Diese Arbeit behandelt die Frage nach den Möglichkeiten der athenischen Bürgerinnen zur öffentlichen Partizipation. In welchen Bereichen des öffentlichen Lebens konnten Frauen teilnehmen und in welchen nicht?
Dabei wird insbesondere auf die Unterteilung der Gesellschaft in private und öffentliche Sphäre sowie die Lebensbedingungen der Frauen eingegangen. Zudem wird die Frage behandelt, welche Ursachen es für die geringe öffentliche Teilhabe der Frauen gab. Das binäre Geschlechterverständnis, ihre Rolle der Ehefrau und Mutter, die Patrilokalität, das patriachale Gesellschaftssystem, Bildung, weibliche Tugendvorstellung (Keuschheit und Zurückhaltung) und eine gewisse Tendenz zur Misogynie stellen hierbei zentrale Punkte dar. Abschließen wird auf Frauen eingegangen, denen es gelang, eine gewisse öffentliche Teilhabe zu erlangen und untersucht, wie diese im historischen Kontext einzuordnen und zu verstehen sind. Widerlegen sie die Vorstellung von den Athenerinnen, die aus der öffentlichen Teilhabe ausgeschlossen wurden oder wirken in ihren Erzählungen weitere Mechanismen?
Inhalt
Einleitung
1. Fragestellung
2. Inhaltliche Eingrenzung
3. Quellen und Forschung
3.1. Sekundärliteratur
3.2. Primärquellen
I. Antike Gesellschaftsordnung
1. Sozialstruktur in der attischen Demokratie
2. Patriarchales Gesellschaftssystem
3. Weibliche Wirkungsstätten
3.1. Haus- und Wirtschaftsgemeinschaft
3.2. Frauen in der Öffentlichkeit
Zusammenfassung: Teil I
II. Ursachen der geringen öffentlichen Partizipation
1. Binäres Geschlechterverständnis
2. Biologismus
3. Bildung
4. Ehe & Mutterschaft
5. Patrilokalität
6. Weibliche Sozialisation
6.1. Sophrosyne
6.1.1. Tugend der Keuschheit
6.1.2. Tugend der Zurückhaltung
7. Pejorisierung der Weiblichkeit
7.1. Internalisiertes Rollenbild
7.2. Fehlende Frauenversammlungen
7.3. Maskulinisierung
Zusammenfassung: Teil II
III. Abweichungen von der Gendernorm
1. Amazonen
2. Aristophanes‘ Lysistrata & Praxagora
3. Hipparchia, ‚der Philosoph‘
Zusammenfassung: Teil III
IV. Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Quellen
2. Literatur
3. Abbildung
Einleitung
Das antike Griechenland gilt bis heute als ‚Wiege der westlichen Kultur‘ und hat die Welt, wie wir sie kennen, entscheidend mitgeprägt. Bei einem genaueren Blick auf die überlieferten Schriften und Texte fällt jedoch auf, dass die antiken Quellen eine vorwiegend männliche Handschrift tragen. Obwohl die Frauen circa. die Hälfte der Bevölkerung1 im antiken Griechenland ausmachten, sind antike Überlieferungen von Frauen eine Rarität. Dichterinnen, Philosophinnen oder Wissenschaftlerinnen wie Sappho, Hipparchia oder Hypatia stellten in der griechischen Antike eher Ausnahmen dar. So sind es überwiegend männliche Autoren, die von dem Leben, Leiden und Empfinden der Frauen in der griechischen Antike berichten. Selbst im antiken Drama wurden die von männlichen Autoren konzipierten Frauenfiguren unter Zuhilfenahme von Masken durch männliche Schauspieler vor einem mehrheitlich männlichen Publikum vorgeführt.2 Öffentliche, politische Ämter wurden ebenfalls von Männern bekleidet. Die Wirklichkeitskonzeption der Antike basiert somit in hohem Maße auf den Gedanken und Perspektiven der männlichen Zeitzeugen, welche aufgrund ihres homogenen Geschlechts und sozialen Herkunft ein indirektes Bild der Frauen in der Antike zeichneten.3
Frauen, so scheint es, spielten hinsichtlich der öffentlichen Partizipation und Einflussnahme - wenn überhaupt - eine untergeordnete Rolle. Das antike Griechenland ist somit nicht nur der Ursprung der Demokratie und großer geistes- und naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern steht auch im Kontext einer langen Tradition von fehlenden öffentlichen Frauenstimmen. Inwieweit Frauen in der Öffentlichkeit mitwirken konnten und welche Ursachen es für ihre historische Unsichtbarkeit von Frauen in der Öffentlichkeit gibt, gilt es in dieser Arbeit herauszufinden.
1. Fragestellung
Bei der öffentlichen Sphäre (public) handelt es sich um jenen Raum, in dem aktiver Einfluss auf zeitgeschichtliche Ereignisse und Erkenntnisse genommen werden kann und der im Kontrast zu der privaten Sphäre steht. In der Antike umfasste ‚die Öffentlichkeit‘ insbesondere Versammlungsorte wie die Agora, Tempel, aber auch die Brunnen der Polis (Stadtstaat). Orte, an denen vor allem die Männer der Polis aktiv waren. Ziel dieser Arbeit ist es herauszufinden, welche strukturellen und gesellschaftlichen Faktoren zu der öffentlichen Unterrepräsentation von Frauen in der griechischen Antike führten und welche Rolle das Geschlechterverständnis der Zeit dabei spielte. Waren Frauen – wie manche Quellen behaupten – schlicht nicht in der Lage öffentliche Verantwortung zu tragen oder hatten erst gar keine Ambitionen öffentlich aktiv zu sein? Welche gesellschaftlichen Strukturen, Glaubenssätze und Normen führten zu einem Ausschluss der Frauen aus dem öffentlichen Raum? Im Rahmen dieser Arbeit können diese Fragen mit Sicherheit nicht absolut beantwortet werden. Dennoch kann der Diskurs und die Reflexion über das Thema einen lohnenden Beitrag zur Frauen- und Geschlechtergeschichte darstellen und im besten Falle ein neues (oder zumindest helleres) Licht auf die Erkenntnisse, die wir über die Frauen der Antike haben, werfen.
Zur Beantwortung der gestellten Frage ist diese Arbeit in vier Teile untergliedert. Im ersten Teil der Arbeit soll der Ist-Zustand des weiblichen Lebens im antiken Griechenland untersucht werden. Dabei wird primär auf den politischen, sozialen und rechtlichen Kontext, in dem die Griechinnen agierten, eingegangen und herausgearbeitet, welchen Beitrag Frauen am öffentlichen Leben der Polis leisteten. Im zweiten Teil werden die möglichen sozio-kulturellen Ursachen der geringen Repräsentation der Frauen in der Öffentlichkeit analysiert. Hierbei soll primär ermittelt werden, welche lebenspraktischen und strukturellen Faktoren die Frauen von einer öffentlichen Teilnahme abhielten und welche mythologischen Narrative hierzu in der Zeit der griechischen Antike wirkten. Daraufhin soll im dritten Teil der Blick auf reale und mythologische Frauen gerichtet werden, denen es gelang, die Geschlechterordnung herauszufordern oder gar (im Rahmen ihrer Möglichkeiten) zu überwinden. Dabei gilt zu ergründen, welche Faktoren bzw. gesellschaftlichen Umstände den Frauen in der Antike eine gewisse öffentliche Partizipation ermöglichten. Zudem ist zu prüfen, ob die Berichte von Frauen, die einen gewissen Einfluss erlangten, als Nachweis weiblicher Macht in der Antike herangezogen werden können.
Auf jedes dieser Kapitel folgt eine kurze Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse. Die Arbeit abschließen wird ein Ausblick, in welchem kontextuelle Bezüge zu anderen Kulturen des antiken Mittelmeerraums sowie zu heute hergestellt und Möglichkeiten für eine weitere Beschäftigung mit dem Thema aufgezeigt werden sollen.
2. Inhaltliche Eingrenzung
Ab dem sechsten Jahrhundert vor Christus waren Athen und die griechischen Poleis führende Macht im Mittelmeerraum. Als Untersuchungszeitraum wird in dieser Betrachtung die archaische (ca. 700–500 v. Chr.) und klassische Zeit (ca. 500–323 v. Chr.) sowie in geringerem Umfang auch die hellenistische Zeit (ca. 336 v. Chr. –30 n. Chr.) gewählt. Da die Stadt Athen durch ihre prosperierende Stellung in der antiken Welt vergleichsweise viele Quellen aufweist, wird der Fokus dieser Arbeit primär auf den attischen Raum gelenkt. Hierbei soll insbesondere die attische Demokratie betrachtet werde. Der Blick auf benachbarte Poleis (v.a. Sparta) soll dabei lediglich zu Kontrastierungszwecken herangezogen werden und selbst keinen Hauptuntersuchungsgegenstand bilden.
Der Themenkomplex der Frau im antiken Athen umfasst sowohl Bürgerinnen als auch Metökinnen und Sklavinnen, deren individuelle Lebensrealitäten zum Teil nicht unterschiedlicher hätten sein können. Bei der Frage um öffentliche Mitgestaltung handelt es sich also nicht nur um eine Geschlechterfrage, sondern auch um eine des sozialen Ranges, der körperlichen Verfassung, der Bildung und/oder der (zugeschriebenen) ethnischen Herkunft. Da aufgrund des gewählten Ausschnittes kein umfassendes Bild hinsichtlich einer intersektionalen Diskriminierung4 gewährleistet werden kann, soll der Fokus dieser Arbeit auf jene Frauen gerichtet werden, die weniger aufgrund ihrer sozialen und ethnischen Zugehörigkeit benachteiligt wurden, sondern deren Diskriminierungstendenzen sich weitestgehend auf ihre Geschlechtlichkeit rückschließen lassen: den Bürgerinnen der Stadt Athens. Dabei ist anzumerken, dass – selbst wenn viele Bürgerinnen ein ähnliches Schicksal teilten – es sich noch immer um eine Vielzahl an Frauen mit individuellen Einzelschicksalen handelt, wodurch an dieser Stelle kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden kann.5
Trans- und Intersexualität im antiken Griechenland stellt einen eigenen Forschungsschwerpunkt dar und kann aufgrund des begrenzten Umfangs dieser Arbeit nicht angemessen berücksichtigt werden. Zudem ist zu erwähnen, dass sich die im Folgenden verwendete Unterteilung in Mann/ Frau auf eine binäre Geschlechterordnung bezieht, die in der Antike verbreitet war. Allerdings waren auch in der griechischen Welt durchaus mehr als zwei Geschlechter bekannt (bspw. Hermaphrodit, Agdistis).6 Der Begriff ‚Frau‘ bzw. ‚Mädchen‘ bezieht sich im Folgenden also auf alle weiblich gelesenen Personen der griechischen Antike.
Frauen, die in der antiken Welt aufgrund ihrer Rolle als Mutter, Ehefrau oder Geliebte indirekten öffentlichen Einfluss auf Männer und öffentliche Entscheidungen nehmen konnten, stellen aufgrund der Passivität ihrer Einflussnahme jedoch keine aktive Befähigung der Frauen zu öffentlicher Mitsprache dar, weshalb diese im Folgenden unberücksichtigt bleiben sollen.7 Zudem sind die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Raum oft fließend und so fanden die antiken Symposien (Gastmähler) zwar nicht im ‚Außen‘ statt, sind allerdings im Rahmen dieser Arbeit dennoch dem Raum öffentlicher Entscheidungsbildung zuzuordnen.
Zuletzt ist anzumerken, dass es sich bei den Geschichtswissenschaften um eine Rekonstruktion der Vergangenheit aufgrund von Quellen handelt und ein absoluter Objektivitätsanspruch und eine ganzheitliche Erfassung der historischen Realität nicht zuletzt auch aufgrund einer „unüberwindlichen Barriere zwischen Welt und Vernunft/ Sprache“8 (‚linguistic turn‘) nicht vollends gewährt werden kann.
3. Quellen und Forschung
Unsere Vorstellungen über die Antike beziehen sich auf die antiken Quellen der damaligen Zeit, die ihrerseits ebenfalls einer eigenen Rezeptions- und Deutungsgeschichte unterlagen. Welche Quellen als Grundlage diese Bachelorarbeit herangezogen wurden und in welchem historiografischen Kontext sie zu begreifen sind, wird in diesem Kapitel beleuchtet. Dabei soll zunächst auf die Sekundärliteratur und anschließend die Primärliteratur eingegangen werden.
3.1. Sekundärliteratur
Bei der Frauen- und Geschlechterforschung handelt es sich um eine recht junge Disziplin der Geschichtswissenschaften. 1861 befasste sich der Altertumsforscher Johann Jakob Bachofen in seinem Werk Das Mutterrecht erstmals mit einer frühhistorischen Matriarchatstheorie der Bronzezeit und stellt das bis dato vorherrschende Geschichtsverständnis, welches von einer natürlichen, patriarchalen Gesellschaftsstruktur ausging, infrage. Bis heute handelt es sich bei der Frage, ob es ein neolithisches bzw. bronzezeitliches Matriarchat gab, um ein kontrovers diskutiertes Thema unter Historiker*innen.9 Simone de Beauvoir befeuerte 1949 den Diskurs über die historische Darstellung von Frauen als das andere Geschlecht, indem sie sich kritisch mit den gesellschaftlichen und historischen Rezensionen über Frauen auseinandersetzt. Sie beschreibt das Frauenbild als kulturell konstruiert und zieht ihrer Ausarbeitung auch antike Autoren hinzu.10
Durch die emanzipatorischen Bewegungen in Amerika und Europa ab den 1960er Jahren wuchs das Interesse an der Frauengeschichte, woraufhin sich diese zu einer eigenen wissenschaftlichen Disziplin entwickelte, die neue Denkansätze und Forschungsrichtungen initiierte:
„Ziel der Frauengeschichte war es zunächst, die Wirkung und Präsenz von Frauen in der Geschichte aufzuzeigen, die in der allgemeinen Geschichte bis dahin weitestgehend vernachlässigt worden waren.“11
Hinzu kam ein Bewusstsein dafür, dass Politik, Öffentlichkeit und Geschichte nicht losgelöst von den privaten Aspekten des Lebens betrachtet werden könne, was mit dem Slogan ‚Das Private ist politisch‘ postuliert wurde:
„Ehe, Familie, praktizierter Sex, Begehren wurden so als Teil des Politischen entlarvt, nicht nur weil sie den natürlichen Fortbestand des Gemeinwesens sichern, sondern weil sie bereits den Zugang des durch sie geformten Einzelnen zum Gemeinwesen ermöglichen oder verhindern.“12
In ihrer 1975 erschienenen Abhandlung Frauen im klassischen Altertum setzt sich die US-amerikanische Historikerin Sarah B. Pomeroy intensiv mit der antiken Frauengeschichte und deren Rezensionen auseinander. Ihr Werk Goddesses, Whores, Wives and Slaves. Women in Classical Antiquity gilt als eines der bedeutendsten Überblickswerke der antiken Frauengeschichte und thematisiert die sozio-politische Rolle und Darstellungsweise der Frauen im griechischen und römischen Altertum.
Die Philosophin Judith Butler prägte in den 1980er und 90er Jahren mit ihrer Gendertheorie die Frauengeschichte maßgeblich. Mit Bezug auf Foucault und Beauvoir verweist sie auf die Historizität von Geschlechter- und Rollenvorstellungen. Vor allem in ihrer frühen Gendertheorie unterscheidet sie zwischen den Kategorien Sex (biologische Geschlecht) und Gender (soziales Geschlecht) und beschreibt die Einteilung in binäre Geschlechtsidentitäten (Mann und Frau) weniger als biologisch fixiert, sondern vielmehr als sozial konstruiert und historisch gewachsen.13 Seitdem befassen sich immer mehr Historiker*innen mit der Thematik, wodurch neue Erkenntnisse über das Leben der Frauen in der Antike gewonnen werden können. Hier zu nennen sind u.a. Mary R. Lefkowitz, Elke Hartmann, Rosa Reuthner und Mary Beard.
3.2. Primärquellen
Die Primärquellen aus der Antike tragen eine auffällig männliche Handschrift. Schriften, die über Frauen berichten, stammen meist von männlichen Autoren, während Schriften, die von Frauen selbst verfasst wurden, Seltenheitscharakter haben. Die meisten Quellen, die von weiblichen Geschichtsteilnehmerinnen handeln, beinhalten somit stets eine gewisse subjektive Voreingenommenheit:
„[N]atürlich sind die Mythen in der Form, wie sie uns überliefert sind, von Männern geschrieben worden, die nicht unbedingt Neigung oder Gelegenheit hatten zu beobachten, was Frauen fühlten oder dachten, wenn sie unter sich waren.“14
Es ist demnach kaum verwunderlich, wenn antike Frauen „den Eindruck verstummter Geschichtsteilnehmerinnen“15 erwecken. Aus methodischer Hinsicht ist das Treffen von zuverlässigen Aussagen über die Frauen der Antike, ihr Empfinden, Denken, Erleben und ihren Meinungen in den meisten Fällen als Argumentum e silentio, also auf Grundlage abwesender oder nicht ausreichender Befunde zu betrachten. Zwar erlauben die vorhandenen Quellen Einblicke in das Rollenverständnis und die Außenwahrnehmung von Frauen, allerdings fehlt es vielerorts an weiblichen Stimmen (z.B. in Form von Ego-Dokumenten), welche die Beschreibungen der männlichen Autoren hätten ergänzen, negieren oder bekräftigen können. Frauen waren somit eher ein passives Objekt, dass beschrieben wurde, als ein beschreibendes Subjekt. Diese spezielle Perspektive auf Frauen umschreibt Simone de Beauvoir mit der Wahrnehmung der Frau als ‚das andere Geschlecht‘, welche allgemeinhin auch als ‚Othering‘ bekannt ist. Aufgrund der kargen Quellenlage ist es nicht möglich, gesicherte Aussagen darüber zu treffen, wie die Frauen dieser Zeit ihre Lebenssituation und ihren Ausschluss aus Entscheidungsräumen wahrnahmen. Was auf Grundlage der antiken Quellen über Frauen jedoch beschrieben werden kann, sind die Dynamiken, die dazu geführt haben könnten, dass Frauen im öffentlichen Leben weniger häufig vertreten waren.
Auskunft über die antike Frauengeschichte geben Primärquellen aus Kunst, Architektur und Archäologie sowie schriftliche Überlieferungen wie z.B. philosophische Schriften, Briefe oder aber auch literarische Quellen und Mythen. Antike Frauen-Abbildungen in Form von Malerei, antiken Statuen oder Reliefs bergen dabei ein hohes Potential für das Erlangen historischer Kenntnisse und geben Aufschluss über die künstlerischen Projektionen und Vorstellungen der Zeit, weshalb diese Quellen zur Untersuchung der Fragestellung herangezogen werden sollen. Aufgrund des beschränkten Umfangs dieser Arbeit soll weitestgehend von Sach- und abstrakten Quellen16 abgesehen und der Fokus auf reelle und mythologische Textquellen gerichtet werden. Hierbei ist zu beachten, dass die Inhalte der mythologischen Stoffe nicht eins zu eins auf die Lebensrealität der antiken Athener*innen übertragbar sind, diese allerdings als mehr als nur eine reine Fiktion anzusehen sind, da sich in ihnen wichtige Erkenntnisse über das vorherrschende Frauenbild, erwartete Verhaltensnormen und die bestehenden sozialen Strukturen und Konventionen der Zeit offenbaren.17 Von besonderem Interesse ist bei den literarischen Quellen, wie die Frauenfiguren konzipiert wurden, wo es Abweichungen zwischen der realen und fiktiven Welt gibt und welches Rollenbild die Quellen widerspiegeln. Dabei thematisieren griechische Dichter wie Hesiod, Aischylos und Aristophanes die mythologische Genealogie der Frauen (Pandora), die gesellschaftliche Ordnung (Orestie) oder die Machtverhältnisse der Antike (Lysistrata). Simonides hingegen unterteilt in seinem Weiberkatalog die Frauen Athens in zehn unterschiedliche Typen, wobei auch ironische oder komödiantische Akzente eine differenzierte Quellenbetrachtung erfordern. Wenn Frauen in literarischen, philosophischen oder historischen Schriften Erwähnung finden oder gar selbst als Autorinnen auftreten, handelt es sich in der Regel um Frauen der oberen Schichten. Als Beispiel ist hier die adelige Dichterin Sappho – eine der wenigen Schriftstellerinnen der griechischen Antike – zu nennen. In Liebes-, Hochzeits- und Sehnsuchtsliedern gibt sie nicht nur Auskunft über die Sitten und Bräuche der Zeit, sondern auch über die Beziehungen der Frauen untereinander. Platon, Aristoteles und Xenophon liefern hingegen in ihren philosophischen Schriften eine theoretische Auseinandersetzung über die Frauen bzw. Geschlechterrollen in der Antike. Da die spätbronzezeitlichen Epen Homers im kulturellen Bewusstsein der späteren Griechen und Griechinnen noch immer stark präsent waren, sollen diese ebenfalls als relevante Quellen herangezogen werden.18
I. Antike Gesellschaftsordnung
Um sich den historischen Lebensrealitäten der Frauen in der griechischen Antike anzunähern, bedarf es einem tiefergehenden Verständnis der herrschenden politischen und sozialen Umstände, welche stets einem zeitlichen Wandel unterlegen waren. Daraus ergab sich ein soziopolitischer Kontext, der das Leben der Menschen aber auch den öffentlichen und privaten Raum maßgeblich beeinflusste. Dieses Kapitel soll der Frage nach der sozialen Struktur der griechischen Antike nachgehen und ermitteln, welche Hierarchien in der antiken Gesellschaft herrschten und welche Aufgaben und Bereiche Frauen in dieser Struktur zugewiesen wurden bzw. verwehrt blieben.19
1. Sozialstruktur in der attischen Demokratie
Wer in der griechischen Antike öffentlich auftreten oder gar politisch mitgestalten konnte, war weitestgehend von der jeweils vorherrschenden Staatsform und Gesellschaftsordnung abhängig. Dabei war die Staatsform Athens keineswegs gleichbleibend und umfasste u.a. die Herrschaftsformen der Aristokratie, Oligarchie und Demokratie20. Auf letztere wird dabei im Besonderen eingegangen. Denn obwohl die attische Demokratie bis heute als die „Geburtsstätte der Freiheit“21 gepriesen wird und eine durchaus große politische und philosophische Gedankenfreiheit ermöglichte, begründete sie sich auch auf dem Ausschluss eines Großteils der in Athen lebenden Bevölkerung, denn die politische und öffentliche Mitgestaltung war nur den männlichen Bürgern der Polis vorenthalten.22
Wer als Bürger gilt und wer nicht, definiert Aristoteles in seiner Politik: Ohne Frauen explizit zu erwähnen, bezeichnet er jene Bewohner als „unvollkommene Mitglieder dieser (Rechts-)Gemeinschaft“23, die einen Vertreter zur Umsetzung ihrer Rechte benötigen, wie das u.a. bei Frauen der Fall war. Ferner heißt es, ein Bürger im eigentlichen Sinne, werde durch „kein anderes Recht mehr bestimmt als das der Teilhabe an der Entscheidung und der Bekleidung eines Staatsamts.“24 Eine Definition, die eine öffentliche Teilhabe der Frauen maßgeblich erschwerte, da ihre nicht-Teilnahme als Begründung für ihren weiteren Ausschlusses angeführt wird. Den Bürgerstatus konnten all jene Bewohner*innen Athens erhalten, die selbst von Eltern mit Bürgerstatus abstammten:
„Das Bürgerrechtsgesetz des Perikles bestimmte, dass niemand in Athen das Bürgerrecht erhalten sollte, dessen Eltern nicht Bürger der Stadt waren. […] es scheint, als habe Perikles vor allem die Zahl derer begrenzen wollen, die von den politischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten des aufblühenden Athens und seiner demokratischen Verfassung profitierten“25
Obwohl auch Frauen über einen Bürgerstatus verfügen konnten, war es den Bürgerinnen Athens nicht gestattet, an den Volksversammlungen teilzunehmen. Vielmehr hatte der Bürgerinnenstatuts im demokratischen Athen den Zweck, die männliche Nachkommenschaft für eine Bürgerschaft zu qualifizieren. Nicht-athenische Metök*innen und Sklav*innen blieb der Bürgerstatus gänzlich verwehrt, wobei Sklav*innen sogar als gänzlich rechtlos galten und die unterste Hierarchiestufe im Sozialgefüge Athens darstellten.26 Die Spitze der athenischen Hierarchie bildeten hingegen die männlichen Vollbürger der Stadt, welche gerade einmal ein Fünftel der Bewohner*innen Athens ausmachten.27 Privilegien wie Wahlrecht, Teilnahme an der Volksversammlung oder die Bekleidung eines öffentlichen Amtes wurden somit nur einem kleinen Kreis männlicher Bürger zuteil. Die gesellschaftliche Organisation Athens beschreibt Wiemer als:
„[Eine] Demokratie, die die männlichen Bürger in nie zuvor gekannter Weise an den politischen Entscheidungsprozessen beteiligte und ihnen eine genuin politische Bürgeridentität vermittelte, zugleich aber die weiblichen Bürger von effektiver Teilhabe ausschloss.“28
Während im antiken Mythos starke weibliche Charaktere handlungstragende Rollen einnahmen, waren die Frauen Athens aufgrund ihrer rechtlichen Stellung oft29 finanziell und gesellschaftlich von ihrem männlichen Vormund abhängig und besaßen selbst kaum bürgerliche Rechte.30 Die Wahl des Ehemannes, auf welchen mit der Hochzeit die Vormundschaft überging, konnte in den seltensten Fällen selbst getroffen werden.31 Wer im antiken Athen öffentlich partizipieren konnte, begründete sich somit in hohem Maße auf die Herkunft und das Geschlecht einer Person.
„Der Gesellschaftsvertrag, der die Grundlage für politische Rechte und bürgerliche Freiheiten im Staat bildete, war gleichzeitig ein ‚Geschlechtervertrag‘, weil Rechte und Freiheiten ausschließlich Männern zugedacht wurden.“32
In diesen Privilegien lässt sich eine hegemoniale Männlichkeit erkennen, welche die soziale Struktur der athenischen Gesellschaft maßgeblich prägte. Dabei kann der systematische Ausschluss der Frauen als Symptom einer patriarchalen Gesellschaftsstruktur betrachtet werden.33
2. Patriarchales Gesellschaftssystem
Bei den Patriachat handelt es sich um eine Gesellschaftsstruktur, die in der antiken Welt weit verbreitet war.34 Geier definiert dieses wie folgt:
„Im Patriarchat wirken Politik, Ökonomie, Recht, Wissenschaft, Religion, 'symbolische Ordnung, Erziehung, Sexualität und Gewalt zusammen; sie bilden (gesellschaftliche, historisch veränderliche) Strukturen, die die Unterdrückung von Frauen konstituieren und immer neu stabilisieren.“35
Während das Patriachat lange Zeit für eine ontologische Größe der Geschichte gehalten wurde, weist der Historiker Johann Jakob Bachofen Anfang des 20. Jahrhunderts – in Bezug auf Herodot und Herakleides Pontikos – auf frühzeitliche Fruchtbarkeitsriten und Kulte hin, in welchen er den Nachweis für ein prähistorisches Matriarchat zu erkennen meint.36 Tatsächlich waren Abbildungen männlicher Gottheiten, beispielsweise zur Zeit der hier abgebildeten Geburtsgöttin (7.-6. Jahrtausend v. Chr.) kaum vertreten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es handelt sich bei diesen Mutter- bzw. Fruchtbarkeitsgöttinnen um Darstellungen, die noch weit in die ägyptische und minoische Kultur hineinreichten und selbst im griechischen Mythos noch weit verbreitet.37 Pomeroy bekräftigt Bachofens These, indem sie argumentiert, dass aus der Jungsteinzeit viermal so viel weibliche, wie männliche Statuen bekannt seien. Jedoch merkt sie an, dass eine Mutterverehrung alleine nicht zwingend für die Existenz eines Matriarchats sprechen muss, da auch diese Verehrung in sich misogyne Züge aufweisen könne.38
Wenngleich auch keine gesicherte Aussage darüber getroffen werden kann, ob und in welchem Ausmaß ein frühzeitliches Matriarchat existierte, herrscht in den Geschichtswissenschaften weitestgehend Konsens darüber, dass, sollte ein solches je bestanden haben, dieses im Laufe der Zeit mehr und mehr von dem Patriarchat abgelöst wurde.39 Als eine der frühsten mythologischen Manifestationen des Patriachats gegenüber eines „dahinschwindenden Matriarchats“40 gilt der Freispruch des Muttermörders Orest in der Orestie des Dichters Aischylos. In der Tragödie ist es die aus dem Kopf des Zeus‘ heraus geborene Göttin Athene selbst, die den Freispruch des Orest erwirkt und damit den sogenannten Vatermord41 als schwerwiegender einstuft als die selbstjustiziable Ermordung der Klytämnestra durch ihren Sohn Orest:
„Mein ist das Amt, zuletzt zu stimmen beim Gericht;/Den Stein hier, für Orestes leg ich ihn dazu. / […] Was Mann ist, lob ich in allem — außer für die Eh —/ Aus vollem Herzen; ganz bin ich des Vaters ja./ So stell des Weibes Tod nicht höher ich an Wert,/ Die tot den Mann schlug, der des Hauses Oberhaupt./ Es siegt Orestes, auch wenn stimmengleich der Spruch.“42
Zudem waren auch die antiken Philosophen nicht von den zeitlich kontextuell bedingten, patriarchalen Implikationen befreit und bezogen die herrschenden Machtstrukturen in ihre Theorien mit ein. Aristoteles beispielsweise beschreibt eine hierarchische Ordnung, in welcher das Politische und damit Männliche das weiblich konnotierte Häusliche dominiert, als Notwendigkeit für das erfolgreiche Funktionieren der Polis.43 Eine Herrschaft der Frauen (Gynaikokratia) hingegen beschreibt er als demokratie- und gesellschaftsgefährdend und befürchtete, dass es in einer solchen Herrschaftsform den Frauen gestattet sei, „ihre Männer zu denunzieren, d.h. politische Macht über sie zu bekommen“44, was er als Unsitte begreift.45
Die attischen Stoiker hingegen plädieren zwar für „Gleichheit und Brüderlichkeit der Menschen“46 und für eine „Abschaffung der Klassenunterschiede“47, eine Gleichstellung der Geschlechter sehen jedoch auch sie nicht vor. Die Kyniker und nonkonformistischen Epikureer erkennen die Frauen, wenn auch nicht gleichberechtigt, zumindest als rational denkende Teile der Gesellschaft an. Allerdings fanden diese Bewegungen „nur wenig bedeutende Anhänger und vermochten so die offizielle Einstellung zur Frauenfrage kaum zu beeinflussen.“48
Platon betraut die Frauen in seiner Utopie Politeia mit der Funktion der ‚Wächterinnen‘ inklusive administrativer und militärischer Aufgaben und schließt selbst einen „Aufstieg in den Rang eines Philosophenherrschers“49 nicht aus.50 Bei den meisten philosophischen Überlegungen zur öffentlichen Teilhabe der Frauen handelt es sich jedoch lediglich um „theoretische Denkansätze [...], die nicht in die Praxis umgesetzt wurden, insbesondere nicht in Athen.“51 In welchem gesellschaftlichen Bereich die Frauen jedoch tatsächlich wirkten und wie ihre Lebensrealität aussah, darauf wird im nächsten Kapitel eingegangen.
3. Weibliche Wirkungsstätten
Die Erfahrungswelten von Männern und Frauen im antiken Athen klafften mitunter weit auseinander. Im Gegensatz zu den Männern, die hauptsächlich in einem „imaginären Draußen“52 wirkten, wo sie sich für einen „vornehmen Mann angemessene Geschäfte“53 widmeten, beschränkte sich der Lebensraum der Frauen – abgesehen von einigen Brunnengängen – eher auf die häusliche Sphäre.54 Die öffentliche Sphäre war primär den männlichen Bewohnern und Bürgern vorenthalten. Dennoch konnten Frauen innerhalb ihres Oikos (Haus bzw. Hausstand) sowie im Kult wichtige Aufgaben übernehmen.
3.1. Haus- und Wirtschaftsgemeinschaft
Der Oikos (Haus, Hausstand) bildete den Mittelpunkt des weiblichen Lebens im antiken Griechenland. Insbesondere in den oberen Gesellschaftsschichten umfasste dieser zahlreiche Hausangestellte, Sklav*innen sowie einen umfangreichen Grundbesitz.55 Es handelte sich somit nicht nur um eine Haus- sondern auch eine Wirtschaftsgemeinschaft, in welchem die Ehefrauen eine wichtige Funktion einnahmen. In Xenophons Oikonomikos beschreibt dieser, neben der Erziehung der Kinder, auch explizit das Anleiten eines Hausstandes sowie die Mehrung der Vorräte als zentrale Aufgaben einer „guten Ehefrau“56.57
Obgleich die Mitgift eine gewisse Sicherheit bot, waren die Frauen weitestgehend von dem Oikos und ihrem männlichen Vormund abhängig.58 Denn obwohl in den homerischen Epen die Frauen aufgrund ihrer Haus- und Textilarbeit wertschätzend erwähnt werden, brachte ihnen ihre Arbeit kein bzw. kein nennenswertes Einkommen ein.59 Auch wenn Frauen aufgrund ihrer häuslichen Tätigkeit eine gewisse Anerkennung erfuhren, unterstanden sie selbst in ihrem häuslichen Verantwortungsbereich dem Kyrios (Hausvater). Er war es, der auch in der privaten Sphäre das letzte Wort behielt und dem Oikos vorstand. Neben ihrem Wirkungsbereich im Oikos gab es jedoch weitere Bereiche, in denen eine öffentliche Mitgestaltung der Frauen nicht nur gestattet, sondern durchaus erwünscht war.
3.2. Frauen in der Öffentlichkeit
Obwohl Platon die dramatische Dichtung als „für das ganze Volk bestimmt“60 beschreibt, waren Frauen oftmals von der Teilnahme an gesellschaftlichen Ereignissen ausgeschlossen.61 Dennoch war es manchen Frauen in bestimmten Fällen gestattet, aktiv am öffentlichen Leben teilzunehmen.
Im Gegensatz zu anderen Bereichen des öffentlichen Lebens wurden Frauen im Kult wichtige rituelle Aufgaben zuteil.62 Einige Fruchtbarkeitsriten wie z.B. die Thesmophorien zu Ehren der Göttin Demeter waren sogar ausschließlich den Frauen vorbehalten.63 Des Weiteren war es einigen privilegierten Frauen gestattet, ein Priesterinnenamt zu bekleiden.64 Diese Ämter gingen mit einer hohen öffentlichen Verantwortung einher und waren in der athenischen Gesellschaft hoch angesehen. Die Kleidouchoi (Schlüsselträgerin) verfügte beispielsweise über die Schlüsselherrschaft der Tempel der Polis. Allerdings galt die Priesterinnenwürde auch als „einkommenslos und teuer,“65 wodurch sich selbst adelige Frauen diese Aufgabe kaum leisten konnten und es immer wieder zu Engpässen bei der Besetzung der Ämter kam.66
Eine bekannte Priesterin der Antike ist die Pythia in Delphi. Sie wurde aus dem Volk gewählt, wodurch auch nicht-adelige Frauen eine Chance auf das Amt hatten. Der Pythia wurde eine große Bedeutung beigemessen und sie spielte eine bedeutende Rolle bei dem Fällen wichtiger Entschlüsse. In welchem Umfang die Pythia tatsächlich Einfluss auf die Inhalte der Orakelsprüche hatte, ist jedoch umstritten. Pomeroy geht davon aus, dass die Priesterin eher als Medium bzw. Sprachrohr diente und selbst keinen Einfluss auf die Auslegung ihrer Weissagungen hatte:67
„Die Pythia wurde von einem männlichen Seher befragt und erteilte in einem Zustand der Verzückung ihre Antworten, die dann aber wieder von männlichen Priestern gedeutet wurden“68
Gab es, bei einem religiösen Amt zusätzlich einen männlichen Religionsvertreter, nahmen die Priesterinnen wiederrum eine untergeordnete Rolle ein. So assistierte die weibliche dadouchousa dem dadouchos (Fackelträger) und die Hierophantides 69 dem männlichen Hierophantes. Als höchste Ehre und Höhepunkt jeder Kulthandlung galt die Schlachtung des Opfertiers. Diese Ehre wurde stets dem Hierophantes zuteil, wodurch die übergeordnete Stellung des Priesters im Kult hervorgehoben wurde.70
Außerdem nahmen Frauen im Totenkult eine besonders prominente Stellung ein. Sie übernahmen weitgreifende Aufgaben bei der hygienischen Versorgung (Wasch- und Salbung), Ehrung und Beisetzung des Toten. Auf Beerdigungen waren Frauen für die öffentliche Expression von Trauer verantwortlich, wofür zuweilen sogar externe Klageweiber engagiert wurden, die durch Wehklage oder das Herausreißen ihrer Haare den Toten betrauerten.71 Pomeroy vermutet hinter der prominenten Stellung der Frauen im Totenkult eine höhere Akzeptanz gegenüber dem öffentlichen Ausdruck weiblicher Emotionen.72
[...]
1 Frauen hatten aufgrund von Schwangerschaft und Geburt eine erhöhte Sterberate, dennoch geht die Forschung davon aus, dass die Frauen – mit zeitlichen Schwankungen – ca. die Hälfte der Bevölkerung der griechischen Polis stellten. (Vgl. Ulf, Christoph; Rollinger, Robert: Frauen und Geschlechter. Bilder - Rollen - Realitäten in den Texten antiker Autoren der römischen Kaiserzeit Bd. 1; Wien et al. 2006., S. 182).
2 Wesel, Uwe:Der Mythos des Matriarchats. Über Bachofens Mutterrecht und die Stellung von Frauen in frühen Gesellschaften.Frankfurt a.M. 1980, S. 4.
3 Pomeroy, Sarah B.: Frauenleben im klassischen Altertum. Stuttgart 1985, 68f.
4 Insbesondere bei Frauen der unteren Schichten oder bei nicht-Athenerinnen wirkten aufgrund der komplexeren Faktoren intersektionaler Benachteiligung mehrere Diskriminierungsfaktoren gleichzeitig und verstärkend zueinander. (Vgl. Bauer, Benedikt: Where heaven and hell collide. Intersektionen, Religion, Diskriminierungen und Potenziale. In: Handbuch Gender und Religion (2021) S. 139-145).
5 Beard, Mary: Frauen & Macht. Übers. v. Ursula Blank-Sangmeister. Frankfurt a. M. 2018, S. 61.
6 Budin, Stephanie Lynn: s.v. „Gender“. In: Encyclopedia of the Ancient Greece (2013), S. 313.
7 Wiemer, Hans-Ulrich: Die Gute Ehefrau im Wandel der Zeiten: Von Xenophon Zu Plutarch. In: Hermes 133,4 (2005), S. 445f.
8 Leiss, Elisabeth: Sprachphilosophie. Berlin, Bosten 20122, S. 9.
9 Bachofen, Johann Jakob: Das Mutterrecht. Eine Untersuchung über die Gynaikokratie der alten Welt nach ihrer religiösen und rechtlichen Natur. Basel 1861, S. 1f.
10 Vgl. Beauvoir, Simone: Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau. Hamburg 1951.
11 Jordan, Stefan: Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft. Paderborn 20163, S. 141.
12 Bischl, Kerstin: Man opfert Aphrodite keine Schweine. Zur Bedeutung von heterosexuellem Sex und Frauen in den Komödien des Aristophanes. In: Bulletin Texte 31 (2006), S. 4f.
13 Butler, Judith: Die Macht der Geschlechternormen und die Grenzen des Menschlichen. Übers. v. Karin Wördemann, Martin Stempfhuber. Frankfurt a.M. 2009.
14 Lefkowitz, Mary R.: Die Töchter des Zeus. Frauen im alten Griechenland. Übers. v. Holger Fliessbach. München 1992, S. 59.
15 Budin, Stephanie Lynn: s.v. „Women”. In: Encyclopedia of the Ancient Greece (2013), S. 731.
16 Pflegeprodukte, Schmuck, Grabbeigaben, Traditionen, überlieferte Geschlechtervorstellungen etc.
17 Ha Theodora. München 2021, S.7.
18 Bachofen: Mutterrecht, S. 116 f.
19 Auch Männer waren von den gesellschaftlichen Strukturen maßgeblich betroffen, allerdings soll aufgrund der Schwerpunktsetzung auf diese nicht näher eingegangen werden.
20 Herrschaft des Volkes (gr. dēmokratía, demos = Volk, kratos = Herrschaft), Zeitlicher Rahmen von ca. 508–322 v. Chr.
21 Johnson, Edward: s.v. „Freedom“. In: Encyclopedia of the Ancient Greece (2013), S. 305.
22 Hedinger, Sabine: s.v. „Politik“. In: Metzler Lexikon Gender Studies-Geschlechterforschung (2002), S. 309.
23 Aristot. pol. III, 1275a.
24 Ebd.
25 Rebenich, Stefan: Die 101 wichtigsten Fragen – Antike. München 2021, S.137.
26 Jede/r dritte Bewohner*in Athens gehörte dem Sklavenstand an. (Vgl. ebd. S. 31f)
27 Johnson: s.v. „Freedom“, S. 305.
28 Wiemer: Die Gute Ehefrau im Wandel der Zeiten, S. 429.
29 Vor Gericht bedürften sie der Vertretung durch einen männlichen Verwandten. (Vgl. Pomeroy: Frauenleben, S. 159)
30 Beard: Frauen & Macht, S. 61.
31 Hartmann: Frauen in der Antike, S. 20.
32 Hedinger, s.v. „Politik“, S. 309.
33 Rebenich: 101 wichtigsten Fragen, S.36.
34 Beard: Frauen & Macht, S.24.
35 Geier, Andrea: s.v. „Patriarchat“. In: Metzler Lexikon Gender Studies Geschlechterforschung (2002), S. 302.
36 Die Lykier gaben, so Bachofen, das Erbe und der Namen in matrilinearer Ordnung weiter. Eine Kontrolle der weiblichen Sexualität war dadurch weniger notwendig. (Vgl. Bachofen: Mutterrecht, S. 1f.)
37 Isis bei den Ägypter*innen und die kretische Erd- bzw. Urgöttinnen (z.B. Schlangengöttin) (Vgl. Steinbart, Hiltrud: Im Anfang war die Frau. Die Frau – Ursprung der Religionen. Frankfurt a.M. 1983, S. 19).
38 Pomeroy: Frauenleben, S. 23.
39 Wagner-Hasel, Beate: s.v. „Matriarchat“. In: DNP Bd. 15/I. Stuttgart/ Weimar 2001, Sp. 327.
40 Werner, Helmut: Tyranninnen. Grausame Frauen der Weltgeschichte. Königwinter 2011, S.3.
41 Eigentlich handelt sich um einen Gattenmord der Klytämnestra an ihrem Ehemann Agamemnon.
42 Aischyl. Orest. 734–743.
43 Reuthner, Rosa: Platons Schwestern: Lebenswelten antiker Griechinnen. Köln et.al. 2013, S. 11.
44 Lefkowitz: Töchter des Zeus, S. 24.
45 Aristot. pol. 1269b, 40.
46 Pomeroy: Frauenleben, S. 200.
47 Ebd.
48 Ebd.
49 North, Helen F.: The Mare, the Vixen, and the Bee. ‘Sophrosyne’ as the Virtue of Women in Antiquity. In: Illinois Classical Studies 2 (1997), S. 47.
50 An anderer Stelle bedankt er sich wiederrum bei den Göttern dafür, frei und nicht als Frau geboren worden zu sein und zeigt, dass er sich der Ungleichheit der Geschlechter durchaus bewusst ist (Vgl. Reuthner: Platons Schwestern, S. 11f.)
51 Lefkowitz: Töchter des Zeus, S. 105.
52 Reuthner: Platons Schwestern, S. 10.
53 Pomeroy: Frauenleben, S. 106.
54 Reuthner: Platons Schwestern, S. 10.
55 Neils, Jenifer: Die Frau in der Antike. Stuttgart 2012, S. 94.
56 Wiemer: Die Gute Ehefrau im Wandel der Zeit, S. 431.
57 Reuthner: Platons Schwestern, S. 11.
58 Rebenich: 101 wichtigsten Fragen, S. 32.
59 Bürgerinnen war es untersagt, ihren Körper zu verkaufen. (Vgl. Neils: Die Frau in der Antike, S. 94 f.).
60 Plat. Gorg. 592d.
61 Wesel:Der Mythos vom Matriarchat, S.11.
62 Budin: s.v. „Women”, S. 731.
63 Dies auf die frühzeitliche Fruchtbarkeitsriten zurückzuführen (Vgl. Pomeroy: Frauenleben, S. 114f.)
64 Manche durften nur aus der der Familie der Philaiden o. Eumolpiden kommen.(Vgl. ebd.).
65 van Bremen, Riet: The limits of participation: women and civic life in the Greek East in the Hellenistic and Roman periods. Amsterdam 1996, S. 27.
66 Dies führte dazu, dass sich einige wenige wohlhabenden Frauen regelmäßig mit dem kostspieligen Amt abwechselten. (Vgl. Neils: Die Frau in der Antike, S. 160).
67 Pomeroy: Frauenleben, S. 49.
68 Ebd.
69 Im Gegensatz zum Hierophantes durften diese verheiratet sein (Pomeroy: Frauenleben, S. 49).
70 Neils: Die Frau in der Antike, S. 171.
71 Pomeroy: Frauenleben, S. 121.
72 Ebd., S. 66.
- Citar trabajo
- Marie Bechtel (Autor), 2022, Öffentliche Partizipation von Frauen in der griechischen Antike, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1245232
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