Im Folgenden möchte ich zunächst erläutern wie sich familiäre und andere außerschulische Einflüsse auf die Entwicklung des Kindes auswirken, um danach Chancen und Möglichkeiten der Lehrer aufzuzeigen diese vorgeprägten Schüler und ihr Sozialverhalten zum Positiven hin zu verändern. Schwerpunkt dabei sollen die allzeit umstrittenen Kopfnoten zur schriftlichen Beurteilung auf den Zeugnissen und deren Alternativen sein.
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Inhalt
1. Einleitung
2. Auswirkungen außerschulischer Einflüsse auf die Kindesentwicklung
3. Möglichkeiten zur positiven Veränderung des Sozialverhaltens
3.1 Kopfnoten
3.1.1 Pro – Die Schwächeren profitieren
3.1.2 Contra – Das Zeugnis bleibt ein Leben lang
3.2 Allgemeine Beurteilung
3.3 Achtsamkeit und Anerkennung
4. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Monographien:
Internetangaben:
1. Einleitung
Lehrerinnen und Lehrer wissen alles über das Fach, das sie studiert haben, sie wissen viel über Didaktik und Methodik des Unterrichts, sie wissen einiges über Entwicklungs-psychologie, aber sie wissen wenig über die Kunst, Verhaltensstörungen entgegenzuwirken, Werte erfolgreich zu vermitteln und soziales Verhalten aufzubauen. Daher hat sich in der Schule ein bedenklicher Habitualisierungseffekt eingestellt. Gewöhnung an soziales Fehlverhalten hat bei der Lehrerschaft zu überhöhter Duldsamkeit und bei der Schülerschaft zu ständiger Nachahmung geführt. Die Vokabeln, die zur Kennzeichnung des Schülerverhaltens benutzt werden, entbehren nicht eines dramatischen Akzentes: Aggression, Körperverletzung, Drogengenuss, Diebstahl, Erpressung, Sachbeschädigung, Prügeleien, Arbeitsverweigerung, Schwänzen.
So ertönt in schöner Regelmäßigkeit der Ruf nach mehr Erziehung. „Erziehender Unterricht“ oder gar die „Sozialpädagogisierung der Schule“ wird gefordert.[1] So heißt es dann, Schule müsse mehr als nur Wissen vermitteln, sie solle ihren Erziehungsauftrag ernst nehmen und das Schülerverhalten damit positiv beeinflussen. Doch wenn man die derzeitigen Verhältnisse ändern will, muss man dafür sorgen, dass alle am Schulehalten Beteiligten für die Problematik sozialen Fehlverhaltens sensibilisiert werden und dass Lehrerinnen und Lehrer effektive Mittel an die Hand gegeben werden, das Verhalten ihrer Schülerinnen und Schüler zu beeinflussen.
Der Begriff Sozialerziehung geistert unlängst durch die pädagogische Fachliteratur und durch die amtlichen Richtlinien und Lehrpläne. „Erziehungsziel: Friedliche, freundliche, einfühlsame, kooperative, kommunikative und in jeder Beziehung sozialkompetente Jugendliche.“[2] Wie konnte es nun passieren, dass die Lehrerschaft nun trotzdem mit Gewalt und Aggression zu kämpfen hat?
Im Folgenden möchte ich zunächst erläutern wie sich familiäre und andere außerschulische Einflüsse auf die Entwicklung des Kindes auswirken, um danach Chancen und Möglichkeiten der Lehrer aufzuzeigen diese vorgeprägten Schüler und ihr Sozialverhalten zum Positiven hin zu verändern. Schwerpunkt dabei sollen die allzeit umstrittenen Kopfnoten zur schriftlichen Beurteilung auf den Zeugnissen und deren Alternativen sein.
2. Auswirkungen außerschulischer Einflüsse auf die Kindesentwicklung
Wie schon angedeutet vollzieht sich soziales Lernen nicht vorwiegend in der Schule. Kinder kommen nicht als unbeschriebene Blätter in die Schule. Schon in der ersten Klasse kann man feststellen, dass die Schüler mit außerordentlich unterschiedlichen Verhaltensrepertoires in Erscheinung treten. Freunde und Verwandte, zerbrochene Familien, problematisches Erziehungsverhalten der Eltern, soziale Desorientierung und Entkopplung, das allgemein schlechte Vorbild der Erwachsenen sowie die Medien haben das Sozialverhalten der Kinder bereits geprägt, und sie prägen es weiterhin. Dabei müssen Lehrer immer wieder betrübt feststellen, dass die genannten Miterzieher durchaus nicht mit der Schule an einem Strang ziehen. Darüber, welche Werte, Normen und Tugenden Geltung besitzen, besteht zwischen Eltern, Schule und Medien keine Übereinkunft.[3]
Kinder können, wenn man ihnen kaum die Möglichkeiten zur sozialen Betätigung bietet, nur schwer soziales Verhalten entwickeln.
„Erfahrungsmangel mit Geschwistern, Scheidungen, Rumpffamilien, Ausgrenzung der Großeltern, Abnahme der Betreuung der Kinder wegen Ausübung des Berufes, Isolierung in der Wohnumgebung, fehlende Spielplätze, schlechte Vorbilder im Straßenverkehr und immer wieder die Konfrontation mit jener Scheinwelt des Fernsehens, die soziales Leben in den Kitsch der Serien verbannt.“[4]
Grundschulen werden sich aus diesen genannten Gründen der Aufgabe nicht entziehen können, eine Art Nachhilfe bei der Ausprägung sozialen Verhaltens zu leisten.
Unabhängig vom Anteil, mit dem biologische Dispositionen – also genetische, chromosomale, hirnstrukturelle und hirnphysiologische Faktoren, die das Auftreten von z.B. Gewalt und Aggression fördern[5] – die Entwicklung von Verhaltenseigenschaften steuern, beeinflusst vor allen Dingen das Familienleben und dessen Umstände die Kinder am meisten. Dabei wird eine Vielzahl einander beeinflussender Faktoren deutlich.
Abhängig von der selbst erfahrenen Erziehung und etwaiger Persönlichkeitsentwicklung bzw. -störung im Erwachsenenalter ergibt sich der Erziehungsstil der Eltern: erzieherisches Engagement, Permissivität, Offenheit, Manipulation, Verantwortung, Reflexion, Inkonsistenz, konservative Strenge, Kommunikationsschwierigkeiten, Unausgeglichenheit und elterliche Selbstkritik, welche vorwiegend in Familien mit geringem Zusammengehörigkeitsgefühl, verarmter Ausdrucksfreudigkeit, hoher Konfliktneigung, geringer Selbstständigkeit und Intellektualität bei wenig aktivem Freizeitverhalten vorkommt.[6] Zusätzlich nehmen auf das elterliche Erziehungsverhalten Faktoren Einfluss wie Identitätsprobleme bei einseitigen Koalitionsbildungen und Disharmonien in der Familie, die soziale Schichtzugehörigkeit, die auch nachweisbar ein Prädiktor für den Schulerfolg der Kinder ist – sprich soziale Ungleichheit im Beruf, Einkommen und Ausbildung –, und etwaige elterlichen Bemühungen um eine günstige Familienatmosphäre, in der bereits Werte vermittelt und praktiziert werden. So gibt es „demokratische“ Familien mit sozialintegrativem Erziehungsstil und „autokratische“ mit autoritärem Verhalten der Eltern.
Die erzieherische Effizienz dieser beiden Formen wiederum wird bestimmt von Faktoren wie Familienstruktur, Persönlichkeitsmerkmale einzelner Familienmitglieder, die Verteilung ihrer Machtstrukturen, ihre Ängstlichkeitsniveaus, die Familiengröße, Alters- und Bildungs-unterschiede, Akzeptierung elterlicher Rollen, vorhandene Normvorstellungen sowie andere Merkmale. Sie alle sind in ihren wechselseitigen Abhängigkeiten und Auswirkungen auf kindliches Intelligenz-, Spiel-, Sozial- o.a. Verhalten unterschiedlich bedeutsam.[7]
Sicher ist es auch nicht uninteressant wie das Verhältnis zwischen elterlicher Strenge-dimension (Druck, Tadel, Bestrafung, Verbote) und Unterstützungsdimension (Lob, Zuwendung, Förderung, Gebote) ist; denn das Verhalten des Kindes resultiert aus dem System der Normenorientierung in der Erziehung. Unterstützend Erzogene bewerten viele Reize positiv (Personen, Objekte, Situationen), bejahen soziale Spielregeln, sind selbstsicher, aktiv, haben Hoffnung auf Erfolg und sehen optimistisch in die Zukunft. Außerdem haben sie eine ausgeprägte „Schulbegabung“ (gute Schulleistungen, großer Wortschatz, ausgeprägtes intellektuelles Verständnis). Streng Erzogene hingegen tendieren zu einem ängstlichem und unsicherem Verhalten, sie sind weniger tolerant, übertreten seltener Verbote, sind wenig aktiv und vermeiden es sich anzustrengen. Sie sind eher pessimistisch eingestellt und haben Angst vor Misserfolg[8]. Natürlich kann man dies als rein hypothetisch abtun, doch existieren eine Vielzahl von Studien, die diese Aspekte bestätigen.
Gehen die Eltern inkonsequent mit Regeln um, wird die Kontrolle der Regeleinhaltung vernachlässigt und aggressives Verhalten geduldet oder gar verstärkt, treten sie selbst aggressiv in der Familie auf, zeigen die Eltern zu wenig Interesse an den Aktivitäten des Kindes und beaufsichtigen sie nur unzureichend, so kann man sicher sein, dass damit ein aggressives Verhalten des Kindes gefördert wird. Ursache hierfür ist oft eine antisoziale Persönlichkeitsstörung, eine Substanzabhängigkeit (Drogenabhängigkeit) eines Elternteils oder in den meisten Fällen Eheprobleme (z.B. Streit über den Erziehungsstil) und elterliche Spannungen als Zeichen emotionaler Unausgeglichenheit oder Arbeitslosigkeit, Schulden, psychische Probleme. Die Folge ist nicht selten, dass sich die Eltern scheiden lassen oder das Kind ein Elternteil verliert. Sogenannte „broken homes“ findet man besonders in Familien, die den sog. „unteren sozialen Schichten“ angehören.[9] Natürlich ist es „sehr wichtig, hier keine Schuldzuweisungen zu machen!! Eltern handeln so, weil sie nicht anders in ihrer Situation können und weil sie niemanden finden, der ohne Besserwisserei ihnen Wege aus dem Dilemma aufzeigt.“[10] Doch das subjektive Erleben und Deuten von familiären Situationen durch das Kind bleibt nicht ohne Wirkung auf das konkrete Verhalten.
Weitere Einflussfaktoren sind die verschiedenen Bedingungsvariablen des Lebensraumes. Unter welchen Umständen lebt das Kind? Der Zustand des Wohnviertels bzw. des Hauses, in dem das Kind wohnt, die Anzahl und das Alter der Kinder unter 18 Jahren, Unterhaltung des Kindes bei Tisch, Vorschul- bzw. Kindergartenbesuch oder auch die Anzahl der kulturellen Erfahrungen, die das Kind in der Woche hat sind hierbei zu berücksichtigen. Ökologische Bedingungen, die zugelassenen sozialen Interaktionen und die Geschwistersituation spielen ebenso eine Rolle wie die Bildungsmotivation der Eltern, und damit den für das Kind von ihnen angestrebten Ausbildungsgrad.
3. Möglichkeiten zur positiven Veränderung des Sozialverhaltens
Die Lebensumstände vieler Schüler bilden den Nährboden für die Entwicklung sozialen Verhaltens. Emotionale und physische Deprivation, aggressives Modellverhalten der Eltern und der ständige Konsum gewaltverherrlichender Filme sind nicht eben dazu angetan, friedliche und freundliche Kinder hervorzubringen. Und niemand wird bestreiten, dass genau diese Kinder ihr Verhalten zum Positiven wenden würden, wenn man ihnen ein anderes, günstigeres Lebensumfeld bieten könnte. Aber hier liegt das Problem. Man kann als Lehrer keinen „Elterntausch“ vornehmen, man kann keinen Wohnungswechsel veranlassen, und der eigene Einfluss auf die Fernsehgewohnheiten der Kinder ist gering. Für den Lehrer bleibt nur, sich über Elternbriefe, Elternabende und andere Maßnahmen in sehr unvollkommener Weise an die Väter und Mütter zu wenden.
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[1] Vgl. Jochen Korte: Sozialverhalten ändern! Aber wie?. Ideen und Vorschläge zur Förderung sozialen Verhaltens an Schulen. Weinheim und Basel: Beltz 1996, S. 15.
[2] Ebd. S. 17.
[3] Vgl. Korte 1996, S. 21.
[4] Ebd. S. 24.
[5] Frühe Anzeichen von Jugendgewalt und Jugendkriminalität. http://www.i-gsk.de/3_3.htm (27.08.08)
[6] Vgl. Marianne Faßheber: Auswirkungen familiärer und schulischer Einflüsse auf die Entwicklung von Kindern. Eine Längsschnittuntersuchung von der Vorklasse bis zum fünften Schuljahr. Göttingen: Verlag für Psychologie 1980, S. 27.
[7] Ebd. S. 5.
[8] Ebd. S. 26.
[9] Vgl. Frühe Anzeichen von Jugendgewalt und Jugendkriminalität. http://www.i-gsk.de/3_3.htm (27.08.08)
[10] Ebd.
- Citation du texte
- Christoph Neupert (Auteur), 2008, Möglichkeiten der Veränderung des Sozialverhaltens bei Grundschülern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124029
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