Anleger handeln in der Regel nicht wie perfekte Wirtschaftssubjekt sondern vielmehr werden ihre Entscheidungen von psychologischen Aspekten determiniert, die nicht immer zum Optimum führen.
In der folgenden Arbeit werden Folgerungen für Beratungskonzepte unter Berücksichtigung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse erläutert. Denn insbesondere die Kenntnis, wie und warum Anleger Entscheidungen treffen, kann entscheidend für die Empfehlung von Anlagelösungen sein, zumal ein aus psychologischer Perspektive zufriedener Kunde bereit sein wird eine dauerhafte und erfolgreiche Beziehung mit einem Berater einzugehen. Entscheidend für die Konzeption der Beratungslösungen sind nicht nur die Anlageergebnisse, sondern das Wohlbefinden des Kunden in Bezug auf sein Investment während der Anlagephase.
Die im folgenden dargestellten Beratungslösungen beziehen sich hauptsächlich auf das Private Banking Segment. Eine Abgrenzung zum Retail Banking kann in Bezug auf das frei disponible Geldvermögen der Kundschaft vorgenommen werden. Ab einem disponiblen Vermögen von ca. 300.000 Euro werden Leistungen des Private Banking angeboten, wobei die segmentspezifischen Grenzen je nach Bank variieren.
In Abschnitt 2 werden in einem allgemeinen Rahmen verhaltenswissenschaftliche Phänomene der Behavioral Finance erläutert. Hier wird Mental Accounting, welches Thaler zuzuschreiben ist, sowie das Konzept der Loss Aversion von Kahneman und Tversky dargestellt. In Abschnitt 3 werden diese verhaltenswissenschaftlichen Phänomene aufgegriffen und erweitert. So wird in Anschnitt 3.1 nach kurzem Aufzeigen der Portfolioeffizienz gemäß der modernen Portfolio-Theorie nach Markowitz eine zielorientierte Ermittlung von Anlagelösungen nach Nevins dargestellt, welche unter anderen zum Erhalt laufender Lebensstilausgaben konzipiert sind und verhaltenswissenschaftliche Elemente berücksichtigen. Bevor in Abschnitt 4 ein Fazit gezogen wird, steht in Abschnitt 3.2 ein Beratungsprozess der ehemaligen Bank Leu im Mittelpunkt. Die Bank Leu gehört seit einer Umstrukturierung Anfang 2007 zur Clariden Leu und bildet eine Tochtergesellschaft der Credit Suisse Group. Der Beratungsprozess, der „Leu Investment Advisory Process“, berücksichtigt zur Erfassung des Investmentprofils weitere Elemente der Behavioral Finance, wie self-attribution bias, overconfidence sowie regret aversion, die aufgezeigt und erläutert werden.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Wissenschaftliche Aspekte bezüglich des Verhaltens von Anlegern
2.1 Mental Accounting – Die Isolierte Betrachtung von Problemen
2.2 Loss Aversion – Die Abneigung Verluste wahrnehmen zu wollen
3 Die Integration verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse in den Beratungsprozess
3.1 Portfolioeffizienz aus Sicht des Kunden
3.2 Das Investmentprofil der Bank Leu
4 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: S-förmige Wertfunktion
Abbildung 2: Zielorientierte versus traditionelle Vorgehensweise
Abbildung 3: Ertrags- und Risikoaussichten zur Deckung laufender Lebensstil-Ausgaben
Abbildung 4: Zusammenhang zwischen möglichem Verlust und geringstem nachhaltigen
Geldmittelzufluss
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Manchmal verhalten sich Individuen wie perfekte Wirtschaftssubjekte und manchmal einfach wie Menschen.1 Folglich werden Entscheidungen von psychologischen Aspekten determiniert, die nicht immer zum Optimum führen.
In der folgenden Arbeit wird der Versuch unternommen, Folgerungen für Beratungskonzepte unter Berücksichtigung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse zu erläutern. Insbesondere die Kenntnis, wie und warum Anleger2 Entscheidungen treffen, kann entscheidend für die Empfehlung von Anlagelösungen sein, zumal ein aus psychologischer Perspektive zufriedener Kunde bereit sein wird eine dauerhafte Beziehung mit einem Berater einzugehen.3 Entscheidend für die Konzeption der Beratungslösungen sind nicht nur die Anlageergebnisse, sondern vielmehr das Wohlbefinden des Kunden in Bezug auf sein Investment während der Anlagephase.4
Die im folgenden dargestellten Beratungslösungen beziehen sich hauptsächlich auf das Private Banking Segment. Eine Abgrenzung zum Retail Banking kann in Bezug auf das frei disponible Geldvermögen der Kundschaft vorgenommen werden. Ab einem disponiblen Vermögen von ca. 300.000 € werden Leistungen des Private Banking angeboten.5
In Abschnitt 2 werden in einem allgemeinen Rahmen einige verhaltenswissenschaftliche Phänomene erläutert, die jeweils in Abschnitt 3 aufgegriffen sowie erweitert werden. In Abschnitt 3.1 wird eine zielorientierte Ermittlung von Anlagelösungen nach Nevins (2004) dargestellt, welche u.a. zum Erhalt laufender Lebensstilausgaben konzipiert sind.6 Ein Beratungsprozess der Bank Leu wird in Abschnitt 3.2 dargelegt, welcher zur Erfassung eines Investmentprofils Elemente der Behavioral Finance berücksichtigt. In Abschnitt 4 wird ein Fazit gezogen.
2 Wissenschaftliche Aspekte bezüglich des Verhaltens von Anlegern
Bevor näher auf die Berücksichtigung sowie Einbindung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse in den Beratungsprozess eingegangen wird, werden vorab in einem allgemeinen Rahmen einige möglicherweise auftretende psychologische Phänomene von Anlegern dargestellt.
2.1 Mental Accounting – Die Isolierte Betrachtung von Problemen
Abrechnungsverfahren liegen bei allen Organisationen von General Motors bis zu einzelnen Personen implizit und/oder explizit vor, so Thaler (1985) in der mit beispielhaften Anekdoten versehenen Einleitung seiner Veröffentlichung.7
Ähnliche Abrechnungsverfahren werden von Individuen auf Grund von Komplexitäts-reduzierungen durchgeführt. Für Engagements wird eine separate Einrichtung mentaler Konten vorgenommen.8 Sowohl für die Herkunft als auch den Gebrauch von Vermögen werden mentale Konten dahin gehend etabliert, dass Aufwendungen in bestimmte Kategorien aufgeteilt werden. Die Kategorisierung der Konten findet derart statt, dass in ihnen eine Verbuchung von Zahlungsströmen bezüglich Haushalt, Freizeit, Bildung etc. vorgenommen wird. Diesen Konten können einzelnen Budgets zugeordnet werden.9
In einer von Kahneman und Tversky (1984) dargestellten Untersuchung wurden Teilnehmer einmal mit der Situation konfrontiert, dass sie bei Eintreffen in einem Theater die schon bezahlte Eintrittskarte im Wert von 10 Geldeinheiten (GE) verloren hatten.10 Knapp mehr als die Hälfte (54%) der Befragten war nicht bereit, nochmals 10 GE für eine neu ausgestellte Eintrittskarte zu zahlen. Die andere Situation wurde so modelliert, dass man sich bei Ankunft in einem T]heater vorstellen sollte, einen Schein im Wert von 10 GE verloren zu haben. Hier war auf einmal der größte Teil (84%) der Befragten bereit, 10 GE für eine Eintrittskarte zu zahlen. Die Differenz der Ergebnisse lässt sich aufgrund der Bildung von mentalen Konten erklären. Ein entstandener Verlust durch den Kauf einer zweiten Theaterkarte übertrifft den Nutzen gezogen aus dem Besuch der Theatervorstellung, so dass hier eine mentale Verbuchung in demselben Konto stattfindet. Im Gegensatz wird der Verlust des Geldscheines auf einem anderen Konto verbucht, welches nicht in direktem Zusammenhang mit dem mentalen Konto bezüglich des Theaterbesuchs gesehen wird, so dass hier die Bereitschaft des Erwerbs einer Theaterkarte weiterhin nach dem Verlust der 10 GE bestehen bleibt.11
Das dargestellte Beispiel macht deutlich, dass Individuen dazu neigen, Entscheidungs-findungen und Bewertungen isoliert für einzelne mentale Konten vorzunehmen. Dies ist insbesondere wegen der Ausblendung von Zusammenhängen zwischen möglichen Engagements von Nachteil.12 Bekanntlich ist bei der Portfolioselektion nach Markowitz der Risikozusammenhang einzelner Wertpapiere entscheidend, sodass eine Gesamtbetrachtung essentiell für die Diversifikation des Portfolios ist.13 Wie trotz mental accounting Teile moderner Portfoliotheorie berücksichtigt werden können, ist Gegenstand des Abschnitts 3.1.
2.2 Loss Aversion – Die Abneigung Verluste wahrnehmen zu wollen
Das Phänomen loss aversion (Verlustaversion) ist dadurch charakterisiert, dass Menschen in den von ihnen errichteten mentalen Konten, Verluste stärker gewichten als Gewinne gleichen Betrages.14 Veranschaulicht wird dies durch eine asymmetrische S-förmige Wertfunktion, welche in Bezug zum Referenzpunkt zum einen steiler im negativen als positiven Bereich ist und zum anderen einen konkaven Verlauf im positiven und einen konvexen Verlauf im negativen Bereich aufweist (vgl. Abb. 1).15 Mit den beschriebenen Eigenschaften der S-förmigen Wertfunktion geht einher, dass Individuen im positiven Bereich Risikoaversion und im negativen Bereich Risikofreude bezüglich der Wahl von Alternativen aufweisen.16 Dieses Phänomen wird auch als reflection effect bezeichnet.17
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: S-förmige Wertfunktion18
Eine Implikation verbunden mit der Verlustaversion ist der so genannte disposition effect (Dispositionseffekt).19 Dieser Effekt kommt beispielsweise zum Vorschein, wenn Anleger Aktien im Gewinnbereich zu früh verkaufen, während Aktien im Verlustbereich nur zögerlich veräußert werden.20 Ursächlich für das zu lange Festhalten an Aktien in der Verlustzone sowie das zu schnelle Veräußern von Aktien in der Gewinnzone ist, dass Individuen Fehlentscheidungen vorbeugen möchten. Beispielsweise würde ein Anleger die frühzeitige Veräußerung der sich im Verlust befindenden Aktien bereuen, wenn diese sich bald wieder erholen würden. Aktien in der Gewinnzone werden deswegen schnell veräußert, um sich zum einen in seiner getroffenen Entscheidung bezüglich der Aktienwahl bestätigt zu sehen und zum anderen sich nicht über einen möglicherweise eintretenden Kursrückgang ärgern zu müssen.21
Pompian (2006) meint sogar, dass Verlustaversion im Rahmen von Anlageentscheidungen nicht toleriert werden darf, denn sie erhöht durch das Festhalten an Verlustaktien das Risiko bezogen auf das gesamte Portfolio, während durch die frühzeitige Veräußerung von Gewinneraktien Renditeeinbußen verursacht werden.22
[...]
1 Curtis (2004), 16
2 im folgenden der Arbeit, werden Kunde und Anleger als Synonym betrachtet
3 Shefrin (2000), 2-3; Pompian (2006), xiii
4 Sanders (2005), 7
5 Stapfer (2005), 5; o.V. (2005a), 41
6 Nevins (2004), 8-22
7 Thaler (1985), 199
8 von Nitzsch/Goldberg (2000), 54
9 Thaler (1999), 184
10 Kahneman/Tversky (1984), 12-13
11 Kahneman/Tversky (1984), 12-13
12 Statman (1999), 20; von Nitzsch/Goldberg (2000), 54
13 Markowitz (1952), 89
14 Kahneman/Tversky (1984), 10-11; Tversky/Kahneman (1991), 1047
15 Kahneman/Tversky (1979), 277-280; Tversky/Kahneman (1991), 1040
16 Kahneman/Tversky (1979), 268-269
17 Ebd.
18 leicht modifiziert nach Kahneman/Tversky (1979), 279
19 Shefrin/Statman (1985), 778
20 Ebd.
21 Shefrin/Statman (1985), 782; von Nitzsch/Goldberg (2000), 135-137
22 Pompian (2006), 211
- Arbeit zitieren
- Diplom-Kaufmann Ananda Müller (Autor:in), 2006, Die Konzeption von Beratungslösungen im Privatkundengeschäft unter Berücksichtigung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124158
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