Crowdsourcing gilt als Geschäftsmodell der Zukunft (BrandeinsOnline 2007). Da jedoch immer mehr Unternehmen die Vorteile derartiger Geschäftsmodelle (Ogawa, Piller 2006:
66ff.) erkennen, verschärft sich die Konkurrenz der Community-Betreiber um die beschränkte, und für den Erfolg von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen essenzielle Ressource „Mensch“ (BrandeinsOnline 2007). Daher stellt sich die Frage, was Online-Crowdsourcing-Communities ihren Teilnehmern offerieren müssen, damit diese an ihrer Community partizipieren?
Die vorliegende Diplomarbeit veranschaulicht anhand explorativer Analysen der Online-Communities Threadless, LaFraise und A-better-tomorrow, dass die gerechte Gestaltung der Geschäftsmodelle derartiger Communities die Teilnahmemotivation potenzieller User positiv beeinflusst. Fairness ist somit neben den bereits bekannten ökonomischen, hedonistischen und sozialen Motiven (Walcher, 2007: 150) ein wesentlicher Grund, um sich an Crowdsourcing-Communities zu beteiligen.
Darüber hinaus kann gezeigt werden, dass die gerechte Ausgestaltung des Geschäftsmodells auch die Loyalität der Mitglieder gegenüber ihrer Community positiv beeinflusst.
Das Gerechtigkeitsempfinden der User kann durch die Gestaltung des Entlohnungssystems, durch den Umgang mit den Verwertungsrechten der eingereichten Designs sowie durch die transparente Gestaltung des Geschäftsmodells, die aktive Einbindung der User in Entscheidungsprozesse und den respektvollen Umgangston innerhalb der Community beeinflusst werden.
Nimmt der Community-Betreiber keine Rücksicht auf diese Aspekte und das Fairnessempfinden seiner User, führt dies dazu, dass Menschen die Community verlassen und negatives Word of Mouth verbreiten. Dadurch kann ein Schneeballeffekt ausgelöst werden und mehrere Mitglieder kehren der Community den Rücken (Oh, Jeon 2007: 1098f.). Da dies die Stabilität der Community und somit deren ökonomischen Erfolg gefährdet, wird klar, dass die faire Behandlung der Community-Mitglieder essenziell für den Erfolg von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen ist.
Inhalt
Executive Summary
1. Einleitung in die Problemstellung
1.1. Zielsetzung der Arbeit
1.2. Aufbau
2. Stand der Forschung
2.1. Was ist Crowdsourcing
2.1.1. Erfolgsfaktoren von Crowdsourcing
2.1.2. Grenzen von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen
2.2. Was ist eigentlich Fairness?
2.2.1. Fairness und deren unterschiedliche Ausprägungen
2.2.2. Distributive Fairness
2.2.3. Procedural Fairness
2.2.4. Interactional Fairness
2.3. Forschungslücke
3. Methode
3.1. Dokumentenanalyse und Sekundärliteratur
3.2. Qualitative Analyse der Interviews
3.2.1. Auswahl und Beschreibung des Interviewsamples
3.2.2. Methodenwahl und allgemeine Herangehensweise
4. Ergebnisse der qualitativen Datenanalyse
4.1. Crowdsourcing-Geschäftsmodelle im Vergleich
4.2. Das Fairnessempfinden beeinflussende Aspekte
4.2.1. Die Distributive Fairness beeinflussende Aspekte
4.2.2. Die Procedural Fairness beeinflussende Aspekte
4.2.3. Die Interactional Fairness beeinflussende Aspekte
4.3. Der Einfluss von Fairness auf die Teilnahmemotivation
4.4. Die Loyalität beeinflussende Aspekte
4.5. Verhalten bei empfundener Ungerechtigkeit
5. Diskussion
5.1. Ergebnisse und Schlussfolgerungen
5.2. Limitationen der Arbeit
5.3. Implikationen für weitere Forschung
6. Literaturverzeichnis
7. Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ablauf der Forschung
Abbildung 2: Die Distributive Fairness beeinflussende Aspekte
Abbildung 3: Die Procedural Fairness beeinflussende Aspekte
Abbildung 4: Die Interactional Fairness beeinflussende Aspekte
Abbildung 5: Die Loyalität beeinflussende Aspekte
Abbildung 6: Einfluss des Geschäftsmodells auf die Teilnahmemotivation
Abbildung 7: Auswirkung empfundener Gerechtigkeit
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Inhalte der Leitfragen
Tabelle 2: Geschäftsmodelle im Vergleich
Tabelle 3: Die Fairness beeinflussende Aspekte
Executive Summary
Crowdsourcing gilt als Geschäftsmodell der Zukunft (BrandeinsOnline 2007). Da jedoch immer mehr Unternehmen die Vorteile derartiger Geschäftsmodelle (Ogawa, Piller 2006: 66ff.) erkennen, verschärft sich die Konkurrenz der Community-Betreiber um die beschränkte, und für den Erfolg von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen essenzielle Ressource
„Mensch“ (BrandeinsOnline 2007). Daher stellt sich die Frage, was Online-Crowdsourcing- Communities ihren Teilnehmern offerieren müssen, damit diese an ihrer Community partizipieren?
Die vorliegende Diplomarbeit veranschaulicht anhand explorativer Analysen der Online- Communities Threadless, LaFraise und A-better-tomorrow, dass die gerechte Gestaltung der Geschäftsmodelle derartiger Communities die Teilnahmemotivation potenzieller User positiv beeinflusst. Fairness ist somit neben den bereits bekannten ökonomischen, hedonistischen und sozialen Motiven (Walcher, 2007: 150) ein wesentlicher Grund, um sich an Crowdsourcing- Communities zu beteiligen.
Darüber hinaus kann gezeigt werden, dass die gerechte Ausgestaltung des Geschäftsmodells auch die Loyalität der Mitglieder gegenüber ihrer Community positiv beeinflusst.
Das Gerechtigkeitsempfinden der User kann durch die Gestaltung des Entlohnungssystems, durch den Umgang mit den Verwertungsrechten der eingereichten Designs sowie durch die transparente Gestaltung des Geschäftsmodells, die aktive Einbindung der User in Entscheidungsprozesse und den respektvollen Umgangston innerhalb der Community beeinflusst werden.
Nimmt der Community-Betreiber keine Rücksicht auf diese Aspekte und das Fairnessempfinden seiner User, führt dies dazu, dass Menschen die Community verlassen und negatives Word of Mouth verbreiten. Dadurch kann ein Schneeballeffekt ausgelöst werden und mehrere Mitglieder kehren der Community den Rücken (Oh, Jeon 2007: 1098f.). Da dies die Stabilität der Community und somit deren ökonomischen Erfolg gefährdet, wird klar, dass die faire Behandlung der Community-Mitglieder essenziell für den Erfolg von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen ist.
1. Einleitung in die Problemstellung
Unternehmen sehen sich bei der Entwicklung und der Markteinführung neuer Produkte oftmals großen Schwierigkeiten gegenüber. Die Evaluierung der aktuellen Kundenbedürfnisse, die Erforschung neuer und revolutionärer Technologien sowie die Entwicklung von innovativen Produkten, welche darüber hinaus die Bedürfnisse der Kunden befriedigen, sind meist äußerst kosten- und zeitintensiv. Eine Möglichkeit die Kosten für Marktforschung und Produktentwicklung drastisch zu reduzieren bietet Crowdsourcing. Dieses Geschäftsmodell zeichnet sich durch die Auslagerung der Produktideengenerierung und -evaluierung an User aus und trägt damit nicht nur zur Senkung der Marktforschungs- und Produktentwicklungskosten bei, sondern reduziert darüber hinaus auch die Misserfolgsquote neuer Produkte exorbitant. (Ogawa, Piller 2006: 66ff.)
Speziell in der schnelllebigen Textilbranche erfreuen sich firmeninitiierte Crowdsourcing- Geschäftsmodelle immer größer werdender Beliebtheit. So erwirtschaftete beispielsweise die im Jahre 2000 von den Freunden Jake Nickel und Jacob DeHart gegründete amerikanische T- Shirt-Community Threadless, welche derzeit über mehr als 600.000 Mitglieder verfügt (Wilson 2007 bzw. Lakhani, Panetta 2007: 101), im Jahr 2006 einen Umsatz von zirka 16 Millionen Dollar (Weingarten 2007). Damit gilt Threadless als Paradebeispiel für ein erfolgreiches firmeninitiiertes Crowdsourcing-Geschäftsmodell. Neben Threadless untermauern noch zahlreiche weitere T-Shirt produzierende Unternehmen, wie beispielsweise LaFraise und A-better-tomorrow, die noch junge Erfolgsgeschichte von Crowdsourcing.
Aufgrund der ökonomischen Vorteile (Ogawa, Piller 2006: 66ff.) wird die Implementierung derartiger Geschäftsmodelle immer populärer. Gerade deshalb stellt die Identifikation jener Faktoren, die für den Erfolg von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen ausschlaggebend sind, ein äußerst aktuelles und relevantes Forschungsfeld dar. Da die Anwendbarkeit von Crowdsourcing von der Verfügbarkeit der beschränkten Ressource „Mensch“ abhängig ist, ist es besonders erfolgskritisch für Crowdsourcing-Geschäftsmodelle, genügend Menschen zur Teilnahme an Crowdsourcing-Communities zu animieren. (BrandEinsOnline 2007)
Somit ist die Beantwortung der Fragen, weshalb Mitglieder von Online-Communities an derartigen Geschäftsmodellen teilnehmen, welche Rolle die gerechte Ausgestaltung der Geschäftsmodelle für die Teilnahmemotivation der User spielt und welche Aspekte von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen das Gerechtigkeitsempfinden, die Zufriedenheit und Loyalität der Mitglieder positiv beeinflussen, ein wichtiger Teil der Analyse derartiger Geschäftsmodelle.
1.1. Zielsetzung der Arbeit
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Einfluss eines – aus der Sicht der User – gerecht ausgestalteten Geschäftsmodells von Online-Design-Communities auf die Teilnahmebereitschaft der Mitglieder zu untersuchen. Darüber hinaus werden jene Aspekte der Geschäftsmodelle von Online-Design-Communities identifiziert und analysiert, die das Fairnessempfinden der Mitglieder nachhaltig beeinflussen.
Dabei liegt der Fokus dieser Arbeit auf der Analyse der Geschäftsmodelle der Online- Communities der drei T-Shirt Hersteller Threadless, LaFraise und A-better-tomorrow. Diese enge Eingrenzung des Forschungsfeldes ermöglicht zum einen eine detaillierte und tiefgreifende Analyse der drei oben genannten Communities und vermeidet zum anderen eine Verzerrung der Ergebnisse, welche bei Branchen übergreifenden Untersuchungen auftreten können.
Die für die Analyse ausgewählten Online-Design-Communities Threadless, LaFraise und A- better-tomorrow (Threadless 2008a, LaFraise 2008a, A-better-Tomorrow 2008a) sind bekannte und erfolgreiche Beispiele für firmeninitiierte Crowdsourcing-Geschäftsmodelle und eignen sich somit gut für den Forschungszweck der vorliegenden Diplomarbeit.
Ziel der Arbeit ist es, mittels explorativer Forschungsmethodik die Bedeutung eines gerecht ausgestalteten Geschäftsmodells von Online-Design-Communities zu identifizieren und Hypothesen über die folgenden Zusammenhänge zu formulieren:
- Welcher Zusammenhang besteht zwischen gerecht ausgestalteten Geschäftsmodellen von Online-Design-Communities und der Teilnahmebereitschaft der Mitglieder?
- Welche Aspekte des Geschäftsmodells einer Online-Design-Community sind für das Gerechtigkeitsempfinden der Mitglieder besonders ausschlaggebend?
- Wie wichtig ist die empfundene Fairness für die Bereitschaft an Online-Design- Communities langfristig teilzunehmen?
- Wie verhalten sich Mitglieder von Online-Design-Communities, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen?
1.2. Aufbau
Im folgenden Kapitel 2 werden die Ansätze und der aktuelle Stand der beiden Forschungsgebiete „Crowdsourcing“ und „empfundene Gerechtigkeit“ beleuchtet. Vorerst erörtert dieses Kapitel die Entwicklung, die Funktionsweise und die Grenzen von auf Crowdsourcing basierenden Online-Communities. Darüber hinaus wird am Ende des 2. Kapitels die für diese Arbeit relevante Forschungslücke identifiziert und die sich daraus ergebenden Forschungsfrage abgeleitet.
Das 3. Kapitel bietet einen Überblick über die in der vorliegenden Arbeit verwendete Forschungsmethode. Darüber hinaus wird die Einflechtung und Analysemethodik der verwendeten Informations- und Datenquellen erläutert.
Nicht zuletzt erklärt und dokumentiert das 3. Kapitel die Auswahl der Interviewpartner und den Ablauf der qualitativen Interviews.
Im 4. Kapitel werden die generierten Daten aggregiert und die Ergebnisse der explorativen Forschung dargestellt.
Neben der vergleichenden Analyse der Geschäftsmodelle der untersuchten Online-Design- Communities Threadless, LaFraise und A-better-tomorrow beinhaltet Kapitel 4 auch die Beantwortung der in Kapitel 2 aufgeworfenen Fragen.
Hierfür werden Hypothesen über den identifizierten Zusammenhang von gerecht ausgestalteten Crowdsourcing-Geschäftsmodellen und der Teilnahmebereitschaft der User an derartigen Communities formuliert. Darüber hinaus werden jene Aspekte der Geschäftsmodelle von Online-Design-Communities erörtert, die für das Fairnessempfinden der Mitglieder ausschlaggebend sind. Nicht zuletzt beinhaltet Kapitel 4 Hypothesen über die Auswirkung von gerecht ausgestalteten Crowdsourcing-Geschäftsmodellen auf die Loyalität der User gegenüber ihrer Community sowie dem Verhalten der User bei empfundener Ungerechtigkeit.
Im 5. Kapitel werden die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit komprimiert und modellartig dargestellt sowie deren Implikationen für die Ausgestaltung von Geschäftsmodellen von Online-Design-Communities diskutiert.
Den Abschluss des 5. Kapitels und somit des Hauptteils dieser Diplomarbeit bilden das kritische Aufzeigen der Limitationen des vorliegenden Forschungsansatzes sowie der Möglichkeiten für künftige Forschungsprojekte.
2. Stand der Forschung
Da diese Arbeit auf den bisherigen Forschungsergebnissen zu den Themengebieten Crowdsourcing beziehungsweise User Innovation und Fairness aufbaut, ist es für das Verständnis der Vorgangsweise und der Ergebnisse der vorliegenden Abhandlung wichtig, den aktuellen Stand der Forschung der oben genannten Themenbereiche zusammenfassend darzustellen.
Der erste Teil von Kapitel 2 erläutert den Begriff Crowdsourcing und analysiert sowohl die Funktionsweise von auf Crowdsourcing basierenden Geschäftsmodellen als auch deren Vor- und Nachteile. Weiters widmet sich dieses Kapitel der Frage „Was ist eine Community?“ und versucht diesen Begriff aus wissenschaftlicher Sicht abzugrenzen.
Im zweiten Teil dieses Kapitels wird die Frage „Was ist Fairness?“ diskutiert. Hierbei wird nicht nur erklärt, was ausschlaggebend ist, damit Menschen Gerechtigkeit empfinden, sondern darüber hinaus, in welche Kategorien sich empfundene Gerechtigkeit unterteilen lassen kann.
2.1. Was ist Crowdsourcing
Unternehmen werden im Rahmen der Neuproduktentwicklung mit folgenden Herausforderungen konfrontiert: Um eine erfolgreiche Markteinführung eines neuen Produktes gewährleisten zu können, muss es die Bedürfnisse der Konsumenten befriedigen, zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Menge auf den Markt gebracht werden. Speziell auf Märkten mit stark heterogenen und rasch wechselnden Kundenbedürfnissen ist es äußerst schwierig und kostenintensiv, mittels konventioneller Marktforschung – wie beispielsweise dem Einsatz von Kundenbefragungen, Fokusgruppen oder Markttests – die aktuellen Kundenbedürfnisse zu erkennen und zu befriedigen. (Ogawa, Piller 2006: 66f.)
Darüber hinaus ist traditionelle Marktforschung mit dem Sticky-Information-Problem konfrontiert (von Hippel 1994: 431). Denn oftmals ist es dem Konsumenten nicht möglich, seine Präferenzen und Bedürfnisse in Worte zu fassen und dem Hersteller zu kommunizieren. In anderen Worten ist es einem Unternehmen im Rahmen eines Neuprodukt- entwicklungsprozesses nur unter Aufwendung hoher Kosten möglich, Informationen über die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden zu erlangen. Daher werden von zahlreichen Neuproduktmanagern der Einfachheit halber Annahmen über die Marktpräferenzen getroffen (Piller, Walcher 2006: 307f.).
Zwei mögliche Lösungsansätze für das Problem, auf heterogene und rasch wechselnde Kundenpräferenzen reagieren zu können, bieten Mass Customization und Postponement (Ogawa, Piller 2006: 67):
Mass Customization: Entgegen traditionellen Geschäftsmodellen, bei denen die Neuproduktentwicklung der unternehmensinternen Forschungs- und Entwicklungsabteilung unterliegt, binden Mass Customization Geschäftsmodelle den Konsumenten selbst in den Produktentwicklungsprozess ein. Mass Customization erlaubt dem Kunden, Produkte, die auf seine individuellen Bedürfnisse abgestimmt sind, selbst zu entwerfen und anschließend zu kaufen (Kamali, Locker 2002). Im Rahmen der Produkterstellung wird der Kunde durch ein vom Hersteller zur Verfügung gestelltes Toolkit unterstützt. Der Hersteller garantiert dabei jedes mit Hilfe des Toolkits entworfene Produkt fertigen zu können. Durch diese Individualisierung der Produkte erhöht sich die Zufriedenheit des Kunden (Kamali, Locker 2002 bzw. Schreier 2006: 318ff.) und in weiterer Folge auch dessen Zahlungsbereitschaft (Franke, Piller 2004: 412 bzw. Schreier 2006: 318ff.).
Postponement: Eine Postponement-Strategie wird hingegen in erster Linie eingesetzt, um bei hoher Ungewissheit bezüglich der Marktnachfrage das Risiko von ungenauen Nachfragekalkulationen und Überproduktionen zu reduzieren (Ernst, Kamrad 2000: 497). Die Produktion wird dabei in zwei Schritte unterteilt: Zuerst werden einzelne Komponenten des Produktes gefertigt und in weiterer Folge, wenn genügend Informationen über die Nachfrage vorhanden sind, zum Endprodukt zusammengefügt und kommerzialisiert. Beispielsweise produziert und assembliert Hewlett-Packard die Basiskomponenten von Druckern an einem zentralen Standort auf Lager und sendet diese in weiterer Folge an lokale Lager, wo diese Basisgeräte je nach Bedarf um länderspezifische Netzteile und Sprachprogramme erweitert werden. (Li et al. 2008: 777)
Um in Märkten mit heterogenen und schnelllebigen Kundenpräferenzen nicht nur das Flop- Risiko, sondern auch Marktforschungskosten minimieren zu können, machen sich Crowdsourcing-Geschäftsmodelle zahlreiche Vorteile der oben angeführten Strategien Mass Customization beziehungsweise Postponement zu Nutze, wie das Geschäftsmodell des amerikanischen T-Shirt-Herstellers Threadless verdeutlicht (Ogawa, Piller 2006: 67).
Die derzeit 600.000 Mitglieder der Online-Community von Threadless.com (Wilson 2007) reichen im Rahmen eines Ideenwettbewerbs für T-Shirt-Designs wöchentlich mehr als 800 Designvorschläge ein (Lakhani, Panetta 2007: 101). Die Mitglieder der Community bewerten die eingereichten Designvorschläge und geben darüber hinaus eine unverbindliche Kaufabsicht für ihre Lieblingsdesigns ab. Threadless wählt wöchentlich jene T-Shirt-Designs aus, die während des Wettbewerbs die beste Bewertung und eine ausreichende Anzahl an kaufbereiten Usern erwerben konnten, und kommerzialisiert diese (Ogawa, Piller 2006: 66 bzw. Lakhani, Panetta 2007: 101).
Online-Communities: Der Kern eines derartigen Crowdsourcing-Geschäftsmodells – wie es auch von Threadless betrieben wird – ist eine virtuelle User Community. Der Begriff Community wurde erstmals im englischen Sprachgebrauch des 14. Jahrhunderts als eine innerhalb eines geografischen Gebietes lebende Gruppe definiert. Die im 17. Jahrhundert entstandene und bis heute verwendete Definition einer Community umfasst Menschen mit gemeinsamen Charakteristika, Einstellungen und Eigenschaften. (Jin et al. 2007: 70)
Online-Communities können daher als virtuelle Interaktionsplattform beschrieben werden, deren Mitglieder ein gemeinsames Interesse oder Ziel verfolgen. Weiters sind gemeinsame Werte und Normvorstellungen der Mitglieder sowie funktionierende wechselseitige Austauschbeziehungen zwischen den Usern essenzielle Grundbausteine von Online- Communities (Schoberth, Schrott 2001: 517f. bzw. Porter, Donthu 2008: 114). Nicht zuletzt stellt die Bereitschaft einiger User, zu innovieren und ihr geistiges Eigentum anderen Community-Mitgliedern kostenlos zur Verfügung zu stellen, eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren von innovativen Online-Communities beziehungsweise Innovationsnetzwerken dar (von Hippel 2002: 3).
Wie User an Online-Communities partizipieren: Innerhalb derartiger Online-Communities entscheiden die Mitglieder selbst, wie sie sich an der Community beteiligen und welchen Beitrag sie leisten wollen. Beispielsweise konnte bei der Analyse der innovativen User- Community des italienischen Motorradherstellers Ducati festgestellt werden, dass deren Mitglieder in drei Kategorien unterteilt werden können. Während ein Teil der User in erster Linie neue Mitglieder an die Webseite heranführt, beschäftigen sich andere User primär mit dem Austausch von Ideen und Erfahrungen innerhalb des Diskussionsforums der Webseite. Darüber hinaus existiert eine Gruppe von Usern, die vorrangig den Online-Shop der Webseite nutzt, um Produkte von Ducati zu erwerben. (Verona, Prandelli 2002: 303)
Darüber hinaus haben im Rahmen der vorliegenden Arbeit Beobachtungen der Online- Design-Communities Threadless, LaFraise und A-better-tomorrow ergeben, dass sich auch innerhalb dieser Communities verschiedene Rollenbilder der User etabliert haben. So fokussiert sich ein Teil der Mitglieder auf das Kreieren und Einreichen von kreativen Designvorschlägen, während andere Mitglieder in erster Linie die eingereichten Entwürfe bewerten, ausführliches Feedback geben sowie Verbesserungsvorschläge einbringen. Ein weiterer Teil der Community-Mitglieder beschränkt sich auf den Kauf von T-Shirts (Fletcher 2006, 33f.). Zudem engagieren sich zahlreiche Mitglieder der Online-Design-Communities Threadless, LaFraise und A-better-tomorrow in Promotionsaktivitäten für ihre Community – wie zum Beispiel dem Verlinken der Community-Webseite mit ihrer privaten Homepage oder dem Onlinestellen von produktbezogenen Fotografien.
Die ständige Interaktion der User von Online-Communities hat große Bedeutung für die Qualität der eingereichten Ideen. Durch die permanente Bewertung der Produktvorschläge und aufgrund zahlreicher Kommentare und Verbesserungsvorschläge, die von den Usern der Community abgegeben werden, entsteht ein kontinuierlicher Dialog zwischen den Community-Mitgliedern. Dieser regt die Urheber der eingereichten Entwürfe ständig zum Überdenken und Verbessern ihrer Ideen an (Lakhani, Panetta 2007: 101 bzw. Füller et al. 2007: 61). Dadurch können bisher ungelöste Probleme bewältigt oder besonders kreative und innovative Produkte kreiert werden (Füller et al. 2006: 61).
Da neben zahlreichen Feedbackschleifen auch mittels monetärer Anreize die Performance von Menschen deutlich gesteigert werden kann (Baer et al. 2003: 580f.), schreiben die Online- Design-Communities Threadless, LaFraise und A-better-tomorrow für die Gewinner der Designwettbewerbe monetäre Siegprämien aus (Ogawa, Piller 2006: 66 bzw. Lakhani, Panetta 2007: 101).
Jedoch ist trotz der angebotenen monetären Anreize und der Hilfestellung, die andere User durch das Abgeben von Feedback anbieten, nicht jedes Community-Mitglied in der Lage, qualitativ hochwertige Beiträge einzureichen. Füller et al. (2007) fanden heraus, dass in Online-Communities zumindest ein geringer Anteil an hoch talentierten Usern, die über fundiertes produktbezogenes Wissen verfügen, existiert (Füller et al. 2007: 69). Auch aus der – im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgeführten – Analyse der Online-Design- Communities Threadless, LaFraise und A-better-tomorrow geht hervor, dass lediglich einige wenige User regelmäßig hoch bewertete, also qualitativ hochwertige, Designvorschläge einreichen und die Designwettbewerbe gewinnen.
Dennoch ermöglichen die Geschäftsmodelle von Online-Design-Communities wie zum Beispiel Threadless nicht nur hoch qualifizierten Usern, sondern jedem Interessenten eigene Designvorschläge grafisch umzusetzen und einzureichen (Lakhani, Panetta 2007: 105).
Da Threadless.com ebenso wie die Communities LaFraise und A-better-tomorrow exakte Vorgaben bezüglich der technischen Anforderungen an die Designentwürfe – wie beispielsweise maximale Größe, Auflösung und Farbwahl – festschreiben, ist es dem Unternehmen möglich, jeden im Wettbewerb erfolgreichen Designvorschlag auch zu kommerzialisieren. Darüber hinaus kann der User seinen Entwurf mit ihm bekannten Computerprogrammen – wie zum Beispiel Corel Draw, Paint et cetera – grafisch umsetzen (Lakhani, Panetta 2007: 106). Da diese Programme meist überaus benutzerfreundlich ausgestaltet sind, über ein großes Angebot an Grafikelementen und -modulen verfügen sowie dem Benutzer die Möglichkeit geben, sein Design abzuspeichern und immer wieder zu verändern, sind im Designprozess nahezu alle wichtigen Faktoren eines Toolkits (von Hippel, Katz 2002: 825ff.) enthalten. Durch die Möglichkeit, T-Shirt-Designs mit vertrauten Programmen erstellen zu können, ist die Teilnahme an den Designwettbewerben nicht nur professionellen Designern vorbehalten, sondern auch für Hobbydesigner und Laien möglich (Lakhani, Panetta 2007: 105).
2.1.1. Erfolgsfaktoren von Crowdsourcing
Aus der Sicht eines Unternehmens sind wichtige Vorteile von Crowdsourcing- Geschäftsmodellen, die Möglichkeit Marktforschungskosten zu senken, das Sticky- Information-Problem zu überwinden (Piller, Walcher 2006: 307ff.) und damit auch stark heterogene Kundenbedürfnisse adäquat befriedigen zu können sowie die Misserfolgsquote von Neuprodukten drastisch zu minimieren. Darüber hinaus ermöglichen Crowdsourcing- Geschäftsmodelle, welche sich Online-User-Communities zu Nutze machen, die Verlagerung der Produktentwicklung vom Unternehmen zum User (Ogawa, Piller 2006: 67f.). Nicht zuletzt tragen virtuelle User-Communities dazu bei, künftige Markttrends identifizieren zu können und auf eine große Anzahl kreativer Menschen und deren Ideen zugreifen zu können. Somit stellen derartige Online-Communities ein enormes Potenzial für Unternehmen im Rahmen der Neuproduktentwicklung dar (Füller 2006: 639). Daher suchen derzeit New- Product-Development-Teams verstärkt nach externen Informationsquellen und Ressourcen für die Neuproduktentwicklung. Bis vor kurzem spielten jedoch die User selbst keine oder lediglich eine sehr untergeordnete Rolle im Rahmen des Neuproduktentwicklungsprozesses. Als Grund dafür nennt Nambisan (2002) die oftmals schlechte Verbindung beziehungsweise den mangelhaften Informationsaustausch zwischen User und Unternehmer. Durch die Entwicklung des Internets und das daraus resultierende Entstehen von Diskussionsforen und Interaktionsplattformen erweiterte sich die Rolle des Users vom bloßen Käufer und Konsument hin zu einer wichtigen Ressource im Bereich der Neuproduktentwicklung (Nambisan 2002: 392ff.).
Wettbewerb als Treiber: Ein für die Qualität der Produkte sowie für den Erfolg von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen wesentlicher Aspekt ist der Wettbewerb beziehungsweise die Konkurrenz der Produktideen untereinander. Konkurrenz wird bereits seit dem 18. Jahrhundert als Treiber ökonomischer Prozesse angesehen (in Piller, Walcher 2006: 310 – Smith 1776). Dies machen sich auch Online-Design-Communities zu Nutze, da sie die Einreichungen ihrer User im Rahmen von Ideenwettbewerben miteinander konkurrieren lassen. Durch die Herausforderungen des konkurrierenden Vergleichs mit anderen Usern wird sowohl die Kreativität der User positiv beeinflusst als auch die Qualität der eingereichten Produktvorschläge gesteigert (in Piller, Walcher 2006: 310 – Toubia 2005).
Interaktion der User: Eine weitere wichtige Voraussetzung für erfolgreiche User- Innovationen ist die Interaktion der User mit Gleichgesinnten (Füller et al. 2006: 61f.). Innovative Mitglieder von User-Communities genießen die Vorteile, bei ihren Innovationsprozessen Hilfestellungen von anderen kompetenten Usern zu erhalten oder an fachkundige Personen außerhalb der Community, die zur Lösung eines Problems beitragen können, verwiesen zu werden (Franke, Shah 2003: 164).
Ein Beispiel für funktionierende innovative Online-User-Communities sind Open-Source- Software (OSS)-Projekte:
Analogie – Erfolg von Open-Source-Software-Communities: In OSS-Communities wird der Quellcode der Software offengelegt, ist somit jedermann zugänglich und wird zum öffentlichen Gut. User von OSS-Communities haben somit die Möglichkeit den Quellcode laufend zu bearbeiten und Verbesserungen vorzunehmen (von Krogh, von Hippel 2006: 1217f.). Damit erlauben OSS-Projekte ihren Usern den Quellcode exakt ihren Bedürfnissen anzupassen.
Durch die Offenlegung des Quellcodes muss nicht jeder User das Programm komplett neu entwickeln, sondern kann auf Basis des aktuellen Entwicklungsstandes aufbauen. Der Grund dafür, dass User ihre Entwicklungsarbeit andern Usern kostenlos zur Verfügung stellen, kann wie folgt erklärt werden:
Ein User hat prinzipiell drei Möglichkeiten mit seiner Innovation umzugehen. (1) Er kann die Innovation entweder geheim halten und für den privaten Gebrauch nutzen, (2) das Produkt selbst kommerzialisieren oder lizenzieren oder (3) die Innovation anderen Usern kostenlos zur Verfügung stellen. (von Hippel 2002: 11f.)
Die Gründe für Innovatoren ihre Ideen kostenlos einer bestimmten Community weiterzugeben – sprich free revealing von Informationen und innovativen Produkten zu betreiben – sind sowohl intrinsischer als auch extrinsischer Natur. Die wichtigsten Faktoren für free revealing sind erwartete Reziprozität, die Freude am Innovieren und der Weitergabe dieser Informationen sowie das Erwarten von persönlichen Vorteilen wie zum Beispiel hohe Reputation innerhalb der Community oder materielle Entlohnung, wobei letzterer Faktor eine eher geringe Rolle spielt. (Franke, Shah 2003: 169f.)
Prinzipiell findet free revealing in User-Communities statt, die ein gemeinsames Ziel verfolgen und kein zu starkes Konkurrenzverhalten der Mitglieder aufweisen. Daher sinkt die Wahrscheinlichkeit für den freien Austausch von innovativen Produktideen und der Interaktion der Community-Mitglieder, je stärker der Wettbewerb zwischen den Usern ausgeprägt ist (Franke, Shah 2003: 169f. bzw. von Hippel 2002: 11f.). Auch für den Erfolg von Open-Source-Projekten ist free revealing ein wesentlicher Bestandteil. Durch das Tauschen von und die Diskussion über Ideen zur Weiterentwicklung des Quellcodes kann die Qualität der Software nachhaltig gesteigert werden. Die Hauptgründe für den Erfolg von OSS-Projekten sind sowohl der Umstand, dass eine große Community die entwickelte Software hinsichtlich etwaiger Programmfehler untersucht und diese korrigiert, als auch die Teilnahme von hoch motivierten und talentierten Programmierern (Johnson 2005: 478ff.).
Teilnahme motivierter User: Die Gründe, weshalb Menschen an Online-Communities beziehungsweise an OSS-Projekten teilnehmen, können in drei Kategorien zusammengefasst werden: (1) extrinsische Vergütungsmotive beziehungsweise Nutz-Motive, (2) Spaß-basierte intrinsische beziehungsweise Hedonismus-Motive und (3) soziale Community-basierte Motive (Walcher 2007: 150).
Nutz-Motive: Nutz-Motive beschreiben die Teilnahmemotivation von Usern, durch ein inneres Bedürfnis Produkte zu entwickeln, die individuelle Probleme lösen, durch eine innere Unzufriedenheit mit bestehenden Produkten und durch den Wunsch durch die Teilnahme an einer Community materiell entlohnt zu werden. Nicht zuletzt hoffen Community-Mitglieder die Möglichkeit zu erhalten, sich selbst in der Community präsentieren und vermarkten zu können, um dadurch langfristige Vorteile zu erzielen (Walcher 2007: 151ff.).
Speziell im Bereich von OSS-Communities haben zahlreiche User einen hohen Nutzen von personalisierten Softwarelösungen, welche imstande sind individuelle Probleme der User zu lösen. Für einen Programmierer muss die Teilnahme an einem Open-Source-Projekt daher einen klar erkennbaren Nutzen aufweisen, der die Kosten seiner Teilnahme – vorrangig Opportunitätskosten – deutlich übersteigt (Lerner, Tirole 2002: 212ff.).
Ein weiterer Grund, weshalb Menschen an Innovationsplattformen partizipieren, ist der Wunsch vom Betreiber der Plattform bemerkt zu werden, von ihm Anerkennung zu erhalten und dadurch etwaige berufliche Vorteile erzielen zu können (Jeppesen, Frederiksen 2006: 57f. bzw. in Füller 2006: 641 – Deci, Ryan 1985). Darüber hinaus werden besonders aktive User durch die Möglichkeit, aufgrund ihrer eingereichten Beiträge Aufmerksamkeit in der Community erregen sowie Ansehen und Bewunderung seitens der Community-Mitglieder ernten zu können, zur Teilnahme an der Communities motiviert (Hall, Graham 2004: 241 bzw. Lakhani, von Hippel 2003: 928).
Hedonismus-Motive: Unter dem Spaß-Motiv können der Spaß an kreativer Betätigung, die Freude an geistiger Stimulation und Herausforderung sowie das Gefühl einer tiefen Befriedigung (Flow) und der empfundene Stolz auf eine selbst erbrachte Leistung subsumiert werden (Walcher 2007: 160ff.).
Speziell in Online-User-Communities ist der Spaß an der kreativen Beschäftigung ein wichtiges Teilnahmemotiv (in Walcher 2006: 149 – Lakhani, Wolf 2005), da nur ein sehr geringer Teil der eingereichten Produktvorschläge auch tatsächlich kommerzialisiert wird und monetäre Motive daher nicht vordergründig wirken (Füller 2006: 339ff.). Auch in OSS- Communities wurde der Spaß am Programmieren als bedeutender Teilnahmegrund identifiziert (Lakhani, von Hippel 2003: 928).
Ebenfalls ein nicht zu vernachlässigender Teilnahmegrund ist das Gefühl des Stolzes auf eine selbst erbrachte Leistung (Pride of Authorship). Um dieses Gefühl erleben zu können, nehmen Menschen oftmals immense Mühen auf sich (Schreier 2004: 5ff.).
Soziale, Community-basierte Motive: Diese Kategorie der Teilnahmemotive fasst die Motive Altruismus, Anerkennung und Identifikation mit der Community zusammen (Walcher 2007: 166 ff.).
Gerade die Möglichkeit durch qualitativ hochwertige Leistungen innerhalb einer Community Reputation zu erlangen wirkt für die Teilnahme an Online-Communities motivierend (Raymond 2001: 8ff.). Darüber hinaus werden Teilnehmer an innovativen User-Communities durch den Erhalt von Feedback zu ihren Beiträgen motiviert, weitere Vorschläge einzureichen (Hars, Ou 2002: 30).
Auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die Teilnahmemotive der Mitglieder der Online-Design-Communities Threadless, LaFraise und A-better-tomorrow anhand von qualitativen Interviews erhoben. Die dabei identifizierten Motive (1) monetärer Nutzen, (2) die Möglichkeit Aufmerksamkeit zu erregen, (3) das Erhalten von Feedback, (4) der Spaß am Designen und (5) der Stolz auf die selbst erbrachte Leistung gehen mit den oben angeführten Motiven konform (siehe Anhang: Datenauswertung).
2.1.2. Grenzen von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen
Neben den bereits ausführlich diskutierten Erfolgsfaktoren und Vorteilen, welche die Implementierung von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen für Betreiber beinhalten, ist auch dieses Geschäftsmodell mit klaren Limitationen konfrontiert.
Geschlossene unternehmensinterne Innovationsprozesse: Wenn es Unternehmen vorziehen, ihre Produkte firmenintern zu entwickeln und beispielsweise technische Details von Prototypen und Konzepten geheim halten, um Mitbewerber in Unkenntnis über den aktuellen Entwicklungsstand neuer Technologien zu lassen, ist die Implementierung von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen äußert schwierig. Um Crowdsourcing im Rahmen des Neuproduktentwicklungsprozesses erfolgreich einsetzen zu können, muss der Innovationsprozess daher offen und möglichst transparent gestaltet werden. (Lakhani, Panetta 2007: 108f.).
Daher ist es für die Implementierung von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen essenziell, dass Unternehmen geschlossene und intern betriebene Innovationsprozesse öffnen und die User einer innovativen Community mit einbeziehen (Lakhani, Panetta 2007: 107). Dazu ist es unerlässlich, dass der Community technische Informationen zur Verfügung gestellt werden, damit eine gute Basis für innovative User-Ideen, welche in weiterer Folge auch umgesetzt werden können, geschaffen wird. Darüber hinaus müssen Unternehmen die Produktideen, welche in Online-User-Communities entstehen, mit dem firmeninternen Wissen über die Marktsituation und die Produktionsmöglichkeiten verknüpfen, um aus Crowdsourcing- Geschäftsmodellen Vorteile erzielen zu können. (Ogawa, Piller 2006: 69f.)
Herdenverhalten der Mitglieder: Weiters sind Crowdsourcing-Geschäftsmodelle stark abhängig von der Teilnahmebereitschaft der Mitglieder ihrer Online-User-Community. Ein Schlüsselfaktor für die Stabilität und das Funktionieren derartiger Communities ist die Interaktion zwischen den Mitgliedern. Wenn daher User nicht mit anderen Mitgliedern der Community kommunizieren und keine Hilfestellungen bei ihrer Entwicklungstätigkeit erhalten, sind sie nicht imstande einen qualitativ hochwertigen und befriedigenden Output zu erzielen. (Oh, Jeon 2007: 1087)
Da in innovativen User-Communities ein Großteil der Entwicklungsarbeit von einer geringen Anzahl von besonders talentierten und aktiven Usern vorgenommen wird (Füller et al. 2006: 69), haben diese besonders aktiven Mitglieder einen höheren Status in der Community als weniger aktive User. Mitglieder mit höherem Status sind folglich innerhalb der Community besonders anerkannt und es wird ihnen darüber hinaus eine Vorbildfunktion beigemessen. Üben daher derartige Schlüsselmitglieder Kritik an bestimmten Vorgängen innerhalb der Community, so ist es sehr wahrscheinlich, dass sich viele weitere User dieser Kritik anschließen (Stewart 2005: 824ff.). Dieses sogenannte Herdenverhalten birgt eine große Gefahr für die Stabilität von Online-Communities. Sind nämlich wichtige Schlüsselmitglieder der Community mit bestimmten Entscheidungen der Community-Betreiber oder dem Verlauf eines Projektes unzufrieden und verlassen daher die Community, so ist es überaus wahrscheinlich, dass sie dadurch einen Schneeballeffekt auslösen und zahlreiche weitere Mitglieder der Community den Rücken zukehren. Durch dieses Phänomen kann eine Online- Community rasch eine sehr hohe Anzahl an Mitgliedern verlieren. Dies wiederum stellt ein großes Risiko für den Betreiber einer Online-Community dar (Oh, Jeon 2007: 1098f.).
Es ist daher umso wichtiger darauf zu achten, dass vor allem die Schlüsselmitglieder einer Online-Community sowohl mit ihrer Tätigkeit als auch mit den Rahmenbedingungen der Community zufrieden sind.
Beschränkte Ressource „Mensch“: Nicht zuletzt sind die Mitglieder von Online- Communities ein essenzieller Faktor für den Erfolg von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen. Daher ist es eine zentrale Aufgabe der Betreiber von derartigen Geschäftsmodellen immer mehr User anzuwerben und zur Teilnahme an ihrer Online-Community zu animieren. Dies wird sich jedoch in Zukunft immer schwieriger gestalten, da aufgrund der steigenden Popularität von Crowdsourcing-Geschäftsmodellen eine wachsende Anzahl von Communities um die entscheidende, jedoch beschränkte Ressource „Mensch“ konkurriert. (BrandEinsOnline 2007 bzw. Interview Community-Experte I 2008)
2.2. Was ist eigentlich Fairness?
Mitglieder von Online-Communities investieren einen nicht unerheblichen Teil ihrer Freizeit in die Teilnahme an ihrer Community (BrandEinsOnline 2007). In den Online-Communities Threadless.com und InnoCentive.com arbeiten tausende Mitglieder für den Community- Betreiber, um trendige T-Shirts zu entwerfen beziehungsweise komplexe wissenschaftliche Problemstellungen zu lösen (Lakhani, Panetta 2007: 100ff.). Da die empfundene Fairness eines Arbeitsverhältnisses von hoher Bedeutung ist (Beugré, Baron 2001: 324f.), kann davon ausgegangen werden, dass dies ebenfalls auf virtuelle Austauschbeziehungen zutrifft. Doch was ist eigentlich Fairness?
Wirtschaftlich betrachtet ist Fairness ein nicht zu vernachlässigender Aspekt, da die empfundene Gerechtigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses die Einstellung gegenüber dem Arbeitsplatz und dem Arbeitgeber nachhaltig beeinflusst. In weiterer Folge hat die Einstellung gegenüber dem Arbeitsverhältnis selbstverständlich Auswirkungen auf das menschliche Verhalten. Ein potenzieller Arbeitnehmer würde beispielsweise nicht in ein Unternehmen eintreten, welches ein stark negatives Image bezüglich der gerechten Behandlung der Mitarbeiter besitzt. Deshalb achten Unternehmen sehr wohl darauf, dass Entscheidungen von ihren Mitarbeitern als gerecht erachtet werden. (Beugré, Baron 2001: 324f.) Prinzipiell hat jede Entscheidung ökonomische und sozio-emotionale Konsequenzen. Deshalb betrachten Menschen Beschlüsse, Anordnungen et cetera genau und hinterfragen, ob sie diese als gerecht beurteilen (Colquitt 2001: 386).
Gerechtigkeit beziehungsweise Fairness sind subjektiv unterschiedlich definierte soziale Konstrukte. Deshalb wird ein Vorgang als gerecht bezeichnet, wenn er vom Menschen als gerecht wahrgenommen wird. Was jedoch als gerecht wahrgenommen wird, variiert von Person zu Person (Maier et al. 2007: 97). Daher sind in dieser Arbeit die Termini Gerechtigkeit beziehungsweise Fairness mit der von Menschen wahrgenommenen Gerechtigkeit beziehungsweise Fairness zu assoziieren.
Die empfundene Gerechtigkeit wird von zahlreichen Faktoren moderiert und beeinflusst. Die zwei wichtigsten Gruppen von Moderatoren sind Umwelt- und individuelle Faktoren. Als Umwelteinflüsse gelten beispielsweise berufliche und kulturelle Normen. Unter individuellen Einflüssen werden das Selbstwertgefühl, der Gruppenstatus und die Arbeitserfahrung von Menschen genannt (Nowakowski, Conlon 2005: 12ff.). Darüber hinaus wird das subjektive Gerechtigkeitsempfinden auch durch die unterschiedlichen Charakteristika von Menschen beeinflusst und moderiert. Dabei spielen zum Beispiel demographische Aspekte wie etwa das Geschlecht, das Alter und die Rasse eine Rolle (Cohen-Charash, Spector 2001: 283ff.).
Insgesamt reagieren Menschen durchwegs positiv auf das Erleben von Gerechtigkeit. Wird beispielsweise ein Arbeitsverhältnis als gerecht empfunden, so beeinflusst dies die Einstellung zum Unternehmen positiv. In weiterer Folge weisen Mitarbeiter, die ihr Arbeitsverhältnis als gerecht empfinden, ein hohes Engagement für ihre berufliche Tätigkeit auf und haben eine höhere Bindung zum Unternehmen als Mitarbeiter, die sich ungerecht behandelt fühlen (Maier et al. 2007: 100). Darüber hinaus sind künftige Handlungen von Menschen besser vorherseh- und kontrollierbar, wenn sich diese im Rahmen einer Austauschbeziehung gerecht behandelt fühlen (Colquitt et al. 2006: 110).
Andererseits reagieren Menschen jedoch meist äußerst sensibel auf Situationen, welche sie als ungerecht bewerten. So können unfair empfundene Arbeitsverhältnisse zu stark kontraproduktivem Arbeitsverhalten führen. Dies bedeutet, dass die Einstellung gegenüber dem Arbeitgeber beziehungsweise dem Unternehmen negativ beeinflusst wird, daher kein Anreiz besteht sich für das Unternehmen zu engagieren und zum Teil negative und schädliche Handlungen für den Arbeitgeber beziehungsweise das Unternehmen gesetzt werden. (Cohen- Charash, Spector, 2001: 287f.)
Neben den eben erläuterten möglichen Reaktionen auf empfundene Gerechtigkeit hat Fairness noch zahlreiche weitere Auswirkungen auf menschliches Verhalten, welche auch für Online- Crowdsourcing-Communities relevant sind.
Zum Beispiel bei der Festlegung der Löhne von Arbeitnehmern werden Entscheidungen getroffen, die bezüglich ihrer Gerechtigkeit von den betroffenen Personen unterschiedlich bewertet werden. Ist ein Arbeitnehmer der Meinung, der empfangene Lohn wäre für seine Arbeitsleistung nicht angemessen, so ist dessen Lohnzufriedenheit gering. Eine derartige Situation sollte in Unternehmen vermieden werden, da die empfundene Lohngerechtigkeit einen starken Zusammenhang mit der empfundenen Arbeitsplatzzufriedenheit aufweist (Howard 1999: 136).
Auch innerhalb von interdisziplinären Teams ist die gerechte Behandlung der Team- Mitglieder ausschlaggebend für Arbeitsleistung und Effektivität des Teams. Dabei stellt eine gerechte Austauschbeziehung zwischen dem Teamleiter und seinen Mitarbeitern die Basis für überdurchschnittlich hohes Engagement der Teammitglieder dar. (Qui et al. 2008: 6ff.)
Da empfundene Gerechtigkeit nachhaltige Auswirkungen auf die Zufriedenheit (Maier et al. 2007: 97f. bzw. Cohen-Charash, Spector 2001: 305f.) und die Motivation sich für ein bestimmtes Projekt zu engagieren (Qui et al. 2008: 23) haben, erscheint es logisch, dass auch die gerechte Behandlung der Mitglieder von Online-Crowdsourcing-Communities für deren Zufriedenheit und Engagement wesentlich ist.
2.2.1. Fairness und deren unterschiedliche Ausprägungen
Im Rahmen der Erforschung von Gerechtigkeit in Organisationen wurde das Konstrukt der empfundenen Gerechtigkeit in mehrere Unterkonstrukte unterteilt. Die ersten Forschungsansätze zur Bedeutung von Gerechtigkeit in Organisationen stützen sich auf die Equity Theory von Adams (in Cohen-Charash, Spector 2001: 279 – Adams 1963 bzw. 1965) und beleuchten daher in erster Linie die gerechte Verteilung des Outputs innerhalb einer Gruppe. Da die Equity Theory weitere Aspekte, die für das Fairnessempfinden von Menschen wichtig sind, nicht berücksichtigt, wurde in weiterer Folge auch jener Prozess, der zur Verteilung eines Outputs führt, untersucht. Darüber hinaus widmet sich die Verhaltensforschung auch der Analyse, welche Rolle zwischenmenschliche Beziehungen und Interaktionen bezüglich des Fairnessempfindens spielen (Cohen-Charash, Spector 2001: 279ff.).
Seit dem Vier-Faktoren-Ansatz von Greenberg (in Colquitt 2001: 386 – Greenberg 1993) sind folgende vier Dimensionen der Gerechtigkeit bekannt, welche die von Menschen empfundene Fairness näher beschreiben und erklären (Colquitt 2001: 386):
Distributive Fairness: Um distributive Gerechtigkeit zu empfinden, ist die faire Verteilung eines bestimmten Outputs innerhalb einer bestimmten Gruppe ausschlaggebend. Die Allokation wird von einem Individuum als gerecht beurteilt, wenn die eigene Leistung und die dafür erhaltene Entlohnung in einem positiven Verhältnis zur Leistung und der Entlohnung einer Vergleichsperson stehen (Maier et al. 2007: 98).
Procedural Fairness: Im Gegensatz zur Distributive Fairness ist für das Empfinden von prozeduraler Gerechtigkeit nicht die gerechte Verteilung des Outputs vorrangig, sondern die faire Ausgestaltung jenes Entscheidungsprozesses, der zur Verteilung des Outputs führt (Beugré, Baron 2001: 328).
Interpersonelle Fairness: Eine Person fühlt sich auf der interpersonellen Ebene gerecht behandelt, wenn die zwischenmenschliche Interaktion mit dem Entscheidungsträger als gerecht beurteilt wird. In diesem Fall ist es für das interpersonelle Fairnessempfinden ausschlaggebend, dass die betreffende Person vom Entscheidungsträger respekt- und würdevoll behandelt wird (Maier et al. 2007: 99).
Informationale Fairness: Wenn der Entscheidungsträger Informationen wahrheitsgemäß und rasch an seine Mitarbeiter weitergibt und darüber hinaus im Stande ist die getroffenen Entscheidungen zu argumentieren und zu begründen, wird eine hohe informationale Gerechtigkeit empfunden (in Maier et al. 2007: 99 – Shapiro et al. 1994).
Während der beschriebene vierfaktorielle Ansatz von Greenberg (in Colquitt 2001: 386 – Greenberg 1993) wissenschaftlich umstritten ist (Cohen-Charash, Spector 2001: 310), vereint der etabliertere dreifaktorielle Ansatz von Bies und Moag (in Maier et al. 2007: 99 – Bies, Moag 1986) die interpersonelle und informationale Gerechtigkeit im Konstrukt der interaktionalen Gerechtigkeit (Maier et al. 2007: 99f.). Die Interactional Fairness wird dabei durch den gerechten Umgang von Entscheidungsträgern mit ihren Mitarbeitern determiniert. Ist die Kommunikation zwischen dem Vorgesetzten und dessen Untergebenen durch respektvollen und höflichen Umgang geprägt und werden auch getroffene Entscheidungen glaubwürdig kommuniziert, so ist die empfundene interaktionale Gerechtigkeit als hoch einzustufen (Colquitt 2001: 389f.).
Obwohl einige Studien hohe Korrelationen zwischen den Konstrukten der Procedural und Interactional Fairness aufweisen (z.B. in Maier et al. 2007: 98 – Martocchio, Judge 1995) und diese beiden Fairnessdimensionen deshalb aggregiert wurden, sprechen sich sowohl Cohen- Charash und Spector als auch Colquitt für den drei- beziehungsweise vierfaktoriellen Ansatz aus (Cohen-Charash, Spector 2001: 310 bzw. Colquitt 2001: 386f.). Der Grund dafür ist, dass im Falle der Zusammenlegung der Procedural- und Interactional Fairness wertvolle Informationen bezüglich der unterschiedlichen Auswirkungen von gerecht ausgestalteten Prozessen und zwischenmenschlichen Interaktionen verloren gehen. Es ist daher wichtig, die Konstrukte Procedural und Interactional Fairness voneinander abzugrenzen, da diese verschiedene Auswirkungen auf das menschliche Gerechtigkeitsempfinden und die daraus resultierenden Handlungsweisen haben (Colquitt 2001: 387f.).
Es ist also überaus bedeutend, eine Unterscheidung zwischen den drei Fairnessdimensionen Distributive Fairness, Procedural Fairness und Interactional Fairness zu treffen, um die Auswirkungen von empfundener Gerechtigkeit korrekt beschreiben zu können. Die insgesamt empfundene Gerechtigkeit und somit die Zufriedenheit mit einer bestimmten Entscheidung wird daher von allen drei Gerechtigkeitsdimensionen determiniert (Cohen-Charash, Spector 2001: 305f. bzw. 309).
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird die empfundene Gerechtigkeit anhand des etablierten dreifaktoriellen Ansatzes, sprich anhand der Dimensionen Distributive Fairness, Procedural Fairness und Interactional Fairness, beschrieben.
2.2.2. Distributive Fairness
Beobachtungen und Analysen zum subjektiven Gerechtigkeitsempfinden bei der Verteilung eines Outputs stellen den Beginn der Forschungstätigkeiten auf dem Gebiet der Gerechtigkeitsforschung dar. Das Konstrukt der Distributive Fairness – im Deutschen als Verteilungsgerechtigkeit bezeichnet – beschreibt das Gerechtigkeitsempfinden von Menschen bezüglich der Verteilung eines Outputs auf mehrere Personen (Cohen-Charash, Spector 2001: 280).
Dabei greift das Konstrukt der Distributive Fairness auf die Equity-Theory von Adams (in Cohen-Charash, Spector 2001: 279 – Adams 1963 bzw. 1965) zurück. Diese argumentiert zum einen, dass die Allokation eines Outputs von Menschen als gerecht erachtet wird, wenn das Verhältnis der erbrachten Leistung und der dafür erhaltenen Entlohnung als zufriedenstellend wahrgenommen wird. Zum anderen ist es für die empfundene Verteilungsgerechtigkeit ebenfalls ausschlaggebend, dass die Eigenleistung und das dafür erhaltene Entgelt in einem zufriedenstellenden Verhältnis zur Leistung und dem Entgelt einer Vergleichsperson steht (Maier et al. 2007: 98).
Fühlt sich ein Mensch übervorteilt, sprich erachtet er den Lohn im Verhältnis zu seinem Aufwand als unzureichend, oder erhält er im Vergleich zur Leistung einer Referenzperson ein zu geringes Entgelt, so wird die Verteilung des Outputs als ungerecht empfunden und die Distributive Fairness als gering eingeschätzt. In diesem Fall tendieren Menschen dazu, ihre Arbeitsleistung so lange zu reduzieren, bis diese entweder in einem für sie gerechten Verhältnis zu ihrem Lohn oder dem Lohn von Referenzpersonen steht. Die empfundene Distributive Fairness beeinflusst somit direkt die Arbeitsleistung (in Cohen-Charash, Spector 2001: 285 – Austin, Walster 1974).
Weitere Einflüsse der Distributive Fairness auf menschliche Verhaltensmuster können anhand eines Experiments, dem sogenannten „Ultimatum Game“, veranschaulicht werden. Dabei haben zwei Personen – A und B – die Aufgabe eine Summe von 100 Euro untereinander aufzuteilen. Die Entscheidung über die Verteilung der Geldsumme kann dabei nur von einer der beiden Personen – Person A – getroffen werden, wobei der anderen Person – Person B – ein Veto-Recht eingeräumt wird. Im Falle, dass Person B ein Veto gegen die von Person A angestrebte Aufteilung einlegt, gehen beide Probanden leer aus.
Ein rational denkender Mensch wird daher die Summe derart aufteilen, dass er selbst 99,99 Euro einbehält und Person B lediglich einen Cent zugesteht. Ökonomisch betrachtet enthält diese Aufteilung für beide Personen einen monetären Vorteil. Denn auch Person B profitiert von dieser Verteilung und hat einen Nutzen von exakt einem Cent. Daher existiert aus ökonomischer Sicht kein Grund ein Veto einzulegen, da im Falle eines Vetos beide Personen leer ausgehen würden und somit auch Person B einen Verlust von einem Cent zu tragen hätte. Dennoch kann beobachtet werden, dass Menschen diese Vorgangsweise meist nicht akzeptieren und sehr wohl ein Veto einlegen, da sie diese Verteilung als ungerecht und benachteiligend erachten. Dies veranschaulicht, dass die Beurteilung von Verteilungsentscheidungen nicht auf Basis ökonomischer Kriterien durchgeführt wird, sondern vielmehr die Gerechtigkeit des Verteilungsverhältnisses betrachtet und bewertet wird. (Güth 1995: 330ff.)
Insgesamt werden empfundene Gerechtigkeit bezüglich der Verteilung eines Outputs und die Lohnzufriedenheit jedoch nicht ausschließlich durch monetäre Entlohnung determiniert. Das Modell der Lohnzufriedenheit inkludiert neben der empfundenen Lohngerechtigkeit auch die Zufriedenheit mit nicht-monetären beziehungsweise sozialen Zuwendungen (Howard 1999: 136).
Generell ist wahrgenommene Lohn- beziehungsweise Verteilungsgerechtigkeit primär für die empfundene Arbeitszufriedenheit entscheidend, während nicht-monetäre Zuwendungen das Engagement für die Organisation beziehungsweise den Arbeitgeber beeinflussen (Howard 1999: 149f.).
Darüber hinaus besteht ein klarer Zusammenhang zwischen Distributive und Procedural Fairness. Erscheint die Verteilung eines Outputs ungerecht zu sein, so wird die Gerechtigkeit des Prozesses, in welchem über die Allokation des Outputs entschieden wurde, überprüft und in Frage gestellt. Wird dieser Prozess als gerecht erachtet, sprich die Procedural Fairness als hoch bewertet, so kann dies eine als niedrig empfundene Verteilungsgerechtigkeit mindern, jedoch nicht völlig aufwiegen (Cohen-Charash, Spector 2001: 302).
Daraus kann geschlossen werden, dass für die insgesamt empfundene Gerechtigkeit nicht nur die Distributive Fairness, sondern ebenfalls die empfundene Gerechtigkeit des Prozesses eine wichtige Rolle spielt.
2.2.3. Procedural Fairness
Die Procedural Fairness beschäftigt sich mit der Gerechtigkeit jenes Prozesses, der zur Allokation von Ressourcen oder eines Outputs führt.
Die Theorie der Procedural Fairness geht davon aus, dass für die insgesamt empfundene Gerechtigkeit weniger das Ergebnis der Verteilung eines Outputs entscheidend ist, sondern vielmehr der Prozess, der zu dieser Verteilung führt. Daraus resultiert, dass Menschen dann mit dem Ergebnis eines Verteilungsprozesses zufrieden sind, wenn der Entscheidungsprozess als fair empfunden wird. (Thibaut, Walker 1975: 34 bzw. Tyler 2000: 119f.)
In ihrer Abhandlung verglichen Thibaut und Walker das Konstrukt der Procedural Fairness mit dem Ablauf einer Gerichtsverhandlung. Dabei wird zwischen der empfundenen Gerechtigkeit des Ergebnisses – sprich dem Urteil – und der empfundenen Gerechtigkeit des Prozesses, der zum Urteil geführt hat, unterschieden. Diese beiden unabhängigen Faktoren weisen einen nachhaltigen Einfluss auf die insgesamt empfundene Gerechtigkeit auf (Thibaut, Walker 1975). Daraus lassen sich zwei wichtige Einflussfaktoren für die Procedural Fairness ableiten. Zum einen beeinflusst die empfundene Prozesskontrolle – sprich die Möglichkeit persönliche Meinungen und Ansichten in den Entscheidungsprozess einzubringen – und zum anderen die empfundene Entscheidungskontrolle – sprich die Möglichkeit die letztlich getroffenen Entscheidung aktiv zu beeinflussen – die Procedural Fairness (Colquitt 2001: 388).
Ein Entscheidungsprozess wird in der Regel von Menschen als gerecht bewertet, wenn folgende Faktoren berücksichtigt werden:
- Die Möglichkeit im Rahmen eines Diskussionsprozesses durch sinnvolle Argumentation den Entscheidungsprozess zu beeinflussen (in Cohen-Charash, Spector 2001: 280 – Thibaut, Walker 1975).
- Geltende Regelungen und Richtlinien werden im Entscheidungsprozess respektiert und eingehalten.
- Die Entscheidungen werden unvoreingenommen getroffen und sind konsistent. Das bedeutet, dass eine Entscheidung Gültigkeit für alle Personen hat und der Entscheidungsträger unparteiisch und objektiv urteilt.
- Die Basis für Entscheidungen müssen stets fundierte und nachvollziehbare Informationen und Fakten sein. Persönliche Ansichten, Einstellungen und Vorurteile des Entscheidungsträgers dürfen daher nicht in die Entscheidung einfließen.
- Im Falle von Fehlentscheidungen muss die Möglichkeit der Ergebniskorrektur bestehen.
- Im Rahmen des Entscheidungsprozesses müssen ethische Grundregeln beachtet und eingehalten werden.
- Getroffene Entscheidungen werden den Mitarbeitern rechtzeitig und verständlich kommuniziert. (Maier et al. 2007: 98f. bzw. Cohen-Charash, Spector 2001: 280f.)
Die Einhaltung der oben angeführten Aspekte begünstigt die Akzeptanz von Regelungen und Entscheidungen (Colquitt 2001: 388f.). Da sich Menschen im Falle von gerecht ablaufenden Entscheidungsprozessen freiwillig Regeln und Entscheidungen unterordnen, vereinfacht dies die Kontrolle, ob bestehende Regelungen und Entscheidungen respektiert werden (Tyler 2000: 119f.).
Darüber hinaus beeinflusst die Procedural Fairness ebenfalls die empfundene Arbeitszufriedenheit. Die Möglichkeit, Feedback von Vorgesetzten zu erhalten sowie über die Arbeit selbst und arbeitsbezogene Probleme zu diskutieren und auch die eigene Meinung einbringen zu können, wirkt positiv auf die empfundene Arbeitszufriedenheit (Schappe 1998: 494).
Obwohl das Konstrukt der Procedural Fairness einen wichtigen Beitrag zur Beschreibung der insgesamt empfundenen Gerechtigkeit darstellt, ist dessen Erklärungswert auf die empfundene Gerechtigkeit eines Prozesses beschränkt. Daher bleibt die Frage, welche Auswirkungen zwischenmenschliche Interaktionen auf die empfundene Gerechtigkeit haben, noch ungeklärt. Diese Thematik wird im folgenden Kapitel anhand des Konstruktes der Interactional Fairness analysiert.
2.2.4. Interactional Fairness
Die Interactional Fairness beschreibt die Qualität von interpersonellen Beziehungen (Beugré, Baron 2001: 328f.). Es wird also weder die empfundene Fairness einer Entscheidung noch eines Entscheidungsprozesses analysiert, sondern vielmehr die empfundene Gerechtigkeit von Interaktionen mit Autoritäten (Cohen-Charash, Spector 2001: 281f.).
Wie bereits in Kapitel 2.2.1. argumentiert, bedient sich die vorliegende Diplomarbeit des dreifaktoriellen Ansatzes und betrachtet die Interactional Fairness als in sich geschlossenes Konstrukt (in Maier et al. 2007: 99 – Bies, Moag 1986). Dennoch ist es wesentlich darauf hinzuweisen, dass innerhalb der Interactional Fairness zwei Unterkonstrukte unterschieden werden können: interpersonale Gerechtigkeit und informationale Gerechtigkeit (Maier et al. 2007: 99).
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- Arbeit zitieren
- Stefan Hauer (Autor:in), 2008, Wie fair sind Online-Communities für ihre User?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124506
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