Im Rahmen des Hauptseminars Angewandte Kognitionspsychologie 2 – Denk- und Handlungsfehler – behandelt diese Seminararbeit das Thema „Fahrassistenzsysteme zur Vermeidung menschlichen Fehlverhaltens“. Der genaue Fokus dieser Arbeit ist jedoch auf das menschliche Verhalten und Fehlverhalten in Gefahrensituationen im Straßenverkehr gerichtet.
Vor diesem Hintergrund gilt es in dieser Hauptseminararbeit zu beleuchten, welche Formen von menschlichen Denk- und Handlungsfehlern aus dem Verhalten der Fahrer zur Verursachung von Verkehrsunfällen führen und welche technischen Systeme diesen entgegen wirken oder sogar vermeiden können.
Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob durch die Technisierung unterschiedlicher Lebenssituationen und Systeme, das Auftreten menschlicher Handlungsfehler minimiert oder gar vermieden werden können, oder ob genau diese Unterstützung durch technische Überwachungs- und Assistenzsysteme dazu führt, dass neue Ursachen und Gründe für Fehlhandlungen entstehen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Handlungen und Handlungsfehler
2.1 Fehler und Handlungsfehler
2.2 Das Fahren als Handlung
3 Handeln in komplexen Situationen
3.1 Einflussaspekte auf die Fehleranfälligkeit
3.2 Störfälle durch latente Fehler
3.3 Vermeidung von Störfällen durch Prävention
4 Unfallursachen
4.1 Untersuchung realer Verkehrsunfälle
4.2 Modell zur Fehlerklassifikation bei Verkehrsunfällen
5 Unterstützung des Fahrens durch Assistenzsysteme
5.1 Entlastung des Fahrers
5.2 Funktionsbereich von Fahrassistenzsystemen
5.3 Arten von Fahrassistenzsystemen
6 Fehlhandlungen durch Automatisierung
6.1 Die Zuverlässigkeit der Automatisierung
6.2 Die Ironien der Automatisierung
6.3 Das Harrisburg - Syndrom
6.4 Überforderung des Menschen in Notfällen
7 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklung der Zahl der im Straßenverkehr Getöteten 1953-2007
Abbildung 2: Das Modell der internalen Fehlfunktion nach Rasmussen (1982), adaptiert von Zimmer (2001) für die Fahrzeugführung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ursachen von Unfällen mit Personenschaden
Tabelle 2: Zuornung von Fahrerassistenzsystemen nach Ebene der Fahraufgabe und Grad der Unterstützung
1 Einleitung
ABS, Airbags, ESP, adaptives Kurvenlicht, Spurhalteassistenz, Navigationssysteme, Abstandswarnsysteme – Dies ist nur ein Auszug aus dem immer größer werdenden Produktkatalog eines Automobilherstellers zur Verbesserung der Fahrsicherheit in einem Fahrzeug.
Dabei liegt die Sicherheit des Fahrens nicht nur im Bereich der Fahrzeugtechnik, sondern gehört neben der Gesetzgebung, straßenbaulichen Maßnahmen und der Verhaltensforschung bei Fahrern in Unfallsituationen, mit zu den wichtigsten Handlungsfelder bei der Entwicklung von Unfallpräventionsmaßnahmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Entwicklung der Zahl der im Straßenverkehr Getöteten 1953-2007[1]
Wie die Abbildung 1 zeigt, sterben jedes Jahr allein in Deutschland viele tausend Menschen an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Um der hohen Zahl der Unfallopfer bei Verkehrunfällen entgegen zu wirken, wurde in den letzten Jahrzehnten mit Erfolg eine Vielzahl an verschiedenen Maßnahmen ergriffen. Erkenntnisse aus Analysen von Verkehrsunfällen lieferten zudem sehr konkrete Handlungsempfehlungen, um die Sicherheit des Gesamtsystems Straßenverkehr weiter zu erhöhen.
Im Rahmen des Hauptseminars Angewandte Kognitionspsychologie 2 – Denk- und Handlungsfehler – behandelt diese Seminararbeit das Thema „Fahrassistenzsysteme zur Vermeidung menschlichen Fehlverhaltens“. Der genaue Fokus dieser Arbeit ist jedoch auf das menschliche Verhalten und Fehlverhalten in Gefahrensituationen im Straßenverkehr gerichtet.
Vor diesem Hintergrund gilt es in dieser Hauptseminararbeit zu beleuchten, welche Formen von menschlichen Denk- und Handlungsfehlern aus dem Verhalten der Fahrer zur Verursachung von Verkehrsunfällen führen und welche technischen Systeme diesen entgegen wirken oder sogar vermeiden können.
Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob durch die Technisierung unterschiedlicher Lebenssituationen und Systeme, das Auftreten menschlicher Handlungsfehler minimiert oder gar vermieden werden können, oder ob genau diese Unterstützung durch technische Überwachungs- und Assistenzsysteme dazu führt, dass neue Ursachen und Gründe für Fehlhandlungen entstehen.
Zu nächst wird in dieser Arbeit kurz dargestellt, wie sich die Begriffe „Handlung“, „Fehler“ und „Handlungsfehler“ zu Definieren sind, in diesen Kontext einordnen lassen und anhand welcher Theorien die Mechanismen und Modelle für die Fehlertypenklassifikation abgeleitet werden.
Weiterführend wird das Handeln von Menschen in komplexen Situationen und Systemen betrachtet, um einen weiteren Erklärungsansatz für die menschliche Fehlleistung vor Unfallsituationen zu geben.
Der zu untersuchende Handlungsraum der Verkehrsunfälle wird anhand von Unfallursachen und der Ursachenforschung beschrieben. Die anschließende Vorstellung eines Klassifizierungsmodells zur Fehlertypisierung dient zur Einordnung bestimmter Handlungsabläufe vor einem Unfall.
Dieses soll Aufschluss darüber geben, welches Handeln zu Fehlern geführt hat und gegebenenfalls die Unfallursache ist.
Anschließend wird beschrieben, was unter Fahrassistenzsystemen zu verstehen ist und welche Aufgabe diese Systeme im Bezug auf die Fahrhandlung einnehmen und wie diese den Fahrer unterstützen können.
Abschließend wird gezeigt, dass die Automatisierung nicht in allen Bereichen unbedingt mit einer Verbesserung einhergeht. Denn wenn Assistenzsysteme nicht immer den geforderten Dienst erbringen und der Mensch in das Handeln wieder eingreifen muss, dann aber oft überfordert ist, kann man hier von der Ironie der Automatisierung sprechen.
2 Handlungen und Handlungsfehler
Der Handlungsbegriff ist in diesem Zusammenhang sehr entscheidend, da das Fahren eines Fahrzeugs eine sehr komplexe Handlung ist. Betrachtet man jedoch zunächst das Handeln an sich, so gliedert Rasmussen diese in drei Ebenen.[2]
- wissensbasierte Ebene (knowledge-based): bewusst gesteuerte, auf analytischen Prozeduren beruhende Handlungen
- regelbasierte Ebene (rule-based): Handlungen unter Anwendung gelernter Regeln, z. B. Wenn-dann-Regeln
- fähigkeitsbasierte Ebene (skill-based): Handlungen die Routinehandlungen gleichen, die automatisiert ohne bewusste Aufmerksamkeit oder ständige Kontrolle ablaufen
2.1 Fehler und Handlungsfehler
Der Begriff Fehler steht in sehr engen Kontext zu den Begriffen Zuverlässigkeit und Zielerfüllung. Diese Beziehung erkennt man nicht nur bei menschlichen Verhaltensweisen, sondern ist auch in technischen Systemen erkennbar (Zimolong 1990). Demnach gilt etwas oder jemand als zuverlässig, je geringer die Auftrittswahrscheinlichkeit von Fehlern ist.
Die Definition eines solchen auftretenden Fehlers ist jedoch nicht trivial. Im Allgemeinen kann man von einem Fehler sprechen, wenn ein bestimmtes Ziel oder Teilziel durch eine auslösende Aktion nicht erreicht worden ist. Dieses kann sich auf eine einzelne Handlung, als auch auf die gesamt Struktur eines komplexen sozio-technischen Systems beziehen.
Da Fehler unterschiedlicher Ausprägung und unterschiedlicher Natur sind, versuchten z.B. Frese & Zapf, 1991; Heckhausen & Beckmann, 1990; Norman 1981; Rasmussen, 1982 und Reason 1990, die möglichen auftretenden Arten von Fehlern zu klassifizieren.
In Anlehnung an die Arbeit von Reason über menschliches Versagen, können aus der Ebenenklassifikation der Handlung nach Rasmussen drei grundlegende Fehlertypen für Handlungsfehler definiert werden, die den jeweiligen Ebenen zugeordnet werden.[3]
wissensbasierte Ebene à wissensbasierte Handlungsfehler
regelbasierte Ebene à regelbasierte Handlungsfehler
fähigkeitsbasierte Ebene à Patzer und Schnitzer
2.2 Das Fahren als Handlung
Betrachtet man die Handlung des Fahrens eines Autos, so fallen sowohl die zahlreichen fähigkeitsbasierten Handlungen beim Führen des Fahrzeugs als auch die erforderlichen regelbasierten Entscheidungen und die wissensbasierten Handlungen auf.
Nach Bernotat (1970); Michon (1985); Erke (1993) lässt sich das Fahren in die folgenden verschiedene drei Eben aufteilen:
1. Navigationsebene
Umfasst Aufgaben der Weg und Streckenplanung vor und während der Fahrt, Finden von alternativen Wegen bei Stau-Umfahrung oder das Navigieren durch unbekannte Gebiete.
2. Führungsebene
Das Fahren als Handlung und das Beachten von Verkehrsregelen, das Folgen des Straßenverlaufs und der geplanten Route)
3. Stabilisierungsebene
die Anpassung an die gegebenen Verkehrs- und Umweltbedingungen wie Lenken, Bremsen, Schalten, Gasgeben, Kuppeln, Spiegelblicke etc. um im Verkehrsfluss und in der Spur zu bleiben.
Man kann dieses Ebenenmodell des Fahrens mit dem Handlungsmodell von Rasmussen gleich setzen und die verschiedenen Tätigkeiten zuordnen:
Navigationsebenen à wissensbasierte Ebene
Führungsebene à regelbasierte Ebene
Stabilisierungsebene à fähigkeitsbasierte Ebene
Die Tätigkeiten der Navigationsebene laufen ehr wissensbasiert ab. Hier greift der Fahrer zwar auf ihm bekannte Streckenverläufe zurück, muss jedoch bei der Orientierung in unbekannten Gebieten hohe kognitive Leistungen in Anspruch nehmen. Dies ist eine Tätigkeit die in gewissermaßen langsam und bewusst ablaufen.
Die Führungsebene umfasst wie oben beschrieben Tätigkeiten die eher regelbasiert ablaufen, wo hingegen Tätigkeiten auf der Stabilisierungsebene, das permanente Schalten, Bremsen, Kuppeln usw. eher fertigkeitsbasiert und automatisch abläuft.
Ebenfalls lassen sich auch hier die in Kapitel 3.1 beschriebenen Aspekte und Indikatoren für die Komplexität von Situationen und Handlungen ableiten. Dieses unterstreicht die Auffassung, dass das Fahren zwar eine teils automatisch getriebene, aber dennoch größtenteils bewusste und sehr komplexe Handlung ist.
3 Handeln in komplexen Situationen
Wie zuvor beschrieben, liegt der Fokus dieser Arbeit auf menschlichem Fehlverhalten und wie dieses durch technische Unterstützung reduziert werden kann. Zur genaueren Betrachtung dieser Problematik und dem zu untersuchenden Feld der Interaktion von Menschen und Technik im Straßenverkehr, richtet sich die weitere Untersuchung auf den Bereich, menschlichen Handelns in komplexen Situationen. Ausschlaggebend ist hier die Aussage von Reason, dass je komplexer eine Situation oder ein System ist, desto fehleranfälliger ist es. Meist äußern sich diese Fehler durch Störfälle, Unfälle oder sogar durch Katastrophen.[4]
3.1 Einflussaspekte auf die Fehleranfälligkeit
Nicht nur der Aspekt der Komplexität ist ein Indikator für die Fehleranfälligkeit. Nachfolgend werden in Anlehnung an von der Weth, Dörner, Brunner & Stüudel und Ossimitz weitere Aspekte und Eigenschaften beschrieben, die ebenfalls Auswirkungen auf die Entstehung von Fehlern haben oder indirekt zu Handlungs- und Denkfehlern führen können.
1) hohe Komplexität:
Eine hohe Komplexität liegt dann vor, wenn ein System aus vielen Einzeleinheiten und Prozessen besteht, die mehrfach untereinander verknüpft sind und die einander beeinflussen. Ebenfalls kann man in solchen Systemen die ablaufenden Prozesse nicht direkt beobachten oder steuern. Dadurch ist das gesamte System nur schwer überschaubar.
2) enge Kopplung / Vernetztheit:
In manchen Systemen sind die Abläufe eng miteinander verzahnt, sodass es nur wenig bis gar keine Ersetzungs-, Ausweich-, Begrenzungsmöglichkeiten gibt. Jede Einwirkung von Außen hat Auswirkungen auf das Gesamtsystem. Von der Weth spricht dabei von den Neben- und Fernwirkungen, die bei der Entscheidung über die auszulösende Hauptwirkung mit berücksichtigt werden müssen[5]
3) Dynamik:
Dörner beschreibt die Eigendynamik eines Systems mit der autonomen und fortwähren Veränderung ohne einen direkten Eingriff eines Akteurs. Diese Dynamik ist oft das Resultat der engen Kopplung und Vernetztheit in einem komplexen System und besteht sowohl aus positiven als auch aus negativen Rückkopplungen. Die aus der Dynamik resultierenden möglichen Probleme beziehen sich auf die Planung und Prognose über weitere, zukünftige System Änderungen.[6]
4) Intransparenz:
Die bereits bei der Komplexität eines Systems beschriebene geringe Durchschaubarkeit und Übersichtlichkeit ist auch als Intransparenz eines Systems zu bezeichnen. Bestimmte Problemsituationen erfordern es, dass sich die Akteure einen kompletten Überblick über das gesamte System verschaffen müssen. Ist dies nicht möglich so werden abstrakte oder simplifizierte Modelle des Systems zur Lösungsfindung herangezogen, was wiederum zu Fehlern führen kann. (Brunner & Stüudel, 1992; Ossimitz, 2000)
[...]
[1] Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland 2008
[2] vgl. [Rass82]
[3] vgl. [Reas94]
[4] vgl. [Reas90]
[5] vgl. [Weth90]
[6] vgl. [Dörn81]
- Citar trabajo
- B.Sc. Bus. Sys. Eng. Daniel Dreher (Autor), 2008, Human Error. Fahrassistenzsysteme zur Vermeidung menschlichen Fehlverhaltens, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124760
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