Der kooperative Unterricht schafft eine Verbindung vom Verständnis der Gemeinde als Leib Christi. Wie in der Gemeinde sind die Gaben und Begabungen des Einzelnen im Unterricht unentbehrlich. Die Methode der 'Inszenierungen' kann dieser Aufgabe gerecht werden, da jeder Schüler integriert werden kann. Vielen psychische Bedürfnissen wird nachgegangen, indem u.a. die Möglichkeit zu Kontakt, Gespräch, Anerkennung und Erfolg besteht. Auch ist es möglich, durch diese Vorgehensweise dem Klima aggressiver Gewalt entgegenzuwirken. Didaktisch gesehen, ist der Wechsel der Arbeits- und Sozialform von großem Vorteil und trägt zur Motivation bei. Dem Schüler kann eine Simulation, wie ich sie in dieser Arbeit beschrieben habe, zum Umdenken helfen, da er sich emotional und am eigenen Leib in eine andere, vielleicht fremde Rolle hineinversetzt.
Gliederung
1. 'DDR' in der Schule – Thema der Christentumsgeschichte
2. Inszenierungen im Kontext der methodischen Kompendien
2.1 'Inszenierung' als gruppenorientierte Arbeitsweise
2.2 'Inszenierung' als Rollen-Spiel
3. 'Unterricht in der DDR' – ein Inszenierungsbeispiel
3.1 methodische Herangehensweise
3.2 Aufbau, Inhalt und Zielsetzung der Simulation
3.2.1 Regeln für Lehrer und Schüler
3.2.2 Zielsetzung
3.2.3 Die 'Internationale'
3.2.4 'Zehn Gebote des Sozialismus'
3.3 Position des Themas in den Rahmenrichtlinien
4. Chancen und Grenzen von 'Inszenierungen' im Unterricht
5. Literaturangaben
1. 'DDR' in der Schule – Thema der Christentumsgeschichte
Inwieweit das Christentum unsere heutige Zeit noch immer prägt und mitgestaltet, ist den wenigsten Menschen bewusst. Sei es in den Grundgesetzen, in der Architektur oder in der Kunst: überall lassen sich beim intensiven Betrachten der Dinge Einflüsse der christlichen Konfessionen entdecken. Vor allem in der Schule ist es unabdingbar, darauf hinzuweisen, dass das Thema Kirchengeschichte bzw. historische Theologie keinesfalls nur historisch anzusehen ist. Immernoch und aktuell leben wir in den von der Kirche geprägten Traditionen. Wenn es gelingen kann, den Schülern ein Gespür zu vermitteln, zu Begreifen, dass vieles, was uns heute umgibt, seine Wurzeln in längst vergangenen Zeiten besitzt, kann das Interesse geweckt sein, das 'Heute' besser verstehen zu wollen, indem man sich mit der Vergangenheit beschäftigt. Kann man sich auf die Kirchengeschichte einlassen, erweitert sich der Blick auf andere Religionen, lässt sich eventuell die seelsorgerische Dimension in der Kirche entdecken, die reagiert auf das erfahrene Leid der Vergangenheit und Gegenwart, lassen sich Zeitzeugenberichte besser verstehen, auch die unserer Eltern, die Erfahrungen machten, die der jetzigen Generation schon völlig fremd sind, und vieles mehr. Der Begriff 'Kirchengeschichte' scheint etwas trügerisch, da es den Anschein macht, es gehe nur um die Geschichte der Kirche. Die erwähnten Möglichkeiten der Erfahrungen bei der Beschäftigung mit ihr zeigen jedoch bereits schon hier, dass es noch viel mehr zu lernen gibt. Als eine ganze Epoche der Theologie mit den Auswirkungen auf das Leben, Fühlen und Handeln der Menschen damals und heute verstanden, wären die Inhalte der Kirchengeschichte vielleicht besser mit dem Begriff der „Christentumsgeschichte“ umschrieben.[1]
Um im Religionsunterricht einen Überblick über die ekklesiologische Dimension, welche die Bedeutung der Kirche und deren Aufgaben in der Welt beinhaltet, geben zu können, wird die Kirchengeschichte (auch generell) in fünf Perioden unterteilt, die je nach Alter, Reife und Interesse der Schüler und Intentionen des Lehrers in den verschiedenen Jahrgangsstufen behandelt werden sollen: 1. Alte Kirche, 2. Mittelalter, 3. Reformation und Gegenreformation, 4. Neuzeit und 5. Kirchliche Zeitgeschichte.[2]
In dieser Arbeit wird das Themengebiet „Kirchliche Zeitgeschichte“, welches nach Gause die Geschichte der Ökumenischen Bewegung, die Didaktische Theologie, die Kirche im Nationalsozialismus, in der DDR und der Bundesrepublik nach 1945 beinhaltet,[3] genauer unter der Betrachtung der DDR-Geschichte untersucht werden. Diese Zeit des staatlich verordneten Atheismus und der Verdrängung der Öffentlichkeitsrolle der Kirche aus Schulen und Institutionen bis hin zum Schulverbot des Religionsunterrichts 1953, bietet den Schülern und den Lehrern einen interessanten aber auch schwierig zu behandelnden Lernbereich.[4] Die unbedingte Beschäftigung mit diesem Thema lässt sich anhand mehrerer Argumente rechtfertigen: Der Religionsunterricht kann damit zum besseren Verständnis zwischen den alten und neuen Bundesländern beitragen. Auch kann entdeckt werden, dass die christliche Kirche einen wichtigen Beitrag zum Zustandekommen der deutschen Wiedervereinigung geleistet hat.[5]
Allein diese zwei Beispiele zeigen aber bereits, dass sehr sensibel und vorsichtig mit diesem Thema umgegangen werden muss. Der Lehrer muss damit rechnen, dass nur wenige Vorkenntnisse der Schüler vorauszusetzen sind, zumal die DDR-Zeit im Geschichtsunterricht erst in der Klasse 10 vorgesehen ist. Daher sollten möglichst jugendnahe Zugänge z.B. aus den Alltagserfahrungen der Schüler gesucht werden. Manfred Pirner bietet einige thematische Möglichkeiten zur Herangehensweise an: 'Jugendliche in Ost und West in ihrer Einstellung zu Religion und Christentum'; 'eine Gegenüberstellung von Jugendweihe und Konfirmation'; 'jugendliches Engagement führt zur politischen Wende' und 'die Diskriminierung jugendlicher Christen in der DDR'.[6] Was hierbei der Sekundarstufe I zugeordnet wird, gilt auch der Sekundarstufe II mit dem Unterschied einer intensiveren und grundsätzlicheren Auseinandersetzung mit diesem Thema.[7] Sucht man in den Rahmenrichtlinien Sachsen Anhalts, findet man allerdings nur unter Lernfeld 6 der 9.Klasse den Inhalt „Kirchen in der DDR“.[8] Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Lehrer nicht Inhalte nach eigenem Ermessen hinzufügen kann und diesen Lerninhalt nicht auch in anderen Klassenstufen ergänzend wählen darf.[9] Dennoch habe ich mich exemplarisch in der Ausführung dieser Arbeit für die Jahrgangsstufe 9 entschieden, wie es auch die Rahmenrichtlinien vorgeben.
Ein weiteres Problem zeigt sich bei der Literaturrecherche. Bisher gibt es kaum Unterrichtsmodelle, didaktische Überlegungen und aufbereitete Medien und Materialien zu diesem Themenbereich zu finden.[10] Daher liegt es in der Hand und Verantwortung des Lehrers den Unterricht gut und interessant zu gestalten. Weitere Chancen und Grenzen bezüglich dieser Thematik und auch eine Möglichkeit der didaktischen Aufbereitung im Unterricht und dessen Vor-und Nachteile werden im weiteren Verlauf der Arbeit vorgestellt werden.
2. Inszenierungen im Kontext der methodischen Kompendien
Das interessanteste Thema in der Behandlung im Unterricht bringt dennoch nichts, solange es nicht methodisch gut aufbereitet ist. Eine Unzahl an didaktischer Literatur trifft Empfehlungen, gibt Vorschläge und Kritik zur Wahl der Gestaltungsmöglichkeiten im Unterricht. Christian Grethlein beispielsweise stellt zehn Grundregeln auf, die sich allesamt um dieses Thema bewegen. Gleich zu Beginn betont er die Bedeutung der methodischen Abwechslung in einer Stunde bzw. im Gesamtaufbau der Unterrichtseinheit.[11] Dass es neben dem aus eigener Erfahrung heraus so häufig kritisierten Frontalunterricht auch andere Möglichkeiten gibt, den Schülern einen interessanten, lehrhaltigen Unterricht zu bieten, der dazu auch noch ein wenig Freude macht, soll in diesem Kapitel die Vorstellung der Methode der 'Inszenierungen' verdeutlichen.
2.1 'Inszenierung' als gruppenorientierte Arbeitsweise
Inszenierung- ein Wort, was jedem bekannt sein dürfte. Dennoch taucht es in den verschiedensten Methodenbüchern nicht auf. Schlägt man nach, lässt sich erkennen, dass sich die Inszenierung eher auf das Vorbereiten, Einstudieren und künstlerische Gestalten bei Theater, Film und Fernsehen bezieht, als auf den Unterricht.[12] Bezieht man diese Definition auf das schulische Geschehen, lassen sich unter dem Begriff der Inszenierung sämtliche Methoden vereinen, die dem Schüler in einer gruppenorientierten Arbeitsweise eine künstlerisch freie Tätigkeit ermöglichen.
Auch wenn sich keine direkten Informationen zur Methode der 'Inszenierung' finden lassen, lassen sich meiner Meinung nach die Aussagen über gruppenorientierte Arbeitsweisen darauf übertragen. Unter gruppenorientierten Arbeitsweisen versteht man zum einen die traditionelle Gruppenarbeit und das Schülergespräch, also Arbeitsweisen, bei denen Gruppenbeziehungen und Interaktion im Vordergrund stehen. Dann gibt es aber auch den Bereich, in dem die Gruppe und ihre Identität Ziele des Lernprozesses sind, also z.B. psychagogische und Kommunikations- Übungen. Diese Methodik setzt voraus, dass sich die Schulklasse als sozialer Verband versteht, wobei jedoch darauf geachtet werden muss, dass die einzelnen Schüler sich nicht durch eine freie Entscheidung oder nach Interesse zusammengefunden haben, sondern aufgrund von externen Bestimmungen, wie die allgemeine Schulpflicht oder durch eine Zufälligkeit der Klassenzuordnung. Daher muss der Lehrer im Unterrichtsgeschehen gut auf die jeweilige Situation eingehen und die Grenzen der Schüler beachten, sodass sich im Endeffekt jeder Schüler der Gruppe dazugehörig fühlen kann.[13]
Neben dem Frontalunterricht, der individuellen und Partner- Arbeit ist der Gruppenunterricht seit den Anfängen des 20.Jahrhunderts Hauptinteresse der Reformpädagogen. Die Gemeinschaftserziehung soll auf ein freientfaltetes Lernen von- und miteinander zielen, soll helfen Teamgeist zu entwickeln, Selbstständigkeit und Eigenständigkeit fördern. Diese Interessen erinnern im Bereich des Religionsunterrichtes zudem an die Gemeinschaftsfähigkeit, wie es auch der christliche Glaube von den Menschen will. Dennoch wurde dieses optimistische Menschenbild, welches zur Autonomie strebt, oft von Seiten der Kirche kritisiert. Sollen wir nicht eher das tun, was Gott von uns will, als eigenständig zu handeln? Christine Reents sieht diese angedachte Sünde jedoch eher in der Isolation als in der Autonomiebestrebung des Menschen.[14] Im Religionsunterricht kann genau das versucht werden: die Schüler in ihrem eigenständigen Sein zu fördern, um dem christlichen Anspruch im Unterricht gerecht zu werden: „Ein RU, der sich auf Jesus beruft und christlicher Tradition verpflichtet ist, muß seinen Teil dazu beitragen, daß die Menschen einander 'sehen', annehmen und lieben können, sich beistehen, sich gegenseitig helfen, sich aber auch korrigieren.“[15]
2.2 'Inszenierung' als Rollen-Spiel
Eine weitere Möglichkeit der didaktischen Zuordnung der 'Inszenierung' bietet der Bereich der 'Spielformen'. Das Spiel ermöglicht dem Schüler ganzheitliche, den Verstand und die Gefühle betreffende Erfahrungen, die ebenfalls zur Verbesserung de Gemeinschaftsgefühls beitragen sollen und, was auch von großer Bedeutung für die Schüler ist: die Chance, Spannungen zu verarbeiten, die sich im Unterricht entwickeln oder zwischen Schüler und Schüler oder Schüler und Lehrer bestehen können. Kritische Köpfe könnten einwenden, dass das Spiel im Unterricht keinen Platz haben darf, da der junge Mensch zum Lernen in die Schule geht und am Nachmittag mit Freunden spielen kann. Viele Gründe aber sprechen dafür, dass das spielerische Lernen großen Erfolg gerade im Unterricht erreichen kann: Spiele bieten eine Abwechslung vom eintönigen Alltag; verschiedene Lerntypen können integriert werden und sich untereinander ergänzen; die Kommunikation und die Beziehung untereinander können verbessert werden; die soziale Intelligenz wird gefördert, indem Regeln ausgemacht werden und einzuhalten sind; die Autonomie der Schülerpersönlichkeiten wird gestärkt und vieles mehr. Die Ganzheit dieser Methode, indem Artikulation, Bewegung, Ausdruck, Gestaltung und Darstellung zum Einsatz kommen, bildet einen reichen Erfahrungsschatz für die Lebenswelt der Schüler.[16]
[...]
[1] Vgl. Gause, S.173-174.
[2] Gause, S. 176. Vgl. Rahmenrichtlinien S. 10 f. (Seitenangaben der Rahmenrichtlinien richten sich nach der ausgedruckten Fassung.)
[3] ebd.
[4] Vgl. Gause, S. 192-194. Siehe auch Pirner, S. 326-334.
[5] Vgl. Pirner, S. 325 f.
[6] Vgl. Pirner, S. 336-340.
[7] Vgl. Pirner, S. 340.
[8] Vgl. Rahmenrichtlinien, S. 90.
[9] Vgl. Rahmenrichtlinien, S. 9 f.
[10] Vgl. Pirner, S. 325 und 341.
[11] Vgl. Grethlein, S. 10-12.
[12] Wermke (u.a.), S. 447.
[13] Vgl. Korherr, S. 58-59.
[14] Vgl. Reents, S. 56-60.
[15] Korherr, S. 58, zitiert nach O. Betz.
[16] Vgl. Bruderer, S. 53. Siehe auch Müller, S. 249-251.
- Arbeit zitieren
- Viktoria Stöbe (Autor:in), 2009, Chancen und Grenzen von Inszenierungen als Zugang zum Thema "Kirche in der DDR" im evangelischen Religionsunterricht der Klassenstufe 9, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123644
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