten und das Risikoverhalten der Kinder zu verringern.
In einem nächsten Schritt wird auf die Einstellungen zu Figur, Essen und Diät eingegangen.
Um später nachzuvollziehen, wie dies bei Grundschulkindern vorhanden ist, werden an dieser Stelle die menschlichen Ansichten unseres Kulturkreises vorgestellt. Denn die Einstellungen zu Figur, Essen und Diät prägen im Wesentlichen den menschlichen Lebensalltag und somit auch den der Kinder. Um später Präventionsmaßnahmen diesbezüglich zu verstehen, soll an dieser Stelle gezeigt werden, warum diese Einstellungen gefährlich sein können und inwiefern sie mit Essstörungen zusammenhängen. Dazu werden zunächst die Einstellungen der Personen hinsichtlich ihres Körperbildes aufgezeigt und wie diese auf die Körperzufriedenheit Einfluss nehmen. Weiterhin werden die Denkweisen in Bezug auf das Essen und die Ernährungsgewohnheiten betrachtet, bevor die Einstellung zum Essverhalten der Menschen dargestellt wird. Dabei sind die Auffassungen des entstandenen Essverhaltens – das gezügelte Essen –, das nicht mit einem normalen Essverhalten gleich gesetzt werden kann, von Interesse. Denn aufgrund der heutigen Einstellungen zum Essen und Essverhalten der Menschen kann ein gestörtes Essverhalten entstehen. Da die Kinder immer früher diese Einstellungen übernehmen, sind auch sie gefährdet. Der Begriff gestörtes Essen ist geläufiger unter dem Begriff Essstörungen. Da sich meine Arbeit mit dem Blick auf die Primärprävention dieser richtet und was die Schule dazu leisten kann, folgt eine Beschreibung der Essstörungen Anorexia nervosa und Bulimia nervosa, um zu erkennen, dass diese schwere Krankheiten sind, welche Auswirkungen und Folgen sie haben und vor allem aus welchem Grund sie entstehen. Denn nur, wenn ein ausreichendes Wissen über die Essstörungen vorhanden ist, kann man die Denkweise der Betroffenen verstehen und Primärprävention leisten, indem die Risikofaktoren, die zur Ausbildung beitragen, verringert werden.
Anschließend wird der Unterschied von Übergewicht und Adipositas beschrieben. Sie werden zwar nicht als Essstörungen betrachtet, können jedoch auf einem gestörtem Essverhalten beruhen. Auf sie sollte daher präventiv eingewirkt werden, ein Grund dafür, warum sie Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind. Dieser Teil der Arbeit schließt mit der Vorstellung und Möglichkeiten, die der Prävention von Essstörungen gegeben werden und wie diese anzuwenden sind.
Im Anschluss werden mehrere Studien, worauf sich auf der empirischen Teil bezieht, vorgestellt. Diese haben die Einstellungen von Figur, Essen und Diät bereits untersucht.
Im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit wird die Untersuchung, die im Zuge der wissenschaftlichen Hausarbeit durchgeführt wurde, vorgestellt. Diese beschäftigt sich mit den Einstellungen der Kinder in Bezug zu Figur, Essen und Diät und soll eine Antwort geben, ob Kinder bereits im Grundschulalter ein Risikoverhalten in ihren Einstellungen und ihrem Essverhalten zeigen, dass später in einer Essstörungen münden könnte.
Dazu wird zunächst die Untersuchungsmethodik dargelegt, sowie das Design der Studie und die Stichprobe beschrieben. Informationen zu den einzelnen Schulen und zur Altersstruktur werden dargelegt, um die Lebensumstände der Schüler besser nachvollziehen zu können und dadurch ein Bild über deren Essgewohnheiten. Das Alter stellt dabei einen Interessensschwerpunkt dar, da herausgefunden werden soll, ob sich ein Altersunterschied – und ein Geschlechtsunterschied – in den Einstellungen finden lässt. Daran schließt die Darlegung der Größen- und Gewichtsverteilung und die Schätzungen der Kinder bezüglich ihres Gewichtes.
Die Vorstellung der Untersuchungsmethodik schließt mit einer ausführlichen Beschreibung der Untersuchungsinstrumente und der Beschreibung der Durchführung der Untersuchung.
Im folgenden kommt es zur Darstellung der Ergebnisse und der anschließenden Interpretation zur Diskussion.
Am Ende der Arbeit soll eine Zusammenfassung stehen, die einen kurzen Überblick über die Arbeit gibt und diese zusammenfassend darstellt.
2 Das Thema Ernährung in der Grundschule
In diesem Kapitel wird dargestellt wie das Thema Ernährung in die Grundschule eingebettet ist. Dazu wird der Bezug zur Gesundheitserziehung und –förderung näher betrachtet und der gemeinsame Kontext hergestellt. Anschließend wird geschildert was Ernährungserziehung in der Grundschule leisten soll und inwieweit das Thema im Rahmenplan der Grundschule benannt wird. Dabei wird auf das Thema Körper eingegangen, da dies eng mit dem Thema Ernährung in Zusammenhang steht. In Kapitel 2.4 geht es schließlich um die Umsetzung des Themas. Der Beitrag, den Schule, Lehrer und Eltern leisten können, um die Ziele der Ernährungserziehung und somit der Gesundheitsförderung umzusetzen, steht dabei im Mittelpunkt. Daraufhin werden die Möglichkeiten der Prävention und Gesundheitsförderung, auf das Thema Ernährung einzuwirken, aufgezeigt und inwieweit dies umgesetzt werden kann.
2.1 Wie wird das Themenfeld Ernährung in Bezug zur Gesundheitsförderung gesehen?
Ernährung nimmt in der Gesundheitsförderung einen hohen Stellenwert ein und ist im Zusammenhang mit Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung zu sehen. Aufgrund dessen soll zunächst erläutert werden, wie Gesundheit im Rahmenplan Hessen definiert und verstanden wird. „Gesundheit meint die Gesundheit einer zugleich physischen, psychischen sowie sozialen Befindlichkeit des Menschen und nicht allein das Freisein von körperlichen Krankheiten. In diesem Sinne ist Gesundheit kein statischer Zustand, sondern entwickelt sich in einem lebenslangen Lernprozeß, der ständig durch einschränkende, kurzfristig nicht veränderbare gesellschaftlichen Bedingungen (z.B. Umweltbelastungen) oder durch individuelle Beeinträchtigungen (z.B. Körperbehinderungen) beeinflußt und relativiert wird. Demnach ist Gesundheit sowohl abhängig von persönlichem Verhalten als auch von der äußeren Faktoren“ (HESSISCHES KULTUSMINISTERIUM (Hrsg.) 1995, S. 266).
„Aufgrund der zunehmenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Kindern und Jugendlichen einerseits und dem wachsenden Interesse an schulischer Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung andererseits scheint in diesem Sinne eine zwar logische, aber auch zynische Beziehung zu bestehen: Je bedrohlicher nämlich die Umweltbelastungen, die Formen von Risikoverhalten […] und krankheitsförderliche Ernährungsweisen werden, desto mehr wird der Institution Schule aufgebürdet“ (LENZEN u.a. 1996, S. 7). Im Verlauf des Kapitels wird deutlich, dass diese große und zugleich schwierige Aufgabe, die den Schulen zugesprochen wird, schwer umzusetzen ist, da sie viele Faktoren berücksichtigen muss.
„Gesundheitserziehung setzte bis gegen Ende der achtziger Jahre auf Informationen und Aufklärung über Gesundheit und Krankheit, wobei Gesundheit als ein Freisein von Krankheit definiert wurde […], hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstmals ein politisches Leitkonzept zur Gesundheitsförderung verabschiedet. Im Vergleich zu den […] Konzepten der Gesundheitserziehung steht hier die Förderung gesunder Lebensweisen im Vordergrund“ (FAUST – SIEHL u.a. 1996 S. 110).
Gesundheitsförderung spielt demnach eine maßgebende Rolle und sollte in den Unterricht integriert werden. „Grundlegendes Ziel […] sollte daher sein, elementare Bedürfnisse wahrzunehmen, zu Lernen, sie anzuerkennen und schließlich Formen der Bedürfnisbefriedigung realisieren zu lernen, die sozial- und umweltverträglich, in gesundheitlich ganzheitlicher Sicht fördernd sind“ (PRIEBE u.a. (Hrsg.) 1993, S. 59). Ihre Ziele richten sich nach den Kriterien der WHO. Dabei sollte folgendes berücksichtigt werden: Gesundheitserziehung soll die Schüler anleiten, gesundheitsfördernde Entscheidungen zu treffen und somit eine Verantwortung für die Umwelt und sich selbst übernehmen zu können. Des Weiteren sollten die Schüler in der Lage sein, ihre eigenen Verhaltensweisen und Werte und die anderer Menschen bewußt wahrzunehmen. Zusätzliche sollen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die zu einer Ausbildung von gesundheitsfördernden Lebensweisen verhelfen und das Selbstwertgefühl der Schüler soll entwickelt und gestärkt werden (vgl. RUPPERT 2004, S. 208). Diese Ziele müssen auch auf das Thema Ernährung zutreffen, das ein Aufgabengebiet der Gesundheitsförderung darstellt.
Gesundheitserziehung wurde oftmals, wie oben erwähnt, als Wissensvermittlung angesehen, die lediglich Fakten über Gesundheit lehrte. Dies ist jedoch nicht ihre eigentlich Aufgabe, denn das Lernen von Kenntnissen garantiert nicht automatisch auch eine Verbesserung der Lebensumstände sowie den Aufbau von Persönlichkeitsmerkmalen, die es den Kindern ermöglichen, eine gesunde Haltung zu ihrem Körper aufzubauen. Um etwas bewirken zu können, müssen noch weitere Elemente z.B. emotionale und zwischenmenschliche Aspekte hinzukommen. Intention ist es das Gesundheitsbewußtsein bei den Kinder aufzubauen, das es ihnen ermöglicht gesund zu leben. Gesundheitsförderung und –erziehung soll selbstverständlich auch Informationen und damit Wissen vermitteln, dass den Kindern als Hilfestellung dient (vgl. AFFEMANN 1986, S. 37).
Dies kann nicht alleine in der Schule geschehen, denn Erziehung geschieht auch in der Familie. Gesundheitsförderndes Verhalten muss zusammen mit den Eltern den Kindern vermittelt werden. Die Vorbeugung und Bewahrung von Gesundheit muss ein Auftrag des gesamten Umfeldes des Kindes sein. (vgl. AFFEMANN 1986).
Eine ganzheitliche Bildung wird in der Schule heutzutage noch nicht vollständig umgesetzt, denn viele Lehrer konzentrieren sich nach wie vor zu sehr auf ihr Fachwissen und dessen Vermittlung, die Inhalte stehen im Vordergrund. „Sollen tatsächlich in der Schule Fähigkeiten, Eigenschaften, Einstellungen rationaler, emotionaler, sozialer, mentaler Art erzogen werden, die zum Wohlergehen und damit zur Gesundheit dienen, so ist stärkere eine Ausrichtung in der Schule auf Ganzheitlichkeit hin unumgänglich“ (AFFEMANN 1986, S. 31).
Ernährung stellt einen großen Teil der Gesundheitsförderung dar, wobei die Prävention von gestörtem Essverhalten eine bedeutenden Rolle einnimmt. Das Thema muss eine größere Orientierung am Alltag erhalten und verstärkt in alltägliche Situationen eingebettet werden. In der Schule ist Ernährung ein Thema, dass in allen Fächern behandelt werden sollte, um den Bezug zum Alltag herzustellen. Diese Forderungen konnten nach Straka in den letzten Jahren zwar verbessert werden, sind aber noch nicht optimal. Denn das Thema kann in eigene Schwerpunkte, wie Kariesprophylaxe, Schulfrühstück und Gewichtsreduktion, gegliedert werden (vgl. STRAKA 1997). Die Bemühungen, das Thema in einen ganzheitlichen Kontext zu setzen, wird allerdings außerhalb von Schulprojekten oder ähnlichem kaum realisiert.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, das das oberste Ziel der Gesundheitserziehung die Verhinderung der Wohlstandskrankheiten ist und dies auch für deren Aufgabenfelder gilt. Ziele und Konzepte der Gesundheitserziehung und –förderung müssen demnach auf das Aufgabenfeld Ernährung übertragen werden. „Bereits in der Grundschule müssen in speziellen Lerneinheiten Fragen der Ernährung behandelt werden. Hierbei sollen dem Schüler Grundkenntnisse vermittelt werden, die ihm später helfen können seine Nahrung richtig zusammenzustellen“ (LANDESINSTITUT SCHLESWIG – HOLSTEIN FÜR PRAXIS UND THEORIE DER SCHULE (Hrsg.) 1987, S. 68). Es wird somit deutlich, dass Ernährung in einem sehr engen Bezug zur Gesundheitsförderung gesetzt werden muss. Ernährung stellt ein Aufgabenfeld der Gesundheitsförderung dar und muss entsprechend der Ziele umgesetzt werden. In der Schule kann diese Umsetzung als Ernährungserziehung bezeichnet werden. Deren Schwerpunkte richten sich an der Gesundheitsförderung aus. Diese Schwerpunkte und die Aufgaben, die Ernährungserziehungen in der Schule erfüllen muss, werden im folgenden Kapitel dargelegt.
2.2 Was soll Ernährungserziehung in der Grundschule leisten?
Im Bereich der Ernährung hat man sich von einem präventiven Gesundheitsverständnis abgewendet und konzentriert sich auf die Gesundheitsförderung. Ernährungserziehung ist ein wesentlicher Bestandteil der Gesundheitsförderung, lässt sich jedoch nicht so leicht definieren und muss auf dem Hintergrund der Schüler aufbauen, um Interesse und Motivation zu wecken. Ernährungserziehung umfasst – wie mehrfach erwähnt – die Ziele der Gesundheitsförderung und muss diese umsetzen. Eine Definition dessen, kann nur schwer gegeben werden, da höchstwahrscheinlich nicht alle Faktoren, die Ernährungserziehung beeinflussen, darin benannt werden können.
Ernährungserziehung hat folgende Ziele. Das Erlernen von Handlungskompetenzen sowie die Festigung von Ernährungswissen steht im Vordergrund, um eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten zu bewirken. „Gesundheitserziehung, verstanden als Erziehung zu verantwortlichem Handeln gegenüber der eigenen Gesundheit wie auch gegenüber den gesundheitlichen Problemen der Mitmenschen und der Gesellschaft […] [richtet sich ebenso an die Ernährungserziehung, wie auch an die Gesundheitserziehung allgemein]“ (HESSISCHES INSTITUT FÜR LEHRERFORTBILDUNG (Hrsg.) 1986, S. 4).
Ein weiteres Ziel ist es, Schüler und Schülerinnen für ihre Bedürfnisse zu sensibilisieren und damit den Blick für ihr tägliches Essverhalten und ihren Körper zu schärfen. Die Kinder sollen zum einen lernen ihre Bedürfnisse richtig zu verstehen und mit diesen richtig umzugehen. Aus diesem Grund kann eine Kompensation von bestimmten Umständen (z.B. Stress) und Gefühlen (z.B. Angst) durch Essen verhindert werden. Zum anderen sollen die Kinder entscheidungsfähiger in ihrer Rolle als Konsument werden und lernen, mit der Werbung und dem Überangebot an Waren kritisch umzugehen. Sie sollen erkennen, dass nicht alles was von der Werbung als gesund propagiert wird, der Wahrheit entspricht. Sie sollen zu selbstbewußten und handlungsfähigen Verbrauchern erzogen werden, die Werbung kritisch hinterfragen und ihr Essverhalten verantwortungsbewußter gestalten. (vgl. BUNDESZENTRALE FÜR GESUNDHEITLICHE AUFKLÄRUNG (Hrsg.) 1998, S. 6).
Die Absicht der Ernährungserziehung bezieht sich auf das Beobachten des eigenen Essverhaltens, wodurch die Kinder ihre Ernährungsgewohnheiten und Verhaltensweisen näher kennen lernen und bemerken, dass diese nicht nur durch Hunger und Sättigung, sondern auch fremdbestimmt sind, z.B. durch die Medien. Sie sollen Eigeninitiative entwickeln und Verantwortung für ihr Ernährungsverhalten übernehmen.
Der Unterricht sollte ihnen die Gelegenheit bieten, ihre Fähigkeiten und sinnlichen Erfahrungen zu erweitern. (vgl. BUNDESZENTRALE FÜR GESUNDHEITLICHE AUFKLÄRUNG (Hrsg.) 1998, S. 6). Hierbei sollte Ernährungserziehung als Problemlöseunterricht gestaltet werden, der spezielle Verhaltensweisen näher bringt, die den Schülern helfen mit den Einstellungen und dem Verhalten gegenüber dem Essen adäquat umzugehen. „Damit die institutionelle Ernährungserziehung zu wirken und langfristig auch in den Familien ein Abrücken von traditionsbedingten Gewohnheiten und überholten Ernährungsnormen erreiche“ (KOSCIELNY 1983, S. 19) und somit zu einer allgemeinen, weitläufigen Gesundheitsförderung beiträgt, werden diese Ziele angestrebt.
Letztendlich soll kein abfragbares, kognitiv orientiertes Wissen den Schülern und Schülerinnen zur Verfügung stehen, sondern eine Fülle von Verhaltensstrategien als auch eine gesteigerte Aufmerksamkeit hinsichtlich ihres Essverhaltens, um ein gesundheitsschädliches Verhalten zu vermeiden. Ernährungserziehung konzentriert sich auf die Vermittlung von Ernährungswissen, um darüber hinaus vernünftige und gesunde Ernährungsgewohnheiten und –einstellungen bei den Kindern zu bewirken (vgl. STRAKA 1997).
Die wesentliche Aufgabe der Ernährungserziehung richtet sich an Kinder bis zum Beginn des Jugendalters. Sie beinhaltet das gesamte Spektrum an pädagogischen Maßnahmen, um das Essverhalten entsprechend der kulturellen Normen und Traditionen auszubilden und muss an mehreren Orten gleichzeitig geschehen (vgl. PUDEL/WESTENHÖFER 2003).
Während Ernährungserziehung in der Familie als beiläufiges Handlungsfeld der Erziehung gesehen wird (vgl. KOSCIELNY 1983), sind ihr in der Schule spezielle Ziele vorgegeben, die auch durch die vorliegenden Materialien umgesetzt werden können. „In der Bundesrepublik Deutschland ist die Ernährungserziehung unter naturwissenschaftlichen und/oder sozialwissenschaftlichen Aspekten curricular verankert und wird in der Lehrerausbildung, -fortbildung und –weiterbildung thematisiert – wenn auch nicht immer im wünschenswerten Umfang“ (STRAKA 1997, S. 29).
An der Umsetzung der Ernährungserziehung muss demnach noch gearbeitet werden, um die von der Gesundheitsförderung geforderten Ziele erreichen zu können. Um sich Gedanken über das Umsetzen von Ernährungserziehung machen zu können, soll im nächsten Kapitel dargestellt werden, wie die Themen Körper und Ernährung in den Rahmenplan eingebettet sind.
2.3 Wie werden die Themen Körper und Ernährung in den Rahmenplan eingebettet?
„In § 6 (4) des Hessischen Schulgesetzes heißt es: “Besondere Bildungs- und Erziehungsaufgaben der Schulen werden in Aufgabengebieten erfaßt. Diese sind insbesondere Umwelterziehung, Gesundheitserziehung, Sexualerziehung, Friedenserziehung, Rechtserziehung, Verkehrserziehung und die informationstechnischen und kommunikationstechnische Grundbildung. Aufgabengebiete werden fächerübergreifend unterrichtet. Sie können in Form themenbezogener Projekte unter Berücksichtigung der fachbezogenen Lernziele und Methoden auch jahrgangs- und schulformübergreifend unterrichtet werden.“ (HESSISCHES KULTUSMINISTERIUM (Hrsg.) 1995, S. 265). Der Rahmenplan Hessen selbst hält dementsprechend in seinem dritten Abschnitt »Die Grundschule als Lebensraum und Lernstätte« fest, welche Aufgabe die Grundschule in ihren übergreifenden Aufgabengebiete hat und welchen besonderen gesellschaftlichen Bildungs- und Erziehungsaufgaben sie nachkommen muss. Der Rahmenplan legt hierbei den Schwerpunkt auf die gemeinsame Verantwortung aller Fächer an diesen Aufgaben, um den Erziehungsauftrag zu verwirklichen.
Gesundheitserziehung, sowie die anderen Aufgabenfelder der Grundschule sind nicht als zusätzliche Fächer zu verstehen, sondern müssen in einen Zusammenhang gebracht werden.
Die Ziele sollen entsprechend des Inhaltes des Aufgabengebietes fächerübergreifend sowie jahrgangsübergreifend unterrichtet werden und dabei mehrperspektivisch, fächerverbindend und –überschreitend wirken (vgl. HESSISCHES KULTUSMINISTERIUM (Hrsg.) 1995, S. 265).
Der Rahmenplan teilt Gesundheitserziehung die Aufgabe zu, Kinder zu zielgerichteten, gesundheitsorientiertem Handeln zu befähigen und nach ihren Möglichkeiten Gesundheit zu fördern und zu erhalten. (vgl. HESSISCHES KULTUSMINISTERIUM (Hrsg.) 1995, S. 266). Somit ist eine schulische Gesundheitserziehung gleichermaßen auch als Prävention und Korrektur gesundheitsfeindlicher Einstellungen und Gewohnheiten zu verstehen.
Die Themen Körper und Ernährung finden sich im Rahmenplan der Grundschule unter dem Schwerpunkt Ernährung und Körperpflege wieder.
Dieser Schwerpunkt vereint folgende Themen für die Klassen eins bis vier:
- den Jahreszeiten und Tätigkeiten angemessene Kleidung
- Zähne und Zahnpflege
- Arbeitsplatzgestaltung, Körperhaltung und Haltungsschäden
- Umweltgifte
- Luft und Wasser als Lebensgrundlage
- Eßgewohnheiten: Nahrungs- vs. Genußmittel, ausgewogene Ernährung, Übergewichtigkeit, Essen und Trinken in der Schule, Essen genießen
- Körpersignale: Hunger, Durst, Schwitzen, Frieren, Müdigkeit
- Stoffwechsel und Körperfunktionen, Wachstum und Entwicklung
- Bewegung, Entspannung und Atmung
(vgl. HESSISCHES KULTUSMINISTERIUM (Hrsg.) 1995, S. 266)
Die letzten vier Stichpunkte konzentrieren sich auf die Themen Körper und Ernährung und lassen sich direkt auf das Thema der wissenschaftlichen Hausarbeit beziehen. Besonders die Essgewohnheiten und die Körpersignale müssen sich mit dem Thema Ernährung und Körper in der Grundschule befassen und wie gefordert effektive Verhaltensweisen diesbezüglich ausbilden. Zudem können die Themen Ernährung und Körper besonders bei den Körpersignalen gut verbunden werden.
Schaut man sich an, welche Schwerpunkte im Sachunterricht gesetzt werden sollen, fällt auf, dass im Gegensatz zum Thema Körper dem Thema Ernährung kein eigenes Lernfeld zugestanden wird. Da Ernährung und Essgewohnheiten nicht speziell erwähnt werden, ist es Aufgabe des Lehrers Punkte zu suchen, die man mit dem Thema verknüpfen kann. Dabei kommen mehrere Lernfelder in Frage. Das Lernfeld Körper bietet sich an, denn die Kinder sollen lernen, wie sie ihren Körper gesund halten können und dazu kann eine gesunde Ernährung gezählt werden. Des Weiteren wird in der dritten und vierten Klasse die Suchtgefährdung behandelt, bei der es sich anbieten würde mit den Kinder – natürlich altersgemäß – über Essstörungen zu sprechen (vgl. HESSISCHES KULTUSMINISTERIUM (Hrsg.) 1995, S. 140). Denn schließlich soll Übergewicht auch behandelt werden. Aber auch im Bereich des Zusammenlebens kann auf die Belange des Körpers und (gesunde) Ernährung weiter eingegangen werden. Der Rahmenplan nennt beispielsweise als Anregung in dem Lernfeld »Öffentliches Leben« die Möglichkeit eine andere Klasse zum Frühstücken einzuladen. Dabei kann wieder an das Aufgabenfeld Ernährung angeknüpft werden.
Zudem bietet nicht nur der Sachunterricht in der Grundschule die Möglichkeit das Aufgabenfeld anzusprechen, auch in anderen Fächern z.B. Religion, Deutsch, Mathematik, Sport … können Anknüpfungspunkte gefunden werden und damit ein handlungs- und fachübergreifender Unterricht gestalten werden.
Generell stellt der Rahmenplan wenig Vorschriften auf und gibt stattdessen Anregungen, wie mit dem Thema Ernährung umgegangen werden soll. Er erläutert lediglich die wichtigsten Schwerpunkte und klärt die Ziele, die in den einzelnen Fächern und Aufgabenfeldern umgesetzt werden sollen; die Gestaltung der Themen liegt letztlich in der Hand des Lehrers. Bei einem aufmerksamen Durchlesen des Rahmenplans können an jeder Stelle und in jedem Fach Punkte gefunden werden, an die das Thema Ernährung und auch Körper angeknüpft werden kann.
Wie Ernährungserziehung letztlich in der Grundschule geschieht und inwiefern die Schule, sowie Lehrer und Eltern dazu beitragen können, soll das folgende Kapitel zeigen. Zudem sollen einige Umsetzungsmöglichkeiten erwähnt werden.
2.4 Umsetzung der Ernährungserziehung in der Grundschule
Inzwischen gibt es gute, d.h. pädagogisch sinnvolle und ansprechende Materialien, die sich auf die Ernährungserziehung beziehen. Ernährungserziehung bewirkt bei den Kindern nur etwas, wenn sie an mehreren Orten gleichzeitig geschieht. Insbesondere im Kindergarten und der Schule wird immer wieder eine nachhaltigere Ernährungserziehung gefordert, wobei erprobte Konzepte für ein integratives soziales Lernen kaum zur Verfügung stehen.
Um eine effektive Umsetzung zu ermöglichen, müssen zunächst die Lehrer ausreichend aus- und fortgebildet werden. Denn die Gesellschaft und damit einhergehend das Essverhalten und die Ernährungsgewohnheiten sind einem ständigen Wandel unterzogen, so dass die Ernährungserziehung regelmäßig aktualisiert werden muss. Ernährungserziehung muss sich an den aktuellen Einstellungen, Verhaltensweisen und Gewohnheiten orientieren und unterliegt daher einem ständigen Wandlungsprozess.
Eine erfolgreiche Ernährungserziehung müsste international eingesetzt werden und in den Kanon pädagogischer, soziologischer und psychologischer Forschungsbemühungen einbezogen werden (vgl. TEUTEBERG (Hrsg.) 1983, S. 3).
Zudem muss die Bereitschaft der Lehrer zur fächerübergreifenden Zusammenarbeit sich vergrößern, um effektiv Ernährungserziehung in der Schule umzusetzen. Um die Aufgaben der Institution und der Menschen zu unterscheiden, sollen im Nachstehenden die Möglichkeiten der Umsetzung von Grundschule sowie Lehrern und Eltern getrennt betrachtet werden. Des Weiteren werden Ideen für die Umsetzung dargestellt, wobei zwischen Schule als Institution und zwischen den Menschen unterschieden wird.
Im Anschluss daran wird dargelegt welche Möglichkeiten die Grundschule bei der Umsetzung hat und wie sie diese vollziehen muss.
2.4.1 Was kann die Grundschule tun?
„Besonders unter dem Aspekt der Prävention ist es wichtig, mit der Ernährungserziehung so früh wie möglich zu beginnen. Richtige Ernährung von Anfang an, ist die beste Vorbeugung von Zivilisationskrankheiten, die meist erst im fortgeschrittenen Erwachsenenalter in Erscheinung treten. Von Kindheit an geübte schlechte Gewohnheiten können im Erwachsenenalter meist nur noch schwer abgelegt werden. Kinder und Jugendliche sind dagegen flexibel und lernbereit“ (KERTING/SCHÖCH 1996, S. 44).
Die Inhalte, Aufgaben und Ziele der Gesundheitsförderung sollen in den Unterricht eingebunden werden. Dabei schlägt der Rahmenplan vor, an Situationen und Anlässe bezüglich der jeweiligen Aufgabenfelder im Schulalltag aufzugreifen und die Inhalte und Themen verschiedener Fächer und Lernbereiche unter der Zielsetzung der Ernährungserziehung in übergreifende Vorhaben und Projekte einzubinden (vgl. HESSISCHES KULTUSMINISTERIUM (Hrsg.) 1995, S. 165).
Grundsätzlich kann die Grundschule Maßnahmen ergreifen, um die gesundheitlichen Risikofaktoren und Probleme abzuschwächen und den Kinder beizubringen sich hinsichtlich diesen adäquat zu verhalten. Im Großen und Ganzen hat die Schule die Möglichkeit mehrere Faktoren zu verändern, um eine gute Gesundheitserziehung und somit auch Ernährungserziehung zu leisten. Diese sind z.B. Lernmethoden, die die Kinder überfordern. Kinder können kein Selbstvertrauen aufbauen, wenn sie häufig Mißerfolgserlebnisse haben und darunter leidet das Selbstwertgefühl. Des Weiteren kann die Grundschule dem Bewegungsmangel der Kinder entgegenwirken, indem sie in den Pausen den Aufenthalt im Freien fördert. Besonders wichtig ist es, Maßnahmen bezüglich der Ernährung der Kinder zu ergreifen. Durch die Einrichtung einer Frühstückspause könnte sichergestellt werden, dass die Kinder während des Vormittages etwas essen und die Zeit nicht lieber mit Spielen verbringen. Dies stellt sich als besonders wichtig heraus, wenn man bedenkt, dass Kinder einen viel höheren Energiebedarf als Erwachsene haben (vgl. LEITZMANN u.a. 2003, S. 137) und die aufgenommen Energie nicht so langfristig speichern können. Eine Trennung der Pausen würde zudem zu verbesserten Essgewohnheiten und dem Essverhalten der Schüler und Schülerinnen beitragen, da sie selbst Regeln aufstellen und voneinander lernen. Außerdem vermittelt das gemeinsame Frühstück eine Gruppenzusammengehörigkeit, das sich durch das Teilen, Abgeben und Tauschen des Essens verstärkt. Des Weiteren müsste die Schule den Verkauf ungesunder Getränke und Speisen am Schulkiosk auf ein Minimum – wenn nicht ganz – beschränken und stattdessen leckere, gesunde Alternativen anbieten.
Dabei muss allerdings darauf geachtet werden, dass Ernährung nicht nur auf gesundes Essen und Bewegung reduziert wird. Denn die biologische Anfangssituation der Kinder, die geänderte Familiensituation und die heutige Schulsituation müssen besonders im Hinblick auf die Prävention von Esstörungen an mehr Punkten anknüpfen als nur an der gesunden Ernährung. Vernünftige Einstellungen über Figur, Ernährung, aber auch Schlankheit und Diät sind einige Beispiele hierfür.
Dazu kann u.a. der Sportunterricht beitragen. Er stellt eine wichtige Ausgleichsfunktion dar und hat stressreduzierende Wirkung durch die Möglichkeit der Bewegung. Ihn zugunsten kognitiv – orientierter Fächer zu kürzen, muss die Schule verhindern (vgl. HESSISCHES INSTITUT FÜR LEHRERFORTBILDUNG (Hrsg.) 1986).
Weiterhin wäre es möglich, in den Schulen Arbeitsgemeinschaften zu gründen, die sich mit dem Thema Ernährung auseinandersetzen, die Kinder in ihrem Essgewohnheiten beobachten und gegebenenfalls an einer Verhaltensänderung arbeiten. Es steht jedoch fest, dass durch solche Programme Ernährungserziehung auf den Alltag der Schüler bezogen werden und somit auf eine festere und tiefere Verankerung hoffen kann, als die reine Informationsvermittlung des Themas.
Zudem wäre es gut, den Unterrichtstag nach dem Prinzip der Rhythmisierung durchzuführen. So hätte man einzelne Unterrichtsblöcke, in denen mehr Zeit und Möglichkeiten bleiben, um Gesundheits- und somit auch Ernährungserziehung zu integrieren. Gerade offene Unterrichtsformen wie Wochenplanarbeit, Stationsarbeit und Freie Arbeit bieten sich dazu an.
Weiterhin ist es Aufgabe der Institution die Gebäude und Räume der Schule ansprechend zu gestalten, so dass Schüler und Lehrer sich wohl fühlen. Denn eine Ernährungserziehung kann nur erfolgen, wenn sich die Betreffenden wohl und sicher fühlen in ihrer Umgebung. Erst auf dieser emotionalen Grundlage kann eine vernünftige Vermittlung stattfinden. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass an die Schule als Institution einige Forderungen gestellt werden können, die diese versuchen sollte umzusetzen, um eine adäquate Ernährungserziehung leisten zu können. Besonders die Gestaltung der Schule als Lebensraum und Lernstätte steht dabei im Vordergrund. Anschließend kann sich die Schule, um eine entsprechende Umstrukturierung z.B. des Schulkiosks kümmern und überlegen, wie sie das Schulfrühstück oder Nachmittagsangebote in Form von Arbeitsgemeinschaften realisieren kann.
Im Folgenden wird darauf eingegangen, wie Lehrer und Eltern mit einbezogen werden können, um eine adäquate Ernährungserziehung und somit eine gesunde Ausbildung des Essverhaltens und der Ernährungsgewohnheiten zu verwirklichen.
2.4.2 Was können Lehrer und Eltern tun?
Auch Lehrer, Lehrerinnen und Eltern können einiges tun, um die Umsetzung der Ernährungserziehung zu gewährleisten. Lehrer können dafür die Schüler motivieren. Dazu müssen Lehrer lernen, die intellektuelle Einseitigkeit zugunsten einer höheren Ganzheitlichkeit auszugleichen, denn Ernährungserziehung und auch Gesundheitserziehung können, wie bereits erwähnt, nur ganzheitlich vermittelt werden. Lehrer müssen zunächst mit ihren Schüler ein stärkeres, persönliches Verhältnis aufbauen (vgl. AFFEMANN 1986). Da für Schüler Gesundheit ein selbstverständlicher Zustand ist, haben sie meist eine schwache Motivation, etwas für diese zu tun. Die Aufgabe des Lehrers ist es, die Schüler diesbezüglich zu motivieren. Dabei darf den Schülern keine Angst gemacht werden, vielmehr sollte die Motivation mit positiven Gefühlen verbunden werden. Hierbei sind Eltern genauso gefordert wie der Lehrer. Beide Parteien müssen zusammenarbeiten und dürfen sich nicht gegenseitig „den schwarzen Peter“ zuschieben und jeweils der anderen Gruppe diese Aufgabe aufbürden. Viel mehr ist eine enge Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung wichtig.
Eltern sowie Lehrer sind für die Schüler Vorbilder hinsichtlich des Ernährungsverhaltens und der Umsetzung des gelernten Wissens. Der Lehrkörper sollte sich seiner/ihrer Vorbildfunktion bewußt sein und sich entsprechend der vermittelten Informationen verhalten. Es hat wenig Sinn die Schüler zu einer gesunden Ernährung und einem adäquaten Essverhalten hinzuführen, wenn der Lehrkörper in der Pause süße Limonadengetränke und Schokolade verzehrt. Die Lehrer sowie auch Eltern müssen auf ihre eigenes Verhalten achten und als gutes Beispiel voran gehen. Auf diese Weise können Lehrer auch ungünstiges Verhalten der Eltern bei dem Kind ausgleichen. Des Weiteren kann er/sie auf die Ernährung nur erzieherisch einwirken, wenn er/sie ein gutes Verhältnis zu den Kindern hat, da er/sie nur dadurch etwas bei ihnen bewirken kann. Dieses muss geschaffen und gefestigt werden. Hierzu würde sich die oben erwähnte Frühstückspause anbieten, da der Lehrer in dieser Situation die Möglichkeit hätte als Vorbild zu fungieren und gleichzeitig den Kontakt zu den Schülern zu suchen und zu festigen. „Sollen Worte motivierende Kräfte entfalten, so müssen neben klaren Begriffen Gefühlsinhalte zum anderen hinüberbringen, nur wenn einer auch gefühlsmäßig erreicht wird, setzt sich bei ihm etwas in Bewegung“ (AFFEMANN 1986, S. 37), denn Schüler erkennen, ob der Lehrer sie mag oder nicht. Des Weiteren könnte sich die Zusammenarbeit von Eltern und Lehrern in freiwilligen Projekten hinsichtlich des Themas ausdrücken, um zu einer Veränderung bei den Kinder zu führen.
Es kann festgehalten werden, dass es nicht nur auf den Unterricht alleine und die darin vermittelten Informationen ankommt, sondern auch in erheblichen Maße auf die Persönlichkeit und die Vorbildfunktion der Lehrers.
Gespräche im Klassenplenum können dabei ebenso helfen, Ernährungserziehung zu verwirklichen. Dabei sollte es sich allerdings nicht nur um Diskussionen über die behandelten Thema handeln, auch auf Gefühle sollte eingegangen und der Bezug zum Alltag sollte hergestellt werden. Es ist sicherlich schwer die Schüler und Schülerinnen dazu zu bringen im Klassenplenum über ihre Gefühle zu sprechen; dies fordert von der Lehrperson eine Vielzahl von Eigenschaften (Einfühlungsvermögen, Sensibilität u.a.), um die Kinder diesbezüglich nicht zu verunsichern. Durch diese Gespräche wird die Persönlichkeit von Schülern und Schülerinnen herausgebildet, was sich wiederum positiv auf die Ernährungserziehung auswirkt. (vgl. AFFEMANN 1986).
Eine weitere Aufgabe für Lehrer ist es anhand des Rahmenplans Punkte zu finden, an die sie das Thema Ernährung und somit Ernährungserziehung anknüpfen können. Sie müssen sich die Ziele der Ernährungserziehung deutlich machen und haben den Auftrag diese in ihrem Unterricht zu integrieren. Wie die anderen Aufgabenfelder auch, müssen Gesundheitserziehung und dadurch Ernährungserziehung ein fester Bestandteil des Unterrichts bilden und die Lehrer sind verpflichtet dies in ihrer Unterrichtsplanung zu berücksichtigen.
Im Anschluss wird dargelegt, welche Maßnahmen bezüglich der Prävention die Schule ergreifen und wie diese aussehen kann.
2.4.3 Wie kann in der Schule Prävention diesbezüglich aussehen?
Die Schule hat mehrere Möglichkeiten im Sinne der Ernährungserziehung und Gesundheitsförderung Primärprävention zu leisten, um zu einem gesunden und vernünftigen Essverhalten zu führen.
„Im Kontext der Prävention von Fehlernährung ist es sinnvoll, zwischen ernährungsabhängigen und ernährungsbeeinflußten Erkrankungen zu unterscheiden. Bei ernährungsabhängigen Erkrankungen handelt es sich um die leicht erkennbare direkte Folge von Mangel und Überschuss eines einzelnen Nährstoffs oder von Energie […]. Ernährungsbeeinflußte Erkrankungen hingegen sind multifaktoriell bedingt, wobei die Ernährung nur einen der verschiedenen Einflußfaktoren darstellt“ (KOLIP u.a. (Hrsg.) 1995, S. 251).
Es wird deutlich, dass die Schule sowohl auf die ernährungsabhängigen als auch die ernährungsbeeinflußten Erkrankungen präventiv eingehen kann. Die Schulen müssen demnach die Veränderung des Essverhaltens und somit der Ernährungsgewohnheiten sowie die Stärkung der Persönlichkeit und des Selbstwertes, als Ziele verfolgen Das dies nicht ohne Weiters geht, ist aufgrund der fest verankerten Gewohnheiten bezüglich der Ernährung verständlich. Trotzdem kann die Schule versuchen, die Selbstverantwortung und kritische Reflexion dieser Gewohnheiten anzuregen und dadurch eventuell eine Änderung dieser bewirken, indem die Schulen Ernährungserziehung erlebbar machen und in den Alltag einbeziehen. Auch hier kann wieder das Schulfrühstück in einer separaten Frühstückspause als Beispiel genannt werden.
„Kindergarten und Schule können im Rahmen der institutionellen Erziehung einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, ungünstige Ernährungsgewohnheiten in den Familien bewußtzumachen und Veränderungen zu unterstützen“ (LENZEN u.a. 1996, S. 18).
Auf die folgenden Dinge kann die Schule speziell präventiv einwirken diese versuchen diese, im Auftrag der Ernährungserziehung zu verbessern.
Die Schule kann auf die Ernährung in der Schule großen Einfluß nehmen. Viele Schüler kommen heutzutage ohne Pausenbrot in die Schule und haben zu Hause auch nicht ausreichend gefrühstückt. Sie bekommen Geld, um sich etwas zu kaufen. Dieses Geld wird von den meisten Schülern jedoch in sehr zucker- und fettreiche Lebensmittel investiert, z.B. Chips und Schokoladenriegel. Die Schule kann Übergewicht und späteren Essstörungen vorbeugen, indem sie solche Lebensmittel in der Schule selbst nicht vertreibt und die Lehrer es nicht zulassen, dass solche Lebensmittel in der Pause oder während des Schulfrühstücks von den Schülern konsumiert werden. Zudem können Elternbeirat und der Lehrkörper dafür sorgen, dass beispielsweise ein Kasten mit Wasser den Schülern im Klassenraum zur Verfügung steht, damit sie ihren Durst löschen können. So kann verhindert werden, dass die Schüler und Schülerinnen Cola- oder andere Limonadengetränke mit in die Schule bringen und dort konsumieren. Darüber könnte beispielsweise auf einem Elternabend gesprochen werden und mit den Eltern entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden.
Weiterhin kann die Schule aktive Schulpausen gestalten und zu der Themeneinheit Ernährung kleinere alltägliche Handlungen, wie das Zubereiten kleiner Mahlzeiten oder auch dem Anbau von Gemüse und Obst in einem Schulgarten durchführen.
Betrachtet man die steigende Zahl von Essstörungen, die zu einem großen Teil durch die Einstellungen zu Figur, Diät und Ernährung entstanden, muss Schule dazu Stellung beziehen. Sie muss den Kindern nicht nur eine passende Informationsgrundlage zu dem Thema Ernährung liefern, sondern sich auch um die Einstellungen bezüglich Figur und Diät kümmern. Die Lehrer sollten darauf achten, welche Einstellungen z.B. über Übergewicht herrschen und den Schülern eine soziale Akzeptanz hinsichtlich aller Körperformen lehren. Je mehr die Kinder begreifen lernen, dass bestimmte Eigenschaften und Stereotypen nicht mit bestimmten Körperformen in Einklang zu bringen sind, desto eher bildet sich bei ihnen eine gesunde Einstellung zu den Themen heraus, einem gestörten Essverhalten wird vorgebeugt. Dabei muss besonderen Wert auf die Ausbildung eines starken Selbstbewußtseins gelegt werden, da die Schüler sich dadurch leichter gegen bestimmte Einstellungen zur Wehr setzen und ihre eigenen Ansichten vertreten können. Prävention der Einstellungen zu Figur, Essen sowie Diät und somit ernährungsabhängigen Krankheiten müssen daher so früh wie möglich beginnen (vgl. BAU u.a. 2003, S. 214).
Welche Einstellungen zu den Themen Figur, Ernährung und Diät in der Gesellschaft herrschen, inwieweit diese das Verhalten der Menschen beeinflussen und welche Folgen und Auswirkungen dies hat, soll im folgenden Kapitel gezeigt werden.
3 Einstellungen zu Figur, Essen und Diät
In diesem Kapitel sollen die Einstellungen dargelegt werden, die in der Gesellschaft zu den Themen Figur, Essen und Diät herrschen und inwieweit sich diese auf verschiedene Lebensweisen und das Essverhalten der Menschen auswirken. Des Weiteren soll aufgezeigt werden, welche Auswirkungen diese Einstellungen auf die Entstehung einer Essstörungen haben kann und wodurch und mit welchen Mitteln diesen Einstellungen und somit einer Entstehung von gestörtem Essverhalten entgegengewirkt werden kann.
3.1 Körperbild und Körperunzufriedenheit
In der heutigen Gesellschaft wird ein schlankes Körperbild bevorzugt. Schlankheit wird heutzutage nicht mehr aus gesundheitlichen Gründen angestrebt; sie ist vielmehr zu einem Wert – einem Lebensstil – geworden, der in der Gesellschaft und den Einstellungen der Menschen viele positiven Eigenschaften vereint. Schlankheit wird gleichgesetzt mit einem hohen Selbstwert, Leistungsfähigkeit, Attraktivität und persönlichem Glück (vgl. Westenhöfer 1996). Frei nach der Prämisse: »Wer schlank ist, kann sich selbst gut leiden und fühlt sich wohl«.
Mader (1987) geht sogar noch weiter. Sie spricht in ihrem Werk von dem »Abgott« Schlankheit, dem die Gesellschaft huldigt. Diese Huldigung nimmt immer größere Ausmaße an und entfaltet mittlerweile bereits schon im Kindesalter seine Wirkung (vgl. MADER 1987).
Einer dicken oder fettleibige Körpersilhouette wird von den Menschen nicht die Akzeptanz gegenüber gebracht, wie einem dünnen Körperbild. Das dicke und fettleibige Körperbild wird durchweg negativ besetzt und wird mit negativen Stereotypen assoziiert. Durch diese Einstellungen werden dicke Menschen als faul, träge, undiszipliniert, maßlos … bezeichnet.
Diese Einstellungen, die die Gesellschaft fördert und gleichzeitig auch von ihnen beeinflusst wird, verbreiten die Meinung , dass »Dick sein« schlecht und »Schlank sein« gut ist.
Inzwischen sind die Einstellungen zu den verschiedenen Körperbildern nicht mehr nur bei Erwachsenen zu finden. Sie sind bei Kindern und Jugendlichen ebenso weit verbreitet. Harrison spricht davon, dass schon Kinder im Kindergartenalter beginnen, die kulturelle Sichtweise zu bestimmten Körperbildern zu übernehmen und sich dadurch ihre Sichtweise von »guten« und »schlechten« Körperbildern ausbildet (vgl. HARRISON 2000, S. 618).
Die Einstellungen der Gesellschaft und die Eigenschaften, die Schlankheit zugesprochen bekommt, werden zudem von den Medien propagiert, die Schlankheit und Schönheit sowie Attraktivität und Leistungsfähigkeit gleichsetzen und damit dafür sorgen, dass die Idealfigur und die Wirklichkeit immer weiter auseinandergehen.
Dadurch entsteht ein sozialer Druck, der auf Frauen wie Männer – und scheinbar auch auf Kinder – gleichermaßen stark einwirkt. Denn Schlankheit ist nicht nur für Frauen ein aktuelles Thema. Auch für Männer steht Schlankheit ebenso für eine Vielzahl von Eigenschaften. Die Einstellungen der Gesellschaft sprechen einem schlanken Mann zu, dass er fit, jugendlich, sexuell attraktiv, leistungsfähig und gesund sei (vgl. HASSEL 2000, S. 8).
Nach Buddeberg – Fischer (2000) führt dieser soziale Druck zu einer nachhaltigen Auswirkung auf das Körperbild von Kindern und Jugendlichen und beeinflusst damit deren Selbstwertgefühl. Denn selbst wenn den Kindern durch die Erziehung vermittelt wurde, ein gutes und gleichzeitig gesundes Verhältnis zu ihrem eigenen Körper zu entwickeln, gelangen sie aufgrund der ständigen Flut von Informationen bezüglich des Körperbildes und Schlankheit häufig an einen Punkt, an dem sie beginnen, sich Sorgen um ihre Figur und ihr Gewicht zu machen (vgl. MADER 1987) und greifen zu entsprechenden Maßnahmen, die diese Sorgen verringern oder auflösen.
Andrew J. Hill (1993) legt diesen Punkt mit dem Beginn der Pubertät überein und erläutert, dass sich zu diesem Zeitpunkt viele Veränderungen ereignen und der Gruppenzwang nach Schlankheit besonders stark ansteigt. Er überlegt weiterhin, ob dies nicht zum Einüben der Geschlechterrolle dient und zum Erwachsen werden dazugehört. Ob er damit richtig liegt, sei an dieser Stelle dahingestellt. Fest steht jedoch, dass in diesem Alter die Bereitschaft, an seinem Körper etwas zu verändern, wächst und sich mit steigendem Alter weiter erhöht. Petra Kolip spricht in diesem Zusammenhang von Körpermanipulation (vgl. KOLIP 1997, S. ).
Obwohl Männer und Frauen gleichermaßen in ihrer Körperzufriedenheit beeinflusst werden und sich Körpermanipulationen in Form von Diäten und körperlichen Übungen unterziehen, ist die Körperzufriedenheit und die ideale Figur bei Frauen stärker an das Gewicht gebunden als bei Männern. Dadurch geht die Körpermanipulation bei Frauen vermehrt mit Verminderung der Nahrungsaufnahme einher, um durch einer Verringerung des Gewichtes der Idealfigur näher zu kommen. Während sich Frauen die Körperzufriedenheit durch eine Veränderung des Essverhaltens erhoffen und nach speziellen Diäten leben, wollen Männer ihre Zufriedenheit mit dem eigenen Körper durch sportliche Übungen erreichen. (vgl. GNIECH 2002).
Die Körperzufriedenheit ist demnach bei Frauen, aber auch bei Männern, stark mit dem Essverhalten verbunden. Zusätzlich kommt hinzu, dass besonders Frauen von den negativen Einstellungen der Gesellschaft bezüglich »Dick sein» stärker beeinflusst werden und von diesen Vorurteilen stärker belastet werden als Männer. Dies ist höchstwahrscheinlich ein weiterer Indikator für die weibliche Körperunzufriedenheit. Das weibliche Körperbewußtsein und das Essverhalten sind daher sensibler und störungsanfälliger als bei Männern. Bei Frauen mit Selbstwertproblemen kann es passieren, dass das Streben nach der Idealfigur unverhältnismäßig große Züge annimmt und eine zentrale Bedeutung im Leben gewinnt. Schlankheit wird für diese Frauen zu einem Ziel, mit dem sie ihr niedriges Selbstwertgefühl aufbauen und erhalten wollen (vgl. JACOBI 2000, S. 29).
Dies ist besonders problematisch, wenn man bedenkt, dass häufig junge Mädchen glauben, ihre Attraktivität durch ein schlankeres Körperbild zu erhöhen.
Betrachtet man diese Affinität von Kindern und Jugendlichen bezüglich Schlankheit, sollte man bedenken, dass besonders diese Altersgruppe eine Risikogruppe in der Entstehung von Essstörungen bildet (vgl. BRAKHOFF (Hrsg.) 1987, S. 16). Daher muss die Körperzufriedenheit der Kinder und Jugendlichen sowie deren Selbstwertgefühl gestärkt werden. Dies ist jedoch nicht ausreichend. Man muss sich fragen, warum Schlankheit in unserer Gesellschaft einen so hohen Stellenwert einnimmt und warum dieser immer stärker und größer zu werden scheint. Prinzipiell müssen die gängigen Meinungen und die Akzeptanz gegenüber bestimmten Körperbildern verändert und verbessert werden, um die Entwicklung von Essstörungen zu verhindern. Denn das Körperbild des Menschen ist immer mehr zum Träger sozialer Normen geworden und wird als Mittel der Selbstdarstellung verstärkt eingesetzt (vgl. HASSEL 2000, S. 8). Diese wirkt sich stark auf die Zufriedenheit mit dem eigenen Körper aus und durch diese starke Betonung wächst die Beschäftigung mit dem Körperbild und die Körperunzufriedenheit stetig in allen Alters- und Geschlechtsgruppen.
Petra Mader (1987) hat ganz treffend erkannt, dass die Sehnsucht und der Wunsch »Schlank zu sein« ungebremst in der Gesellschaft vorhanden ist und sich das Bewußtsein »zu dick zu sein« in den Köpfen der Menschen fest verankert hat (vgl. MADER 1987, S. 124). Um etwas an den Einstellungen der Menschen zu Körperbild und somit auf die Körperzufriedenheit einwirken zu können, muss demnach an den Einstellungen zu diesen gearbeitet werden.
3.2 Essen und Ernährungsgewohnheiten
In diesem Kapitel soll zunächst geschildert werden, inwiefern das Essen mit unseren Ernährungsgewohnheiten in Zusammenhang steht. Die Einstellungen der Menschen tragen ihren wesentlichen Teil dazu bei, wie Essen eingeschätzt wird und welche Essgewohnheiten übernommen werden.
Eigentlich müssen Kinder »richtig essen« nicht lernen, denn der eigene Körper besitzt die angeborene Fähigkeiten den Nährstoffbedarf zu garantieren. Nun regelt sich die Nahrungsaufnahme allerdings nicht nur durch die biologische Steuerung von Hunger und Sättigung, sondern noch eine Vielzahl andere Bedürfnisse spielen mit hinein (vgl. LOGUE 1995). Diese Faktoren werden innerlich gesteuert und als primäre Bedürfnisse bezeichnet (vgl. DIEDRICHSEN 1996, S. 3). Die Bedürfnisse sind bei jedem Menschen unterschiedlich gewichtet. Jedes Individuum ordnet dem Essen und Trinken einen anderen Stellenwert zu, der sich mit den Jahren verändern kann, z.B. durch Umwelteinflüsse, die den Konsum erheblich steigern oder senken können. Doch nicht nur die biologische Seite bestimmt was und wie wir essen, sondern auch sekundäre Bedürfnisse. Zu diesen können alle anderen Essmotive, außer Hunger gezählt werden.
Die sekundären Bedürfnisse werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Meist sind diese Faktoren kulturell geprägt und wirken als Störfaktor in die biologische Steuerung hinein. Der kulturelle Geschmack zählt beispielsweise zu den sekundären Bedürfnissen (vgl. PUDEL/WESTENHÖFER 2003). Lebensmittel stillen nicht nur den Hunger, sondern werden aufgrund einer Vielzahl von anderen Motiven verzehrt; Gründe der Schönheit, Gefühlslagen, soziale Motive, Prestigewerte… spielen dabei eine Rolle (vgl. REICH 1997). Kinder hingegen essen primär aus Hunger. Die anderen Gründe und Motive zu essen, erlernen sie erst mit wachsendem Alter; die Essmotivation verändert sich.
Das Wissen um Essen und Ernährung wird bereits in den ersten Jahren des Kindes geprägt. Es erlernt bestimmte Attribute (z.B. gut, schlecht, gesund …), auf die es seine Einstellungen stützt (vgl. PUDEL 2002). Diese Überzeugungen helfen ihm allerdings nicht eine entsprechende Wahl bezüglich ihrer Nahrungsauswahl zu treffen. Denn viele Sachen, die als ungesund eingestuft werden, werden trotzdem gerne verzehrt. Das bedeutet, dass die Einstellungen zum Essen nicht automatisch die Essgewohnheiten beeinflussen, da sie sich letztlich über einen langen Zeitraum entwickeln und diese schwer veränderbar sind.
Die Fähigkeit Hunger zu spüren und verschiedene Geschmackseindrücke zu unterscheiden hat jedes neugeborene Kind. Die sekundären Bedürfnisse erfährt das Kind allerdings erst durch Lernvorgänge. Das bedeutet, dass das Kind Gewohnheiten übernimmt, die es beobachtet sowie durch Erfahrung ausbildet. Dies wird in der einschlägigen Literatur als »mere exposure Effekt« bezeichnet. Die Eltern dienen dem Kind als Vorbild und übergeben diesem – auch unbewußt – ihre Einstellungen und Überzeugungen bezüglich der Ernährung und dem Essen. Die Kinder bekommen die Abneigungen und Vorlieben ihrer Eltern vorgelebt und übernehmen diese (vgl. DIEHL 1986, S. 16). Des Weiteren lernen sie, welche Einstellung sie hinsichtlich des Essens einnehmen müssen, um in der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Es kann daher von einem kulturellem Esstraining gesprochen werden (vgl. PUDEL 2002). Die Kinder lernen, welche Speisen und Essgewohnheiten in der Gesellschaft, in der sie leben, existieren und nehmen diese an. Das Essen und die Einstellungen dazu sind mit den Regeln der Gesellschaft und Kultur verbunden und prägen die jeweiligen Essgewohnheiten. Diese gewonnen Einstellungen sind schwer zu verändern, denn sie garantieren soziale Akzeptanz und Gruppenzugehörigkeit. Sie können allerdings von Kultur zu Kultur unterschiedlich und anders ausgeprägt sein; sie sind ebenso vielfältig wie die Sprachen, Völker und Länder. In unserer Gesellschaft wäre es beispielsweise undenkbar gewisse Tierarten zu essen. Einen Hund oder eine Katze zu verspeisen, würde unseren Essgewohnheiten und kulturellen Einstellungen genauso widersprechen, wie Moslems Schweine und Hindus Rinder ablehnen. Es wird deutlich, dass die Einstellungen zum Thema Essen kulturell und religiös geprägt sind. Oftmals ist dieser kulturelle und religiöse Geschmack so fest verankert und zur Gewohnheit geworden, dass er gar nicht mehr auffällt, dass es in anderen Kulturen anders sein kann und wie stark die Essgewohnheiten dadurch beeinflusst werden (vgl. BAUER u.a. 2002).
Es kommt auf die Einstellungen der Menschen an, was sie essen und was nicht. Die Einstellungen der Menschen erheben die Lebensmittel zu dem was sie sind. Wenn einem Lebensmittel von seiten der Gesellschaft ein hoher Wert zugeordnet wird, übernehmen die Menschen diese Meinung. An dieser Stelle seien Spargel oder Hummer als Beispiel genannt. Beide Lebensmittel sind nur begrenzt verfügbar und dementsprechend kostspielig. Sie gelten als Prestigelebensmittel, da sie nicht immer und aufgrund des Preises nicht jedem zugänglich sind. Der Beiname des Spargels, als König des Gemüses verdeutlicht weiterhin seinen Stellenwert in den Köpfen der Menschen.
Hunger ist in den westlichen Industrieländern ein Ereignis, das nur noch selten auftritt. Man kann behaupten, dass der Traum vom Schlaraffenland wahr geworden ist und dies beeinflusst die Menschen stark in ihren Einstellungen. Die Menschen vertreten heutzutage die Meinung, dass Lebensmittel nicht nur zum Stillen des Hungers da sind. Dies führt zu erheblichen Konflikten mit älteren Generationen, die Hunger noch kannten und Lebensmitteln einen anderen Wert zuordneten. Die Einstellungen zum Essen, zu den Essgewohnheiten und Lebensmitteln haben sich entscheidend geändert. Für die meisten Menschen sind Lebensmittel keine Mittel zum Leben mehr, vielmehr alltägliche Dinge. Wohingegen die Einstellungen früherer Generationen durch knappe Vorräte und die tägliche Suche nach Lebensmitteln geprägt waren, kennt dies heute niemand mehr. Lebensmittel stehen in uneingeschränkter Menge zur Verfügung; unsere Ernährungssituation ist durch die Veränderung zu einer Industriegesellschaft geändert worden.
Obwohl »essen« und »sich ernähren« identische Vorgänge bezeichnen, sind sie in den Einstellungen der Menschen unterschiedlich. Die Menschen geben an, „daß [sie] Essen mit weitgehend positiven Emotionen bezogen auf den Vorgang der Nahrungsaufnahme […] [verbinden] […], während [sie] mit Ernährung mehr die kognitiv – rationalen, gesundheitsbezogenen Wirkungen der Nahrungsaufnahme […] [aktivieren]“ (vgl. PUDEL/WESTENHÖFER 2003, S.31).
Hier zeigt sich deutlich, dass die Menschen in ihrer Einstellung zwischen Essen und Ernährung stark differenzieren.
Zudem können die Einstellungen zwischen den Geschlechtern unterschieden werden. Männer und Frauen haben unterschiedliche Motive zu Essen. Männer essen zur Stärkung der Kraft, während Frauen häufig auf Gesundheit setzen und die Einstellungen zu Gesundheit, Gewicht und Schönheit auf die Essensauswahl einwirkt. Die Meßlatte für gesunde Ernährung liegt eindeutig im Auge des Betrachters. Die individuellen Einstellungen zum Essen bestimmen – für jeden individuell – was gesund ist und was nicht und diese Einstellungen sind, wie bereits erwähnt, stark kulturell geprägt. „Besonders die kognitive Struktur der Beteiligung, d.h. die Art und Weise, wie Leute über Essen denken und sprechen, sowie die Motivationen und Emotionen, d.h. die gefühlsmäßigen Anteile und das Wertesystem, die die Wahl des Essens beeinflussen, sind wichtige Gesichtspunkte bei den Ernährungsentscheidungen“ (GNIECH 2002, S. 179). Meist wird sie an den Vorstellungen des Idealkörpers festgemacht. Des weiteren sind viele Menschen der Überzeugung essen helfe ihnen bei der Kompensation verschiedener Empfindungen, wie Stress, Angst oder Belastung.
Essgewohnheiten der Menschen entstehen meist durch Einstellungen und kulturellen Begebenheiten. Allerdings werden unsere Essgewohnheiten noch von anderen Dingen beeinflusst.
Besonders bei Kindern spielt der Geschmack eine wichtig Rolle. Während Erwachsene ihr Leibgericht nur selten essen, um ihm nicht überdrüssig zu werden, könnten Kinder ihre Leibspeise täglich essen. Des Weiteren werden die Essgewohnheiten von der Werbung, dem eigenen Essverhalten und dem Überfluss der Nahrungsmittel beeinflusst und gebildet.
Sie werden von einer Reihe von Faktoren geprägt. Zum einen prägt die Regelmäßigkeit der Mahlzeiten sowie die Abhängigkeit der Speisengestaltung nach dem Haushaltsbudget die Nahrungsauswahl. Zum anderen ist die Reservierung bestimmter Speisen für Feiertage, wie z.B. Gänsebraten an Weihnachten und die hohe Wertigkeit, die Fleischspeisen entgegengebracht werden, Ausdruck gesellschaftlich bedingter Faktoren.
Solche Einstellungen, die durch frühere Generationen vermittelt wurden und immer noch vorhanden sind, wirken auf unsere Essgewohnheiten ein und bestimmen diese zu einem großen Teil (vgl. PUDEL/WESTENHÖFER 2003, S. 37). Allerdings werden die Kinder heutzutage kaum noch diesbezüglich geprägt. Durch die veränderte gesellschaftliche Situation werden diese durch den Zustand einer Überflussgesellschaft geprägt und dahingehend ausgebildet.
Pudel führt vier Tendenzen auf, die die Essgewohnheiten der Kinder prägen:
- Verlust der Wertschätzung
- Verlust der Lebensmittelidentität
- Verlust der originären Beziehung zur Herkunft
- Verlust der emotionalen Beziehung
(vgl. PUDEL 1999)
Kinder schätzen Nahrungsmittel nicht mehr so wie früher. Sie haben nicht gelernt, sich einschränken zu müssen und haben diesbezüglich auch die Einstellung gewonnen, dass es nicht schlimm sei Essen wegzuwerfen, da genügend vorhanden ist. Sie haben einen Verlust der Lebensmittelidentität erlitten. Die meisten Kinder unterscheiden nicht mehr zwischen Lebensmitteln und anderen Waren, schließlich ist alles in den Supermärkten vorhanden. Sie wissen nicht mehr woher die Lebensmittel stammen und können keine Verbindung mehr zwischen dem fertigen Lebensmittel und dem originalen Zustandes ziehen. Viele Kinder wissen beispielsweise nicht mehr, dass ein Schnitzel von einem Schwein oder Milch von der Kuh stammt. Ein weiterer Ausdruck dessen ist, dass viele Kinder der Meinung sind, eine Kuh sei lila, da sie dies in der Werbung vermittelt bekamen.
Weiterhin ist es vielen Menschen nicht mehr wichtig, eine emotionale Beziehung zum Essen aufzubauen. „Die situative Erlebniszuweisung von Mahlzeiten oder bestimmten „privaten“ Rezepten schwindet, durch die Zunahme des Außer – Hausverzehrs und erhöhter Mobilität und die damit verbundene Auflösung der häuslichen Tischgemeinschaft“ (PUDEL 1999, S. 34). Die Wichtigkeit eine gemeinsame Mahlzeit mit der Familie einzunehmen, ist vielen Kindern nicht mehr bekannt und sie bauen dazu keine emotionale Beziehung mehr auf.
Sicherlich prägt die Vorbildfunktionen der Eltern die kindlichen Einstellungen, das Wissen und die Beschäftigung mit dem Essen sowie die Essgewohnheiten ihrer Kinder welche sich aufgrund dessen von Familie zu Familie unterscheiden. „Ernährungsgewohnheiten werden […|] [demnach] durch die Ernährung in der frühen Kindheit langfristig geprägt“ (HILBIG/KERTING 2004,S. 369).
Abschließend kann man sagen, dass die Veränderung der Gesellschaft, die verstärkte Vermischung von Kulturen, die Reisemöglichkeiten und die heutige Schnelllebigkeit die Einstellungen der Menschen zum Essen erheblich geändert haben und das Essverhalten zeigt multikulturelle Züge.
Für viele ist Essen eine Sache, die nebenher geschieht und Zeit kostet. Oftmals wird Essen als etwas selbstverständliches angesehen, viele Menschen haben nicht mehr den Respekt und die Achtung davor, wie sie in früheren Generationen vorhanden waren. Durch diese Einstellung und den Verlust der Wertschätzung sowie der Lebensmittelidentität, verändert sich das Essverhalten der Menschen weitreichend, was sich letztlich in den Essgewohnheiten niederschlägt. „Es wird eine Aufgabe der Zukunft sein, das gemeinsame Essen in der Familie mit den flexiblen und situationsbezogenen Essensanforderungen einer mobilen Gesellschaft in ausgewogenen Einklang zu bringen. (PUDEL 2002, S. 125).
3.3 Ernährungs- und Essverhalten
Unser Essverhalten beeinflusst unsere Essgewohnheiten in weitreichendem Maße und verursacht entsprechende Essgewohnheiten. Es wird durch vielerlei Faktoren beeinflusst. „ Essverhalten wird vom Lebensmittelangebot, vom Lebensstil und von den Einstellungen der […] [Menschen] zum Essen bestimmt“ (GRUNERT 1993, S. 24).
Oft reflektiert das Essverhalten menschliche, sekundäre Bedürfnisse. „Das Eßverhalten wird aber nicht nur durch Traditionen und Gewohnheiten geprägt, sondern auch durch viele widersprüchliche Entwicklungen verändert: Zunehmende Beschäftigung von Frauen und Müttern, Auflösungserscheinungen in Familien und anderes lockerten tradierte Eßgewohnheiten und erforderten rationellere Formen der Hausarbeit, die häufige Verwendung von Fertigmahlzeiten und die Fremdversorgung in Kantinen und Schnellrestaurants“ (BUNDESZENTRALE FÜR GESUNDHEITLICHE AUFKLÄRUNG (Hrsg.) 1998, S. 5)
Je älter Kinder werden, desto mehr Bezugspersonen gewinnen sie hinzu, die ihr Essverhalten beeinflussen. Das Kind imitiert die Menschen in seinem sozialen Umfeld und gesellschaftliche Rahmenbedingungen, der Einfluss der Werbung und das Image bestimmter Lebensmittel wirken auf das Essverhalten der Kinder und späteren Erwachsenen ein (vgl. KERSTING u.a. 2003).
Insbesondere die Unzufriedenheit mit der Figur und dem Gewicht bestimmt das Essverhalten, dass durch die Einstellungen der Gesellschaft bezüglich der Idealfigur entsteht. In der heutigen Zeit ist Diät halten zur Normalität geworden und auch andere Maßnahmen zur Gewichtsreduktion, wie beispielsweise Sport zeigen sich verstärkt. „Diäthalten ist zu einem […] [weit] verbreiteten und selbstverständlichen Bestandteil des Alltags geworden, daß manche Autoren von “kollektivem Diäthalten“ […] oder “Diätmanie“ […] sprechen“ (WESTENHÖFER 1996, S. 12). Um das Ziel der Idealfigur zu erreichen und seine Vorstellungen diesbezüglich zu befriedigen, kann das Essverhalten selbst als Maßnahme eingesetzt werden. Dies wird immer früher von Kindern und Jugendlichen erkannt und dementsprechend angewandt. Besonders auffällig ist dies bei Mädchen; sie fangen spätestens mit Beginn der Pubertät an, aufgrund der vorherrschenden Überzeugungen der Idealfigur, Kontrolle auf ihr Essverhalten auszuüben (vgl. PUDEL/WESTENHÖFER 2003, S. 193).
Da nur ein sehr geringer Teil der Frauen von Natur aus dem gängigen Schönheitsideal entspricht, stehen die meisten Frauen – aber auch Männer – unter einem großen sozialen Druck.
Um diesem zu entsprechen beginnen sogar Normalgewichtige, ihr Essverhalten einzuschränken und zu kontrollieren, da durch die Differenzierung von Normal- und Idealgewicht auf subtile Weise unterstellt wird, dass ein normales Gewicht nicht ideal sei.
Im Folgenden sollen die verschiedenen Formen der Kontrolle, die das Essverhalten ermöglicht, dargestellt werden und welche Auswirkungen dies haben kann. Dabei wird zunächst von einem gezügelten zu einem gestörten Essverhalten übergegangen und anschließend die Essstörungen, die damit gleichgesetzt werden, näher beschrieben.
Abschließend werden Adipositas und Übergewicht näher beschrieben, bevor letztendlich aufgeführt wird, wie Esstörungen und Übergewicht präventiv entgegengewirkt werden kann.
3.3.1 Gezügeltes Essverhalten
Gezügeltes Essen (restrained eating) bezeichnet die Verhaltenstendenz, die Nahrungsaufnahme einzuschränken, um das aktuelle Gewicht zu halten oder es zu reduzieren. Dabei sei angemerkt, dass es gezügelten Essern nicht immer gelingt die Kontrolle aufrecht zu erhalten und eine Gewichtsreduktion zu erreichen. Trotz allem hat der Begriff des gezügelten Essens die Erforschung des Essverhaltens und der Essstörungen entscheidend beeinflusst. Es gibt viele Verhaltensweisen und Überzeugungen, die das gezügelte Essen prägen. Es wird wie das »normale Essen« von physiologischen und psychologischen Faktoren gesteuert und kann sich auf verschiedene Weise ausdrücken. Menschen, die gezügelt essen, führen entweder wiederholt Diäten durch oder integrieren das eingeschränkte Essen in den Alltag. Die Begriffe »Diät halten« und »gezügeltes Essen« können nicht synonym verwendet werden, da der Begriff des gezügelten Essens weiter geht und stärker von den Einstellungen der einzelnen Personen abhängt. Diese Verhaltenstendenz dauert über einen viel längeren Zeitraum; unter Umständen kann es das ganze Leben sein.
Pudel und Westenhöfer legen folgende Definition zugrunde: „Als gezügeltes Essverhalten (restraining eating) wird ein zeitlich relativ überdauerndes Muster der Nahrungsaufnahme bezeichnet, gekennzeichnet durch die kognitive Kontrolle und Übersteuerung physiologischer Hunger- und psychologischer Appetenzsignale, das auf eine geringe Zufuhr zum Zweck der Gewichtsreduktion und/oder Gewichtskonstanz zielt“ (PUDEL/WESTENHÖFER 1989, zit. nach PUDEL/WESTENHÖFER 2003, S. 179). Sowohl Unter-, Normal- als auch Übergewichtige können ein gezügeltes Essverhalten annehmen. Dieses entsteht, wenn Menschen der Überzeugung sind, auf ihre Nahrungsmenge einwirken zu müssen, um den gesellschaftlichen Nomen zu entsprechen, dem sozialen Druck nachzugeben und nicht als „gefräßig“ zu gelten. Besonders Übergewichtige übernehmen aus diesen Gründen das gezügelte Essen, während Normalgewichtige ihr Gewicht halten oder verringern wollen. Gezügelte Esser haben sich eine Grenze festgelegt, die sie nicht immer aufrecht erhalten können. Aufgrund ihres Verhaltens und der Einstellung: „Jetzt ist es sowieso egal!“ neigen sie dazu, sich in bestimmten Situationen, zu überessen. Dies geschieht meist, wenn sie ihre gesteckte Grenze überschreiten.
Gezügelte Esser bestehen aus zwei Untergruppen, die sich in ihrem Verhalten und in den Einstellungen zum Essen leicht unterscheiden. Zum einen die rigiden Form und zum anderen die flexible Form des gezügelten Essens.
Bei der rigiden Form ist die Störbarkeit der gehaltenen Kontrolle größer und die Einstellungen der Betroffenen sind gegenüber dem Essen und der Ernährung rigider. Sie neigen dazu Kalorien zu zählen und leben meist nach einem strengen Diätplan. Sie vermeiden Nahrungsmittel, die sie gerne essen, die sie aber nicht als gesund einstufen und bevorzugen daher meistens kalorienarme Nahrungsmittel. Die motivierenden Faktoren, die dieses Essverhalten beeinflussen, treten dabei völlig in den Hintergrund, die Betroffenen erleben essen als Pflicht. Sie haben meist hohe Anforderungen an sich selbst und ihre Einstellung zum Essen ist von einem »Alles – oder – Nichts – Prinzip« geprägt. Die extreme Einstellung bezüglich des Essens und der Nahrungsaufnahme führt bei einem Scheitern zu Frustration und Mißerfolgserlebnissen. Die Kontrolle über das Essen wird weitgehend von außen gesteuert. Dadurch wird die aufrecht erhaltene Kontrolle leichter erschüttert.
Die flexible Kontrolle hingegen zeichnet sich durch eine geringere Störbarkeit aus. Im Mittelpunkt dieser Form stehen keine Diäten, sondern eine alltägliche Einschränkung des Essens. Dies drückt sich darin aus, dass über einen längeren Zeitraum generell kleinere Portionen gegessen werden. Prinzipiell sind diese gezügelten Esser in ihren Einstellungen nicht so streng. Sie erlauben sich alles, was ihnen schmeckt. Allerdings versuchen sie kalorien- und fettreiche Mahlzeiten mit der nächsten wieder auszugleichen. Auch sie bevorzugen leichtere Lebensmittel in ihrem Speiseplan. Durch ihre flexibleren Einstellungen gelingt es ihnen meist die gewählte Portionsgröße einzuhalten. Sie sind ihrer Figur und dem was sie essen sehr aufmerksam gegenüber eingestellt.
Kann das gezügelte Essverhalten nicht aufrecht erhalten werden oder nicht mit dem Erfolg absolviert werden, den es zu Beginn versprach kann es zu einem gestörten Essverhalten kommen. Die extremen Einstellungen bezüglich Figur und Körpergewicht spielen dabei auch eine Rolle. Meist geht eine Phase des gezügelten Essens gestörtem Essverhalten voraus. Da Diäten in den Einstellungen der Menschen nichts schlimmes mehr sind bzw. als normal gelten, wird das Risikoverhalten nicht frühzeitig erkannt und dementsprechend nichts unternommen.
3.3.2 Gestörtes Essverhalten
Unter gestörtem Essverhalten werden meist Essstörungen, wie Anorexia nervosa (Magersucht) und Bulimia nervosa (Bulimie) zusammengefasst. Adipositas und Übergewicht werden getrennt aufgeführt, da sie nicht zu den Essstörungen gezählt werden. Allerdings kann ihnen eine Essstörungen wie Binge Eating (binge eating = Fressanfälle) zugrunde liegen. „Die Beachtung, die Magersucht und Bulimie in den Medien finden, die breite Darstellung prominenter Krankheitsgeschichten und tragischer Todesfälle führen schnell zu einfachen Erklärungen, nämlich die Ess – Störungen seien typische Erscheinungen unserer Zeit – Auswirkungen eines zwingenden Schlankheitsideals und der Verpflichtung zu körperlicher Fitneß –, entstanden in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts“ (VANDEREYCKEN u.a. 2003, S. I). Menschen, die ein gestörtes Essverhalten aufzeigten, gab es allerdings schon sehr viel früher; seit die Menschen sich mit Ernährung beschäftigen.
Es steht allerdings auch fest, dass extreme Einstellungen bezüglich Figur, Körpergewicht und Essen kontinuierlich zunehmen und gezügeltes und schließlich gestörtes Essverhalten mit seinen Auswirkungen immer häufiger in alle Altersgruppen auftritt. Die Einstellungen der Gesellschaft sind zu einem großen Teil an der rasanten Ausbreitung der Essstörungen verantwortlich.
Die zuvor erwähnten Essstörungen sollen an dieser Stelle näher erläutert werden, damit ein Bild der Essstörungen entsteht und besser nachvollzogen werden kann, warum es wichtig ist, diesen präventiv entgegenzuwirken.
3.3.2.1 Anorexia nervosa
Das Krankheitsbild der Anorexia nervosa (Magersucht) wurde bereits Ende des 17. Jahrhunderts von dem Internisten und Psychiater Ernest – Charles Lasègue und dem englischen Nervenarzt William W. Gull beschrieben. „Der Begriff «Anorexia» stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich soviel, wie Appetitlosigkeit; mit dem Zusatz «nervosa» ist gemeint, dass das Phänomen «nervlich» bzw. psychisch bedingt ist“ (VANDEREYCKEN/MEERMANN 2003, S. 19). Die Betroffenen leiden nicht unter Appetitmangel oder –losigkeit, sondern unterdrücken und verweigern dieses Gefühl solange, bis es nicht mehr richtig funktioniert. Dieses Krankheitsbild kann demnach als Selbstaushungerung beschrieben und aufgrund des tiefverwurzelten Verlangens nach Magerkeit treffender als Magersucht bezeichnet werden. Die Begriffe Anorexia nervosa und Magersucht werden an dieser Stelle gleich bedeutend verwendet.
Die Anorexia nervosa kommt überwiegend in Industrieländern vor, da dort ein Überschuss an Nahrung besteht. Dies liegt an den Einstellungen der Menschen, die in diesen Ländern leben. Denn in einem Land, in dem Nahrungsmittel nicht im Überschuss vorhanden sind, sind die Menschen froh, wenn sie essen können und eine gewisse Körperfülle wird positiver beurteilt, weil sie für Reichtum und Gesundheit steht.
Aufgrund des sozialen Drucks und den Einstellungen zu bestimmten Körperbildern und Figuren sind es besonders häufig Frauen, die der Magersucht zum Opfer fallen; allerdings steigt die Zahl der betroffenen Männer. Der Beginn der Anorexia nervosa wird durchschnittlich auf 17 Jahre festgelegt, allerdings erkrankt ein Großteil der Betroffenen bereits mit 14 Jahren und so wird treffenderweise auch von Pubertätsmagersucht gesprochen.
Ob eine Magersucht vorliegt, wird nach den Diagnosekriterien des DSM – IV (Diagnostic and Statistical Manual for Mental Disorders) und des ICD – 10 (International Classification of Diseases) entschieden. Eine Auflistung der entsprechenden Kriterien findet sich im Anhang auf S. 115f wieder.
Folgendes muss erfüllt sein, um von Anorexia nervosa sprechen zu können: Das Körpergewicht der Betroffenen muss 15% unterhalb des zu erwartenden Idealgewichtes liegen. Das niedrige Körpergewicht als auch dessen Verlust muss selbst herbeigeführt worden sein. Des Weiteren zeigen die Betroffenen eine panische Angst vor einer Gewichtszunahme, so dass von einer Gewichtsphobie gesprochen werden kann.
Die Angst, dick zu werden, ist tief in ihrer Psyche verwurzelt. Sie haben für sich eine extrem niedrige Gewichtsschwelle festgelegt, über die ihr Gewicht nicht steigen soll und darf (vgl. BREMM 1988, S. 15).
Dies zeigt sich auch in den Einstellungen der Betroffenen. Sie zählen jede Kalorie und treiben extrem viel Sport um eine Gewichtszunahme zu vermeiden. Zudem meiden sie hochkalorische Speisen, da diese ihrer Einstellung nach extrem ungesund ist. Dies geht soweit, dass sich eine starke Abneigung bis hin zu Ekelgefühlen dem Essen gegenüber entwickeln. Weiterhin muss eine Körperschemastörung vorliegen, um Magersucht diagnostizieren zu können. Das bedeutet, dass die Betroffenen ihren Körper nicht in der Art und Weise wahrnehmen, wie er tatsächlich ist, sondern ihn verzerrt sehen und der Überzeugung sind immer noch dick zu sein (vgl. BIESALSKI/GRIMM 2004). Die Einstellung zur Figur kann als krankhaft bezeichnet werden, denn das Körpergewicht hat einen großen Einfluss auf das Selbstwertgefühl und das Körperempfinden der Betroffenen. Ferner leugnen Betroffene ihr niedriges Körpergewicht – versuchen sogar es zu verstecken – und die daraus resultierenden Gefahren.
Bricht die Krankheit vor der Pubertät aus, hat dies entscheidende Folgen für die Entwicklung. Die endgültige Entwicklung der sekundären Geschlechtsorgane unterbleibt und bei den Mädchen kommt es zum Ausbleiben der Menarche (erste Regelblutung). Wird die Krankheit erfolgreich besiegt und die Nahrungsaufnahme erreicht ein normales Niveau, gehen die Symptome zurück und es kommt zu einer entsprechenden Entwicklung.
Ein weiteres Diagnosekriterium ist eine Amenorrhoe (Ausbleiben der Menstruation) bei den Frauen. Aufgrund einer Störung der Hypothalamus – Hypophysen – Gonaden – Achse bleibt bei den Frauen die Menstruation in einen Zeitraum von mindestens drei Monaten aus und bei den Männern kommt es zu einem Libido- und Potenzverlust (vgl. PUDEL/WESTENHÖFER 2003; NITZ 1987).
Bei der Anorexia nervosa könne zwei Untertypen festgestellt werden. Der restriktive Typ betreibt kein abführendes Verhalten und hat keine Essattacken. 50% der Anorektiker haben allerdings eine bulimische Symptomatik, welche mit Erbrechen und dem Mißbrauch von Abführmitteln und Appetitzügler einhergeht. Sie haben Ähnlichkeiten in ihren Verhaltensweisen mit Bulimikern. „Bulimische Symptome werden bei bestehendem Untergewicht als Anorexia nervosa bulimischer Subtyp klassifiziert und nicht als Bulimia nervosa“ (PUDEL/WESTENHÖFER 2003, S. 222)
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- Anne Kaufmann (Author), 2005, Einstellungen zu Figur, Essen und Diät bei Grundschulkindern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125183
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