Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Einfluss der Stimmungslage auf die Anfälligkeit für falsche Erinnerungen. Dies ist von besonderem Interesse, weil bisherige Studien hinsichtlich dieser Frage unterschiedliche Resultate zeigen. Um der Frage auf den Grund zu gehen, ob die Häufigkeit falscher Erinnerungen durch die Stimmungslage beeinflusst wird und ob dies eher mit der Stimmungsvalenz oder mit dem Arousal zusammenhängt, wurden in der vorliegenden empirischen Studie Laborexperimente durchgeführt, in welchen Versuchspersonen mittels einer Stimmungsinduktion in eine bestimmte Stimmung versetzt wurden bzw. werden sollten.
Hierfür fand eine standardisierte experimentelle Manipulation der unabhängigen Variable statt, die in diesem Fall die Stimmung war. Die Probanden wurden zufällig fünf unterschiedlichen Versuchsbedingungen zugeordnet (Entspannung, Ärger, Traurigkeit, Freude und Kontrollgruppe), um den Effekt der jeweiligen Stimmung überprüfen zu können. Mit Hilfe des DRM-Paradigmas fand die Hervorrufung der falschen Erinnerungen statt. Die Stimmungsvalenz und das Arousal wurden mittels des „Aktuelle Stimmungsskala“ Fragebogens sowie des Emotionsgitters (affect grid) erfasst und deren Effekte auf falsche Erinnerungen eingehend analysiert. Die Versuchsgruppen Entspannung, Ärger, Freude, Traurigkeit und Kontrollgruppe wurden auf Unterschiede hinsichtlich der Häufigkeit falscher Erinnerungen überprüft.
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Abstract
I. Theoretischer und empirischer Hintergrund
1 Einleitung
2 Definition des Begriffs Emotion
2.1 Emotion, Stimmung und verwandte Konstrukte
3 Emotionen - Kategoriale und dimensionale Erklärungsansätze
3.1 Vor- und Nachteile der Erklärungsansätze
4 Stimmungsinduktion
4.1 Methoden zur Stimmungsinduktion
4.2 Induktionsmethode Imagination
5 Falsche Erinnerungen
5.1 Formen von falschen Erinnerungen
6 Das Deese/Roediger-McDermott (DRM)-Paradigma
6.1 Die Grundlage des DRM-Paradigmas
6.2 Replikation und Erweiterung von Roediger und McDermott
6.3 Stellenwert in der Wissenschaft
6.4 Theoretische Erklärungsansätze
7 Stimmung und Falsche Erinnerungen
7.1 Theoretische Erklärungsansätze
II. Methode
1 FragestellungundHypothesen
2 Allgemeiner Ablauf des Experiments
3 Studiendesign
4 Material
5 Versuchsablauf
5.1 Stimmungsinduktion
5.2 Reproduktionstest (recall test)
5.3 Wiedererkennungstest (recognition test)
6 Stichprobenanalyse
6.1 Ausreißeranalyse
6.2 Prüfung auf Normalverteilung
7 Messinstrumente zur Stimmungserfassung
7.1 Aktuelle Stimmungsskala (ASTS)
7.2 Emotionsgitter (affect grid)
8 MethodenzuFragestellung
III. Ergebnisse
1 Stimmungsauswertung
1.1 ReduzierteStichproben
2 ErgebnisseFragestellung
2.1 Reproduktionstest (recall test)
2.2 Wiedererkennungstest (recognition test)
IV. Diskussion
1 Diskussion Ergebnisse
2 Methodenkritik
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Anhang
Ehrenwörtliche Erklärung
Zusammenfassung
In mehreren Studien wurde der Effekt der Stimmungslage auf die Anfälligkeit hinsichtlich falscher Erinnerungen mittels des Deese/Roediger-McDermott (DRM)-Paradigmas untersucht. Bisher konnte noch nicht eindeutig geklärt werden, ob die Stimmungsvalenz oder das Arousal (Erregungsniveau) der entscheidende Faktor in Bezug auf die Anfälligkeit für falsche Erinnerungen ist und welche Prozesse diesem Phänomen zugrunde liegen. In dieser empirischen Studie wurden die Stimmungsvalenz und das Arousal der Versuchspersonen durch eine Stimmungsinduktion manipuliert. Es wurden fünf unterschiedliche Versuchsbedingungen aufgestellt: positive Stimmung mit niedrigem Arousal (Entspannung), negative Stimmung mit hohem Arousal (Ärger), negative Stimmung mit niedrigem Arousal (Traurigkeit), positive Stimmung mit hohem Arousal (Freude) und eine Kontrollbedingung. Die Testung der Häufigkeit falscher Erinnerungen erfolgte mit einem Reproduktionstest und einem anschließenden Wiedererkennungstest. Beim Reproduktionstest zeigte sich kein Effekt der Stimmungslage auf die Reproduktion kritischer Items. Beim Wiedererkennungstest zeigte sich ein mäßiger Effekt des Arousals auf die Wiederkennung kritischer Items. Hohes Arousal führte zu einer Erhöhung fälschlichen Wiedererkennens kritischer Items, unabhängig von der Stimmungsvalenz. Hingegen hatte die Stimmungslage in Bezug auf die Distraktoren und kritischen Distraktoren keinen Einfluss. Basierend auf den Ergebnissen konnte keine abschließende Schlussfolgerung getätigt werden. Allerdings brachte diese Untersuchung die Erkenntnis hervor, dass die Stimmungslage mit hoher Wahrscheinlichkeit die Anfälligkeit für falsche Erinnerungen beeinflusst. Aufgrund der nur teilweise effektiven Stimmungsinduktionen dieser empirischen Studie, konnte letztendlich nicht geklärt werden, ob die Stimmungsvalenz oder das Arousal der entscheidende Faktor ist.
Abstract
By utilising the Deese/Roediger-McDermott (DRM)-Paradigm several studies investigated the effect of mood on false memories. Until now it has not been possible to accurately prove whether valence or arousal is the most critical factor in assertive susceptibility to false memories. Furthermore, it is not clear what the basic processes are. In this empirical study, the valence and level of arousal of participants’ were manipulated. Five different conditions were used: positive mood with low arousal (relaxation), negative mood with high arousal (anger), negative mood with low arousal (sadness), positive mood with high arousal (happiness) and a control condition. Memory was tested by means of free recall and following recognition. For recall memory, there was no effect of mood on the susceptibility of critical lures. For recognition memory, high arousal moods evoked more false recognition of critical lures than low arousal moods, regardless of valence. However, there was no effect of mood on distractors and critical distractors. Based on the results, it’s not possible to draw a final conclusion. Nevertheless, this research showed it is most likely the mood which influences susceptibility of false memories. Because of a semi effective mood induction it is not possible to determine whether valence or arousal is the most critical factor.
I. Theoretischer und empirischer Hintergrund
In den folgenden Kapiteln wird auf den theoretischen und empirischen Hintergrund dieser Arbeit eingegangen. Dieser gliedert sich in sieben Kapitel. Zu Beginn dient das erste Kapitel zur Einleitung in die Thematik der Arbeit. Des Weiteren wird ein kurzer Überblick über die gesamte Arbeit vorgelegt. Im zweiten Kapitel wird dargestellt, wie problematisch es für Emotionsforscher ist, eine einheitliche Definition des Phänomens Emotion aufzustellen und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu verwandten Konstrukten bestehen. Anschließend wird im dritten Kapitel auf die unterschiedlichen Erklärungsansätze zur Einteilung von Emotionen und deren Vor- und Nachteile eingegangen. Im Fokus des vierten Kapitels steht die Notwendigkeit einer Stimmungsinduktion, um Emotionen bzw. Stimmungen untersuchen zu können, welche Vor- und Nachteile diese bietet und welche Methoden dafür zur Verfügung stehen. Insbesondere die Imagination wird thematisiert, da diese Induktionsmethode für die vorliegende Arbeit genutzt wurde. Im fünften Kapitel wird darauf eingegangen, was falsche Erinnerungen sind und wie sie experimentell festgestellt wurden. Das sechste Kapitel widmet sich dem Deese/Roediger-McDermott (DRM)-Paradigma, auf welchen Grundlagen es basiert, welchen Beitrag Roediger und McDermott geleistet haben und welchen Stellenwert es in der Wissenschaft erlangen konnte. Darüber hinaus werden die theoretischen Erklärungsansätze für das Phänomen der falschen Erinnerungen im DRM- Paradigma zugrunde gelegt. Schließlich wird im siebten Kapitel auf relevante Studien eingegangen, die den Einfluss von Stimmungen auf falsche Erinnerungen untersucht haben. Des Weiteren werden theoretische Erklärungsansätze für dieses Phänomen dargelegt.
1 Einleitung
Bereits imjahre 1932 untersuchte Bartlett das Phänomen der falschen Erinnerungen. In seinem Experiment The Method of Repeated Reproduction konnte er wissenschaftlich nachweisen, dass sich tatsächlichwahrgenommene Informationen von Erinnerungen unterscheiden können (Bartlett, 1932). In den 1990er stieg das Interesse der Psychologen und der Öffentlichkeit an falschen Erinnerungen aufgrund der erhöhten Anzahl von Fällen, in denen Personen in Therapiekursen von wiederbelebten Erinnerungen berichteten. Diese Umstände bewegten Roediger und McDermott dazu, das Phänomen der falschen Erinnerungen zu untersuchen und über standardisierte Laborprozeduren reliabel zu erheben. Dafür nutzten sie die Forschungserkenntnisse von Deese und erweiterten diese. Als Resultat entstand das DRM- Paradigma. Durch die Verwendung des DRM-Paradigmas gelang es ihnen, falsche Erinnerungen unter Laborbedingungen hervorzurufen (Roediger & McDermott, 1995). Storbeck und Clore (2005) widmeten sich ebenfalls dem Phänomen der falschen Erinnerungen, jedoch lag ihr hauptsächliches Interesse beim Einfluss der Stimmungslage auf die Anfälligkeit für falsche Erinnerungen. Sie stellten fest, dass Probanden in negativer Stimmung weniger falsche Erinnerungen hatten als Probanden in positiver Stimmung. Corson und Verrier (2007) sowie Van Damme (2013) konnten diese Ergebnisse jedoch nicht bestätigen und kamen zum Resultat, dass eher das Arousal (Erregung) die Häufigkeit falscher Erinnerungen beeinflusst.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Einfluss der Stimmungslage auf die Anfälligkeit für falsche Erinnerungen. Dies ist von besonderem Interesse, weil die Studien der erwähnten Autoren hinsichtlich dieser Frage unterschiedliche Resultate zeigen. Um der Frage auf den Grund zu gehen, ob die Häufigkeit falscher Erinnerungen durch die Stimmungslage beeinflusst wird und ob dies eher mit der Stimmungsvalenz oder mit dem Arousal zusammenhängt, wurden in der vorliegenden empirischen Studie Laborexperimente durchgeführt, in welchen Versuchspersonen mittels einer Stimmungsinduktion in eine bestimmte Stimmung versetzt wurden bzw. werden sollten. Hierfür fand eine standardisierte experimentelle Manipulation der unabhängigen Variable statt, die in diesem Fall die Stimmung war. Die Probanden wurden zufällig fünf unterschiedlichen Versuchsbedingungen zugeordnet (Entspannung, Ärger, Traurigkeit, Freude und Kontrollgruppe), um den Effekt der jeweiligen Stimmung überprüfen zu können. Mit Hilfe des DRM-Paradigmas fand die Hervorrufung der falschen Erinnerungen statt. Die Stimmungsvalenz und das Arousal wurden mittels des „Aktuelle Stimmungsskala“ Fragebogens sowie des Emotionsgitters (affect grid) erfasst und deren Effekte auf falsche Erinnerungen eingehend analysiert. Die Versuchsgruppen Entspannung, Ärger, Freude, Traurigkeit und Kontrollgruppe wurden auf Unterschiede hinsichtlich der Häufigkeit falscher Erinnerungen überprüft.
In den folgenden Kapiteln wird diese Arbeit darlegen, auf welchem theoretischen und empirischen Hintergrund die Untersuchung basiert, welche Methodiken zur Erforschung der in dieser Arbeit aufgestellten Fragestellung genutzt wurden, welche Ergebnisse festgestellt werden konnten und wie diese Ergebnisse zu beurteilen sind.
2 Definition des Begriffs Emotion
Laut Schmidt-Atzert, Peper und Stemmier (2014) stößt die Frage nach einer einheitlichen Definition von dem Konstrukt Emotion in der Emotionspsychologie auf besondere Schwierigkeiten. Emotionsforscher neigen dazu, Theorie und Definition zu verwechseln. Die Begründung für diese Problematik liegt beim unzureichenden Wissen über das Phänomen, welches jedoch vorhanden sein muss, um es definieren zu können. Das hat zur Folge, dass Vermutungen über das Konstrukt Emotion, welche empirisch nicht bestätigt sind, in die Definition miteinfließen und die in der Literatur zu findenden Definitionsversuche äußerst unterschiedlich ausfallen.
Fehr und Russel (1984) stellen fest, dass jeder weiß, was eine Emotion ist, bis nach einer Definition gefragt wird. Kleinginna und Kleinginna (1981) erwähnen, dass die weitreichende Variation der vorgeschlagenen Definitionen ein bedeutendes Problem darstellt. Sie sammelten insgesamt 92 Definitionen und versuchten diese in 11 Kategorien einzuteilen. Izard (2009) erklärt sogar alle Anstrengungen, eine weitgreifende Definition von Emotion aufzustellen, für gescheitert. Gendron (2010) kommt zu der Schlussfolgerung, dass es bisher noch nicht einmal möglich ist, wissenschaftliche Kriterien zu identifizieren, die es ermöglichen, Emotionen voneinander zu differenzieren oder sogar Emotionen von Kognitionen zu unterscheiden. Schmidt-Atzert et al. (2014) vertreten die Ansicht, dass eine verbindliche Definition von Emotion erst am Ende eines langen Forschungsprozesses möglich sein wird. Sie stellten folgende Arbeitsdefinition auf, damit es trotz des begrenzten Wissens möglich ist, das Phänomen Emotion zu verstehen: „Eine Emotion ist ein qualitativ näher beschreibbarer Zustand, der mit Veränderungen auf einer oder mehreren der folgenden Ebenen einhergeht: Gefühl, körperlicher Zustand und Ausdruck“ (Schmidt-Atzert et al., 2014, S. 25).
2.1 Emotion, Stimmung und verwandte Konstrukte
Gemäß Dreisbach (2008) unterscheidet die Emotionspsychologie grundsätzlich zwischen Emotion, Stimmung (auch Affekt) und Gefühl. Jedoch machen Bermeitinger und Eckert (2014) darauf aufmerksam, dass die Übergänge zwischen Emotion und Stimmung fließend sind und die Begriffe in der Forschung und im Alltag nicht klar getrennt werden. Ewert (1983) definiert Stimmungen als „Gefühlserlebnisse von diffusem Charakter, in denen sich die Gesamtbefindlichkeit eines Menschen ausdrückt“ (S. 399). Sie wird als eine Figur-GrundMetapher beschrieben. Der Grund versinnbildlicht dabei die Stimmungen, die eine Art Dauertönung des Erlebens darstellen, von dem sich andere Erlebnisinhalte als Figur abheben (Ewert, 1983). Laut Thayer (1989) werden im Allgemeinen drei Unterschiedsmerkmale genannt. Zunächst lässt sich eine Unterscheidung daran festmachen, dass Stimmungen zumeist einen längeren Zeitraum abdecken. Des Weiteren sind Emotionen generell intensiver und schwankender als Stimmungen. Darüber hinaus können die Ursachen, die zu Emotionen führen, zumeist identifiziert werden. Im Gegensatz dazu treten Stimmungen oft ohne einen identifizierbaren Grund auf. Schmidt-Atzert et al. (2014) beschreiben dies mit einem bestimmten Ereignis, wie z.B. das Vordrängeln in einer Warteschlange, wodurch Ärger als Emotion hervorgerufen werden kann und somit eine klar identifizierbare Ursache vorliegt. Wiederum können viele nebensächliche Geschehnisse oder eine Situation aus der Vergangenheit für eine gereizte Stimmung ausschlaggebend sein, ohne dass die betroffene Person dies zwangsweise als Ursache identifizieren kann.
Otto, Euler und Mandl (2000) halten das Unterscheidungskriterium der Objektbezogenheit als das am wenigsten umstrittene Unterscheidungsmerkmal, da es die Möglichkeit bietet „Stimmungen und Emotionen nicht als unterschiedlich, sondern als Abstufungen auf einem grundlegenden Kontinuum emotionaler Prozesse zu betrachten“ (S. 13). Darüber hinaus sehen Meyer, Schützwohl und Reisenzein (1993) prinzipiell alle Unterscheidungsmerkmale als problematisch an, da ohne eine ausführliche Analyse dieser Zustände, die zu einer einheitlichen Definition von Emotion sowie Stimmung führt, jegliche Abgrenzungen fragwürdig seien. Außerdem bemerkt Thayer (1989) unmissverständlich, dass diese beiden Begriffe sowohl in der Umgangssprache als auch in der Fachsprache oft austauschbar verwendet werden. Emotionen und Stimmungen sind für gewöhnlich Zustände des Fühlens, bei denen nur graduelle Unterschiede ausgemacht werden können und daher eine Unterscheidung nicht immer vorgenommen wird.
Laut Dreisbach (2008) wird der Erlebnisaspekt von Emotionen und Stimmungen mit dem Begriff Gefühl in Verbindung gebracht. Schmidt-Atzert et al. (2014) bemerken allerdings, dass es sinnvoll sein kann, von emotionalen Gefühlen zu sprechen, da auch andere Gefühle existieren, wie z.B. das Gefühl, jemanden schon einmal gesehen zu haben. Weiterhin deuten sie auf die unterschiedliche Verwendung des Begriffs Affekt im Deutschen und Englischen hin. In der deutschen Sprache wird unter diesem eine heftige und kurzzeitige Emotion verstanden, wobei dieser in der heutigen Emotionsforschung selten Verwendung findet. Der englische Begriff affect wird als synonym für Emotion oder Gefühl verwendet und weist damit eine ganz andere Bedeutung auf.
Der Begriff Emotion wird in vielen Fällen im Sinne eines Kollektivums verstanden, welcher zusätzlich die Konzepte Stimmung bzw. Affekt und Gefühl umfasst. In diesem Zusammenhang wird er dem BegriffKognition gegenübergestellt (Dreisbach, 2008).
In den folgenden Ausführungen der vorliegenden Arbeit wird sich dieser globalen Betrachtung, sofern nicht anders vermerkt, angeschlossen. Insbesondere die Begriffe Emotion und Stimmung werden bedeutungsgleich eingesetzt, da die aufgestellten Differenzierungskriterien in der Forschung nicht unumstritten sind und beide Begriffe nicht klar getrennt werden.
3 Emotionen - Kategoriale und dimensionale Erklärungsansätze
Kategoriale und dimensionale Erklärungsansätze dienen zur Einteilung von Emotionen bzw. Emotionstheorien. Das Ziel dieser Einteilung besteht in der Strukturierung des Forschungsgegenstands (Schmidt-Atzert, 2009).
Vertreter des kategorialen Erklärungsansatzes gehen davon aus, dass Emotionen aus Basisemotionen bestehen. Es wird vermutet, dass die Basisemotionen angeboren und in unterschiedlichen Kulturen anhand des mimischen Ausdrucks in gleicher Art zu beobachten sind. Sie werden daher als universell und kulturunabhängig angesehen (Izard, 1999; Ekman & Friesen, 1978). In Bezug auf den Umgang mit grundsätzlichen Lebensaufgaben erfüllen sie einen anpassungsfähigen Nutzen (Ekman, 1992). Izard (1994) benennt die Basisemotionen mit den Begriffen Freude, Ekel, Furcht, Zorn, Überraschung, Kummer, Interesse, Geringschätzung, Scham und Schuldgefühl. Laut Petermann und Wiedebusch (2008) werden selbstbezogene, soziale Emotionen, wie z.B. Verlegenheit oder Stolz, als sekundäre Emotionen bezeichnet. Sie entstehen als Folge von Lernprozessen und sind in Bezug auf ihre Ursachen stärker kulturell bedingt.
Kunzmann (2008) zufolge gehen die Vertreter des dimensionalen Erklärungsansatzes von zahlreichen Emotionen und emotionalen Zuständen aus und versuchen diese durch einige grundlegende Dimensionen zu strukturieren und zu klassifizieren. Die Basis des dimensionalen Erklärungsansatzes legte Wundt (1903). Er beschrieb Emotionen durch drei grundsätzliche Dimensionen des psychischen Erlebens. Diese bezeichnete er mit Lust/Unlust (Valenz), Erregung/Beruhigung (Arousal) und Spannung/Lösung. Russell (1980) entwickelte auf Basis dieser Befunde und eigener Forschungen zur multidimensionalen Skalierung von Emotions- und Stimmungsbegriffen das Circumplex-Modell affektiven Befindens (siehe Abbildung 1). Das Modell stellt die unterschiedlichen Befindlichkeiten als Punkte in einem zweidimensionalen Raum mit den Dimensionen angenehm/unangenehm und Erregung/Schlaf dar. Die Analysen zeigen, dass die Befindlichkeiten sich kreisförmig im sogenannten Circumplex-Modell darstellen lassen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1.-Das Circumplex-Modell nach Russell (1980, Fig. 4).
In der Emotionsforschung hat sich herauskristallisiert, dass die Dimensionen Valenz und Arousal, unabhängig vom Stimulusmaterial, im Rahmen der dimensionalen Erfassung von Emotionen, die wichtigsten Beschreibungsdimensionen sind (Schmidt-Atzert, 2009). Zusätzlich werden noch vereinzelt weitere Dimensionen, wie z.B. Dominanz, angegeben (Russel & Mehrabian, 1977). Hinsichtlich allgemeiner Untersuchungszwecke wurde die zusätzliche Varianzaufklärung dieser Dimensionen allerdings als nicht mehr bedeutsam betrachtet (Russel & Barrett, 1999). Die Emotionsforscher sind bei der Benennung der spezifischen emotionalen Zustände betreffend der Valenz und des Arousals unterschiedlicher Ansicht. Einerseits werden diese als „pleasure-misery“ und „sleep-arousal“ (Russel, 1980) oder andererseits als „pleasant- unpleasant“ und „activation“ (Larsen & Diener, 1992) bezeichnet.
3.1 Vor- und Nachteile der Erklärungsansätze
Der Vorteil des kategorialen Ansatzes liegt darin, dass bessere Möglichkeiten zur Differenzierung von Emotionen vorhanden sind. Jedoch besteht noch kein Konsens darüber, wie Emotionen von anderen Zuständen deutlich abgegrenzt werden können. Dies könnte zur Ausweitung zweifelhafter Emotionsqualitäten führen (Schmidt-Atzert, 2009).
Der Vorteil des dimensionalen Ansatzes liegt in der Robustheit der Dimensionen Valenz und Arousal. Diese Robustheit konnte in zahlreichen Untersuchungen bei unterschiedlichen Aspekten (Gefühle, Wörter, Ausdruck) repliziert werden. Die Nachteile dieses Ansatzes liegen in der problematischen Differenzierung von Emotionen wie Angst, Ärger und Ekel. Des Weiteren kann die Arousal-Dimension sowohl mit Energie als auch mit Aufregung/Unruhe assoziiert sein und weist somit eine Mehrdeutigkeit auf (Schmidt-Atzert, 2009).
4 Stimmungsinduktion
Um sich mit der Entstehung und den Auswirkungen von Emotionen auseinandersetzen zu können, ist zunächst deren Verfügbarkeit in empirischen Untersuchungen notwendig. Da es sich bei Emotionen jedoch meistens nur um kurzzeitige episodische Zustände handelt, liegen diese nicht permanent bei jeder Person zur Untersuchung vor. Deshalb werden sie in der experimentellen Forschung einerseits gezielt in ihren natürlichen Entstehungsumständen ergründet. Andererseits werden sie bewusst durch die systematische Manipulation von möglichen Ursachenvariablen erzeugt bzw. induziert, um die Auswirkungen von Emotionen auf andere Variablen feststellen zu können. Zu diesem Zweck wird eine Experimentalbedingung mit einer induzierten Emotion gegenüber einer Kontrollbedingung (frei von jeglicher Induktion) verglichen. Des Weiteren können zwei oder mehrere Emotionsqualitäten wie z.B. positive und negative Stimmung oder Emotionsintensitäten wie z.B. hohe und niedrige Angst in Vergleich gesetzt werden (Studtmann, Otto & Reisenzein, 2009). Es besteht noch eine dritte Möglichkeit, die Auswirkungen von Stimmungen oder Emotionen zu untersuchen. Diese liegt in der Erforschung von Personen, die eine bestimmte Stimmung oder Emotion aufgrund chronischer Erkrankungen wie z.B. einer Depression aufweisen. Eine depressive Person würde bspw. eine depressive Stimmung aufweisen und wäre somit für die Testung einer depressiven Stimmung geeignet. Im Vergleich zu Kontrollprobanden können jedoch aufgrund einer Erkrankung wie Depression nicht nur die Stimmung, sondern auch andere Differenzen vorhanden sein (Bermeitinger und Eckert, 2014).
Eine Induktion von Emotionen bietet laut Studtmann et al. (2009) „gegenüber der Untersuchung von natürlich auftretenden emotionalen Episoden einige unbestreitbare Vorzüge“ (S. 540). Zunächst macht die aktive Auslösung von Emotionen es bis zu einem gewissen Maß möglich, das Ausmaß der Intensität, die Qualität und die Zeitdauer der Emotion zu steuern. Ferner gibt es Emotionen, welche nur gelegentlich im Alltag vorkommen und wenn sie vorkommen, nur schwer zu erfassen sind. Um einen Zugang zu diesen Emotionen zu erhalten, kann unter Umständen eine aktive Induktion von Vorteil sein. Schließlich findet eine Induktion von Emotionen überwiegend in Verbindung mit einer experimentellen Methode statt. Dies hat den Vorteil, dass eine Überprüfung von Kausalhypothesen über die Ursachen oder Wirkungen von Emotionen eher gelingt als mit nicht experimentellen Untersuchungen. Jedoch hat eine Emotionsinduktion im Vergleich zu einer Untersuchung von natürlich auftretenden Emotionen auch Nachteile hinsichtlich der ethischen Verantwortbarkeit, praktischen Ausführbarkeit und ökologischen Validität (Studtmann et al., 2009).
4.1 Methoden zur Stimmungsinduktion
Laut Dreisbach (2008) lassen sich die Methoden zur Induktion von Stimmungen in direkte und indirekte Methoden unterteilen. Sofern die Absicht besteht, eine Versuchsperson mittels einer direkten Induktion in eine bestimmte Stimmung zu bringen, geschieht das über das Zeigen von Filmausschnitten oder emotionalen Bildern, das Abspielen von Musikstücken oder der Aufforderung, sich eine bestimmte Situation vorzustellen. Durch die Nutzung einer dieser Methoden wird die Testperson durchaus zur Kenntnis nehmen, dass sie in eine bestimmte Stimmung gebracht werden soll. Demgegenüber besteht die Möglichkeit der indirekten Stimmungsinduktion. Ein Beispiel für eine indirekte Methode wäre das Überreichen eines Geschenks kurz vor der Untersuchung oder die Mitteilung, dass mit Abschluss der Untersuchung ein kurzer Bericht abgegeben werden soll und dieser mit einer Kamera aufgenommen wird. Alle diese indirekten Methoden führen zwar auch zu einer Stimmungsveränderung, jedoch ist die Versuchsperson sich bei keiner dieser Verfahrensweisen darüber bewusst. Folglich ist es dem Probanden nicht möglich, die Stimmungsmanipulation bewusst zu beeinflussen. Es besteht das Risiko, dass keine Auswirkungen der indirekten Stimmungsinduktion auf das registrierte Verhalten zu beobachten sind. Es ist durchaus denkbar, dass der Versuchsperson das Geschenk nicht gefallen und sie sich auch nicht gefreut hat. In diesem Falle ist es schwierig zu bestimmen, ob dies eventuell an einer gescheiterten Stimmungsmanipulation lag.
Es ist für Forscher von Interesse, wenn standardisierte Methoden zur Induktion von Emotionen zur Verfügung stehen, um diese replizieren oder verwenden zu können. Dies ermöglicht ihnen, bei der Beantwortung einer Fragestellung die gleiche Vorgehensweise wie andere Forscher zu nutzen. Die Nützlichkeit einer Induktionsmethode hängt aber nicht nur von der Standardisierung ab. Um die Brauchbarkeit einer Induktion bewerten zu können, sollten Informationen über die Wirkung der genutzten Methode zur Verfügung stehen. Zu diesen Informationen zählen die Art der ausgelösten Emotionen, wie lange sie andauern und bei wieviel Prozent der Personen die Methode wirkt. Des Weiteren sind auch pragmatische Aspekte von hoher Bedeutung. Dazu zählen u.a. die Einsetzbarkeit in Gruppentestungen, vorhandenes Fachwissen des Versuchsleiters, die Notwendigkeit einer Teilnahme anderer Personen und ob der Versuchsleiter bei der wirksamen Umsetzung der Methode auf bestimmte technische Voraussetzungen angewiesen ist (Schmidt-Atzert et al., 2014). Nicht zuletzt hängt die Auswahl einer Methode zur Stimmungsinduktion letztendlich auch vom Kosten-Nutzen-Verhältnis ab (Dreisbach, 2008).
Lench, Flores und Bench (2011) verwendeten in ihrer Metaanalyse insgesamt 687 Studien im Zeitraum von 1872 bis Ende 2009, in denen erwachsenen Versuchsteilnehmern spezifische Emotionen induziert wurden. Insgesamt nahmen an allen Studien ca. 50000 Probanden teil. Die nun folgende Abbildung 2 von Schmidt-Atzert et al. (2014), die auf Basis der Metaanalyse von Lench et al. (2011) erstellt wurde, gibt einen Einblick über die Wirksamkeit von zehn unterschiedlichen Induktionsmethoden. Hierbei stellten sich Filme und vor allen Dingen Bilder als effektive Induktionsmethoden heraus. Insgesamt lag die Effektstärke bei 0.51.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Effektivität (Hedges g) verschiedener Emotionsinduktionsmethoden (nach Metanalyse von Lench et al., 2011, Tab. 1).
Aus dem Lehrbuch Emotionspsychologie (Schmidt-Atzert et al., 2014, Abb. 2.4.)
Die Darstellung gibt die Wirksamkeit der Induktionsmethoden mit dem Effektstärkemaß an, das laut Schmidt-Atzert et al. (2014) aufzeigt, „um wie viele Standardabweichungen zwei Gruppen von Versuchsbedingungen mit ihren Werten auseinander liegen“ (S. 59).
4.2 Induktionsmethode Imagination
Imagination wird von dem lateinischen „Imago“ abgeleitet und bedeutet ursprünglich Bild, Abbild oder Vorstellung. Forscher im deutschsprachigen Raum nutzen überwiegend den Begriff „Vorstellung“ (Kirn, Echelmeyer & Engberding, 2009). Das Ziel einer Imagination besteht darin, dass eine Person sich möglichst lebhaft eine Situation vorstellt, die sie in eine bestimmte Stimmung hineinversetzt. Um dies zu erreichen, soll die Person sich entweder an ein bestimmtes Ereignis aus der Vergangenheit erinnern, das eine bestimmte Emotion in ihr hervorgerufen hat oder sich eine vorgegebene Situation vorstellen, die sie in eine bestimmte Stimmung versetzt (Schmidt-Atzert et al., 2014). Daher „betonen die Instruktionen die Anschaulichkeit, Detailliertheit und Lebendigkeit der Vorstellungen“ (Otto, 2000, S. 398).
Eine Standardisierung ist zwar gegeben, wenn alle Versuchspersonen sich dieselbe Situation vorstellen sollen, jedoch hat diese Variante den Nachteil, dass das subjektive Empfinden hinsichtlich der Bedeutung der vorgegebenen Situation unterschiedlich ausfallen kann. Aus diesem Grund werden häufiger die eigenen, früheren Erlebnisse der Probanden bevorzugt. Im Allgemeinen unterscheidet sich die Umsetzung einer Imagination von Experiment zu Experiment. Einerseits wird die Versuchsperson aufgefordert, sich eine Situation möglichst lebhaft vorzustellen. Andererseits fordern manche Versuchsleiter ihre Probanden einfach nur dazu auf, an die Situation zu denken. In der Regel wird diese Prozedur dann durchgeführt, wenn die Versuchsperson entspannt auf einem Stuhl sitzt. Gelegentlich wird die Testperson vor einer Imagination in einen entspannten Zustand versetzt. Der Erfolg der Stimmungsinduktion durch eine Imagination hängt insbesondere von den Gedanken an deutliche motorische und organismische Reaktionen in der vorgestellten Situation ab (Schmidt-Atzert et al., 2014).
Der Vorzug einer Imagination als Induktionsmethode liegt zum einem in der relativ einfachen und schnellen Durchführung, zum anderen in einem breiten Spektrum der Möglichkeiten verschiedene Emotionen induzieren zu können. Der Nachteil liegt entweder darin, dass die Zielemotion erwähnt wird oder bei der Vorgabe einer bestimmten Situation unschwer vermutet werden kann (Schmidt-Atzert et al., 2014). Die für den Probanden offensichtliche Emotionsinduktion könnte zu der Annahme verleiten, dass die Befindensangaben nur auf die Aufforderung zur Hineinversetzung in eine bestimmte Stimmung zurückzuführen sind.Jedoch spricht gegen diese Annahme, dass mehrmals physiologische und mimische Veränderungen während einer Imagination registriert worden sind (Stemmier, Heldmann, Pauls & Scherer, 2001).
5 Falsche Erinnerungen
Laut Kühnel und Markowitsch (2009) werden falsche Erinnerungen „als das Erinnern an ein Ereignis definiert, das entweder nie oder auf eine andere Art und Weise erlebt wurde“ (S.93). Sie führen aus, dass Erinnerungen nicht als eine Kopie der erlebten Ereignisse zu betrachten sind, da sie nicht statisch sind und sich im Laufe der Zeit verändern. Andauernde Veränderungen der Erinnerungen können, ohne dass wir davon Kenntnis nehmen, mehrfach zu einer Abweichung der tatsächlich erfahrenen Begebenheiten führen, auch wenn die real zu scheinenden Erinnerungen das Gefühl unabänderlicher Wahrheiten vermitteln. Der Grund liegt in der Funktionsweise des Gedächtnisses, welches sich durch die hohe Anzahl von Informationen aus der Umwelt entwickelt. Das im Gedächtnis abgespeicherte Wissen wird von jeder neuen Wahrnehmung beeinflusst und ist somit nicht unveränderbar. Falsche Erinnerungen sind als unzertrennlicher Teil innerhalb unseres Gedächtnisses anzusehen und können letztendlich bei jeder Person auftreten (Kühnel & Markowitsch, 2009).
Sir Frederic C. Bartlett (1886-1969) war in der Zeit zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg einer der bedeutungsvollsten Forscher in der Experimentellen Psychologie und kann als Gründer der Forschung zu falschen Erinnerungen betrachtet werden (Kühnel & Markowitsch, 2009). Bartlett (1932) ließ Studenten in seinem Experiment The Method of Repeated Reproduction ein indianisches Volksmärchen mit dem Titel The War of the Ghosts anhören, welches sie später in ihren eigenen Worten wiedergeben sollten. Es zeigte sich, dass die Studenten besonders diejenigen Informationen veränderten oder ausließen, die ihren eigenen Interessen oder Neigungen widersprachen. Die Studenten modifizierten bei der Reproduktion der Geschichte zum Teil drastisch. Angesichts der Ergebnisse dieses Experiments konnte Bartlett zunächst wissenschaftlich nachweisen, dass Erinnerungen sich von den tatsächlich wahrgenommenen Informationen unterscheiden können und das Gedächtnis nicht nur von wirklich erfahrenen Informationen geformt wird. Des Weiteren konnte er nachweisen, dass ein längerer Zeitabstand zwischen der Lemphase und der Wiedergabe des Märchens zu stärkeren Variationen der Erinnerungen von den Studenten führte. Schließlich wurde bei dem Experiment ebenfalls ersichtlich, dass sich die veränderten Erinnerungen der Studenten mit dem Vergehen eines längeren Zeitraums weiter festigten und sie letztendlich aufgrund ihrer eigenen Gedanken eine modifizierte Version des ursprünglich gehörten Volksmärchens entwickelten. Kühnel und Markowitsch (2009) übertragen die Erkenntnisse dieses Experiments und betonen, dass das Gleiche auch auf das wiederholte Berichten von Erlebnissen zutrifft, bei denen einige Informationen wegfallen, während andere neue hinzugefügt werden. Ferner ziehen sie ein Vergleich mit den Ergebnissen der Untersuchung von Bartlett und der Bildung von Gerüchten. Die Informationen, welche nicht mit dem eigenen Vorwissen und der eigenen Anschauung übereinstimmen, werden zumeist nicht verarbeitet und wiedergegeben. Jedoch gab und gibt es Kritik zu Bartletts Versuchen, die sich auf die mangelnde Aussagekraft seiner Ergebnisse richten. Diese Kritik bezieht sich auf die von Bartletts genutzte Geschichte, die mangelhaft dafür geeignet ist, um klare Aussagen bezüglich menschlicher Gedächtnisleistungen zu treffen. Nichtsdestotrotz haben Bartletts Forschungsergebnisse eine hohe Bedeutung in der modernen Gedächtnisforschung erlangt.
5.1 Formen von falschen Erinnerungen
Falsche Erinnerungen werden generell in drei verschiedene Formen eingeteilt: Konfabulation, Intrusion und falsches Wiedererkennen bzw. falsche Rekognition (Schacter, Norman & Koutstaal, 1998; Kühnel & Markowitsch, 2009). Allerdings kann es stets zu einerVermischung dieser Formen kommen. Der Begriff Konfabulation stammt aus dem spätlateinischen und wurde erstmals im 15. Jahrhundert verwendet (Kühnel & Markowitsch, 2009). Ursprünglich wurde Konfabulation als Verfälschungen von tatsächlich erfahrenen Geschehnissen definiert, die bei vollem Bewusstsein entstehen und durch eine Gedächtnisstörung ausgelöst werden, dessen Ursache immer organische Hirnschädigungen sind (Berlyne, 1972). Es handelt sich dabei um Erzählungen von vollständig neuen, nicht erlebten Ereignissen, die persönliche Erlebnisse beinhalten können (Schacter et al., 1998). Heidler (2010) definiert Konfabulationen als „verbal geäußerte unwahre Inhalte infolge gestörter Wahrnehmungs- und/oder Gedächtnis(kontroll)prozesse, deren Inkorrektheiten dem Patienten nicht bewusst sind“ (S. 267). Sie führt im Kontrast zu Berlyne nur spontane Konfabulationen mit ausgefallenem Inhalt auf Hirnschädigungen zurück und betont, dass provozierte Konfabulationen zumeist erklärbar sind und auch ohne Hirnschädigungen auftreten können. Darüber hinaus erwähnt sie nicht nur Gedächtnisstörungen, sondern auch gestörte Wahmehmungsprozesse als Ursachen für Konfabulationen (Heidler, 2010).
Intrusionen bezeichnen laut Kühnel und Markowitsch (2009) einzelne Abschnitte eines Erlebnisses. Im Vergleich zu Konfabulationen, die eher einen erzählerischen Charakter haben und über komplizierte Geschichten handeln können, betreffen Intrusionen nur einzelne Bestandteile eines tatsächlich erlebten Ereignisses anstatt von vollständigen Ereignisverläufen. Der Ausdruck Intrusion ist im Fach der Traumapsychologie schon länger geläufig und wird erst seit neuerer Zeit für eine Form von falschen Erinnerungen genutzt. In Verbindung mit falschen Erinnerungen beschreibt dieser die Entstehung von Teilerinnerungen oder Teilinformationen, die zu einem vorherigen Zeitpunkt nicht vorgetragen oder gelernt wurden. Gleichermaßen beziehen sich Intrusionen laut Schacter et al. (1998) auf erfundene Ereignisteile, die in ein tatsächlich stattgefundenes Ereignis eingebunden werden.
Falsche Rekognition bezeichnet einen zuvor nicht gelernten Stimulus, der beim Wiedererkennungsprozess fälschlicherweise als gelernt beurteilt wird. Eine gängige Vorgehensweise falsche Rekognitionen zu erforschen, ist das von James Deese entworfene Paradigma, welches von Henry I. Rödiger 3. und Kathleen McDermott zunächst überarbeitet und 1995 publiziert wurde (Kühnel & Markowitsch, 2009). Durch das Lernen von Wortlisten, die bedeutungsähnliche Wörter beinhalten, können bei Probanden beachtlich viele falsche Rekognitionen provoziert werden. Die Probanden erinnern sich in der Abrufphase an Wörter, die zwar stark mit den gezeigten Wörtern assoziiert sind, jedoch nicht in der Liste vorhanden waren (Roediger & McDermott, 1995). Des Weiteren wurde in Studien, in denen falsche Rekognitionen durch Filmsequenzen provoziert werden, festgestellt, dass diese nicht nur durch filmähnliche Reize hervorgerufen werden, sondern auch durch Reize, die im Film nicht vorkamen (Kühnel, 2006).
Kühnel und Markowitsch (2009) weisen ausdrücklich daraufhin, dass alle drei Formen falscher Erinnerungen miteinander verflochten sind und es in manchen Fällen durchaus problematisch sein kann, wenn diese strikt getrennt voneinander betrachtet werden. Die für den Betroffenen möglicherweise gravierendste Ausprägung von falschen Erinnerungen sind Konfabulationen, da sie zum Teil sehr ausführliche Ereignisberichte enthalten. Intrusionen, die abrupt ohne unmittelbare äußere Einwirkungen entstehen, haben eine gewisse Ähnlichkeit zu Konfabulationen und können daher als Vorstufe angesehen werden. Außerdem weist die Entstehung von falschen Rekognitionen, die durch Bilder oder Wörter beim Abrufvorgang bewirkt werden, auf Gemeinsamkeiten zu provozierten Konfabulationen hin. Allerdings muss dies nicht bedeuten, dass falsche Rekognitionen, die im Rahmen eines wissenschaftlichen Experiments erzeugt wurden, auf das bevorstehende Konfabulieren der Probanden hindeuten. Letztendlich deuten diese Ähnlichkeiten nur daraufhin, dass unter bestimmten Bedingungen und bis zu einem gewissen Ausmaß jeder für die Entstehung von falschen Erinnerungen anfällig ist.
6 Das Deese/Roediger-McDermott (DRM)-Paradigma
In den 1990er stieg das Interesse der Psychologen und der Öffentlichkeit an der Erforschung des Phänomens der Falschen Erinnerungen. Der Grund für den Anstieg des Interesses lag in der Zunahme von Erinnerungen an Misshandlungen, die im Vorfeld eine beträchtliche Zeit unerkannt blieben und erst während eines Therapiekurses zum Vorschein kamen. Daher war es Roedigers und McDermotts Absicht, dieses Phänomen zu untersuchen und falsche Erinnerungen über standardisierte Laborprozeduren reliabel zu erheben. Infolgedessen verwendeten sie für ihre Untersuchung die von der Forschung lange vernachlässigten Erkenntnisse von Deese, um falsche Erinnerungen zu erheben. Darüber hinaus erweiterten sie ihren Forschungsansatz um einen Wiedererkennungstest. Schließlich führten diese Umstände zu der Entstehung des DRM-Paradigmas (Roediger & McDermott, 1995).
6.1 Die Grundlage des DRM-Paradigmas
Die Ursprünge des Paradigmas basieren auf den Forschungsarbeiten von Deese (1959a, 1959b). Dieser widmete sich der systematischen Erforschung des Phänomens der Gedächtnisillusionen. Insbesondere galt seinem Interesse der Untersuchung assoziativer Prozesse und welche Wirkung diese auf die Erinnerung haben.
Deese (1959a) ging in seiner anfänglichen Vermutung davon aus, dass eine hohe Assoziationsstärke unter den Items auf einer stärkeren kognitiven Organisation basierte und schließlich die Reproduktionsleistung positiv beeinflussen sollte. Dementsprechend sollte eine hohe Assoziationsstärke die Anzahl von reproduzierten Items erhöhen und das Auftreten von Intrusionen verringern. Die Assoziationsstärke definierte er als durchschnittliche Frequenz, mit der jedes Listenitem die anderen Items derselben Liste als Reaktionen in der freien Assoziation hervorriefen.
Einerseits registrierte Deese, dass zufällig dargebotene Wörter, zwischen denen in der freien Assoziation eine inhaltliche Verknüpfung bestand, in der Testphase gemeinsam reproduziert wurden und die Sequenz der Reproduktion von deren Assoziationsstärke abhängig war. Ihm gelang es mittels Wortlisten eine Korrelation der Assoziationsstärke zwischen den Wörtern und der fehlerfreien Reproduktion dieser Wörter nachzuweisen. Diese Erkenntnis bestätigte seine erste Annahme. Andererseits bemerkte er, dass die in der Lernphase präsentierten stark assoziierten Wörter mit den auftretenden Intrusionen in der Testphase zusammenhingen. Dies wiederum widersprach seiner Annahme. Daraufhin hatte Deese die Vermutung, dass das Auftreten von Intrusionen von der Assoziationsstärke der Kategorienitems bestimmt wird. Demnach entstanden die falschen Erinnerungen durch die Assoziation mit der Kategorie, wenn nicht alle entsprechenden Kategorienexemplare präsentiert wurden (Deese, 1959a).
Er nutzte seine Erkenntnisse und untersuchte in seiner darauffolgenden Studie die Faktoren, die in der freien Reproduktion zu Intrusionen führten. Als entscheidend für die Entstehung dieser Intrusionen hielt er die assoziative Anordnung der Wortliste. Um seine Hypothese zu stützen, entwickelte er 36 Wortlisten, die jeweils 12 Wörter (Items) mit einem zusammenhängenden inhaltlichen Kontext beinhalteten. Die 12 Wörter jeder einzelnen Liste wiesen dabei eine starke inhaltliche Assoziation zu einem nicht präsentierten Wort auf (Deese, 1959b). Als Beispiel wäre die von Roediger & McDermott genutzte Wortliste mit dem kritischen Wort Schlaf zu nennen, welche sich aus den Wörtern Bett, Ruhe, wach, müde, Traum, aufwachen, Nacht, Nickerchen, Decke, dösen, schlummern, Mittagsschläfchen, Frieden, gähnen, schläfrig zusammensetzt (Roediger & McDermott, 1995). Die Listen wurden Probanden vorgelesen und diese sollten daraufhin die Wörter, an die sie sich erinnern können, frei wiedergeben. Es stellte sich heraus, dass es Deese mit dieser Vorgehensweise gelang, eine hohe Rate von Intrusionen hervorzurufen. In diesem Fall waren die Intrusionen die nicht präsentierten kritischen Wörter, die aufgrund ihrer starken inhaltlichen Assoziation fälschlicherweise erinnert wurden (Deese, 1959b).
Deeses (1959b) Ziel war es festzustellen, warum es zur Entstehung von Intrusionen kommt und weshalb diese sich in ihrer Häufigkeit stark unterscheiden. Er ging davon aus, dass die Wörter aus den einzelnen Listen eine rückwärtige Verknüpfung zu den jeweiligen kritischen Wörtern verursachten. Die Ergebnisse machen deutlich, dass die Häufigkeit des kritischen Wortes bei der freien Reproduktion mit der Rückwärtsassoziationsstärke in Verbindung stand und somit manche der in den Wortlisten präsentierten Wörter eine stärkere inhaltliche Verknüpfung mit den kritischen Wörtern aufwiesen. Hiermit gelang es ihm, seine ursprüngliche Vermutung, dass die Listenzusammenstellung einen Einfluss auf die Auslösung von semantischen Intrusionen hatte, zu stützen.
6.2 Replikation und Erweiterung von Roediger und McDermott
Roediger und McDermott (1995) verwendeten für ihr erstes Experiment sechs der semantisch assoziierten Wortlisten von Deese, welche die höchste Reproduktionsrate von falschen Erinnerungen verursacht haben. Die Wortlisten, die aus 12 Wörtern bestanden, waren alle mit einem kritischen, nicht präsentierten Wort stark semantisch assoziiert. Die Wörter in den Listen waren nach ihrer Assoziationsstärke angeordnet. Das Wort mit der höchsten Assoziationsstärke als erstes und das Wort mit der niedrigsten Assoziationsstärke als letztes. Die Listen wurden den Probanden auditiv präsentiert. Die Aufgabe der Probanden war es, sich alle Wörter zu merken, an die sie sich erinnern konnten. Direkt nachdem die Wörter vorgetragen wurden, sollten die Probanden bei der freien Reproduktion (recall) alle Wörter, an die sie sich erinnern konnten, reproduzieren, ohne dabei zu raten. Sie wurden darauf hingewiesen, zuerst mit den zuletzt gehörten Wörtern zu beginnen. Im Anschluss folgte ein Wiedererkennungstest, der aus 42 Wörtern bestand. Dieser setzte sich einerseits aus 12 in der Lernphase präsentieren Wörtern und andererseits aus 30 nicht präsentierten Wörtern zusammen. Die Versuchspersonen sollten auf einer Ratingskala angeben, wie sicher sie ihr Wiedererkennungsurteil einschätzten („sicher alt“, „wahrscheinlich alt“, „wahrscheinlich neu“, „sicher neu“). Die Ergebnisse des Reproduktionstests zeigen, dass die in der Lemphase vorgelesenen Wörter mit einer Wahrscheinlichkeit von .65 reproduziert wurden. Die falsche Reproduktion der nicht präsentierten kritischen Wörter fand mit einer Wahrscheinlichkeit von .40 statt. Andere Wörter wurden mit einer Wahrscheinlichkeit von .14 selten reproduziert, sodass davon ausgegangen werden konnte, dass die Versuchspersonen während des Experiments nicht geraten haben. Die Resultate des Wiedererkennungstests legen dar, dass sowohl präsentierte Listenwörter mit einer Wahrscheinlichkeit von .86 als auch nicht präsentierte kritische Wörter mit einer Wahrscheinlichkeit von .84 nahezu gleich oft als „alt“ bewertet wurden (false alarms). Die kritischen Wörter wurden in 58% der Fälle mit „sicher alt“ bewertet, sodass im Verhältnis zu den Listenitems (75%) ein vergleichbares hohes Konfidenzrating festgestellt werden konnte. Im Vergleich dazu wurden die leicht assoziierten Wörter (.21) und die nicht assoziierten Wörter (.02) kaum fälschlicherweise wiedererkannt. Außerdem wurde das Konfidenzrating der Versuchsteilnehmer mit 44% respektive 80% der Fälle mit „sicher neu“ bewertet.
Das zweite Experiment von Roediger und McDermott (1995) stand unter dem Vorhaben, die Ergebnisse des ersten Experiments mit einer umfangreicheren Bandbreite von Wortlisten zu replizieren. Zum einen sollte herausgefunden werden, inwiefern eine Verbindung zwischen den reproduzierten Wörtern und den anschließend wiedererkannten Wörtern bestand. Zum anderen sollte überprüft werden, auf welche Weise sich die Rate der falschen Alarme für kritische Wörter im Wiedererkennungstest veränderte, wenn zusätzlich Wortlisten eingefügt werden, die im Vorfeld nicht präsentiert wurden. Darüber hinaus sollten die Probanden im Wiedererkennungstest keine Sicherheitsurteile mehr angeben, sondern zunächst mit „alt“ oder „neu“ urteilen. Zu den als „alt“ bezeichneten Wörter sollte daraufhin ein „remember/know“- Urteil (ich weiß genau, dass ich das Wort gesehen habe/ich habe ein Gefühl der Vertrautheit) gefällt werden. Es wurden 24 Wortlisten mit jeweils 15 assoziierten Wörtern genutzt, jedoch wurden den Versuchspersonen nur 16 Listen präsentiert. Nach der Präsentation der ersten acht Wortlisten sollten die Probanden pro Liste die Wörter frei reproduzieren und nach den anderen acht Listen Matheaufgaben lösen (jeweils nach jeder Liste). Die Wortlisten wurden diesmal mit einem Tonbandgerät vorgetragen. Der Wiedererkennungstest enthielt 96 Items, von denen sowohl 48 präsentierte Listenwörter aus der Lernphase als auch 48 neue Wörter waren. Die neuen Wörter setzten sich einerseits aus den 24 nicht präsentierten kritischen Wörtern aller 24 Listen zusammen. Andererseits wurden sie aus jeweils drei Wörtern, die aus den acht nicht präsentierten Listen entnommen wurden, zusammengestellt. Die Ergebnisse des Reproduktionstests zeigen, dass die Reproduktionsrate der nicht präsentierten kritischen Wörter mit einer Wahrscheinlichkeit von .55 sogar höher war als beim ersten Experiment (-40), welches sechs Wortlisten mit jeweils nur 12 Wörtern beinhaltete. Beim Wiedererkennungstest wurden die nicht präsentierten kritischen Wörter, im Fall der freien Reproduktion der ersten acht Wortlisten (jeweils nach jeder Liste), häufiger falsch wiedererkannt (.81) als bei den darauffolgenden acht Wortlisten, nach denen jeweils Matheaufgaben (.72) gelöst wurden. Des Weiteren war die Rate der falschen „remember“-Urteile nach dem freien Reproduzieren (.58) höher als nach der Lösung von Matheaufgaben (.38). Die Rate der falschen „know“-Urteile war dagegen nach der Lösung von Matheaufhaben (.34) höher als nach der freien Reproduktion (-23).
6.3 Stellenwert in der Wissenschaft
Laut Roediger und McDermott (1995) brachte das DRM-Paradigma durch semantisch assoziierte Wortlisten bedeutungsvolle wissenschaftliche Erkenntnisgewinne hinsichtlich des Phänomens der falschen Erinnerungen hervor. Es konnte nachgewiesen werden, dass durch die Wortlisten falsches Erinnern und falsches Wiederkennen hervorgerufen wird. Laut Payne, Elie, Blackwell und Neuschatz (1996) ermöglicht es sowohl die Erhebung der Häufigkeit der Erinnerungen als auch deren Genauigkeit. Durch die standardisierte experimentelle Vorgehensweise bei der Hervorrufung von falschen Erinnerungen weist das DRM-Paradigma eine annehmbare Objektivität und interne Validität auf. Allerdings verweisen Roediger und McDermott (1995) auf die geringe externe Validität, da die Untersuchungen unter Laborbedingungen mit Studenten stattfanden und somit nur bedingt mit spektakulären Vorkommnissen von falschen Erinnerungen außerhalb des Labors verglichen werden können. Blair, Lenton und Hastie (2002) untersuchten die Reliabilität des DRM-Paradigmas und registrierten, dass die im DRM-Paradigma hervorgerufenen falschen und richtigen Erinnerungen als reliabel angesehen werden können. Letztendlich sind laut Roediger, Watson, McDermott und Gallo (2001) die im DRM-Paradigma produzierten Raten von falschen Erinnerungen die eindrucksvollsten und robustesten, die jemals in der experimentellen Literatur erreicht wurden. Darüber hinaus erwähnen sie, dass diese hohen Raten in zahlreichen Studien repliziert werden konnten.
6.4 Theoretische Erklärungsansätze
Die Erfinder des DRM-Paradigmas haben die Aktivierungs-Monitoring Theorie als Erklärung für das zuverlässige Hervorrufen von falschen Erinnerungen im DRM-Paradigma herangezogen. Die Theorie besagt, dass die Entstehung von falschen Erinnerungen im DRM- Paradigma auf zwei Prozesse, Aktivierung und Monitoring, zurückzuführen ist. Beim ersten Prozess der Aktivierung findet die unbeabsichtigte Aktivierung des nicht präsentierten kritischen Wortes durch die Listenwörter statt (Gallo & Roediger, 2002; McDermott & Watson, 2001; Roediger & McDermott, 1995). In diesem Zusammenhang ist die Theorie der Aktivierungsausbreitung von Collins und Loftus (1975) von Bedeutung. Diese besagt, dass Gedächtnisinhalte in semantischen Netzwerken aus Knoten bestehen und über assoziative Zusammenhänge unterschiedlich stark miteinander verknüpft sind. Sie besagt weiterhin, dass eine Aktivierung eines Knotens im semantischen Netzwerk eine Aktivierung inhaltlich verwandter Knoten zur Folge haben kann. Dies ist davon abhängig, wie stark die Verbindung zwischen diesen Knoten ist (Collins und Loftus, 1975). Auf Basis dieser Theorie lässt sich für das DRM-Paradigma ableiten, dass der Knoten des nicht präsentierten kritischen Wortes im semantischen Netzwerk durch das Lernen jedes einzelnen inhaltlich ähnlichen Listenwortes mitaktiviert wird. Die Gedächtnisgenauigkeit wird im Monitoring, einem bewussten Kontrollprozess, überwacht. In der Einprägungsphase kommt es zur Entscheidung, ob ein bestimmtes Wort tatsächlich präsentiert (externe Quelle) oder selbst generiert (interne Quelle) wurde. Falls in der Einprägungsphase eine Aktivierung eines nicht präsentierten Wortes stattfindet, d.h. wenn ein Wort eigenständig generiert (interne Quelle) und fälschlicherweise als Listenitem erkannt wird, ist es die Aufgabe der Kontrollinstanz des Monitorings, dieses Wort wieder auszusortieren. Eine Fehlfunktion des Monitorings führt zu falschen Erinnerungen (McDermott & Watson, 2001).
Nach einer anderen Theorie (Fuzzy-Trace Theorie) werden Erfahrungen auf zwei getrennten Gedächtnisspuren verarbeitet und gespeichert. Zum einen auf den verbatim- Gedächtnisspuren, welche die Oberflächenmerkmale einer Erfahrung mit ihren spezifischen Einzelheiten beinhalten. Sie sind gekennzeichnet durch eine lebhafte Form des Erinnerns und knüpfen bewusst am Item und Kontext an. Zum anderen die gist-Gedächtnisspuren, die den wesentlichen Bedeutungsgehalt eines Ereignisses enthalten. Der Abruf von gist- Gedächtnisspuren stützt üblicherweise eine allgemeine Form des Erinnerns. Das Ereignis wird nicht detailliert abgerufen, sondern beruht eher auf einem Gefühl der Vertrautheit, dabei werden nicht erlebte Einzelheiten mit vorherigen erfahrenen Einzelheiten (Vorwissen) in Verbindung gesetzt. Die Speicherung von verbatim- und gist-Gedächtnisspuren erfolgt parallel, der Abruf hingegen sequentiell. Das Zusammenspiel beider Gedächtnisspuren führt zu richtigen Erinnerungen, während falsche Erinnerungen zustande kommen, wenn die Erinnerung hauptsächlich über die gist-Gedächtnisspur abläuft (Brainerd & Reyna, 2002). Demnach geht die Fuzzy Trace Theorie davon aus, dass gewöhnlich die Bewertung durch Vertrautheitsgefühlen die Hauptursache für die Entstehung von falschen Erinnerungen ist (Brainerd, Reyna & Kneer, 1995).
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