Jean Bodin gilt als einer der wichtigsten Staatstheoretiker seiner Zeit und als Begründer des modernen Souveränitätsbegriffs. Als Verfechter des Absolutismus brachte er im Jahre 1576 sein bedeutsamstes Werk, „Sechs Bücher über den Staat“, heraus. Die folgende Arbeit, deren Gegenstand ausschließlich besagtes Werk ist, geht der Frage nach, in welchem Verhältnis Souverän und Untertanen in der Theorie Bodins zueinander stehen. Vor allem der Begriff der Souveränität spielt hierbei eine zentrale Rolle. Die Grundlage für die in der Hausarbeit angeführten Darstellungen bilden neben der Sekundärliteratur die deutsche Übersetzung des Originalwerkes, herausgegeben von Peter Cornelius Mayer-Tasch.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Erläuterung des Absolutismusbegriffs als Einführung
3. Der Souveränitätsbegriff bei Bodin
4. Die Staatsformenlehre Bodins
5. Bodins Sichtweise über das Verhältnis zwischen Souverän und Untertanen
5.1. Konsens kann nicht über Kompromisse gefunden werden
5.2. Souveränität im Spannungsverhältnis
5.3. Der Fürst als letzte Entscheidungsinstanz
5.4. Bodin und die Religion
5.5. Welche Möglichkeiten des Protests ergeben sich Untertanen bei einschneidenden Unrechtmäßigkeiten des Fürsten?
5.6. Appell an die Untertanen
5.7. Appell an den Souverän
6. Resümee
7. Literatur- und Quellenverzeichnis
Literatur:
Quellen:
1. Einleitung
Jean Bodin gilt als einer der wichtigsten Staatstheoretiker seiner Zeit und als Begründer des modernen Souveränitätsbegriffs. Als Verfechter des Absolutismus brachte er im Jahre 1576 sein wichtigstes Werk, „Sechs Bücher über den Staat“, heraus. Die folgende Arbeit, deren Gegenstand ausschließlich besagtes Werk ist, geht der Frage nach, in welchem Verhältnis Souverän und Untertanen in der Theorie Bodins zueinander stehen. Vor allem der Begriff der Souveränität spielt hierbei eine zentrale Rolle. Die Grundlage für die in der Hausarbeit angeführten Darstellungen bilden neben der Sekundärliteratur die deutsche Übersetzung des Originalwerkes, herausgegeben von Peter Cornelius Mayer-Tasch.
2. Erläuterung des Absolutismusbegriffs als Einführung
Ernst Hinrichs zufolge meint der Begriff Absolutismus zum einen ein politisches System, in dem die möglichst größte Macht sich auf eine Person konzentriert, dies allerdings zum Nachteil seiner Mitmenschen, zum anderen eine Epoche, die sich über einen langen Zeitabschnitt europäischer Staatengeschichte zwischen den Religionskriegen aus dem 16. und dem frühen 17. Jahrhundert sowie der Bildung konstitutionell-parlamentarischer Systeme des 19. Jahrhunderts erstreckt[1]. Heinz Duchhardt sieht im Absolutismus das Ende des ständestaatlichen Dualismus von Fürst und Ständen als Landesrepräsentanten, indem Macht und Souveränität nicht mehreren Personen zu eigen ist, sondern einem, dem Fürsten, der die potestas absoluta, die absolute Macht, für sich beansprucht[2]. Der Ständestaat verkörpert zwar wie der absolutistische eine monarchische Staatsform, der Monarch ist in diesem jedoch durch ständische Mitregentschaft und Kontrolle in seiner Machtausübung beschränkt[3]. Im absolutistischen Staat hingegen richtet der Fürst in der Praxis Verwaltung, Beamtentum sowie das Heer auf sich hin aus und drängt die regionale Autonomie des Adels zurück[4]. Der Begriff Absolutismus selber entstand -sieht man von einigen wenig repräsentativen Vorläufern ab- im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts und diesem soll eine gewisse Polemik zu eigen gewesen sein, indem er sowohl in England als auch anfänglich in Deutschland „…zur Kennzeichnung eines für überwunden gehaltenen, autoritären, despotischen Regimes[5] “ diente[6]. So finden sich zu jener Zeit vor allem Frühliberale, die sich diese Definition vom Absolutismus zu eigen machen, diesen somit als freiheitsfeindliches, autoritäres System des 18. Jahrhunderts empfinden. Nach Hinrichs sehen die Monarchiekritiker im Absolutismus ein Hindernis zu mehr Partizipation und Freiheit der Menschen, weshalb sie auch besagtes System wohl als Despotie betiteln[7]. Demgegenüber führt Kunisch an, dass infolge der Unabhängigkeit des Fürsten von ständischer Mitsprache dessen Machtgewinn keineswegs als despotisch anzusehen ist. Vielmehr war der Fürst verpflichtet, Eigentum und Freiheit seiner Untertanen genauso zu achten wie die Normen christlicher Staatsethik[8]. „Der Fürst besaß nach der Auffassung der Zeit die „potestas legibus soluta“ nicht zum Zwecke schrankenloser Willkür, sondern in Verpflichtung auf die Grundsätze des göttlichen und natürlichen Rechts[9].“ So war Gegenstand des Absolutismus einerseits die Unterordnung von Individualinteressen unter eine Staatsräson, andererseits die vollkommene Verkörperung des Staates in der Person des Monarchen. Über das positive, von Menschen geschaffene Recht konnte der Monarch allerdings verfügen, es war ihm unterworfen[10]. Sowohl über das positive als auch über das natürliche Recht wird in der Hausarbeit noch zu reden sein. Jean Bodin gilt als der erste bedeutsame Theoretiker des Absolutismus. Vor allem Bodins Idee von Souveränität, der Gedanke allumfassender und unbeschränkter Hoheitsgewalt sowohl nach innen als auch nach außen, die heutzutage modernen Staaten zu eigen ist, ist Hinrichs zufolge als dessen Leistung anzusehen[11], und besagte Souveränität als Ausgangspunkt für das Verhältnis zwischen König und Untertanen wird, wie in der Einleitung schon erwähnt, Gegenstand der Hausarbeit sein. Bodins „Sechs Bücher über den Staat“ (auf Französisch: „Six livres de la république“), die theoretische Grundlage absoluter Monarchie, werden dafür in den Folgeanführungen im Fokus dieser Hausarbeit stehen.
3. Der Souveränitätsbegriff bei Bodin
Im ersten Satz des achten Kapitels des ersten Buches mit der Überschrift „Über die Souveränität“ wird Souveränität wie folgt beschrieben: „Unter der Souveränität ist die dem Staat eignende absolute und zeitlich unbegrenzte Gewalt zu verstehen…[12] “. Das Absolute sowie die Fortdauer von Herrschaft machen das Wesen der Souveränität aus. Einer zeitlich befristeten Herrschaft ist in den Augen Bodins keine Souveränität zu eigen. Denn ist beispielsweise einem Monarchen „[…] absolute Gewalt schlechthin […]“, das heißt „[…] nicht in der Eigenschaft als Amtsträger […] oder auf Widerruf übertragen, so besteht kein Zweifel, dass er dann souveräner Monarch ist[13] “. In Sachen Absolutheit darf es ebenfalls keine Begrenztheit geben. Denn das Volk gibt sich seiner Meinung nach nur dann einer souveränen, zeitlich unbegrenzten Gewalt hin, wenn es sämtliche Machtbefugnisse auf den Souverän überträgt[14], „[…] wie wenn jemand sein gesamtes Eigentum mitsamt dem Besitz verschenken würde[15] “. Ein solches Verständnis von Souveränität hatte Dennert zufolge bisher kein Staatstheoretiker vor Bodin hervorgebracht. Zwar gab es vor den Überlegungen Bodins Herrschaften von unbestimmter Dauer, so die dynastischen Herrschaften in Frankreich, diese waren jedoch an göttliche oder natürliche Gesetze rechtlich gebunden, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die jeweilige Herrschaftsgewalt an den Rat politischer Institutionen, wie Stände oder Parlamente, angewiesen war[16]. Die hier beschriebene Souveränität ermöglicht dem Souverän allerdings, „ […] Untertanen in ihrer Gesamtheit ohne ihre Zustimmung Gesetze vorzuschreiben[17] “. Die Einzelrechte, in die die Souveränität des Mittelalters aufgeteilt war, werden zu einem Ganzen, zu einer einzigen Kompetenz zusammengefasst[18]. Einzig der Souverän ist somit Gesetzgeber. Bodin soll es vor allem darum gegangen sein, das bestehende, vom Bürgerkrieg bedrohte Frankreich zu bewahren, weshalb er die Rolle des Souveräns neu definiert, der nun, wie bereits erwähnt, als alleiniger Gesetzgeber des Staates fungiert[19].
4. Die Staatsformenlehre Bodins
Wie Staatsverfassungen beurteilt und klassifiziert werden können, beschreibt Bodin in der sogenannten Staatsformenlehre. Während Aristoteles Kriterium für seine Staatsformenlehre das gute Leben der Menschen in der Gemeinschaft war, und er die Trennung von entarteten und richtigen Verfassungen vornahm, bricht Bodin mit dieser Tradition, indem er seine Staatsformenlehre nicht in Verbindung mit Ziel und Zweck des Staates setzt[20]. Denn Bodins primäre Prinzip für die Unterteilung der Staatsformen ist die Souveränität[21]. Laut Horst Denzer gibt es auf die Frage, wem die Souveränität zu eigen ist, lediglich drei Unterscheidungen: „die Monarchie, wenn einer allein die Souveränität hat, die Aristokratie, wenn die Minderheit des Volkes als Körperschaft souverän ist, und die Demokratie oder Volksherrschaft, wenn das ganze Volk oder seine Mehrheit als Körperschaft die Souveränität hat[22] “. Die hier genannten drei Staatsformen sind letztlich auch die einzigen, die Bodin unterscheidet. Richtet man hingegen sein Augenmerk weniger auf die Souveränität als auf die Qualitäten von Herrschern, so ergibt sich eine Vielzahl möglicher Staatsformen. Da aber die Souveränität das Unterscheidungskriterium für Bodin ist, kann es neben genannten drei Staatsformen weder eine beste noch eine gemischte Verfassung geben, weil die Attribute der Souveränität nicht teilbar sind. Denzer kritisiert hingegen Bodin, weil dieser sich nicht vorstellen könne, dass auch bei mehreren Herrschenden eine ungeteilte Souveränität möglich sei. So kenne Bodin seinen Ausführungen zufolge noch nicht die späteren Lehren wie die Pufendorfs zum Beispiel, bei denen es auch möglich sei[23], dass „ […] mehrere natürliche Personen eine zusammengesetzte moralische Person ergeben können und so einen einzigen Willen haben, der die Souveränität im Staat verkörpert[24] “.
[...]
[1] Vgl. Ernst Hinrichs, Fürsten und Mächte Zum Problem des europäischen Absolutismus, Göttingen 2000, S. 19f.
[2] Vgl. Heinz Duchhardt, Das Zeitalter des Absoultismus Oldenbourg Grundriss der Geschichte, hrg. von Jochen Bleicken, Lothar Gall, Hermann Jakobs, München 1992, S. 36.
[3] Vgl. Johannes Kunisch, Absolutismus Europäische Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zur Krise des Ancien Régime, 2. Auflage Göttingen 1999, S. 21.
[4] Vgl. Heinz Duchhardt, Das Zeitalter des Absoultismus Oldenbourg Grundriss der Geschichte, S. 36.
[5] Ernst Hinrichs, Fürsten und Mächte Zum Problem des europäischen Absolutismus, S. 20.
[6] Vgl. Ebd., S. 19f.
[7] Vgl. Ebd., S. 21.
[8] Vgl. Johannes Kunisch, Absolutismus Europäische Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zur Krise des Ancien Régime, S. 22f.
[9] Ebd. S. 23.
[10] Vgl. Ebd., S. 23.
[11] Vgl. Ernst Hinrichs, Fürsten und Mächte Zum Problem des europäischen Absolutismus, S. 24.
[12] Jean Bodin, Sechs Bücher über den Staat Buch I-III, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Bernd Wimmer, hrsg. P. C. Mayer-Tasch, München 1981, S. 205.
[13] Ebd., S. 209.
[14] Vgl. Ebd., S. 209.
[15] Ebd., S. 209.
[16] Vgl. Jürgen Dennert, in: Jean Bodin Verhandlungen der internationalen Bodin Tagung in München, hrsg. von Horst Denzer, München 1973, S. 230.
[17] Jean Bodin, Sechs Bücher über den Staat Buch I-III, S. 222.
[18] Vgl. Nicolai Rosin, Souveränität zwischen Macht und Recht Probleme der Lehren politischerSouveränität in der frühen Neuzeit am Beispiel von Machiavelli, Bodin und Hobbes, Hannover 2003, S. 121.
[19] Vgl. Ebd., S. 124.
[20] Vgl. Ebd., S. 136.
[21] Vgl. Horst Denzer, in: Jean Bodin Verhandlungen der internationalen Bodin Tagung in München, hrsg. von Horst Denzer, München 1973, S. 236.
[22] Ebd., S. 236.
[23] Vgl. Ebd., S. 236f.
[24] Ebd., S. 237.
- Arbeit zitieren
- Denis Köklü (Autor:in), 2008, Jean Bodin - Das Verhältnis zwischen Souverän und Untertanen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124733
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