Die Spielzeit der Münchner Kammerspiele 2007/08 stand unter dem Motto "Da kann ja jeder kommen". Thematisiert und herausgearbeitet wurde das Motiv der Migration. Die Auswahl der Stoffen erfolgte quer durch die Geschichte und Genres: von der Antike, über Shakespeare, bis hin zu Adaptionen neuerer Bücher und Filme, die diese Problematik bearbeiten. Unter der Intendanz von Frank Baumbauer griffen die Kammerspiele mit dieser Spielzeit ein Themenfeld auf, das längst das Alltagsbild vor allem der größeren Städte prägt, aber nicht bewusst oder nicht ausreichend von der Majoritätsbevölkerung als Realität wahrgenommen wird.
Die Kammerspiele nahmen sich damit einer derzeit häufig diskutierten Problematik an. Zudem kamen sie damit dem von Politik- und Kulturschaffenden geäußerten Wunsch nach, dass das Theater wieder vermehrt Bezug zu aktuellen Themen nehmen solle.
Ziel vorliegender Arbeit ist es, die unterschiedlichen Facetten dieses Themas, das normalerweise von anderen Wissenschaften behandelt wird, aus einer theaterwissenschaftlichen Perspektive zu betrachten. Es wird untersucht, inwieweit die Debatte Einzug in das kulturelle Leben der breiten deutschen Öffentlichkeit erhält. Die Münchner Kammerspiele sind als Indikator interessant, da die Zuschauer in ihrem Alltag wahrscheinlich nicht viel Kontakt zu Migranten haben und daher stark von stereotypen Bildern und Klischees geprägt sind. Das Publikum von Stadttheatern setzt sich überwiegend aus der oberen Mittelschicht zusammen: Akademiker, Beamte, Politiker, Ärzte, Journalisten. Diese obere Mittelschicht ist zu einem Großteil an der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens und an der Meinungsbildung der Majoritätsbevölkerung beteiligt. Es ist jedoch denkbar, dass die obere Mittelschicht in ihrem Alltag weniger mit Migranten in Berührung kommt, als ein Arbeiter aus der Unterschicht. Möglicherweise wohnt dieser mit Migranten in einem Viertel. An Stadttheatern lässt sich demnach ablesen, wie die jeweilige eigene Gesellschaft von der oberen Mittelschicht − die an der Meinungsbildung beteiligt ist − wahrgenommen wird.
Inhalt
1 Einleitung..1
2 Phänomen Migration..9
2.1 Migration als Prozess – Shmuel N. Eisenstadt..11
2.2 Ergänzung des Migrationskonzepts – Hartmut Esser..13
3 Migrationsentscheidung..17
3.1 Mamma Medea..17
3.1.1 Textwahl..18
3.1.2 Herkunftsland..19
3.1.3 Migrationsentschluss..23
3.2 Exkurs/Sonderposition Der Sturm..24
3.2.1 Kulturelle Figuration..25
3.2.1.1 Das Märchen von der Zivilisation..25
3.2.1.2 Der Zuschauer als Verbündeter.. 28
3.2.1.3 Entzauberung der Illusion.. 31
3.2.2 Figuration des Anderen.. 35
3.2.2.1 Caliban ..35
3.2.2.2 Ariel ..38
3.2.2.3 Auflösung des Selbst – Prospero ..39
3.2.3 Der Sturm – Ein Zwischenergebnis.. 40
4 Migration an sich .. 43
4.1 Mamma Medea..43
4.1.1 Die Wanderung – Eine Wandernde.. 43
4.1.2 Die Wanderung – Gruppenwanderung.. 45
4.2 Troilus und Cressida.. 46
4.2.1 Eine Persiflage auf den Bildungsanspruch ..47
4.2.2 Allein unter Vielen – Thersites.. 51
4.2.3 Troilus und Cressida – Ein Zwischenergebnis.. 55
5 Assimilation, Segregation, Separation .. 55
5.1 Mamma Medea.. 56
5.1.1 Ankunftsland..57
5.1.2 Mamma Medea – ein Zwischenergebnis.. 58
5.2 Hass.. 59
5.2.1 Kulturelle Figuration.. 60
5.2.1.1 Darstellung der Migranten-Figuren im Film.. 60
5.2.1.2 Darstellung der Migranten-Figuren auf dem Theater.. 62
5.2.2 Verschiebung der Themenschwerpunkte.. 66
5.2.2.1 Gewalt oder Langeweile.. 66
5.2.2.2 Opfer oder Täter.. 68
5.2.3 Hass – Ein Zwischenergebnis.. 70
5.3 Frauen als Politikum? .. 73
5.4 Ausgegrenzt.. 74
5.4.1 Der Migrant als Opfer.. 75
5.4.2 Verfremdungseffekte.. 77
5.4.3 Hass spricht.. 80
5.4.4 Visualisierung des Elends.. 83
5.4.5 Ausgegrenzt – Ein Zwischenergebnis.. 84
6 Fazit .. 87
7 Literatur ..90
1. Einleitung
Die Spielzeit der Münchner Kammerspiele 2007/08 steht unter dem Motto Da kann ja jeder kommen. Thematisiert und herausgearbeitet wird das Motiv der Migration. Die Auswahl der Stoffe erfolgt quer durch die Geschichte und Genres: von der Antike, über Shakespeare, bis hin zu Adaptionen neuerer Bücher und Filme, die diese Problematik bearbeiten. Unter der Intendanz von Frank Baumbauer greifen die Kammerspiele[1] mit dieser Spielzeit ein Themenfeld auf, das längst das Alltagsbild - vor allem der größeren Städte - prägt, aber nicht bewusst oder nicht ausreichend von der Majoritätsbevölkerung als Realität wahrgenommen wird.[2]
In Folge wirtschaftlicher und politischer Globalisierung prägt Migration unser Zusammenleben. [...] Migration ist also Teil unserer Realität, man könnte auch sagen unserer Normalität, die anzuerkennen Voraussetzung für die Gestaltung unseres Zusammenlebens [...] ist.[3]
Die Kammerspiele nehmen sich damit einer derzeit häufig diskutierten Problematik an.[4] Zudem kommen sie damit dem, von Politik- und Kulturschaffenden geäußerten Wunsch nach, dass das Theater wieder vermehrt Bezug zu aktuellen Themen nehmen solle.[5]
Nun sind die Städte und ihre subventionierten Theater gut beraten, auf die Tatsachen zu reagieren. Und zwar nicht nur, indem „Nathan der Weise" als Beruhigungsmittel auf den Spielplan gehievt wird, wenn es irgendwo brennt. [...] Unter den Bedingungen einer interkulturellen Gesellschaft muss sich das Theater zu seiner Biopolitik bekennen und aufhören, sich hinter fragwürdigen ästhetischen Konstrukten zu verstecken.[6]
Ziel vorliegender Arbeit ist es, die unterschiedlichen Facetten dieses Themas, das normalerweise von anderen Wissenschaften behandelt wird, aus einer theaterwissenschaftlichen Perspektive zu betrachten. Es wird untersucht, inwieweit die Debatte Einzug in das kulturelle Leben der breiten deutschen Öffentlichkeit erhält. Die Münchner Kammerspiele sind als Indikator interessant, da die Zuschauer in ihrem Alltag wahrscheinlich nicht viel Kontakt zu Migranten haben und daher stark von stereotypen
Bildern und Klischees geprägt sind. Das Publikum von Stadttheatern setzt sich überwiegend aus der oberen Mittelschicht zusammen: Akademiker, Beamte, Politiker, Arzte, Journalisten. Diese obere Mittelschicht ist zu einem Großteil an der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens und an der Meinungsbildung der Majoritätsbevölkerung beteiligt. Es ist jedoch denkbar, dass die obere Mittelschicht in ihrem Alltag weniger mit Migranten in Berührung kommt, als ein Arbeiter aus der Unterschicht. Möglicherweise wohnt dieser mit Migranten in einem Viertel. An Stadttheatern lässt sich demnach ablesen, wie die jeweilige eigene Gesellschaft von der oberen Mittelschicht - die an der Meinungsbildung beteiligt ist - wahrgenommen wird. Zwar gibt es in Deutschland, besonders in den Städten Frankfurt, Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart und München zahlreiche Vereine und freie Theatergruppen, die sich aus verschiedenen Kulturen zusammensetzen und transnationale Projekte verfolgen.[7] Diese Gruppen haben jedoch wenig Einfluss auf die Alltagswahrnehmung der Majoritätsgesellschaft, im Unterschied zu einem deutschen Stadttheater.[8] „[...] Die kulturelle Praxis, die sich dabei entwickelt, bleibt intern und wird nicht nach außen vermittelt. Es gibt kaum Berührungspunkte, kaum Austausch und Reibungsmöglichkeiten mit anderen Segmenten der städtischen Kultur."[9] Daher wird vorliegende Arbeit auch nicht auf das Festival Doing Identity der Münchner Kammerspiele eingehen. Es wird von einem anderen Publikum frequentiert wurde, als das Schauspielhaus der Kammerspiele.[10] Das Projekt lief zwischen Januar und April und beschäftigte sich mit Migration in München.
Der Umgang mit Migration im Theater ist nicht neu. Schon früher wurde an einschlägigen Bühnen versucht, die Thematik zu etablieren. Seit den 70er Jahren gab es an größeren Häusern immer wieder Projekte, die die Migrationsproblematik thematisierten. Sie wurden allerdings nicht oder nur am Rande von der Öffentlichkeit wahrgenommen.[11]
So beschäftigte sich Peter Stein an der Berliner Schaubühne mit dem Motiv der Migration. Die Schaubühne bot 1979 unter seiner Leitung türkischen Schauspielern eine langfristige Zusammenarbeit an.[12] In der Folge wurde der Versuch unternommen, das entstandene Ensemble fest unter eigenem Dach zu etablieren. Das Projekt lief, wegen mangelndem Interesse in der Öffentlichkeit, nach wenigen Jahren aus.[13] Ebenso setzte sich das Theater an der Ruhr unter Leitung von Roberto Ciulli mit der Problematik kontinuierlich auseinander.[14] Seit seiner Gründung 1981 entwickelte Ciulli ein Austauschprogramm, an dem sich bis heute mehr als 30 Länder beteiligten, um die multikulturelle Begegnung zu fördern.[15]
Warum Bühnen in jüngster Zeit das Motiv der Migration wieder vermehrt aufgreifen, lässt sich mit dem veränderten Bewusstsein der Majoritätsbevölkerung erklären. Mitunter resultieren hieraus auch neue sprachliche Benennungen. So ist z.B. der Begriff des Migranten verhältnismäßig jung: Zunächst wurden Immigranten als Ausländer oder Gastarbeiter bezeichnet. Erst lange, nachdem das Gastarbeiterkonzept zum Selbstläufer geworden war, und trotz des Anwerbestopps 1971 immer mehr Gastarbeiter ihre Familien nach Deutschland holten, entstand der Begriff des Migranten.[16] Seit Verabschiedung des neuen Zuwanderungsgesetzes hat sich der politisch konstruierte Begriff auch im alltäglichen Sprachgebrauch etabliert.[17]
Der Begriff der Migration stammt von dem lateinischen Wort migrare bzw. migratio (wandern, wegziehen, Wanderung). Er ist in den letzten Jahren, beeinflusst durch das weltweit in Verwendung gekommene englische Wort „migration", sowohl in der deutschen Alltagssprache als auch in der Begriffssprache der Sozialwissenschaften heimisch geworden.[18]
Die Sprachveränderung ist ebenfalls Ausdruck einer sich wandelnden Sichtweise auf die Gesellschaft. Ein weiterer Aspekt, warum Migration vermehrt in den gesellschaftlichen Fokus rückt, liegt darin begründet, dass die ethnischen Minderheiten erst Ende der 90er Jahre als ökonomischer Markt entdeckt wurden, und damit mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erhielten.[19] Heute findet sich dementsprechend ein breiteres Publikum für die Thematik. Parallel zu der Veränderung in der Majoritätsbevölkerung, vollzog sich eine Entwicklung bei den Migranten, die ebenso zur vermehrten Beachtung der Thematik beitrug. Die erste Generation der Migranten kam in der Funktion des Gastarbeiters nach Deutschland. Sie beabsichtigte vor allem in Deutschland zu arbeiten und Geld zu verdienen. Die zweite und dritte Generation traf hingegen nicht die Entscheidung nach Deutschland einzuwandern, sondern wurde hier geboren und hat dementsprechend eine größere Motivation an der Mitgestaltung des kulturellen Alltags.[20]
Einwanderung ist in Politik und Medien schon länger ein Thema, hat in den vergangenen fünf Jahren allerdings stark an Signifikanz gewonnen.[21] Mit der Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes am 1. Juli 2004[22] bekannte sich Deutschland auf politischer Ebene offiziell zu seinem Status als Einwanderungsland[23] und trug somit gleichfalls zu einer Veränderung der Sichtweise auf die Gesellschaft bei. „Migration ist eine Realität. Sie als solche auf politischer Ebene anerkannt zu haben, ist womöglich eine der entscheidenden historischen Leistungen der letzten Jahre."[24] Die zunehmende Signifikanz der Thematik und das gewachsene Interesse, bzw. die Aufnahmebereitschaft der Majoritätsbevölkerung an diesem Topos, führte dazu, dass die Kammerspiele eine ganze Spielzeit unter dieses Motto stellten.
Unter Migration wird allgemein Wanderung verstanden. Der Begriff Migration findet insbesondere für den dauerhaften Wechsel des Lebensumfeldes einer Person, einer Gruppe oder einer Gesellschaft im geographischen und sozialen Raum Anwendung.[25]
In den Sozialwissenschaften werden unter dem Begriff der Migration allgemein solche Bewegungen von Personen und Personengruppen im Raum verstanden, die einen dauerhaften Wohnortwechsel bedingen.[26]
Migration ist insofern zunächst eine Feststellung. Mit Rekrutierung von Gastarbeitern z.B. aus dem Mittelmeerraum kamen Migranten nach Deutschland, von denen sich einige entschieden, hier sesshaft zu werden und ihre Familie nachzuholen. Die Migration wurde zunächst durch die deutsche Politik mit in Bewegung gesetzt. In dieser Arbeit geht es demnach nicht um Binnenmigration: „Wenn die Verlegung des ständigen Wohnsitzes von einer politischen Gemeinde, in eine andere, die sich innerhalb gleicher nationalstaatlicher Grenzen [...] befindet, erfolgt, wird diese als Binnenmigration bezeichnet."[27], sondern um internationale Migration:
„Findet die Verlegung des Wohnsitzes der Migranten dauerhaft oder vorübergehend zwischen den Nationalstaaten statt, wird diese als internationale bzw. grenzüberschreitende Migration bezeichnet."[28]
Das Zusammenleben der verschiedenen Kulturen stellt bis heute ein Problem der Gesellschaft dar, dass es zu lösen gilt.[29] Denn die Umbenennung des Ausländers zum Migranten und das gewachsene Interesse der Majoritätsbevölkerung an dieser Materie, bedeuten noch keine gelungene Integration.
Inzwischen lebt nicht nur die angeworbene Generation von Migranten in Deutschland, sondern bereits deren dritte Generation. Durch die vorausgegangene Migration kommt es zu einem Aufeinandertreffen mindestens zweier kultureller Systeme: Das System der Ankunftsgesellschaft und das jeweilige kulturelle System des Herkunftslandes des Migranten. Dabei ist zu beachten, dass gegenwärtig die Ankunftsgesellschaft sich nicht mit Migranten einer gemeinsamen Herkunft konfrontiert sieht, sondern Migranten mit verschiedenen kulturellen Systemen migrieren. Da vorliegende Arbeit den Blick des jeweils einzelnen Migranten und sein Verständnis von Migration annimmt, ist überwiegend von zwei Systemen die Rede: Dem System der Ankunftsgesellschaft und dem der jeweiligen Herkunftsgesellschaft. Das Zusammenleben von Migranten und Deutschen, also die Vereinbarung der Systeme oder das Annehmen eines anderen Systems, erweist sich von je her als Problem. „Aggression und Radikalität bricht sich in einem solchen Ausmaß bahn, dass die Frage der Art und Weise friedlichen Zusammenlebens der Menschen in unserem Land die kulturpolitische Frage schlechthin zu sein scheint."[30] Die Probleme reichen von Sprachbarrieren, bis hin zu Bildungsunterschieden und kulturellen Differenzen. Besonders die zweite und dritte Generation der Migranten ist davon betroffen.[31] Sie kommt nicht - wie ihre Eltern oder Großeltern - nach Deutschland um zu arbeiten, sondern wächst hier auf. Dabei muss sie sich in einem neuen kulturellen Gesellschaftssystem zurecht finden, dass ihnen von den Eltern nicht beigebracht wurde bzw. werden konnte. Immer öfter vermelden Medien ethnische Konflikte. Das reicht von Meldungen über beängstigende Zustände an Schulen, besonders betroffen sind Haupt- und Realschulen, bis hin zu Videomitschnitten von fundamentalistischen Hasspredigern in deutschen Moscheen.[32] Die Problematik der Migration besteht nicht einseitig. Einheimische fühlen sich durch die steigende Anzahl von Migranten bedroht.
Die ausländischen Bürgerinnen und Bürger werden von den einheimischen Deutschen häufig unter dem Gesichtspunkt einer Bedrohung gesehen. Es wird von „Überfremdung" unserer Kultur und unserer Sprache gesprochen, die Gefahr des Verlusts der Identität der Deutschen beschrieben, sogar die Homogenität unserer Gesellschaft wird als ein bedrohtes Gut beschworen.[33]
Integration beschreibt das Zusammenleben bzw. die Teilnahme der Migranten an der deutschen Gesellschaft. Migration in ein anderes Land führt unweigerlich zu einer Art Zusammenleben. Dabei spielt zunächst keine Rolle in welchem Ausmaß die Teilnahme an der Gesellschaft erfolgt. Integration ist demnach eine Folge von Migration. Migration beinhaltet nur die Tatsache der Wanderung, Integration ist die der Teilhabe. Da vorliegende Analyse sich sowohl mit der Wanderung an sich, als auch mit der Auswirkung der Migration beschäftigt, geht der Begriff der Integration mit dem Begriff der Migration einher.
Grundlage vorliegender Arbeit ist der Ansatz des Soziologen Shmuel N. Eisenstadt,[34] der zur Untersuchung von Migration ein dreistufiges Konzept entwickelte. Die einzelnen Phasen unterteilt Eisenstadt in dieMigrationsentscheidung, die Migration an sich und die Absorption durch die Gastgese!!schaft. Diese Phaseneinteilung eignet sich für das Theater, da allzu eingrenzende soziologische Klassifizierungen nur bedingt auf das Theater anwendbar sind. Um Aspekte der Migration in die Analyse einfließen zu lassen, die sich nicht aus der Phaseneinteilung erschließen, wird der Untersuchungsrahmen mit einem zusätzlichen Ansatz, dem von Hartmut Esser, erweitert. Esser geht genauer auf die Situation des Migranten im Ankunftsland ein. Die sich ergänzenden soziologischen Theorien, die der Arbeit zugrunde liegen, ermöglichen es, die Vielfalt und Komplexität des Migrationsmotivs zu entschlüsseln.
Die Arbeit setzt - auf dieser Grundlage - bei der Frage an, wie in fünf Inszenierungen Migration auf der Bühne dargestellt wird. Dabei lautet die zentrale Frage, welche Bilder das Theater für Wanderung anbietet. Es wird erläutert, welche Mittel zur Darstellung kultureller Vielfalt eingesetzt werden. Hinzu kommt die Überlegung, aus welcher Sichtweise Migration betrachtet wird und wer der Repräsentant ist. Neben der soziologischen Herangehensweise wird der theaterwissenschaftliche Begriff der Figuration zum richtungsweisenden Kriterium.
Es gibt bisher keine einheitliche Definition von Figuration.[35] Die Arbeit übernimmt das Figurationsverständnis von Uta Atzpodien[36], die besonders auf kulturwissenschaftliche Fragestellungen einzugehen versucht: „So scheint der Begriff prädestiniert für umfassendere Fragestellungen nach Relationen, Funktionen und Strukturen, wie sie etwa typisch sind für die cu!tura! studies [...] deren Interessen quer zu gewachsenen Disziplinen liegen."[37]
Der Begriff der Figuration geht über die Figur hinaus.
Figuration nämlich, so lässt sich generell festhalten, scheint Phänomene zu beschreiben, die über die einfache Figur hinaus gehen, sei es von ihren Ausmaßen her als Überschreitung der anthropomorphen Figur, als Effekt einer Fragmentarisierung und Enthierarchisierung eines Ganzen oder als latent Abwesendes.[38]
Unter Figuration versteht man beispielsweise, wenn eine Figur, der der Zuschauer eine eindeutige Bedeutung zuschreibt, nicht die Erwartung erfüllt. Der Zuschauer wird in seiner Wahrnehmung irritiert, weil die Figur nicht der gedachten Norm entspricht. Das kann mit dem Zusatz eines Signifikats passieren, das der Figur zugeordnet wird und mit dem die Figur eine neue Bedeutung erfährt oder zumindest die vorherige Bedeutungszuschreibung dekonstruiert und in Frage gestellt wird. Neben dem Mittel der Figuration werden die Begriffe Mimikry und Metonymie in die Arbeit einfließen.
Mimikry ist dem griechischen Wort mimese verwandt, das Nachahmen bedeutet. Mimikry geht über das einfache Nachahmen hinaus und meint Täuschung. Der Begriff ist in der Tierwelt geläufig.[39] Vor allem Tiere, die schwächer sind, verwenden die Täuschung, um ihrem Feind zu entgehen, indem sie sich ihrer Natur anpassen und unsichtbar werden. Mimikry auf dem Theater lässt sich im Zusammenhang der Arbeit so erklären, dass die Migranten-Figur beispielweise Verhaltensweisen der Figuren, die die Majoritätsbevölkerung darstellen, nachahmt, um sich subversiv gegen sie zu behaupten, d.h. die Migranten-Figur passt sich nicht an, sondern täuscht Anpassung vor. Hinter dieser Anpassung versteckt die Figur ihr eigentliche Identität: „Mimikry bezeichnet Bhabba als Täuschbild, das sich dem Begehren nach Identifizierung entzieht, ungefähr nach dem Motto ,hinter der Tarnung gibt es kein Selbst'."[40]
Metonymie beschreibt einen Vorgang, indem mehreren Figuren eine gemeinsame Bedeutung zugeschrieben wird. Mehrere Figuren erhalten eine gemeinsame Konnotierung oder eine Figur wird stellvertretend für eine ganze Gruppe klassifiziert.[41]
Die Kammerspiele nehmen mit der Thematik Da kann ja jeder kommen Bezug auf soziale Realitäten. Um den gewählten Schwerpunkt auf der Bühne erfassen und interpretieren zu können, wird eine Theorie aus der Soziologie gewählt. Auf der soziologischen Grundlage baut die theaterwissenschaftliche Sichtweise auf. Ohne sie wären die Inszenierungen nicht analysier- und interpretierbar. Es bedarf zu vorliegender Arbeit einerseits einem soziologischen Blick, um Bezug auf die Realität nehmen zu können. Andererseits muss das Geschehen auf der Bühne erst entschlüsselt werden, um es auf die Realität anwenden zu können. Dazu dient die theaterwissenschaftliche Grundlage.
Im zweiten Kapitel werden die unterschiedlichen Theorien und die soziologischen Modelle vorgestellt. Zunächst wird auf das soziologische Verständnis von Migration eingegangen, dann folgt die Erläuterung des Migrationskonzepts von Eisenstadt, und wie es vorliegende Arbeit im Aufbau beeinflusst. Zur Ergänzung seines Ansatzes wird als Kapitelabschluss Hartmut Essers Integrationstheorie hinzugezogen.
Im dritten, vierten und fünften Kapitel werden die Inszenierungen Mamma Medea, Der Sturm, Troilus und Cressida , Hass und Ausgegrenzt nach dem Strukturvorschlag Eisenstadts geordnet und in entsprechender Reihenfolge analysiert.
Schließlich wird im Fazit zusammengefasst, ob die Hypothese, die der Analyse vorausgeht, bestätigt wird. Die der Arbeit zu Grunde liegende Hypothese ist, dass die Kammerspiele die Migranten-Figur als Opfer und die Zuschauer als Tätergesellschaft klassifizieren.
2. Phänomen Migration
In der Migrationssoziologie wird zunächst auf Wanderung im Allgemeinen eingegangen, die seit Menschengedenken existiert.
Häufig wird übersehen, dass Massenmigration weder ein neues Phänomen ist, noch den historischen Ausnahmefall darstellt. Seit Beginn der industriellen Revolution in Europa und der europäischen Siedlungskolonisation in Übersee ist räumliche Mobilität ein Charakteristikum moderner Gesellschaften. Allerdings haben sich die Gewichte verschoben. Europa, einst Auswanderungskontinent, besteht heute mehrheitlich aus Ländern mit einer positiven Wanderungsbilanz.[42]
Um die Aktualität der Arbeit zu bewahren und den Absichten der Inszenierungen an den Kammerspielen zu entsprechen, liegen der Arbeit soziologische Theorien zugrunde, die von einem transnationalen Charakter der Migration ausgehen. Die klassischen Theorieansätze eignen sich nicht für die aktuelle Problematik, da sie sich zum Teil mit Kolonialisierung beschäftigen, was auf die derzeitige Einwanderung nach Europa nicht zutrifft. Zudem legen sie den Schwerpunkt auf wirtschaftliche Faktoren, die Migration auslösen. „Die klassischen Theorien der (internationalen) Migration beziehen sich hauptsächlich auf ökonomische Faktoren, [...]. Diese Erklärungsweisen werden von neueren Ansätzen kritisiert, indem andere Aspekte der Migration in den Vordergrund gestellt werden."[43] Neuere Ansätze in der Migrationssoziologie ziehen neben den wirtschaftlichen Faktoren vor allem soziale Netzwerke und Beziehungen mit ein. „Sie weisen die entscheidende Eigenschaft auf, dass sie verschiedene Beziehungen über nationale Grenzen hinweg aufbauen und aufrechterhalten, die eine Verbindung zwischen ihrer Herkunftsgesellschaft und der Einreisegesellschaft schaffen."[44] Diese Theorie-Ansätze erweisen sich für die Untersuchung von Inszenierungen als geeigneter, da die klassische Forschung Migration als uni- oder bidirektionalen Ortswechsel fasste, während die neueren Ansätze mit einbeziehen, dass - trotz des Ortswechsels - soziale und kulturelle Verbindungen bestehen bleiben können. Seit den 1980er Jahren erfolgten dementsprechende Erweiterungen und Verschiebungen der Fragestellungen zu Migration.
Mit der neuen politischen Situation nach 1989, dem ökonomischen Druck auf die Weiterentwicklung der Europäischen Union, ändern sich die Formen der Arbeitsmigration nach und innerhalb Europas. Zunehmend haben wir es mit unvollständiger, temporärer Migration zu tun. Für die Zukunft Europas ist es wichtig, sich damit auseinander zusetzen, welche Auswirkungen diese neuen Migrationsformen und -dynamiken auf die soziale Adhäsion und Inkorporation von Migranten in der Ankunftsgesellschaft, aber vielleicht auch gleichzeitig in ihrer oder ihrer Eltern Herkunftsgesellschaft haben.[45]
In diesen jüngeren Ansätzen wird Migration nicht mehr nur als einmaliger unidirektionaler Ortswechsel, sondern auch als ein dauerhafter Zustand und damit als eine neue soziale Lebenswirklichkeit für eine wachsende Anzahl von Menschen begriffen. Diese Art der Wanderung wird als Transmigration bezeichnet, im Vergleich zu vorher beschriebener, internationaler Migration.
,Der transnationale Charakter dieser Wanderungsbewegung liegt darin, dass die Migranten als gesellschaftliche Akteure den wie auch immer politisch organisierten Herkunftsverband ihres Herkunftslandes verlassen, um sich grenzüberschreitend als ,Ausländer' in die Obhut eines anderen - in der Regel nationalstaatlich organisierten - Staatswesens zu begeben'. Insofern handelt es sich um einen Spezialfall von internationaler Migration.[46]
Die Transmigranten leben zwischen verschiedenen Wohnorten. Sie sind somit weder am Herkunftsort noch am Einreiseort heimisch, pendeln oftmals auch zwischen den Wohnorten hin und her. Mit Transmigration können auch Manager gemeint sein, die immer wieder zwischen ihren Arbeitsplätzen hin und her pendeln. In Folgendem wird Transmigration so verstanden, dass die Migranten ihr Herkunftsland verlassen, aber weiterhin versuchen, den Kontakt zu Personen in ihrem Herkunftsland aufrecht zu halten. Sie versuchen, Herkunfts- und Ankunftsland miteinander zu verbinden, indem sie Beziehungen pflegen und regelmäßig ihren Herkunftsort besuchen. Es geht demnach vor allem um eine nicht - durch die Migration - abbrechende emotionale Bindung. So entstehen innerhalb eines Flächenraumes verschiedene ethnisch-kulturell soziale Räume. Während ähnliche ethnisch-kulturell soziale Räume über geographische, politische Grenzen hinweg aufkeimen.
Als Instrumentarium eignet sich die Phasentheorie von Shmuel N. Eisenstadt. Er hebt besonders die Prozesshaftigkeit des Migrationsvorgangs hervor.[47]
2. 1. Migration als Prozess - Shmuel N. Eisenstadt
Laut Eisenstadts[48] Migrationstheorie erfolgt in der ersten Phase die Motivbildung zur Migration: Die momentane Lebenssituation ist der Auslöser der Migration. Sie wird als Problemlösung für die derzeitige Lebenslage gesehen. Es wird sowohl eine materielle, als auch eine soziokulturelle Verbesserung der Lebensbedingungen im Zielort gedanklich vorgestellt, weshalb sich der Migrant entscheidet, seine Heimat zu verlassen.
Die erste Phase ist die der Motivbildung zur Migration. In dieser Anfangsphase verdichten sich die Gefühle von Unsicherheit und Unzulänglichkeit, die die potentiellen Migranten in ihrem Herkunftsort bezüglich ihrer Lebensbedingungen empfinden, nach und nach zu einem Motivbündel hinsichtlich ihrer Migrationsüberlegungen. Schließlich kommt nur noch eine - die endgültige Aufgabe der gewohnten Lebensumwelt - als Problemlösung in Frage.[49]
In der zweiten Phase, dem Wanderungsvorgang an sich, treten grundlegende soziale Veränderungen ein, denn die gesellschaftlichen Strukturen verschwinden und alle bisherigen sozialen Rollen und Partizipationsbezüge werden aufgegeben. Dadurch werden die Migranten verunsichert - sie müssen ihr Selbstkonzept und ihre Werthierarchie den neuen Gegebenheiten anpassen.
Die zweite Phase besteht aus dem aktuellen Vorgang der Migration selbst, in dem die zur Migration Motivierten tatsächlich ihren Herkunftsort verlassen, um in eine ihnen völlig fremde und neue soziokulturelle Lebensumwelt einzuwandern. Diese [...]Migration ist mehr als ein Vorgang des Wohnortwechsels. Sie ist ein Prozess gravierender und radikaler sozialer Veränderungen, in dem die gesamten bisherigen sozialen Rollen, Interaktionen und Partizipationsbezüge aufgegeben werden.[50]
Die dritte Phase beschreibt die Eingliederung der Migranten in die Ankunftsgesellschaft. Zunächst müssen die allgemein gültigen Werte, Normen und Erwartungen der Ankunftsgesellschaft kennen gelernt und das eigene Verhalten darauf eingestellt werden. Die logische Konsequenz der allmählichen Institutionalisierung des Verhaltens ist somit die Akkulturation. Voraussetzung für eine erfolgreiche Absorbierung in die Aufnahmegesellschaft ist, dass die Migranten auch über die Grenzen ihrer verwandtschaftlichen und ethnischen Gruppe hinaus Kontakte pflegen und am öffentlichen Leben teilhaben. Das Gelingen hängt mit davon ab, ob die Aufnahmegesellschaft die Anpassungsbemühungen zulässt.
„Die dritte Phase besteht aus dem lang andauernden und umfassenden Prozess der Eingliederung der [...]Migranten in die Aufnahmegesellschaft [...]."[51] Dispersion schließlich beschreibt den Prozess der Eingliederung, in dem die Migranten in die verschiedenen institutionellen Bereiche der Aufnahmegesellschaft eindringen und damit verschmelzen, was zum Verlust der ethnischen Gruppenidentität und zur vollständigen Absorbierung führt.
Für die Inszenierungsanalyse bedeutet die Einteilung Eisenstadts, dass im dritten Kapitel zunächst nach dem Motiv der Wanderung gefragt wird. Dabei wird die semantische Darstellung der Herkunfts- und der Ankunftswelt auf der Bühne untersucht. Anhand der Kostüme, des Bühnenbildes, des Sprachgebrauchs und der Gestik wird analysiert, ob sich die Regionen voneinander unterscheiden. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Migranten-Figur. Welche Position nimmt sie in der jeweiligen Herkunfts- bzw. Ankunftslandformation an? Werden Veränderungen an der Figur sichtbar? Daraus wird der Schluss gezogen, wie die Inszenierung den Ortswechsel begründet. Im nächsten Schritt - dem vierten Kapitel - wird analysiert mit welchen Mitteln die Wanderung auf der Bühne ausgewiesen wird. Neben der sich verändernden Personenkonstellation wird die Funktion des Bühnenbilds näher beleuchtet. Als letzter Schritt wird im fünften Kapitel analysiert, ob sich die Figur in den neuen Kontext einfügt. Es wird untersucht, welche Position und welchen Stellenwert sie im Ankunftsland entgegen ihrer Stellung im Herkunftsland erhält.
Da die Absorptionstheorie nicht ausreichend ist, zieht die Arbeit einen Ansatz Essers hinzu, der näher auf die Situation im Ankunftsland eingeht und verschiedene Stufen der Assimilation beschreibt.
Transnationale Inkorporation ist zuallererst ein ergebnisoffener Prozess, der entweder zu einer eindeutigen Assimilation, zu einer partiellen Integration in der Ankunftsregion, zu einer Re- Integration in der Herkunftsregion oder auch zu einer pluri-lokalen und nicht abgeschlossenen Inkorporation in der Herkunft- wie in der Ankunftsregion führen kann.[52]
Esser geht zudem detaillierter auf die These ein, dass das Ankunftsland Partizipationsmöglichkeiten anbieten muss, um den Migranten zu integrieren.
2. 2. Ergänzung des Migrationskonzepts - Hartmut Esser
Theorien und Modelle der Eingliederung von Migranten wurden in der angelsächsischen Forschung seit den 1920er Jahren entwickelt. In Deutschland fanden sie erst spät wissenschaftliches Interesse. 1980 veröffentlichte Hartmut Esser seine Arbeit Aspekte der Wanderungssozio!ogie, [53] in der er sich mit den anglo-amerikanischen Theorien auseinandersetzte, um sie für die Diskussion in der deutschen Migrationsforschung fruchtbar zu machen.[54] Esser eignet sich mitunter, weil er auf die Situation in Deutschland näher eingeht.
Die Suche nach einer „Lösung" des sogenannten Ausländerproblems ist in der Bundesrepublik Deutschland zu einer Tagesfrage erster Ordnung geworden. [...]
Dieser Vorgang ist für die Bundesrepublik besonders problematisch. Und dies aus zwei Gründen: Ersten haben die Deutschen eine besondere Hypothek hinsichtlich der Auseinandersetzung mit „Fremden" abzutragen [...]. Und zweitens ist die Auseinandersetzung mit fremdkulturellen Elementen in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern erst relativ spät und dann sehr überhastet eingetreten. Das Fehlen von Kolonien [...] hat [...] - neben allen negativ zu bewertenden Aspekten - [...] dazu geführt, dass es niemals geregelte und dauerhafte Beziehungen zu fremden Kulturen als Teil des alltäglichen Verhaltens gegeben hat.[55]
Die öffentliche Diskussion tat sich hierzulande schwer bestimmte Entwicklungen ernst zu nehmen und die Daueranwesenheit ausländischer Gruppen anzuerkennen.
Inzwischen setzt sich die Öffentlichkeit mit der Problematik auseinander. Resultat des Diskurses ist bisher meistens eine Art Assimilation, die von den Migranten erwartet wird.
Wie Shmuel N. Eisenstadt geht Esser davon aus, dass Migration die Desozialisation der Migranten beinhaltet. Die Migranten müssen ihre Beziehungen zum kulturellen und sozialen System ihrer Aufnahmegesellschaft insgesamt neu strukturieren und aufbauen, um dort individuelle Ziele erreichen zu können.[56]
Zunächst müssen die Rollen, Bezüge und Alltagsroutinen der Herkunftsgesellschaft aufgegeben werden, was zu Marginalität und Desorientierung führen; erst dann können Handlungsmuster und Werte der Aufnahmegesellschaft übernommen und soziale Beziehungen neu organisiert werden.[57]
Die Schwierigkeit der Migration in Deutschland und Europa liegt vor allem an der scheinbaren Herausbildung von Parallelgesellschaften und der entstehenden Diskrepanz zwischen Majoritätsbevölkerung und Migranten.[58] Esser sieht nicht ausschließlich im Einwanderer die Bringschuld, sich mit den kulturellen Gepflogenheiten der Majoritätsbevölkerung vertraut zu machen, sondern bringt die jeweiligen Parameter der Aufnahmegesellschaft mit ins Spiel. Die nachhaltige Integration des Angehörigen einer Minderheit und seine Identifikation mit der Majoritätsbevölkerung gründen sich demnach auf der Akzeptanz deren Person und Religion durch die Majoritätsbevölkerung.
Die [...]Migranten müssen in ihrem Anpassungsprozess mit Schwierigkeiten rechnen, nicht weil ihnen die Bereitschaft zur Anpassung fehlt, sondern, weil ihnen die Chancen für diese Anpassungsleistung verweigert werden können. Ihre soziale und gesellschaftliche Anpassung hängen somit entscheidend von der Bereitschaft der Aufnahmegesellschaft ab, ihnen die notwendigen Opportunitäten zur Anpassung zu eröffnen.[59]
Erwartet die Mehrheit zu Recht von Einwanderern, die Normen ihrer Verfassung zu achten, so muss der Minderheit ebenfalls gestattet werden, sich auf diese zu berufen. Je geringer die inneren Widerstände des Migranten gegen die Ankunftsgesellschaft sind und je unschärfer sich die Gesellschaft von den Zugewanderten abgrenzt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit assimilativen Engagements. Ein Zuwanderer kann sich laut Esser nur anpassen, wenn seine Umwelt ihm die Möglichkeit dazu bietet.
Je mehr assimilative Handlungsopportunitäten dem Wanderer im Aufnahmesystem offen stehen; je geringer die Barrieren für assimilative Handlungen im Aufnahmesystem sind; und je weniger alternative Handlungsopportunitäten nicht-assimilativer Art verfügbar sind, um so eher führt der Wanderer - ceteris paribus - assimilative Handlungen aus.[60]
Die Eingliederungstheorie von Hartmut Esser gleicht einem Lernprozess, der in mehreren Stufen abläuft[61]: Akku!turation, Integration und Assimi!ation. „Im zeitlichen Verlauf des Eingliederungsprozesses stellt die Akkulturation die Anfangsphase dar, der die Phasen der Integration und Assimilation zwar nicht zwangsläufig, aber unter bestimmten Bedingungen folgen könne."[62] Esser beginnt mit der Akku!turation, dem Erwerb von Eigenschaften, die in der Aufnahmegesellschaft üblich sind. Es kommt zu sozialen Beziehungen, die über die Interaktion der Primärgruppen hinausgehen, wobei es zur Übernahme bzw. Zuweisung eines bestimmten sozialen Status kommt.
Akkulturation ist ein Prozess der Angleichung, der im kognitiven Bereich als Lernprozess stattfindet, in dessen Verlauf Personen oder Gruppen von Personen kulturelle Orientierungsmuster, Eigenschaften und Verhaltensweisen in den institutionalisierten Teilbereichen der Aufnahmegesellschaft übernehmen. Akkulturation ist dabei weder ein automatisch einsetzender noch ein in ihrer Verlaufsrichtung und ihren Ergebnissen unumkehrbar festgelegter Prozess. Eine bewusste partielle und teilidentifikative Anpassung ist denkbar und möglich.[63]
Es folgt die Integration. Nachdem vielfältige Lernvorgänge die Orientierung in der Aufnahmegesellschaft ermöglicht haben, findet in dieser Phase die Interaktion zwischen Migrant und Ankunftsgesellschaft statt. Unter Integration wird allgemein der Zusammenhang von Teilen in einem systemischen Ganzen verstanden. Der Gegenbegriff ist die Segmentation der Teile zu autonomen, nicht auf einander bezogenen Einheiten macht. Die Grundlage jeder Integration ist die Interdependenz der Teile, ihre wechselseitige Abhängigkeit. Im gesellschaftlichen Bereich sind zwei Arten der Integration zu unterscheiden: die Systemintegration und die Sozia!integration. Systemintegration bezeichnet den Zusammenhalt eines sozia!en Systems, wie z.B. eine Gesellschaft als Ganzes. Die Sozia!integration bezieht sich auf die individuellen Akteure und bezeichnet deren Einbezug in ein bestehendes soziales System.[64]
Am Schluss steht die Assimi!ation, sie umfasst die Variablen interethnischer Kontakte, Partizipation an Einrichtungen des Aufnahmesystems, Rückkehrabsicht, Naturalisierungsabsicht und ethnischer Gebräuche.
Assimilation ist ein „Zustand der Ahnlichkeit" in Handlungsweisen, Orientierungen und interaktiven Verflechtungen zum Aufnahmesystem. Dabei wird unterstellt, dass Kultur und Sozialsysteme nicht homogen und daher mit dem Erwerb sehr verschiedener subkultureller Eigenschaften vereinbar sind. Assimilation ist dabei der Zustand der Ahnlichkeit einer Person relativ [...]zu den Teilbereichen der Aufnahmegesellschaft.[65]
Der Integrationsprozess führt nicht zwingend zur vollen Assimilation. Die eintretenden Divergenzen ausgelöst durch die Nicht-Aufnahme seitens der Gesellschaft, die den Zugangswünschen der Migranten nicht entgegenkommt, oder durch die Migranten selber, führen zu einer Pluralisierung der Aufnahmegesellschaft.
Bezogen auf die Inszenierung wird, nach der Motivbildung zur Migration und der Wanderung an sich, die Positionsbesetzung und das Prestige im Ankunftsland untersucht. Nimmt die Figur die Sprache und andere Normen der Ankunftsgesellschaft an oder lehnt sie diese ab. Übertragen auf die Inszenierungen wird untersucht, wie die Migranten-Figur mit den Figuren der Ankunftsgesellschaft interagiert. Zunächst stellt sich die Frage, ob die Inszenierungen einen Unterschied zwischen Migranten und Aufnahmegesellschaft erkennen lassen. Die hiesige Majoritätsbevölkerung bezeichnet einen Migranten als fremd aufgrund seiner äußeren Erscheinung und/oder einer offensichtlichen Sprachabweichung. Untersucht wird, wie die Inszenierungen auf die Thematik der Fremdheit eingehen und sie kenntlich machen. „Wenn in der Bundesrepublik Deutschland über Einwanderung und Globalisierung debattiert wird, dann geht es stets um Fremdheit. [...]Dabei wird Fremdheit vor allem als kulturelle Unterschiedlichkeit verstanden."[66] Der Fremde wird als nicht dazugehörig definiert.[67] Da der Migrant, aus einem anderen Nationalstaat mit einer anderen kulturellen Codierung kommt, fällt er in die Kategorie des Fremden. Es wird untersucht, ob und wie das Nicht-Dazugehören auf der Bühne umgesetzt wird. Neben der Frage der Fremdheit und wie sie dargestellt wird, ist zu analysieren, inwiefern eine Interaktion zwischen Migrant und Aufnahmegesellschaft stattfindet, und ob sie zu einer gemeinsamen Dynamik führt.
Gelingt ihre Integration nicht, kann die Stabilität ihrer Rollenerwartungen und ihres Rollenvollzugs nicht erwartet werden, was wiederum zu unterschiedlichen Formen ihrer persönlichen Desorganisation führen kann. Dabei wirkt sich die gestörte Kommunikation mit den Einheimischen als integrationshemmend aus.[68]
In der Analyse wird ein Blick auf die Personenkonstellation geworfen und untersucht, inwieweit sich die Migranten-Figur in die sie neue umgebende Gruppe einbringen kann und wie die Figur, die gewandert ist, eine Beziehung zu ihrem Herkunftsort hält.
Die Assimilation findet erst statt, wenn sich eine emotionale Bindung eingestellt hat. Diese wird durch die gelungene Integration bewirkt, indem die Migranten-Figur sich mit der Ankunftsgesellschaft zumindest teilweise identifiziert. Hierbei erweist sich der theoretische Ansatz Essers von Vorteil, da er bei Migration von einem individuellen Prozess ausgeht: „Alle sozialen Prozesse, Systemerfordernisse und Funktionen sind danach auf das Empfinden, interessengeleitete Handeln und Lernen von Individuen zurückzuführen."
In dem soziologischen Konzept geht es um Ausschluss, Teilhabe und Mitwirken. In diesem Zusammenhang erweist sich der Begriff der Figuration als hilfreich, da er auf die Verschiedenheit der kulturellen Codes einzugehen versucht.[69] Auf diese Weise lässt sich die theaterwissenschaftliche Strukturanalyse der Inszenierungen in das soziologische Konzept einbetten.
3. Migrationsentscheidung
Die erste Phase der Migration, lässt sich unter anderem nach folgenden Kriterien differenzieren: freiwillige und unfreiwillige Wanderung.[70] Wobei die freiwillige Wanderung aus verschiedenen Gründen erfolgen kann.
Von den Migrationsmotiven her muss Wanderung als Anpassung an sich ändernde räumliche und soziale Verhältnisse verstanden werden. [...]Daneben gibt es Wanderungsmotive von der Abenteuerlust, der Familiendesertion bis zur Vermeidung von Diskriminierungen (aus religiösen, ethnischen oder sonstigen Gründen) in bestimmten Sozialräumen.[71]
In den folgenden Teilabschnitten werden zwei Inszenierungen, die den Wanderungsentschluss beinhalten, analysiert: Mamma Medea und Der Sturm. Es wird untersucht, wie die erste Phase Eisenstadts Migrationstheorie auf der Bühne dargestellt und begründet wird.
3. 1. Mamma Medea
Die griechische Antike liefert mehrere Basistexte für die Darstellung der Fremdheit auf der Bühne. „'Fremd' war für die Griechen[...] keineswegs nur jeder Ausländer[...], sondern auch jener, der nicht vollberechtigt zum Bürgerverband gehörte."[72]
So erklärt es sich auch, weshalb die Spielzeit 2007/2008 Da kann ja jeder kommen mit Ödipus auf Ko!onos eröffnet wurde.
[.] wir haben jetzt Premiere mit „Ödipus auf Kolonos", einem Stück, in dem Ödipus sein ganzes Leben als Flüchtling umherirrt und nicht glücklich wird. Und am Ende ist er immer noch Flüchtling, steht da und hat gar nichts mehr. Der große Mythos, die große Migrantengeschichte schlechthin.[73]
Die Antike prägt bis heute unsere westlich europäische Kultur und es finden sich bereits in dieser Zeit Themen, die uns noch heute betreffen, wenn auch auf etwas andere Weise.[74] Indem die Kammerspiele antike Stoffe in den Spielplan mit aufnehmen, schlagen sie eine Brücke in vergangene Zeiten, die unsere heutige Kultur beeinflussen und schaffen ein Bewusstsein dafür, dass Kolonisation, Migration und Fremdheit nicht erst in jüngster Zeit Thematiken sind, die die Menschheit umtreiben.[75]
Der Mythenstoff Medea fällt ebenfalls unter die Problematik der Fremdheit.[76]
Es scheint gerade der Topos des Fremden und des Anderen zu sein, der den unwandelbaren Kern ihrer Gestalt bildet: Sie ist Nichtgriechin, Barbarin, zwischen Gott und Mensch oszillierend, mit übermenschlichen Fähigkeiten versehen und doch mit den menschlichen Lebensrealitäten Liebe, Sexualität und Tod unentrinnbar verbunden.[77]
Das erste überlieferte Stück zum Medea-Mythos stammt von Euripides. In ihm spiegelt sich bereits das Fremdheitsmotiv. „In Medea von Euripides spielt das Thema des Heimatlandes, des Exils und des Fremdseins eine große Rolle. Medea, die aus ihrem Heimatland, ihrer Liebe folgend, geflohen ist, fühlt sich in Griechenland fremd."[78]
Medea wurde über die Jahrhunderte immer wieder von Schriftstellern als Stoff aufgenommen und verarbeitet.[79] Ihre unterschiedlichen Interpretationen glichen einer Spiegelung der jeweiligen Zeit. „Medea ist zum Inbegriff des „Anderen" geworden. In nachantiken Bearbeitungen des Mythos ist ihre Rolle jeweils durch den historischen und sozialen Kontext bestimmt."[80]
3.1.1. Textwahl
Die Münchner Kammerspiele entschieden sich, die Medea-Adaption Tom Lanoyes[81] zu übernehmen. Diese setzt früher in der Geschichte des Mythos ein, als der Text von Euripides. Indem bei Lanoye im Vergleich zu Euripides die Argonautensage von dem antiken Dichter Apollonius von Rhodos noch hinzugenommen wurde,[82] verstärkt sich das Wandermotiv. Der Zuschauer erfährt die Beweggründe der Migration und die damit verbundene Liebe zu Jason, dem Fremden aus Griechenland. Anders als bei Euripides beginnt Medea nicht mit einer Anklage.[839 Lanoye beginnt mit der Liebe zu Jason, die immer mehr Schwierigkeiten in sich birgt. Diese sind ab einem bestimmten Punkt nicht mehr zu überwinden. So wohnt der Zuschauer einem Prozess bei, der ihn die Wanderung und die damit einhergehenden Konsequenzen miterleben lässt. Das führt weiterhin dazu, dass die Thematik des Kindsmords aus Rache viel später als bei Euripides eintritt, und so eine Themenschwerpunktverlagerung stattfindet. Nicht der Mord an den Kindern ist Kern des Stücks, sondern der Migrationsprozess Medeas.84 Während bei Euripides Medea die Wanderung nacherzählt wird, setzt Lanoye bei der Situation im Herkunftsland an.
3.1.2. Herkunftsland
Das Herkunftsland Kolchis der Medea wird bäuerlich dargestellt. Die weiblichen Figuren tragen Schürzen oder kittelähnliche Kostüme in Grau- und Brauntönen. Cha!kiope, die ältere Schwester Medeas, und ihre zwei Söhne Me!as und Frontis haben Wollmützen auf. Der Herrscher der Insel Kolchis, ihr Vater Aites, trägt einen braunen Anzug aus Cord, der abgetragen wirkt. Durch die bäuerliche Kleidung wirken sie arm. Die Körperhaltung der Figuren, bis auf Aites, ist leicht gebückt, so dass sie als schwach und demütig vor dem Herrscher dargestellt werden. Von Aites ist immer wieder die Rede als Despot und Tyrann, [85] der die Insel beherrscht, so dass die gebückte Haltung, besonders der Cha!kiope und ihrer zwei Söhne, Ausdruck für eine Diktatur ist. Aites herrscht über die Insel, lässt kein anderes Wort gelten, und bestimmt die Strafen. Exemplarisch wird das an den Söhnen seiner Tochter Cha!kiope dargestellt. Frontis und Me!as hatten die Insel verlassen, um das Geburtsland ihres verstorbenen Vaters kennenzulernen. „Melas: Wir wollten, nach dem Ende von Papa/Mal sehen wie schön sein Land der Väter war."[86] Zur Strafe werden sie bei ihrer Rückkehr in der Inszenierung beinahe zu Tode gequält. Zunächst sollen sie mit den Fremden beseitigt werden.
„Aites: Und sorg, Apsyrtos, dass auch deine Neffen/Der Strafe für ihrn Frevel nicht entgehn."[87] Als dieser Plan misslingt, kriegen sie die Wut des Aites zu spüren. Dieser ist wütend, weil seine jüngste Tochter - Medea - ihn wegen eines Fremden - Jason - verließ. Sie müssen mit nacktem Unterkörper auf dem Boden kriechen und Aites bedroht sie mit dem Messer.[88] Die Inszenierung liefert auf diese Weise zu Beginn eine Erklärung für die spätere Unmöglichkeit Medeas Rückkehr. Auf sie würde eine ähnliche Art der Peinigung warten. Auch ihre Schwester Cha!kiope, die es wagte sich mit einem Fremden einzulassen, wird von Aites mit Missachtung gestraft. „Aites: Kennt die hier wer? Sie ähnelt mir. Wie heißen Sie,/ Gnä' Frau? Und welch bedauernswerter, armer Mann/ Hatt je das Unglück, Sie zu zeugen."[89]
Medea verlässt - wie ihre Neffen es taten - die Insel. Zudem erwählt sie einen Fremden zu ihrem Geliebten. Auch wenn Aites Medea als sein liebstes Kind bezeichnet, ist vorstellbar, dass eine noch härtere Strafe aus sie wartet, als die dargestellte Peinigung, die Cha!kiope, Frontis und Me!as über sich ergehen lassen müssen. Aites Umgang mit Medea suggeriert diese Impression:
„Wenn dieser Mafioso seiner Tochter Medea über den Kopf streichelt, ist es eine Unterwerfungsgeste, und wenn er sie umarmt, setzt er sie mit einer Drehung auf einer tieferliegenden Ebene der Bühne ab, als könne er sich einer Frau nur zuwenden, indem er sie buchstäblich herabsetzt."[90] Der Eindruck wird unterstützt, wenn Aites seinen Sohn Apsyrtos auffordert, Medea um jeden Preis wieder in seinen Besitz zu bringen.
Aites: Apsyrtos[.] Verfolg den Griechen, fang das Kind und bring Es wieder her - lebendig oder tot.
Werde meinen Namen Ehre tun. Wenn nicht Als Vater, dann zumindest als Despot.[91]
Auf der Bühne stehen Stellwände, ansonsten fehlt es an Mobiliar. Das Figurenpersonal bildet allein die Familie des Aites. Die Insel wird als karg und einsam signifiziert. Es scheint, als gäbe es nur die Familie des Aites mit seinen drei Kindern. Auffällig ist, dass neben den zwei Töchtern auch Aites Sohn Apsyrtos mit einer weiblichen Darstellerin besetzt ist. Es erweckt den Eindruck, als gäbe es auf Kolchis nur einen Mann, Aites und die anderen seien Frauen: Schwach und unterwürfig. Me!as und Frontis wurden mit jungen Darstellern besetzt, so dass sie ebenfalls nicht in das stereotype Bild eines Mannes fallen, sondern eher Knaben darstellen. Ihr Gehorsam und ihre Angst vor Aites bestätigt das Bild.
Mit dem Auftritt Jasons und seiner zwei Gefährten, Telamon und Idas, fällt der Unterschied deutlicher ins Gewicht. Durch den Vergleich der zwei Personengruppen umAites und um Jason, wird die Gruppe um Aites als ärmlich und schwach klassifizierbar. Die Gruppen werden auf der Bühne semantisch voneinander unterschieden. Jason, Telamon und Idas stehen aufrecht und wirken selbstbewusster als die Bewohner Kolchis. Mit ihrer schwarzen ledernen Kleidung erinnern sie an eine Art Kampf- oder Soldatenmannschaft. Zudem sind die Figuren mit männlichen Darstellern besetzt. Es entsteht der Eindruck, als stünde hier eine Herrschergesellschaft gegenüber einer unterdrückten. Barfüßige Kolcher - die an eine Kolchose erinnern - in ärmlichen Arbeitsklamotten gegenüber Herrenmenschen in schwarzer Ledermontur, mit Schlips und Kragen und Springerstiefeln. Zwar gehört Aites die Insel und
Jason , Telamon und Idas machen sich Sorgen, ihnen könne etwas zustoßen. Doch ihre geistige und körperliche Haltung erweckt den Eindruck, als fühlten sie sich den Kolchern überlegen. Der visuelle Vergleich unterstützt die Impression, dass die drei Fremden den Kolchern überlegen sind. Jason, der Anführer der Dreiformation ist größer und jünger als Aites.[92] Er sieht stärker aus und so wirkt Aites wie ein abdankender Diktator, währendJason als der Überlegenere dargestellt wird. Die Macht des Aites wird nur sprachlich behauptet. Was der Zuschauer sieht, widerspricht dem eher. Nicht nur visuell, sondern auch sprachlich demonstrieren die Griechen ihre scheinbare Überlegenheit. Sie begreifen sich, als das zivilisiertere, bessere Volk.
Idas: [.] diese ganze verwünschte Gegend. Wie die hier wohnen, wie die kochen - und reden?! Da wird einem doch schlecht. Total zurückgeblieben! Und wo du hinguckst: Termiten, Spinnen, Käfer, Krähen. Selbst die Ratten haben hier Flügel.[93]
Der Zuschauer wird in seiner Wahrnehmung irritiert. Die eindeutigen Zuschreibungen, die Jason, Telamon und Idas den Kolchern erteilen, bestätigen sich nur teilweise mit der Wahrnehmung des Zuschauers. Auch die Vorstellung des Zuschauers von Barbaren stimmt nicht mit dem Bild der Kolcher überein. Zwar sind sie ärmlich gekleidet, doch strotzen sie nicht vor Kraft und Potenz, wie das stereotype Bild von Naturvölkern ist. Indem Tom Lanoye die Barbaren in Versen sprechen lässt, während die Griechen in Prosa reden, wird ebenfalls die eindeutige Zuschreibung irritiert. Die damit im Text bereits angelegte Ambivalenz unserer Auffassung von Zivilisation wird so in der Inszenierung weiter ausgeführt. Zunächst wird das Barbaren-Volk auf semantischer Ebene als schwach und arm gekennzeichnet, was sie als rückständig signifiziert. Doch dann wird durch das nicht-(vollständige) Erfüllen der Vorstellung von Barbaren, sowohl ihre Zuschreibung in Frage gestellt, als auch die eindeutige Überlegenheit der Griechen. Weiterhin wird sogar bezweifelt, ob die Griechen in ihrer Zivilisiertheit tatsächlich überlegen sind. An der Geschichte um das Vlies, das Jason von Aites verlangt, da es angeblich den Griechen gehöre, wird dies deutlich:
Jason: [.] Mein königlicher Onkel Pe!ias hat mir befohlen, das Goldene Vlies von hier zu holen. Der Widder, aus dessen Fell es gemacht ist, wurde von ihrem verstorbenen Schwiegersohn hierher gebracht, einem Griechen. Das Vlies gehört also, bei allem Respekt, nicht Ihnen, sondern Zeus. Unserem obersten Gott.[94]
Aites hatte seinen Schwiegersohn als Flüchtling aufgenommen, ohne etwas von ihm zu verlangen und kümmerte sich um ihn, weil er sonst niemanden hatte und mittellos war.
„Jason: Er hat ihren Vater liebevoll aufgenommen. Einen dahergelaufenen Jungen, einen Flüchtling, einen Habenichts. Er hat ihm ein Dach überm Kopf gegeben, seine Tochter mit ihm verheiratet."[95] Zum Dank hinterließ er das goldene Vlies.[96] Der Sage nach opferte Phrixos - er ist in Mamma Medea nicht mit Namen genannt, doch ist er der Sage nach der Mann Cha!kiopes gewesen - den Widder Zeus. Das goldene Vlies weihte er Aites.[97] Daraus ergibt sich die Frage, welches Anrecht Jason auf das Vlies hat, und es erklärt die Hartherzigkeit Aites Jason gegenüber. Aites ist den Fremden gegenüber negativ eingestellt, da sie sich herausnehmen, von etwas Besitz zu ergreifen, dass ihnen nicht gehört. „Aites: Dern einzig üble Absicht ist, die Hand/ An andrer Leute Hab und Gut zu legen."[98]
Es lässt sich gleichsetzen mit dem Recht, dass sich die westliche Welt herausnimmt und die Ressourcen Dritter Welt-Länder aufbraucht, ohne sie dagegen mit Anerkennung und wirtschaftlichen Zugeständnissen zu belohnen. Den Hass auf das Fremde sieht Aites bestätigt, als ihn Medea mit Jason verlässt.
Aites: Welch schlimmres Elend kann mich denn noch treffen?
Zweimal gelangt ein Fremder in mein Reich, Zweimal nimmt er mein größtes Gut an sich. Hab keine Töchter mehr. [.][99]
Dass die vermeintlich Zivilisierten in der Inszenierung die eigentlichen Barbaren sind, zeigt sich an ihrem Umgang mit den Söhnen der Cha!kiope. Die brachten sie auf die Insel und anstatt sich zu bedanken, werden sie niedergeschlagen und gezwungen[100] Jason und seinen Gefährten zu helfen, die ihnen von Aites auferlegte Aufgabe zu bestehen. Indem sie gleichzeitig zu dem mafiosiartigen Umgang mit den Fremden, denen sie sich überlegen fühlen, von den Kolchern als verschlagen und hinterhältig sprechen, parodieren sie sich selbst. So wird auch die eindeutige Annahme, dass die Griechen zivilisiert und gebildet seien und in Frieden kämen,[101] dekonstruiert. Die Figuration schafft damit eine Kritik an hiesiger Majoritätsbevölkerung, die sich als Teil der westlichen Welt und damit verbunden als zivilisierter ansieht als beispielsweise Gesellschaften aus der Dritten Welt. Der Zuschauer lässt sich insofern mit den Griechen-Figuren gleichsetzen, indem er sich ebenfalls als modernen zivilisierten Mensch beschreiben würde, der einer westlich (zivilisierten) Gesellschaft angehört. Durch die Metonymisierung wird den Zuschauern - als Repräsentanten der Majoritätsbevölkerung - vor Augen geführt, dass sie sich aufgrund ihrer vermeintlichen Überlegenheit herausnehmen, Nutzen aus anderen Ländern zu ziehen, auf die sie herab blicken. Dabei gelangt sie selbst mit fragwürdigen Mitteln zu ihrem Ziel. In der Inszenierung geschieht es über Gewaltanwendung und in der heutigen Gegenwart mit Mitteln der Ökonomie.
3.1.3. Migrationsentschluss
Die Einsamkeit auf der Insel, das scheinbare Fehlen von Männern und die Demut vor dem Vater, bilden ein Sammelsurium aus Gründen für die Entscheidung Medeas, die Insel mit Jason zu verlassen. Trotz den möglichen Begründungen für Aites Vorbehalt gegen Fremde und seine Liebe zu Medea: „Das Kind, das ich am meisten liebte[.]",[102] bleibt er doch ein Tyrann, der keine Gnade kennt. Es ist eine freiwillige Wanderung. Sie ist bereit, alles hinter sich zu lassen und ihre Kultur abzulegen. Das wird noch deutlicher, als sie ihren Bruder Apsyrtos tötet, der ihr folgte, um sie zurück zu holen. Als das stärkste Motiv lässt sich ihre Liebe zu Jason lesen.
Medea: Nie sah ich einen Mann, der Jason gleicht. Ist er verschwunden auch, ohne ein Wort,
Doch sehe ich ihn noch immer, hör die Stimme,
Seh seinen Mund, den Mut, den männlich-schönen Kopf. Den stolzen Schritt, mit dem herein er trat,
Den edlen Sinn, mit dem er Hohn und Zorn Kühn trotze und die schlimme Probe hörte. Auch berg ich mein Gesicht, seh ich das Licht, Das ihn umstrahlt wie einen fremden Gott.[103]
An ihm wird auch ein weiteres Mal die Unbarmherzigkeit Aites gezeigt, der nicht zögern würde, jenen zu töten. Zudem schwärmt Jason Medea von Griechenland vor und macht ihr Hoffnungen, dass sie dort eine angesehene Frau wäre und glücklich.
Jason: [.] auch meine Kameraden werden dir Lobeshymnen singen, wenn sie wieder daheim sind. Ihre Mütter, Töchter und Frauen werden heulen vor Glück, wenn sie uns durch deine Hilfe wohlbehalten wieder zurückbekommen. Sie werden dich preisen [.][104]
Medea fragte ihn zuvor, wie es in seiner Heimat sei, so dass anzunehmen ist, dass sie vor Ankunft Jasons von einem anderen Leben träumte, und dieser der letzte Auslöser für den Wanderungsentschluss ist. „Medea: Erzähl mir kurz doch was von deinem Heimatland!/ Es muss ein magischer, ein mächtiger Ort sein,/ Der einen Mann wie dich zum Sohne hat.[105]
In ihm sieht sie die Erfüllung ihrer Hoffnungen. Medea hat vor, alles hinter sich zu lassen. Das sie sich in ihrem Herkunftsland fremd fühlt, lässt auch der Titelname des ersten Teils von Mamma Medea vermuten: Zu Hause/In der Fremde. Der Titel impliziert den Eindruck, Medea würde sich in ihrem Herkunftsland, der Insel Kolchis, nicht beheimatet fühlen. Als würde sie dort nicht hingehören. Nach Eisenstadt und Esser hat sich ein Bündel von Motiven gebildet, dass Medea zur Migration bewegt.
Jason ist insofern kein Migrant, als dass er Kolchis aufgrund eines Auftrags betritt, und nach Verrichtung seiner Aufgabe wieder zurückkehren wird. Er und seine Gefährten sind zunächst als Reisende einzuordnen.
[...]
Fußnoten
1 Im Folgenden werden die Münchner Kammerspiele mit Kammerspiele abgekürzt.
2 Damit ist gemeint, dass die Tatsache, dass Migranten in Deutschland leben, zwar als reine Information
aufgenommen und diskutiert wird, aber dieser Fakt nichts an dem konventionellen Gesellschaftsbild Deutschlands ändert.
3 Baumbauer, Frank: Da kann ja jeder kommen. In: Spielzeitheft 2007/2008 der Münchner Kammerspiele:
Da kann ja jeder kommen . München 2007, S. 1.
4 Vgl. Stefan Klingbeil und Matthias Weinzierl im Gespräch mit Björn Bicker; Dramaturg an den Münchner Kammerspielen http://www.hinterland-magazin.de/pdf/06-46.pdf (Zuletzt abgerufen am 31.03.2008).
5 Vgl. Poggi, Pino & Turgay, Mehmet Nyazi: Kultur und ihre Vermittlung. In: Haerdter, Michael & Co:
Facetten des Fremden. Europa zwischen Nationalismus und Integration . Argon Verlag GmbH, Berlin 1992, S. 228-237.
6 Raddatz, Frank: Identitätszentrifuge. Armin Laschet, Minister für Integration in NRW, Asli Sevindim,
künstlerische Direktorin Ruhr.2010, und Hansgünther Heyme, Intendant des Theaters im Pfalzbau in Ludwigshafen, zum Thema Theater und Migration in Gesprächen. In: Theater der Zeit.. Heft Nr. 4. Theater der Zeit e.V., Berlin 2008, S. 17.
7 Vgl. Brauneck, Manfred: Ausländertheater in der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin.
Universität Hamburg 1983.
8 Vgl. Akkaya, Dilek & Tews, Dagmar: kultureller marktplatz stadt. Beiträge und Bedingungen transnationaler Kulturproduzenten . In: Bergmann, Sven & Römhild, Regina (Hg.):global heimat. Ethnografische Recherchen im transnationalen Frankfurt. Kulturanthropologie Notizen, Frankfurt am Main 2003, S. 105-136.
9 Ebd. S. 116.
10 Vgl. Stefan Klingbeil und Matthias Weinzierl im Gespräch mit Björn Bicker; Dramaturg an den Münchner Kammerspielen http://www.hinterland-magazin.de/pdf/06-46.pdf (Zuletzt abgerufen am 31.03.2008).
11 Botho Strauß verarbeitete die Thematik des Gastarbeiters in Groß und Klein und Franz Xaver Kroetz in
Furcht und Hoffnung .
12 Vgl. Brauneck, Manfred: Ausländertheater in der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin . . Universität Hamburg 1983, S. 40-41.
13 Das Projekt lief von 1979-1984. Vgl. Bron, Erol: Geschichte des türkisch-deutschen Theaters. Dissertation. The Ohio State University 2004.
14 Vgl. Meyer, Helmut: Mühlheim an der Ruhr – ein Modell? In: Düsseldorfer Schauspielhaus (Hg.):
Theaterlandschaft Nordrhein-Westfalen . Düsseldorf 1988.
15 Vgl. http://www.theater-an-der-ruhr.de/de/ensemble/leitung/19/. (Zuletzt abgerufen am 08.09.2008)
16 Vgl. Fassmann, Heinz & Münz, Rainer:Europäische Migration – ein Überblick. In: Dies. (Hg.): Migration
in Europa. Historische Entwicklungen, aktuelle Trends und politische Reaktionen . Frankfurt am Main 1996, 13-52.
17 Vgl. Han, Petrus: Soziologie der Migration. Lucius & Lucius, Stuttgart 2000, S. 7.
18 Ebd. S. 7.
19 Caglar, Ayse: Media Corporatism and Cosmopolitanism. In: Vertovec, Steve & Cohen, Robin (Hg.): Conceiving Cosmopolitanism. Theory, Context and Practice. Oxford University Press, Oxford 2002, S. 180- 190.
20 Vgl. Göktürk, Deniz: Rollenspiel und Grenzverkehr im Kino der Migranten. In: Kölnischer Kunstverein
u.a. (Hg.): Projekt Migration. DuMont Verlag, Köln 2005; Vgl. Akkaya & Tews, 2003.
21 Bereits mehr als ein Drittel der eingeschulten Kinder besitzen eine Zuwanderungsbiografie.
22 Das Zuwanderungsgesetz, dass 2004 verabschiedet wurde, trat am 1. Januar 2005 in Kraft.
23 http://wahl.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OI4728814_TYP6_THE4624280_NAV_REF37764_B AB,00.html (Zuletzt abgerufen am 31.03.2008).
24 Raddatz, 2008, S. 17.
25 Schäfers, Bernhard (Hg.): Grundbegriffe der Soziologie. Leske und Budrich, Opladen 2003, S. 433.
26 Han, Petrus: Soziologie der Migration. Lucius & Lucius, Stuttgart 2000, S. 7.
27 Ebd. S. 9.
28 Ebd.
29 Vgl. Terkessidis, Mark: Der lange Abschied von der Fremdheit. Kulturelle Globalisierung und Migration.
In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Politik und Zeitgeschichte. Heft 12, 2002.
30 Martiny, Anke: Multikulturelles Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland . In: Haerdter, Michael u.A.: Facetten des Fremden. Europa zwischen Nationalismus und Integration . Argon Verlag GmbH, Berlin 1992, S. 127.
31 Eine solche Unterteilung in Generationen ist nicht unproblematisch, da sie eine gewisse Kontinuität impliziert, die allerdings nicht der Realität entspricht. So wählen beispielsweise einige Angehörige der zweiten Generation eine Ehepartnerin oder einen Ehepartner aus ihrem Herkunftsland, die bzw. der nach der Heirat nach Deutschland einwandert und somit eine Migrantin bzw. ein Migrant der ersten Generation ist. Es stellt sich dann die Frage, zu welcher Generation ein Kind gehört, dessen Eltern der ersten und der zweiten Generation angehören (Vgl. Luchtenberg, Sigrid: Schulische und berufliche Situation der zweiten und dritten Ausländergeneration . In: Lajios, Konstantin (Hg.): Die ausländische Familie. Ihre Situation und Zukunft in Deutschland . Leske & Budrich, Opladen 1998, S. 71); Streng genommen dürften die in Deutschland geborenen Kinder der Zuwanderer nicht als Migranten bezeichnet werden. (Vgl. Terkessidis, Mark: Migranten. Rotbuch Verlag, Hamburg 2000, S. 6-9) Eine treffendere Bezeichnung wäre Mensch mit Migrationshintergrund. In den meisten Publikationen wird auf den Begriff des Migranten zurückgegriffen.
Die Arbeit wird sich der Gepflogenheit anschließen.
32 Vgl. Beck-Gernsheim, Elisabeth: Die zweite Generation – Zwischen den Kulturen verloren? In: Dies. (Hg.): Wir und die Anderen. Vom Blick der Deutschen auf Migranten und Minderheiten. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004, S. 76-106; Römhild, Regina: global heimat. Der Alltag junger Migranten in den Widersprüchen der Einwanderungsgesellschaft . Vortragsmanuskript 2007 (im Druck).
33 Martiny, Anke: Multikulturelles Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland . In: Haerdter, Michael u.A.: Facetten des Fremden. Europa zwischen Nationalismus und Integration . Argon Verlag GmbH,
Berlin 1992, S. 128.
34 Han, Petrus: Soziologie der Migration. Erklärungsmodelle – Fakten – Politische Konsequenzen – Perspektiven . Lucius & Lucius, Stuttgart 2000.
35 Vgl. Balme, Christoph: Vorwort. In: Brandl-Risi, Bettina & Ernst, Wolf-Dieter & Wagner, Meike (Hg.): Figuration. Beiträge zum Wandel der Betrachtung ästhetischer Gefüge . EPODIUM Verlag, München 2000, S. 8.
36 Atzpodien, Uta: Spiegel mit Sprüngen. Figurationen als Grenzgänge im kulturellen Dialog . In: Brandl- Risi, Bettina & Ernst, Wolf-Dieter & Wagner, Meike (Hg.): Figuration. Beiträge zum Wandel der Betrachtung ästhetischer Gefüge. EPODIUM Verlag, München 2000, S. 235-250.
37 Brandl-Risi, Bettina & Ernst, Wolf-Dieter & Wagner, Meike: Prolog der Figuration. Vorüberlegung zu einem Begriff. München 2000, S. 22.
38 Ebd. S. 11.
39 Vgl. Wickler, Wolfgang: Mimikry. Nachahmung und Täuschung in der Natur. Kindlers Universitäts Bibliothek, München 1971.
40 Röttger, Kati: Wie werde ich Ausländer? ‚Kanak Sprak’, ‚Sprechen lernen’ und performative Strategien der Entfernung . In: Balme, Christopher & Schläder, Jürgen: Inszenierungen. Theorie - Ästhetik – Medialität. J.B. Metzler Verlag, Stuttgart 2002, S. 129.
41 Vgl. Balme, Christopher: Wie schwarz muss Othello sein? Polemische Überlegungen zur Repräsentation kultureller Fremdheit im Theater . In: Balme, Christopher & Schläder, Jürgen (Hg.): Theorie – Ästhetik – Medialität. J.B. Metzler Verlag, Stuttgart 2002, S. 105-116; Röttger, Kati: Wie werde ich Ausländer? ‚Kanak Sprak’, ‚Sprechen lernen’ und performative Strategien der Entfernung . In: Balme, Christopher & Schläder, Jürgen: Inszenierungen. Theorie - Ästhetik – Medialität. J.B. Metzler Verlag, Stuttgart 2002, S. 129.
42 Fassmann, Heinz & Münz, Rainer, 1996, S. 14.
43 Haug, Sonja: Klassische und neuere Theorien der Migration. Arbeitspapiere. Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung, Mannheim 2000, S.1.
44 Ebd. S. 17.
45 Pries, Ludger: Migration und transnationale Inkorporation. In: Nowitcka, Magdalena (Hg.): Von Polen nach Deutschland und zurück. Transcript Verlag, Bielefeld 2007, S. 109-110.
46 Haug, 2000, S. 16.
47 Han, 2000, S. 46-50.
48 Han, 2000, S. 46-50.
49 Ebd. S. 46.
50 Ebd. S. 46-47.
51 Ebd. S. 47.
52 Pries, In: Nowitcka, Magdalena (Hg), 2007, S. 131.
53 Esser, Hartmut: Aspekte der Wanderungssoziologie. Assimilation und Integration von Wanderern, ethischen Gruppen und Minderheiten. Eine handlungstheoretische Analyse . Luchterhand, Darmstadt 1980.
54 Vgl. Keim, Sylvia: So richtig deutsch wird man nie sein... Junge Migrantinnen und Migranten in Deutschland. Zwischen Integration und Ausgrenzung. Verlag für Interkulturelle Kommunikation, Frankfurt am Main 2003.
55 Esser, Hartmut: Multikulturelle Gesellschaft als Alternative zu Isolation und Assimilation. In: Henrich, Franz (Hg.): Schriften der Katholischen Akademie in Bayern. Patmos Verlag, Düsseldorf 1983, S. 25.
56 Han, 2000, S. 57-58.
57 Oswald, Ingrid: Migrationssoziologie. UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2007, S. 111.
58 Vgl. Beck-Gernsheim, In: Dies. (Hg.), 2004; Vgl. Römhild, 2007.
59 Han, 2000, S. 48-49.
60 Esser, 1980, S. 211.
61 Oswald, 2007; Den Assimilationsbegriff übernahm Esser aus der amerikanischen Migrationsforschung. Er definiert Assimilation als „Zustand der Ähnlichkeit des Wanderers in Handlungsweisen, Orientierungen und interaktiven Verflechtungen zum Aufnahmesystem“ (Vgl. Esser, 1980, S. 22), also als Endpunkt eines Eingliederungsprozesses.
62 Han, 2000, S. 62.
63 Han, 2000, S. 58. Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Zusammenfassung einer Studie für das „Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung“ . Arbeitspapier 40, Mannheim 2001. www.fes-online-akademie.de (Zuletzt abgerufen am 01.04.2008).
65 Han, 2000, S. 58.
66 Terkessidis, Mark: Der lange Abschied von der Fremdheit. Kulturelle Globalisierung und Migration . In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Politik und Zeitgeschichte. Heft 12, 2000, S. 31.
67 Ebd. S.32.
68 Han, 2000, S. 304.
69 Brandl-Risi, Bettina & Co: Prolog der Figuration. Vorüberlegungen zu einem Begriff. München 2000, S. 18.
70 Vgl. Schäfers, 2003, S. 433.
71 Ebd. 2003, S. 433.
72 Malitz, Jürgen: Der Umgang mit dem Fremden in der Welt der Griechen. In: Schreiber, Waltraut (Hg.): Kontakte Konflikte Kooperationen. Der Umgang mit Fremden in der Geschichte . Ars una, Neuried 2001. 73 Stefan Klingbeil und Matthias Weinzierl im Gespräch mit Björn Bicker; Dramaturg an den Münchner Kammerspielen http://www.hinterland-magazin.de/pdf/06-46.pdf. (Zuletzt abgerufen am 08.09.2008).
74 Vgl. Göbel-Uotila, Marketta: Medea. Ikone des Fremden und des Anderen in der europäischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2005, S. 15-16.
75 Vgl. Dihle, Albrecht: Die Griechen und die Fremden. C.H. Beck Verlag, München 1994.
76 Vgl. Balme, Christopher: Einleitung. In: Balme, Christopher: Das Theater der Anderen. Francke Verlag, Tübingen 2001, S. 13.
77 Göbel-Uotila, Marketta: Medea. Ikone des Fremden und des Anderen in der europäischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2005, S. 15-16.
78 Vgl. Euripides: Medea. Philipp Reclam jun., Stuttgart 2005, Z. 256-261.
79 Vgl. Stephan, Inge: Medea. Multimediale Karriere einer Figur. Böhlau Verlag, Bonn 2006.
80 Schierl, Petra: Medea, eine Karriere. Uni Nova 106, Basel 2007; Vgl. Stephan, Inge: Medea. Multimediale Karriere einer Figur. Böhlau Verlag, Bonn 2006.
81 Vgl. Lanoye, Tom: Mamma Medea. Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 2007.
82 Vgl. Glaser, Horst Albert: Medea. Frauenehre – Kindsmord – Emanzipation. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2001, S. 9-14.
83 Vgl. Euripides, 2005, Z. 110ff. & 215 ff.
84 Trotz des Titels Mamma Medea, wird die Protagonistin Medea genannt. Dem folgt auch die Arbeit.
85 Vgl. Lanoye, 2007, S. 19, 21 & 39.
86 Ebd. S. 12, Z. 10-12.
87 Ebd. S. 16, Z. 7-8.
88 Kimmig, Stephan: Mamma Medea. Münchner Kammerspiele, München 2007, DVD, 38:00-40:00.
89 Lanoye, 2007, S. 39, Z. 1-3.
90 Schmidt, Christopher: Ein Bürgerkrieg namens Liebe. In: Süddeutsche Zeitung: Feuilleton. 10.12.2007; Kimmig, Stephan: Mamma Medea. München 2007, DVD, 00:08:55-00:09:00.
91 Lanoye, 2007, S. 39, Z. 16-19.
92 Vgl. Kimmig, Stephan: Mamma Medea. 2007, DVD, 00:04:50-00:05:15.
93 Lanoye, 2007, S. 18, Z. 11-16.
94 Ebd. S. 14, Z. 9-14.
95 Lanoye, 2007, S. 18, Z. 1-4.
96 Ebd. S. 13.
97 Wetzel, Christoph: Das große Lexikon der Symbole. Primus Verlag, Darmstadt 2008, S. 130.
98 Lanoye, 2007, S. 16, Z. 5-6.
99 Ebd. S. 39, Z. 9-13.
100 Kimmig, Stephan: Mamma Medea. 2007, DVD, 13:18-13:30.
101 Vgl. Lanoye, 2007, S. 15, Z. 13-19.
102 Lanoye, 2007, S. 52, Z. 1.
103 Ebd. S. 16, Z. 18-26.
104 Ebd. 2007, S. 27, Z. 11-16.
105 Ebd. S. 28-29, Z. 31-1.
- Arbeit zitieren
- Carolin Millner (Autor:in), 2008, Eine Ahnung von Lebenswirklichkeit. Das Motiv der Migration auf dem Theater, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124254
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