Aufgrund der wachsenden Bedeutung der Dienstleistungen erscheint es unerlässlich, diesen Wirtschaftsbereich genauer zu untersuchen, insbesondere hinsichtlich seiner konstitutiven Faktoren. Was ist eine Dienstleistung? Und was unterscheidet eine Dienstleistung von einem Sachgut?
In den nachfolgenden Kapiteln 2-5 werden vier Merkmale von Dienstleistungen beschrieben. Anhand dieser Merkmale soll verdeutlicht werden, unter welchen Voraussetzungen man bei einem Wirtschaftsgut von einer Dienstleistung sprechen kann. Die ersten beiden Merkmale, aufgeführt in den Kapiteln 2 und 3, sind konstitutiv, erfüllen jedoch nur in Kombination das Kriterium eines ausreichenden Merkmals einer Dienstleistung.
Die weiterführenden - in den Kapiteln 4 und 5 aufgeführten - Dienstleistungsmerkmale sind derivativ und verdeutlichen die inhaltlichen Ansprüche, die es im Diskurs über das Konzept Dienstleistung zu berücksichtigen gilt. Es wird sich zeigen, dass eindeutige Abgrenzungen zwischen Sachgut und Dienstleistung oftmals schwierig sind, da Leistungen meistens aus verschiedenen Einzelleistungen – sogenannten heterogenen Leistungsbündeln - bestehen.
Diese Einzelleistungen können Sachleistungen oder Dienstleistungen sein, demnach kann eine (End-) Leistung zu gewissen Anteilen aus Sachleistungen und aus Dienstleistungen bestehen. Jedes der vier Merkmale wird theoretisch erläutert und anschließend an einem Praxisbeispiel – der Reparatur eines Kraftfahrzeuges – veranschaulicht.
Das fünfte Kapitel befasst sich mit Kritik am bisherigen Diskurs zum Thema Dienstleistung. Das sechste Kapitel schließt dieses Assignment mit einer Zusammenfassung zum Thema ab.
INHALTSVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Hintergrund und Motivation
1.2 Aufbau der Arbeit
2. Die Immaterialität und Intangibilität
2.1 Theoretische Grundlagen
2.2 Praxisbeispiel
3. Die Integration des externen Faktors
3.1 Theoretische Grundlagen
3.2 Praxisbeispiel
4. Das Uno-Actu-Prinzip
4.1 Theoretische Grundlagen
4.2 Praxisbeispiel
5. Die Heterogenität der Leistung
5.1 Theoretische Grundlagen
5.2 Praxisbeispiel
6. Kritik
7. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Erwerbstätige im Inland nach Wirtschaftssektoren von 1950 bis 2016, S. 1
1. Einleitung
1.1 Hintergrund und Motivation
Die wirtschaftliche Bedeutung von Dienstleistungen lässt sich anhand der Drei- Sektoren-Theorie erklären, wonach sich in einer Volkswirtschaft grundsätzlich zuerst der primäre Sektor (Land- und Forstwirtschaft, Viehzucht und Fischerei), anschließend durch die Industrialisierung der sekundäre Sektor (Produktionswirtschaft) und schließlich der tertiäre Sektor (Dienstleistungen) entwickelt.
Zur Veranschaulichung dieser idealtypischen Entwicklung anhand der Wirtschaftsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland dient die nachfolgende Abbildung der Entwicklung des Anteils an Erwerbstätigen nach Wirtschaftssektoren von 1950 bis 2016.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Erwerbstätige im Inland nach Wirtschaftssektoren. Eigene Darstellung. Datengrundlage: Statistisches Bundesamt, 2017
Ursächlich für die zunehmende Bedeutung des tertiären Sektors in unserer Zeit sind nach Jean Fourastié - Begründer der Drei-Sektoren-Theorie - zwei komplementäre Hypothesen:
Die Nachfragehypothese beschreibt eine kontinuierliche Verschiebung der Nachfrage von primären über sekundäre hin zu tertiären Gütern. Als Begründung hierfür führt Jean Fourastié eine natürliche Sättigung an primären und sekundären Gütern an (vgl. Burr, Stephan, Kap. 1.3.2.1,2006). Eine Sättigungsgrenze bei tertiären Gütern sei aufgrund des begrenzten technischen Fortschritts und damit verbundenen limitierten Produktivitätssteigerungen in diesem Sektor hingegen nicht zu erwarten (vgl. Fourastié, S. 274 f., 1954).
Andere Autoren führen ergänzend hohe Einkommenselastizitäten im tertiären Bereich als Begründung für den sektoralen Wandel an (vgl. Fließ, Kap. 1.2, 2009).
Die Angebotshypothese beschreibt die Verschiebung der Wertschöpfung vom primären über den sekundären zum tertiären Sektor.
Aufgrund der Sättigung der elementaren Grundbedürfnisse des primären Sektors, verschiebt sich die Nachfrage - und damit auch das Angebot - auf den sekundären Sektor.
Durch Produktivitätssteigerungen im sekundären Sektor kann das Angebot mit immer weniger Beschäftigten realisiert werden, die freigesetzten Beschäftigen nimmt der tertiäre Sektor auf (vgl. Burr, Stephan, Kap.1.3.2.1, 2006).
Da der tertiäre Sektor - durch überwiegend menschliche Arbeit geprägt - nur begrenzte Produktivitätssteigerungen zulässt, bleibt hier das Überangebot, welches zur Sättigung führen würde, aus.
Aufgrund dieser wachsenden Bedeutung der Dienstleistungen erscheint es unerlässlich, diesen Wirtschaftsbereich genauer zu untersuchen, insbesondere hinsichtlich seiner konstitutiven Faktoren.
Was ist eine Dienstleistung?
Und was unterscheidet eine Dienstleistung von einem Sachgut?
Ist zum Beispiel ein maßangefertigtes Hemd ein Sachgut oder eine Dienstleistung? Eine eindeutige Abgrenzung ist oft nicht möglich und die Wissenschaft bemüht sich seit Jahrzehnten um eine allgemeine Definition von Dienstleistungen.
Trotz des Mangels an Eindeutigkeit, gibt es zweifellos spezifische Merkmale, mithilfe derer Dienstleistungen von Sachgütern unterschieden werden können (vgl. Haller, 2017, Kap. 1.2).
1.2 Aufbau der Arbeit
In den nachfolgenden Kapiteln 2-5 werden vier Merkmale von Dienstleistungen beschrieben.
Anhand dieser Merkmale soll verdeutlicht werden, unter welchen Voraussetzungen man bei einem Wirtschaftsgut von einer Dienstleistung sprechen kann.
Die ersten beiden Merkmale, aufgeführt in den Kapiteln 2 und 3, sind konstitutiv, erfüllen jedoch nur in Kombination das Kriterium eines ausreichenden Merkmals einer Dienstleistung.
Die weiterführenden - in den Kapiteln 4 und 5 aufgeführten - Dienstleistungsmerkmale sind derivativ und verdeutlichen die inhaltlichen Ansprüche, die es im Diskurs über das Konzept Dienstleistung zu berücksichtigen gilt.
Es wird sich zeigen, dass eindeutige Abgrenzungen zwischen Sachgut und Dienstleistung oftmals schwierig sind, da Leistungen meistens aus verschiedenen Einzelleistungen - sogenannten heterogenen Leistungsbündeln - bestehen.
Diese Einzelleistungen können Sachleistungen oder Dienstleistungen sein, demnach kann eine (End-) Leistung zu gewissen Anteilen aus Sachleistungen und aus Dienstleistungen bestehen.
Jedes der vier Merkmale wird theoretisch erläutert und anschließend an einem Praxisbeispiel - der Reparatur eines Kraftfahrzeuges - veranschaulicht.
Das fünfte Kapitel befasst sich mit Kritik am bisherigen Diskurs zum Thema Dienstleistung.
Das sechste Kapitel schließt dieses Assignment mit einer Zusammenfassung zum Thema ab.
2. Die Immaterialität und Intangibilität
2.1 Theoretische Grundlagen
Das offensichtlichste und zugleich deutlichste Merkmal einer Dienstleistung ist zweifelsohne die Immaterialität.
Eine reine Dienstleistung ist mit Sinneseindrücken nicht wahrnehmbar, sie ist - im Gegensatz zu einem Sachgut - weder sichtbar, noch kann man sie fühlen, schmecken, hören oder riechen.
Sie ist demnach eine unkörperliche Leistung, die oftmals auch mit den Begriffen Unstofflichkeit, Körperlosigkeit, Substanzlosigkeit oder Intangibilität beschrieben wird (vgl. Burr; Stephan, Kap. 1.2.1.3, 2006). Diese Unstofflichkeit führt dazu, dass der Kunde die Leistung im Vorfeld nicht evaluieren kann.
Aus diesem Grunde empfindet der Kunde den Kauf einer Dienstleistung als risikoreicher als den Kaufeines Sachgutes (vgl. Haller, Kap. 1.2, 2017).
Einschränkend ist jedoch hinzuzufügen, dass Dienstleistungen in den seltensten Fällen ausschließlich reine Dienstleistungen sind. Oftmals weisen sie zu einem nicht unerheblichen Anteil materielle Ergebnisbestandteile auf, die meist sogar ausschlaggebend für das Ergebnis sind, z.B. der plombierte Zahn, das Essen in einem Restaurant, das reparierte Auto oder das Urlaubshotel (vgl. Bruhn; Meffert, S. 35, 1998).
Grundsätzlich existieren jedoch reine Dienstleistungen, Sachleistungen völlig ohne Dienstleistungen hingegen sind nur schwer vorstellbar - zumindest das Kassieren beim Kauf eines Sachgutes ist immer als Dienstleistung zu betrachten.
Demnach kann die Immaterialität zur Trennung von Sach- und Dienstleistungen höchstens insofern verwendet werden, als dass die Bestandteile ihrer heterogenen Leistungsbündel auf einem Kontinuum zwischen hohem und niedrigem materiellen Anteil platziert werden können (vgl. Bruhn; Meffert, S. 36, 1998).
2.2 Praxisbeispiel
In der Praxis lässt sich das Merkmal der Immaterialität an der Reparatur eines Kraftfahrzeuges verdeutlichen.
Die Reparatur als reine Dienstleistung ist unstofflich, der Kunde kann diese Leistung dadurch im Vorfeld nicht beurteilen.
Vor Durchführung einer Dienstleistung sind lediglich die stofflichen Bestandteile des Leistungsbündels „Reparatur“ bewertbar - zum Beispiel die Komponenten, welche im Zuge der Dienstleistung ausgetauscht werden. So kann sich der Kunde entscheiden, ob er Original-Ersatzteile bevorzugt oder ob es auch günstigere „No-Name“-Komponenten sein dürfen.
Darüber hinaus ist vor Ausführung der Dienstleistung auch die Werkstatt als Anbieter bewertbar, beispielsweise in Bezug auf Sauberkeit und Ordnung oder vorhandener Zertifizierungen, welche auf einen hohen Qualitätsstandard schließen lassen.
Die Dienstleistung selbst hingegen lässt sich im Vorfeld nicht beurteilen - es bleibt das Risiko einer mangelhaften Reparatur, trotz vorangegangener positiver Einschätzung.
Entscheidet sich der Kunde hingegen für den Kauf eines neuen Autos, so bieten sich ihm vielfältige Möglichkeiten, seine Entscheidung im Vorfeld zu prüfen.
Haller unterscheidet hier in Sucheigenschaften (Merkmale, die der Kunde vor dem Kauf bewerten kann), Erfahrungseigenschaften (Merkmale, die der Kunde erst nach dem Kauf oder während der Konsumption bewerten kann) und Vertrauenseigenschaften (Merkmale, die selbst nach dem Kauf kaum zu beurteilen sind). Je weniger materielle Bestandteile ein Leistungsbündel beinhaltet, desto relevanter zeigen sich die Vertrauenseigenschaften und desto wichtiger werden für den Anbieter messbare Indikatoren, welche das Kaufrisiko für den Nachfrager senken (vgl. Haller, Kap. 1.4, 2017).
Solche Indikatoren könnten beispielweise Zertifizierungen, Meisterbriefe oder Garantien sein.
3. Die Integration des externen Faktors
3.1 Theoretische Grundlagen
Als zweites konstitutives Merkmal einer Dienstleistung ist die Integration eines externen Faktors zu nennen.
Die Wirtschaftswissenschaft versteht unter dem Prinzip der Produktion die Kombination von Produktionsfaktoren (Input) zur Erstellung eines Gutes (Output). Im Falle einer Dienstleistung wird mindestens ein Produktionsfaktor von außen in den Transformationsprozess der Produktion eingebracht - es wird also eine Person oder ein Objekt von außen integriert, um an oder mit dieser Person / diesem Objekt die Leistung zu erbringen.
Das Ausmaß der Integration kann von einer reinen Objekteinbringung - hierbei kann es sich auch lediglich um Informationen handeln - bis hin zu einer aktiven Mitwirkung des Kunden an der Leistungserstellung stark variieren, (vgl. Burr; Stephan, Kap. 1.2.1.3, 2006). Die Mitwirkung an der Leistungserstellung kann für den sogenannten „Prosumer“ (Zusammensetzung aus „producer“ und „consumer“) deutliche Vorteile - z.B. Kostenersparnisse oder die Einbringung eigener Vorstellungen und Wünsche - mit sich bringen.
Auch der Produzent kann sich durch die Mitwirkung des Kunden Vorteile verschaffen, wenngleich ein externer Produktionsfaktor grundsätzlich als Risiko angesehen wird. So lassen sich zum Beispiel durch Outsourcing von Tätigkeiten auf den Kunden teilweise erhebliche Rationalisierungseffekte erzielen (vgl. Burr; Stephan, Kap. 1.3.2.1, 2006).
Das Merkmal der Integration eines externen Faktors ist zwar bedeutsam, als alleiniges Charakteristikum für eine Dienstleistung allerdings nicht ausreichend:
Betrachtet man die Anfertigung eines Maßanzuges, welcher als Auftragsfertigung im Ergebnis materiell ist, wird deutlich, dass sowohl die Immaterialität als auch die Integrativität in komplementärer und vor allem gleichzeitiger Konstellation unabdingbar erforderlich sind, um von einer Dienstleistung sprechen zu können (vgl. Haller, Kap. 1.2, 2017).
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- Citation du texte
- Arne Fröning (Auteur), 2017, Einführung in das Dienstleistungsmanagement. Besonderheiten von Dienstleistungen, deren Ursachen und Konsequenzen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1245076
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