Heutige Unternehmen agieren in einem vollständig anderem wirtschaftlichen Umfeld als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Die Erschließung neuer Wirtschaftszonen sowohl im Osten als auch im Westen, begünstigt durch eine zunehmende Liberalisierung der Märkte und einen verbesserten Ausbau von Informationssystemen und -infrastruktur, birgt für die Konzerne sowohl Chancen als auch Risiken. So konnten zwar neue Absatzmärkte erschlossen werden, im Gegenzug aber verstärkte sich der Konkurrenzdruck durch eine Vielzahl von neuen Anbietern.
Diese veränderte Wettbewerbssituation hatte zur Folge, dass sich Unternehmen mehr und mehr auf ihre Kernkompetenzen konzentriert haben und viele andere Unternehmensbereiche ausgelagert haben, zumeist in Billiglohnländer nach Asien und Osteuropa. Zwar hat sich dieser Trend mittlerweile verlangsamt1, dennoch haben sich dadurch Supply Chain2-Netzwerke aufgebaut, die sich über die gesamte Welt erstrecken und somit unflexibel und nur schwer steuerbar sind. Durch die Wandlung vom reinen Anbietermarkt hin zum Käufermarkt des 21. Jahrhunderts, müssen Firmen aber in der Lage sein, auf sich ändernde Kundenbedürfnisse schnell reagieren zu können um konkurrenzfähig zu bleiben. Eine optimal funktionierende und harmonierende Supply Chain liefert hierfür die Voraussetzung. Daher ist es nicht verwunderlich, dass ein erfolgreiches Supply Chain Management für ein Unternehmen zunehmend an Bedeutung gewinnt [vgl. Roussel, J., Skov, D. (2007), S. 5 ff.].
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik
1.2 Vorgehensweise
2 Performance Measurement in einer Supply Chain
2.1 Begriffliche Grundlagen
2.1.1 Definition: Supply Chain
2.1.2 Definition: Supply-Chain Management
2.2 Performancemessung in der Supply Chain6
2.2.1 Kennzahlensysteme
2.2.1.1 Definition: Kennzahl
2.2.1.2 Arten von Kennzahlen
2.2.1.3 Funktionen von Kennzahlen
2.2.1.4 Kennzahlenauswahl im Supply Chain Management
2.2.1.5 Von der Kennzahl zum Kennzahlensystem11
2.2.2 Performance Measurement
2.2.2.1 Definition: Performance
2.2.2.2 Definition: Performance Measurement / Performance. Measurement-Systeme
2.2.2.3 Der Unterschied zwischen einem Kennzahlensystem und einem Performance Measurement-System
2.2.2.4 Relevanz der Leistungsmessung
2.2.2.5 Besonderheiten beim Performance Measurement in einer Supply Chain
2.2.2.6 Rolle des SCOR-Modells beim Performance Measurement einer Supply Chain
3 Das Kennzahlensystem des SCOR-Modells
3.1 Das SCOR-Modell
3.1.1 Ziele
3.1.2 Aufbau und Inhalt des SCOR-Modells
3.1.2.1 Inhalt
3.1.2.2 Die Ebenen des SCOR-Modells
3.2 Das Kennzahlensystem des SCOR-Modells
3.2.1 Allgemeines
3.2.2 Kennzahlen der ersten Ebene
3.2.3 Kennzahlen der zweiten Ebene
3.2.4 Kennzahlen der dritten Ebene
3.2.5 Hierarchische Verknüpfung der Kennzahlen
3.2.6 Benchmarking einer Supply Chain
3.2.6.1 Benchmarking allgemein
3.2.6.2 Benchmarking mit Hilfe des SCOR-Modells
3.2.7 Best Practices im SCOR-Modell
3.2.8 Literaturübersicht und Kritik der Kennzahlensystems des SCOR-Modells
3.3 Zwischenfazit
4 Anwendung des SCOR-Modells in der Praxis
4.1 Das SCOR-Modell bei Intel
4.2 SCOR-Umsetzung bei Hewlett-Packard
4.3 Das Mainlog-Projekt
4.4 Konsequenzen aus der SCOR-Einführung
4.5 Zusammenfassende Betrachtung
5 Software zur Implementierung des SCOR-Modells
5.1 e-SCOR
5.2 easySCOR
5.3 ProcessWizard
5.4 ADOlog
5.5 Zusammenfassende Bewertung
6 Fazit
Anhang A: Kennzahlen des SCOR-Modells Version 8.0
Anhang B: Kennzahlenauswahl bei Intel
Anhang C: Screenshot des ProcessWizards
Anhang D: Daten-DVD
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Versicherung
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die fünf Managementprozesse des SCOR-Modells
Abbildung 2: Die Ebenen des SCOR-Modells
Abbildung 3: SCOR-Prozesse auf der zweiten Ebene (Konfigurationsebene)
Abbildung 4: Beispiel eines Prozesselementes auf der dritten Ebene
Abbildung 5: Vollständiger hierarchischer Aufbau der Kennzahl „Fehlerlose Auftragsausführung“ über alle Ebenen
Abbildung 6: Beispiel der Prozessmodellierung bei Hewlett-Packard im Rahmen der Fusion mit Compaq
Abbildung 7: Kennzahlenauswahl beim ProcessWizard
Abbildung C1: Screenshot des ProcessWizards
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Wichtige Kennzahlen im Supply Chain Management
Tabelle 2: Umfang der fünf Managementprozesse
Tabelle 3: Die SCOR-Prozesstypen
Tabelle 4: Die Kennzahlen auf der ersten SCOR-Ebene
Tabelle 5: Hierarchische Verknüpfung der SCOR-Kennzahlen der ersten und zweiten Ebene
Tabelle 6: Hierarchische Verknüpfung der SCOR-Kennzahlen der zweiten und dritten Ebene
Tabelle 7: Supply Chain-SCORcard
Tabelle 8: Beispiel eines Benchmarking Datenblattes
Tabelle 9: Kennzahlenauswahl auf der ersten und zweiten SCOR-Ebene bei Intel
Tabelle 10: Kennzahlenauswahl in der Kundenkette von Hewlett-Packard
Tabelle A1: Kennzahlen des SCOR-Modells Version 8.0
Tabelle B1: Kennzahlenauswahl bei Intel
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik
Heutige Unternehmen agieren in einem vollständig anderem wirtschaftlichen Umfeld als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Die Erschließung neuer Wirtschaftszonen sowohl im Osten als auch im Westen, begünstigt durch eine zunehmende Liberalisierung der Märkte und einen verbesserten Ausbau von Informationssystemen und -infrastruktur, birgt für die Konzerne sowohl Chancen als auch Risiken. So konnten zwar neue Absatzmärkte erschlossen werden, im Gegenzug aber verstärkte sich der Konkurrenzdruck durch eine Vielzahl von neuen An-bietern. Diese veränderte Wettbewerbssituation hatte zur Folge, dass sich Unternehmen mehr und mehr auf ihre Kernkompetenzen konzentriert haben und viele andere Unternehmens-bereiche ausgelagert haben, zumeist in Billiglohnländer nach Asien und Osteuropa. Zwar hat sich dieser Trend mittlerweile verlangsamt1, dennoch haben sich dadurch Supply Chain2-Netzwerke aufgebaut, die sich über die gesamte Welt erstrecken und somit unflexibel und nur schwer steuerbar sind. Durch die Wandlung vom reinen Anbietermarkt hin zum Käufermarkt des 21. Jahrhunderts, müssen Firmen aber in der Lage sein, auf sich ändernde Kundenbedürf-nisse schnell reagieren zu können um konkurrenzfähig zu bleiben. Eine optimal funktionierende und harmonierende Supply Chain liefert hierfür die Voraussetzung. Daher ist es nicht verwunderlich, dass ein erfolgreiches Supply Chain Management für ein Unter-nehmen zunehmend an Bedeutung gewinnt [vgl. Roussel, J., Skov, D. (2007), S. 5 ff.]. Global agierende Konzerne sind sich der Tatsache bewusst, dass in Zukunft nicht mehr einzelne Unternehmen miteinander konkurrieren, sondern komplexe Supply Chain-Netzwerke. Um eine solche Lieferkettenstruktur effizient steuern zu können, muss man, wie in allen anderen Unternehmensbereichen auch, über die Leistungsfähigkeit eines jeden Prozesses Bescheid wissen. Nur so lassen sich externe unternehmensübergreifende Rationalisierungspotenziale erschließen und damit Wettbewerbsvorteile generieren [vgl. Hieber, R., Nienhaus, J. (2002), S. 27]. Jedoch ist die Performance in einer Lieferkette nicht so einfach zu berechnen wie zum Beispiel in einer Produktionslinie. Innerhalb einer Supply Chain agieren mehrere Teilnehmer, die alle über ihre eigenen Lieferketten, mit eigenen Prozessen und Kennzahlen verfügen. Um aber Versorgungsketten miteinander oder mit Referenzwerten vergleichen zu können, bedarf es einen Konsens über die Definition von Prozessen und Kennzahlen, da der Vergleich einer Kennzahl nur wenig nutzt, wenn ihr in zwei Unternehmen zwei unterschiedliche Definitionen zugrunde liegen. Daher ist es wichtig über ein Referenzmodell zu verfügen, dass es ermög-licht, unterschiedliche Lieferketten in einer einheitlichen Sprache zu analysieren.
Das Supply Chain Operations Reference (SCOR)-Modell des Supply Chain Councils (SCC) liefert einen solchen Ansatz. Es bietet ein Referenzmodell für die Modellierung, Bewertung und damit auch die Optimierung von Supply Chain-Strukturen über Branchengrenzen hinaus. Aufgrund seiner vordefinierten Prozesse und seinen standardisierten Kennzahlen ist es mög-lich geworden, die Performance unterschiedlicher Supply Chains miteinander zu vergleichen. Erst so wurde den Unternehmen die Chance gegeben, durch Vergleichswerte ihre internen wie externen Lieferketten effizienter zu gestalten und somit höhere Profite zu erwirtschaften.
Mit der vorliegenden Arbeit soll gezeigt werden, wie das SCOR-Modell, und dabei speziell das zugrunde liegende Kennzahlensystem, Firmen bei der Bewertung ihrer Supply Chain Performance unterstützt. Weiterhin sollen Unternehmen präsentiert werden, die bereits praktische Erfahrungen mit dem Referenzmodell in Supply Chain-Projekten sammeln konnten.
1.2 Vorgehensweise
Nach dieser kurzen Einleitung wird im zweiten Kapitel erläutert, wie die Performance in einer Supply Chain gemessen wird. Hierbei werden zunächst die Begriffe „Supply Chain“ und „Supply Chain Management“ definiert, da es in der Literatur hierzu stark auseinander gehende Meinungen gibt. Im weiteren Verlauf wird auf die Grundlage des Performance Measurement, die Kennzahlen, eingegangen. Dabei beschäftigt sich die Arbeit neben einer exakten Definition auch mit den verschiedenen Arten und Funktionen von Kennzahlen. Anschliel3end wird erläutert, inwieweit ein Kennzahlensystem zur Leistungsmessung sinn-voller ist, als die Betrachtung einzelner autonomer Messgröl3en. Im darauf folgenden Ab-schnitt wird der erste direkte Bezug zum Supply Chain Management hergestellt, indem ge-zeigt wird, was bei der Auswahl von Indikatoren im Lieferkettenmanagement zu berück-sichtigen ist. Anschliel3end wird verdeutlicht, inwieweit sich herkömmliche Kennzahlen-systeme gegenüber modernen Performance Measurement Systemen (PMS) unterscheiden. Diese bilden von da an den Gegenstand der weiteren Untersuchungen. Neben einer ausführ-lichen Definition, einer Beurteilung der Relevanz und einer Auflistung der Besonderheiten von PMS in einer Supply Chain, erfolgt später die Überleitung zum SCOR-Modell. Es wird unter anderem gezeigt, welche Rolle das Modell bei der Performance Überprüfung von Ver-sorgungsketten spielt.
Das dritte Kapitel bildet den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit und geht intensiv auf das SCOR-Modell des Supply Chain Councils ein. Nachdem zunächst auf die Ziele, den Aufbau und den Inhalt hingewiesen wird, analysiert der folgende Abschnitt detailliert das Kenn-zahlensystem. Hierbei wird auf die Kennzahlen jeder SCOR-Ebene eingegangen, und dabei insbesondere auf ihre hierarchische Verknüpfung. Dies wird beispielhaft anhand eines spezi-fischen Indikators, der fehlerlosen Auftragsdurchführung, gezeigt. Im darauf folgenden Ab-schnitt wird der Benchmarkingprozess näher betrachtet, welcher sich zumeist einer Analyse der Kennzahlen anschließt. Hierbei wird auch auf den Aufbau so genannter SCORcards ein-gegangen, die von einzelnen Beratungsfirmen zur Visualisierung der eigenen Leistungsfähig-keit erstellt werden. Um dem Leser einen Eindruck über die am Markt befindliche Literatur zu geben, erfolgt im Anschluss eine Übersicht über Autoren, die sich mit dem Kennzahlen-system des SCOR-Modells beschäftigt haben. Hierbei wird auch auf kritische Stellung-nahmen sowohl positiver als auch negativer Natur eingegangen. Zum Abschluss des Kapitels erfolgt ein Zwischenfazit, dass die bis dahin aufgestellten Ergebnisse kurz zusammenfasst.
Nachdem mit dem dritten Kapitel die theoretischen Ausführungen abgeschlossen sind, wird in Kapitel 4 ein Einblick in die praktische Umsetzung des Modells gegeben. Hierbei soll, inso-fern dies möglich ist, speziell auf die Kennzahlenauswahl der beteiligten Unternehmen ein-gegangen werden. Den Anfang macht die amerikanische Firma Intel, die in einem Pilotprojekt aus dem Jahr 2000 erste Erfahrungen mit dem SCOR-Modell sammelte. Das zweite Beispiel liefert Hewlett Packard, die vor fünf Jahren mit dem Computerproduzenten Compaq fusionierten und dabei ihre Supply Chains unter Zuhilfenahme des SCOR-Modells synchronisierten. Abschließend wird ein eher wissenschaftlicher Ansatz vorgestellt, das Mainlog-Projekt. Hierbei untersuchten Wissenschaftler in Kooperation mit Teilnehmern aus der Wirtschaft (u.a. Otto Versand und Kühne + Nagel) das Optimierungspotenzial ver-schiedener Lieferketten. Bevor eine Zusammenfassung der Ergebnisse erfolgt, werden in einem vorherigen Abschnitt noch drei theoretische Studien vorgestellt, die sich mit realisier-baren Einsparungen und möglichen Effizienzsteigerungen entlang einer Supply Chain be-schäftigen.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich ebenfalls mit einem Bereich aus der praktischen An-wendung, nämlich mit SCOR-basierter Software, die es Unternehmen ermöglichen soll, das SCOR-Modell in eigenen Projekten schnell und kostengünstig anwenden zu können. Es werden insgesamt vier verschiedene Anwendungen vorgestellt, die allesamt auf dem SCOR-Modell basieren. Es handelt sich hierbei um das Programm e-SCOR der Firma Gensym, um den easySCOR von IDS Scheer, um den Process- oder auch SCORwizard von Xelocity und um die Anwendung ADOlog von BOC.
Den Abschluss der vorliegenden Arbeit bildet ein zusammenfassendes Fazit, in dem die wichtigsten Ergebnisse noch einmal gebündelt dargestellt werden.
2 Performance Measurement in einer Supply Chain
Ein erfolgreiches Supply Chain Management wird immer mehr zu einer Schlüsselkompetenz für global operierende Wirtschaftsunternehmen. Für die Wettbewerbsfähigkeit einer Liefer-kette bildet die Performance, als Indikator für die Leistungsfähigkeit einer Versorgungskette, die entscheidende Voraussetzung. Sie wird mit Hilfe von Kennzahlensystemen berechnet, wobei sowohl finanzielle als auch nicht-finanzielle Aspekte berücksichtigt werden müssen. Nachdem zunächst einige Grundlagenbegriffen definiert werden, wird anschliel3end detaillierter auf Kennzahlen und Kennzahlensysteme eingegangen. Sie bilden das Grund-gerüst für moderne Performance Measurement-Systeme. Es wird im weiteren Verlauf gezeigt, was die Leistungsmessung in einer Supply Chain von anderen Unternehmensteilen unter-scheidet und wieso man beim Kennzahlensystem des SCOR-Modells von einem Performance Measurement-System spricht. Abschlielßend wird die Bedeutung des SCOR-Modells für die Performance einer Supply Chain verdeutlicht.
2.1 Begriffliche Grundlagen
Performance Measurement-Systeme gehören heutzutage zum Standardrepertoire des Supply Chain Managements. Da es in der Literatur durchaus unterschiedliche Definitionen einer Supply Chain und dementsprechend auch des Supply Chain Managements gibt, erscheint es sinnvoll, diese beiden Begriffe zunächst einmal explizit zu erläutern. Die weiteren Aus-führungen der vorliegenden Arbeit beruhen auf diesen Definitionen.
2.1.1 Definition Supply Chain
Eine Supply Chain wird häufig mit einer mehrstufigen logistischen Kette gleichgesetzt. Diese umfasst in einer unternehmensübergreifenden Sichtweise den Material- und Informationsfluss vom Lieferanten bis hin zum Abnehmer und kann zahlreiche, selbstständig agierende Mit-glieder umfassen. Der wesentliche Unterschied zwischen der „klassischen“ Logistikkette und Performance Measurement in einer Supply Chain 5
der Supply Chain liegt in der ganzheitlichen Betrachtung. Optimiert in einer logistischen Kette noch jeder Teilnehmer seine Prozesse autonom, so wird in einer Versorgungskette ver-sucht, ein globales Optimum zu finden. Dies hat zur Folge, dass unter Umständen einzelne Mitglieder schlechter gestellt werden als bei einer lokalen Optimierung. Alle Beteiligten handeln und denken wie in einem zusammenhängenden Unternehmen, was zur Folge hat, dass eine deutlich stärkere Kundenorientierung als in einer reinen „Logistikkette“ vorliegt. [vgl. Scheer, A.-W., Borowsky, R. (1999), S. 3ff.]. Daher wird in der Literatur auch häufig von einer „demand chain“ oder einer „chain of customers“ gesprochen, da der Nachfrager den Ausgangspunkt einer Supply Chain bildet [vgl. Corsten, H., Gössinger, R. (2001), S. 81ff.]. Durch eine fortschreitende Globalisierung, einen stetigen Rückgang protektionistischer Maß-nahmen und des zunehmenden Konsolidierungsprozess in allen Wirtschaftsbereichen, werden Supply Chains mehr und mehr zu weltumspannenden Netzwerken. Der einst lineare Aufbau einer Lieferkette wird nun zu einem Geflecht aus globalen Prozessen [vgl. Corsten, H., Gössinger, R. (2001), S. 92 und Tierney, S. (2004b), S. 26f.].
2.1.2 Definition Supply Chain Management
Der Begriff Supply Chain Management hat seinen Ursprung im nordamerikanischen Raum und tauchte in der deutschen Literatur erstmal Mitte der 90er Jahre auf. Seitdem hat sich eine Fülle an verschiedenen Definitionen entwickelt, die zum Teil stark divergieren. So sehen Scheer und Borowsky3 zum Beispiel das Supply Chain Management als ein Konzept der Wirtschaftsinformatik, während unter anderem Dinges4 es in den Bereich der Beratung ein-ordnet. Im Allgemeinen lassen sich aber mehrere, bei den meisten Autoren aufkommende, Grundgedanken zusammenfassen:
- starke Kundenorientierung
- Geschäftsprozessorientierung
- unternehmensübergreifende Gestaltung der Supply Chain, mit dem Ziel eines Gesamtoptimums
- enge, kooperative Zusammenarbeit der Teilnehmer5
Unter diesen Aspekten kann man das Supply Chain Management als „[...] die integrierte Planung, Steuerung, Organisation, Kontrolle und Führung der Waren-, Informations- und Geldflüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Kunden bis zum Rohstoff-lieferanten [...]“6 verstehen.
Häufig wird das SCM auch mit dem Logistikmanagement gleichgesetzt, jedoch gibt es bei genauerer Betrachtung Unterschiede. Zwar stehen beim Supply Chain Management ähnliche Ziele (Reduzierung der Durchlaufzeiten, Verringerung der Bestände, Erhöhung der Liefer-treue etc.) im Vordergrund, jedoch hat bei einer Supply Chain der Integrationsgedanke eine höhere Bedeutung [vgl. Corsten, H., Gössinger, R. (2001), S. 95]. In der klassischen Logistik agiert jeder Marktteilnehmer als einzelner Player, der eine Optimierung seiner eigenen Lieferketten anstrebt. Beim Supply Chain Management wird versucht, einzelwirtschaftliche Sichtweisen außen vor zu lassen, um stattdessen die unternehmensübergreifende Wert-schöpfungskette als Ganzes zu betrachten [vgl. hierzu Vahrenkamp, R. (1999), S. 310].
2.2 Performancemessung in einer Supply Chain
Wie im vorherigen Abschnitt zu lesen war, besteht die Aufgabe des Supply Chain Managements darin, die Steuerung, Planung, Koordination und Kontrolle des Material- und Informationsflusses entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu gewährleisten. Um ein derartiges Netzwerk erfolgreich managen zu können, müssen die Verantwortlichen genau über die Leistungsfähigkeit der Lieferketten und ihrer Vorgänge Bescheid wissen. Dazu sollen so genannte Performance Measurement-Systeme beitragen, die auf herkömmlichen Kennzahlensystemen beruhen. Nur durch eine kontinuierliche Überwachung und Optimierung der Zulieferketten kann eine dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit sichergestellt werden. Anders als in herkömmlichen Logistikketten ist jedoch bei einer global vernetzten, unternehmens-übergreifenden Supply Chain das Performance Measurement nicht so einfach zu bewerk-stelligen. Dies zeigt sich speziell bei der Auswahl der relevanten Messgrößen.
Im folgenden Abschnitt wird zunächst auf die Grundlagen der Leistungsmessung ein-gegangen, auf Kennzahlen und Kennzahlensysteme. Hierbei wird neben den verschiedenen Arten, auch auf die Funktion und auf die Besonderheiten der Kennzahlen einer Supply Chain hingewiesen. Abschließend wird der Unterschied zwischen herkömmlichen Methoden zur Leistungserstellung und Performance Measurement-Systemen näher erläutert.
2.2.1 Kennzahlen und Kennzahlensysteme
„If you cannot measure it, you cannot control it. If you cannot control it, you cannot manage it. If you cannot manage it, you cannot improve it”7. Dieser in Wirtschaftskreisen oft zu hörende Ausspruch sagt im Grunde genommen aus, dass man, um etwas steuern und ver-bessern zu können, zunächst die Leistung des Objektes erfassen muss. Hierzu benutzt man schon seit längerer Zeit Kennzahlen und Kennzahlensysteme. Durch das Ermitteln dieser Messgrölßen stehen dem Management Daten zur Verfügung, die er anschlielßend mit vor-gegebenen Zielen oder mit den Messdaten anderer Einheiten, intern wie extern, vergleichen kann. So lässt sich eine Aussage über die aktuelle Leistungsfähigkeit des bewerteten Objektes treffen und feststellen, ob in diesem Bereich Verbesserungspotenziale vorliegen, oder ob man mit seiner aktuellen Vorgehensweise schon die „Best Practice“ verwendet.
Im folgenden Abschnitt wird zunächst auf Kennzahlen und Kennzahlensysteme im All-gemeinen eingegangen, da sie den Kern eines jeden Performance Measurement-Systems bilden. Hierbei werden auch die Besonderheiten bei der Kennzahlenauswahl im Supply Chain Management dargestellt. Abschlielßend wird der Unterschied zwischen herkömmlichen Kenn-zahlensystemen und modernen Performance Measurement-Systemen aufgezeigt. Auf diese wird dann im anschliel3enden Abschnitt detaillierter eingegangen.
2.2.1.1 Definition: Kennzahl
Kennzahlen dienen einem Unternehmen als Indikator für die Leistungsfähigkeit bestimmter Objekte. Wichtig ist daher zu unterscheiden, welche Zahlen als Kennzahlen herangezogen werden können und welche nicht. In der Brockhaus Enzyklopädie wird eine Kennzahl als eine „[. .]zusammenfassende und leicht überschaubare Zahlenangabe über wichtige betriebliche Tatbestände, die für einen innerbetrieblichen Vergleich oder einen Soll-Ist Vergleich zum Zwecke der Kontrolle oder der Planung ermittelt wird[. .]“ definiert8. Es handelt sich also bei einer Kennzahl um eine Grölße, die komplexe Sachverhalte auf einen einfachen Zahlenwert herunterbricht und damit dem Management bei der Entscheidungsfindung behilflich ist. Die Verdichtung der einzelnen Zahlen führt zu einer Informationsentlastung des Managements, was wiederum eine Zeit- und Kostenersparnis mit sich bringt. Des Weiteren ist zu beachten, dass Kennzahlen nur dann von Nutzen sein können, wenn sie als Vergleichsgröl3e heran-gezogen werden [siehe hierzu: Cohen, S., Roussell, J. (2005), S. 186].
Um in einem Wirtschaftsunternehmen Verwendung zu finden, müssen Kennzahlen einige Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen zum einen zweckgeeignet sein, dass bedeutet, sie müssen eine Information zu dem zu begutachtenden Sachverhalt liefern. Des Weiteren müssen sie sehr genau sein. Im Idealfall muss eine Isomorphie9 zwischen dem betriebs-wirtschaftlichen Tatbestand und dem Modell in Form der Kennzahlen bestehen [vgl. hierzu: Meyer, C. (2006), S. 41ff.]. Ebenso müssen die Kennzahlen stets aktuell sein, da sich die zu untersuchenden betriebswirtschaftlichen Tatbestände zumeist auf einen konkreten Zeitpunkt beziehen. Von daher muss der zeitliche Abstand bei der Gewinnung vergangenheits-orientierter Kennzahlen möglichst gering und bei zukunftsorientierten Kennzahlen möglichst groß sein. Abschließend müssen Kennzahlen noch eine Kosten/Nutzen Relation aufweisen, das bedeutet, dass Kennzahlen nur dann sinnvoll sind, wenn ihr Nutzen den Aufwand für ihre Beschaffung übersteigt [vgl. Meyer, C. (2006), S. 41].
2.2.1.2 Arten von Kennzahlen
Kennzahlen lassen sich auf unterschiedliche Art und Weise klassifizieren. Bei der statistischen Form wird zwischen absoluten und relativen Kennzahlen unterschieden. Absolute Zahlen basieren auf Mengen und Werten, das heißt, es handelt sich hierbei zum Bei-spiel um Messzahlen, Summen, Differenzen oder auch Mittelwerte. Da es sich bei diesen Größen um Zahlen ohne einen konkreten Vergleichswert handelt, werden sie von manchen Autoren noch nicht zum Bereich der Kennzahlen gezählt.10 Relative Zahlen geben den Zu-sammenhang zwischen zwei verschiedenen Größen an. Hierbei wird wiederum zwischen Gliederungszahlen, Beziehungszahlen und Indexzahlen unterschieden [siehe hierzu: Bussiek, J., Fraling, R., Hesse, K. (1993), S. 33f. oder auch Gladen, W. (2001), S. 15f.]. Sie werden gebildet, indem Sachverhalte zueinander ins Verhältnis gesetzt werden und sich dadurch ein Quotient bildet. Kennzahlen lassen sich auch hinsichtlich ihrer Informationsbasis unter-scheiden, das heißt, ob sie zum Beispiel aus der Kostenrechnung, der Finanzbuchhaltung oder der Planungsrechnung stammen. Oftmals sind Messgrößen auch durch ihre unterschiedliche Zielrichtung gekennzeichnet. So lassen sich Erfolgs- und Liquiditätskennzahlen unter-scheiden. Eine weitere Klassifizierung erfolgt auf Objektebene. So gibt es Kennzahlen, die sich auf das Unternehmen als Ganzes beziehen, währenddessen sich andere Werte nur auf funktionale, divisionale oder organisatorische Einheiten fokussieren. Zu guter Letzt kann auch noch eine Unterteilung in normative und deskriptive Zahlen vorgenommen werden, um den Handlungsbezug einer Kennzahl zu verdeutlichen [vgl. Reichmann, T. (2006), S. 21].
2.2.1.3 Funktion von Kennzahlen
Kennzahlen werden in Unternehmen zu Analyse- und Steuerungszwecken herangezogen. Bei der Analyse dienen sie vor allem dazu, Aussagen über die Leistungsfähigkeit bestimmter Unternehmensteile liefern zu können. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Performance von komplexen Einheiten, aber auch von einzelnen Prozessen beurteilen. Um den Wert einer Kennzahl zu ermitteln, können sowohl vergangenheitsorientierte als auch zukunftsorientierte Analysen durchgeführt werden. Das Benchmarking stellt ein Beispiel für eine vergangen-heitsbezogene Analyse dar. Hierbei werden die ermittelten Werte der Kennzahlen mit internen oder externen Referenzgrößen verglichen.11 So lassen sich fehlerhafte oder leistungs-schwache Abläufe erkennen; in einem anschließenden Schritt können die Ursachen hierfür ermittelt und verbessert werden [vgl. Gladen, W. (2001), S. 18]. Für eine zukunftsbezogene Analyse benötigt man Kennzahlen, mit denen sich kommende Umweltzustände prognostizieren lassen. Falls diese nicht vorhanden sind, bedient man sich so genannter Vor-laufindikatoren, die als Ersatzgröße für zukünftige Szenarien dienen sollen [vgl. Gladen, W. (2001), S. 18].
Bei der Unternehmenssteuerung werden Kennzahlen zum Vergleich von Soll- und Ist-Werten genutzt. Zur Planungszwecken werden Zielgrößen als Richtwerte ausgegeben, an denen sich Mitarbeiter orientieren können. Durch die regelmäßige Ermittlung der relevanten Kennzahlen ergibt sich für das Management ein genaues Bild über den Grad der Zielerreichung [vgl. Gladen, W. (2001), S. 19ff.]. Neben dieser Kontrollfunktion können Kennzahlen aber auch eine motivierende Wirkung auf das Personal haben, dass anhand eines klaren Zielsystems seine eigene Arbeitsleistung realistisch bewerten kann [vgl. Gladen, W. (2001), S. 20].
2.2.1.4 Kennzahlenauswahl im Supply Chain Management
Kennzahlen dienen im Supply Chain Management, genauso wie in anderen Unternehmens-bereichen auch, zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit. Hierfür steht dem Management eine große Auswahl an unterschiedlichen Kennzahlen zur Verfügung. In einer Versorgungskette müssen dabei Aspekte berücksichtigt werden, die es in dieser Form in anderen Firmenteilen nicht gibt. Es gilt, nicht nur interne Prozesse zu bewerten, sondern auch über Unternehmens grenzen hinweg verlaufende Vorgänge adäquat beurteilen zu können. Um sämtliche Aspekte einer Supply Chain abzudecken, muss man daher bei der Auswahl der Kennzahlen drei ver-schiedene Ebenen unterscheiden, was in folgender Tabelle verdeutlicht wird:
Tabelle 1: Wichtige Kennzahlen im Supply Chain Management
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle in Anlehnung an: Engel, A., Geraedts, S. (2003), S. 13 und Weber, J. (2002), S. 221.
Innerhalb der einzelnen Ebenen unterscheidet man wiederum zwischen strategischen und operativen Kennzahlen, die aber in einem engen Zusammenhang zueinander stehen sollten. Operative Größen beziehen sich zumeist auf kurzfristig erreichbare Ziele, dagegen haben strategische Zahlen eine mittel- bis langfristige Ausrichtung. Es ist aber auch möglich, dass einzelne Kennzahlen sowohl strategisch als auch operativ eingesetzt werden können. Ein Bei-spiel hierfür wäre die Lieferflexibilität, die strategisch verwendet werden kann, um gezielt Bestände zu reduzieren, aber auch operativ zur Erfüllung spezifischer Kundenanforderungen [vgl. Weber, J. (2002), S. 221].
Wie der Tabelle zu entnehmen ist, unterscheidet man zwischen der Supply Chain-Ebene, der relationalen Ebene und der Unternehmensebene. Auf der ersten Stufe werden Kennzahlen abgebildet, die die gesamte Wertschöpfungskette betreffen, zum Beispiel die Zahlungszyklus-zeit oder die Gesamtkosten einer Lieferkette. Auf der nächsten Ebene werden alle Werte ge-messen, die eine Zweierbeziehung in der Supply Chain, zum Beispiel Lieferant/Produzent oder Händler/Kunde, betreffen. Beispiele für diese Kennzahlen sind die durchschnittliche Lieferzeit, die Variabilität der Sendungsgröße oder auch der Qualitätsindex für Lieferanten. Auf der dritten Ebene geht es dann um die einzelnen Unternehmen in der Wertschöpfungs-kette. Diese Kennzahlen bilden die Grundlage für die beiden anderen Ebenen. Dies können zum Beispiel die Mitarbeiterzahl im Versand, die Kapitalbindungskosten oder die Gesamt-durchlaufzeit im einzelnen Unternehmen sein [vgl. Weber, J. (2002), S. 220f.]. Die Ebenen stehen in keinem hierarchischen Zusammenhang zueinander, sie sollen lediglich die unter-schiedlichen Betrachtungsweisen bei Kennzahlen des Supply Chain Managements verdeut-lichen.
2.2.1.5 Von der Kennzahl zum Kennzahlensystem
Um in komplexen Unternehmensstrukturen Sachverhalte adäquat abbilden zu können, reicht eine lose Ansammlung verschiedenster Kennzahlen nicht mehr aus. Dies trifft insbesondere auf die Beurteilung von Wertschöpfungsketten zu, die sich über mehrere Unternehmen und Länder verteilen. Einzelne Kennzahlen bieten oftmals zu wenig Aussagekraft über Gesamt-zusammenhänge, vielmehr liefern sie nur punktuelle Daten. Daher ist es nötig, eine Systematik zwischen den verschiedenen Kennzahlen herzustellen, um treffendere Analyse fällen zu können [vgl. Gladen, W. (2001), S. 65]. Fallen Entscheidungen aufgrund der Aus-wertung einzelner Messwerte, ohne ihre Beziehung zueinander zu betrachten, können Probleme auftreten. Schwierigkeiten gibt es zum Beispiel dann, wenn zu einem Sachverhalt nur eine einzelne quantitative Kennzahl vorliegt. Oftmals jedoch benötigt man zur Erfassung eines Vorgangs ergänzende qualitative Informationen, die nur in einem integrierten Kenn-zahlensystem dargestellt werden können [vgl. hierzu u. a. Reichmann, T. (2006), S. 22 und Meier, H., Zoller, C. S., Golembiewski, M. (2004), S.51].
Ein weiteres Problem bei der Analyse autonomer Kennzahlen, ergibt sich aus Zielkonflikten zwischen einzelnen Unternehmensbereichen. So kann es vorkommen, dass bei einer isolierten Auswertung von Kennzahlen die Leistungsfähigkeit einer Abteilung negativ durch andere Unternehmensteile beeinflusst wird [vgl. Glohr, C. (2003), S. 616]. Ein weiteres Problem liegt mittlerweile in den immensen Auswahlmöglichkeiten der Entscheidungsträger. Aufgrund integrierter Data Warehouses kann das Management auf eine Vielzahl unterschiedlichster Messgrößen zurückgreifen, was eine Auswahl von geeigneten Kennzahlen für spezielle Sach-verhalte erschwert [vgl. Liebetruth, T., Otto, A. (2006), S. 13].
Kennzahlensysteme versuchen diese und andere Problemstellen zu umgehen, indem sie systematisch einzelne Kennzahlen zueinander in eine sinnvolle Beziehung setzen [vgl. Reichmann, T. (2006), S. 22f.]. Kennzeichnend dabei ist die übergeordnete Zielsetzung des gesamten Systems. Somit können Zielkonflikte einzelner Unternehmensteile oder Prozesse nicht mehr auftreten. Laut dem Lexikon für Rechnungswesen und Controlling von Heyd13 stellen Kennzahlensysteme „[. .]die Gesamtheit mehrerer Kennzahlen über einen Sachverhalt dar[. .].“ So könne eine „[. .]mehrschichtige Aussage über den zugrunde liegenden Sachver-halt getroffen werden[. .]“ und somit „[. .]eine breitere Fundierung entsprechender An-passungsmöglichkeiten ermöglicht werden[. .]“. Des Weiteren kennzeichnet ein Kennzahlen-system die sachlich sinnvolle Beziehung – systematischer, mathematischer oder empirischer Natur – der Variablen untereinander, die alle einem gemeinsamen Ziel untergeordnet sind [siehe: Reichmann, T. (2006), S. 22].
Um die Kennzahlen in einem übergeordneten System miteinander zu verknüpfen, gibt es zwei architektonische Möglichkeiten, so genannte Rechen- und Ordnungssysteme. Beim hierarchisch angeordneten Rechensystem bildet die Spitze eine besonders aussagekräftige Kennzahl, die sich dann in Unterkennzahlen verzweigt. Die Zahlen sind rechnerisch mit-einander verknüpft, entweder durch Aufgliederung (Teilgrößen einer Gesamtgröße), Substitution (Ausgangkennzahl wird ohne wertmäßige Änderung durch andere Größen er-setzt) oder Erweiterung (Erweiterung der Ausgangskennzahl) [vgl. Gladen, W. (2001), S. 95f.]. Aus der rechnerischen Verknüpfung kann aber nicht auf einen funktionalen Zusammen- hang oder auf eine vorliegende Monokausalität geschlossen werden [vgl. Meyer, C. (2006), S. 25]. In einem Ordnungssystem fehlt eine derartige Verknüpfung, vielmehr sind die Kenn-zahlen sachlogisch strukturiert und stehen in einem Wirkungszusammenhang zueinander. Dadurch ergibt sich eine deutlich höhere Flexibilität bei der Kennzahlenauswahl, da man sich nicht auf quantitative Größen beschränken muss. Dies ist aber gleichzeitig auch ein großer Nachteil von Ordnungssystemen, da eine Objektivität bei der Selektion nun nur noch schwer gewährleistet werden kann. Man ist sehr stark an das subjektive Urteil desjenigen gebunden, der über die Auswahl der Kennzahlen entscheidet [siehe Gladen, W. (2001), S. 99f.]. Im Gegensatz zu Rechensystemen können Ordnungssysteme hierarchisch angeordnet sein, müssen dies aber nicht zwangsläufig sein. In der Praxis haben sich diese aber durchgesetzt, da sie die Einfachheit, die Klarheit, die Informationsverdichtung, die multikausale Analyse, die Objektivität und die Widerspruchsfreiheit des gesamten Systems fördern [vgl. Gladen, W. (2001), S. 66].
Aufgrund ihrer übergeordneten Zielausrichtung können Kennzahlensysteme in allen Unter-nehmensbereichen eingesetzt werden [vgl. Meyer, C. (2006), S. 34f.].
2.2.2 Performance Measurement-Systeme
Im vorherigen Abschnitt wurde auf die Bedeutung von Kennzahlen und Kennzahlensystemen zur Entscheidungsunterstützung des Managements eingegangen. Dabei wurde auch auf die Bedeutung der Leistungsdiagnose hingewiesen. Um ein Unternehmen erfolgreich steuern zu können, muss die Leistungsfähigkeit einer jeden Abteilung sichergestellt sein. Dafür müssen die Entscheidungsträger über die exakte Performance14 sämtlicher Unternehmensprozesse Bescheid wissen. Dies geschieht mithilfe so genannter Performance Measurement-Systeme. Diese gehen über herkömmliche Kennzahlensysteme hinaus und fokussieren sich auf eine reine Leistungsdiagnose.
Bevor im folgenden Abschnitt auf derartige Systeme, zu denen auch das Kennzahlensystem des SCOR-Modells gehört, eingegangen wird, müssen zunächst die Begriffe Performance und darauf aufbauend das Performance Measurement und das Performance Measurement System definiert werden. Anschließend wird der Unterschied zwischen einem PMS und einem herkömmlichen Kennzahlensystem erläutert. Die Relevanz eines solchen Systems oder eines Performance Measurements im Allgemeinen wird im darauf folgenden Abschnitt erörtert. Um Performance Measurement in einer Supply Chain 14 diesen Themenbereich abzuschließen, wird zunächst auf die Besonderheiten bei der Leistungsdiagnose in einer Supply Chain eingegangen. Hierbei wird vor allem auf den integrativen Charakter hingewiesen. Danach erfolgt die Überleitung zum Hauptkapitel der vorliegenden Arbeit. Es wird gezeigt, welche Rolle das SCOR-Modell bei der Performance Diagnose in einer unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette spielt.
2.2.2.1 Definition: Performance
Aufgrund seines amerikanischen Ursprungs und der Tatsache, dass sich der Performance-Begriff in Deutschland noch nicht durchgesetzt hat, gibt es hierfür in der einheimischen Literatur keine eindeutige Definition. Zum größten Teil wird er in betriebswirtschaftlichen Artikeln mit dem deutschen Wort „Leistung“ gleichgesetzt. Hierbei wird Leistung entweder als produzierende Tätigkeit oder als deren Ergebnis betrachtet. Im ersten Fall bezieht sich Leistung auf den reinen Arbeitseinsatz, sowohl aus Sicht des Mitarbeiters als auch aus Sicht der gesamten Einheit, die zur Erfüllung der Arbeitsaufgabe benötigt wird. Bei Leistung als dem Ergebnis einer produzierenden Tätigkeit wird zwischen mengenmäßigen und wert-mäßigen Resultaten unterschieden [vgl. Karrer, M., Stölzle, W. (2004), S. 237f.]. Der Per-formance-Begriff geht über diese enge betriebswirtschaftliche Sichtweise hinaus und orientiert sich stärker am Effektivitäts- und Effizienzgedanken [vgl. Reiner, G. (2004), S. 28f.]. Effektivität definiert sich über das Verhältnis von gestecktem und letztendlich er-reichtem Ziel. Hierbei ist der Umfang des Aufwandes von sekundärer Bedeutung, es wird lediglich angegeben, inwieweit geeignete Handlungen vorgenommen wurden („to do the right things“) [vgl. Klingebiel, N. (2000), S. 25]. Bezieht man diese Definition auf den Per-formance-Begriff, so kann man sagen, dass dieser die tatsächlich erbrachte Leistung in Relation zum gewünschten Ergebnis setzt. Die Effizienz, als das zweite wichtige Kriterium der Performance, spiegelt das Input-Output-Verhältnis wider. Spricht man demzufolge von einer guten Performance, so bedeutet das, dass ein vorgeschriebener Output mit einem mög-lichst geringem Input realisiert werden konnte [siehe hierzu: Karrer, M., Stölzle, W. (2004), S. 240]. Neben den Effektivitäts- und Effizienzkomponenten enthält der Performance-Begriff noch weitere Merkmale, welche die Unterscheidung zum Leistungsbegriff deutlich machen. Zum einen ist die klare strategische Ausrichtung des Performance-Begriffs zu nennen, die sich im starken Zukunftsbezug widerspiegelt. Hierbei spielt die so genannte „Potenzialität“, das Erfassen aktuell ablaufender Ereignisse (Ursache) im Hinblick auf die zukünftige Per- Performance Measurement in einer Supply Chain 15 formance (Wirkung), eine wichtige Rolle. Die Messung von langfristigen Potenzialen ist demnach ein wichtiges Abgrenzungskriterium zum reinen Leistungsbegriff. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist die Mehrdimensionalität der Performance. Man orientiert sich nicht mehr nur an quantitativen Messgrößen, sondern es fließen explizit qualitative, das heißt größtenteils nicht-monetäre Kennzahlen in die Betrachtung mit ein. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Performancebegriff wesentliche Elemente des Leistungsbegriffes enthält, aber über diesen hinausgeht. Kennzeichnende Merkmale der Performance sind der enge Effektivitäts- und Effizienzbezug, sowie die zukunftsorientierte Sichtweise. Des Weiteren ist für sie ein ausgewogenes Verhältnis monetärer und nicht-monetärer Kennzahlen typisch [vgl. Karrer, M., Stölzle, W. (2004), S. 237ff.].
2.2.2.2 Definition: Performance Measurement / Performance Measurement-Systeme
Zum Performance Measurement gibt es ähnlich wie beim Supply Chain Management stark divergierende Meinungen innerhalb der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur. So beziehen manche Autoren ein Performance Measurement nur auf Gesamtunternehmen bzw. größere Organisationseinheiten, oder sie klammern monetäre Kenngrößen bei der Leistungsmessung vollständig aus [vgl. Erdmann, M. K. (2003), S. 61ff.]. Dieser Arbeit liegt die Definition von Gleich und Haindl zugrunde. Für sie beinhaltet das Performance Measurement „[...]den Auf-bau und Einsatz i. d. R. mehrerer Performance Measures15 zur Beurteilung der Effektivität16und Effizienz17 der Performance unterschiedlicher Objekte (z. B. Unternehmens-kooperationen, Unternehmen, Abteilungen, Prozesse und Mitarbeiter).“18 Im Grunde ge-nommen handelt es sich also beim Performance Measurement um eine Methode zur Fest-stellung der Leistungsfähigkeit eines spezifischen Objektes. Dies kann sich sowohl auf ganze Unternehmensbereiche als auch auf einzelne betriebsinterne Prozesse beziehen. Der Begriff Performance Measurement bezeichnet dabei den eigentlichen Vorgang der Leistungser-stellung, während dessen sich ein Performance Measurement-System auf das Konstrukt der integrierten einzelnen Performance Measures bezieht.
[...]
1 Vgl. Roussel, J., Skov, D. (2007), S. 6.
2 Die Begriffe Supply Chain, Lieferkette, Zulieferkette, Versorgungskette und Wertschöpfungskette werden im Folgenden synonym verwendet.
3 Siehe hierzu: Scheer, A.-W., Borowsky, R. (1999), S. 13f.
4 Vgl. Dinges, M. (1998), S. 22.
5 Siehe: Corsten, H., Gössinger, R. (2001), S. 97.
6 Vgl. hierzu Kloth, M. (1999), S. 26.
7 Siehe hierzu: Harrington, H.J. (1991), S. 164.
8 Vgl. o. V. (1995).
9 Isomorphie=von gleicher Beschaffenheit.
10 Siehe hierzu: Abschnitt 2.2.1.1.
11 Zum Thema Benchmarking siehe auch: Abschnitt 3.2.6.
12 LDL=Logistikdienstleister.
13 Vgl. Heyd, R. (1993).
14 Obwohl der Performance Begriff, wie im Folgenden noch zu sehen sein wird, nicht mit dem Leistungsbegriff gleichzusetzen ist, werden die beiden Begriffe im weiteren Verlauf der Arbeit aus Gründen der Verein-fachung synonym verwendet.
15 Unter einem Performance Measure wird hier eine Maßgröße angesehen, die dazu dient, die Leistung unter-schiedlichster Objekte zu bewerten [vgl. Erdmann, M. K. (2003), S. 64].
16 Definition Effektivität: Effektivität misst den Zielerreichungsgrad und gibt an, inwieweit geeignete Hand-lungen vorgenommen werden („to do the right things“) [vgl. Klingebiel, N. (2000), S. 25].
17 Definition Effizienz: Effizienz gibt die Input-Output Relation an. Effektivität ist daher eine grundsätzliche Voraussetzung für Effizienz [vgl. Klingebiel, N. (2000), S. 25].
18 Vgl. hierzu: Gleich, R., Haindl, M. (1996), S. 263; siehe auch: Erdmann, M. K. (2003), S. 61ff.
- Citar trabajo
- Michael Lueg (Autor), 2008, Bewertung der Supply-Chain-Performance, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123973
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