Es gibt ein Thema, das in verschiedenen Variationen die Menschheit, quasi seitdem sie ihre Gedanken äußern kann, beschäftigt: Wie kommt das Leid in die Welt? Warum gibt es Kriege, Mord und Verbrechen? Kurz: woher kommt das Böse?
Für einen Christen werden diese Fragen dann noch existentieller: Wie kann Gott das Böse zulassen? Ist Gott sogar der Urheber des Bösen? Gibt es einen gleichrangigen Gegenspieler Gottes?
Diese Fragen scheinen auch in der heutigen Zeit nach wie vor ihre Relevanz zu haben. Viele Menschen, ob nun Christen oder nicht, merken, dass in unserer Welt etwas nicht so ist, wie es sein könnte oder sollte. Die vielen Versuche das Böse, das sich in unserer Welt zeigt, zu unterbinden, haben nur bescheidenen Erfolg gezeigt. Im Gegenteil! Jede zunächst gute Erfindung oder Entdeckung der Menschen scheint gleichermaßen positive wie negative Auswirkungen zu haben. Ob wir die Erfindung des Dynamits oder die Entdeckung der Kernspaltung nehmen, wir scheinen nicht umhin zu kommen, eine durchgehende Ambivalenz der Dinge festzustellen, die wir Menschen hervorbringen. Aber es schlagen nicht nur die Versuche, positiv auf unsere Welt einzuwirken oftmals fehl, es gibt sogar vermehrt Menschen, die sich bewusst dem Bösen zuwenden. Bei der Sinnsuche vor allem junger Menschen taucht das Phänomen auf, dass sich Gruppen bilden, die sich bewusst auf okkulte und satanische Praktiken einlassen. Wir hören Meldungen von Friedhofs- und Kirchenschändungen bis hin zu Ritualmorden. Es scheint sich bei dem Phänomen des „Bösen” scheinbar nicht nur um das logische „Gegenteil vom Guten” als Kategorie zu handeln. Auf viele übt es als Macht eine gewisse Anziehung aus, die verhängnisvolle Folgen haben kann. Auch eine rein psychologische Erklärung der Phänomene kann ihren tatsächlichen Auswirkungen nicht gerecht werden. Es muss mit einer unerklärlichen Macht gerechnet werden, die sich in uns und der Welt zeigt, und die versucht, den Platz einzunehmen, der eigentlich Gott gehört. In dieser Arbeit soll der Versuch unternommen werden, das Wesen und die Wirklichkeit des Satans in der Theologie Karl Heims darzustellen, die dieser Frage einen relativ großen Platz einräumt.
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort
2 Einleitung
3 Der biblisch - exegetische Befund
3.1 Der Satan im AT
3.2 Der Satan im NT
4 Die Wirklichkeit der Sünde bei Karl Heim
4.1 Exkurs zur Begrifflichkeit “polar - überpolar” bei Heim
4.2 Verschiedene Erklärungsversuche
4.3 Der ”Urfall” und die “Erbsünde” bei Karl Heim
4.3.1 Die Möglichkeit, den ”Urfall” überhaupt zu denken
4.3.2 Schwierigkeiten, die das Denken eines ”Urfalls” mit sich bringt und das Problem der Erbsünde
4.3.3 Individueller und überindividueller Charakter der Sünde
4.3.4 Der ”Urfall” als unerklärliche Urtat
5 Die Wirklichkeit des Satans bei Karl Heim
5.1 Das Eigenverständnis Jesu im Kampf gegen die widergöttliche Macht
5.2 Monotheismus oder Dualismus
5.3 Die Wirklichkeit des Satans als feindlicher Gegenwille
5.4 Die Wirklichkeit des Satans als eigenster Wille
6 Der Unvereinbare Widerspruch (Allwirksamkeit und Kampf)
6.1 Konsequenzen beim Versuch einer Auflösung des unvereinbaren Widerspruchs
6.2 “Aufhebung” der beiden Gesamtbilder bei Gott
7 Zusammenfassung
8 Persönliche Stellungnahme und kritische Würdigung
9 Literaturverzeichnis
1 Vorwort
Es gibt ein Thema, das in verschiedenen Variationen die Menschheit, quasi seitdem sie ihre Gedanken äußern kann, beschäftigt: Wie kommt das Leid in die Welt? Warum gibt es Kriege, Mord und Verbrechen? Kurz: woher kommt das Böse?
Für einen Christen werden diese Fragen dann noch existentieller: Wie kann Gott das Böse zulassen? Ist Gott sogar der Urheber des Bösen? Gibt es einen gleichrangigen Gegenspieler Gottes?
Diese Fragen scheinen auch in der heutigen Zeit nach wie vor ihre Relevanz zu haben. Viele Menschen, ob nun Christen oder nicht, merken, dass in unserer Welt etwas nicht so ist, wie es sein könnte oder sollte. Die vielen Versuche das Böse, das sich in unserer Welt zeigt, zu unterbinden, haben nur bescheidenen Erfolg gezeigt. Im Gegenteil! Jede zunächst gute Erfindung oder Entdeckung der Menschen scheint gleichermaßen positive wie negative Auswirkungen zu haben. Ob wir die Erfindung des Dynamits oder die Entdeckung der Kernspaltung nehmen, wir scheinen nicht umhin zu kommen, eine durchgehende Ambivalenz der Dinge festzustellen, die wir Menschen hervorbringen. Aber es schlagen nicht nur die Versuche, positiv auf unsere Welt einzuwirken oftmals fehl, es gibt sogar vermehrt Menschen, die sich bewusst dem Bösen zuwenden. Bei der Sinnsuche vor allem junger Menschen taucht das Phänomen auf, dass sich Gruppen bilden, die sich bewusst auf okkulte und satanische Praktiken einlassen. Wir hören Meldungen von Friedhofs- und Kirchenschändungen bis hin zu Ritualmorden. Es scheint sich bei dem Phänomen des „Bösen” scheinbar nicht nur um das logische „Gegenteil vom Guten” als Kategorie zu handeln. Auf viele übt es als Macht eine gewisse Anziehung aus, die verhängnisvolle Folgen haben kann. Auch eine rein psychologische Erklärung der Phänomene kann ihren tatsächlichen Auswirkungen nicht gerecht werden. Es muss mit einer unerklärlichen Macht gerechnet werden, die sich in uns und der Welt zeigt, und die versucht, den Platz einzunehmen, der eigentlich Gott gehört. In dieser Arbeit soll der Versuch unternommen werden, das Wesen und die Wirklichkeit des Satans in der Theologie Karl Heims darzustellen, die dieser Frage einen relativ großen Platz einräumt. Wahrscheinlich werden wir bei unserer Betrachtung an die eine oder andere Grenze stoßen, deshalb soll uns ein Vers aus dem ersten Korintherbrief ein letzter Maßstab werden:
„Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.” (1. Kor 13, 12)
2 Einleitung
Kaum ein anderer Theologe ist dem Problem des Satans und des Bösen in der Bibel in der Schärfe nachgegangen wie Karl Heim. Das Heims Lebensarbeit und Theologie zusammenfassende Gesamtwerk „Der evangelische Glaube und das Denken der Gegenwart” mit seinen sechs Bänden wurde mit Recht als eine „Diakonie am Denken” oder „Mission am Intellektuellen” gesehen. Die verschiedensten Fragen zu einer christlichen Lebensanschauung sind dort von Heim in theologischer aber auch philosophisch anspruchsvoller Weise bearbeitet worden. Gerade dieses Gesamtwerk und sein „Leitfaden der Dogmatik” soll hier als Grundlage dienen.
In dieser Arbeit soll in erster Linie dem Verständnis des „Satans” bei Karl Heim nachgegangen werden. Unumgänglich wird dabei sicher mancher Seitenblick auf andere Systeme verschiedener Denker in Theologie- und Philosophiegeschichte, die dann jedoch nur kurz, teilweise in Fußnoten, angerissen werden können.
Ganz im Sinne Karl Heims lassen wir uns das Thema vom biblischen Zeugnis und von der Lebensbestimmung Jesu her vorgeben, deshalb soll zunächst ein kurzer Überblick über das alt- und neutestamentliche Zeugnis unserem Thema das Gewicht zukommen lassen, das ihm gebührt. Der Weg, Karl Heims Verständnis vom Satan darzustellen, soll zunächst über die Begriffe “Sünde” und “Urfall” führen, die in ihren jeweiligen Abgrenzungen dargestellt werden, um eine klare Definition im Sinne Heims zu bekommen. Die Wirklichkeit des Satans wird dann aus dem Eigenverständnis Jesu heraus entwickelt und zur Darstellung gebracht. Der letzte Widerspruch, der bei unserem Thema notwendigerweise entsteht, und als unauflösliches Nebeneinander stehen bleiben muss, soll diese Arbeit abschließen, jedoch mit einem Ausblick auf den Zeitpunkt, wo es keine Fragen und Widersprüche mehr für uns geben wird. Die letzten theologischen Fragen, die für uns nur als Widersprüche im Glauben denkbar werden, sollten dann im „Schauen” beantwortet sein.
3 Der biblisch - exegetische Befund
Will man einmal von der Bibel her, die ja für uns bei diesem Thema verbindlich und maßgebend ist, hinter das Geheimnis des Bösen (oder des Satans) kommen, so fällt auf, dass hier die unterschiedlichsten Begriffe gebraucht werden. Allein in der Versuchungsgeschichte Jesu, wenn man sie von Markus her mit den übrigen Synoptikern vergleicht, zeigt sich, dass bei jedem Evangelisten ein anderer Name gebraucht wird: in Mk 4,15: o satanoV, in Mat 13,19: o poneroV und in Lk 8,12: o diaboloV.
Neben Eigennamen, wie „Satan”, „Beelzebul” oder „Beliar”, treten unter anderem auch Namen auf, die seine Eigenschaft bezeichnen, wie z.B. der „Böse”, der „Feind”, der „Ankläger”, oder der „Versucher”. Aber es zeigen sich auch Namen, die seinen Herrschaftsbereich kennzeichnen, wie z.B. „Gott dieses Äons” oder „Herrscher dieser Welt”. Letztendlich werden aber auch Metaphern gebraucht, wie „Drache” oder „Schlange”. Eine kurze Darstellung des bibl. Befundes soll zeigen, wie breit die Begriffe verwendet werden, wie reichhaltig das bibl. Zeugnis zu unserem Thema ist und damit auch, wie ernst es die Bibel mit dieser unerklärlichen Macht nimmt:
3.1 Der Satan im AT
Die LXX weist 21mal das Wort diaboloV[1] auf, davon 13mal in Hiob 1 und 2. Außer in Esther 7,4 und 8,1 ist es immer als Übersetzung des hebr. „Satan” zu sehen. 3mal wurde das diaboloV sogar in satanoV transkribiert (1.Kön 11, 14; 11, 23; 11,25).
Satan meint im AT zunächst allgemein jede Art von Widersacher oder Versucher, der gerade auch in den eigenen Reihen auftreten kann (1.Sam 29,4; 2. Sam 19, 23). Dann bezeichnet es aber auch z.B. den Engel, der Bileam in den Weg tritt (Num 22, 22. 32), welchen Luther mit „Engel des Herrn” übersetzt.
In der israelitischen Rechtspraxis erhält das Wort die Bedeutung des „Anklägers” (Staatsanwalt), der die Vergehen des Beschuldigten aufzählt. In dieser Weise tritt der Satan dann als himmlisches Wesen im Hiobprolog auf (auch in Sach 3,1), hier ist er erstmals der, der die Frommen vor Gott anklagt. Er gehört zu den „Gottessöhnen”, wird also zum himmlischen Hofstaat gezählt. Als Eigenname taucht er auch in 1. Chr. 21,1 auf, wo der Satan sich gegen Israel stellt.
Oft wird auch die Herkunft des Bösen mit dem gefallenen „glänzenden Sohn der Morgenröte” (wrtl. Übersetzung[2]) aus Jes 14, 12 - 15 in Verbindung gebracht, auch in Hes 28 könnte man meinen, die Sprache des Schreibers geht über die Geschichte vom König zu Tyrus hinaus, zu Satan, der sich im König anmaßt, Gott zu sein. Diese Verbindung wird im AT jedoch nicht explizit hergestellt. Jesus bezieht sich in Lk 10, 18 auf einen Fall Satans, indem er von sich behauptet, er habe den Sturz Satans geschaut, und in Apk 12 wird der Fall Satans mit dem Auftreten Jesu in Beziehung gesetzt. Die Anmaßung, sein zu wollen, wie Gott, wird von Gott her nicht geduldet.
Schon im AT zeichnet sich ab, dass der Satan die Welt und die Menschen in Rebellion gegen Gott zu bringen sucht. Er tritt als der Ankläger auf und führt die Menschen (im Hiobprolog mit der Einwilligung Gottes!) in Versuchung. Im NT wird der Satan schließlich zum Gegenspieler Gottes und gilt als „Herr der Welt”. Schließlich wird er aber von Gott überwunden und vernichtet.
3.2 Der Satan im NT
Im Neuen Testament taucht plötzlich die große Palette der Begrifflichkeiten für den Satan auf, die hier wenigstens angedeutet werden soll[3]:
Zu den Eigennamen, die im NT vorkommen, zählen: SatanaV (36mal im NT, z.B. Mk 4,15), Beelzeboul (7mal im NT, z.B. Mk 3,22; Mat 12, 24) und Beliar (hebr. Belial, wohl ein anderer Name für den Satan, gelegentlich auch für den „Antichristen”[4], z.B. 2. Kor 6, 15).
Der häufigste Begriff im NT ist diaboloV (37mal, z.B. Lk 8, 12). Daneben tauchen eine Reihe anderer Begriffe auf, wie o kathgwr (Apk 12,10), o ponhroV (Mat 13, 19, häufig im 1. Joh), o ecqroV (Mat 13, 24ff, Lk 10,19), o peirazwn (Mat 4, 3).
Der Herrschaftsbereich des Satans wird vor allem in seinen „Hoheitstiteln” herauskristallisiert:
o arcwn tou kosmou toutou (Joh 12, 31; 14, 30; 16, 11), o qeoV tou aiwnoV toutou (2. Kor 4, 4) und o arcwn thV exousiaV tou aeroV (Eph 2, 2). Eine andere Bezeichnung, die häufig vorkommt ist auch pneuma akaqarton (11mal bei Mk, 2mal bei Mat, 5mal bei Lk, 27mal in Apg). drakwn und oyiV (beides Apk 12) sind die vorwiegend gebrauchten Metaphern für den Satan.
Paulus benutzt im Allgemeinen satanaV, mit zwei Ausnahmen in Eph und den Pastoralbriefen diaboloV. Bei Johannes finden wir vier Bezeichnungen für den Teufel: 1. diaboloV (7mal), 2. satanaV (nur 1mal in der Aussage über Judas Ischariot in Joh 13, 27), 3. o poneroV (1mal in Joh 17, 15; aber 6mal in 1. Joh), 4. o arcwn tou kosmou toutou (Joh 12, 31; 14, 30; 16, 11)[5].
Letzten Endes besteht beim Wechsel zwischen satanaV und diaboloV kein sachlicher Unterschied. Der Begriff satanaV zeigt höchstens eine größere Nähe zum palästinischen Sprachgebrauch (Syn und Apg).
Gravierende Unterschiede im Gebrauch dieser verschiedenen Wörter gibt es im Großen und Ganzen nicht. Es sind höchstens unterschiedliche Akzente und Nuancen ein und derselben Sache. Bekommt der Teufel einerseits Eigennamen, wird er andererseits mit Metaphern zu umschreiben gesucht, die z.T. an das Alte Testament anknüpfen (oyiV). Wird er einerseits mit menschlichen Zügen und Eigenschaften ausgestattet, bekommt er andererseits Zugang in die himmlische Welt Gottes und einen übermenschlichen Herrschaftsbereich zugedacht.
[...]
[1] vgl. hierzu Begriffslexikon, Band II, S. 1057ff
[2] die Lateinische Übersetzung gebraucht hier ”Luzifer” (von ”lux - ferre”, was Lichtträger bedeutet)
[3] siehe hierzu TWNT, Band II, S. 78: diaboloV, und Band 7, S.151: satanaV
[4] vgl. Stuttgarter Erklärungsbibel, Begriffserklärung: ”Satan”
[5] zu diesem Abschnitt vgl.: TWNT, ”diaboloV” und ”satanaV”
- Quote paper
- Marco Schlenker (Author), 1998, Der Satan oder das Böse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124397
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