Im Rahmen dieser Arbeit wird auf die Anforderungen des (Sport-) LehrerInnenberufes eingegangen und der Zusammenhang mit der Gesundheit von (Sport-) Lehrkräften untersucht. Nach kurzen theoretischen Grundlagen rund um das Konstrukt Gesundheit wird die Beeinträchtigung von Gesundheit anhand verschiedener Modelle dargestellt. In Anbetracht der dargestellten Theorien und der darauffolgenden Darstellung der Anforderungen und Ressourcen im LehrerInnenberuf werden die Forschungsfragen aufgestellt: Welche fachspezifischen, personellen, sozialen und gesellschaftlichen Anforderungen lassen sich für Sportlehrkräfte feststellen? In welchem Zusammenhang stehen sie mit der Gesundheit dieser Lehrkräfte? Aus der Recherche heraus werden nicht nur negative Faktoren benannt, sondern auch mögliche Ansätze zur Ressourcenverbesserung und Verbesserung der SportlehrerInnengesundheit herausgearbeitet.
Im Hauptteil wird eine systematische Literaturrecherche anhand verschiedenster genutzter Datenbanken durchgeführt. In selbigem Kapitel befindet sich ein Überblick über Studien zu empirischen Untersuchungen der SportlehrerInnengesundheit, die auch einen Zusammenhang herstellen zwischen den Stressfaktoren und (negativen) Beeinträchtigungen auf die Gesundheit von Sportlehrkräften. Anschließend werden die empirischen Ergebnisse zu fachspezifischen Anforderungen und Ressourcen im SportlehrerInnenberuf dargelegt und im Hinblick auf die zuvor dargestellten theoretischen Grundlagen diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Konstrukt der Gesundheit
2.1 Salutogenese nach Antonovsky
2.2 Transaktionale Stresstheorie und Stressmodell von Lazarus
2.3 Arbeitspsychologisches Stressmodell nach Bamberg
2.4 Anforderungs- Ressourcen- Modell nach Becker
2.5 Zusammenfassung der Erkenntnisse aus den vorliegenden Modellen
3 Anforderungen und Ressourcen im LehrerInnenberuf
4 Herleitung der Forschungsfrage
5 Methode
5.1 Systematische Literaturrecherche
5.2 Überblick
6 Empirische Ergebnisse zu Anforderungen und Ressourcen im SportlehrerInnenberuf
7 Zusammenfassende Diskussion der Ergebnisse
8 Fazit und Ausblick
9 Literaturverzeichnis
10 Anhang
1 Einleitung
Das Thema Gesundheit im LehrerInnenberuf ist sehr aktuell. Bereits vor der Coronapandemie war der LehrerInnenmangel sehr hoch (laut Deutschem Schulsportal NRW 2021 waren zum Stichtag 21.06.21 noch 3.662 Stellen offen. Laut neusten Studien fehlen bis 2030 mindestens 81.000 Lehrkräfte). LehrerInnen sind mit immer komplexeren Aufgaben und Anforderungen konfrontiert: neben der Durchführung von Unterricht, Förderplänen, Inklusion sowie außerschulischen Angeboten, Elterngesprächen und Konfliktbewältigungen, sieht er sich konfrontiert mit einer zunehmenden Anzahl an SchülerInnen mit Migrationshintergrund, SchülerInnen mit Traumata, mit Digitalisierung, außerunterrichtlichen Aufgaben wie Gesprächen mit den Kinder- und Jugendpsychiatrien, Corona- Schnelltests und Verwaltungsaufgaben. Zudem kommen Erwartungen seitens der Politik und Gesellschaft hinzu (Pisa-Studien).
Im Rahmen der steigenden Komplexität des LehrerInnenberufes und somit auch des SportlehrerInnenberufes ist auch die LehrerInnengesundheit zunehmend thematisiert worden. Hinzu kommt das Berufsbild des Lehrers in Politik und Gesellschaft.
So titelten vor Jahren Zeitschriften wie Die Zeit über „Die Leiden der Lehrer“ (Etzold, 2000) sowie der Stern über die „Weltmeister im Jammern“ (zitiert nach Ipfling, Peez & Gämsjäger, 1995, S.9).
Durch die wissenschaftliche Untersuchung zum LehrerInnenbild in den Medien 2005 fasste Blömeke den Eindruck, der durch diese öffentliche Darstellung entstand, folgendermaßen zusammen: „Lehrpersonen seien unfähig und unwillig, sich den Anforderungen des Berufes zu stellen - und tun sie es doch, werden sie krank“ (ebd., S.31). Der Focus titelte „Höllenjob Lehrer“ (Reinke, Nobbe & Vernier, 2001). Die Besonderheiten der sportunterrichtenden Lehrkräfte bestehen in der zusätzlichen Förderung und Aufrechterhaltung der eigenen körperlichen Fitness, der Kenntnisse über Unfallverhütung und der hohen Verantwortung für die körperliche Unversehrtheit der SchülerInnen. Hinzu kommt die Erwartung der Förderung der körperlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten der SchülerInnen.
Betrachtet man das Ansehen und die Stellung der Sportlehrkräfte aus SchülerInnensicht, so herrscht jedoch ein eher positives LehrerInnenbild (vgl. Kastrup, 2016, S. 56). Hier stellt sich die Frage, warum dieses eher positiv konnotierte Bild der Sportlehrkraft innerhalb der Sozialberufe zu den ArbeitnehmerInnen mit der höchsten Belastungsstufe gehört. Dies belegen dies Statistiken des Bundes und der Länder (vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland, Pressemitteilung Nr. 434 vom 25.11.2010 sowie Pressemitteilung Nr. 042 vom 05.02.2008 zitiert aus: Kastrup, 2016, S. 56).
Die vielfach untersuchte und durch empirische Belege festgestellte „[...] hohe Prävalenzrate psychischer Erkrankungen, sowie das Ausmaß und die Intensität der gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Symptombelastungen [...] ist ein sozialmedizinisches Problem“ (Kastrup, 2016, S.56). Hieraus ist erkennbar, dass die Bewertung der LehrerInnenrolle widersprüchlich ist.
Seit der Coronapandemie, die seit dem Jahre 2020 vorherrscht, beeinträchtigen Wechselunterricht, Distanzunterricht sowie Schulschließungen nicht nur die SchülerInnen und Eltern sondern auch die LehrerInnen. Durch die gleichzeitige Versorgung von SchülerInnen im Distanz- sowie Präsenzunterricht entstanden ungewohnte und neue Ansprüche an die (Sport-) Lehrkräfte, die zurzeit noch nicht in der Literatur Berücksichtigung finden.
Im Rahmen dieser Arbeit wird auf die Anforderungen des (Sport-) LehrerInnenberufes eingegangen und der Zusammenhang mit der Gesundheit von (Sport-) Lehrkräften untersucht.
Nach kurzen theoretischen Grundlagen rund um das Konstrukt Gesundheit wird die Beeinträchtigung von Gesundheit anhand verschiedener Modelle dargestellt. In Anbetracht der dargestellten Theorien und der darauffolgenden Darstellung der Anforderungen und Ressourcen im LehrerInnenberuf werden die Forschungsfragen aufgestellt: Welche fachspezifischen, personellen, sozialen und gesellschaftlichen Anforderungen lassen sich für Sportlehrkräfte feststellen? In welchem Zusammenhang stehen sie mit der Gesundheit dieser Lehrkräfte? Aus der Recherche heraus werden nicht nur negative Faktoren benannt, sondern ggfs. mögliche Ansätze zur Ressourcenverbesserung und Verbesserung der SportlehrerInnengesundheit herausgearbeitet.
Im Hauptteil wird eine systematische Literaturrecherche anhand verschiedenster genutzter Datenbanken wie z.B. der technischen Universität Dortmund, der Ruhruniversität Bochum, der Universität Duisburg- Essen sowie die des Bundesinstituts für Sportwissenschaften durchgeführt. Datenbanken wie PubPsych, die ebenfalls internationale Werke beinhalten, werden zusätzlich genutzt. In selbigem Kapitel befindet sich ein Überblick über Studien zu empirischen Untersuchungen der SportlehrerInnengesundheit, die auch einen Zusammenhang herstellen zwischen den Stressfaktoren und (negativen) Beeinträchtigungen auf die Gesundheit von Sportlehrkräften.
Anschließend werden die empirischen Ergebnisse zu fachspezifischen Anforderungen und Ressourcen im SportlehrerInnenberuf dargelegt und im Hinblick auf die zuvor dargestellten theoretischen Grundlagen diskutiert.
Abschließend erfolgt ein Fazit sowie Ausblick der Arbeit.
2 Das Konstrukt der Gesundheit
Befasst man sich mit dem Thema LehrerInnengesundheit, so wird deutlich, dass es sich um ein multidimensionales Thema handelt. Verschiedene Bereiche der Wissenschaften, wie z. B. die der Medizin, der Psychologie, der Sozialwissenschaften, der Arbeits- und Organisationspsychologie, der Gesundheitspsychologie und auch der Pädagogik beschäftigen sich mit Gesundheit und deren Beeinflussung. Folglich Hurrelmann und Franzkowiak (2011) ist das Konstrukt der Gesundheit schwer zu definieren. Begrifflichkeiten wie Belastungen, Beanspruchung, Stressoren, Stress, Anforderungen und Ressourcen gehören zu den Termini der Gesundheit. Im Folgenden werden vier verschiedene Erklärungsversuche von Gesundheit und deren beeinträchtigende Faktoren dargestellt. In Kapitel 2.1 wird sich auf das medizin-soziologische Salutogenesemodell nach Antonovsky bezogen. In dem Kapitel 2.2 wird erläuternd auf die transaktionale Stresstheorie sowie das transaktionale Stressmodell nach Lazarus eingegangen. Darauffolgend in Kapitel 2.3 wird die Gesundheit aus Sicht des arbeitspsychologischen Stressmodells nach Bamberg dargelegt. Das Kapitel 2.4 beschäftigt sich mit dem psychologischen Anforderungs- Ressourcen- Modell nach Becker. Im letzten Unterkapitel 2.5 wird kurz zusammenfassend auf die Ergebnisse der vorgestellten Modelle und Ansätze eingegangen.
2.1 Salutogenese nach Antonovsky
Das Salutogenesemodell des amerikanisch-israelischen Medizinsoziologen Aaron Antonovsky dient als Grundlage zur Erklärung für das Zusammenwirken von Belastungen und Bewältigungen hinsichtlich der Entstehung und Erhaltung von Gesundheit.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1. Salutogenesemodell nach Antonovsky (eigene, vereinfachte Darstellung)
Mit dem von ihm geprägten Begriff der „Salutogenese“ stellt er ein Gegenstück zur „Pathogenese“ der Biomedizin dar, die sich lediglich mit dem Thema Krankheit auseinandersetzte (vgl. Antonovsky, 1993, S.6). Krankheit wird nach Antonovsky dabei als „normal“ im Sinne von dem im Leben zugehörig, angesehen.
So beschreibt er ein Gesundheits- Krankheits- Kontinuum, dass durch die sogenannten Endpunkte Gesundheit und Krankheit gekennzeichnet ist, diese aber nicht als dichotome Zustände betrachtet werden (vgl. ebd., S. 8).
Er beschäftigt sich mit dem, was Menschen gesund hält und wie ihr Umgang mit Belastungen erfolgt. Dabei beachtet Antonovsky die gesamte Lebensgeschichte eines Menschen und nicht nur die Entstehung einer Krankheit. Die Gesundheit wird als ein Prozess verstanden, der immer wieder neu ausgerichtet werden muss, und in dem die subjektive Bewertung des Individuums die entscheidende Rolle spielt (ebd.). Alltägliche Ärgernisse, größere Lebensereignisse und chronische Stressoren sind die drei Arten von Stressoren die Antonovsky unterscheidet (ebd.). Laut Antonovsky sind Stressfaktoren nicht vermeidbar, jedoch gibt es verschiedene Möglichkeiten auf Stressfaktoren zu reagieren. Körperliche, seelisch- geistige und soziale Aspekte beeinflussen sich hierbei wechselseitig.
Um die Spannungen im Sinne Antonovskys, die durch Stressoren ausgelöst werden, zu bewältigen bedarf es eines positiven bzw. zuversichtlichen Gefühls. Dieses ist durch die Verstehbarkeit von Erlebnissen im Alltag möglich sowie durch die Handhabbarkeit, die bedeutet, dass die zur Verfügung stehenden Ressourcen verhelfen die Anforderungen zu bewältigen. Zudem soll eine Sinnhaftigkeit erlebt werden, die beschreibt Situationen als Herausforderung anzunehmen.
Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit bilden das Gefühl der Kohärenz“ (ebd.).
Stressoren stellen somit laut Antonovsky Anforderungen an den Organismus dar, die dessen Gleichgewicht stören und die es erforderlich machen, zu handeln (vgl. Antonovsky, 1979, S.71f.) Kommt es zu Belastungen, die sich über einen relativ langen Zeitraum erstrecken oder als negativ empfunden werden, so können sich diese negativ auf die Gesundheit des Individuums auswirken und physische sowie psychische Symptome hervorrufen. Die Stressoren werden somit als belastende Faktoren beschrieben, die in einer ständigen Wechselwirkung mit den Widerstandsressourcen, die eine schützende Wirkung haben, stehen (vgl. Antonovsky, 1997, S.22 ff.)
Als Widerstandsressourcen gelten somit nach Antonovsky zum einen die gesellschaftlichen Widerstandsressourcen sowie die individuellen Widerstandsressourcen, die sich in kognitive, psychische, p hysiologische, ökonomische und materielle Ressourcen untergliedern lassen. Das Konzept des Kohärenzgefühls (Sense of Coherence) gilt dabei als die wichtigste Widerstandsressource, die sich auf Grundlage genügend zur Verfügung stehender Ressourcen bilden kann (ebd., S. 30). Das Kohärenzgefühl stellt das Kernstück dieses Modells dar, denn Antonovsky beschreibt, dass der Gesundheitszustand eines Individuums durch individuelle, psychologische Einflussgrößen bestimmt wird, nämlich durch die grundlegende Lebenseinstellung des Individuums, die man laut Antonovsky auch als Weltanschauung betiteln könnte (vgl. ebd., S.33).
Laut Antonovsky erklärt dies, weshalb Menschen trotz gleicher äußerlicher Bedingungen unterschiedliche gesundheitliche Zustände aufweisen. Je nachdem, wie stark das Kohärenzgefühl ausgeprägt ist, können existierende Ressourcen genutzt werden oder eben nicht. Somit wird deutlich, dass je stärker das Kohärenzgefühl ausgeprägt ist, das Individuum trotz Belastungen tendenziell eher gesund ist bzw. schneller wieder gesund wird (vgl. ebd., S. 34f.).
Schlussfolgernd bedeutet dies, dass die Ausprägung des Kohärenzgefühls bestimmt, wie flexibel mit Anforderungen umgegangen werden kann, indem auf geeignete Ressourcen zurückgegriffen wird. Das Kohärenzgefühl funktioniert somit „[.] als flexibles Steuerungsprinzip, als Dirigent, der den Einsatz verschiedener Verarbeitungsmuster (Copingstile, Copingstrategien) in Abhängigkeit von den Anforderungen anregt“ (Bengel et al., 2001, S.30).
Sportliche Tätigkeiten können laut Antonovsky das Wohlbefinden positiv beeinflussen und auch in ein einheitliches Lebenskonzept integriert werden. Dabei geht es nicht nur um die Lösung von Spannungen im Organismus sondern ebenfalls um den Abbau der Spannungen zu unterstützen (ebd.). Hierbei müssen die sportlichen Aufgaben verstehbar, bewältigbar und sinnhaftig sein, um das Gefühl der Kohärenz positiv zu beeinflussen und somit zur Gesundheit beizutragen. Hierbei sollte die soziale Einbindung berücksichtigt werden (ebd.). Dies gilt nicht nur für SchülerInnen sondern auch für LehrerInnen.
2.2 Transaktionale Stresstheorie und Stressmodell von Lazarus
Lazarus verwendet das Wort Stress und Stressbewältigung in seinem Modell. Das Wort Stress entstammt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt so viel wie Druck, Anspannung und/ oder Belastung (Busse, 2006).
In der Literatur betrachten die meisten Modelle Stress als ein Ungleichgewicht zwischen dem Individuum und der jeweiligen Situation. Diese Situationen werden als unangenehm und bedrohlich wahrgenommen und können auch Auslöser für Angst (Busch, 2019) sein und/ oder ein Gefühl von Überforderung auslösen. Demnach kann Stress als „ein subjektiv unangenehmer Spannungszustand, der aus der Befürchtung entsteht, eine aversive Situation nicht ausreichend bewältigen zu können“ (Zapf & Semmer, 2004, S.1011) definiert werden.
Als Ausgangspunkt von Stress betrachtet Lazarus (1984) die Differenz zwischen der subjektiv wahrgenommenen Situation des Individuums und den Anforderungen, die auf ihn einwirken. Stress entsteht laut Lazarus demnach, wenn das Individuum die Möglichkeiten zur Bewältigung der Anforderung/Situation als nicht möglich oder ausreichend betrachtet.
Merkmal des transaktionalen Stressmodells ist der Bewertungsprozess, der individuell und kognitiv ist und ausschlaggebend dafür ist, ob bei dem Individuum Stress erzeugt wird oder nicht (Kauffeld, 2011) und erklärt somit, warum sich vor allem psychische Belastungen nicht auf alle Menschen gleich auswirken. Denn signifikant wichtig sind dabei „[.] die Gedanken, Empfindungen und Überlegungen der davon betroffenen Person“ und nicht die objektiven Aspekte (Stächele & Volz, 2013). Erst durch die subjektive Wahrnehmung und Bewertung (ebd.) erfährt das Individuum Stress.
Wie in Abbildung zwei ersichtlich stehen in diesem Modell die Bewertungs- und Bewältigungsprozesse, die aus drei Stufen bestehen im Fokus (Kauffeld, 2011). Die erste Stufe ist die Wahrnehmung der gegebenen Situation. Sie wird primär durch das Individuum als irrelevant, positiv oder stressend bewertet. Ist bereits die primäre Bewertung stressend, kann dies zu Schädigung/ Verlust, Bedrohung oder Herausforderung führen (Zapf & Semmer, 2004). Sobald das Individuum die Situation als Bedrohung einstuft, werden Lazarus zu folge im sekundären Bewertungsprozess die Bewältigungsfähigkeiten- und Möglichkeiten, die die Ressourcen darstellen, gesichtet und ausgewählt.
Nach den Bewältigungsversuchen kommt es durch neue Informationen und eventuellem Zugewinn von Ressourcen oder Fähigkeiten zu einer Neubewertung der Situation/ des Ereignisses, das laut Lazarus die dritte Phase bedeutet.
Dieser Prozess bestimmt, warum Menschen Situationen als unterschiedlich stressend wahrnehmen (siehe Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2. Transaktionales Stressmodell Lazarus 1981 (eigene Darstellung)
2.3 Arbeitspsychologisches Stressmodell nach Bamberg
Als Belastungen im Rahmen der arbeitspsychologischen Sichtweise nach Bamberg gelten zum einen aufgabenbezogene Stressoren wie Störungen und Unter- und Überforderungen, zum anderen physikalische Stressoren in Form von Lärm, Kälte, Schmutz. Weiter differenziert werden zeitlich bezogene Stressoren wie Zeitdruck und Nachtarbeit und arbeitsorganisatorischen Stressoren wie fehlende Unterstützung durch Kollegen und Kolleginnen oder Missachtung der eigenen Person (Bamberg, 2004).
Bei der Betrachtung der Stressoren wird sichtbar, dass sich die Bewertung solcher aus Rahmenbedingungen, Inhalten der Arbeit und/ oder Ressourcen bildet und von der Wahrnehmung des Individuums abhängt (Rusch, 2019). Durch die sich stetig verändernde Umwelt und deren Anforderungen an das Individuum, an die es sich anpassen muss, werden immer mehr geistige und zeitliche Kräfte gefordert sowie auch Anforderungen, die man nicht durch Üben erwerben kann, erwartet. Diese Aspekte können Emotionen wie Angst und Unsicherheit auch in Bezug auf die eigene (Lehrer-) Kompetenz im Beruf oder die Arbeitsplatzsicherheit auslösen, die eine Stress auslösendeWirkung begünstigen können (Eppel, 2007).
Auch Stächele und Volz (2013) unterstreichen, dass stressauslösende Bedingungen (Stressoren) eingrundsätzliches Stresspotenzial in sichbergen können. Inwieweit es zu Stress als Reaktion kommt, ist dabei maßgeblich vom Individuum bestimmt.
Bamberg unterscheidet bedingungsbezogene Stressfaktoren und personenbezogene Risikofaktoren sowie bedingungsbezogene und personenbezogene Ressourcen (siehe Abbildung 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie in Abbildung drei dargestellt, stehen die einzelnen Parameter in einer Interaktion miteinander, wobei die Folgen von Stress mit Stressoren, Risikofaktoren und bedingungsbezogenen sowie personenbezogenen Ressourcen in wechselseitiger Wirkung stehen und durch die Bewertungs- und Bewältigungsverfahren beeinflusst werden. Wie auch in dem transaktionalen Stressmodell nach Lazarus interagieren die Bewertungs- und Bewältigungsverfahren miteinander, wobei die Bewältigungsprozesse in Korrelation zu den Stressfolgen stehen und diese fördern, fallsdie Bewältigungsabläufe nicht greifen können (Bamberg et al., 2006).
Bedingungsbezogene Stressoren beschreiben Bamberg und MitarbeiterInnen (2006) grundsätzlich als Situationen und/ oder Ereignisse, die aus der Umwelt auf das Individuum einwirken. Im Rahmen der Arbeitspsychologie handelt es sich dabei um das Arbeitssetting, d. h. das unmittelbare Arbeitsumfeld, die Arbeitsaufgaben, - Bedingungen, - Organisation. Bamberg und MitarbeiterInnen (2006) benennen beispielhaft die Vielschichtigkeit der Aufgaben, der Organisation sowie ständige Arbeitsunterbrechungen und nicht zuletzt Probleme in der Kommunikation mit Arbeitskollegen und Kolleginnen. Die Belastungen von Lärm und andere Faktoren aus der Umgebung einfließend, sind ebenfalls nicht zu bagatellisieren (ebd.).
Im Vergleich dazu fokussieren sich die personenbezogenen Risikofaktoren auf Merkmale, die vom Individuum selbst abhängig sind und das Eintreten einer Stressreaktion beeinflussen. Dieses Eintreten einer Stressreaktion ist dabei von individuellen Gegebenheiten abhängig. Beispielhaft für personenbezogene Risikofaktoren sind biologische Voraussetzungen wie Alter und/oder Geschlecht oder auch physiologische Faktoren wie Krankheiten und/oder Ärger (ebd.).
Ein zweiter existenzieller Bereich des arbeitspsychologischen Modells sind die bedingungsbezogenen und personenbezogenen Ressourcen (ebd.). Als Ressourcen werden Mittel beschrieben, die verhelfen Anforderungen zu bewältigen, und das Erscheinen von Stressoren sowie ihre Auswirkungen zu verhindern (Zapf & Semmer, 2004, S.1042). Bereits in den ersten Modellen zur Gesundheit nach z. B. Antonovsky spielen die Ressourcen und ihre Wirkung eine enorm bedeutsame Rolle (Bamberg et al., 2003; Antonovsky, 1993; 1997). Die Unterscheidung nach internen und externen Ressourcen ist dabei sehr wichtig und stehen in Interaktion mit den Bewertungs- und Bewältigungsmöglichkeiten (Bamberg et al., 2006).
Bamberg verweist darauf, dass die bedingungsbezogenen Ressourcen, die durch das Arbeitsumfeld und die Arbeitsaufgabe, die Chance bieten, Risikofaktoren und Stressoren entgegenzusteuern (Bamberg et al. 2003; 2006).
Laut Bamberg und MitarbeiterInnen (2003) und Voltmer und Spahn (2009) zählen zu den wichtigsten Ressourcen im Arbeitssetting die Freiräume in der Gestaltung der Arbeit, die Selbstständigkeit innerhalb seines Berufes, ausreichende Arbeitspausen zur Regeneration sowie die Unterstützung aus dem sozialen Arbeitsumfeld. Letzteres wird zusammengefasst als Verhaltensweisen von Arbeitskollegen und Kolleginnen sowie ArbeitgeberInnen, die dem Individuum helfen, anstehende und als subjektiv bewertete schwierige Aufgaben zu meistern (Kienle et al. 2006).
Als personenbezogene Ressourcen werden wieder alle Merkmale verstanden, die auf das Individuum zurückzuführen sind (Bamberg et al. 2006). Demnach spielen vor allem die innere Einstellung, Motivation und Zuversicht sowie Kompetenzen eine große Rolle bei dem Umgang mit Anforderungen und können dabei helfen, mögliche Reaktionen auf Stress vorzubeugen (Bamberg et al. 2006; 2003; Greif et al. 1991).
Nach Bamberg sind folgende kurz- und langfristige Folgen von Stress in der nachfolgenden Tabelle erkennbar. Hierbei unterscheiden Bamberg und MitarbeiterInnen (2006) je nach Schwere der Ausprägung in folgende Kategorien: somatische, kognitive und emotionale Folgen von Stress bis hin zu Verhaltensveränderungen des Individuums als Folge von Stress.
Tab. 1. Eigene Darstellung der kurz- und langfristigen Folgen von Stress (in Anlehnung an Bamberg et al., 2006, S.15)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Sporttreiben an sich hat eine stressorreduzierende und ressourcenstärkende Wirkung, da diese die Wahrscheinlichkeit des Auftretens chronischer Erkrankungen (physische und psychische) verringert (Rethorst et al., 2009). Die Stärkung der Ressource Selbstwirksamkeit wird positiv durch das Sporttreiben beschrieben (Fuchs & Klaperski, 2018).
2.4 Anforderungs- Ressourcen- Modell nach Becker
Becker (2003) verbindet in seinem Stressbewältigungsmodell (SAR- Modell) salutogenetische Ansätze mit ressourcenorientierten Perspektiven.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Innerhalb des SAR- Modells wird die Entwicklung von „[.] Gesundheit mit der Bewältigung externer und interner psychosozialer und physischer Anforderungen mithilfe interner und externer psychosozialer und physischer Ressourcen in Verbindung gebracht“ (Becker, 2006, S.103). Als belastend werden vom Individuum Situationen empfunden, dessen Anforderungen zu hoch oder zu niedrig im Hinblick auf die vorhandenen Ressourcen sind und können somit negativesEmpfinden, sowie körperliche Reaktionen auslösen.
Demnach lässtsich die Positionierung auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum im Sinne Antonovsky, am Wohlbefinden des Individuums oder über das Berichten von Schmerzen, Erkrankungen der Organe oder der Erfüllung der sozialen Rolle erkennen (vgl. Becker, 1992). Zudem ist vor allem die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse des Individuums ein zentraler Faktor, der zum Gesundheitszustand des Individuums beiträgt (Becker, 2006, S. 209).
Da sich das SAR- Modell als systemtheoretisches Modell versteht, definiert Becker das Individuum sowie die Umwelt als vielschichtige und hierarchisch geordnete Systeme (ebd.).
Becker unterscheidet zwischen externen und internen Anforderungen. Externe Anforderungen sind Aufgaben, Forderungen, Wünsche und Erwartungen, die von außen an das Individuum gerichtet werden. Es können nach Becker auch Hindernisse sein, die sich dem handelnden Individuum in den Weg stellen und eine Anpassung erfordern (ebd., S.127). Becker benennt vier zentrale Kategorien der externen Anforderungen: Arbeit, Beruf und Ausbildung; Kernfamilie und Partnerschaft; Verwandtschaft und Freundeskreis und zuletzt die Kategorie sonstige Bereiche, wie z. B. Freizeitgestaltung oder Gruppenzugehörigkeit (ebd.).
Als interne Anforderungen versteht Becker (2006, S.111) Anforderungen, die vom Individuum ausgehen und sich auf Bedürfnisse oder erworbene Sollwerte beziehen. Demnach sind Bedürfnisse interne Anforderungen, die Ausdruck dessen sind, was das Individuum benötigt, um Wohlbefinden und Gesundheit zu erlangen.
Aufgrund der Sozialisation beschreibt Becker zwei Bereiche von Sollwerten: Die internen Anforderungen die sich auf die Ziele, Wünsche, Projekte und das Ich- Ideal beziehen, sowie die externen Anforderungen wie die sozialen Werte, Normen, Regeln und Vorschriften, folglich Becker (2006, S.121). Durch die starke Verinnerlichung von sozialen Normen und Werten innerhalb des Sozialisierungsprozesses des Individuums, werden diese vom Prinzip her externen Anforderungen zu internen Anforderungen. Diese benennt Becker demnach als „erworbene Sollwerte“ (ebd.).
Vermeidungsziele, also bestimmte Situationen, die das Individuum vermeiden oder verhindern möchte, gelten als negative Ziele (ebd., S.124).
Der grundlegende Gedanke Beckers bzw. dieses Modells beruht auf der Annahme, dass mithilfe der internen und externen Ressourcen, die, auf das Individuum wirkenden, internen und externen Anforderungen bewältigt werden können. Die Wirksamkeit der Ressourcen bestimmt somit den Gesundheitszustand des Individuums (ebd., S. 110).
Ressourcen definiert Becker als „[.] individuelle Eigenschaften [.], (die) auf die lebenden Systeme oder Systemelemente im Bedarfsfall zurückgreifen können, um mit ihrer Hilfe externe oder interne Anforderungen zu bewältigen. Da lebende Systeme oder Systemelemente (Subsysteme) auf Ressourcen aus der Umwelt angewiesen sind, stellen sie wechselseitig Anforderungen aneinander und tauschen gegenseitig Ressourcen aus.“ (ebd., S.133).
Als externe Ressourcen versteht Becker demnach grundlegende Ressourcen aus der Umwelt, wie z. B. Ressourcen zur Lebenserhaltung (Nahrung etc.). Bleiben diese aus, so wirkt sich dies unmittelbar auf die physische und psychische Gesundheit des Individuums aus (vgl. ebd., S.133).
Das Bedürfnis nach „Achtung und Wertschätzung“ kann im Bereich des LehrerInnenberufes durch die Ressource des Kollegiums oder der Schulleitung in Form von entgegengebrachter Wertschätzung befriedigt werden (ebd., S.134).
Interne Ressourcen „[.] verstehen wir als psychosoziale und physische Merkmale einer Person, die sich als vorteilhaft erweisen, weil sie es erleichtern, externe und interne Anforderungen zu bewältigen und externe Ressourcen zu erwerben oder zu bewahren“ (ebd., S. 137).
Becker unterscheidet bei den internen Ressourcen in psychosozialen Ressourcen, die zum einen die kognitiven Ressourcen (Wissen, Intelligenz oder besondere Fertigkeiten) beinhalten und zum anderen Persönlichkeitseigenschaften, die die soziale Rolle und Positionen beinhalten.
Physische Ressourcen (Fitness und der allgemeine körperliche und gesundheitliche Zustand des Individuums und die Belastungsfähigkeit) stellen den zweiten Teil der inneren Ressourcen dar (vgl. ebd., S.137).
Im Sinne des SAR- Modells lässt sich die Verbesserung von Gesundheit ausgehend der Anforderungen sowie Ressourcen steuern: Die Anpassung von externen Anforderungen z.B. die Verringerung von arbeitsbezogenen Stressoren sowie die Anpassung interner Anforderungen z.B. Vermeidung von Über- oder Unterbelastung (durch beispielsweise mangelnde Bewegung oder ungesunder Ernährung) können zu einem verbesserten Gesundheitszustand des Individuums beitragen (ebd.).
Die Nutzung von externen Ressourcen, wie z. B. soziale Unterstützung im Kollegium oder auch durch die Familie sowie die Erweiterung der internen Ressourcen, wie z. B. Verbesserung der körperlichen Fitness oder auch Verbesserung des beruflichen Wissens durch Fortbildungen, ermöglichen ein Justieren des eigenen Gesundheitszustandes (ebd.).
Zur betrieblichen Gesundheitsförderung benennt Becker zentrale Bedürfnisse, die am Arbeitsplatz durch vorhandene Ressourcen befriedigt werden sollen: Physiologische Bedürfnisse wie u. a. Erholungspausen und Bewegungsangebote, Explorationsbedürfnis, Selbstaktualisierungsbedürfnis, Bedürfnis nach Orientierung, Sicherheit und Kontrolle, Bedürfnis nach Achtung und Wertschätzung sowie Bindungen und guten Beziehungen wie z.B. u. a. ein gutes Arbeitsklima (Becker, 2006).
2.5 Zusammenfassung der Erkenntnisse aus den vorliegenden Modellen
In den zugrunde liegenden Modellen ist die Betrachtung eines ganzheitlichen und positiven Gesundheitsbegriffes zu erkennen, der sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt und verfestigt hat (Herzog et al., 2021, S.11).
Dadurch, dass das Thema Gesundheit Gegenstand verschiedener Disziplinen ist, wird sie auch unterschiedlich versucht zu definieren. In Anlehnung an die Definition(- en) der WHO herrscht Konsens darüber, dass der Begriff der Gesundheit die körperlichen, seelisch-geistigen und sozialen Aspekte, die sich wechselseitig beeinflussen, einschließt und dass Gesundheit als ein Prozess verstanden wird, der immer wieder neu ausgerichtet werden muss und in dem die subjektive Bewertung des Individuums eine bedeutsame Rolle spielt. Dies ist auch in den vier vorliegenden Theorien und Modellen zu erkennen.
Mit Gesundheit wird bei allen vorgestellten Modellen der Zustand des Wohlbefindens beschrieben, als eine Balance in körperlichen, seelischen, sozialen Bereichen. Ist diese Balance hergestellt, so kann das Individuum hieraus Kraft und Energie schöpfen und sowohl innere als auch äußere Anforderungen bewältigen.
Als psychische Gesundheit versteht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen „[...] Zustand des Wohlbefindens, in dem der Einzelne seine Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen und produktiv und fruchtbar arbeiten kann und imstande ist, etwas zu seiner Gemeinschaft beizutragen“ (WHO, 2007). Außerdem betont sie, dass die psychische Gesundheit als Bedingung von Gesundheit anzusehen ist: „There is no health without mental health" (WHO 2018). Somit werden in Anbetracht der Forschungen unter dem Begriff Gesundheit beide Komponenten untersucht. Das Konzept der Gesundheit ist demnach ein grundlegend positives, das vor allem die Ressourcen des Individuums betont (WHO 1986).
3 Anforderungen und Ressourcen im LehrerInnenberuf
Mit Hilfe des Anforderungs- Ressourcen Modells (SAR- Modell) nach Becker (2003), das bereits im vorherigen Kapitel zwei dargestellt und erläutert wurde, und zur Verfügung stehender Studien sollen die Anforderungen und Ressourcen spezifisch für den LehrerInnenberuf transparent gemacht werden, um darauffolgend eine Spezifizierung hinsichtlich der Anforderungen und Ressourcen von Lehrkräften mit dem Unterrichtsfach Sport aufzuzeigen.
Externe Anforderungen, die auch in der LehrerInnengesundheitsforschung als Stressoren bezeichnet werden, sind sehr vielfältig und vielschichtig, jedoch herrscht durch verschiedene Studien wie u. a. die von Ksienzyk und Schaarschmidt (2005) Einigkeit darüber, dass vor allem der Umgang mit undisziplinierten und demotivierten SchülerInnen ein ganz bedeutsamer und vielfach nachzuweisender Belastungsfaktor ist (Wesselborg, 2015, S.52). Die Breite der zu erfassenden Stressoren ist, je nach Studie, weit gefasst, sodass auch Faktoren wie Lärm, Konflikte mit den Eltern der SchülerInnen sowie die Anzahl der zu unterrichtenden SchülerInnen wichtige Faktoren im Belastungserleben der Lehrkräfte darstellen (ebd.).
Kyriacou (2001, S. 29) erforscht in seinen Studien umfangreich die Stressoren im LehrerInnenberuf, die er folgendermaßen zusammenfasst: das Unterrichten von Schülern mit mangelnder Motivation, die Aufrechterhaltung der Disziplin, der Zeitdruck und die Arbeitsbelastung, Veränderungen bewältigen, von anderen bewertet werden, der Umgang mit der Kollegschaft, das Selbstwertgefühl und der Status, die Verwaltung und das Management, der Rollenkonflikt und die Mehrdeutigkeit und die schlechten Arbeitsbedingungen (übersetzt in das Deutsche). Die LehrerInnengesundheitsforschung ist tendenziell eher belastungsorientiert geprägt, sodass diese Forschungen wenig im Sinne Antonovsky salutogenetisch ausgerichtet sind und es nur eine geringe Anzahl an Forschungen gibt, die sich mit den gesundheitsfördernden Aspekten auseinandersetzen. Hierzu zählen jedoch die Studien von u. a. Nübling und MitarbeiterInnen (2012), die in einer sehr umfangreich angelegten Studie mit insgesamt 54.066 Lehrkräften die Arbeitszufriedenheit und Gesundheit derer untersuchen. Als mögliche Ressourcen ermitteln sie die hohe Führungsqualität, das Gemeinschaftsgefühl, unterstützende Konferenzen und Besprechungen, gemeinsame pädagogische Vorstellungen sowie die Bedeutung der Arbeit (zitiert nach Wesselborg, 2015, S. 52). Zum Thema psychische Gesundheit im LehrerInnenberuf führt die DAK und Leuphana Universität (2011) eine Studie durch und kann folgende mögliche Ressourcen nachweisen: Unterstützung in Familie und Partnerschaft, Rückmeldung von der Schulleitung, effizientes Schulmanagement, mitarbeiterorientiertes Führungsverhalten der Schulleitung, soziale Unterstützung im Kollegium, Zusammenarbeit bei Unterrichtsvorbereitung sowie Konsensorientierung der Lehrkräfte.
Unterbrink und MitarbeiterInnen (2008) untersuchen die externen Stressoren sowie Ressourcen, die sich nach dessen Ergebnissen vor allem in der LehrerIn-SchülerInBeziehung widerspiegeln. Dabei sollen arbeitsbezogene Einflüsse wie z. B. das Feedback und die Interaktion von SchülerInnen und Eltern, sowie Kollegen und Kolleginnen im Hinblick auf die LehrerInnengesundheit gemessen werden. Dabei zeigt sich, dass abwertendes Verhalten der SchülerInnen sowie Eltern die LehrerInnengesundheit am stärksten negativ beeinflussen (Wesselborg, 2015, S.53). Aus der salutogenetischen Sichtweise zeigt die Studie jedoch, dass die Rückmeldungen der SchülerInnen und Eltern, wenn diese positiv ausfielen, eine wichtige externe Ressource bilden und einen schützenden Faktor darstellt (ebd.).
So verweisen Unterbrink und MitarbeiterInnen (2008, S.120) explizit auf die Wichtigkeit der externen Ressource in Form der sozialen Unterstützung. So benennen sie das Klima im Kollegium sowie die soziale Unterstützung seitens der Schulleitungen als ausschlaggebend für die Gesundheit der Lehrkräfte (vgl. ebd.). Schönwälder und MitarbeiterInnen (2003) befassen sich mit der Untersuchung der psychophysischen Gesundheitsverfassung der Lehrkräfte und untersuchen dabei u. a. die Arbeitsbedingungen im Schulalltag als externe Anforderung und deren Auswirkungen auf die Gesundheit. Im Rahmen der Studie wird demnach festgestellt, dass im Verlauf des Schulalltages die Erschöpfung der Lehrkräfte zunimmt (vgl. ebd., 2003, S. 125). So bilanziert er ebenfalls, dass die Pausen keine Zeit zur Erholung bieten, „dafür mögen bestimmte körperliche Aktivitäten (Ortswechsel) zu diesen Zeiten verantwortlich sein; in keinem Fall jedoch sind die Pausen Zeiten größerer psychophysischer Entspannung“ (ebd., S. 124). Als wichtiger und nennenswerter Faktor der empfundenen Belastungen wird der Lärmpegel innerhalb des Unterrichtes genannt, denn „bemerkenswert ist [...], dass der Idealwert von 55 dB in der Regel überschritten und z. T. mit Spitzenwerten von 80 und 90 dB deutlich überschritten wird“ (ebd., S.154). In Bezug auf die Belastungsfaktoren untersuchen Schönwälder und MitarbeiterInnen jedoch ebenso die möglichen Ressourcen und bilanzieren folgende: Arbeit mit SchülerInnen im Unterricht, Gestaltungsspielraum in der pädagogischen Arbeit, Entwicklung von SchülerInnen zu Persönlichkeiten sowie die Lernfortschritte der SchülerInnen.
Die Arbeitszeit von Lehrkräften wird in zahlreichen Studien ebenfalls als externe Anforderung betrachtet und untersucht. So stellen Heitzmann, Kieschke und Schaarschmidt (2007, S.67) fest, dass Lehrkräfte mit einem vollen Deputat 52,9 Wochenstunden erreichen (Wesselborg, 2015, S. 56). Auffälligerweise erreichen selbst Lehrkräfte, die ihr Deputat gekürzt haben, eine Wochenstundenzahl von 42,8 Stunden pro Woche, dass bedeutet, dass trotz der Reduzierung der Wochenstunden keine analoge zeitliche Entlastung folgt (ebd.; Ksienzyk & Schaarschmidt 2005, S. 76).
Die nachfolgenden Studien und Studienergebnisse beziehen sich dabei auf die internen, also vom Individuum selbst ausgehenden Anforderungen und Ressourcen. In der umfangreichen Potsdamer Lehrerstudie von Schaarschmidt und MitarbeiterInnen im Jahr 2005 wird das arbeitsbezogene Verhalten und Erleben von Lehrkräften mit dem Instrument „AVEM“ untersucht, der aus einem Fragebogen besteht und aus dessen Antwortverhalten der Befragten sich verschiedene Muster ergeben. Es ist demnach ein Instrument zur Erfassung der Persönlichkeitsmerkmale, die in der LehrerInnengesundheitsforschung als interne Anforderungen und Ressourcen betrachtet werden. Deshalb findet sich das Instrument AVEM in zahlreichen Studien der Lehrergesundheitsforschung wieder, jedoch weist es je nach Stichprobe große Unterschiede auf (Wesselborg, 2015, S. 58).
Weitere interne Anforderungen und Ressourcen werden u. a. von Unterbrink und MitarbeiterInnen (2010) festgestellt, denn durch Coaching Konzepte, die sich vor allem mit der LehrerIn- SchülerIn- Beziehung auseinandersetzen, können sich signifikante Werte auf einer Gesundheitsskala feststellen lassen (ebd., S.59).
Als eine der einflussreichsten internen Ressourcen gilt die Selbstwirksamkei t (ebd.). Die Studie von Schmitz (2001) versucht dabei, die Bedeutung der Selbstwirksamkeit im Hinblick auf die Burnout Symptomatik zu erforschen. So zeigt sich, dass die Selbstwirksamkeitserwartung eine bedeutsame Gesundheitsrelevanz und präventive Wirkung gegenüber Burnout besitzt (Wesselborg, 2015, S. 59). Bemerkenswerte Ergebnisse lassen sich auch hinsichtlich der erlebten Erschöpfung, die mit Zunahme der Selbstwirksamkeit verringert werden kann, darlegen (vgl. Schmitz 2001, S. 53). Des Weiteren werden Aspekte wie Humor (Gröschel 1980; Kassner 2002; Katschnig 2004) und auch die Klassenführung (Winkelmann & Gienke 2007; Sharp & Forman 1985) innerhalb mehrerer durchgeführter Studien in unterschiedlichen Kontexten nachgewiesen und sind somit als mögliche Ressourcen zur gesundheitserhaltenden- sowie fördernden Wirkung der Lehrkräfte anzusehen (Wesselborg, 2015, S. 58). Becker, dessen SAR- Modell zur Erklärung von Gesundheit zuvor erläutert wurde, untersucht in einer eigenen Studie (2006) das Zusammenwirken von Persönlichkeitsmerkmalen, Stress, Defiziten in der Bedürfnisbefriedigung und der Gesundheit. Dabei stellt er die Bedeutsamkeit der emotionalen Intelligenz sowie der Verbesserung der externen Ressourcen in den Fokus.
So zeigt sich in den empirischen Ergebnissen, „[...] dass sich Lehrkräfte (insbesondere Lehrerinnen) im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung gehäuft überlastet und überfordert fühlen, über mangelnde Anerkennung klagen und dass sie unter erhöhter Symptombelastung leiden.“ (Becker, 2006a, S.81). Er spricht somit der emotionalen Intelligenz eine hohe Bedeutsamkeit zu, da diese eine „[.] wichtige interne psychische Ressource und gesundheitlicher Schutzfaktor [.]“ zu sein scheint (ebd., S. 94).
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- Viktoria Gottlieb (Author), 2022, Gesundheit im Lehrerberuf. Eine systematische Literaturrecherche unter besonderer Berücksichtigung des Faches Sport, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1236482
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