Der Künstler ist in den Werken von Thomas Mann ein beliebtes Sujet. In dieser Arbeit wird untrsucht, wie der Autor die Entwicklung seines Protagonisten zum Künstler gestaltet.
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Inhaltsverzeichnis
Die Entwicklung der Künstlerschaft Tonio Krögers in der gleichnamigen Novelle Thomas Manns
Andersartigkeit und Auseinandersetzung mit dem Bürgertum ( bis 16. Lebensjahr )
Kunst um der Kunst willen : Ästhetisierung und Professionalisierung (16. – 30. Lebensjahr)
Synthese von Künstler und Bürger
Quellenangaben
Die Entwicklung der Künstlerschaft Tonio Krögers in der gleichnamigen Novelle Thomas Manns
Die Novelle "Tonio Kröger" entstand im Zeitraum zwischen 1899 und 1903 . Erstmals wurde sie im Februarheft der "Neuen Deutschen Rundschau" im Jahre 1903 in Berlin herausgegeben. Im gleichen Jahr wurde sie in den Novellenband "Tristan. Sechs Novellen" aufgenommen. In der Novelle finden sich viele Parallelen zu dem Leben des Autors selbst. Thomas Mann wuchs in der norddeutschen Stadt Lübeck auf und war der Sohn eines Senatoren- und Kaufmannehepaares . Seine Mutter stammte aus Süd – Amerika und förderte die Kinder u.a. im künstlerischen Bereicht ( Gesang , Gedichte, Literatur, Theater ) . Einem eher mäßigen Schulabschluss folgte ein längerer Aufenthalt in Italien , wo u.a. auch der Roman "Die Buddenbrooks" entsteht. Thomas Mann kämpft in seinem Inneren ebenso mit der Frage nach dem Künstlertum bzw. mit der Entscheidung für Kunst oder Bürgerlichkeit. . Anregungen zu dieser Novelle erfuhr Thomas Mann u.a. auch auf einer Dänemark – Reise vom 11. bis 16. September 1898 . Bei einem Besuch seiner Heimatstadt Lübeck entging er – wie sein Protagonist in der Novelle , nur knapp einer Verhaftung wegen Hochstapelei . Anschließend folgte ein Aufenthalt in Aalsgaard / Dänemark , wo er mit der Konzeption der Novelle begann . "Tonio Kröger" gilt als das literarische Lieblingskind Thomas Manns.
Andersartigkeit und Auseinandersetzung mit dem Bürgertum ( bis 16. Lebensjahr )
Den ersten Teil der Novelle bildet die Beschreibung von Tonio Krögers Kindheit und Jugend ( etwa bis zum 16. Lebensjahr ) . Anhand zweier beispielhafter Situationen wird Tonios Einstellung zum Bürgertum , seine ambivalent innere Welt und sein Drang zum Künstlertum beschrieben. Bildet das erste Kapitel noch eine eher episch angelegte vom Autor berichtende Erzählung mit gelegentlichen Einschüben von Gedanken Tonios , so zeichnet das folgende Kapitel das Bild einer bürgerlichen Tanz- und Anstandsstunde , einer einzelnen Situation , in der erhöhter Wert auf die Darstellung von Vorgängen in Tonios Innenleben - seine Gefühle , Gedanken , seine innerliche Zerrissenheit - gelegt wird.
Die Rahmenhandlung des ersten Kapitels bildet ein nachmittäglicher Spaziergang Tonio Krögers mit seinem Schulkameraden Hans Hansen . Tonio Kröger wird als Sohn der Kaufmanns- und Konsulfamilie Kröger präsentiert , als Kind angesehener Eltern ( aufgrund des öffentlichen Amtes und des wirtschaftlichen Erfolgs des Vaters ) und wohnt im hochherrschaftlichsten Haus der Stadt ( Lübeck ) . Er hat braune Haare und Augen der gleichen Farbe , die zart umschattet sind und ein wenig zaghaft und verträumt in die Welt blicken. Sein Gesicht ist südlich – scharfgeschnitten und besitzt ein ungewöhnlich weich gebildetes Kinn und einen ebensolchen Mund . Sein Gang ist nachlässig und ungleichmäßig . Der Leser erfährt , dass Tonio kein guter Schüler sei . Konsul Kröger , Tonios Vater, reagiert darauf mit Zorn , Enttäuschung und Strenge , doch unternimmt er nichts ernsthaftes, Tonio wieder auf den vermeintlich richtigen , den bürgerlichen Weg zu bringen . So verbringt Tonio auch weiterhin seine Freizeit mit dem Geigenspiel , mit Träumen und dem heimlichen Schreiben von Versen . Ebenso widmet er sich der Lektüre von klassischer Literatur ( Schiller „Don Carlos“ ) . In seinen Freizeitaktivitäten und seiner künstlerischen Neigung folgt er dem Wesen seiner südländischen Mutter , die sein Vater einstmals „von ganz unten auf der Landkarte“ nach Lübeck geholt hatte und die sich augenfällig von den anderen Damen der norddeutschen Stadt abhob . Auch Tonios ungewöhnlicher Vorname hat sein Vorbild in der Verwandtschaft der Mutter ( Bruder Antonio der Mutter ) .Consuelo Kröger verhält sich gegenüber den bürgerlichen Normen und Einstellungen ihrer Umwelt nicht unbedingt konform. Sie legt wenig Wert auf die Ansichten ihrer Mitmenschen ihr gegenüber und lebt ihr Leben . Über Tonios schlechte Noten geht sie mit Liedern und Zärtlichkeiten hinweg.
Tonio empfindet seine eigene Existenz als andersartig und verschieden von der seiner Mitmenschen . Immer wieder gerät er in Situationen , die ihm verdeutlichen , dass seine Art und seine Einstellung zu seiner Umwelt eine andere ist als beispielsweise die seines Schulkameraden Hans Hansens . Hans Freizeitaktivitäten unterscheiden sich stark von denen seines Klassenkameraden. Allesamt gehören seine Beschäftigungen dem bürgerlichen Kanon an und sind größtenteils auf Leistung oder bürgerliches Ansehen und Verhalten ausgerichtet : Reitstunden , Rudern , Segeln , Schwimmen , Laubsägearbeiten und das Betrachten von Pferdefotobänden als einziger Lektüre neben den Schulbüchern. Hans ist Klassenprimus und genießt bei Schülern und Lehrern hohes Ansehen, was nicht nur auf seine Herkunft aus einem angesehenen großbürgerlichen Elternhaus zurückzuführen ist . Hans ist mit seiner gesellschaftlichen Position und Rolle einverstanden und akzeptiert sie in vollem Umfang , wie die Normen und Werte , die von der Außenwelt an ihn herangetragen werden . Er passt sich seiner Umwelt an ,ist selbstsicher und verwöhnt und unterscheidet sich auch im äußeren Erscheinungsbild von Tonio . Sein Haar ist blond, sein Gang taktfest und elastisch , er hat stahlblaue Augen und einen scharfen Blick . Hans Verhalten divergiert stark zwischen Privatem und Öffentlichem . So unterhält er sich beispielsweise auf seinem Sparziergang mit Tonio über Literatur , schwenkt aber sofort auf ein anderes , weniger verfängliches Thema (Reitstunden) , als eine dritte Person ( Erwin Jimmertal ) hinzutritt .Sogleich wird auch die Abneigung Hans’ gegenüber dem Vornamen Krögers kundgetan, obgleich er ihn wenige Minuten zuvor noch bei selbigen genannt hat . Tonio erlebt durch die Freundschaft mit Hans widersprüchliche Empfindungen . Einerseits ist er ihm liebevoll zugetan und versucht Gemeinsamkeit in ihren geistigen Interessen herzustellen. Für seine Zuwendung erhält er von Hans Achtung und Dankbarkeit. Andererseits plagt Tonio eine gewisse Eifersucht gegenüber den Menschen , denen diese Gemeinschaft offensichtlich anheim ist , sowie die Enttäuschung über Hans’ widersprüchlichem Verhalten ihm gegenüber . Auch in seiner eigenen Person ist Tonio von der Ambivalenz berührt . Sein nordischer Anteil , welcher durch den Einfluss seines Vaters in ihm verwurzelt ist , stellt immer wieder seine Person und seine künstlerischen Neigungen und Aktivitäten in Frage. Einerseits ist ihm das Schreiben von Versen ein liebgewordenes Hobby . Er verachtet seine Mitschüler und Lehrer aufgrund ihrer ablehnenden Reaktion , findet sie „dumm und gemein“[1], andererseits kann er aber auch nachvollziehen , warum seine literarischen Versuche Anstoß erregen . Auch ihm kommt die Beschäftigung ausschweifend und ungehörig für einen Bürgerssohn vor ( „Wir sind doch keine Zigeuner im grünen Wagen.“ Seite 14 ), aber er kann ( oder will ) dennoch nicht von ihr lassen.
Auch das Leben des 16-jährigen Tonios ist noch immer von den gleichen Widersprüchen bestimmt. Mittlerweile gehört seine Zuneigung nicht mehr Hans sondern der Arzttochter Inge, mit der er u.a. die Tanz und Anstandsstunde des Monsieur Knaack besucht. Ihr Äußeres gleicht dem Hans’ . Auch sie hat blonde Haare und blaue Augen , auch sie ist mit ihrer gesellschaftlichen Rolle einverstanden und im Reinen . Sie hat wie Hans kein (wirkliches) Interesse an seinen literarischen Versuchen ( anders als Magdalena Vermehren ) . Das Kapitel ist so gestaltet , dass die gestörte Kommunikation zwischen Tonio und seiner bürgerlichen Umwelt deutlich zu Tage tritt , „denn seine Sprache ist nicht ihre Sprache .“[2] Seine Einstellung zu der ihn umgebenen Situation ist distanziert ( stärker als zwei Jahre zuvor gegenüber Hans ) , was auch Tonios Rückzug an das Fenster noch einmal symbolisch verdeutlicht . Noch immer hat Tonio die Hoffnung , seine Zuneigung bzw. Gefühle könnten von Inge erwidert werden , doch weiß er in seinem Inneren , dass dies nicht real werden wird ( „Dergleichen geschah nicht auf Erden.“ Seite 34 ) . Seine literarischen , d.h. künstlerischen Aktivitäten – so ist er sich sicher – werden auch bei möglichem Erfolg seinerseits als Schriftsteller niemals von Inge anerkannt und geschätzt bzw. nicht ihre Interessen streifen. "Es würde keinen Eindruck machen , nein . Das war es ja ."[3] Tonio entfernt sich innerlich wie äußerlich immer mehr der Oberflächlichkeit und Bürgerlichkeit seiner Mitmenschen und wendet sich der eigenen Person , d.h. seiner Künstlerschaft zu.
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[1] Seite 13
[2] Seite 36
[3] Seite 35
- Citar trabajo
- Wencke Thiele (Autor), 2001, Die Entwickung der Künstlerschaft in Thomas Manns "Tonio Kröger", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124048
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