Das einheimische Fernsehprogramm ist durch eine Vielzahl an Formaten (die überwiegend aus dem Ausland stammen) geprägt – vor allem bei den größten privaten TV-Veranstaltern und besonders in der Primetime. Der Hintergrund hierfür ist, dass sich diese Art der Programmbeschaffung bzw. des Contents (z. B. Casting-, Quiz- oder Gameshows) in der Vergangenheit als deutlich reichweitenstärker als bspw. Programmimporte (z. B. Serien, Spielfilme) erwiesen hat. Außerdem ermöglichen eigene Formatideen und/oder Formatimporte (bei der sich stets eine Eigen-, Ko- oder Auftragsproduktion anschließt) die Möglichkeit ein unverwechselbares Image aufzubauen und werden im Gegensatz zu reinen Programmimporten als einheimisch(er) wahrgenommen. Der Handel mit Fernsehformaten wird für die Fernsehanbieter aber auch deshalb immer bedeutsamer, weil (Unterhaltungs-) Formate häufig zusätzliche Einnahmen ermöglichen, z. B. durch Merchandising oder Call Media. Außerdem bietet der Export von eigenen Formatideen eine weitere Erlösgenerierung für den jeweiligen Rechteinhaber.
Die vorliegende Masterarbeit thematisiert daher einerseits die programmpolitische (als auch ökonomische) Relevanz des globalen Formathandels für die zuschauerstärksten inländischen TV-Sender, zum anderen werden Faktoren und Strategien benannt, die für eine erfolgreiche Reproduktion von Fernsehformaten ausschlaggebend sind. Die forschungsleitende Fragestellung lautet: „Welche Erfolgsfaktoren und Strategien sind bei der Adaption internationaler TV-Formate entscheidend, damit deutsche Fernsehsender im intra- und intermedialen Wettbewerb ihre Marktposition sichern und neue Zielgruppen erschließen können?“
Die Erarbeitung von Erfolgsfaktoren und Strategien erfolgt mithilfe einer genauen Betrachtung des globalen Fernsehformathandels (u. a. Gegenstand des Lizenzgeschäfts, rechtliche Rahmenbedingungen, Akteure, Strukturen), einer ausführlichen Programmanalyse der reichweitenstärksten einheimischen TV-Sender sowie eines konkreten Fallbeispiels – dem Formatimport „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“. Anhand der durchgeführten qualitativen Inhaltsanalyse des „Dschungelcamps“ (britisches Original vs. deutsche Adaption) wird deutlich, welche Einflussfaktoren für eine erfolgreiche Reproduktion besonders relevant sind. Dabei stellte sich heraus, dass die Formatadaption einen hochkomplexen Prozess darstellt, der wiederum einer großen Anzahl an endo- und exogenen Faktoren unterliegt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsbestimmung
2.1 Fernsehen
2.2 Zielgruppe
2.3 Strategien und Erfolgsfaktoren
2.4 Intra- und intermedialer Wettbewerb sowie Marktposition
2.5 Rechte- und Lizenzhandel
2.6 (Fernseh-)Format und (Fernseh-)Formathandel
3. Fernsehmarkt in Deutschland
3.1 Überblick zur aktuellen Situation des Fernsehmarktes
3.2 (Werberelevante) Kernzielgruppen ausgewählter TV-Sender
3.3 Gegenwärtige Markttendenzen
3.4 Zusammenfassung
4. Internationaler Fernsehformathandel
4.1 Methoden der Programmbeschaffung
4.2 Bedeutung des TV-Formathandels
4.3 Entwicklung des internationalen Fernsehformathandels
4.4 Gegenstand des Handels
4.5 Die wichtigsten Akteure und ihre Merkmale
4.6 Strategien und Strukturen
4.7 Kulturspezifik
4.8 Rechtliche Rahmenbedingungen
4.9 Zusammenfassung
5. Programmanalyse ausgewählter deutscher Fernsehsender
5.1 Sparten und Internationalität im Programm ausgewählter deutscher Fernsehsender
5.2 Programmanalyse von Formaten im deutschen Fernsehen
5.3 Zusammenfassung
6. Fernsehformathandel am Beispiel des Imports „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“
6.1 Britisches Original
6.2 Deutsche Adaption
6.3 Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem britischen Original und der deutschen Adaption
6.4 Zusammenfassung
7. Erfolgsfaktoren für eine Formatadaption
7.1 Entwicklung eines Katalogs von Erfolgsfaktoren für die Adaption von Fernsehformaten
7.2 Zusammenfassung
8. Fazit
8.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
8.2 Ausblick/Empfehlungen
Literatur- und Internetquellenverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Selbständigkeitserklärung
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Trotz der Internet- und multimedialen Endgeräte-Entwicklungen (z. B. Smartphone, Tablet) ist das Fernsehen immer noch das reichweitenstärkste Medium der Deutschen, wobei es je nach Altersgruppe große Unterschiede in der Nutzungsart gibt (vgl. die medienanstalten 2013a: 48f.). Während sich jüngere Mitmenschen, oft auch als „Digital Natives“ bezeichnet, zunehmend vom linearen Fernsehen abwenden, nutzen die Eltern der Nachkriegsgeneration und dessen Kinder, die in den 1960er Jahren das Fernsehen als Leitmedium betrachteten, deutlich häufiger das TV-Gerät (vgl. ebd.). Die durchschnittliche tägliche Fernsehdauer der Zuschauer ab drei Jahren betrug im letzten Jahr, nach Angaben der AGF in Zusammenarbeit mit der GfK Fernsehforschung, 221 Minuten (vgl. die medienanstalten 2014a: 56). Hierbei erreicht das Medium an einem durchschnittlichen Wochentag rund 70 % der Gesamtbevölkerung (vgl. HMR International 2014: 10).
Unter den Werbeträgern ist das Fernsehen mit Brutto-TV-Werbeumsätzen in Höhe von 12,0 Mrd. Euro (Stand: 2013) ebenfalls die Nummer eins (vgl. die mediananstalten 2014a: 66). Fernsehwerbung steht hierbei für 45 %1 der gesamten Brutto-Werbeinvestitionen in Deutschland (vgl. ebd.). Insgesamt wurden im letzten Jahr (ohne „sonstige Einnahmen“) 10,758 Mrd. Euro an TV-Erlösen erzielt. Diese setzen sich aus Netto-TV-Werbeerlösen in Höhe von 4,125 Mrd. Euro, Rundfunkbeiträgen von 4,722 Mrd. Euro sowie Pay-TV2 -Umsätzen von 1,911 Mrd. Euro zusammen (vgl. ebd.: 68). Zusätzlich wurden durch „sonstige Einnahmen“3 (Stand: 2012)4 weitere 1,558 Mrd. Euro erwirtschaftet (vgl. die medienanstalten 2013b: 58). Die Produktionsunternehmen im Bereich „TV-Produktion“ generierten (Stand: 2011) zusätzliche 1,82 Mrd. EUR5 an Umsätzen (vgl. Goldhammer/Castendyk 2013: 4).
Deutschland ist – gemessen an seinen Erlösen und der Anzahl der TV-Haushalte (38 Mio. im Jahr 2012) – der größte Fernsehmarkt Europas (vgl. HMR International 2014: 6).6 „Nach den USA zählt er zu den erlösträchtigsten TV-Märkten der Welt. Rund 22 Prozent aller Einnahmen der europäischen und fast fünf Prozent aller Einnahmen der weltweiten TV-Industrie werden in Deutschland erzielt.“ (ebd.: 10) Außerdem wird der einheimische Markt laut einer Studie von „Digital TV Research“ dieses Jahr (nach Umsatz) der zweitgrößte Pay-TV-Markt Europas sein (vgl. Schulze 2014). Hierbei ist die Sky Deutschland AG mit 72,5 % des gesamten Bezahlfernsehumsatzes (Stand: 2012) unangefochtener Marktführer (vgl. HMR International 2014: 6).
Bei deutschen Fernsehsendern (ohne bundesweite Teleshopping-Kanäle) sind insgesamt etwa 44.000 feste und freie Mitarbeiter beschäftigt, hinzu kommen ca. 16.000 bei TV-Produktionsunternehmen (vgl. Goldhammer/Castendyk 2013: 12). Diese gesamten wirtschaftlichen Kennzahlen verdeutlichen bereits die starke Relevanz des inländischen TV-Marktes – der eine elementare Säule der Kultur- und Kreativwirtschaft darstellt. Die einheimische Fernsehwirtschaft besitzt, neben ihrem gesellschaftlichen Stellenwert, eine große volkswirtschaftliche Bedeutung.
Bei einer intensiven Betrachtung der TV-Sender wird deutlich, dass im Mittelpunkt eines jeden Anbieters sein Programm7 steht. 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr, müssen die Veranstalter – allen voran die Vollprogramme und fünf größten deutschen Anbieter (ZDF, Das Erste, RTL Television, SAT.1 und ProSieben) – ihre Programmplätze mit Inhalten versehen. Daraus resultieren 8.760 Stunden bzw. 525.600 Minuten notwendiges Sendematerial für jeden Kanal – jedes Jahr und immer wieder aufs Neue.8 „Das Programm ist der Ausweis, das Aushängeschild, das Erzeugnis, es ist das Produkt eines Fernsehsenders.“ (Eick 2007: 25) Kurzum: Der Content definiert einen Sender. Hierbei sind es Formate, die uns im alltäglichen Fernsehkonsum besonders häufig begegnen.
Insgesamt ist die Programmausrichtung der großen deutschen TV-Anbieter recht unterschiedlich. Dies liegt unter anderem an der finanziellen Ausstattung des jeweiligen Senders begründet. Während die öffentlich-rechtlichen Programme überwiegend beitragsfinanziert sind und damit eine starke Sicherheit aufweisen, sind die privaten Anbieter vor allem von (unsicheren) Werbeerlösen abhängig. Sender(-gruppen) wie RTL oder ProSieben richten ihre Inhalte daher hauptsächlich auf massenattraktive Unterhaltung aus, denn für diese Anbieter sind die Einschaltquoten die entscheidende Währung. Während sich die ARD und das ZDF laut § 11 RStV vor allem an ihrem staatlichen Grundversorgungsauftrag (Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung) orientieren (vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland 2012: 11), der summa summarum eine größere Vielfalt im Programm ermöglicht.
Die monetären Gegebenheiten sind entscheidend, denn sie bestimmen die Möglichkeiten von Programmeinkauf und Eigen-, Ko- oder Auftragsproduktionen. Hierbei spielt in der Programmpolitik der TV-Anbieter der Fernsehformathandel eine besondere Rolle. Denn dieser ermöglicht es Inhalte für die Ausstrahlung zu generieren bzw. beim Verkauf von Formaten zusätzliche Erlöse zu erzielen.
Die vorliegende Masterarbeit mit dem Titel „Internationaler Lizenzhandel mit Fernsehformaten“ wird die Relevanz des globalen Formathandels für die größten inländischen TV-Sender ausführlich aufzeigen. Hierbei liegt der hauptsächliche Zweck dieser Ausarbeitung darin, Faktoren und Strategien zu identifizieren, die für ein erfolgreiches Remake von TV-Formaten ausschlaggebend sind. Die forschungsleitende Fragestellung lautet: „Welche Erfolgsfaktoren und Strategien sind bei der Adaption internationaler TV-Formate entscheidend, damit deutsche Fernsehsender im intra- und intermedialen Wettbewerb ihre Marktposition sichern und neue Zielgruppen erschließen können?“
Zunächst werden in Kapitel 2 die wichtigsten Begriffe (Fernsehen, Zielgruppe, Erfolgsfaktoren und Strategien, intra- und intermedialer Wettbewerb sowie Marktposition, Rechte- und Lizenzhandel und Format/Formathandel) definiert. Der anschließende dritte Abschnitt skizziert die aktuelle Situation des deutschen Fernsehmarktes überblicksartig. Dabei wird deutlich, dass das einheimische Angebot aus einer Vielzahl an Programmen besteht und durch immer mehr Spartensender zunehmend kleinteiliger wird. Zusätzlich werden (werberelevante) Kernzielgruppen von ausgewählten Sendern vorgestellt und gegenwärtige Markttendenzen (u. a. der stetig ansteigende Wettbewerbsdruck, der nicht nur intramedial, sondern auch immer häufiger intermedial stattfindet, die zunehmende Zielgruppenfragmentierung sowie die Konsumentenüberforderung durch steigende Programm- und Sendervielfalt) aufgezeigt. Das vierte Kapitel thematisiert den internationalen Fernsehformathandel und konzentriert sich dabei unter anderem auf dessen Bedeutung, seiner Entwicklung und dem Gegenstand des Handels (Lizenzvertrag und dessen Inhalte), seiner wichtigsten Akteure und Merkmale, Strategien und Strukturen, den kulturspezifischen Aspekten sowie den rechtlichen Rahmenbedingungen. Der darauffolgende Abschnitt 5 beschäftigt sich mit einer Programmanalyse von ausgewählten deutschen TV-Anbietern und fokussiert sich auf Sparten und die Internationalität im Programm (sowie Programmprofile/-schwerpunkte) und einer bereits existierenden Analyse von Formaten im deutschen Fernsehen der Autorin Andrea Esser. Einen besonderen Schwerpunkt bilden anschließend das sechste und siebte Kapitel. Abschnitt 6 verdeutlicht den Formathandel an dem Importbeispiel „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ (im Folgenden des Öfteren auch als „Dschungelcamp“ bezeichnet). Hierbei wird das britische Original mit der deutschen Adaption verglichen und dessen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zusammengetragen. Kapitel 7 konzentriert sich anschließend – vor allem aufgrund der Ergebnisse der vorgegangenen Fallanalyse – auf die Entwicklung und Zusammentragung eines Erfolgsfaktorenkatalogs für die Adaption von Fernsehformaten. Abgerundet wird die Arbeit in Kapitel 8 mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse sowie einem Ausblick und Empfehlungen.9
2. Begriffsbestimmung
In diesem Abschnitt werden im Folgenden die zentralen Begriffe dieser Ausarbeitung definiert. Es handelt sich dabei um die Bezeichnungen „Fernsehen“, „Zielgruppe“, „Strategien und Erfolgsfaktoren“, „Intra- und intermedialer Wettbewerb sowie Marktposition“, „Rechte- und Lizenzhandel“ wie auch „(Fernseh-)Format und (Fernseh-)Formathandel“.
2.1 Fernsehen
Das Fernsehen gehört nach Harry Pross zu den tertiären Medien. Das bedeutet, dass sowohl Sender (für die Herstellung/Übertragung), als auch Empfänger (für den Konsum/Empfang) ein technisches Gerät benötigen (vgl. Pross 1972: 128f.; 224). Hierbei findet der heutige Fernsehkonsum in Deutschland vor allem durch die digitalen Übertragungswege Kabel (DVB-C), Satellit (DVB-S), Terrestrik (DVB-T) oder via Internet (IPTV) statt (vgl. KEK online 2012). Zum Jahresende 2013 betrug die Digitalisierungsquote 81,7 % (vgl. die medienanstalten 2014a: 22). Das TV ist darüber hinaus ein audiovisueller Teil des Rundfunks10 (Oberbegriff für Hörfunk und Fernsehen), dient der gesellschaftlichen Kommunikation und befriedigt die vielfältigsten Bedürfnisse (vgl. Wirtz 2011: 176). Nach Denis McQuail (vgl. 1983: 82f.; 1994: 73) existieren vier Motive für die Medien- und damit auch TV-Nutzung: 1. das Informationsbedürfnis, 2. das Unterhaltungsbedürfnis, 3. das Bedürfnis nach Identität sowie
4. das Bedürfnis nach Integration und sozialer Interaktion.
Das Fernsehen – als Teil der Massenmedien11 – vermittelt seine Inhalte „öffentlich durch technische Verbreitungsmittel indirekt und einseitig an ein disperses Publikum“ (Maletzke 1963: 32). Es ist somit keine personell definierte Rezipientenschaft existent – und diese wird auch nicht begrenzt. Unter indirekt versteht der Autor die räumliche und/oder zeitliche Distanz zwischen den Kommunikationspartnern. Wobei das (heterogene) Publikum räumlich weit verstreut ist und damit kein Anwesenheitspublikum darstellt (vgl. ebd.).
Als Fernsehstandard der elektronischen Farbübertragung galt „in Westeuropa (außer Frankreich)“ (Monaco 2000: 63) – für das existierende analoge Fernsehen – lange Zeit das PAL-System (vgl. ebd.; Schmidt 2009: 12). Bei der Zeilen- und Bildfrequenz existieren zahlreiche Ausprägungen und somit sehr unterschiedliche Normen. In Deutschland arbeitet PAL in der Regel mit einem Videoformat von 625 Zeilen pro Bild (Brutto) sowie einer Bildübertragungsrate von 25 Bildern pro Sekunde, die allerdings nur halbbildweise übertragen werden (vgl. Monaco 2000: 63; 79; Schmidt 2009: 35; 51f.). Seit der Einführung des digitalen Fernsehens (DVB), auf den unterschiedlichsten Verbreitungswegen, etablierte sich HDTV – eine Sammelbegriffsbezeichnung für den heutigen TV-Standard, der wiederum verschiedene Fernsehnormen bezeichnet. Bei High Definition Television wird eine höhere Bildqualität, bspw. durch 1125 Zeilen brutto pro Bild und einer Bildformaterweiterung von 4:3 auf 16:912, erreicht (vgl. Monaco 2000: 79). HDTV gibt es dabei in zahlreichen digitalen Varianten: „Es sind unterschiedlich viele Zeilen bei der horizontalen Auflösung möglich, Scanning kann entweder <<progressiv>> oder << interlaced >> sein.“ (ebd.: 79; Herv. im Original)
Das hochauflösende Fernsehen setzte sich vor allem deswegen durch, weil es bspw. eine Auflösung von 1280 x 720 (720p/50 bzw. 720p/60)13 bzw. 1920 x 1080 (1080p/50 bzw. 1080p/60)14 Pixeln ermöglicht – während der gängige PAL-Auflösungsstandard meist maximal 720 x 576 Bildpunkte15 (SDTV) besaß (vgl. Schmidt 2009: 35f.; 103). Durch HDTV ist die Bildqualität deutlich detailreicher und schärfer, die Farben „satter“ und dank Dolby Digital erreicht der Ton Kinoqualität. Grundvoraussetzung für den Empfang ist ein HD-fähiger Monitor sowie ein HD-Receiver (wenn dieser nicht bereits im TV-Gerät integriert ist).16
In der Vergangenheit war das Fernsehen, klassisch betrachtet, in erster Linie linear. Jedoch nimmt bereits seit Jahren, z. B. durch Web-TV-Angebote wie Mediatheken (die bspw. auch durch immer mehr HbbTV-Portale zur Verfügung stehen), auch der nicht-lineare Fernsehkonsum stetig zu.
Zusammenfassend lautet eine aktuelle Begriffsdefinition für Fernsehen nach Wirtz (2011: 176): „Audiovisueller Teil des → Rundfunks; → Massenmedium zur Vermittlung von Information und Unterhaltung […] mit Ton und bewegten Bildern an ein breites Publikum über weite Strecken.“
2.2 Zielgruppe
„Um eine Strategie im Rahmen der Kommunikationspolitik möglichst prägnant zu gestalten und diese gezielt ausrichten zu können, bedarf es eines Segmentbezuges. Es sollten also Zielgruppen gebildet werden, die ‚homogener‘ auf entsprechende kommunikationspolitische Maßnahmen reagieren als der Gesamtmarkt.“ (Olbrich 2009: 178; Herv. im Original)
Bei einer Zielgruppe handelt es sich demnach um Personengruppen (Adressaten, Marktteilnehmer) mit identischen oder vergleichbaren Merkmalen, die mithilfe von Marketingaktivitäten explizit auf ein Produkt bzw. eine Leistung angesprochen werden (sollen). Der Hintergrund dabei ist, dass Zielgruppen mit ähnlichen Merkmalen in der Regel einheitlicher reagieren als die Gesamtheit/Gesamtbevölkerung. Die spezifische Einteilung von Personengruppen ist deshalb so bedeutsam, weil es notwendig ist, eine Vorstellung davon zu besitzen, was die Marktteilnehmer gerne konsumieren. Dabei ist es dem Sender selbst überlassen, welche Art von Anspruchsgruppen er definiert und nach welchen Merkmalen er diese auswählt (vgl. Olbrich 2009: 178). Einige Beispiele für mögliche Merkmale von Adressaten im Konsumgütermarkt sind (vgl. Böcker/Schneider 2013: 20):
- Demografische Merkmale wie Alter, Nationalität, Familienstand oder Geschlecht
- Sozioökonomische Merkmale wie Bildungsstand, Beruf, Einkommensverhältnisse oder Kaufkraft
- Geografische Merkmale wie Region, Wohnort bzw. Wohngebiet(-bezirk) oder Klima
- Psychografische Merkmale wie Persönlichkeit, Einstellungen, Motive, Meinungen, Interessen oder Werte
An dieser Stelle sei nur kurz darauf hingewiesen, dass im B2B-Bereich andere Zielgruppenmerkmale relevant sind. Dort spielen bspw. ökonomische Merkmale (wie Liquidität und Konkurrenz), Unternehmensmerkmale (wie Umsatzgröße, Mitarbeiteranzahl und Standort) sowie Branchenmerkmale (wie Größe und Art der Branche) eine wichtigere Rolle (vgl. ebd.: 22f.)
Ein Vorteil einer (detaillierten) Zielgruppenbildung ist die Tatsache, dass ein Sender sich auf eine bestimmte Gruppe von Personen (z. B. nur Frauen bzw. nur Männer oder Menschen in bestimmten Altersklassen) konzentrieren kann. Damit ist es möglich den Content wesentlich zielgerichteter und passgenauer auszurichten. Denn nur durch das konkrete Wissen über die Bedürfnisse der Zielgruppe kann ein Produkt/eine Leistung und das Marketing optimal ausgestaltet werden, z. B. hinsichtlich des Inhalts, Preisgestaltung, Distribution, Art der Kommunikation etc. Deshalb kommt es auch immer häufiger zu den sogenannten Spartenkanälen17. Mit diesen können die Sender ihre gewünschte Zielgruppe effektiver erreichen – allerdings sinken dabei auch die Quoten und Marktanteile aller existierender Sender. Für die Werbetreibenden besitzt dies jedoch den Vorteil, dass die Streuverluste geringer ausfallen.
Andererseits ist eine möglichst große Zielgruppenpopulation für die TV-Anbieter wesentlich attraktiver. Je einheitlicher die Ansprüche an ein Programm sind, desto mehr Marktteilnehmer können die Sender mit einem Mal erreichen und damit wird auch der Aufwand verringert. Doch dies ist heutzutage deutlich schwieriger zu bewerkstelligen, weil jeder Mensch verschiedene Interessen besitzt und die Rezipienten eine immer individuellere Bedürfnisansprache verlangen (können), z. B. weil die Vielfalt der Angebote stetig zunimmt und die Konsumenten eine größere Auswahl als früher besitzen.
Beispiele für unterschiedliche Zielgruppenausrichtungen sind drei Sender der P7S1-Gruppe: So setzt ProSieben auf eine Zielgruppe im Alter von 14 bis 39 Jahren, ProSieben MAXX konzentriert sich auf Männer zwischen 30 und 59 Jahren und sixx legt seinen Schwerpunkt auf Frauen im Alter von 14 bis 39 Jahren (vgl. hierzu auch Kapitel 3.2).18 Allerdings dürfen Zielgruppen nicht als starr angesehen werden, denn diese können sich im Laufe der Zeit verändern bzw. erweitern.
Im Fernsehmarkt existieren vor allem zwei relevante Anspruchsgruppen: die Werbetreibenden und die Rezipienten. „Bei der Ansprache mehrerer Zielgruppen ist auf eventuelle Zielkonflikte zu achten.“ (Olbrich 2009: 178) Dabei ist das höchste Gut in der Fernsehbranche die Quote, die die entscheidende Währung darstellt.19 Die Zuschauerzahlen dienen „als Erfolgskontrolle, als Grundlage für die langfristige Programmplanung, und nicht zuletzt zur Festlegung der Werbepreise und zur Eigenwerbung“ (Meyen 2004: 95). Je mehr Rezipienten demnach einen Sender bzw. ein Programm konsumieren, desto höher ist die Quote/der Marktanteil und umso höher auch das Verkaufsargument für Werbung (und damit auch die Preise für die Schaltung) im Umfeld des Programms. Dabei gelten beim Rating20 alle Personen als Zuschauer, „die ein Programm wenigstens eine Minute ununterbrochen eingeschaltet haben.“ (ebd.: 96) Eine zusammenfassende Begriffsdefinition lautet wie folgt:
„Zielgruppe, durch Marketingmaßnahmen – insbesondere durch → Werbung – anzusprechendes Marktsegment. Die Zielgruppenbildung kann nach einer Vielzahl von Merkmalen erfolgen. Gebräuchlich sind soziodemografische Merkmale, psychografische Merkmale und – in jüngerer Zeit – Persönlichkeitsmerkmale und Lebensstile. Ziel ist die Bildung möglichst homogener Käufergruppen, die gezielt und mit möglichst geringen → Streuverlusten angesprochen werden können.“ (Sjurts 2011: 695; Herv. im Original)
2.3 Strategien und Erfolgsfaktoren
Jedes Unternehmen handelt in der Praxis „unter Zuhilfenahme von Strategien“ (Lantzsch 2008: 41). Doch vor der Entwicklung von Strategien stehen in der Regel zunächst eine Vision sowie ein Leitbild. Von diesen ausgehend werden anschließend Vorgehensweisen erarbeitet und festgelegt, die es der Unternehmung dann wiederum erlauben verschiedene strategische und operative Ziele abzuleiten. Dabei ist es häufig notwendig, besonders bei sehr unterschiedlichen Geschäftsbereichen, spezifische (individuelle) Strategien festzulegen. Unter Strategie wird laut dem Duden hierbei ein exakter „Plan des eigenen Vorgehens [verstanden], der dazu dient, ein […] Ziel zu erreichen, u. in dem man diejenigen Faktoren, die in die eigene Aktion hineinspielen könnten, von vornherein einzukalkulieren versucht“ (Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion 2000: 1277). Die in der Definition angesprochenen Ziele können z. B. politischer, psychologischer, militärischer oder ökonomischer Natur sein (vgl. ebd.). Die Erreichung von bestimmten Einschaltquoten oder die Senkung von Personalkosten sind dabei nur zwei mögliche Beispiele für wirtschaftliche Ziele.
In der wissenschaftlichen Literatur existiert allerdings eine sehr heterogene Auffassung bezüglich des Strategiebegriffs. In dieser Ausarbeitung gilt für den Terminus folgende Definition:
„Eine Strategie ist ein geplantes Bündel an Maßnahmen zur Positionierung im Wettbewerb und zur Gestaltung der dazu erforderlichen Ressourcenbasis. Auf diese Weise sollen Wettbewerbsvorteile erzielt werden, durch die neue Erfolgspotenziale geschaffen bzw. bestehende Erfolgspotenziale weiterentwickelt werden.“ (Dillerup/Stoi 2013: 170; Herv. im Original)
Hierbei verstehen die Autoren unter Wettbewerbsvorteil „ein aus Sicht des Kunden wahrgenommenes Leistungsmerkmal, das von der Konkurrenz nicht geboten wird und für das der Kunde bereit ist, etwas zu bezahlen“ (ebd.: 174). Erfolgspotenziale für den künftigen Unternehmenserfolg sind darüber hinaus sämtliche technologische, markt- und produktspezifische sowie qualifikatorische Voraussetzungen (vgl. ebd.: 175).21
Das Hauptziel einer strategischen Unternehmensführung sollte es somit stets sein, ökonomisch betrachtet, einen Wettbewerbsvorteil in dem jeweils anvisierten Markt zu erzielen und Gewinne zu erwirtschaften. Denn nur so kann der dauerhafte Erhalt eines Unternehmens gesichert werden.22 Um diese ökonomischen Ziele zu erreichen (die wichtigsten beiden bilden für TV-Anbieter die Werbeerlöse und Einschaltquoten – die wiederum eng zusammenhängen), existieren sogenannte Erfolgsfaktoren. „Erfolgsfaktoren sind alle Faktoren, die den Erfolg oder Misserfolg einer Unternehmung direkt beeinflussen.“ (ebd.: 178) Der Autor Grimm (1983: 26) fasst den Fachausdruck noch etwas umfangreicher zusammen:
„Als strategische Faktoren werden diejenigen Elemente, Determinanten oder Bedingungen bezeichnet, die den Erfolg oder Mißerfolg unternehmerischen Handelns […] entscheidend beeinflussen. Strategische Faktoren heißen die Elemente, Determinanten oder Bedingungen, die in der Umwelt des Unternehmens, aber auch im Unternehmen selbst wirksam sind.“
Besonders häufig werden in der Literatur die PIMS-Studien – die empirische Stichprobenansätze darstellen – zitiert, da diese Schlüsselfaktoren auflisten, welche besonders zum Erfolg der untersuchten Unternehmen beigetragen haben (vgl. Dillerup/Stoi 2013: 180). Aus dem anfänglichen internen Projekt von General Electric, welches dann von der Harvard Business School auf andere Firmen ausgeweitet wurde, ist 1975 eine eigenständige Non-Profit-Unternehmung entstanden (das „Strategic Planning Institute“), welche diesen Ansatz fortführt bzw. die Daten aus den Studien zusammenträgt und publiziert (vgl. ebd.).23 Allerdings ernteten die PIMS-Studien durch die Vernachlässigung jedweder Branchen-, Sektor- und Größenunterschiede harsche Kritik (vgl. ebd.). Insgesamt gesehen fehlt es der Erfolgsfaktorenforschung bis heute an einem einheitlich verwendeten Ansatz sowie identischen Maßstäben.
Generell gehen die verschiedenen Erfolgsfaktorenkonzepte davon aus, dass nur wenige zentrale Faktoren existieren, die entscheidende Wirkung auf den Unternehmenserfolg24 besitzen. Sie werden daher auch oft als kritische (oder strategische) Erfolgsfaktoren bezeichnet. Beispiele für essenzielle Erfolgsfaktoren können (je nach theoretischer Sichtweise und Ansatz) Kundennähe, Organisation, Kommunikation, Preis, Distribution, Kostenstruktur, Technologiestand, Unternehmenskultur, Marktattraktivität, Marktanteil, Marktdurchdringung, Unternehmensgröße, Konzentrationsgrad, Investitionsintensität, Contentqualität, Service oder die eigenen Mitarbeiter sein. Außerdem ist es möglich Einflussfaktoren, aufgrund ihrer Wirkungsweise und -intensität, auf mehreren Ebenen zu unterscheiden: z. B. allgemeine (branchenübergreifende), branchenspezifische, unternehmensspezifische, abteilungsspezifische oder persönliche Erfolgsfaktoren.
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren und Strategien, die bei der Adaption internationaler TV-Formate entscheidend sind, damit (deutsche) Fernsehsender im intra- und intermedialen Wettbewerb ihre Marktposition sichern und neue Zielgruppen erschließen können, werden in den folgenden Kapiteln konkreter benannt. Dabei gilt es zu beachten, dass Erfolgsfaktoren hochkomplex und oftmals sehr eng miteinander verwoben sind sowie in der Regel aus empirischen Studien resultieren, die vergangenheitsbezogen sind. Es wäre unzulässig davon auszugehen, dass die später aufgelisteten Faktoren stets zum Erfolg beitragen. Vielmehr können die Ergebnisse dieser Arbeit lediglich eine Orientierung bieten. Das liegt auch darin begründet, dass zahlreiche endo- wie auch exogene Einflussfaktoren existent sind, die sich in einem stetigen Wandel befinden (auch wenn diese in der Regel über einen langen Zeitraum wirksam sind) und die durch das Management nicht immer bzw. eingeschränkt beeinflussbar sind.
Nichtsdestotrotz existieren Faktoren, die maßgeblich und über einen längeren Zeitraum (nachhaltig) den Unternehmenserfolg beeinflussen, und somit zur Erreichung der Ziele (hauptsächlich sind dies Reichweite/Marktanteil und Werbebuchungen, aber auch Image25, Programmauftrag oder rechtliche Verpflichtungen) beitragen (vgl. Zabel 2009: 85). Die Identifikation von Erfolgsfaktoren für die Adaption eines Formates stellt einen dominanten Prozess in der Strategieplanung dar. Denn das Wissen über das Vorhandensein von Einflussgrößen dient letztlich als Grundlage für Entscheidungen bzw. Maßnahmen. Daher liegt der besondere Schwerpunkt dieser Arbeit in der Herausarbeitung und Zusammentragung (vgl. hierzu Kapitel 7) dieser relevanten Faktoren.
2.4 Intra- und intermedialer Wettbewerb sowie Marktposition
Im Sinne einer gänzlichen Konkurrenz stehen alle existierenden Medien um die Aufmerksamkeit der potenziellen Kunden zueinander im Wettstreit (vgl. Brack 2003: 71) – aber auch nonmediale Gestaltungsmöglichkeiten, wie bspw. das Verreisen, kommen hierbei in Betracht. Wobei in einem engeren Sinn ausschließlich Angebote als Konkurrenz anzusehen sind, sobald sie identische bzw. ähnliche Bedürfnisse befriedigen. „Unterschiedliche Medien dienen unterschiedlichen Bedürfnissen und werden unterschiedlich genutzt, daher ist die Substitutionskonkurrenz nur partiell.“ (ebd.) Allerdings ist der heutige (und zukünftige) Wettstreit im Medienmarkt sehr vielfältig und lässt sich nach Gläser (vgl. 2011: 172) deshalb am besten in intra-, inter- sowie extramedialen Wettbewerb unterscheiden. Die zentralen Ebenen der Konkurrenz im Medienbereich stellt Abb. 1 überblicksartig dar.
Abb. 1: Die Ebenen der Konkurrenz im Medienbereich (nach Gläser)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Gläser 2011: 172.
Die intramediale Konkurrenz besteht für TV-Anbieter im Wettbewerb mit allen anderen existierenden Sendern, die ebenfalls im deutschen Fernsehmarkt aktiv sind – also der gesamten Konkurrenz innerhalb eines Mediums (vgl. ebd.). Hierzu zählen sowohl die ö.-r. als auch die privaten Anbieter mit ihren zahlreichen Voll-, diversen Regional- und vielfältigen Spartenprogrammen sowie das umfangreiche Pay-TV-Angebot (vgl. hierzu auch Kap. 3.1). Besonders stark ist der Wettbewerb hierbei bei Sendern mit identischer bzw. ähnlicher thematischer Ausrichtung und/oder Zielgruppe (z. B. SUPER RTL und KiKA). Dabei konkurrieren die Unternehmen stets in zwei relevanten Absatzmärkten miteinander: dem Rezipienten- sowie dem Werbemarkt.26 „Der intramediäre Wettbewerb ist tendenziell höher und damit auch die Substitutionsgefahr, da zwischen unterschiedlichen Medien vor allem auch Komplementärbeziehungen bestehen.“ (Brack 2003: 71)
Doch der Wettbewerb existiert nicht nur innerhalb der eigenen Branche, sondern auch durch inter- und extramediale Konkurrenz. Zur intermedialen Konkurrenz (Wettbewerb zwischen verschiedenen Mediengattungen) gehören bspw. Hörfunk, Kino, Internet, Zeitschrift oder Zeitung (vgl. Brack 2003: 71).
„Beispiel: Zuschauer sehen gelegentlich deswegen kein RTL, weil sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt generell vom Fernsehprogramm abwenden und lieber ein Buch lesen oder Radio hören. Die Konkurrenzverhältnisse verkomplizieren sich, wenn ein Medienunternehmen auf mehreren Medienmärkten unterschiedlichen Typs tätig ist, wodurch es zu crossmedialen Aktivitäten kommt.“ (Gläser 2011: 172)
Zur extramedialen Konkurrenz zählen unter anderem Arbeit, Hobbys oder Reisen. Hierunter fallen alle Angebote und Aktivitäten (bzw. Möglichkeiten), die dafür Sorgen, dass der Konsument nicht fernsieht, z. B. weil er sich mit Freunden im Park trifft oder arbeitet. Dabei weisen extramediale Angebote „den Charakter von mediennahen Dienstleistungen oder Produkten“ (ebd.) auf.27
In der eingangs formulierten Forschungsfrage wird außerdem der Begriff „Marktposition“ verwendet. Daher wird dieser Terminus im Folgenden ebenfalls kurz definiert. Die Bezeichnung setzt sich aus zwei Wörtern (Markt und Position) zusammen. „Ein Markt besteht aus potenziellen Kunden mit Bedürfnissen oder Wünschen, die willens und fähig sind, durch einen Austauschprozess die Bedürfnisse oder die Wünsche zu befriedigen.“ (Kotler/Keller/Bliemel 2007: 16; Herv. im Original) Unter
Position wird die Stellung oder Lage (auch Situation) verstanden, die jemand im Verhältnis zu einem oder mehreren anderen einnimmt (vgl. Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion 2000: 1068). Somit ist unter Marktposition die Stellung gemeint, welche ein Unternehmen im Markt innehat. Allerdings kann sich diese Position auch auf ein einzelnes Produkt oder eine einzelne Dienstleistung beziehen. Eine zusammenfassende Definition lautet:
„ Marktposition kennzeichnet die Stellung der Unternehmen in ihrem relevanten Markt. Sie wird quantitativ erfasst im Marktanteil, der sich aus dem Umsatzvolumen des Unternehmens im Verhältnis zum gesamten Marktvolumen errechnet. Es kann als absolute Größe oder relativ im Vergleich zu den Konkurrenten ermittelt werden. In qualitativer Hinsicht zeigt sich die Marktposition im Image des Unternehmens bei seinen Marktpartnern, Kunden, Lieferanten und Konkurrenten.“ (Gebler 2005: 78; Herv. im Original)
2.5 Rechte- und Lizenzhandel
Rechte sind generell betrachtet Ansprüche eines einzelnen Subjekts gegenüber anderen Subjekten bzw. der Gemeinschaft oder dem Staat. Diese Berechtigungen werden in Verfassungen, in Gesetzen oder in Verträgen (z. B. dem Formatlizenzvertrag) festgeschrieben. Rechtmäßig sind allerdings auch nicht schriftliche (mündliche), einvernehmliche Agreements.
Der Lizenzgeber ist der Inhaber eines geschützten Rechts (Eigentümer) und überträgt mithilfe eines Kontrakts die eindeutig definierten (Nutzungs-)Rechte auf einen Lizenznehmer. Damit wird es dem Lizenznehmer unter vorgegebenen Bedingungen erlaubt, mit dem Vertragsgegenstand zu handeln.
Der Lizenz 28 -Begriff wird immer wieder sehr unterschiedlich definiert und gebraucht. Eine mögliche Begriffsbestimmung lautet: „Überlassung eines geistigen Eigentums […] für einen gewissen Zeitraum, ohne dass es in den vollen Besitz des Lizenznehmers übergeht.“ (Monaco 2000: 100) In der praktischen Anwendung wird die Bezeichnung aber „für nahezu jede Rechteeinräumung benutzt, z. B. die Einräumung einfacher und ausschließlicher Nutzungsrechte vom Urheber auf den Nutzungsberechtigten“ (Homann 2009: 299). Wird ein Nutzungsrecht auf einen Lizenznehmer übertragen, so wird dies als Lizenz bezeichnet. Lizenzen sind somit abgeleitete Genehmigungen (Rechte) und werden, in Form eines Lizenzvertrages, durch gesetzliche Rahmenbedingungen geschützt. Das Urheberrecht verwendet den Terminus Nutzungsrecht, meint jedoch damit dasselbe wie der Lizenz-Begriff.
Ausschließliche (exklusive) Rechte beinhalten für den Lizenznehmer das alleinige Nutzungsrecht, z. B. für ein bestimmtes Gebiet/einen bestimmten Sprachraum oder eine festdefinierte Gebrauchsart. Lediglich bei dieser Rechteeinräumung besitzt der Lizenznehmer das ausschließliche Herstellungs- und Verwertungsrecht an dem Vertragsgegenstand. In der Regel beinhaltet der Kontrakt stets räumliche, zeitliche und/oder inhaltliche Einschränkungen. Einfache (nicht-ausschließliche) Nutzungsrechte gestatten es dem Lizenznehmer ebenfalls den Vertragsgegenstand (auf die ihm erlaubte Art) zu nutzen – allerdings kann der Lizenzgeber die gleichen Rechte/Befugnisse auch an andere Lizenznehmer vergeben/übertragen. Auch bei dieser Form der Rechteeinräumung existieren, je nach inhaltliche Begrenzungen.
2.6 (Fernseh-)Format und (Fernseh-)Formathandel
„Ausländische Ideen verbreiten sich überall in der Welt, wenn Programme mit Hilfe von Untertiteln, Synchronisation und sogar Editieren lokalisiert und nationalisiert werden […]. Formate gehen noch einen Schritt weiter und lokalisieren den ganzen Prozess der Programmproduktion. Die internationale Formatindustrie wächst schnell und Formate werden immer populärer wegen ihrem [sic!] kostengünstigen und schnellen Produktionsprozess [sic!].“ (Likitalo 2009: 1)
Beim Kauf und/oder Verkauf von Lizenzen wird mit Fernsehformaten[29] gehandelt, wobei für den Terminus zahlreiche Begriffsbestimmungen existent sind. Nach Park (2004: 57) ist ein Format „ein Sendekonzept, das sowohl den Inhalt und die Binnenstruktur als auch die Präsentation sowie den Programmplatz auf ein klar definiertes Zuschauersegment hin ausrichtet und mit dessen Hilfe das Programm auf eine konsistente Art und Weise gestaltet, präsentiert und beworben wird.“ Schmitt versteht unter dem Begriff „Handelsprodukte“ und definiert diesen wie folgt: „A television format is a programme or programme concept, with distinct elements that can be exported and icensed to production companies or broadcasters outside its country of origin for local adaption“ (Schmitt 2005, zitiert in Lantzsch 2008: 123). Dabei setzt sich das Format als Handelsprodukt aus vier Elementen/Bestandteilen zusammen:
„Zum einen der eigentlichen Idee, die juristisch nicht schützbar ist, dem ‚paper format’ – eine Konzeptbeschreibung –, dem ‚TV programme format’ – der eigentlichen Sendung – und dem ‚TV format package’, das das Wissen für die Reproduktion und Adaption enthält und damit […] in der Praxis des Formathandels gängigen Verständnis von einem Format entspricht.“ (Lantzsch 2008: 124)
Die Hauptleistungen des „TV format package“ besteht darin, dass vermarktungsfähige Ideen, Konzepte und Materialien für die Reproduktion (also eine Art Know-how-Transfer des Basisprodukts, dessen Herstellung und Distribution) verkauft werden. Damit bildet das „know-how package“ die wesentliche Basis des Lizenzgeschäfts (vgl. ebd.: 223). Das vorhandene Wissen kann sich hierbei immer weiter vergrößern, je häufiger das Produkt in einem anderen Land adaptiert wird (vgl. ebd.). In dem Fall wird von sogenannten Lern- und Erfahrungskurveneffekten gesprochen, die letztlich auch dem Lizenzgeber wieder zugutekommen.
Formate sind in erster Linie wirtschaftliche (immaterielle) Güter, welche auf dem weltweiten Markt als Ware gehandelt werden und sich auf seriell, massenattraktiv produzierte Programminhalte beziehen und den Lizenzgeber darüber unterrichten, wie eine Sendung finanziert, produziert (sowie auf den einheimischen Markt übertragen), vertrieben und optimal vermarktet wird (vgl. Moran/ Malbon 2006: 25). Das Format wird hierbei von Anfang an marktoptimiert gestaltet und auf eine fest definierte Zuschauerschaft ausgerichtet, und ist zugleich gekennzeichnet durch wiederkehrende und markante Elemente (wie z. B. Logo, Musik, Studioausstattung, Akteure, Abläufe etc.) – die damit einen verbindlichen Rahmen vorgeben, um einen hohen Wiedererkennungseffekt zu gewährleisten.
Typologisch betrachtet gehören zu Fernsehformaten bspw. Talkshows (z. B. „Günter Jauch“), Doku-Soaps (z. B. „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“), Gameshows (z. B. „Wer wird Millionär?“), Daily-Soaps (z. B. „GZSZ“30 ), Castingshows (z. B. „Rising Star“), Comedyshows (z. B. „Schillerstraße“) oder Mitmach-Fernsehen (z. B. der Social-Sender „joiz“).
„Zusammengefasst kann ein Fernsehformat im Rahmen des internationalen Formathandels demzufolge als ein auf Basis eines fertigen Programms entstandenes Leistungsbündel aus Idee, Konzept, Materialien und Know-how definiert werden, das als Kombination von Handelsware und damit verbundenen Dienstleistungen auf dem Inhaltemarkt handelbar ist.“ (Lantzsch 2008: 225)
An dieser Stelle sei kurz darauf hingewiesen, dass in der Praxis und in der Wissenschaft unter Fernsehformate bspw. auch fertigproduzierte Serien verstanden und die Begriffe Format/Formathandel häufig unscharf (und unterschiedlich) verwendet werden. So listet Statista (2013a) z. B. in einer Abbildung mit dem Titel „Fernsehformate mit den meisten Ausstrahlungen im deutschen TV von August 2011 bis Juli 2012“ auch eingekaufte Serien wie „How I Met Your Mother“, „Two and a half Man“ oder „The Big Bang Theory“ auf. Diese abweichende Verwendung liegt an den unterschiedlich existierenden Begriffsbestimmungen. In dieser Ausarbeitung fallen indessen fertige Filme, Serien und Dokumentationen bzw. alle Sendungen, die lediglich eine Untertitelung und/oder Synchronisation erhalten, unter den Programmimport, welcher oft auch als „finished made-for-TV programme“ (Lantzsch 2008: 14) bezeichnet wird.
Beim Handel mit TV-Formaten (Fernsehformathandel) erwirbt bspw. ein Sender (Lizenznehmer) via Lizenzvertrag vom Rechteinhaber (Lizenzgeber) die Nutzungsrechte an einem Format, welches in der Regel in anderen Ländern bereits erfolgreich publiziert wurde (vgl. ebd.: 125). „Der Formatimport ist global gesehen eine Form der Imitation, bei der fertige Programmideen und damit verbundenes Know-how gekauft und adaptiert werden.“ (ebd.: 124) Nachdem bspw. ein Sender eine Lizenz vom Rechteinhaber erworben hat, produziert er eine eigene Version dieses Konzepts. Es findet also eine Art Reproduktion statt, die sich an den jeweiligen gesellschaftlichen Besonderheiten des Landes bzw. kulturellen Gegebenheiten orientiert. Der Handel mit Formaten ist damit eine Kombination des Imports eines Programmes (Formatimport) und einer im Anschluss folgenden Eigen-, Ko- oder Auftragsproduktion. Das bedeutet zugleich, dass der internationale Fernsehformathandel stets eine Imitationsstrategie darstellt. Dabei findet der Handel (Verkauf und/oder Kauf von Lizenzen) – bei dem „in aller Regel auch die Ausstrahlung des originalen Programms im Ausgangsland“ (ebd.: 226) Voraussetzung ist – überwiegend mit internationalen Akteuren statt und bezieht sich vorrangig auf Unterhaltungsformate.
Nachdem auf den zurückliegenden Seiten die relevanten Begriffe dieser Abschlussarbeit umfassend definiert wurden, folgt im anschließenden dritten Kapitel eine Darstellung des inländischen Fernsehmarktes. Hierzu gehören ein Überblick zur aktuellen Situation des TV-Marktes in Deutschland, die Auflistung von Zielgruppen ausgewählter Fernsehveranstalter sowie das Aufzeigen gegenwärtiger Markttendenzen.
3. Fernsehmarkt in Deutschland
3.1 Überblick zur aktuellen Situation des Fernsehmarktes
Der einheimische Fernsehmarkt besteht aus einem Dualismus: einerseits beitragsfinanzierte öffentlich-rechtliche TV-Anbieter und andererseits private, durch Landesmedienanstalten kontrollierte, (in der Regel) werbefinanzierte Fernsehsender. Einflüsse auf die Entstehung des dualen Rundfunksystems waren unter anderem der Wertewandel (Privatisierung des Öffentlichen, Kommerzialisierung, Wunsch nach Pluralität), der technologische Fortschritt sowie die Internationalisierung und zunehmende Globalisierung.
Laut Angaben der Landesmedienanstalten31 (Erstellung und Pflege erfolgt durch die KEK32 ) existieren in Deutschland aktuell 23 öffentlich-rechtliche Fernsehsender (vgl. die medienanstalten 2014b). Hierzu gehören das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), das von der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (ARD) gemeinsam produzierte Erste Deutsche Fernsehen (Das Erste), die neun ARD-Dritten (WDR Fernsehen, MDR Fernsehen, NDR Fernsehen, Bayerisches Fernsehen, SWR Fernsehen, rbb Fernsehen, hr-fernsehen, SR Fernsehen und Radio Bremen TV) sowie der vom Bayerischen Rundfunk veranstaltete Bildungskanal ARD-alpha. ARD und ZDF produzieren zusätzlich die vier gemeinschaftlichen Kanäle phoenix (Ereignis- und Dokumentationskanal), KiKA (Kinderkanal), ARTE (europäischer Kultursender; zusammen mit ARTE France)33 und 3sat (Kulturkanal des deutschen Sprachraums; zusammen mit SRG und ORF). Die je drei digitalen Zusatzangebote der ARD (tagesschau24, EinsPlus, Einsfestival) und des ZDF (ZDFinfo, ZDFkultur, ZDFneo) sowie das Auslandsfernsehen der Deutschen Welle (DW-TV) komplementieren das Programmbouquet.
Bei einer genaueren Betrachtung bestehen die ARD-Dritten allerdings aus wesentlich mehr Sendern, da es regionale Auseinanderschaltungen wie MDR Sachsen, MDR Thüringen etc. gibt. Hinzu kommen die einzelnen HD-Ausgaben der ö.-r. Sender (z. B. Das Erste HD oder ZDF HD). Je nach Zählung sind somit mindestens 50 öffentlich-rechtliche Fernsehsender in Deutschland existent.34
Die ö.-r. Angebote sind laut § 13 RStV überwiegend beitragsfinanziert (vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland 2012: 14). Werbung und sonstige Einnahmen (z. B. der Handel mit Programmrechten, Produktplatzierung oder Sponsoring) sind weitere Erlösquellen (vgl. ebd.: 14f.). Deutsche Welle-TV finanziert sich, als einziger ö.-r. Sender, aus Bundesetatmitteln (vgl. die medienanstalten 2013b: 48). Der Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird hierbei in regelmäßigen Abständen durch die unabhängige Kommission KEF geprüft und ermittelt.
Seit der Einführung des dualen Rundfunks (im Jahre 1984) traten viele privat-kommerzielle Angebote zu den ö.-r. Anbietern hinzu. Anfang 2014 existierten insgesamt 394 private TV-Programme in Deutschland, davon 18 Vollprogramme (u. a. RTL Television, SAT.1, ProSieben, DMAX, joiz), drei Fernsehfenster35 (z. B. dctp, AZ MEDIA TV), 48 Spartenkanäle (u. a. n-tv, sixx, RTL NITRO, Bibel TV), 18 Teleshoppingsender (z. B. Juwelo TV, QVC), 75 Pay-TV-Angebote36 (u. a. Sky Action, Discovery Channel, MTV) sowie 232 landesweite, regionale und lokale TV-Sender (z. B. tv.berlin, KraichgauTV, LEIPZIG FERNSEHEN, main.tv) (vgl. die medienanstalten 2014a: 45; 93; 101–125). Wobei ein TV-Haushalt im Durchschnitt (Stand: 01/2014) 78 Programme empfängt (vgl. ARD-Werbung Sales & Services 2014b).
Die privatwirtschaftlich organisierten Veranstalter finanzieren sich primär aus Werbung bzw. Abonnements (Sky ist aktuell der größte entgeltfinanzierte Anbieter). Weitere Erträge können unter anderem Programmhandel, Sponsoring, Merchandising, Online-Dienste, Teleshopping, Product-Placement, Entgelt für Einzeltransaktionen oder Gewinne aus wirtschaftlichen Beteiligungen sein.37 Die ProSiebenSat.1 Media AG und die Mediengruppe RTL Deutschland GmbH gehören hierbei zu den beiden größten privaten Sendergruppierungen in Deutschland. Zu P7S1 zählen vor allem die Free-TV-Angebote SAT.1, ProSieben, kabel eins, sixx, SAT.1 Gold und ProSieben MAXX.38 Zur Mediengruppe RTL Deutschland gehören unter anderem die Free-TV-Programme RTL Television (Kurzform: RTL), VOX, RTL II, SUPER RTL, n-tv und RTL NITRO.39
Insgesamt gesehen ist das inländische Fernsehgeschäft ein hochkonzentrierter Markt, der von drei Veranstaltergruppen dominiert wird (vgl. hierzu Tab. 1). Die Mediengruppe RTL Deutschland (hundertprozentige Tochtergesellschaft der „RTL Group S.A.“40, an der wiederum die „Bertelsmann SE & Co. KGaA“ die Mehrheit hält) erreichte 2013 mit seinen Free-TV-Kanälen in der Gesamtbevölkerung ab drei Jahren einen Marktanteil von 24,6 % und die ProSiebenSat.1 Media AG (die Stammaktien befinden sich derzeit mehrheitlich im Streubesitz) von 18,9 % (vgl. KEK online 2014; Krei 2014; Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung 2014). Alle öffentlich-rechtlichen TV-Sender zusammen erzielten einen Marktanteil von 44,1 % (vgl. KEK online 2014). Damit kamen die drei größten Veranstaltergruppen im Zuschauermarkt (2013) auf einen gemeinsamen Marktanteil von 87,6 %. Aufgrund dessen liegt als Marktform ein Angebotsoligopol vor (vgl. Wirtz 2009: 345). Außerdem erwirtschafteten die beiden größten privaten TV-Gruppen im letzten Jahr 86,3 % des gesamten deutschen Fernsehnettowerbevolumens (vgl. die medienanstalten 2014a: 67). Bei einer reinen Betrachtung des privaten Fernsehmarktes besteht somit sogar ein Duopol.
Tab. 1: Die drei größten Veranstaltergruppen im deutschen TV-Markt nach Zuschaueranteilen 2013 (ab 3 Jahre)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung. Quellen der Senderlogos: Offizielle Webseiten des jeweiligen Fernsehveranstalters. Angabe ohne den öffentlich-rechtlichen Auslandssender „DW-TV“. Die Abkürzung „MA“ steht für „Marktanteil“. Hinweis: Bei den Marktanteilen der privaten Anbieter wurden Pay-TV-Kanäle nicht berücksichtigt, um die Vergleichbarkeit mit den ö.-r. Anbietern (die alle frei empfangbar sind) gewährleisten zu können. Darüber hinaus Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenwürden sich die Marktanteile der beiden privaten Anbieter inkl. Pay-TV-Sender nicht wesentlich verändern.
Mit 12,8 % war das ZDF im vergangenen Jahr beim Gesamtpublikum der reichweitenstärkste TV-Sender (vgl. Abb. 2). In der Zuschauergunst konnte sich somit der Mainzer Sender zum zweiten Mal in Folge an der Spitze behaupten. Danach folgen Das Erste (12,1 %), RTL (11,3 %), SAT.1 (8,2 %) sowie ProSieben (5,7 %) (vgl. ebd.). Diese fünf Sender zusammen erzielten 2013 bereits einen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gemeinsamen Marktanteil von 50,1 %.
Abb. 2: Marktanteile der 5 größten TV-Programme im Jahr 2013 (durschnittliche tgl. Sehdauer; Zuschauer ab 3 Jahre)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung. Datenbasis: AGF (zitiert in die medienanstalten 2014a: 55). Quellen der Senderlogos: Offizielle Webseiten des jeweiligen Fernsehveranstalters.
Im folgenden Unterkapitel 3.2 werden für die fünf reichweitenstärksten deutschen Fernsehsender (ZDF, Das Erste, RTL, SAT.1 sowie ProSieben) die aktuellen Zielgruppen näher aufgezeigt. In wenigen Einzelfällen wird dabei zusätzlich auf einige kleinere Sender eingegangen.
3.2 (Werberelevante) Kernzielgruppen ausgewählter TV-Sender
Für die Sender gibt es unmittelbar zwei relevante Anspruchsgruppen: die Werbetreibenden und die Rezipienten. Dabei stehen beide Gruppen miteinander in Interdependenz. Hintergrund hierbei ist die Tatsache, dass „die Zuschauerreichweite […] über die Höhe der Werbeeinnahmen“ (Stettner 2013: 9) entscheidet. Diese Erlöse wiederum ermöglichen neue Investitionen, unter anderem in Programminhalte für die Konsumenten. Besonders für die privaten Anbieter (mit Ausnahme der Pay-TV-Angebote) ist dies relevant, da sich diese hauptsächlich aus Werbung finanzieren.
Durch die typische Kostenstruktur (hohe First-Copy-Costs41 bei Medienprodukten) benötigt ein Fernsehanbieter, um profitabel zu sein, eine besonders große Masse, die er erreicht. Die Gruppe der Zuschauer, die als Konsumkräftigsten gilt, ist daher am bedeutendsten für die TV-Anbieter und soll durch das Programm am intensivsten mit Werbung konfrontiert werden.
„Als RTL-Urgestein Helmut Thoma in den 80er Jahren begann, das Privatfernsehen zu einer Wirtschaftsmacht zu formen, gab der Geschäftsführer die Devise aus: Unser Publikum ist zwischen 14 und 49 Jahre alt – um die Marktanteile gegenüber den öffentlich-rechtlichen Platzhirschen aufzublähen, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenp>behaupteten seine Kritiker.“ (Rave/Monsheimer 2013)
Lange Zeit galten bei den Privaten die von Thoma (selbst) definierten 14- bis 49-Jährigen als die werberelevante Kernzielgruppe. Sie sind nach Ansicht der TV-Anbieter die Konsumkräftigsten – obwohl dies wissenschaftlich überhaupt nicht belegt ist. Durch diese recht allgemein gefasste Altersorientierung wurde von Anfang an keine spezifische Generation bzw. keine Anspruchsgruppe mit ähnlichem Konsumverhalten erfasst. Diese Einteilung ist eine reine Konvention, um eine Abrechnungsmöglichkeit für Werbung zu erhalten.
Mittlerweile haben sich die Zielgruppen vor allem bei den Privaten deutlich verändert. Anfang des letzten Jahres erweiterte die Mediengruppe RTL Deutschland „seine Kernzielgruppe um zehn Jahre auf die 14- bis 59-Jährigen. Sämtliche Quotenmeldungen der zur Gruppe gehörenden Sender […] beinhalten somit nur noch Angaben über die neue Zielgruppe und das Gesamtpublikum“ (die medienanstalten 2014a: 76). Die Veränderung ist nach Angaben von RTL auf die demografische Entwicklung in Deutschland zurückzuführen (vgl. ebd.).
Diese Umstellung hat allerdings noch eine andere Ursache. Denn die Machtverhältnisse zwischen den beiden größten privaten Sendergruppierungen unterscheiden sich je nach Zielgruppenbetrachtung. Beim Heranziehen der neuen RTL-Zielgruppe (14- bis 59-Jährige) kamen die sechs Free-TV-Sender des Kölner Unternehmens 2013 auf einen gemeinsamen Marktanteil von 30,6 % (vgl. ebd.). Damit erreichten die RTL-Sender 5,4 % mehr als die Kanäle der P7S1-Gruppe (25,2 %) (vgl. ebd.). Bei der Verwendung der Zuschauerzahlen für die 14- bis 49-Jährigen lagen hingegen die Free-TV-Sender der P7S1-Gruppe mit einem gemeinsamen Marktanteil in Höhe von 28,1 % zwei Prozent vor der RTL-Gruppe (26,1 %) (vgl. ebd.).
Es wird dabei deutlich, dass die Umstellung durch die RTL-Gruppe rein strategischer Natur war. Denn durch die Ausweisung der neuen Zielgruppe erreicht das Unternehmen wieder Platz eins im betrachteten Zuschauerranking. Das ist besonders deswegen relevant, weil höhere Marktanteile in der Regel auch höhere Werbeeinnahmen bedeuten. Die Annahme, dass dies lediglich eine strategische Änderung war, wird dadurch erhärtet, das RTL mitteilte am Programm selbst nichts zu verändern (vgl. Rave/Monsheimer 2013) – was aber bei einer neuen Zielgruppenausrichtung ein folgerichtiger Schritt gewesen wäre. RTL-Sprecher Christian Körner ist allerdings der Ansicht, dass die Zielgruppe weder für die Vermarktung noch für die Gestaltung des Programms entscheidend sei (vgl. ebd.).
Die ProSiebenSat.1 Media AG rückte Mitte 2013 durch den Ausbau ihres Senderportfolios ebenfalls von der Kernzielgruppe der 14- bis 49-jährigen Rezipienten ab (vgl. die medienanstalten 2014a: 75). „Der Werbevermarkter von P7S1, SevenOne Media, führte für jeden Sender der Gruppe eine gesonderte Relevanzzielgruppe ein: Sat.1 spricht seitdem Zuschauer zwischen 14 und 59 Jahre an, während ProSieben sich an Erwachsene zwischen 14 und 39 Jahre richtet und kabel eins an 14- bis 49-Jährige.“ (ebd.) Die drei zusätzlichen Free-TV-Sender der ProSiebenSat.1 Media AG sprechen noch individuellere Zielgruppen an: ProSieben MAXX konzentriert sich auf die Kernzielgruppe der 30- bis 59-jährigen Männer, SAT.1 Gold auf die 40- bis 64-jährigen Frauen und sixx auf Frauen im Alter von 14 bis 39 Jahren (vgl. ebd.; Völkel 2013). Der Vermarktungschef von SevenOne Media äußerte sich gegenüber der Fachzeitschrift Horizont dazu wie folgt: „Die Sender von ProSiebenSat.1 werden zukünftig nicht mehr auf die Zielgruppe der 14-bis-49-Jährigen setzen. […] Auch die Zielgruppe der Gesamtzuschauer ab einem Alter von 3 Jahren seit [sic!] zukünftig nicht mehr interessant.“ (Völkel 2013)
Obwohl für die ö.-r. Anbieter der Grundversorgungsauftrag laut RStV an erster Stelle steht, so besitzen auch das ZDF und Das Erste eine „werberelevante Kernzielgruppe“. Der Vermarkter von Das Erste, die ARD-Werbung Sales & Services GmbH, weist vor allem vier Gruppen online aus: 1. Zuschauer ab 3 Jahre, 2. Erwachsene ab 14 Jahre, 3. Erwachsene zwischen 20 und 59 Jahre sowie 4. Haushaltsführende ab 14 Jahre (vgl. ARD-Werbung Sales & Services 2014c). Der für das ZDF zuständige Vermarkter, die ZDF Werbefernsehen GmbH, weist unter anderem die Quoten für Erwachsene ab 14 Jahre, Erwachsene zwischen 14 und 49 Jahre sowie Erwachsene von 30 bis 69 Jahre aus (vgl. ZDF Werbefernsehen 2014). Das ZDF wendet sich darüber hinaus deutlich stärker als alle anderen Anbieter von der Altersorientierung ab und weist seit 2007 verstärkt Konsumzielgruppen aus (vgl. ZDF Werbefernsehen 2007: 2). Durch die neue Typologie der Konsumzielgruppen ist der Sender bei den GPS42 Premium- sowie Markenkäufern der beliebteste Kanal (vgl. ebd.). Doch auch bei dieser (Neu-)Ausrichtung wird offenkundig, dass das ZDF damit in erster Linie lediglich versucht seine Außendarstellung positiv zu beeinflussen sowie die ausweisbaren Marktanteile zu erhöhen.
In der nachfolgenden Tabelle 2 werden die werberelevanten Kernzielgruppen für die fünf größten Sender in Deutschland noch einmal überblicksartig zusammengefasst.
Tab. 2: Zusammenfassung der werberelevanten Kernzielgruppen der fünf größten Fernsehsender Deutschlands
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung. Quellen der Senderlogos: Offizielle Webseiten des jeweiligen Fernsehveranstalters.
3.3 Gegenwärtige Markttendenzen
Mithilfe des Five Forces Modells nach Porter (vgl. 2008: 36) ist es möglich die fünf relevantesten Marktkräfte, und damit auch die wichtigsten Tendenzen im deutschen TV-Markt, zu bestimmen.43 Seit der Einführung des Privatfernsehens hat die Rivalität unter den bestehenden Unternehmen (Wettbewerb innerhalb der Branche) deutlich zugenommen und die Intensität steigt kontinuierlich. Hierbei wird der deutsche Fernsehmarkt überwiegend von drei großen Veranstaltungsgruppen dominiert (vgl. Kap. 3.1). Insgesamt betrachtet ist die (relative publizistische und ökonomische) Marktkonzentration sowie der Fragmentierungsgrad sehr hoch und es kommt zu einer immer stärkeren Ausdifferenzierung und einer Fortsetzung des Konsolidierungstrends. Im Vergleich zu 2013 nahmen zwar landesweite, regionale und lokale TV-Sender in diesem Jahr deutlich (um insg. 32) ab (vgl. die medienanstalten 2014a: 45), die Anzahl der Spartenkanäle steigt hingegen seit Jahren kontinuierlich an, auf mittlerweile 48 (vgl. ebd.; die medienanstalten 2013a: 47). Mit der wachsenden Ausdifferenzierung gehen für die TV-Sender allerdings (in der Regel) auch schwindende Einschaltquoten einher.
Neben der intramedialen Konkurrenz steigt der inter- und extramediale Wettbewerb ebenfalls immer weiter an. Die TV-Anbieter stehen in zunehmendem Maße in Konkurrenz zu Angeboten anderer Medienmärkte sowie weiteren Gestaltungsmöglichkeiten, wie z. B. Arbeit oder Freunde treffen (vgl. hierzu Kap. 2.4). Die Bedrohung durch Ersatzprodukte bzw. -dienste ist somit deutlich erkennbar, da z. B. das Internet den TV-Konsum bei den 14- bis 19-Jährigen heute signifikant substituiert und in dieser Gruppe das Fernsehen als Primärmedium bereits abgelöst hat (vgl. Gläser 2011: 209). Ersatzprodukte bzw. -dienste sind bspw. Konvergenz-Produkte und Multi-Channel-Angebote, z. B. VoD-Dienste, Programmplattformen wie Zattoo oder User-generated content auf Videosharingseiten wie Youtube. Gerade durch die Onlineplattformen mit Ton- und Bewegtbildmaterial besteht in Zukunft eine außerordentlich starke Bedrohung. Das haben alle großen Sendergruppen bereits erkannt und deshalb erwerben diese seit geraumer Zeit entsprechende Plattformen und/oder Apps (z. B. Kauf von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten MyVideo durch die P7S1-Gruppe) oder etablieren eigene (z. B. RTL NOW, Clipfish, maxdome, ZDFmediathek, 7TV, Tagesschau-App).
„International machte 2013 vor allem der US-amerikanische Video-on-Demand-Anbieter Netflix von sich reden. Die eigenproduzierte Serie „House of Cards“ kostete Netflix nicht nur kolportierte 100 Mio. US-Dollar für die ersten beiden Staffeln und heimste stolze neun Emmy-Nominierungen ein, sondern war vor allem die erste Serie dieser Größenordnung, deren Erstverwertung ausschließlich via Internet-Streaming erfolgte.“ (die medienanstalten 2014b: 87)
Da Netflix am 16.09.2014 ebenfalls in Deutschland an den Start ging, tritt ein weiterer großer Konkurrent im einheimischen Medienmarkt hinzu. Das Beispiel der eigenproduzierten Serie „House of Cards“ zeigt, wie gefährlich allein dieses Unternehmen in Zukunft für die bestehenden TV-Anbieter sein kann. Die generelle Bedrohung durch potenzielle neue Anbieter nimmt somit deutlich zu, da durch die immer weiter voranschreitende Digitalisierung eine Senkung der bestehenden Markteintrittsbarrieren erfolgt. Besonders bedeutsam war hier zuletzt (am 17.01.2014) auch der Start des „Disney Channels“ im Free-TV durch die „The Walt Disney Company“. Trotzdem sind die Hindernisse im TV-Markt insgesamt gesehen ausgesprochen hoch, z. B. durch Frequenzknappheit, technologische Herausforderungen, Kostenvorteile etablierter Unternehmen und/oder Marktposition bestehender Anbieter. Außerdem stellen die hohen First-Copy-Costs eine besondere Hürde dar. Wössner (ehemaliger Vorstandsvorsitzender bei Bertelsmann) schätzte einmal die Anlaufkosten für ein Vollprogramm auf umgerechnete 100 bis 250 Mio. Euro (vgl. Wössner 2000: 33, zitiert in Bauder 2002: 28). Für einen Spartenkanal sind zwar mit deutlich weniger Kosten zu rechnen, trotzdem benötigt eine Unternehmung hierfür ebenfalls Investitionskapital im (zweistelligen) Millionenbereich. Außerdem ist die Bestands- und Entwicklungsgarantie der ö.-r. Sender eine zusätzliche Eintrittsbarriere. Bedrohung herrscht daher überwiegend durch andere große Medienkonzerne oder bspw. durch Web-TV-Angebote von starken Wirtschaftsunternehmen (z. B. BMW TV) und Technologiekonzernen wie z. B. Google (Google TV) und Apple (Apple TV). Aber auch Privatpersonen mit ihren eigenen Channels, bspw. via Youtube, dürfen nicht unterschätzt werden (vgl. Gläser 2011: 209). Denn einige erreichen hierdurch mittlerweile bereits ein Millionenpublikum.
Bei der Betrachtung der Verhandlungsstärke der Lieferanten ist erkennbar, dass eine große Abhängigkeit von bekannten Moderatoren (z. B. Günter Jauch) sowie erfolgreichen Drehbuchautoren, Produzenten und Regisseuren besteht. Es herrscht ein regelrechter Kampf um diese Personen. Außerdem existieren nur wenige große Nachrichtenagenturen, die eine weltweite Infrastruktur besitzen, und auch die Rechte an Inhalten (bspw. Fußball, Olympia) sind stark umkämpft. Auch wenn dabei stets eine differenzierte Betrachtung notwendig ist, so besteht generell eine starke Lieferantenmacht, da die TV-Anbieter immer mehr Content benötigen und somit die Preise und damit auch die Abhängigkeiten (vor allem von US-Majors-Studios) kontinuierlich steigen. Zusätzlich werden einige Lieferanten, wie Kabelnetzbetreiber und Telekommunikationsunternehmen, zu potenzielle neue Konkurrenten oder sind es bereits. Denn die vorherige Trennung von Inhalt und Netz gerät ins Wanken, weil z. B. die Telekom mit T-Entertain oder Vodafone mit Vodafone TV eigene Inhalte verkaufen. Diese Anbieter besitzen ein gebündeltes Angebot an Unterhaltung, Telefonie und Internet. Besonders durch IPTV „kontrolliert der Anbieter des Programm-Bouquets auch gleichzeitig die Netzinfrastruktur bzw. den Empfangsweg“ (die medienanstalten 2014a: 25). Dieser Übertragungsweg besitzt zwar aktuell noch keine sehr große Bedeutung, steigt in der Zuschauergunst allerdings kontinuierlich an (vgl. ebd.).
Bei der Verhandlungsm acht der Abnehmer ist feststellbar, dass auf dem Rezipientenmarkt die Zuschauer über einen signifikanten (indirekten) Einfluss verfügen. Die Abwanderungsmöglichkeiten zu anderen Sendern sind vor allem durch den hohen Grad an Standardisierung und das vielfältige Angebot ohne Weiteres möglich. Es besteht somit eine hohe Nachfrageflexibilität. Auf dem Werbemarkt sind besonders die privaten TV-Anbieter von den werbetreibenden Unternehmen abhängig. Denn im Gegensatz zu den ö.-r. Angeboten finanzieren sich die Privaten zum größten Teil aus diesen Erlösen. Für die Werbetreibenden wiederum existieren genügend Alternativen zur Schaltung von Reklame – innerhalb des Mediums Fernsehens sowie auch außerhalb. Hierbei werden speziell Sonderwerbeformen immer beliebter und es kommt zu stärkeren Mischformen zwischen Programm und Werbung (vgl. Gläser 2011: 209). Die Verhandlungsmacht der Abnehmer ist somit insgesamt signifikant hoch.
Summa summarum kommt es zu einer Fragmentierung der Zielgruppe, zu einer Konsumentenüberforderung durch Programm- und Sendervielfalt sowie zu einer konvergenten Entwicklung. Der Fernsehkonsum findet mittlerweile überall statt: ob auf dem TV-Gerät, Smartphone, Tablet, PC oder Laptop, und wird zeitlich immer flexibler (z. B. durch VoD). Doch auch „wenn Fernsehsendungen zunehmend über mobile Medien rezipiert werden, so behauptet sich insbesondere im familiären Kontext nach wie vor das klassische Programmangebot im stationären Fernsehgerät – allerdings zunehmend begleitet von den so genannten ‚Second Screens’ auf mobilen Endgeräten“ (die medienanstalten 2014a: 265).
3.4 Zusammenfassung
Der inländische Fernsehmarkt besteht seit 1984 aus einem Dualismus: einerseits (beitragsfinanzierte) öffentlich-rechtliche TV-Sender und andererseits (in der Regel werbefinanzierte) private Fernsehanbieter. Aktuell existieren in Deutschland 394 privatwirtschaftliche Fernsehsender sowie (nach Angaben der LMA) 23 öffentlich-rechtliche Kanäle (vgl. Kap. 3.1). Die Bedeutendsten davon sind allesamt Vollprogramme. Der Zuschauermarkt wird allerdings fast ausschließlich von drei großen Veranstaltergruppen dominiert. Die stärksten Anbieter sind die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten (ARD und ZDF) sowie die beiden privaten Medienkonzerne ProSiebenSat1. Media AG und die Mediengruppe RTL Deutschland. Damit liegt als Marktform ein Angebotsoligopol vor. Bei einer reinen Betrachtung des privaten TV-Marktes herrscht sogar ein Duopol. Dies wird dadurch belegt, dass die RTL- sowie P7S1-Gruppe im letzten Jahr zusammen 86,3 % des gesamten Nettowerbevolumens erzielten (vgl. die medienanstalten 2014a: 67).
Außerdem ist festzustellen, dass die publizistische Vielfalt, vor allem im privatwirtschaftlichen Wettbewerb, kaum noch existent ist, da trotz zahlreicher Free-TV-Kanäle, die reichweitenstärksten privaten Sender von der ProSiebenSat.1- bzw. RTL-Gruppe kontrolliert werden. Durch diese Dominanz besteht eine starke Medienkonzentration. Generell ist im deutschen Free-TV-Markt ein weiteres Wachstum der beiden großen privaten Senderfamilien zu befürchten, da diese aufgrund ihrer bereits existierenden Marktmacht kleinere und neue Wettbewerber behindern: erstens durch „niedrigere Produktionskosten (Economies of Scale als Größenvorteile mit sinkenden Stückkosten) und zweitens durch die Kooperation von Programmanbietern sogenannte Verbundvorteile (Economies of Scope als Synergieeffekte mit sinkenden Gesamtkosten)“ (Bundeszentrale für politische Bildung 2013). Potenzielle Konkurrenten sind damit überwiegend andere große Medienkonzerne sowie starke Wirtschafts- und Technologieunternehmen, wie z. B. Google und Apple, oder Telekommunikationsfirmen, wie z. B. Vodafone und Telekom.
Darüber hinaus stellen Ersatzprodukte bzw. -dienste eine immer stärker werdende Bedrohung für die TV-Anbieter dar, weil bereits heutzutage Konvergenz-Produkte und Multi-Channel-Angebote sowie User-generated content, z. B. auf Videoplattformen, eine deutlich zunehmende Beliebtheit erfahren. Doch trotz der zahlreichen inter- und extramedialen Konkurrenz sowie den starken Veränderungen im Nutzungsverhalten, gerade bei der jüngeren Generation, ist das Fernsehen nach wie vor das wichtigste Medium der Deutschen – zuletzt mit einer durchschnittlichen täglichen Fernsehdauer von 221 Minuten bei den Zuschauern ab drei Jahren (vgl. die medienanstalten 2014a: 56). Das ZDF war hierbei im letzten Jahr mit einem Marktanteil von 12,8 % der reichweitenstärkste Sender im Gesamtpublikum, gefolgt von Das Erste (12,1 %), RTL (11,3 %), SAT.1 (8,2 %) und ProSieben (5,7 %).
Ein weiterer deutlich erkennbarer Trend ist in Deutschland die zunehmende Akzeptanz von kostenpflichtigen Angeboten (z. B. VoD oder Pay-TV), unter anderem, weil diese den Rezipienten mehr Freiheit und Selbstbestimmung ermöglichen. Gerade die Video-on-Demand-Angebote (z. B. maxdome, Netflix, Watchever oder Amazon Prime Instant Video) bieten zeit- und ortsunabhängige TV-Inhalte. Die Fernsehanbieter reagierten und reagieren auf diese Entwicklungen bereits mit eigenen Mediatheken/Onlineplattformen sowie Apps, zum anderen aber auch mit stetig neuen Spartenkanälen, um so die Zielgruppen noch konsequenter anzusprechen.
Hierbei fällt auf, dass sich die einstige Ausrichtung auf die „klassisch“ werberelevante Kernzielgruppe der 14- bis 49-Jährigen mittlerweile in einem starken Wandel befindet (vgl. Tab. 2). Einige Sender (vor allem die Kanäle der ProSiebenSat.1 Media AG) weisen sogar immer spezifischere Zielgruppen aus, während die RTL-Gruppe seit 2013 für alle Free-TV-Kanäle ausschließlich die absoluten Zuschauerzahlen und Marktanteile für die Gesamtbevölkerung (ab drei Jahre) sowie von 14 bis 59 Jahren angibt. Die Mediengruppe RTL Deutschland begründet die geänderte Zielgruppenausrichtung überwiegend mit dem demografischen Wandel. Allerdings wurde ebenfalls deutlich, dass die Neuausrichtung häufig lediglich deswegen erfolgt, um die zunehmend schwindenden Marktanteile künstlich „aufzubauschen“. Um weiterhin einen unmittelbaren Vergleich zwischen den TV-Anbietern gewährleisten zu können, verzichten die meisten Medienmagazine und -portale bisher auf die Ausweisung der sehr individuellen Sender-Zielgruppen. In der Regel werden nach wie vor hauptsächlich die Einschaltquoten der 14- bis 49-Jährigen sowie für die Gesamtbevölkerung (ab drei Jahre) angegeben.
4. Internationaler Fernsehformathandel
Das folgende Kapitel thematisiert den internationalen Fernsehformathandel und konzentriert sich dabei unter anderem auf die Bedeutung, die Entwicklung und den Gegenstand des Handels, die relevantesten Akteure und ihre Merkmale, Strategien und Strukturen, kulturspezifische Aspekte sowie den rechtlichen Rahmenbedingungen. Anschließend werden in Kapitel 4.9 die zentralen Ergebnisse kurz zusammengefasst. Zunächst erfolgt jedoch ein Blick auf die generellen Methoden der Programmbeschaffung, denn für die TV-Sender ist der „wichtigste Rohstoff“ (Karstens/Schütte 2010: 75) der Content.
4.1 Methoden der Programmbeschaffung
Zu den Arbeitsschritten bei der Produktion eines TV-Programms gehören die Erarbeitung eines Senderprofils, die Programmplanung (z. B. die Erstellung des Programmschemas und die Besetzung der Programmplätze), die Fertigstellung des Programms sowie der Konsum durch den Rezipienten (vgl. Holtmann 1999: 27). Bei der Programmplanung liegt das Hauptaugenmerk vor allem auf der Programmbeschaffung. Generell kommt der Inhaltsgenerierung laut Windeler und Sydow (2004: 8) ein „königlicher Stellenwert“ zu, wobei verschiedene Methoden der Beschaffung existent sind. Entweder werden die einzelnen Programmteile selbst produziert, durch Eigen- bzw. Koproduktionen, oder an Produktionsfirmen in Auftrag gegeben – sogenannte Auftragsproduktionen44 (vgl. Bichler 2006: 77).
„Eigenproduktionen sind Programme, die vom (TV-)Anbieter oder mehren [sic!] (TV-)Anbietern mit eigenen Ressourcen (Produktions- und Finanzmitteln) hergestellt und bearbeitet werden. Sind mehrere Unternehmen in Kooperation an einer Produktion beteiligt, dann spricht man von Koproduktionen. […] Mit Auftragsproduktion werden Projekte bezeichnet, die überwiegend mit unternehmensfremden Produktionsmitteln und von externen, eigenständigen Produzenten (Produktionsfirmen) erstellt werden. Die Auftraggeber, also etwa die TV-Sender, haben jedoch redaktionelles Mitspracherecht.“ (ebd.: 77f.)
Laut Paragraf sechs des Rundfunkstaatsvertrages sind sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Fernsehanbieter dazu verpflichtet den Hauptanteil ihres Sendeprogramms mit Eigen-, Gemeinschafts- oder Auftragsproduktionen aus dem einheimischen als auch europäischen Sprachraum zu füllen, um damit einen kulturellen Beitrag zu leisten (vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland 2012: 9). Trotzdem „ist die Verteilung an Eigen- bzw. Auftragsproduktionen und eingekauften Sendematerial, je nach Budget und Ausrichtung eines Senders, unterschiedlich gewichtet“ (Bichler 2006: 78).
Ein besonderer Vorteil von Eigen-, Gemeinschafts- oder Auftragsproduktionen liegt darin, dass die Rechte in der Regel bei den auftraggebenden Sendern liegen – was wiederum dem eigenen Lizenzhandel zugutekommt. Außerdem können die TV-Veranstalter somit einen „eigenen Grundstock an Programmen aufbauen“ (Stettner 2013: 30). Allerdings sind alle drei zuvor genannten Produktionsformen besonders zeit- und kostenintensiv – speziell die Eigenproduktionen – und garantieren noch lange keinen Erfolg (vgl. ebd.: 31f.). Andererseits ermöglichen bspw. individuelle Erzeugnisse eine optimale Einflussnahme auf die herzustellende Sendung, z. B. gestatten diese Produktionen eine wesentlich stärkere Berücksichtigung von Zuschauerwünschen und Trends. Dies wiederum kann ein essenzieller Wettbewerbsvorteil und entscheidend für das Image eines TV-Senders sein.
Eine weitere Chance bietet der Ankauf von fertigen Programminhalten (z. B. Serien, Spielfilme) – auch als Programmimport bezeichnet. Hier erwirbt ein Fernsehveranstalter „für einen definierten Zeitraum und für eine bestimmte Zahl an Ausstrahlungen Lizenzen an anderen Produktionen“ (Bichler 2006: 78). Die Inhalte wurden zunächst von senderunabhängigen Produzenten hergestellt, damit diese dann als „Kauf- und Lizenzprogramme […] von den TV-Anbietern am Fernsehprogrammmarkt gänzlich oder für einen begrenzten Zeitraum über eine Lizenz zur Ausstrahlung erworben“ (ebd.: 77) werden können. Des Weiteren ist es auch möglich, Rechte an noch zu produzierende Inhalte zu verhandeln.45 Dabei ist auffällig, dass unabhängige Lizenzhändler mittlerweile immer seltener vorkommen, denn die wirtschaftlich starken Unternehmen wenden sich häufig „direkt an die Inhaber der Rechte und kooperieren auch untereinander in der Programmbeschaffung“ Stettner 2013: 22f.). Entsprechend schwierig gestaltet sich die Inhaltsgenerierung für kleine Sender und auch die Markteintrittsbarrieren für neue Rechtehändler steigen dadurch kontinuierlich an.
Generell benötigen Fernsehveranstalter laufend neue Inhalte, denn die Wiederholung von Content kann lediglich in einem begrenzten Maße erfolgen. Doch attraktive Sendungen sind ein knappes Gut auf dem Inhaltebeschaffungsmarkt, da die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt und somit nehmen auch die Preise fortwährend zu (vgl. Karstens/Schütte 2010: 202; Wirtz 2009: 400). Für die Generierung von (neuartigen) Inhalten bietet darum der internationale Fernsehformathandel eine weitere Alternative zu den immer teurer werdenden Programmimporten. Hierbei werden fertige Ideen/ Konzepte sowie das Know-how eingekauft und dann adaptiert (vgl. hierzu auch Kap. 2.6). Das bedeutet, dass im Anschluss eines Formatimports (Lizenzeinkauf) eine Eigen-, Ko- oder Auftragsproduktion stattfindet. Damit stellt der Fernsehformathandel eine „besondere, hybride Form der Generierung von TV-Inhalten […] dar“ (Stettner 2013: 21). Je erfolgreicher ein Format im Ausland bereits ist, desto teurer ist allerdings auch dessen Erwerb für die Adaption. Große Produktionsstudios können hierbei durch ihre Bekanntheit und Marktmacht in der Regel höhere Lizenzgebühren46 verlangen als bspw. kleine, kaum bekannte, Produzenten.
Alle großen TV-Anbieter in Deutschland handeln, allerdings in unterschiedlichem Maße, mit Fernsehformaten. Entweder werden Formate/Formatkonzepte importiert (in diesem Fall sind die Fernsehveranstalter die Nachfrager) oder aber selbst entwickelte Formatideen ins Ausland exportiert, um damit zusätzliche Einnahmen zu generieren. In diesem Kontext treten die Sender als Anbieter auf und veräußern ihre bestehenden Nutzungsrechte – ohne Eigentumsübertragung – an Dritte.
Der kommende Abschnitt zeigt auf, dass der Formathandel für die inländischen Anbieter eine starke Relevanz besitzt, da diese Sendungen häufig eine große Anziehungskraft auf die Zuschauer ausüben.
4.2 Bedeutung des TV-Formathandels
Der internationale Lizenzhandel wird von TV-Sendern betrieben, um bereits im Ausland erfolgreiche Formate für den einheimischen Markt zu adaptieren. Ein Konzept, welches zuvor mit Erfolg in einem anderen Land umgesetzt wurde, mindert in der Regel das finanzielle Risiko, welches sich TV-Anbieter ständig ausgesetzt sehen. Denn eine noch nicht erprobte Sendung stellt ein enormes Wagnis für die Fernsehveranstalter dar, weil für jede Produktion hohe First-Copy-Costs anfallen. Deshalb besitzt der internationale Lizenzhandel eine signifikante Bedeutung für die inländischen Fernsehveranstalter, da Formatimporte „eine zentrale Ressource innerhalb der Programmdistribution“ (Lantzsch 2008: 224) darstellen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Schröder 2011. Quelle: Schröder 2013.
Unberücksichtigt von den sportlichen Großereignissen, die immer wieder Top-Quoten erzielen, verdeutlichen die beiden vorherigen Abbildungen, welche enorme Beliebtheit bestimmte Sendungen in Deutschland besitzen. Bei der Betrachtung der Top 10 in Abbildung 3 wird erkennbar, dass dort „Bauer sucht Frau“, „Das Supertalent“, „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“, „Wer wird Millionär?“ sowie „Deutschland sucht den Superstar“ auftauchen. Allesamt Formatimporte, die auf RTL ausgestrahlt werden. Das bedeutet, dass zu den zehn beliebtesten Sendungen im deutschen Fernsehen, nach der durchschnittlichen Anzahl der Zuschauer für die Saison 2010/2011, fünf importierte (allesamt britische) Formate gehörten. Dies offenbart bereits die Relevanz des Fernsehformathandels für die deutschen TV-Anbieter – allen voran RTL. Die anderen Top 10-Sendungen, „Wetten, dass…?“, „Tatort“, „Um Himmelns Willen“, „In aller Freundschaft“ sowie „Familie Dr. Kleist“, sind Eigen-, Ko- oder Auftragsproduktionen der öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter.
In den Top 10 der beliebtesten Fernsehsendungen für die TV-Saison 2012/2013 gibt es indessen deutliche Verschiebungen (vgl. Abb. 4). Ohne Berücksichtigung der Sportsendungen befindet sich weiterhin an erster Stelle „Wetten, dass…?“, gefolgt vom „Tatort“ und dem „Polizeiruf 110“. Anschließend folgen wieder die erfolgreichen Formate von RTL: „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ sowie „Bauer sucht Frau“. Allerdings befinden sich „DSDS“, „Wer wird Millionär?“ und „Das Supertalent“ nicht mehr unter den Top 10. Doch obwohl diese Formate weiterhin ein Millionenpublikum vor das Fernsehgerät locken, so reagierte RTL aufgrund der sinkenden Quoten bereits mit einem neuen Formatimport aus Israel – der interaktiven Castingshow „Rising Star“ (vgl. Hein 2014), welche am 28.08.2014 auf Sendung ging. Allerdings wurde das Format aufgrund von sehr schwachen Marktanteilen (deutlich unter Senderschnitt), früher als geplant, bereits am 18.09.2014 beendet.
Das Entscheidende an den beiden vorangegangenen Abbildungen ist die Tatsache, dass Eigen-, Ko- oder Auftragsproduktionen zu den beliebtesten, regelmäßig konsumierten Sendungen im deutschen Fernsehen zählen. Trotz der Verschiebungen, im Vergleich beider TV-Saisons, wird ebenfalls offensichtlich, dass zu den reichweitenstärksten Sendungen immer wieder Formatimporte gehören. Hierbei sind die fünf erfolgreichsten TV-Formate weltweit nach der Anzahl der Exporte von 1997 bis 2009 der Reihe nach: „Who Wants to Be a Millionaire?“ (Großbritannien, 108 Exporte, dt. Titel: „Wer wird Millionär?“), „Miljoenenjacht“ (Niederlande, 71 Exporte, deutscher Titel: „Deal or No Deal“), „Big Brother“ (Niederlande, 45 Exporte, dt. Titel: „Big Brother“), „The Weakest Link“ (USA, 44 Exporte, dt. Titel: „Der Schwächste fliegt“) sowie „Are You Smarter Than a 5th Grader?“ (USA, 43 Exporte, dt. Titel: „Das weiß doch jedes Kind!“) (vgl. Statista 2013b).
Abbildung 5 verdeutlicht, dass Großbritannien den größten Formatexporteur der Welt darstellt und am meisten mit dem Handel verdient (vgl. Esser 2010: 503). 701,41 Mio. Euro Umsatz erzielte das Land 2008 mit dem Export seiner 98 Fernsehformattitel, gefolgt von den USA mit 377,55 Mio. Euro durch 56 Exporte sowie den Niederlanden mit 345,83 Mio. Euro durch 23 Exporte (vgl. ebd.). Deutschland nahm im selben Zeitraum für seine zwölf exportierten Formate 54,04 Mio. Euro ein und landet nach Umsatz damit auf dem neunten Platz und bei der Anzahl der verkauften Formate (gemeinsam mit Frankreich, Australien, Japan und Spanien) auf Platz sechs (vgl. ebd.).
Alles in allem ist der britische Produktionsmarkt dabei „einer der vitalsten der Welt“ (Jira 2011) . Denn TV-Produzenten aus Großbritannien „sind europaweit mit Abstand die erfolgreichsten, insbesondere beim internationalen Vertrieb von Formatrechten“ (ebd.). Die Stärke von Großbritannien, den USA und den Niederlanden wird in der Regel dadurch begründet, dass diese Länder sehr frühzeitig in das Geschäft des Formathandels eingestiegen sind und im Vergleich zu den anderen Ländern vorteilhafte Vertriebsstrukturen und Rahmenbedingungen aufweisen (vgl. Esser 2010: 503).
Abb. 5: Anzahl exportierter Formattitel und Formatstunden 2008 sowie damit generiertes Einkommen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Esser 2010: 503. Datenbasis: FRAPA 2009.
Obwohl die einheimischen Sender erfolgreiche Formate eher aus dem Ausland importieren, so wird auch der Export immer relevanter. „Während im Zeitraum 2002 bis 2004 nur fünf deutsche Formate exportiert worden […], waren es im Zeitraum 2006 bis 2008 immerhin 23.“ (Esser 2010: 505) Das wichtigste Unternehmen für den Vertrieb deutscher Formate stellt hierbei Red Arrow International (ehemals SevenOne International) dar (vgl. ebd.: 506) – eine Tochterfirma der Red Arrow Entertainment Group, die wiederum eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der ProSiebenSat.1 Media AG ist. Red Arrow war im Zeitraum von 2006 bis 2008 mit einem Anteil von über 60 % das bedeutendste Saleshouse für den Verkauf deutscher Formate (vgl. ebd.). Auch in der Studie von Esser, aus dem Jahre 2010, wird diese starke Stellung bestätigt (vgl. ebd.).
Die wirtschaftliche Relevanz des Formathandels fasst die FRAPA (2014a) wie folgt zusammen:47
„In 2004, FRAPA issued the format industry’s first major analysis of its market in a report entitled The Global Trade in Television Formats. The study, which valued the production volume generated by traded formats at around €6.4bn, provided the first hard evidence that the buying and selling of international formats had become a powerful global business in its own right. In 2008, in response to the rapidly changing economic and media landscape, FRAPA initiated a second report. The result – The FRAPA Report 2009: TV Formats to the World – provided the format community with a comprehensive and up-to-date roadmap of the industry’s 14 key territories. It also revealed that the global format trade had undergone a period of volcanic growth. Between 2006 and 2008, the report estimated total production expenditure on formats to be around €9.3bn, confirming what many in the industry had suspected: that formats are now a key driver of the global entertainment business.“ [Herv. im Original]
Aus den FRAPA-Studien geht außerdem hervor, dass der Anteil des Produktionswerts im Vergleich beider Zeiträume (2002 bis 2004 und 2006 bis 2008) um 45 % anstieg (vgl. FRAPA 2009: 17). Auch die Anzahl der gehandelten Formate wuchs in den untersuchten Fernsehmärkten von 259 (2002 bis 2004) auf 445 (2006 bis 2008) (vgl. ebd.: 8; 11). Dabei wurden allein im Jahr 2008 weltweit 295 Formate veräußert. Die Exportschlager sind hierbei vor allem Quiz-, Talent-, Casting- sowie Gameshows – mit ihnen werden bislang die höchsten Einnahmen generiert (vgl. Hallenberger 2009: 161).
Tab. 3: Durchschnittlicher Lizenzpreis pro Minute 2003/2004 in EUR (Free-TV, terrestrisch)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an C21Media 2005, zitiert in Lantzsch 2008: 110. Es musste hierbei auf Lantzsch als Quelle zurückgegriffen werden, da die Originalquelle nicht mehr zugänglich ist. Hinweis: Die Minutenangaben sind Ca.-Angaben und wurden aus den von Lantzsch angegeben durschnittlichen Kosten pro Stunde auf Minuten umgerechnet, um eine bessere Vergleichbarkeit mit Abbildung 6 zu erreichen. Außerdem wurden die Beträge von US-Dollar in Euro umgerechnet (Wechselkurs: 1,3522 USD; Stand: 16.07.2014).
Tabelle 3 skizziert die durchschnittlichen Lizenzkosten pro Minute (im Jahr 2003/2004) für Programmimporte wie Serien oder TV-Filme für Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Tschechien.48 Generell erfolgt die Differenzierung der Preise primär über die geografischen Märkte, wobei hier vor allem Größe und Wirtschaftlichkeit ausschlaggebend sind (vgl. Lantzsch 2008: 111). Aus der Auflistung geht hervor, dass für deutsche TV-Anbieter eingekauftes Sendematerial in der Regel wesentlich preiswerter ist, als Eigen-, Ko- oder Auftragsproduktionen (vgl. Abb. 6). Dabei können Serien und Filme, je nach Vertrag, öfters ausgestrahlt werden (vgl. Karstens/Schütte 2010: 205). Meist erfolgt auch nur so eine positive Deckungsbeitragsrechnung.
Der größte und dominierende Exporteur von Programmen ist hierbei die USA (vgl. Lantzsch 2008: 111). Doch als problematisch erweisen sich die häufig abgeschlossenen Package- oder millionenschweren Output-Deals49 mit den großen US-Majors-Produktionsstudios. Je nach Vertragsmodell erhält der Sender für den Kauf sämtliche von den jeweiligen Unternehmen produzierten Filme und/oder Serien für eine bestimmte Vertragslaufzeit und zu festgelegten Konditionen (z. B. Häufigkeit der Ausstrahlung, frühester Ausstrahlungszeitpunkt). Das Hauptproblem besteht darin, dass die TV-Sender nicht wissen was sie letztlich erhalten, da zu Vertragsabschluss die Serien und Spielfilme in der Regel noch nicht produziert worden sind. Somit muss der Sender gesamte Programmpakete erwerben, die neben den Blockbustern auch viele nicht erfolgreiche Produktionen enthalten und damit vielleicht gar nicht in das Konzept des Senders passen (vgl. Wilke/Schilling 2000: 97). Die Package- und Output-Deals nehmen auch deswegen immer weiter zu, weil die großen Produktionsstudios eine ernorme Marktmacht besitzen. Wirtschaftlich starke Senderfamilien mit ihren Spartenkanälen sind hierbei deutlich im Vorteil, da sie sich den millionenschweren Handel leisten und weniger attraktive Paketinhalte auf ihren kleineren Sendern auslagern können.
Abb. 6: Durchschnittlicher Minutenpreis deutscher TV-Produktionen differenziert nach Genres50 2011 in Euro
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Goldhammer/Castendyk 2013: 9.
Abb. 6 verdeutlicht, dass die durchschnittlichen Herstellungskosten für eigene Fiction-Formate wie TV-Filme und TV-Serien weitaus höher liegen als bei Nonfiction-Formaten – die Ausgaben liegen auch über den Lizenzpreisen von Programmimporten (vgl. Tab. 3). So kostet bspw. ein rund 90-minütiger „Tatort“ im Durchschnitt etwa 1,4 Millionen Euro (vgl. Huber 2013).51 Allerdings Schwanken die Preise im Nonfiction-Genre deutlich: „Minutenpreise für Factual-Formate reichen bis unter 1000 Euro pro Minute, die Preise für aufwändige Primetime-Shows kommen hingegen an Serien-Minutenpreise heran.“ (Goldhammer/Castendyk 2013: 9) Dies ist ebenfalls ein Grund, warum Sender vermehrt auf Formatimporte setzen. Zum einem sind diese häufig preiswerter als selbst zu produzierende Filme/Serien52 und günstiger als eigene Formatideen. Auf der anderen Seite nehmen auch die Gebühren für Programmimporte stetig zu und diese erreichen in den seltensten Fällen so hohe Einschaltquoten wie eigenproduzierte Sendungen (vgl. Siebenhaar 2012).
[...]
1 Für mich als Autor erschließt sich die Angabe von 45 % durch die Medienanstalten allerdings nicht. Beim Vergleich mit dem für das Jahr 2013 von der ZAW angegebenen Gesamt-Bruttowerbeinvestitionen von 25,03 Mrd. Euro (vgl. ZAW.online 2014) mit den durch TV-Werbung (Brutto) im vergangenen Jahr generierten 12,0 Mrd. Euro (vgl. die mediananstalten 2014a: 66) müsste die Quote eigentlich 47,9 % betragen.
2 Als Pay-TV (Pay Television) wird das sogenannte Bezahlfernsehen bezeichnet. Dies bedeutet, dass die von den Zuschauern konsumierten Sendungen nicht durch Werbung oder Rundfunkbeiträge finanziert werden, sondern durch zusätzliche (und direkte) Zahlungen der Rezipienten (vgl. Monaco 2000: 127).
3 Was allerdings genau unter „sonstige Einnahmen“ zu verstehen ist, wurde vom Herausgeber nicht angegeben (vgl. die medienanstalten 2013b: 58).
4 Für das vergangene Jahr wurden keine „sonstigen Einnahmen“ extra ausgewiesen. Deshalb wurde an dieser Stelle auf die Angabe aus der Vorgängerpublikation (für das Jahr 2012) zurückgegriffen (vgl. die medienanstalten 2013b: 58).
5 In der Produzentenstudie gibt es keine näheren Angaben zu Brutto oder Netto. Es ist aber wahrscheinlich das sich die 1,82 Mrd. Euro auf die Brutto-Umsätze beziehen.
6 Wobei der „Eighth Annual International Communications Market Report“ der britischen Medienaufsicht OFCOM Deutschland für das Jahr 2012 hinter Großbritannien auf Platz zwei in Europa führt (vgl. VPRT 2013). In diesem Report weicht die OFCOM jedoch erstmals selbst von ihren früheren ermittelten und publizierten Werten ab.
7 Unter Programm wird „die planvolle und zeitlich geordnete Folge von Darbietungen eines Veranstalters [verstanden], die über eine im voraus bestimmte Frequenz oder über einen im voraus bestimmten Kanal verbreitet werden“ (Heinrich 1994: 115).
8 Wobei hierunter die Bruttosendezeit (inkl. Werbung und Ähnlichem) zu verstehen ist. Die Nettosendezeiten (ohne Werbung, Sponsoring, Teleshopping, Promotion und Sonstiges) der acht größten TV-Anbieter (ZDF, Das Erste, RTL, SAT.1, ProSieben, VOX, RTL II und kabel eins) lagen im Jahr 2012 bei insgesamt 59.000 Stunden (vgl. HMR International 2014: 7). Zum Vergleich: Sky sendete im selben Zeitraum, mit seinen über 70 Sendern, ca. 460.000 Programmstunden (vgl. ebd.).
9 Hinweis für die gesamte Arbeit: Auf geschlechtsneutrale Formulierungen wird aus Gründen der Leserlichkeit in aller Regel verzichtet. Es sind in der gesamten Ausarbeitung stets beiderlei Geschlechter gemeint.
10 Rundfunk ist laut § 2 Absatz 1 des RStV „ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen“ (Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland 2012: 5). Allerdings gehören nach § 2 Absatz 3 Angebote, die „weniger als 500 potenziellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden“ (ebd.: 7) und/ oder „aus Sendungen bestehen, die jeweils gegen Einzelentgelt freigeschaltet werden“ (ebd.) nicht zum Rundfunk.
11 Als Massenmedium werden bspw. die Medien Zeitung, Zeitschrift, Film, Hörfunk oder Fernsehen bezeichnet, da diese „ein großes Publikum erreichen“ (Monaco 2000: 103). Der Begriff kennzeichnet darüber hinaus den „Unterschied zwischen Populärkultur und Hoher Kunst“ (ebd.).
12 Wobei das Bildformat 16:9 nicht grundsätzlich mit HDTV verbunden sein muss und bereits durch die 1994 eingeführte Weiterentwicklung PALplus Breitwandfernsehen (16:9) möglich war (vgl. Monaco 2000: 124).
13 720p/50 bedeutet, dass die Darstellung mit 1280 x 720 Pixeln im Vollbildverfahren (progressive) bei einer Bildwiederholrate von 50 Hertz (Hz) geschieht. Damit werden alle Pixel zeitgleich auf ein neues Bild eingestellt – es wird somit „50-mal in der Sekunde ein voll aufgelöstes Bild mit 1280 x 720 sichtbaren Bildpunkten“ (Schmidt 2009: 150) gezeigt. Der Unterschied zu 720p/60 liegt darin, dass dort die Bildwiederholrate 60 Hertz beträgt. Ob in einem Land mit 50 oder 60 Hz gearbeitet wird, hängt vom jeweiligen Stromnetz ab.
14 1080p/50 drückt aus, dass die Darstellung mit 1920 x 1080 Bildpunkten im Vollbildverfahren (progressive) geschieht. Somit werden, wie bei 720p, alle Pixel zeitgleich auf ein neues Bild eingestellt bzw. „pro Sekunde 50 voll aufgelöste Bilder mit 1920 x 1080 Bildpunkten“ (Schmidt 2009: 150) gesendet. Der Unterschied zu 1080p/60 liegt darin, dass dort die Bildwiederholrate 60 Hertz beträgt. Es existieren noch zahlreiche weitere Varianten, z. B. eine 1080p/25-Modifikation – hier beträgt die Framerate (Hz) 25 und die Bewegungsauflösung ist deutlich detailarmer – oder eine 1080i/25-Variante, bei der die Bilder im sogenannten Zeilensprungverfahren (interlaced) gesendet werden. Hierbei zeigen immer nur die Hälfte der möglichen Zeilen etwas an. Je nach Bildwiederholfrequenz (50 oder 60 Hz) werden 50 oder 60 Halbbilder pro Sekunde gesendet. Die maximale Bildqualität ist demnach bei 1080p deutlich höher als bei 1080i, benötigt allerdings auch eine doppelte Signalbandbreite (vgl. ebd.: 37) und wird in Deutschland noch nicht so häufig genutzt wie bspw. 720p (vor allem bei den öffentlich-rechtlichen Sendern) oder 1080i (besonders bei den privaten Anbietern) (vgl. ebd.: 151).
15 Wobei bspw. bereits PALplus eine Bildqualität von 1024 x 576 Pixel besaß (vgl. Monaco 2000: 124).
16 Eine Vertiefung zum Thema SDTV vs. HDTV oder neueren Tendenzen wie 3D-TV und Ultra HDTV (4K- und 8K-Auflösung) ist aufgrund der Begrenztheit dieser Arbeit nicht möglich. Auch Aspekte wie z. B. Smart-, Web- oder HbbTV können an dieser Stelle nicht näher behandelt werden. Für eine intensivere Auseinandersetzung zu diesem Thema siehe bspw. Schmidt (2009).
17 Nach § 2 Absatz 2 Nr. 4 RStV ist ein „Spartenprogramm ein Rundfunkprogramm mit im Wesentlichen gleichartigen Inhalten“ (Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland 2012: 6). Spartenkanäle sind somit Sender (z. B. phoenix, n-tv, KiKA, sixx, SPORT1) mit der Ausrichtung auf spezielle Themen und Sendeformate und damit auch auf ein fest definiertes und begrenztes Zuschauersegment.
18 In der gesamten Arbeit werden die in der Programmliste der KEK aufgeführten Schreibweisen der privaten Sender (vgl. die medienanstalten 2013c: 3–7) bzw. die von den ö.-r. Anbietern aktuell selbst nach außen publizierten Schreibweisen (vgl. hierzu die offiziellen Webseiten der jeweiligen Sender) verwendet. Allerdings variieren einige Sender die eigenen Namensangaben (z. B. ARTE oder arte). Sollte dies bei der Recherche der Fall gewesen sein, so wurde von mir als Autor eine Schreibweise ausgewählt und durchgängig in dieser Ausarbeitung beibehalten.
19 In Deutschland führt die GfK Fernsehforschung die Berechnung der Einschaltquoten mithilfe eines Panels durch. „Unter einem Panel versteht man eine Gruppen [sic!] von Personen, die in regelmäßigen Abständen immer wieder befragt werden.“ (Meyen 2004: 94) Mithilfe des TC Score bzw. TC UMX (spezielle technische Messgeräte), welche in 5.000 Haushalten vorhanden sind (mit darin ca. 10.500 lebenden Personen ab drei Jahren), werden die Zuschauerzahlen berechnet, und zwar stellvertretend für 72,2 Mio. Menschen ab drei Jahren (vgl. ARD-Werbung Sales & Services 2014a). Hauptproblem dieses Panels sind jedoch die gerade einmal 5.000 mit Messgeräten ausgestatteten Haushalte, die 36,71 Mio. private Haushalte (vgl. ebd.) repräsentieren sollen. Damit werden bspw. keine Büros, Hotels, Gaststätten, Altersheime oder Krankenhäuser berücksichtigt (vgl. Meyen 2004: 97). Damit fallen auch viele Studenten in WGs oder Wohnheimen heraus und auch Ausländer erfahren nur eine marginale Berücksichtigung. Des Weiteren wird mit dem Gerät nicht erfasst, ob der Zuschauer das Programm auch tatsächlich oder nur nebenbei konsumiert. Es ist auch wahrscheinlich, dass ein Panel-Mitglied sich nicht immer korrekt vom Messgerät an- und abmeldet. Ebenfalls ist es kaum möglich eine Person (die freiwillig ihren Fernsehkonsum dokumentieren lässt) als repräsentativ für umgerechnet ca. 6.857 Menschen anzusehen. Zusätzlich gab es in der Vergangenheit auch schon (bekannt gewordene) Messfehler. Nichtsdestotrotz wird in dieser Arbeit auf die Quotenangaben der GfK zurückgegriffen, da dieses Panel von der Branche anerkannt wird und bisher als Einziges so umfangreich und kontinuierlich Daten zur Verfügung stellt. Dabei gilt es zu beachten das bei der Betrachtung von Quoten stets Vorsicht geboten ist. Es ist wichtig den Marktanteil und die Gesamtzuschauer (nicht nur die definierten Zielgruppen) genaustens zu betrachten. Denn die Beschränkung auf bestimmte, „werberelevante“ Zielgruppen wird besonders deswegen von den Sendern genutzt, weil die Anbieter somit höhere Quoten ausweisen können. Außerdem sollte der Marktanteil immer genau begutachtet werden, denn hinter „einem Marktanteil von 10% können sich z.B. um 21:00 Uhr rund 3 Mio. Zuschauer verbergen, um 03:00 Uhr in der Nacht dagegen nur 150.000“ (Karstens/Schütte 2010: 343).
20 Das Rating ist im „Rundfunk das System zur Erfassung der Hörer- bzw. Zuschauermenge (Einschaltquote) […], beispielsweise zur Bestimmung der Preise für die Werbeeinblendungen“ (Monaco 2000: 137f.; Herv. im Original).
21 Für eine Vertiefung aller wesentlichen Bestandteile einer Strategie siehe Dillerup und Stoi (2013: 170).
22 Bei der Gewinnmaximierungsbetrachtung als Formalziel bilden die öffentlich-rechtlichen Sender eine Besonderheit. Selbstverständlich sollen/müssen auch diese ökonomisch arbeiten, allerdings steht bei ihnen laut dem RStV der Grundversorgungsauftrag an erster Stelle. Deshalb erhalten die Ö.-r. für ihre Arbeit hauptsächlich Rundfunkbeiträge.
23 Weitere Informationen zu den PIMS-Studien und den empirischen Stichprobenansätzen befinden sich auf der offiziellen Webseite unter www.pimsonline.com [zuletzt am 24.09.2014 abgerufen].
24 An dieser Stelle sei kurz darauf hingewiesen, dass für den Begriff „Unternehmenserfolg“ in der Literatur keine einheitliche Definition vorhanden ist. Das liegt darin begründet, dass für Erfolg sehr unterschiedliche Ansätze und Maßstäbe existieren. Diese sind wiederum vom jeweiligen Leitbild, der Vision und den Strategien abhängig. In der Regel sind finanzielle Messgrößen zwar entscheidend (z. B. Gewinn oder Umsatzerreichung), es bestehen aber noch andere (weniger messbare) Größen, wie z. B. Mitarbeiter- oder Kundenzufriedenheit, die ebenfalls Unternehmenserfolg darstellen können. Nach Fritz (vgl. 1992: 230–240) sind die vier wichtigsten Ziele eines Unternehmens Wettbewerbsfähigkeit, Kundenzufriedenheit, Sicherung des Unternehmensbestandes und langfristige Gewinnerzielung.
25 Eine Definition für Image lautet: „Vorstellung, [positives] Bild, das ein Einzelner od. eine Gruppe von einer Einzelperson od. einer anderen Gruppe (od. einer Sache) hat“ (Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion 2000: 594).
26 Allerdings wird an späterer Stelle (Kap. 4.9) noch aufgezeigt werden, dass zusätzlich noch ein dritter Absatzmarkt existiert, und zwar der Inhaltemarkt (vgl. hierzu bspw. auch Wirtz 2009: 318 oder Stettner 2013: 5).
27 Von besonderer Relevanz für diese Ausarbeitung ist jedoch vor allem die intra- und intermediale Konkurrenz. Der extramediale Wettbewerb wird daher nicht bzw. kaum berücksichtigt und dient in dieser Übersicht in erster Linie der Vollständigkeit halber.
28 Der Lizenz-Begriff stammt von dem lateinischen Wort „licentia“ ab und bedeutet soviel wie Freiheit oder Erlaubnis (vgl. Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion 2000: 811).
29 Im technischen Sinn sind Fernsehformate „die Auflösung in Bildzeilen, die Bildschirmbreite, die Digitalisierung des Fernsehbildes“ (Türschmann/Wagner 2011: 7).
30 Die deutsche Daily-Soap „GZSZ“ beruht bspw. auf der australischen Serie „The Restless Years“ und wurde von RTL adaptiert und neu produziert (vgl. Niggemeier/Reufsteck o. J.). Hierbei erfolgt die Weitererzählung der einheimischen Geschichten allerdings schon seit Jahren unabhängig vom Original (vgl. ebd.). Würde die Soap aber in einem anderen Land lediglich eingekauft und anschließend synchronisiert und/oder untertitel werden, dann würde sie für das entsprechende Land einen Programmimport darstellen. Nur wenn die Daily-Soap wiederum adaptiert und neu produziert wird, stellt sie ein Formatimport dar und zählt zum internationalen TV-Formathandel. Es ist also durchaus möglich, dass ein Sender ein Format adaptiert und neu produziert, anschließend aber das fertig produzierte Material weiterverkauft. In dem Fall wäre die Sendung (hier Daily-Soap) aber ein Programmexport – und kein Formatexport. Denn der Formathandel setzt stets eine Reproduktion voraus.
31 Die Landesmedienanstalten (kurz: LMA) sind die Lizenzierungs- und Aufsichtsbehörden für private Radio- und Fernsehprogramme sowie Telemedien in Deutschland. Die insg. 14 existierenden LMA (Berlin und Brandenburg sowie Hamburg und Schleswig-Holstein besitzen jeweils eine gemeinsame) sind Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rechts, werden überwiegend aus einem Anteil an den Rundfunkbeiträgen finanziert und sind in ihrer Struktur föderal und staatsfern organisiert (vgl. die medienanstalten 2014a: 342; 336). Sie übernehmen vielfältige Aufgaben, wie z. B. Lizenzierung, Sicherung der Meinungsvielfalt, Programm- und Marktaufsicht und Jugendschutz (vgl. ebd.: 338).
32 Die in dieser Arbeit öfters erwähnte KEK ist eine gemeinsame Kommission aller Landesmedienanstalten, die geschaffen wurde, weil einige rundfunkpolitische Angelegenheiten eine bundesweite Regelung/Aufsicht erfordern (vgl. die medienanstalten 2014a: 336f; 356f.). Hauptaufgaben der KEK sind u. a. Vielfaltssicherung, Verhinderung von (vorherrschender) Meinungsmacht, Prüfung bei Lizenzierungsverfahren sowie die Schaffung von Transparenz.
33 ARTE besteht rechtlich gesehen aus insgesamt drei eigenständigen Unternehmen: ARTE GEIE (Zentrale), ARTE Deutschland TV (Gesellschafter sind zu je 50 % ARD und ZDF) und ARTE France (vgl. ARTE 2008a; ARTE 2008b). Die Gesellschafter von ARTE France sind France Télévisions (45 %), der französische Staat (25 %), Radio France (15 %) sowie das Institut national de l’audiovisuel (15 %) (vgl. ARTE 2008c).
34 Die AGF zählt zu den ARD-Dritten insg. 40 Sender, die aber im Einzelnen nicht näher aufgelistet werden (vgl. Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung 2014). Hierzu gehören mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die dig. Zusatzangebote der ARD sowie ARD-alpha, da die AGF die Zusatzangebote des ZDF extra ausweist. Somit ergeben sich mit den ARD-Dritten (40 Sender), Das Erste, den vier Gemeinschaftskanälen (ARTE, 3sat, phoenix, KiKA), dem ZDF und seinen dig. Zusatzangeboten (ZDFneo, ZDFinfo, ZDFkultur) sowie DW-TV zusammen mind. 50 ö.-r. Sender.
35 Fernsehfester sollen nach § 2 Absatz 2 Nr. 5 und 6 sowie § 25 Absatz 4 RStV auf den beiden reichweitenstärksten privaten Vollprogrammen Meinungsvielfalt sicherstellen und sind zeitlich (bei Regionalfernsehfenstern auch räumlich sowie zum Teil auch inhaltlich regional) begrenzt und in ein Hauptprogramm eingebettet (vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland 2012: 6; 20).
36 Beim Pay-TV können vier Modelle unterschieden werden (vgl. Wirtz 2009: 376; 378–380): Pay-per-Channel (Abonnementfernsehen wie bspw. von Sky angeboten; dabei besitzt der Konsument das Recht sämtliche Programme eines bestimmten Pay-TV-Senders oder Pakets zu empfangen), Pay-per-View (Einzelabruf-Verfahren: Nur Bezahlung einer Sendung, die der Zuschauer auch tatsächlich konsumiert; auf den Zeitpunkt der Sendungsausstrahlung hat der Rezipient allerdings keinen Einfluss), Video-on-Demand (flexible Abrufmöglichkeit einer Sendung als Download oder direkt via Stream; hierbei ist Leihe und/oder Kauf möglich) oder Near-Video-on-Demand (zeitversetzte Ausstrahlung einer Sendung auf einem oder mehreren Programmen; der Ausstrahlungszeitpunkt kann nicht beliebig gewählt werden, sondern findet in vorgegebenen Intervallen statt). Unter den hier angegebenen 75 Pay-TV-Programmen sind indessen ausschließlich Pay-per-Channel-Angebote zu verstehen (vgl. die medienanstalten 2014a: 106–109).
37 Bei lokalen und regionalen Kanälen sind Fördergelder eine weitere mögliche Einnahmequelle oder es erfolgen spezielle Fördermaßnahmen, z. B. bei der Digitalisierung (vgl. die medienanstalten 2014a: 91f.).
38 Alle genannten Sender befinden sich zu 100 % im Besitz der P7S1-Gruppe (vgl. die medienanstalten 2014a: 71).
39 Die RTL Group besaß Ende 2013 über ihre Tochterfirma RTL Television GmbH jeweils 100 % der Anteile an RTL Television, n-tv und RTL NITRO (vgl. die medienanstalten 2014a: 70). Die Beteiligungen bei den anderen Sendern liegen bei 99,7 % (VOX), 35,9 % (RTL II) sowie 50 % (SUPER RTL) (vgl. ebd.).
40 Die RTL Group ist mit ihren zahlreichen Produktionsfirmen sowie 55 Fernseh- und 27 Radioprogrammen (Stand: 2013) der größte Rundfunkanbieter in Europa (vgl. die medienanstalten 2014a: 71). „Pro Jahr werden mehr als 9.000 Stunden TV-Programm produziert. Dafür sind hundertprozentige Tochterfirmen wie Fremantle Media, das Sportmarketingunternehmen UFA Sports oder die Produktionsfirma Norddeich TV Produktion GmbH zuständig“ (ebd.).
41 First-Copy-Costs sind alle Kosten, die für die Erzeugung der ersten Kopie/des ersten Exemplars (Herstellung einer Urkopie) anfallen, und stellen in der Regel irreversible Kosten dar (vgl. Sjurts 2011: 219).
42 GPS steht einerseits für „Globale Premiumshopper“ (ZDF Werbefernsehen 2007: 2) und ist im engeren Sinn eine Person bzw. Haushalt, der sich überproportional oft mit (teuren) Premiummarken eindeckt. Aufgrund seiner hohen Bedeutung ist der Begriff auch namensgebend für die gesamte Typologie gewesen und daher steht GPS im weiteren Sinn für „Globale Shoppertypologie“ (ebd.).
43 Aufgrund der Begrenztheit dieser Arbeit kann nicht auf alle Markttendenzen (näher) eingegangen werden. Für eine intensivere Auseinandersetzung siehe bspw. Gläser (2011: 208–210).
44 In der Literatur wird hierbei häufig auch noch zwischen „echten“ und „unechten“ Auftragsproduktionen unterschieden. Für eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema siehe bspw. Stettner (2013: 34f.).
45 Es lassen sich dabei vielfältige Lizenzformen unterscheiden, z. B. Einzellizenz (für eine spezielle Produktion), Package-Deal (Bündelung mehrerer Produktionen zu einem Paket; in der Regel Mischformen mit wirtschaftlich erfolgreichen und weniger erfolgreichen Titeln), Volume-Deal (Variante des Package-Deals; fest definiertes finanzielles Gesamtvolumen, bei dem in der Regel noch nicht alle Lizenzgegenstände bekannt sind) oder Output-Deal (Verpflichtung der Abnahme für sämtliche Produktionen, über einen fest definierten Zeitraum und zu einem vorab festgelegten Preis, eines Produzenten bzw. Produktionsstudios) (vgl. Meier 2002: 45–50; Karstens/Schütte 2010: 219f.).
46 So ist laut Ute Biernat, Geschäftsführerin von „UFA Show & Factual“, im „reinen Formatgeschäft alles zwischen 500 und 25.000 Euro möglich“ (Kloo 2011: 36). Wobei die Lizenzpreise allerdings von zahlreichen Faktoren abhängig sind, z. B. Sendeplatz und ökonomische Stärke des TV-Marktes (siehe hierzu auch Kap. 4.6).
47 Neuere Daten wurden von der FRAPA bisher nicht publiziert.
48 Vgl. bspw. auch die Auflistung von TV-Lizenzpreisen nach Karstens und Schütte (2010: 205). Die Daten der beiden Autoren blieben in dieser Ausarbeitung allerdings unberücksichtigt, weil kein Quellennachweis erfolgte. Es war somit nicht erkennbar, ob die Autoren durch ihre eigene Tätigkeit die Preise für die Lizenzen kannten oder ob sie hierfür eine eindeutige Quelle besaßen.
49 Aktuelle Output-Deals deutscher TV-Sender stellt die KEK (Stand: 04/2011) online unter www.kek-online.de/ fileadmin/Download_KEK/Medienkonzentration/output.pdf [Abruf am 16.09.2014] zur Verfügung.
50 „Genres“ sind „am Inhalt orientierte Untergruppen“ (Gehrau 2001: 18, Herv. im Original) von Gattungen. Als „Gattungen“ werden wiederum „all jene Begriffe verstanden, die Fernsehangebote nach ihrer Form systematisieren und bezeichnen“ (ebd.; Herv. im Original). Typische Fernsehgattungen sind z. B. Filme, Serien oder Magazine. Dabei gehören zur Gattung „Spielfilm“ bspw. die Genres „Action“, „Horror“, „Komödie“ und „Krimi“.
51 Wobei die uneingeschränkte Nutzung eines erfolgreichen Hollywood-Blockbusters bis zu acht Mio. US-Dollar sowie eine Episode einer US-Serie bis zu 240.000 US-Dollar für die dt. Sender kosten kann (vgl. Eick 2007: 71).
52 Höhere Herstellungskosten sind allerdings nicht automatisch kostengünstiger, „weil zum Beispiel fiktionale Serien infolge häufigerer Wiederholbarkeit ebenso refinanzierbar sind“ (Goldhammer/Castendyk 2013: 9).
- Arbeit zitieren
- Timmy Ehegötz (Autor:in), 2015, Internationaler Lizenzhandel mit Fernsehformaten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1239948
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