Im Umfang dieser Masterthesis werden die Themen rund um Menschenbilder, Kommunikationsverhalten und Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg näher beleuchtet und im Theorieteil zusammengefasst. Im Anschluss an diesen theoretischen Teil findet eine Untersuchung bezüglich des Kommunikationsverhaltens zwischen Mitarbeiter*innen und Führungskräften im Anlagen- und Maschinenbau statt, um den aktuellen Stand der Situation zu ermitteln.
Im ersten Teil der Arbeit soll zunächst das Themengebiet der Unternehmenskommunikation und der Gewaltfreien Kommunikation untersucht und in Form einer Literaturrecherche aufgearbeitet werden. Hauptsächlich soll sich die Arbeit anhand dieser Informationen auf den Einsatz bestimmter Kommunikationsarten im Berufsleben orientieren. Dafür werden auch die Grundlagen zur Kommunikation in Unternehmen auf anderen Ebenen untersucht, um diese in die Auswertung und Verbesserungsvorschläge einfließen zu lassen. Die Gewaltfreie Kommunikation ist bezugnehmend zur
Unternehmenskommunikation noch nicht ausführlich erforscht und beschrieben worden. Da es jedoch bereits Studien gibt, welche die Ergebnisse dieser Arbeit beeinflussen und unterstützen können, kommt eine Kombination aus qualitativen (Literaturrecherche) und quantitativen (Fragebogen) Methoden zum Einsatz. Basierend auf diesen Themengebieten wird für den empirischen Teil der Arbeit ein Fragebogen bestehend aus mehreren Kategorien konstruiert, welcher für die Erhebung der relevanten Daten ausschlaggebend ist. Dieser Fragebogen soll deutschlandweit
zum Einsatz kommen und bezieht sich auf den aktuellen Ist-Zustand der unternehmensinternen zwischenmenschlichen Kommunikation. Es soll ermittelt werden, auf welche Art und Weise kommuniziert wird und wie der Umgang miteinander stattfindet. Der Fragebogen soll anonym beantwortet werden und richtet sich sowohl an Mitarbeiter* innen als auch Führungskräfte.
Inhalt
1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung
1.2 Forschungsfrage
1.3 Methode
1.4 Aufbau der Arbeit
2 GRUNDLAGEN KOMMUNIKATION UND MENSCHENBILDER
2.1 Verbale, Nonverbale und Paraverbale Kommunikation
2.2 Klassische Modelle der Kommunikation
2.3 Menschenbilder
2.3.1 Entstehung und Funktion von Menschenbildern
2.3.2 McGregors Theorien
2.3.3 Menschentypologien nach Schein
2.3.4 Clusterbezogene Einordnung nach Weinert & Langer
3 FÜHRUNGSSTILE UND -VERHALTEN
3.1 Traditionelle Ansätze der Führung
3.1.1 Scientific Management und Industrial Engineering
3.1.2 Administrative Ansätze und Bürokratiemodell
3.1.3 Psychotechnik und Human Relations
3.2 Moderne Ansätze der Führung
3.2.1 Formal- und Verhaltenswissenschaftlich
3.2.2 Eindimensional
3.2.3 Mehrdimensional
3.2.4 Systemtheoretisch und Situativ
3.2.5 Transaktional, Transformational und Charismatisch
4 VERTIEFUNG DER KOMMUNIKATION
4.1 Verhalten und Persönlichkeiten
4.2 Komplexe Modelle der Kommunikation
4.2.1 Kommunikationsstile nach Norton
4.2.2 Kommunikationskaleidoskop nach McCallister
4.2.3 Social Style Model nach Bolton und Bolton
5 GEWALTFREIE KOMMUNIKATION
5.1 Herkunft und Entstehung
5.2 Die vier Komponenten der Gewaltfreien Kommunikation
5.3 Einsatz und Nutzen der Gewaltfreien Kommunikation
6 STUDIE ZUR KOMMUNIKATION IN UNTERNEHMEN 45
6.1 Vorbereitung und Methodik
6.1.1 Fragebogenkonstruktion
6.1.2 Teilnehmerrekrutierung und Methodik zur Auswertung
6.2 Auswertung und Interpretation der Ergebnisse
6.2.1 Abschnitt 1: Personenbezogene Daten
6.2.2 Abschnitt 2: Persönliche Einstellung / Interpersonelle Beziehungen
6.2.3 Abschnitt 3: Kommunikationsverhalten
6.2.4 Abschnitt 4: Konfliktsituationen
6.2.5 Abschnitt 5: Gesprächssituation
6.2.6 Abschnitt 6: Feedback und Kritik
7 ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSFOLGERUNG
7.1 Zusammenfassung
7.2 Schlussfolgerung und Antworten auf Forschungsfragen
8 FAZIT UND AUSBLICK
LITERATURVERZEICHNIS
Abstrakt
Im Umfang dieser Masterthesis werden die Themen rund um Menschenbilder, Kommunikationsverhalten und Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg näher beleuchtet und im Theorieteil zusammengefasst. Im Anschluss an diesen theoretischen Teil findet eine Untersuchung bezüglich des Kommunikationsverhaltens zwischen Mitarbeiterinnen und Führungskräften im Anlagen- und Maschinenbau statt, um den aktuellen Stand der Situation zu ermitteln. Hierbei konnte festgestellt werden, dass sich die interpersonelle Kommunikation in dieser Branche überwiegend freundlich und demokratisch gestaltet. Das bedeutet, auch wenn aus den Ergebnissen noch autoritäre Tendenzen erkennbar sind, ist eine allgemein positive Tendenz in Richtung autonomes Arbeiten nachweisbar. So kann anhand der Ergebnisse davon ausgegangen werden, dass Meinungen und Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen überwiegend berücksichtigt und aktiv in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Es zeigte sich auch, dass den Gesprächssituationen noch nicht in voller Gänze der nötige Wert beigemessen wird. Hier zeigt sich allerdings eine positive Entwicklung in Orientierung an den Mitarbeiterinnen. Weitere Ergebnisse bezüglich der Ausübung von Feedback und Kritik zeigten, dass hier Verbesserungsbedarf bezüglich des Kommunikationsverhaltens besteht. So konnte anhand der Ergebnisse ermittelt werden, dass sich positive und negative Kritik nicht ausgewogen gegenüberstehen. Nur eine geringe Mehrheit gab bei der Untersuchung an, mehr positives als negatives Feedback zu erhalten. Um die Beziehung zwischen den Mitarbeiterinnen und Führungskräften zu optimieren, sollte an diesen Themen unternehmensintern aktiv gearbeitet werden. Nichtsdestotrotz, gaben mehr als 80% der Befragten an eine gute Beziehung zu Führungskraft oder zu den Mitarbeiterinnen zu besitzen, was für eine stabile Basis der Zusammenarbeit spricht. Abschließend konnte somit ein positiver Trend festgehalten werden, welcher im Anschluss an diese Arbeit jedoch weitere Fragen offenlässt. Darunter fällt zum Beispiel auch die Frage nach den Verbesserungsmöglichkeiten, welche in einer weiteren Untersuchung erhoben werden sollten.
Stichworte:
Kommunikation - Kommunikationsverhalten - Gewaltfreie Kommunikation - interpersonelle Kommunikation - Menschenbilder- Verhalten und Persönlichkeit
Abstract
In the scope of this master thesis the topics around human images, communication behavior and non-violent communication according to Marshall B. Rosenberg are examined more closely and summarized in the theoretical part. Following this theoretical part, an investigation of the communication behavior between employees and managers in plant and machine construction takes place in order to determine the current state of the situation. It was found that interpersonal communication in this industry is predominantly friendly and democratic. This means that even if authoritarian tendencies are still apparent from the results, a generally positive trend toward autonomous working is discernible. Based on the results, it can be assumed that employees' opinions and needs are largely taken into account and actively integrated into decisionmaking processes. It also became apparent that the necessary value is not yet fully attached to the discussion situations. Here, however, there is a positive development in orientation towards the employees. Further results regarding the use of feedback and criticism showed that there is a need for improvement in terms of communication behavior. The results showed that positive and negative criticism are not balanced. Only a small majority stated in the survey that they received more positive than negative feedback. In order to optimize the relationship between employees and managers, these issues should be actively addressed within the company. Nevertheless, more than 80% of the respondents stated that they had a good relationship with their managers or employees, which indicates a stable basis for cooperation. In conclusion, a positive trend could be noted, which, however, leaves further questions open following this work. These include, for example, the question of possible improvements, which should be investigated in a further study.
Keywords: Communication - communication behavior- non-violent communication - interpersonal communication - human images - behavior and personality
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit (Eigene Darstellung)
Abbildung 2: 5 Axiome der Kommunikationstheorie nach Paul Watzlawick
Abbildung 3: Teufelskreis- und Engelskreis in Anlehnung an die Theorie-X-Y
Abbildung 4: Die neun Menschenbilder nach Weinert und Langer
Abbildung 5: Historische Entwicklung des Managementwissens
Abbildung 6: Führungskontinuum nach Tannenbaum & Schmidt
Abbildung 7: Verhaltensgitter / Managerial Grid nach Blake und Mouton 1964
Abbildung 8: Nortons Zuordnung von Clustern und Komponenten
Abbildung 9: Anzahl der Teilnehmerinnen
Abbildung 10: Abbildung der Funktionsbereiche aller Teilnehmerinnen
Abbildung 11: Ergebnisse Frage 9 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 12: Ergebnisse Frage 10 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 13: Ergebnisse Frage 11 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 14: Ergebnisse Frage 12 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 15: Ergebnisse Frage 13 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 16: Ergebnisse Frage 14 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 17: Ergebnisse Frage 15 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 18: Ergebnisse Frage 16 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 19: Ergebnisse Frage 17 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 20: Ergebnisse Frage 18 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 21: Ergebnisse Frage 19 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 22: Ergebnisse Frage 20 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 23: Ergebnisse Frage 21 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 24: Ergebnisse Frage 22 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 25: Ergebnisse Frage 23 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 26: Ergebnisse Frage 24 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 27: Ergebnisse Frage 25 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 28: Ergebnisse Frage 26 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 29: Ergebnisse Frage 27 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 30: Ergebnisse Frage 28 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 31: Ergebnisse Frage 29 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 32: Ergebnisse Frage 30 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 33: Ergebnisse Frage 31 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 34: Ergebnisse Frage 32 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 35: Ergebnisse Frage 33 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 36: Ergebnisse Frage 34 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 37: Ergebnisse Frage 35 - (Eigene Darstellung)
Abbildung 38: Gesamtauswertung und Gegenüberstellung (Eigene Darstellung)
1 Einleitung
Da gerade in der heutigen Zeit einer vielfach zwiegespaltenen Gesellschaft und veränderter Kommunikationsmöglichkeit die Kommunikation von größter Bedeutung ist, soll in dieser Arbeit verstärkt auf die Kommunikation zwischen Mitarbeiterinnen und Führungskräften im Anlagen- und Maschinenbau eingegangen werden. Gerade in produzierenden und ausführenden Unternehmen spielt diese eine nicht zu vernachlässigende Rolle, da in dieser Branche in den meisten Fällen aus der Erfahrung heraus ein eher ergebnisorientiertes Umfeld herrscht. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass sich das Kommunikationsverhalten, auch durch die Anpassung der vorherrschenden Meinung bezüglich der Arbeitsleistung und des Arbeitswillens von Menschen, verändert hat. Es kann angenommen werden, dass sich vor allem auch die Kommunikation in den letzten Jahren und Jahrzehnten positiv und zu Gunsten der Mitarbeiterinnen und Führungskräften entwickelt hat, was mit dieser Arbeit und der darin enthaltenen Literaturrecherche und Untersuchung näher betrachtet werden soll.
In der Arbeit wird unter anderem auf die Themen der Menschenbilder eingegangen, welche schon im frühen 19ten Jahrhundert ihren Ursprung fanden. So beschäftigten sich Soziologen, Psychologen, Philosophen als auch Wissenschaftler aus anderen Bereichen ausgiebig mit dieser Thematik. Die bekanntesten von ihnen sind im Zusammenhang mit der Erklärung menschlichen Verhaltens auf die Arbeit McGregor, Ouchi und Schein. Die Arbeit soll sowohl die Erkenntnisse zu den Menschenbildern als auch Erkenntnisse und Grundlagen zur Kommunikation und zum Verhalten zusammenfassen. Abgerundet wird der theoretische Rahmen mit der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg, welcher sich mit der Kommunikation auf rationaler Ebene beschäftigte. So geht es in erster Linie darum, Situationen zu beobachten und urteilsfrei wahrzunehmen, um besser und gefühlvoller reagieren zu können. Im Anschluss daran, soll durch eine gezielte Untersuchung herausgefunden werden, wie sich das innerbetriebliche Kommunikationsverhalten zwischen Mitarbeiterinnen und Führungskräften auf interpersoneller Ebene gestaltet. Im Nachhinein werden die durch die Umfrage erlangten Ergebnisse ausgewertet und interpretiert, um herauszufinden, ob und inwiefern die innerbetriebliche Kommunikation verbessert werden kann. Hinzukommend soll festgestellt werden ob sich diese eher an den Mitarbeiterinnen oder an den Ergebnissen orientiert und ob eine Verbesserung durch die Gewaltfreie Kommunikation hervorgerufen werden kann.
1.1 Problemstellung
Kommunikation ist nicht immer einfach und schon gar nicht standardisiert. Unter den Begriff Kommunikation fallen viele Themengebiete und es lassen sich viele verschiedene Interpretationen zu dieser Thematik treffen. In dieser Arbeit, soll es jedoch weniger um den Informationsgehalt, als um den Umgang und den zwischenmenschlichen Kontakt gehen. Gerade an dieser Stelle kommt es häufig zu Missverständnissen oder anderen fehlerhaften Einschätzungen oder Auffassungen, welche gerade im Berufsleben Probleme mit sich bringen.
Es geht alles in allem um den Austausch von Meinungen, Gedanken, Gefühlen, Wissen und Erfahrungen1 2. Sollte dieser Austausch nicht auf beidseitigem Verständnis beruhen, also sollte der Empfänger die aufgenommenen verbalen und nonverbalen Signale anders verstehen, als diese vom Sender angedacht sind, kann es zur Störung der zwischenmenschlichen Beziehung kommen3. In Folge dessen kann es unter anderem zur verminderten Arbeitsleistung durch fehlende Bereitschaft, oder zu anderen Situationen kommen, welche sich nachteilig auf das Unternehmensergebnis auswirken können. In aller erste Linie jedoch leidet vor allem die Arbeitsatmosphäre. Das zeigte auch eine Studie im April 2017, welche sich mit der Kommunikation in Unternehmen auseinandersetzte. Hierbei konnte ermittelt werden, dass eine mangelhafte interne Kommunikation mit 37% als am meisten störend im Arbeitsleben empfunden wurde4. Der Umgang zwischen Mitarbeiterinnen und Führungskräften spielt daher eine äußerst wichtige Rolle und sollte nicht vernachlässigt werden. Gerade in den Unternehmen, die sich noch an traditionellen Strukturen und Führungsstilen orientieren, welche meist autoritär ausgerichtet sind, kann es durch das fehlende Verständnis zwischen Arbeits- und Führungskräften zu Problemen und Missverständnissen kommen5. Die Verbesserung der Kommunikation auf allen Ebenen ist unumgänglich und ein wichtiger Bestandteil, um als Unternehmen zu wachsen und um die Zufriedenheit aller Arbeitnehmerinnen in Ihrer Zusammenarbeit zu steigern. Das spiegelt sich auch in der Statistik des deutschen Online-Portals für Statistik wider6. Hier werden gleich meh- rere Bereiche aufgezeigt, welche sich mit dem Thema der Kommunikation auseinandersetzen. Auch die Kommunikationskompetenz spielt mit 19% zwar eine geringere aber dennoch wichtige Rolle. Bezogen auf den Anlagen- und Maschinenbau ist es noch einmal besonders wichtig, auf die Relevanz der Kommunikation und auf den Umgang mit Mitarbeiterinnen einzugehen, da gerade in leistungsorientierten produzierenden Unternehmen diese, vermutlich auf Grund der Ausrichtung an anderen Faktoren, stark leidet. Die Anzahl der Beschäftigten ist hier seit 1991 um ca. 28% und zwischenzeitlich sogar um fast 40% gesunken. Hier spielt mit hoher Wahrscheinlichkeit der demografische Wandel und der Wandel aller arbeitenden Generationen eine große Rolle. Motivation ist in diesem Falle ein nicht zu vernachlässigender Faktor, welche zwar gut extrinsisch aber noch viel besser intrinsisch erzeugt werden kann7. Hierfür bietet es sich an, auf die Arbeitnehmerinnen zuzugehen, diese zu verstehen und auf die Ziele, Wünsche und Bedürfnisse aktiv einzugehen, um die intrinsische Motivation zu stärken und ein angenehmes Unternehmensumfeld zu erschaffen.
Es ist wichtig zu verstehen, wie die interne zwischenmenschliche Kommunikation funktioniert und welchen Einfluss diese langfristig auf die Beteiligten und das Unternehmen nimmt. Durch eine Orientierung an der Gewaltfreien Kommunikation, kann vermutlich eine Verbesserung in vielen Bereichen herbeigeführt werden. Durch eine quantitative Untersuchung in Form eines Fragebogens, soll der aktuelle Ist-Zustand der unternehmensinternen zwischenmenschlichen Kommunikation aufgezeigt und die daraus resultierenden Folgen ermittelt werden. Anhand dessen erfolgt eine Auswertung und Ergebnisinterpretation, welche im Anschluss einen Überblick über die aktuelle Situation geben soll. Hinzukommend sollen vereinzelt Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten gegeben werden, welche allerdings in einer anderen Untersuchung im Anschluss an diese Arbeit näher ermittelt werden müssen.
1.2 Forschungsfrage
Ausschlaggebend für diese Arbeit ist die Erhebung des Ist-Zustandes der internen zwischenmenschlichen Kommunikation in mittelständischen Unternehmen aus der Branche des Anlagen- und Maschinenbaus.
Auf Grundlage dieser Forschung sollen folgende Fragen beantwortet werden:
Hauptfrage:
Wie gestaltet sich die interne, zwischenmenschliche Kommunikation, in mittelständischen Unternehmen des Anlagen- und Maschinenbaus?
Folgende Unterfragen sollen dabei ebenfalls beantwortet werden:
- In welcher Form und auf welche Art und Weise wird überwiegend zwischen Mitarbeiterinnen und Führungskräften zwischenmenschlich kommuniziert?
- In welcher Form wird Kritik geäußert?
- Welche Verbesserungen könnte der Einsatz Gewaltfreier Kommunikation, in Anlehnung an die Ergebnisse aus der Untersuchung, mit sich bringen?
1.3 Methode
Im ersten Teil der Arbeit soll zunächst das Themengebiet der Unternehmenskommunikation und der Gewaltfreien Kommunikation untersucht und in Form einer Literaturrecherche aufgearbeitet werden. Hauptsächlich soll sich die Arbeit anhand dieser Informationen auf den Einsatz bestimmter Kommunikationsarten im Berufsleben orientieren. Dafür werden auch die Grundlagen zur Kommunikation in Unternehmen auf anderen Ebenen untersucht, um diese in die Auswertung und Verbesserungsvorschläge einfließen zu lassen. Die Gewaltfreie Kommunikation ist bezugnehmend zur Unternehmenskommunikation noch nicht ausführlich erforscht und beschrieben worden. Da es jedoch bereits Studien gibt, welche die Ergebnisse dieser Arbeit beeinflussen und unterstützen können, kommt eine Kombination aus qualitativen (Literaturrecherche) und quantitativen (Fragebogen) Methoden zum Einsatz.
Basierend auf diesen Themengebieten wird für den empirischen Teil der Arbeit ein Fragebogen bestehend aus mehreren Kategorien konstruiert, welcher für die Erhebung der relevanten Daten ausschlaggebend ist. Dieser Fragebogen soll deutschlandweit zum Einsatz kommen und bezieht sich auf den aktuellen Ist-Zustand der unternehmensinternen zwischenmenschlichen Kommunikation. Es soll ermittelt werden, auf welche Art und Weise kommuniziert wird und wie der Umgang miteinander stattfindet. Der Fragebogen soll anonym beantwortet werden und richtet sich sowohl an Mitarbeiterinnen als auch Führungskräfte.
1.4 Aufbau der Arbeit
In der hier aufgestellten Arbeit erfolgt zunächst eine Einführung in die Thematik und Problemstellung, sowie auch die Methodik mittels einer Einleitung, welche das erste übergeordnete Kapitel darstellt. Anschließend wird ein theoretischer Rahmen aufgestellt, welcher sich mit den Grundlagen und tieferen Kenntnissen der Kommunikation, sowie auch mit den Führungsstilen zu dem Verhalten auseinandersetzt. Zusätzlich erfolgt eine nähere Betrachtung der Gewaltfreien Kommunikation, um einen besseren Überblick über Möglichkeiten zu den Verbesserungen zu erlangen.
Im Anschluss an den theoretischen Rahmen findet eine empirische Untersuchung statt, welche mittels Fragebogen durchgeführt werden soll. Hierfür wird zunächst auf die Konstruktion des Fragebogens eingegangen. Im Anschluss an die Durchführung der Untersuchung erfolgt eine gezielte Auswertung jeder Frage inklusive der Ergebnisinterpretation. Hier werden die ermittelten Ergebnisse mit der Theorie abgeglichen und anhand der Erkenntnisse aus der Literaturrecherche verglichen und ausgewertet. Den Abschluss der Arbeit stellt das Fazit dar, welches noch einmal kurz auf die erlangten Erkenntnisse eingeht und im Anschluss daran einen Ausblick bietet. Dieser soll weitere Forschungsmöglichkeiten aufzeigen oder auf eine mögliche Entwicklung hindeuten. Der Aufbau der Arbeit kann auf der Abbildung 1 entnommen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit (Eigene Darstellung)
2 Grundlagen Kommunikation und Menschenbilder
Da sich diese Masterthesis mit den Themen der zwischenmenschlichen Kommunikation sowie auch mit der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg befasst, soll in diesem Kapitel noch einmal auf die Grundlagen der Kommunikation eingegangen werden. Hierbei sollte berücksichtigt werden, dass sich die Thematik der Kommunikation über viele Bereiche erstreckt. Aus diesem Grund werden nur die allgemeinen Grundlagen der Kommunikation aufgeführt, welche im späteren Verlauf der Arbeit zur Beurteilung und Auswertung der Ergebnisse und zum besseren Verständnis der Thematik beitragen. Eine Erarbeitung und Analyse von komplexeren Kommunikationsmodellen erfolgt in Kapitel 3.
Da für die geplante Untersuchung des Kommunikationsverhaltens zwischen Mitarbeiterinnen und Führungskräften auch die Entwicklung der Führungsstile relevant ist, soll in diesem Kapitel ebenfalls der Fokus auf diese Themengebiete gelegt werden. Hierunter fallen unteranderem auch die verschiedenen Menschenbilder, die sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt haben. Dabei wird auf die unterschiedlichen Theorien eingegangen, zu denen auch die bekannt X-Y-Theorie nach Douglas McGregor zählt, welche in den 50er-Jahren aufgestellt wurde8. Hinzukommend sollen die Menschenbildtypologien nach Edgar Schein (1965) sowie auch die clusterbezogene Einordnung nach Ansfried B. Weinert und C. Langer (1995) analysiert und aufgezeigt werden9. Anhand dieser Menschenbilder/-typologien lässt sich die Entwicklung weg von der autoritären Führung hin zur agilen Selbstorganisation unter der Anwendung humanistischer Führungskonzepte besser verstehen und einordnen10.
Eine besondere Herausforderung in der interpersonellen innerbetrieblichen Kommunikation ist neben dem allgemeinen Verständnis für einen Menschen auch die Erwartungshaltung seitens Mitarbeiterin und Führungskraft. So kann es durch die Erwartung und Grundeinstellung der Führungskraft im Vergleich zu den Zielen, Werten und Motiven der Mitarbeiterinnen schnell zu einem Konflikt kommen. Aus diesem Grund spielt neben der klassischen Fach- und Methodenkompetenz auch die Sozialkompetenz eine wichtige Rolle. Bei der sozialen Kompetenz geht es nicht nur darum bestimmte Verhaltensmuster an den Tag zu legen, sondern den Umgang mit anderen Menschen aktiv zu lernen und anwenden zu können. So kann es durch falsche Kommunikationsmuster oder verschiedene Grundannahmen hinter einer Kommunikation schnell zu Konflikten kommen, welche durch ein falsches Verständnis oder durch eine unglückliche Interpretation entstehen11.
Darüber hinaus, wird die Untersuchung auf Grund der starken Abhängigkeit vieler Faktoren branchenseitig eingegrenzt. So bietet die Branche des Maschinen- und Anlagenbaus im mittelständischen Bereich ein interessantes Untersuchungsfeld, da gerade in Unternehmen mit starkem technischem Bezug die Berücksichtigung sozialer Kompetenzen in vielen Fällen vernachlässigt wird. Darunter leiden dann in aller Regel auch die interpersonellen Kompetenzen, was die Kommunikation einschließt und der Beziehung zwischen Mitarbeiterinnen und Führungskraft nachhaltig schadet12.
2.1 Verbale, Nonverbale und Paraverbale Kommunikation
Bevor tiefer auf die Kommunikationsmodelle eingegangen werden kann, sollte eine Basis über das Verständnis zur Kommunikation geschaffen werden. Dafür bietet es sich an, die vier Komponenten der Kommunikation zunächst genauer zu betrachten, um zu verstehen, wie und mit welchen Mitteln kommuniziert wird. Hierbei handelt es sich um die verbale, die nonverbale, die paraverbale sowie auch die extraverbale Kommunikation, welche sich dann noch in zwei Formen der Kommunikation aufteilt, wozu die mündliche als auch die schriftliche zählen. Verbal wird immer dann kommuniziert, wenn Wörter im mündlichen Sprachgebrauch zum Einsatz kommen. Darunter fallen unter anderem lexikalische, syntaktische als auch rhetorische Vertextungsmittel, welche dazu dienen, einen Zusammenhang zwischen Inhalt und Thematik herzustellen. Nonverbal ist die Kommunikation dann, wenn Mimik und Gestik zum Einsatz kommen und die Kommunikation keine mündlichen, sondern physisch-körperliche Facetten beinhaltet. Hier ist wichtig zu berücksichtigen, dass unter die nonverbale Kommunikation auch die schriftliche Kommunikation fällt, in welcher dann anstatt von Texten Bilder, Diagramme, Smileys oder andere graphische Mittel verwendet werden13.
Die paraverbale Kommunikation wiederum beschreibt unter anderem die Eigenschaften der Lautstärkte und des Sprechrhythmus und bezieht sich somit nicht auf den Text bzw. den konkreten Inhalt der Kommunikation, sondern auf die Bedingungen, unter welchen diese stattfindet. In der schriftlichen Form bezieht sich diese Komponente dann folglich auf die Eigenschaften des Textes, also z.B. ob diese nur in Großbuchstaben verfasst wurde, was auf ein Ärgernis hinweisen kann und auf weitere charakterliche Eigenschaften des Textes. Die extraverbale Kommunikation ist die vierte und letzte Komponente und beschäftigt sich mit dem Umfeld und den passiv stilistischen Kommunikationsmitteln, welche nicht bewusst wahrgenommen werden, allerdings aktiv zur Kommunikation beitragen. Darunter fallen z.B. die Zeit, der Ort oder auch die Kleidung, aus welcher ein für die Kommunikation relevanter Kontext abgeleitet werden kann. Auch besondere Aspekte wie der Geruchssinn gehören zur extraverbalen Kommunikation, so kann der Geruch eines Parfüms beispielsweise einen positiven oder negativen Einfluss auf den Austausch zwischen zwei Menschen haben14.
2.2 Klassische Modelle der Kommunikation
Seit Menschengedenken spielt die Kommunikation eine wichtige Rolle. Ganz allgemein, wird darunter der Austausch sowie auch die Übertragung von Informationen in verbaler oder nonverbaler Form verstanden. Ohne Kommunikation kommt kein Austausch zustande, welcher zwingend notwendig ist für jedwede Form denkenden Lebens. Dieser Austausch findet durch Sprache, Mimik, Bilder, Gestiken, Schrift oder andere Symbole und Zeichen statt15. Hierfür existieren fünf allgemein bekannte Modelle, welche häufig im Zusammenhang für Schulungen von Führungskräften und allgemeinen Weiterbildungen im Bereich der Kommunikation zum Einsatz kommen16.
- Das Vier-Ohren-Modell nach Friedmann Schulz von Thun
- Die 5 Axiome der Kommunikation nach Paul Watzlawick
- Das Eisbergmodell nach Sigmund Freud
- Das Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver
- Das Organon-Modell nach Karl Bühler
Da diese fünf Modelle weit verbreitet sind, sollen diese in den folgenden Punkten nur kurz angeschnitten, aber nicht vertieft werden. Ziel ist es, Verständnis und Grundlagenwissen für die folgenden Themen zu erzeugen.
Das „Vier-Ohren-Model“ oder auch „Nachrichtenquadrat“ nach Schulz von Thun beschäftigt sich in der Kommunikation damit, wie eine Nachricht vermittelt und verstanden werden kann. Dabei werden verschiedene Aspekte berücksichtigt, welche in der klassischen Literatur in Form von vier Schnäbeln (Sender) und vier Ohren (Empfänger) dargestellt werden17 18. Jeder Schnabel und jedes Ohr befindet sich dabei auf einer anderen Ebene und nimmt jedwede Information innerhalb einer Kommunikation anders war. Hierbei handelt es sich um die vier Kategorien Sachinhalt, Appell, Beziehungshinweis und Selbstkundgabe19.
Für die Sachebene ist vordergründig der sachliche und fachliche Inhalt von Relevanz. Hierbei geht es darum, die Information direkt weiterzugeben. Auf dieser Ebene kann es zu keinen Missverständnissen kommen, da es lediglich um den sachlichen Inhalt geht. Die Selbstkundgabe vermittelt das eigene Gefühl und die persönliche Verbindung im Zusammenhang zur sachlichen Information. In der Beziehungsebene wiederum geht es darum, in welchem Verhältnis beide Personen zueinander stehen und in welcher Beziehung die vermittelte Information verstanden und aufgenommen wird. Die Appellebene beschreibt, wie die Information schlussendlich verarbeitet wurde und was aus dieser Information für zukünftige Belange genommen werden kann 20 21. Zu Missverständnissen kommt es überwiegend in den letzten 3 Kategorien, da diese Ebenen nicht durch eine klare Information, sondern durch das eigene Verständnis geprägt werden. Wie eine Person auf eine solche Information reagiert ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig und soll hier nicht näher betrachtet werden. Zusammengefasst geht es darum, welcher Inhalt wie weitergegeben und verstanden wird.
Dass die menschliche Kommunikation komplex ist und nicht standardisiert gedeutet werden kann, hat damals auch der österreichische Philosoph Paul Watzlawick erkannt, welcher sich vertieft mit der menschlichen Kommunikation beschäftigt und in Folge dessen die 5 Axiome (siehe Abb. 2) der Kommunikationstheorie aufgestellt hat22. Die im Folgenden aufgeführten Axiome von Watzlawick sollen hierbei nicht nur die menschliche Kommunikation erklären, sondern auch die Paradoxie aufzeigen, welche diese mit sich bringt. Paradox gestaltet sich die Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Menschen dann, wenn sich die Informationen innerhalb einer Aussage und Kommunikation nicht vereinbaren lassen23. Hierbei ist auch die Sprache von einer Doppelbindung. In diesem Zusammenhang geht es um Handlungsaufforderungen, welche in Folge einer getätigten Aussage nicht mehr ausführbar sind24.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: 5 Axiome der Kommunikationstheorie nach Paul Watzlawick (Quelle: https://www.paulwatzlawick.de/axiome.html - 26.02.2022 -15:02 Uhr)
Das erste Axiom sagt ganz klar aus, dass nicht nicht kommuniziert werden kann. Das bedeutet, dass in jedweder Form des Austauschs oder Zusammentreffens von Menschen eine Kommunikation auf verbaler oder nonverbaler Ebene stattfindet, unabhängig davon, ob dies auch aktiv wahrgenommen wird oder nicht. Das zweite Axiom beschreibt, ähnlich wie im Modell von Thun, dass jede Art der menschlichen Kommunikation einen Inhalts- und Beziehungsaspekt aufweist und nicht rein informativ geprägt sein kann. Im dritten Axiom geht es um die Ursache und die Wirkung, welche Kommunikation mit sich bringt. Darunter ist vor allem die Aktion und Reaktion zu verstehen, welche durch unterschiedliche Reize gesetzt und verursacht wird25. Im vierten Axiom werden die Modalitäten der Kommunikation beschrieben, welche sich sowohl analog als auch digital gestalten. Hierbei geht darum, die Situation einer Kommunikation gemäß vordefinierter Gesichtspunkte richtig wahrzunehmen und zu verstehen. Digitale Modalitäten beschreiben in diesem Zusammenhang kein Medium, sondern den Aspekt des Inhaltes einer Nachricht, welcher als komplex zu betrachten gilt und meist in verbaler Form stattfindet. Analoge Modalitäten wiederum beziehen sich auf den Beziehungsaspekt einer Nachricht, welcher sich eher nonverbal gestaltet26 27.
Das fünfte Axiom befasst sich mit den Kommunikationsabläufen, welche sowohl symmetrisch als auch komplementär erfolgen können. Hervorzuheben ist an dieser Stelle, die Beziehung der Kommunikationspartner zueinander, welche entweder auf Gleichheit oder aber auf Unterschiedlichkeit basieren kann. Symmetrisch ist ein Kommunikationsablauf dann, wenn es sich um zwei Gesprächspartner handelt, welche auf Augenhöhe miteinander kommunizieren und ihren Fokus auf Einklang und Übereinstimmung legen, sowie Differenzen reduzieren wollen. Ein komplementärer Kommunikationsablauf findet dann statt, wenn sich die Gesprächspartner auf zwei unterschiedlichen Ebenen befinden, wodurch ein inferior (untergeordneter) und ein superior (übergeordneter) Part entstehen. Wenn auf diese Art und Weise kommuniziert wird, kommt es in den meisten Fällen zu Missverständnissen und Störungen in der Kommunikation durch eine unterschiedliche Deutung dieser durch die Gesprächspartner28. Rückführbar ist das auf die Unterschiede zwischen den Gesprächsteilnehmern, welche in diesem Falle im Vordergrund stehen29.
Das dritte Kommunikationsmodell, welches hier angeschnitten werden soll, ist eines der bekanntesten. Es handelt sich dabei um das Eisbergmodell von Sigmund Freud. Sigmund Freud ist einer der bekanntesten Menschen Österreichs und war nicht nur ein Arzt, sondern auch bekannter Psychologe, Theoretiker und Neurophysiologe30. Das von Freud entwickelte Kommunikationsmodell kann mit einem Eisberg verglichen werden und basiert auf der Tatsache, dass in vielen Bereichen des täglichen Lebens und gerade im Kontakt mit anderen Menschen nur etwa 20% einer Situation tatsächlich versteh- und erkennbar sind31. Hier kann, wie bei den anderen Modellen zuvor, wieder zwischen der Sach- und Beziehungsebene unterschieden werden. Die Sachebene besteht aus den Zahlen, Daten und Fakten, welche bewusst wahrnehmbar sind und bezogen auf die Kommunikation von beiden Gesprächspartnern aktiv wahrgenommen werden können. Diese Ebene liegt, im Vergleich zu einem realen Eisberg wie bereits oben beschrieben, zu 20% über dem Wasser. Die Beziehungsebene beschreibt hierbei die nicht sichtbare Ebene, welche sich unter dem Wasser verbirgt32.
Diese ist eher unbewusst und kann nicht immer wahrgenommen werden, wenn der Gesprächspartner keine aktiven Rückschlüsse darauf zulässt. Hier spielen vor allem Ängste, Erfahrungen und die Persönlichkeit eine große Rolle, welche wiederum durch andere Faktoren weiter geprägt werden. Während sich die Sachebene eher verbaler Kommunikationsmittel bedient, basiert die Beziehungsebene, wie auch in den Modellen zuvor, eher auf einem nonverbalen Austausch33.
Das letzte Modell, welches für die weitere Bearbeitung dieser Thesis mit aufgeführt werden soll, ist das Sender-Empfänger-Modell, welches von Shannon und Weaver entwickelt wurde. Es gilt als eines der bekanntesten Kommunikationsmodelle weltweit und beschäftigt sich mit der Vermittlung von Botschaften in der Kommunikation. Darüber hinaus spielen die durch Störungen hervorgerufenen Probleme in der Kommunikation eine elementare Rolle34 35. Dieses Modell kann auch mit der Nachrichtenverschlüsselung verglichen werden. Es geht in erster Linie darum, dass der Sender seine zu übertragenden Informationen in verbaler oder nonverbaler Form codiert (verschlüsselt) und diese als Nachricht an den Empfänger weitergibt. Vorrangiges Ziel ist, dass der Empfänger die Nachricht richtig decodiert (entschlüsselt) und auch richtig identifiziert. Das funktioniert jedoch nur dann, wenn beide den gleichen Code benutzen. In der Realität besteht hier allerdings die große Herausforderung von Störfaktoren, welche zu Missverständnissen führen können. So kommt es häufig dazu, dass Sender und Empfänger die Nachricht unterschiedlich interpretieren oder gar nicht verstehen können. Das gilt in diesem Falle auch für die paraverbale Kommunikation, auf welche in Kapitel 4 noch einmal genauer eingegangen wird3637.
Abschließend soll noch ein Bezug zu dem Kommunikationsmodell von Karl Bühler hergestellt werden, wobei es sich um das Organon-Modell handelt. Dieses Modell beschreibt und veranschaulicht die Sprache als Werkzeug für die zwischenmenschliche Kommunikation, was auf Grund der bereits aufgeführten Erkenntnisse als kritisch zu betrachten gilt, da nicht nur verbale, sondern auch nonverbale Werkzeuge für die Kommunikation eine große Rolle spielen. In diesem Falle wird davon ausgegangen, dass sprachliche Zeichen die Grundlage für die Kommunikation sind. Es werden hierbei drei Punkte besonders hervorgehoben: Der Sachverhalt, sowie auch Sender und Empfänger. Diese drei Teile sind im Organon-Modell durch die Sprache miteinander verknüpft, da durch die Sprache auch eine Abhängigkeit unter den genannten Punkten entsteht38. Sprachliche Zeichen bringen nach diesem Modell drei Funktionen mit sich. Es wird dabei von der Ausdrucks-, der Darstellungs- und der Appellfunktion gesprochen39. Die Ausdrucksfunktion sorgt in diesem Falle für die Weitergabe von Gefühlen, Einstellungen und Meinungen innerhalb der Kommunikation. Die Darstellungsfunktion wiederum stellt das Symbol für den sachlichen Inhalt dar. Besonders wichtig ist an dieser Stelle, dass der Sachverhalt innerhalb eines Austauschs so realitätsgetreu und neutral wie überhaupt möglich dargestellt werden muss. Bei der Appellfunktion handelt es sich dann zu guter Letzt um den wortwörtlichen Appell des Senders an den Empfänger, welcher mit jedmöglichen sprachlichen Zeichen weitergegeben wird. Hierbei kann davon ausgegangen werden, dass jede Aussage auch eine indirekte oder direkte Aufforderung enthält und eine bestimmte Reaktion beim Empfänger auslöst40 '41. Da es sich um eine Sender-Empfänger Modell handelt, welche auch die sprachliche Zeichensetzung berücksichtigt, handelt es sich bei der Konstruktion durch den Sender (codieren der Nachricht) als auch bei der Rekonstruktion durch den Empfänger (decodieren der Nachricht) um einen semiotischen Prozess, welcher durch das Organon-Modell nicht nur besser verdeutlicht, sondern auch verständlich dargestellt werden kann. Weiter dient dieses Modell auch dazu, ein besseres Verständnis für die Komplexität der Sprache zu erlangen42. Dies ist relevant, da in Kapitel 3 auch näher auf komplexere Modelle der Kommunikation, in Verbindung mit dem Verhalten von Führungskräften, eingegangen wird.
2.3 Menschenbilder
In diesem Kapitel soll, wie bereits zu Begin erwähnt, auf die verschiedenen Theorien und Typologien von Menschenbildern eingegangen werden, um ein tieferes Verständnis für die Komplexität der menschlichen Identität zu erlangen. Vordergründig soll das erlangte Wissen dazu beitragen, die Konstruktion des später zu verwendenden Fragebogens zu erleichtern und zusätzlich die Reliabilität sicherstellen zu können. Hierfür bietet es sich auch an, auf die Entstehung von Menschenbildern zu blicken, um den eigentlichen Nutzen dieser zu verstehen und auch zu erkennen, welche Prinzipien diese mit sich bringen.
2.3.1 Entstehung und Funktion von Menschenbildern
Da es sich bei der Beschreibung eines Menschen keinesfalls um eine fixe Größe handelt, sondern um mehrere bewegliche Variablen, lässt sich durchaus festhalten, dass eine einheitliche objektive Beschreibung des menschlichen Verhaltens nicht möglich ist. Es handelt sich hierbei eher um Bezugsgrößen, an welchen sich orientiert werden kann43. Diese sollen nicht nur das subjektive Eigenbefinden stärken, sondern auch die Einschätzung anderer Menschen erleichtern, um sich im eigenen Umfeld besser orientieren zu können. Durch diesen Prozess entstehen sowohl bewusste als auch unbewusste Vorstellungen, welche das menschliche Dasein verallgemeinern, um Personen richtig deuten und einschätzen zu können. Schlussendlich dient dies nicht nur, das Verhalten anderen zu verstehen, sondern auch das eigene Denken und Handeln orientiert an diesen Größen zu steuern. Die geprägten Bilder des menschlichen Handelns dienen als Orientierungsraster, wodurch sich die Möglichkeit bietet, die eigene Wahrnehmung besser zu strukturieren und so das eigene Verhalten entsprechend zu prägen44. Menschenbilder sind also ein Konstrukt des Menschen zur Beurteilung anderer und des eigenen Selbstbildes. Sie tragen dazu bei, sich selbst anzupassen und notwendige Perspektiven zu entwickeln, um andere Menschen verstehen zu können45. Weiterhin ist es wichtig, die entstandenen Typologien und Bilder im gesellschaftlichen Kontext zu sehen. Es handelt sich bei der Beschreibung menschlichen Verhaltens keineswegs um eine starre Größe. Menschenbilder werden sowohl durch den historischen als auch den gesellschaftlichen Wandeln geprägt und ändern sich stetig46. Ein gutes Beispiel hierfür stellt auch der Wandel weg vom Taylorismus hin zum agilen Selbstmanagement dar. Eine Grundlage wird hier also durch keine festen Größen gebildet, sondern lediglich durch Beobachtungen und Spekulationen, welche die Annahmen zur menschlichen Natur beschreiben und vereinheitlichen sollen. Es handelt sich schlussendlich also um keine konkrete wissenschaftlich darstellbare Eigenschaft, die Menschen direkt und schlussendlich zugeschrieben werden kann, sondern um Narrative, durch die ein Sinn im menschlichen Handeln erkennbar gemacht wird47.
Für diese Art und Weise des Verstehens und der Beschreibung des menschlichen Denkens und Handelns, haben sich auch schon vor vielen Jahren Philosophen und Wissenschaftler interessiert. Gerade im Bereich der Unternehmensführung spielen Menschenbilder eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Es wird in den folgenden Kapiteln genauer auf die Theorien und Typologien eingegangen, um diese später in die Konstruktion und Auswertung des Fragebogens einbinden zu können. Da die dualistische Menschenbildtheorie von McGregor mit anschließender Weiterentwicklung zur Vierer-Systematisierung durch Schein diese Thematik am meisten prägt, wird der Fokus zunächst hierauf gelegt.
2.3.2 McGregors Theorien
Die von McGregor aufgestellten Theorien zu den unterschiedlichen Orientierungs- und Verhaltensmustern teilen sich in die Theorie X und die Theorie Y und entstanden in Anlehnung an klassische sowie auch moderne Gestaltungsmöglichkeiten einer Organisation. Theorie X entstand hierbei in Anlehnung an die Organisationsgestaltung nach Max Weber, welcher sich unter anderem auch mit den Merkmalen bürokratischer Organisationen auseinandersetzte. Sie basiert auf der Annahme, dass Menschen nicht arbeiten möchten und grundsätzlich eher träger Natur entsprechen48. Es galt damals das Prinzip, dass Menschen eine angeborene Abneigung gegenüber der Arbeit entwickelt haben sollen. Diese Annahme brachte mit sich, dass davon ausgegangen wurde, dass Menschen dementsprechend Arbeit meiden und nurextrinsisch motiviert werden können. Durch diese Einstellung entstand damals auch der Taylorismus, welcher die Produktivitätssteigerung des Personals zum Ziel hatte und dies durch extrinsische und monetäre Anreize erreichen wollte. Entstanden ist der Taylorismus durch seinen Namensgeber Frederick Winslow Taylor. Auch heute ist sein Einfluss auf die Organisationsgestaltung noch spürbar49.
Die Theorie besagte daher damals, dass Menschen geführt werden möchten und müssen, was dazu führte, dass nicht nur die Entlohnung im Vordergrund stand, sondern vor allem auch die Androhung von Strafen bei Zuwiderhandlung. Menschen galten zu diesem Zeitpunkt nicht als ehrgeizig, sondern als arbeitsscheu. Hierunter zählte auch die Vermeidung jedweder Verantwortung. Durch diese damals vorhandene Auffassung beliefen sich die Gestaltungsmaßnahmen zur Führung von Personal auf Anweisungen, Pflichten zur Berichterstattung, Kontrollen, Strafen und weitere.50 Kürzere Arbeitszeiten, mehr Verantwortung und der Wunsch nach Autonomie existierten im Zusammenhang mit der Theorie X nicht und galten als undenkbar im Vergleich zur heutigen Organisationsgestaltung.
Konträr zur Theorie X wurde die Theorie Y aufgestellt, welche sich mit einem Bildnis des Menschen beschäftigt, dass gänzlich andere Charakterzüge aufweist und zuordnet. Theorie Y beschreibt den Menschen grundsätzlich als arbeitsbereit und von Natur aus motiviert und leistungsbereit. Arbeit wird hier auch als Basis für die Zufriedenheit des Menschen gesehen und beeinflusst somit vor allem auch die Effektivität und Motivation eines Menschen direkt. Sie rechnet dem Menschen von Natur aus Strebsamkeit, Motivation und Ehrgeiz zu. Es wird davon ausgegangen, dass der Mensch Verantwortung übernehmen und sich mit Kreativität aktiv einbringen möchte. Hinzukommend, wird ein hoher Grad an Urteilsvermögen, Vorstellungskraft und Selbstständigkeit zugeordnet, welcher zusammengefasst in der Selbstverwirklichung einer jeden Persönlichkeit mündet51.
Im Kontext zur Arbeit und dem Umgang im Arbeitsumfeld ist hier eine deutliche Differenz zur Theorie X erkennbar. Da in diesem Zusammenhang davon ausgegangen wird, dass Menschen intrinsisch motiviert werden müssen, ist es notwendig, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu tragen z.B. flexiblere Strukturen, mehr Raum für Kreativität sowie Gruppen- und Projektarbeiten bei. Basierend auf dem hier beschriebenen Menschenbild werden den Personen Eigenschaften zugewiesen, welche im Unternehmen von großer Notwendigkeit sind. Dazu zählen die Motivation, der Fleiß, die Kreativität, die Produktivität und Autonomie. Für diese Einstufung und Typo- logisierung existiert im Gegensatz zum Teufelskreis ein Engelskreis, welche beide im Folgenden noch einmal genauer beschrieben werden sollen52. Eine gute Erklärung zu beiden Theorien und deren Auswirkung auf das Arbeitsverhalten der Menschen beschreiben der Teufels- und Engelskreis (siehe Abb.3). Hierbei kommt auch der Punkt der selbsterfüllenden Prophezeiung (self-fulfilling prophecy) zum Tragen. Das innerbetriebliche Schema aller Interaktionen mit der betroffenen Person führt schlussendlich dazu, dass sich die Person im Teufelskreis befindet, durch die Bestätigung der Einstellung der Führungskraft53. Ist also eine Führungskraft davon überzeugt, dass ihr unterstellte Mitarbeiterinnen nicht effektiv arbeiten, übt diese mehr Kontrolle aus, was die Personen im Umfeld stärker in ihrer Autonomie einschränkt. Dadurch wiederum steigt das Desinteresse und die Motivation sinkt, was sich schlussendlich auf die Arbeitsleistung auswirkt. Aus dieser Situation entsteht folglich die Bestätigung für die Führungskraft, wodurch diese wiederum dazu neigt, mehr Kontrolle auszuüben, was schlussendlich zu dieser nicht endenden Negativspirale führt. McGregor konnte diesen Teufelskreis damals ebenfalls erkennen, wodurch er für die Verwerfung der Theorie X plädierte, da dieses Menschenbild eine dysfunktionale Wirkung mit sich brachte54 55.
Im Gegensatz dazu bot es sich an, die Theorie Y verstärkt zu betrachten und anhand dieser einen Engelskreis zu erzeugen, welcher für mehr Zufriedenheit und Effizienz sorgen soll. Unter dieser Bedingung konnte durch mehr Autonomie der einzelnen Person, mit mehr Handlungsspielraum und Selbstkontrolle, ein stärkeres Engagement erzeugt werden. Das wiederum wirkte sich positiv auf das Verhalten und die Herangehensweise der Mitarbeiterinnen aus, wodurch bei der Führungskraft ein positiveres Bild bezüglich Eigeninitiative und Verantwortungsbereitschaft entstand. Durch diese Anpassung des Führungsverhaltens entsteht somit eine „Positivspirale“, welche wie Eingangs beschrieben zu mehr Effizienz und Zufriedenheit führt56.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Teufelskreis- und Engelskreis in Anlehnung an die Theorie-X-Y nach McGregor
(Quelle: Teufelskreise in Organisationen - N. Tabbara - 2005 - S. 2)
Abschließend sollten beide Theorien mit Vorsicht betrachtet werden. Ausgehend davon, dass diese in den 50er Jahren aufgestellt wurden, ist damit zu rechnen, dass die hier beschriebenen Menschenbilder nicht mehr mit der heutigen Zeit und der derzeitigen Typologisierung von Menschen vereinbar sind. Während die Theorie X als gänzlich überholt betrachtet werden kann und nicht mehr mit dem heutigen Verständnis vereinbar ist, nähert sich Theorie Y dem aktuellen Bild eines Menschen an. Das hat damals auch schon McGregor erkannt. Er unterstützte noch kurz vor seinem Tod die Untersuchung weiterer Menschenbildtypologien, unter welche auch die Theorie Z (1981) fällt. Diese wurde wiederum von dem amerikanischen Professor William Ouchi näher untersucht und erläutert57.
Theorie Z schließt an die Theorie X-Y an und sagt aus, dass eine aktive Einbindung der Mitarbeiterinnen in die Management- und Geschäftsprozesse zu gesteigerter Zufriedenheit und einer besseren Effektivität und Effizienz führt. Somit findet keine Einstufung des Menschen zur jeweiligen Kategorie statt. Hierfür sollten die Mitarbeiterinnen gesicherte Arbeitsplätze, bessere Karriereperspektiven als auch mehr Anerkennung für ihre Leistungen erhalten58. Die Theorie Z wird unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass sie Gemeinsamkeiten mit der japanischen Unternehmensgestaltung aufweist. Sie orientiert sich in erster Linie an innovativen Unternehmen, wodurch diese Theorie als zukunftssicher beschrieben wurde. Ouchi zeigt in erster Linie hierbei auch die Differenz zwischen amerikanischen und japanischen Unternehmen auf59.
Amerikanische Unternehmen sind nach ihrem kulturellen Umfeld seiner Ansicht nach eher vielfältig, mobil und individualistisch ausgerichtet. Dahingegen sind die japanische Gesellschaft und die Unternehmen dieser eher als homogen und kollektivistisch zu betrachten. Demzufolge ist eine Zusammenführung dieser organisatorischen Eigenschaften von Vorteil, um so die Effizienz und Effektivität zu gewährleisten, die beide Modelle mit sich bringen. Des Weiteren wird noch ein Typ J beschrieben, auf welchen jedoch in diesem Zusammenhang nicht genauer eingegangen werden soll60. Abschließend kann festgehalten werden, dass schon früher erkannt wurde, dass Druck und Bestrafung zu passivem und Belohnung und Förderung zu aktivem Verhalten der Mitarbeiterinnen führen und daher letztere Form der innerbetrieblichen Organisationsgestaltung zu bevorzugen ist6162.
2.3.3 Menschentypologien nach Schein
Neben der Kategorisierung verschiedener Menschentypen durch McGregor und Ouchi, hat sich auch Edgar Schein damit befasst, die Eigenschaften und Verhaltensweisen von Menschen zu typologisieren. Dieser unterschied nicht in zwei Typen von Menschen, sondern teilte diese in vier Gruppen, welchen jeweils ein spezielles Menschenbild zugeordnet ist. Seiner Auffassung und seinen Untersuchungen zufolge unterteilten sich diese in rational-ökonomische, soziale, sich selbst verwirklichende, oder komplexe Menschen61 62 63. Vorteil ist, dass sich anhand dieser Einordung auch das Führungsverhalten feststellen lässt64. Da im Kapitel 2.3 auch auf das Führungsverhalten eingegangen wird, werden im Folgenden diese vier Menschentypologien genauer ausgeführt.
Der rational-ökonomische Mensch (auch Homo Oeconomicus) wird als eher passiv gesehen und ist durch extrinsische Reize und Motivationsfaktoren leicht beeinflussbar. Das Handeln eines Menschen, ausgehend von dieser Typologie, ist aus externer Betrachtungsweise vernünftig, wird aber in einer tieferen Ebene als kalkulierend, kühl und egoistisch eingestuft. In erster Linie wird einem Menschen dieser Einschätzung zufolge nachgesagt, dass dieser den Wünschen und Bedürfnissen seiner Mitmenschen eher gleichgültig gegenübersteht und lediglich den eigenen Vorteil sucht65 66. Ausgehend von dieser Tatsache kann dieses Menschenbild gewissermaßen als Schaubild bzw. Anti-Modell im Vergleich zu den heutigen Voraussetzungen und Anforderungen an eine Fach- oder Führungskraft gesehen werden67. Diese Eigenschaften lassen schlussendlich auch einen Ausblick auf das Führungsverhalten einer solchen Person zu. Demnach handeln rational-ökonomische Führungskräfte eher nach den klassischen Management-Methoden, wobei stark die Effizienz der Organisation im Mittelpunkt steht. Ein solches Verhalten führt dazu, dass irrationales Verhalten langfristig kontrolliert und anschließend neutralisiert werden soll68. Anhand dessen lässt sich die Aussage treffen, dass eine solche Führungskraft nicht mitarbeiter*innenorientiert handeln kann und wird. Auf Grund der Tatsache, dass dieses Menschenbild jeglicher Fakten und Grundlagen entbehrt, gehen Suchanek und Kerscher in ihrer Arbeit über den Homo oeconomicus genauer auf diese Thematik ein. Von einer weiteren Betrachtung in dieser Arbeit wird daher abgesehen69.
Der soziale Mensch ist in seiner Darstellungsform humanistischer abgebildet und beschreibt den Menschen als sozial bedürftig. Dies wiederum hat zur Folge, dass Arbeit bei näherer Betrachtung als sinnfrei eingestuft wird und dadurch eine „Ersatzbefriedigung“ in Form sozialer Kontakte notwendig ist. Die Anreize in diesem Umfeld sind am stärksten im Bereich der sozialen Bindungen ausgeprägt, wodurch Menschen, die in diese Kategorie eingestuft werden, als unlenkbar gelten und nicht durch extrinsische Motivationsfaktoren beeinflusst werden können. Eine Führungskraft, welche nach dieser Typologisierung eingestuft wird, handelt also in den meisten Fällen mit dem Ziel, soziale Bindungen zu stärken, soziale Anerkennung zu erlangen sowie ein Gefühl der Zugehörigkeit zu erreichen. Durch dieses Führungsverhalten kann es passieren, dass die Belange der Organisation in den Hintergrund rücken und Gruppenanreizsysteme den separaten Anreizsystemen vorgezogen werden70 71.
Der sich selbst verwirklichende Mensch orientiert sich an modernen und humanistischen Eigenschaften, welche erst seit ein paar Jahrzehnten bekannt sind und umgesetzt werden. Hierbei spielt das menschliche Streben nach Autonomie eine führende Rolle. Der Mensch bevorzugt es, ausgehend von dieser Typologie, sich selbst zu motivieren und zu kontrollieren. Dadurch ist es dem Menschen möglich, sich selbst zu verwirklichen, was laut Schein der organisatorischen Zielerreichung nicht im Weg stehen sollte72 73. Zu dieser Typologie des Menschen existiert auch ein Werk von Jürgen Straub (2012), welches sich näher mit der Thematik des selbst verwirklichenden Menschen auseinandersetzt und sowohl den Humanismus als auch die humanistische Psychologie aufgreift.74
Führungskräfte dieser Typologisierung sind unterstützend tätig und fördern die Menschen in ihrem Umfeld. Hier werden Entscheidungen nicht zwingend selbst getroffen, sondern delegiert oder im Zuge eines gemeinsamen Austauschs getroffen. Des Weiteren werden Motivationsmethoden angewandt, welche die Betroffenen intrinsisch ansprechen, da extrinsische Motivationsmethoden als weniger effektiv gelten75. Zusammengefasst wird das Umfeld innerhalb der Organisation oder Abteilung so gestaltet, dass es durch die Mitbestimmung innerhalb des Unternehmens auch zur Selbstverwirklichung der Mitarbeiterinnen beiträgt.
Der komplexe Mensch (complex man) wird als anpassungsfähig und wandelbar betrachtet. Schein geht in seinen Ausführungen davon aus, dass Bedürfnisse variieren und dadurch als inter- und intraindividuell zu betrachten sind. Diese sind nicht nur von der Situation, sondern auch vom Entwicklungsstand abhängig und unterliegen individuellen Wertigkeiten, welche sich stetig anpassen76. Durch die Fähigkeit des Menschen, zu lernen, passen sich nicht nur die Bedürfnisse, sondern auch die Motive an, welche wiederum ausschlaggebend für die Handlungen sind. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass sich Motive in Abhängigkeit von verschiedenen Kulturen und System entwickeln und anpassen. Motive sind somit als abhängig voneinander zu betrachten, da diese aufeinander wirken und komplex miteinander verbunden sind. Eine Führungskraft in Form eines komplexen Menschen muss Unterschiede erkennen und sich in verschiedene Situationen anpassen können. Diese muss sich also durch ihre individuelle Variation von den anderen abgrenzen können. Eine weitere Annahme ist, dass Führungskräfte, orientiert an dieser Typologie, als Diagnostiker eingestuft werden, da sie sich, wie bereits beschrieben, an jede Situationen anpassen können77 78.
2.3.4 Clusterbezogene Einordnung nach Weinert & Langer
Um ein allgemeines Verständnis für die Empirie in diesem Themengebiet zu erzeugen und um einen Vergleich zu den bereits vorgestellten theoretischen Modellen von McGregor, Ouchi und Schein zu erhalten, wird in diesem Unterkapitel genauer auf die clusterbezogene Einordnung von Führungskräften eingegangen. An dieser Stelle sollte hervorgehoben werden, dass es sich bei den bisher behandelten Menschenbil- dem und -typologien eher um Annahmen und Theorien handelt, welchen jeglicher empirischer Rahmen fehlt. Bei den clusterbezogenen Einordnungen von Menschen in Form von neun beschriebenen Menschenbildern, welche sich jeweils nochmal in fünf Hauptgruppen einordnen lassen, handelt es sich um eine wissenschaftlich gestützte Untersuchung, welche 1995 durchgeführt wurde79. Es handelt sich bei der Arbeit von Weinert und Langer um die erste empirische Untersuchung, welche sich mit der Typo- logisierung von Menschen innerhalb eines Unternehmens auseinandersetzt. Diese orientiert sich nicht an den klassischen Arbeits-, sondern an den Führungskräften und bindet somit sowohl die mittlere als auch hohe Führungsetage ein. In dieser Studie ging es in erster Linie darum, den konservativen Klassifikationsversuchen, welche sich an dem historischen und demografischen Wandel orientierten, zu entsagen und eine wissenschaftliche Studie durchzuführen, welche am Ende zu einer einheitlichen Taxonomie führen sollte. Jenes Vorgehen gelang Weinert & Langer insofern, als dass diese nach ihrer Untersuchung die Führungskräfte des Unternehmens anhand ihrer Grundeinstellung in insgesamt neun Cluster aufteilen konnten80. Hierfür gingen sie zunächst auf die organisatorischen Konsequenzen ein, welche sich durch differenzierende Menschenbilder ergeben. Dabei unterschieden sie zwischen den traditionell strukturalistischen, den modern strukturalistischen, den personalistischen, sowie auch den integrativen Ansätzen. Durch eine Kombination dieser Ansätze sowie klassischer Menschenbilder, ergänzt durch Eigenschaften und Motivationsfragen konnte eine Basis geschaffen werden für die Konstruktion eines komplexen Fragebogens, welcher 179 Items umfasste81. Die durch Weinert und Langer (1995 S.78-83) für die Untersuchung erstellte Skala umfasste hierbei die folgenden Kategorien:
1. Passivität/Unselbstständigkeit
2. Aktivität/Eigenverantwortung
3. Komplexität/Individuelle Unterschiede
4. Soziale Motive
5. Anerkennung
6. Materielle Ziele/Status
7. Limitierte Rationalität/Entscheiden
8. Unbewusste Motive
Es handelt sich hier in erster Linie um Faktoren mit biographischem Kontext, welche bezugnehmend zur Variabilität eine große Rolle spielen. Um den Einfluss dieser Größen abzuwägen, wurde im Vorfeld eine Diskriminanzanalyse erstellt, auf welche jedoch nicht tiefer eingegangen werden soll. Eine Untersuchung in dieser Form bietet sich jedenfalls an, wenn Verständnis darüber erlangt werden soll, welchen Einfluss die Organisation auf den Menschen nimmt. Außerdem kann hierdurch ermittelt werden, welche Menschenbilder und somit Charaktereigenschaften im Unternehmen vorherrschend sind und wie diese das Führungsverhalten aktiv beeinflussen82.
Noch einmal hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass die aufgeführten Variablen eine nicht zu vernachlässigende Rolle bei der Einstufung und Charakterisierung von Menschen spielen. Darauf weisen Weinert und Langer auch im Abschluss ihrer Untersuchung erneut hin. Die beiden Wissenschaftler kamen damals ebenfalls zu dem Schluss, dass Menschenbilder keineswegs starre Strukturen oder feste Gedankengebäude sind, sondern sich in Abhängigkeit des Unternehmens und des damit entstehenden Arbeitsalltags empirisch nachweisen und aufzeigen lassen83. Bei der Untersuchung entstanden die in Abbildung 4 aufgeführten Menschenbilder.
Abbildung 4: Die neun Menschenbilder nach Weinert und Langer (Eigene Darstellung)
(Quelle: Die Unternehmung - Weinert & Langer- 1995 - S.80-82)
Die hier aufgeführten Typologisierungen sollen lediglich als Schaubild für die Möglichkeiten zur Beschreibung menschlicher Eigenschaften und Charakterzüge dienen, im Folgenden jedoch nicht vertieft werden, da wie Eingangs bereits erwähnt, diese von den Faktoren des Arbeitsumfelds und des Unternehmens stark abhängig sind. Es wird dadurch erkennbar, dass die vorhandene Diversität zwischen Menschen eine allgemeine und standardisierte Typologisierung nicht zulässt, wodurch auch eine tiefergehende Beschreibung der einzelnen Cluster keinen erheblichen Mehrwert für die Durchführung der noch folgenden Studie bietet. Im nachfolgenden Verlauf soll nun in Anlehnung an die beschriebenen Menschenbilder aufgezeigt werden, welche Führungsstile sich im Laufe der Zeit entwickelt haben und wie sich das Führungsverhalten dementsprechend angepasst hat.
[...]
1 Vgl. diepsyche.de (2022), o.S.
2 Vgl. Dietrich Busse (1994), o.S.
3 Vgl. Frey et al. (2016), o.S.
4 Vgl. Suhr (18.05.2017), o.S.
5 Vgl. Krieger (24.09.2021), o.S.
6 Vgl. Statists (15.04.2022), o.S.
7 Vgl. Walter Edelmann (o.D.), o.S.
8 Vgl. neverestat (2021), o.S.
9 Vgl. Wirtschaftslexikon (2015), o.S.
10 Vgl. May (2002), S.1-15.
11 Vgl. studyflix.de (25.03.2022), o.S.
12 Vgl. Juhre und Bender (2016) S.8-38.
13 Vgl. J. Bolton (2010), S.12-16.
14 Vgl. J. Bolton (2010). S.12-16.
15 Vgl. Polzin und Weigl (2009), S.65.
16 Vgl. Nicolin (08.04.2021), o.S.
17 Vgl. S.v.T.-lnstitut (26.02.2022), o.S.
18 Vgl. Ekert und Ekert (2005), S.205.
19 Vgl. S.v.T.-lnstitut (26.02.2022), o.S.
20 Vgl. Erdmann (01.02.2019), o.S.
21 Vgl. Ekert und Ekert (2005), S.205.
22 Vgl. Bender (31.07.2018a), o.S.
23 Vgl. Watzlawick und Jackson (1970), o.S.
24 Vgl. Bender (31.07.2018b), o.S.
25 Vgl. Bender (31.07.2018a), o.S.
26 Vgl. Poqué und Albrecht (26.02.2022), o.S.
27 Vgl. Bender (31.07.2018a), o.S.
28 Vgl. Bender (31.07.2018a), o.S.
29 Vgl. Poqué und Albrecht (26.02.2022), o.S.
30 Vgl. Plasse (22.07.2014), o.S.
31 Vgl. Arnd Joachim Garth (2008), S.123-135.
32 Vgl. Nicolin (08.04.2021), o.S.
33 Vgl. Arnd Joachim Garth (2008), S.123-135.
34 Vgl. Polzin und Weigl (2009), S.65-66.
35 Vgl. Nicolin (08.04.2021), o.S.
36 Vgl. Falko E P Wilms (2000), S.1-16.
37 Vgl. Händel (2015), S.68-69.
38 Vgl. studyflix.de (2021), o.S.
39 Vgl. M. Dräger (2017), S.7.
40 Vgl. studyflix.de (2021), o.S.
41 Vgl. M. Dräger (2017), S.1-11.
42 Vgl. M. Dräger (2017), S.11.
43 Vgl. Hug (2013), S.4.
44 Vgl. Hug (2013), S.4.
45 Vgl. UpdateNet (2018), o.S.
46 Vgl. UpdateNet (2018), o.S.
47 Vgl. Grimm und Capurro (2009), o.S.
48 Vgl. N. Tabbara (2005), S.1.
49 Vgl. G. W. Maier (14.02.2018), o.S.
50 Vgl. N. Tabbara (2005), S.1-2.
51 Vgl. Wirtschaftslexikon (2015), o.S.
52 Vgl. Wirtschaftslexikon (2015), o.S.
53 Vgl. N. Tabbara (2005), S.2.
54 Vgl. N. Tabbara (2005), S.2.
55 Vgl. D. McGregor (1960), o.S.
56 Vgl N. Tabbara (2005), S.1-2.
57 Vgl. Wirtschaftslexikon (2015), o.S.
58 Vgl. Wirtschaftslexikon (2020), o.S.
59 Vgl. S. Brown (o.D.), S.3.
60 Vgl. Wirtschaftslexikon (2020), o.S.
61 S. Brown (o.D.), S.3.
62 Vgl. Wirtschaftslexikon (2020), o.S.
63 Vgl. E. Schein (1980), o.S.
64 Vgl. P. Berger (2016), o.S.
65 Vgl. Suchanek und Kerscher (2007), S.2.
66 Vgl. Lang und Schmidt (2007), S.252.
67 Vgl. Suchanek und Kerscher (2007), S.2-22.
68 Vgl. Lang und Schmidt (2007), S.242.
69 Vgl. Suchanek und Kerscher (2007), S.2-22.
70 Vgl. P. Berger (2016), o.S.
71 Vgl. E. Schein (1980), o.S.
72 Vgl. E. Schein (1980), o.S.
73 Vgl. P. Berger (2016), o.S.
74 Vgl. E. Schein (1980), o.S.
75 Vgl. Deci und Ryan (1993), S.224-232.
76 Vgl. E. Schein (1980), o.S.
77 Vgl. P. Berger (2016), o.S.
78 Vgl. repetico.de (12.03.2022), S.1-5.
79 Vgl. Weinert und Langer (1995), S.1-2.
80 Vgl. Weinert und Langer (1995), S.57-76.
81 Vgl. Weinert und Langer (1995), S.77-78.
82 Vgl. Weinert und Langer (1995), S.78-85.
83 Vgl. Weinert und Langer (1995), S.85-89.
- Citation du texte
- Anonyme,, 2022, Kommunikationsverhalten in deutschen Unternehmen des Anlagen- und Maschinenbaus. Erhebung zum innerbetrieblichen, interpersonellen Kommunikationsverhalten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1244354
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