Das gesellschaftliche Leben lässt sich laut Honneth (1992) einteilen in drei Sphären der Interaktion, welche auf Muster der reziproken Anerkennung zurückgeführt werden können. Seine Gesellschaftstheorie, auf die im weiteren Verlauf eingegangen werden soll, versucht gesellschaftliche Prozesse bzw. Wandel auf Basis des Merkmals der Anerkennung zu erklären. Das soziale Leben des Menschen und die menschliche Integration erfolgt gemäß Honneth durch „emotionale Bindungen, Zuerkennung von Rechten oder der gemeinsamen Orientierung an Werten.“ Honneth befasst sich in seinem Text mit den Beziehungsmustern der Liebe, des Rechts und der Solidarität, um diese als Anerkennungsformen zu untersuchen. Der Wert der Anerkennung ist von zentraler Bedeutung für gesellschaftliche Entwicklungsprozesse und die Herausbildung der menschlichen Identität. Außerdem spielt sie eine zentrale Rolle in der pädagogischen Beziehung zwischen Lehrkraft und SchülerInnen.
1. Anerkennung als Grundstein des gesellschaftlichen Handelns
Das gesellschaftliche Leben lässt sich laut Honneth (1992) einteilen in drei Sphären der Interaktion, welche auf Muster der reziproken Anerkennung zurückgeführt werden können. (vgl. Honneth 1992, S. 152). Seine Gesellschaftstheorie, auf die im weiteren Verlauf eingegangen werden soll, versucht gesellschaftliche Prozesse bzw. Wandel auf Basis des Merkmals der Anerkennung zu erklären. Das soziale Leben des Menschen und die menschliche Integration erfolgt gemäß Honneth durch „emotionale Bindungen, Zuerkennung von Rechten oder der gemeinsamen Orientierung an Werten.“ (vgl. ebd.). Honneth befasst sich in seinem Text mit den Beziehungsmustern der Liebe, des Rechts und der Solidarität, um diese als Anerkennungsformen zu untersuchen. (vgl. ebd., S. 148). Der Wert der Anerkennung ist von zentraler Bedeutung für gesellschaftliche Entwicklungsprozesse und die Herausbildung der menschlichen Identität. Die Anerkennung kann betrachtet werden als Grundlage von menschlicher Interaktion und Beziehungen. So verfolgen alle Individuen die sukzessive „Erweiterung der Verhältnisse wechselseitiger Anerkennung,“ mit dem Ziel, der sozialen Positionierung in der Gesellschaft. (vgl. ebd.). Laut Honneth (1992) beinhaltet die „reziproke Anerkennung“ verschiedene Stufen der praktischen Selbstbeziehung der Menschen. (vgl. Honneth 1992, S. 151). Sie wird unterschieden in „emotionale Zuwendung, wie wir sie aus Liebesbeziehungen und Freundschaften kennen, rechtliche [bzw. moralische] Anerkennung und solidarische Zustimmung.“ (vgl. ebd.). Mit jeder Form der wechselseitigen Anerkennung wachse die subjektive Autonomie des bzw. der Einzelnen. Dies resultiert laut Autor daraus, dass die sukzessive Abfolge der genannten Anerkennungsformen zu einer Steigerung des positiven Selbstverständnisses bzw. der Selbstbeziehung des Individuums führt. (vgl. ebd.). Grundsätzlich führe die Erfahrung von Anerkennung also zu einer positiven Selbstbeziehung und im Umkehrschluss zu einem „selbstbestimmten“ Leben der Individuen. Auf der Makroebene kann gesagt werden, dass es die Aufgabe der Gesellschaft ist, allen Menschen eine soziale und rechtliche Anerkennung möglich zu machen. Wird dies nicht umgesetzt, kann die Verweigerung von Anerkennung zu komplexen Negativfolgen führen. Auf Basis des Hegelschen Modells ergänzt Honneth die Gesellschaftstheorie um die entsprechenden Formen der Missachtung. Er beschreibt in seinem Text die drei Muster der „Entrechtung, Entwürdigung und Vergewaltigung,“ welche Konfliktpotenzial beinhalten und gleichzeitig gesellschaftliche Transformationen befördern können. (vgl. ebd., S. 150). Sie sind anhand des Kriteriums zu unterscheiden, „welche Stufe der subjektiv erworbenen Selbstbeziehung einer Person sie jeweils verletzen oder gar zerstören.“ (vgl. ebd.). Außerdem können diese Variationen der psychischen Gewaltanwendung anhand des Grades der Erschütterung der Selbstbeziehung des Menschen bemessen werden. Grundsätzlich führen Missachtung und Diskriminierung zu einem gesellschaftlichen Miteinander, welches von emotionalen Verletzungen geprägt ist.
1.1. Die Erfahrung von Liebe und Nähe in Primärbeziehungen
Gemäß Honneth können unter dem Begriff der Liebe bzw. des Liebesverhältnisses „alle Primärbeziehungen,“ verstanden werden, „soweit sie nach dem Muster von erotischen Zweierbeziehungen, Freundschaften und Eltern-Kind-Beziehungen“ beschaffen sind und aus starken „Gefühlbindungen zwischen wenigen Menschen bestehen.“ (vgl. Honneth 1992, S. 153). Die BindungspartnerInnen erkennen sich an als bedürftige Individuen, welche grundlegende menschliche Bedürfnisse haben. Die Liebe gilt als erste Stufe der wechselseitigen Anerkennung und birgt stets eine „Bedürftigkeit und Abhängigkeit“ zwischen den BeziehungspartnerInnen. Diese gegenseitige Abhängigkeit ist für alle Primärbeziehungen fundamental, denn nur der bzw. die BeziehungspartnerInnen ist in der Lage, die eigenen Bedürfnisse nach Nähe, Aufmerksamkeit und Zuwendung zu bestätigen. (vgl. ebd., S. 154).
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- Stefanie Schary (Author), 2022, Die Bedeutung von wechselseitiger Anerkennung im pädagogischen Arbeitsfeld mit Jugendlichen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1239523
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