Die vorliegende Arbeit zeigt auf, dass neben ökonomischen Determinanten der Vergütung es auch stets sozial-psychologische Determinanten gibt, die die Höhe der Vergütung beeinflussen können. Die ökonomischen Theorien gehen vom begrenzt rationalen Verhalten sowie von einer Unabhängigkeit der Aufsichtrats- bzw. Boardmitglieder aus. Jedoch kann aufgezeigt werden, dass die Akteure im Vorstand als auch im Aufsichtsrat vom rationalen Verhalten abweichen und darüber hinaus weit weniger unabhängig sein können als es die ökonomischen Theorien annehmen. Soziale Einflussmechanismen können nämlich zu einer Abhängigkeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat führen, die Abkehr vom rationalen Verhalten fördern und ferner die Vergütung beeinflussen. Im Rahmen dieser Arbeit sind es die Reziprozität und die soziale Ähnlichkeit die als Mechanismen des sozialen Einfluss untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Annahmen ökonomischer Theorien und kritische Würdigung
2.1. Annahmen
2.2. Kritische Würdigung der Annahmen
3. Sozial-psychologische Erkenntnisse zur Managervergütung
3.1. Reziprozität
3.2. Soziale Ähnlichkeit
3.3. Empirische Studien
3.3.1 Studie von Westphal und Zajac
3.3.2 Studie von Fiss
4. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Ineffizientes Management und Unternehmenspleiten einerseits, die Globalisierung der Wirtschaft sowie die Liberalisierung der Kapitalmärkte andererseits, waren Be-weggründe für die Entwicklung einer Corporate Governance. Dabei kann der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) als ein Ordnungsrahmen für eine verantwortungsbewusste Führung und Überwachung deutscher börsennotierter Ge-sellschaften verstanden werden.[1] Neben Ausführungen wie z.B. zum effizienten Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat sowie deren Aufgaben, finden sich im Kodex auch Regelungen zur Vergütung von Vorstand und Aufsichtsrat. In Bezug auf die Vergütung von Vorstandsmitgliedern ist es die Aufgabe des Aufsichtsrats, die Vergütung in angemessener Höhe auf Basis einer Leistungsbeurteilung festzulegen. „Kriterien für die Angemessenheit der Vergütung bilden insbesondere die Aufgaben des jeweiligen Vorstandsmitglieds, seine persönliche Leistung, die Leistung des Vorstands sowie die wirtschaftliche Lage, der Erfolg und die Zukunftsaussichten des Unternehmens unter Berücksichtigung seines Vergleichsumfelds“.[2]
Allerdings treten immer wieder heftige Diskussionen auf, die die Kontrollorgane sowie die Höhe der Vergütung (insbesondere bei den Top-Managern) kritisieren. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) errechnete in ihrer Studie zur Vorstandsvergütung, dass die Gehälter der Mitglieder des DAX-Vorstandes im Jahre 2007 um 7,75 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind.[3] Seit kurzem stößt wohl auch deshalb die Debatte über exzessiv steigende Vorstandsgehälter bei der deutschen Bundesregierung auf Beachtung. Diese diskutiert insbesondere über gesetzliche Beschränkungen von Managergehältern.
Doch was sind die Determinanten (unabhängigen Variablen), die die Höhe der Ver-gütung (abhängige Variable) positiv bzw. negativ beeinflussen können? Ökono-mische Theorien wie z.B. die >Agentur-Theorie< betonen unter anderem den Unter-nehmenserfolg, die Unternehmensgröße oder aber die Eigentümerstruktur als Bestimmungsfaktoren der Vergütung. Die sozial-psychologische Determinanten werden in den ökonomischen Ansätzen nicht berücksichtigt. Allerdings sind es auch diese, die Einfluss auf die Vergütungshöhe haben können.
Folglich ist das Ziel dieser Arbeit die Wirkungen sozial-psychologischer Mecha-nismen zu untersuchen. Dabei stehen folgende Fragen, die im Verlauf der Arbeit beantwortet werden, im Vordergrund:
- Beeinflusst der Vorstand den Aufsichtsrat, um eine höhere Vergütung zu erzielen? Welche Mittel setzt er dafür ein?
- Welchen Einfluss haben soziale Ähnlichkeiten, die zwischen dem Vorstand und Aufsichtsrat bestehen können, auf die Auswahl neuer Manager und auf die Vergütung?
Im Anschluss an die Einführung erfolgt im zweiten Kapitel zunächst eine kritische Auseinandersetzung mit den Annahmen der ökonomischen Theorie (hier: insbesondere der Agenturtheorie). Dabei werden unter anderem die Annahmen er-läutert (rationale Akteure, Unabhängigkeit der Board- bzw. Aufsichtsratsmit-glieder), welche für das weitere Verständnis in Bezug auf sozial-psychologische Einflussmechanismen hilfreich sein werden (Abschnitt 2.1.). Diese Annahmen er-halten im Anschluss eine kritische Beurteilung (Abschnitt 2.2).
Die Erkenntnisse aus der Sozialpsychologie zur Managervergütung werden im dritten Kapitel diskutiert. Hier wird insbesondere davon ausgegangen, dass sozialer Einfluss die Beziehungen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat sowie die Vergütung beeinflussen kann. Mechanismen, die diesen Einfluss verstärken können und auf die im Rahmen der Arbeit näher eingegangen werden soll, sind die Reziprozität (Ab-schnitt 3.1.) und die soziale Ähnlichkeit (Abschnitt 3.2.). Nach einer theoretischen Einführung in die Mechanismen des sozialen Einflusses folgen einige empirische Studien (Abschnitt 3.3.). Da sich die Studien einerseits auf den deutschen als auch auf den amerikanischen Raum beziehen, muss folglich auch zwischen zwei Corporate Governance-Systeme unterschieden werden:
- das Aufsichtsrat-Modell (dieses dualistische System findet man unter anderem in Deutschland)), bei dem eine Trennung zwischen den Funktionen Führung (durch den Vorstand) und Überwachung (durch den Aufsichtsrat) herrscht, und
- das Board-Modell (monistisches System aus der USA), bei dem die Führungs- und Kontrollfunktion in einem einzigen Gremium vereint sind und wo der Chief Executive Officer (CEO) direkter Vorgesetzter der Inside Directors (Führungsaufgabe) und Outside Directors (Überwachungsaufgabe) ist (der CEO kann dabei mit dem deutschen Vorstandsvorsitzenden gleichgesetzt werden und die Directors mit den deutschen Aufsichtsrats-mitgliedern).[4]
Abschließend erfolgt im vierten Kapitel eine Zusammenfassung der vorliegenden Arbeit.
2. Annahmen ökonomischer Theorien und kritische Würdigung
2.1. Annahmen
Ökonomische Theorien stützen sich auf eine Vielzahl von Annahmen. In dieser Arbeit wird ausschließlich auf jene eingegangen, die einerseits bei der Vergütungs- und Corporate Governance-Forschung eine wesentliche Rolle spielen und anderer-seits für den weiteren Verlauf der Arbeit maßgeblich sind. Es handelt sich dabei vor allem um Verhaltensannahmen sowie der Vermutung, dass der Aufsichtsrat (bzw. Board of Directors) unabhängig sein muss, um die Interessen der Aktionäre effizient zu vertreten.
a) Verhaltensannahmen
Ökonomische Theorien (wie z.B. die Agentur-Theorie) gehen davon aus, dass sich die Individuen eigennützig, begrenzt rational sowie opportunistisch verhalten.[5] Das Individuum handelt eigennützig, wenn es seine eigenen Interessen verfolgt, d.h. wenn es ohne Rücksicht auf andere Akteure als Egoist handelt.[6] Rationales Verhalten zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass das Individuum alle Handlungsalternativen kennt, diese bewerten kann, sowie zum Ziel hat, seinen Nutzen zu maximieren. Da aber Individuen aufgrund einer beschränkten Informationsverarbeitungskapazität nicht fähig sind, einen kompletten Überblick über alle Alternativen zu erlangen, wird folglich auch nur von einer begrenzten Rationalität ausgegangen. Demnach streben die Akteure nicht danach ihren Nutzen zu maximieren, sondern suchen lediglich nach einer befriedigende Lösung bzw. Alternative (Satisfizierung). Dabei entscheidet das Anspruchsniveau darüber, wann eine Alternative als befriedigend erscheint.[7] Mit opportunistischem Verhalten ist gemeint, dass Individuen geneigt sind in bestimmten Situationen List, Täuschung und Betrug einzusetzen, um so ihre Ziele zu erreichen.
b) Die Unabhängigkeit des Aufsichtsrat (Board of Directors)
„Nach dem internationalen Verständnis ist unter einem unabhängigen Aufsichtsrats-mitglied eine Person zu verstehen, die in keiner persönlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Unternehmen oder zum Management steht, die ihre Entscheidungen im Aufsichtsrat materiell beeinflussen kann“.[8] Im Hinblick auf die Diskussionen, was eine gute Corporate Governance ausmacht, nimmt die Frage nach der Unab-hängigkeit von Überwachungsorganen einen immer höheren Stellenwert ein. In der Vergangenheit kam es schon öfters vor, dass Unternehmen, dessen Kontrollorgane nicht genügend unabhängig waren, scheiterten.[9] Auch die ökonomischen Theorien nehmen an, dass nur unabhängige Aufsichts- bzw. Board-Mitglieder in der Lage sind, eine effiziente Überwachung zu gewährleisten. Die unabhängigen Akteure sind sowohl in der Lage die Interessen der Aktionäre zu vertreten und zu sichern als auch den Opportunismus seitens des Managements zu minimieren. Im Falle des im anglo-amerikanischen Raum vorherrschenden Board-Modells, sind Outside Directors fähiger dieses durchzusetzen, als es Inside Directors können.[10] Folglich hat sich über die letzten Jahrzehnte auch die Zusammensetzung des Boards stark verändert. Waren es 1950 nur etwa 20% unabhängige Directors, die in einem Board eines ameri-kanischen Unternehmens saßen, sind es heutzutage bereits 75%.[11]
2.2. Kritische Würdigung der Annahmen
Hinsichtlich der Verhaltensannahmen muss kritisiert werden, dass es auch Situationen geben kann, indem die Akteure vom rein eigennützigen Verhalten abweichen und somit sehr wohl die Interessen anderer Akteure mit berücksichtigen.
Reziprozitätsmechanismen (siehe Abschnitt 3.1.) können dabei die Abkehr vom eigennützigen Handeln verstärken. Zudem verhalten bzw. entscheiden sich die Individuen nicht immer rational, sondern können auch stets irrationales Verhalten aufweisen.
Des Weiteren kann die Unabhängigkeit von Mitgliedern des Aufsichtsrats (bzw. Board) in Frage gestellt werden. Die Mitglieder haben zwar einerseits Verantwortung gegenüber den Aktionären, andererseits aber auch Verpflichtungen gegenüber dem Vorstand (bzw. CEO).[12] So können sich Aufsichtsratsmitglieder mit dem Vorstand verbunden fühlen, wenn diese ihre Position und Vergütung dem Vorstand zu verdanken haben. Interessenkonflikte, indem Aufsichtsratsmitglieder ihre eigenen Interessen verfolgen, und mentale Abhängigkeiten, welche sich in Solidarität und Identifikation der Aufsichtsratsmitglieder mit dem Vorstand äußern und eine Gruppenzugehörigkeit (>Wir-Gefühl<) herbeiführen, können zudem die Unab-hängigkeit stark einschränken.[13] Main, O`Reilly und Wade (1995) untersuchen in ihrer Studie welchen Einfluss der Anteil von Outside Directors im Board auf die Höhe der CEO-Vergütung hat. Demnach postulieren ökonomische Theorien, dass Boards mit einem hohen Anteil von Outside Directors geringere Niveaus an CEO-Vergütung bieten als Boards mit anteilsmäßig wenigen Outside Directors. Jedoch haben die Autoren erkannt, dass sozialer Einfluss und Reziprozitätsmechanismen den Board of Directors weit weniger unabhängig machen können, als es die ökono-mischen Theorien vorschlagen. D.h. die Boards mit einem hohen Anteil von Outside Directors werden höhere Niveaus an CEO-Vergütung liefern als Boards mit anteilsmäßig wenigen Outside Directors.[14] Im Hinblick auf das deutsche Corporate Governance System erfüllt der Aufsichtsrat die Anforderungen bezüglich der Unab-hängigkeit ebenfalls nicht. „Das gesetzliche System der Mitbestimmung bringt es mit sich, dass die meisten Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat dem Unternehmen oder Konzern durch einen Arbeitsvertrag verbunden sind“.[15] Zudem beschränken Ver-treter von Banken sowie Berater die Unabhängigkeit. Darüber hinaus kommt es auch vor, dass ausscheidende Vorstandsvorsitzende eine Position im Aufsichtsrat antreten und demzufolge in einer persönlichen und/oder wirtschaftlichen Beziehung zum Unternehmen und Vorstand stehen.[16]
[...]
[1] Vgl. Werder, A. (2004), Sp. 160; einen Überblick über weitere Corporate Governance-Definitionen finden sich in Grothe (2006), S. 14ff.
[2] Deutsche Corporate Governance Kodex (in der Fassung vom 14. Juni 2007), Ziffer 4.2.2.
[3] Vgl. o.V. (2008).
[4] Vgl. Salzberger, W. (2004), Sp. 100.
[5] Vgl. O`Reilly/Main (2007), S.2; Valcárcel (2004), Sp. 1237.
[6] Vgl. Kirchgässner (1991), S.16.
[7] Vgl. ebd. (1991), S.31; Valcárcel (2004), Sp. 1238f.
[8] Roth/Wörle (2004), S.620; die Ausgestaltung des Begriffs “Unabhängigkeit” findet sich auch im DCGK (in der Fassung vom 14.Juni 2007) unter Ziffer 5.4.2.
[9] Vgl. O`Reilly/Main (2007), S.3; Roth/Wörle (2004), S. 619.
[10] Vgl. Main/O`Reilly/Wade (1995), S. 293, S. 306; Salzberger, W. (2004), Sp.101f.
[11] Vgl. Gordon, J. (2008), S. 58f.; Westphal/Milton (o.J.) S.4.
[12] Vgl. Main/O`Reilly/Wade (1995), S. 306; O`Reilly/Main (2007), S.4.
[13] Vgl. Roth/Wörle (2004), S.630.
[14] Vgl. Main/O`Reilly/Wade (1995), S. 305f., S.319.
[15] Roth/Wörle (2004), S.620.
[16] Vgl. ebd. (2004), S.620.
- Citar trabajo
- Doreen Dettmann (Autor), 2008, Vergütung von Top-Managern: Reziprozität und soziale Ähnlichkeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124012
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