Du sollst dich nicht rächen noch Zorn bewahren.
Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch woh-
nen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst.
(3. Mose 19/ 33-34)
Völkermord - allgemein wird unter diesem Begriff die Auslöschung willkürlich definierter Menschengruppen
unter sehr brutalen Begleitumständen verstanden.
1944 führte der jüdisch-polnische Jurist Raphael Lemkin den Begriff "Genozid" ein.:
Neue Ansätze erfordern neue Begriffe. Unter "Genozid" verstehen wir die Vernichtung eines Volkes oder
einer ethnischen Gruppe. Dieses neue Wort setzt sich aus dem griechischen Wort genos (Rasse, Stamm,
Volk) und dem lateinischen Wortstamm cide (töten, morden, metzeln) zusammen und entspricht so
in seiner Bildung Wörtern wie Tyrannizid, Homozid, Infantizid, etc. Im allgemeinen bedeutet Genozid
nicht notwendigerweise die unmittelbare Vernichtung eines Volkes, auÿer wenn er durch die massenhafte
Ermordung aller Mitglieder eines Volkes erfolgt, sondern die planmäÿige Koordinierung verschiedener
Aktionen, die darauf abzielen, die unentbehrlichen Lebensgrundlagen von Volksgruppen zu zerstören, um
diese Gruppen selbst zu vernichten. Ziele eines solchen Plans wären die Zerschlagung der politischen und
sozialen Institutionen, der Kultur, der Sprache, des Nationalgefühls, der Religion und des Wirtschaftslebens
von Volksgruppen, die Vernichtung der persönlichen Sicherheit, Freiheit, Gesundheit und Würde
bis hin zur Tötung von Angehörigen solcher Gruppen. Der Genozid richtet sich gegen die Volksgruppe
als solche, und die aus ihm folgenden Handlungen gelten nicht Personen auf Grund ihrer individuellen
Eigenschaften, sondern auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe." (1)
Die verbindliche Definition des Straftatbestandes Völkermord ergibt sich aus der UN-Konvention 280.
Allerdings ist die Einordnung verschiedener Verbrechen unter den Terminus Völkermord nicht einfach.
Kann man Genozide vergleichen? Verliert der Holocaust dadurch an Schrecken und wird relativiert oder gar
geleugnet?
(1)Raphael Lemkin. "Axis Rule in occupied Europe. Laws of Occupation, Analysis of Government, Proposals for Redress",
Washington 1944
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- UN-Konvention gegen Völkermord
- Definition des Völkermordes
- Straftatbestände
- Typologien staatlichen Massenmordes
- Helen Fein
- Vahakn N. Dadrian
- Leo Kuper
- Roger W. Smith
- Rudolph Joseph Rummel
- Problematik der Definitionen
- Zusammenhang zwischen der Gesellschaftsstruktur und Genozid
- Massenmord in Demokratie und Diktatur
- Zusammenhang zwischen Genozid und Krieg
- Rassismus
- Vergleichende Völkermordforschung
- Kategorien zur Einordnung von Genoziden
- Dynamik und Frühwarnsignale des Genozides
- Psychologie von Völkermördern
- Intervention
- Probleme
- Beispiel eines eindeutigen Völkermordes: Der Holocaust
- Holocaust
- Termini
- Vorsatz
- Motive
- Verlauf
- Der Genozid an den Sinti und Roma im Dritten Reich
- Dynamik der Eskalation
- Euthanasie
- Holocaust
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Begriff des Völkermordes, seine Definitionen und Einordnungen. Sie analysiert den Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher Struktur und Genozid, beleuchtet verschiedene Typologien staatlichen Massenmordes und diskutiert die Problematik vergleichender Völkermordforschung. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Erforschung von Frühwarnsignalen und Interventionsmöglichkeiten.
- Definition und Einordnung von Völkermord
- Typologien staatlichen Massenmordes
- Gesellschaftliche Ursachen und Bedingungen von Genozid
- Vergleichende Völkermordforschung und ihre Herausforderungen
- Frühwarnsignale und Interventionsmöglichkeiten
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik ein und definiert den Begriff Völkermord. Kapitel zwei behandelt die UN-Konvention gegen Völkermord, inklusive Definition und Straftatbestände. Kapitel drei beleuchtet verschiedene wissenschaftliche Typologien staatlichen Massenmordes und die damit verbundenen Definitions-Probleme. Kapitel vier untersucht den Zusammenhang zwischen Gesellschaftsstruktur und Genozid, betrachtet Massenmord in unterschiedlichen politischen Systemen und den Einfluss von Krieg und Rassismus. Kapitel fünf widmet sich der vergleichenden Völkermordforschung und analysiert die Dynamik und Frühwarnsignale. Kapitel sechs thematisiert die Problematik von Interventionen. Die Kapitel sieben behandeln den Holocaust und den Genozid an den Sinti und Roma als Beispiele für Völkermord, ohne auf Details des Verlaufs oder der Schlussfolgerungen einzugehen.
Schlüsselwörter
Völkermord, Genozid, UN-Konvention, Massenmord, Typologien, Gesellschaftsstruktur, Krieg, Rassismus, Vergleichende Völkermordforschung, Frühwarnsignale, Intervention, Holocaust, Sinti und Roma, Euthanasie.
- Quote paper
- Heike Vollborn (Author), 2007, Völkermord. Welche Verbrechen zählen als Genozid?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125010