In der vorliegenden Hausarbeit beschäftige ich mich mit einer Person, die, zunächst selbst als Konquistador und Encomendero in die Neue Welt gekommen, als „Anwalt der Indios“ ihr Leben dem Schutz der einheimischen Bevölkerung Neu-Spaniens widmete – dem Dominikanermönch Bartolomé de Las Casas. Nach neuesten Erkenntnissen wurde Las Casas wahrscheinlich am 11. November 1484 in der Nähe von Sevilla geboren. Der Sohn einer Händlerfamilie genoss eine mehrjährige Ausbildung an einer Lateinschule in Sevilla, bevor er im Jahre 1502 den Spuren seines Vaters nach Hispaniola folgte. Das Wirken Las Casas in der Neuen Welt lässt sich grob in drei Phasen unterteilen: a.) Las Casas – der Konquistador und Encomendero, b.) die Übergangsphase des „Frontwechsels“ und c.) das mit Abstand umfangreichste Kapitel, Las Casas – der „Apostel der Indianer“. Da das umfangreiche Wirken unseres Protagonisten als Protektor der autochthonen Bevölkerung Neu-Spaniens bereits hinlänglich in der umfassenden Forschungsliteratur besprochen wurde, möchte ich in dieser Arbeit nicht weiter auf diese Phase eingehen. Weniger bekannt ist dagegen die Vorgeschichte Las Casas als Eroberer und Encomendero, weshalb sich das zweite Kapitel dieser Arbeit intensiver den ersten ca. 12 Jahren seines Wirkens in der Neuen Welt widmet. Im dritten Kapitel, welches den Hauptteil dieser Arbeit darstellt, werde ich die Beweggründe für den radikalen Sinneswandel unseres Protagonisten, weg vom Konquistador und hin zum Kämpfer für die Rechte der Indios erarbeiten.
Auffällig bei der Sichtung der umfangreichen Sekundärliteratur zu diesem Thema war die Tatsache, dass ein Großteil der Historiker die frühe Phase des Wirkens des Bartolomé de Las Casas schlichtweg unbeachtet lässt. Hilfreich für diese Arbeit waren vor allem Werke von Frank Träger, Johannes Meier und Hans-Jürgen Prien.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Las Casas - der Konquistador (1502 - 1514)
III. Der Frontwechsel (1514-1517)
IV. Resümee
V. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Christoph Kolumbus entdeckte im Jahre 1492 bekanntlich die Antillen, die er für Indien vorgelagerte Inseln hielt. Er beanspruchte die Inseln für Kastilien, da er sie als Stützpunkte für die vorgesehene Indienfahrt auf dem westlichen Seewege nutzen wollte. Da jedoch Kastilien und Portugal im Vertrag von Alcacovas am 4. September 1479 eine Trennung ihrer Interessensphären im Atlantik vereinbarten und die Antillen südlich der festgelegten Linie lagen, hatte Kolumbus zu diesem Zeitpunkt nicht das Recht, die neu entdeckten Inseln einzunehmen. Das spanische Königspaar — Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon — schlug folglich eine Ersetzung der Ost-West-Linie durch eine Nord-Süd-Linie vor. Dieser Vorschlag wurde am 7. Juni 1494 im Staatsvertrag von Tordesillas durchgesetzt, so dass fortan alle Gebiete rund 2000 Kilometer westlich der Kapverden Kastilien zustanden. Papst Alexander VI., selbst ein Spanier, vertraute den Herrschern von Kastilien und Aragon in mehreren Bullen die neu entdeckten Gebiete an. Die päpstlichen Bullen von 1493 erlaubten die Errichtung von Stützpunkten an den Küsten schon entdeckter bzw. noch zu entdeckender Inseln sowie an der Küste des indischen Festlandes. Die mittelalterliche christliche Kirche betrachtete die Überseegebiete offenbar als Kirchengut, denn nach dem römischen öffentlichen Recht vergab Papst Alexander VI. die neu entdeckten Gebiete in der Form eines Auftragslehens an die kastilische Krone. Die Lehnspflicht bestand in der Aufgabe, die Heidenvölker in den entdeckten und noch zu entdeckenden Gebieten zu missionieren. Diese Art der Landvergabe erinnert sehr an die hochmittelalterliche Praxis, etwa an den Wendenkreuzzug von 1147 als Papst Eugen III. die sächsischen Herrscher mit ähnlichen Rechten und der Pflicht zur Missionierung der Heiden in das Gebiet der Elbslawen entsandte.
Mittels der Legitimation durch die päpstlichen Bullen konnte die Eroberung der Neuen Welt in den folgenden Jahren nach 1493/94 voranschreiten. Doch in zunehmender Weise missbrauchte die kastilische Krone die alexandrinischen Bullen „als Ermächtigung zur gewaltsamen Inbesitznahme"1 von Inseln und immer größerer Teile des nach und nach entdeckten amerikanischen Festlandes. Da zu keinem Zeitpunkt der Konquista ein Protest seitens des Papstes gegen die Methoden der praktischen Umsetzung des Lehnsauftrages laut wurde, waren die Indianer dem brutalen Vorgehen der Konquistadoren für fast zwei Jahrzehnte schutzlos ausgeliefert. Erst um 1510/11 begann eine kleine Gruppe von Dominikanermönchen, aus Sorge um das Seelenheil der Spanier, an deren Gewissen zu appellieren.
In der vorliegenden Hausarbeit beschäftige ich mich mit einer Person, die, zunächst selbst als Konquistador und Encomendero in die Neue Welt gekommen, als „Anwalt der Indios" ihr Leben dem Schutz der einheimischen Bevölkerung Neu-Spaniens widmete — dem Dominikanermönch Bartolomé de Las Casas. Nach neuesten Erkenntnissen wurde Las Casas wahrscheinlich am 11. November 1484 in der Nähe von Sevilla geboren.2 Der Sohn einer Händlerfamilie genoss eine mehrjährige Ausbildung an einer Lateinschule in Sevilla, bevor er im Jahre 1502 den Spuren seines Vaters nach Hispaniola folgte. Das Wirken Las Casas in der Neuen Welt lässt sich grob in drei Phasen unterteilen: a.) Las Casas — der Konquistador und Encomendero, b.) die Übergangsphase des „Frontwechsels" und c.) das mit Abstand umfangreichste Kapitel, Las Casas — der „Apostel der Indianer". Da das umfangreiche Wirken unseres Protagonisten als Protektor der autochthonen Bevölkerung Neu-Spaniens bereits hinlänglich in der umfassenden Forschungsliteratur besprochen wurde, möchte ich in dieser Arbeit nicht weiter auf diese Phase eingehen. Weniger bekannt ist dagegen die Vorgeschichte Las Casas als Eroberer und Encomendero, weshalb sich das zweite Kapitel dieser Arbeit intensiver den ersten ca. 12 Jahren seines Wirkens in der Neuen Welt widmet. Im dritten Kapitel, welches den Hauptteil dieser Arbeit darstellt, werde ich die Beweggründe für den radikalen Sinneswandel unseres Protagonisten, weg vom Konquistador und hin zum Kämpfer für die Rechte der Indios erarbeiten.
Auffällig bei der Sichtung der umfangreichen Sekundärliteratur zu diesem Thema war die Tatsache, dass ein Großteil der Historiker die frühe Phase des Wirkens des Bartolomé de Las Casas schlichtweg unbeachtet lässt. Hilfreich für diese Arbeit waren vor allem Werke von Frank Träger, Johannes Meier und Hans-Jürgen Prien.
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1 Prien, Hans-Jürgen: Conquista, Kolonisation und Mission in Hispanoamerika bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Friedrich Edelmayer (Hrsg.): Die beiden Amerikas. Die Neue Welt unter kolonialer Herrschaft, Frankfurt a.M. 1996, S. 70.
2 Vgl. Träger, Frank: Neue Welt und Renaissance-Humanismus in der Debatte um die Kolonialfrage. Eine Untersuchung am Beispiel von Bartolomé de Las Casas (1484 — 1566), Rostock 1990, S. III. Zur Kontroverse über sein Geburtsdatum siehe außerdem: Parish, Helen Rand, Weidmann, Harold: The Correct Birthdate of Bartolomé de las Casas, in: The Hispanic American Historical Review, 56/3 (1976), S. 385-403.
- Citation du texte
- Matthias Zschieschang (Auteur), 2009, Die Rolle des Bartolomé de Las Casas in der Kontroverse um die Kolonialfrage, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123995
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