Die Seminararbeit behandelt das hochaktuelle Thema der Sterbehilfe. Diese wird definiert und in ihre verschiedenen Arten unterteilt, welche zusätzlich noch definiert und nach Legalität in Deutschland beurteilt werden. Es folgt ein rechtlicher Teil, der von der allgemeinen rechtlichen Grundlage handelt. Zusätzlich wird auf das Verfassungsgerichtsurteil zum §217 Strafgesetzbuch vom 26.02.2020 Bezug genommen: die rechtliche Lage davor, das Urteil und dessen Legitimität. Darauf folgt eine ethische Einordnung. Mögliche Ansätze der ethischen Beurteilung werden vorgestellt, sowie ausgewählte Stellungnahmen von katholischer und evangelischer Seite.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Allgemeine rechtliche Grundlage zur Sterbehilfe in Deutschland - geltendes Recht
3 Das Verfassungsgerichtsurteil zur Sterbehilfe vom 26.02.2020
3.1 Gesetzliche Lage davor
3.2 Das Urteil und dessen Legitimität
4 Ausgewählte Arten der Sterbehilfe
4.1 Von dem verfassungsgerichtlichen Urteil betroffen
4.2 Von dem verfassungsgerichtlichen Urteil nicht betroffen
5 Ethische Einordnung
5.1 Mögliche Ansätze der ethischen Beurteilung
5.2 Ausgewählte Stellungnahmen von katholischer Seite
5.3 Ausgewählte Stellungnahmen von evangelischer Seite
6 Fazit
1 Einleitung
Von 2019 bis 2021 stieg der Prozentsatz der Befürworter der Straffreiheit des assistierten Suizids, eine Unterkategorie der Sterbehilfe von 69% auf 75%. (Vgl. s.u.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Statistik, Einstellung zu Sterbehilfe[1]
Hierbei lassen sich Rückschlüsse auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02.2020 ziehen. Die Statistik zeigt, dass das Gericht die Meinung der Bevölkerung repräsentiert – eine Straffreiheit des assistierten Suizids. Dies belegt sowohl die klare Mehrheit von 75%, als auch der Anstieg der Befürworter um 6%.1
Unter dem Begriff der Sterbehilfe versteht man jedes Verhalten zur Erleichterung des Sterbens im Sinne einer medizinischen und seelsorgerlichen Betreuung, sowie das absichtliche, gezielte Herbeiführen und Beschleunigen des Todes, aufgrund des Wunsches einer Person. Hierbei handelt es sich meist um schwer kranke, leidende oder bereits im Sterben liegende Menschen.2,3
Die Begriffsbedeutung von Sterbehilfe stammt von dem Wort „Euthanasie“ ab. Aus dem Griechischen übersetzt, bedeutet „euthanatos“ „guter, schöner Tod“. Allerdings wird der Begriff Euthanasie heutzutage in Deutschland nicht mehr im Zusammenhang mit der Sterbehilfe verwendet, da dieser von den Nationalsozialisten als verhüllende Bezeichnung für die Ermordung von kranken und behinderten Menschen missbraucht wurde.4
2 Allgemeine rechtliche Grundlage zur Sterbehilfe in Deutschland - geltendes Recht
In der Bundesrepublik Deutschland macht es sich der Staat zur Aufgabe, die Bürger zu schützen. Der Schutz ist tiefgreifend und umfasst alle Lebensbereiche. Somit kann im Zusammenhang mit der Sterbehilfe nicht ausschließlich von Tötung auf Verlangen und geschäftsmäßiger Förderung der Selbsttötung gesprochen werden (§216, 217 StGB). Die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz des Individuums sind weitreichender.
Artikel 1 Grundgesetz
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Artikel 2 Grundgesetz
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.5
Artikel 1 des Grundgesetzes beschreibt die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt. Des Weiteren wir die Unverletzlichkeit und Unveräußerlichkeit der Menschenrechte beschrieben, welche als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt gelten.
Daran anschließend ist in Artikel 2 des Grundgesetzes geregelt, dass jeder das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit hat, soweit hierbei nicht die Rechte anderer verletzt werden und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstoßen wird. Außerdem hat jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzbar.
In diese Rechte darf nur aufgrund eines anderen Gesetzes eingegriffen werden.
Hierbei kommt es zu dem Dualismus vom Recht der freien Entfaltung der Persönlichkeit sowie dem Verstoß gegen das Sittengesetz. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit heißt so viel wie: Jeder Mensch darf sein Leben so gestalten, wie er es möchte. Fraglich ist, ob hierzu ebenso das Recht auf die Bestimmung und Gestaltung des Todes gehört.
Denn dem gegenüber steht das Sittengesetz. Dies ist kein Gesetzestext, sondern beschreibt allgemeine ethische Normen, die je nach der eigenen ethischen Vorstellung enger oder weiter gefasst sind. In der christlichen Wertevorstellung können die zehn Gebote als Sittengesetz angesehen werden, wobei das achte Gebot besagt: „Du sollst nicht töten.“ Somit besteht eine Divergenz zur Sterbehilfe.6
Eine weitere Überlegung kann mit dem Recht auf Leben angestellt werden. Dieses ist eines der wichtigsten Menschenrechte. Fraglich ist, ob es „nur“ ein Recht ist, also eine Möglichkeit, die man annehmen kann oder ob es bereits als Pflicht zum Leben gesehen werden kann.7
Weitere Regelungen zum Thema Tod bestimmt das Strafgesetzbuch.
§ 211 StGB Mord
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.
§ 212 StGB Totschlag
(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.
§ 323c StGB Unterlassene Hilfeleistung; Behinderung von hilfeleistenden Personen
(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.8
Die eben genannten Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch, definieren Straftaten die in Zusammenhang mit der Sterbehilfe gebracht werden können. Hierbei ist zu untersuchen, aus welchen Motiven eine Person handelt. Gegebenenfalls lässt sich bei der Sterbehilfe von Mord, Totschlag oder unterlassener Hilfeleistung sprechen, welche Straftaten darstellen und dementsprechend sanktioniert werden müssen.
Einen Paragraphen der explizit die Sterbehilfe koordiniert, liegt derzeit nicht vor. Allerdings wird als Entscheidungsgrundlage der §216 StGB verwendet.
...
1 https://fowid.de/meldung/einstellungen-zur-sterbehilfe-2021 (aufgerufen am 5.9.2021)
2 Vgl. Matheisen, 2016, S. 4
3 Vgl. Häcker, 2008, S. 23
4 Vgl. Muschke, 1988, S. 6 f
5 Bayerische Landeszentrale für politische Bildung, 2017, S. 94
6 Vgl. http://www.rechtslexikon.net/d/sittengesetz/sittengesetz.htm (aufgerufen am 5.9.2021)
7 Vgl. Putz, Steldinger, Unger, 2021, S. 18
8 Prof. Dr. jur. Weigand, 2019
- Quote paper
- Magdalena Popp (Author), 2021, Sterbehilfe zwischen medizinischen Möglichkeiten und ethischen Debatten. Rechtliche Grundlage in Deutschland sowie ethische Einordnung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1236997
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