Diese Arbeit soll einen Beitrag zur Umsetzung des Themas „Arbeitswelt im Wandel“ hinsichtlich der Technologisierung, Automatisierung und Rationalisierung mit Hilfe des historisch-genetischen Lernens im Unterricht der Klassenstufe 9 oder 10 leisten.
Im ersten Abschnitt werden vorab zentrale Begriffe aus den Bereichen des historisch-genetischen Lernens und der Arbeitswelt geklärt. Zunächst handelt es sich um eine Präzisierung des historisch-genetischen Lernens, den Begriff der Arbeit, die Bedeutung der Arbeit in unserer Gesellschaft und eine historische Betrachtung unserer Arbeitswelt hinsichtlich der Technologisierung, der Automatisierung und der Rationalisierung.
Anschließend soll vor dem praktischen Teil im zweiten Abschnitt die Bedeutung der Arbeit im Unterrichtsfach Arbeitslehre und die Implementierung des Themas „Arbeitswelt im Wandel“ in den Rahmenlehrplänen Wirtschaft-Arbeit-Technik der Primarstufe und der Sekundarstufe I des Landes Brandenburgs untersucht werden.
Die oben beschriebene Umsetzung des Themas „Arbeitswelt im Wandel“ erfolgt exemplarisch anhand des Spargelanbaus, der Spargelernte, der Spargelaufbereitung und der Spargelverwertung. Der Anbau des Spargels nimmt im Land Brandenburg immer mehr an Bedeutung zu, was sich zum Beispiel in der Ausbreitung der Spargelanbauflächen und der in Deutschland überall bekannten Marke „Beelitzer Spargel“ widerspiegelt. Der Spargelanbau durchlief im Laufe von Jahrhunderten eine technische und gesellschaftliche Entwicklung, die in der Unterrichtsanregung „Der Spargel im Wandel der Zeit“ aufgegriffen werden soll. Innerhalb dieses Abschnittes werden die Mensch-Technik-Beziehung und die Ersetzung der lebendigen Arbeit durch die Technik hervorgehoben. Für den Lehrer werden dabei alle nötigen Sachinformationen sowie eine mögliche methodische Umsetzung im Unterricht bereitgestellt. Letztere soll keineswegs eine bindende Richtlinie darstellen, sondern eine Anregung von vielen Umsetzungsmöglichkeiten im Unterricht darstellen. Arbeitsmaterialien wie Kopiervorlagen von Texten und Aufgabenblätter ergänzen die methodisch-didaktischen Hinweise, die sich, wie auch die aufgeführten Kompetenzen, an den Rahmenlehrplan Wirtschaft-Arbeit-Technik der Sekundarstufe I des Landes Brandenburgs anlehnen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Abschnitt I: Theoretische Vorüberlegungen und Begriffsklärung
1.1 Historisch-genetisches Lernen – Begrifflichkeiten
1.2 Der Begriff „Arbeit“
1.3 Die Bedeutung der Arbeit in unserer Gesellschaft
1.4 Die Arbeitswelt im Wandel hinsichtlich Technologisierung, Automatisierung und Rationalisierung
2. Abschnitt II: Ein Beitrag zum historisch-genetischen Lernen im Unterrichtsfach Arbeitslehre
2.1 Die Bedeutung der Arbeit im Unterrichtsfach Arbeitslehre
2.2 Aussagen zur Arbeitswelt im Rahmenlehrplan Wirtschaft-Arbeit-Technik der Primarstufe und der Sekundarstufe I des Landes Brandenburg
2.3 „Der Spargel im Wandel der Zeit“ – eine Unterrichtsanregung
2.3.1 Anbau des Spargels
2.3.2 Ernte des Spargels
2.3.3 Aufbereitung des Spargels
2.3.4 Verwertung des Spargels
2.3.5 Kompetenzen
2.3.6 Methodisch-didaktische Hinweise
Resümee und Ausblick
Literaturverzeichnis
Einleitung
„Die Dynamik des Wandels der Arbeits- und Wirtschaftswelt entsteht durch das Zusammenwirken von Wirtschaftlichkeitsprinzip und technischen bzw. organisatorischen Innovationen. Dieser Wandel erfasst die überschaubaren Lebensbereiche und die Grundlagen der Gesellschaft. Eine Aufklärung über die Wandlungsprozesse erfordert ein „Lernen an der Zukunft" (historisch-genetischer Ansatz, Analyse und Entwicklung von Trends und Prognosen) wie eine Auseinandersetzung mit ethischen Ansprüchen an eine von Menschen gestaltete Zukunft“ (MBJS 2002, S.33). Der Wandel der Arbeit vollzieht sich also ständig und ist multifaktoriell. Die Tatsache, ob ein Wandel in der Arbeitswelt existiert, warum er existiert und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen, werden bei den Schülern zunächst durch eigene Vorstellungen, eigene Erfahrungen und den Bedingungen, die sie in ihrer Lebenswelt vorfinden, geprägt sein. Diese Erfahrungen können von Schüler zu Schüler variieren und müssen nicht unbedingt ein realistisches Bild wiedergeben. In der Literatur wird immer wieder betont, dass der Bezug zur Lebenswelt und die Heimatverbundenheit motivierend auf die Schüler wirken können. Somit kann in einem Klassenverband gemeinsam ein realistisches Bild der Arbeitswelt wiedergegeben werden, um Konsequenzen und Handlungsmöglichkeiten für den zukünftigen Einstieg in die Arbeitswelt zu entwickeln. In der Literatur wird aber auch betont, dass dies nicht willkürlich, sondern exemplarisch umgesetzt werden soll. „Das exemplarische Betrachten ist das Gegenteil des Spezialistentums. Es will nicht vereinzeln; es sucht im Einzelnen das Ganze“ (Wagenschein 1992, S.32). Der letzte Satz Wagenscheins hat mich dazu bewegt, nach einem solchen Beispiel in meiner Heimat und meiner Lebenswelt des Landes Brandenburg zu suchen. Denn nach Wagenschein kann der tiefere Einblick in ein konkret ausgewähltes Beispiel so einiges hervorrufen, was durch ein oberflächliches behandeln eines Themas verlorengehen oder für die Schüler nicht einsehbar, begreifbar wäre (vgl. Wagenschein 1992, S.31-38).
Diese Arbeit soll einen Beitrag zur Umsetzung des Themas „Arbeitswelt im Wandel“ hinsichtlich der Technologisierung, Automatisierung und Rationalisierung mit Hilfe des historisch-genetischen Lernens im Unterricht der Klassenstufe 9 oder 10 leisten.
Im ersten Abschnitt werden vorab zentrale Begriffe aus den Bereichen des historisch- genetischen Lernens und der Arbeitswelt geklärt. Zunächst handelt es sich um eine Präzisierung des historisch-genetischen Lernens, den Begriff der Arbeit, die Bedeutung der Arbeit in unserer Gesellschaft und eine historische Betrachtung unserer Arbeitswelt hinsichtlich der Technologisierung, der Automatisierung und der Rationalisierung.
Anschließend soll vor dem praktischen Teil im zweiten Abschnitt die Bedeutung der Arbeit im Unterrichtsfach Arbeitslehre und die Implementierung des Themas „Arbeitswelt im Wandel“ in den Rahmenlehrplänen Wirtschaft-Arbeit-Technik der Primarstufe und der Sekundarstufe I des Landes Brandenburgs untersucht werden.
Die oben beschriebene Umsetzung des Themas „Arbeitswelt im Wandel“ erfolgt exemplarisch anhand des Spargelanbaus, der Spargelernte, der Spargelaufbereitung und der Spargelverwertung. Der Anbau des Spargels nimmt im Land Brandenburg immer mehr an Bedeutung zu, was sich zum Beispiel in der Ausbreitung der Spargelanbauflächen und der in Deutschland überall bekannten Marke „Beelitzer Spargel“ widerspiegelt. Der Spargelanbau durchlief im Laufe von Jahrhunderten eine technische und gesellschaftliche Entwicklung, die in der Unterrichtsanregung „Der Spargel im Wandel der Zeit“ aufgegriffen werden soll. Innerhalb dieses Abschnittes werden die Mensch-Technik-Beziehung und die Ersetzung der lebendigen Arbeit durch die Technik hervorgehoben. Für den Lehrer werden dabei alle nötigen Sachinformationen sowie eine mögliche methodische Umsetzung im Unterricht bereitgestellt. Letztere soll keineswegs eine bindende Richtlinie darstellen, sondern eine Anregung von vielen Umsetzungsmöglichkeiten im Unterricht darstellen. Arbeitsmaterialien wie Kopiervorlagen von Texten und Aufgabenblätter ergänzen die methodisch-didaktischen Hinweise, die sich, wie auch die aufgeführten Kompetenzen, an den Rahmenlehrplan Wirtschaft-Arbeit-Technik der Sekundarstufe I des Landes Brandenburgs anlehnen. Im Unterricht wurden die methodisch-didaktischen Hinweise sowie die Arbeitsmaterialien noch nicht erprobt.
Abschnitt I: Theoretische Vorüberlegungen und Begriffsklärung
1.1 Historisch-genetisches Lernen – Begrifflichkeiten
Bei meiner Literaturrecherche zum historisch-genetischen Lernen ging ich zunächst von einer allgemein gültigen Definition des historisch-genetischen Lernens aus. Es wurde dabei jedoch deutlich, dass es unterschiedliche Auffassungen zum historisch- genetischen Lernen gibt. Schlägt man im Lexikon nach, so findet man den Begriff historisch-genetisches Lernen nicht. Historisch als Bestandteil des Begriffs bedeutet so viel wie: „die Vergangenheit betreffend, geschichtlich; auch: für die Geschichte bedeutungsvoll“ (Brockhaus 1997, Zehntes Band. S.116). Genetisch wird von der Genese abgeleitet, die der Brockhaus allgemein als „[…] Entstehung, Entwicklung“ bezeichnet, wobei in der Philosophie und in den Sozialwissenschaften die Genese eine
„Bezeichnung für die Feststellung, die historische Rekonstruktion und die kritische Beurteilung die in der Gesellschaft befolgten Normen […]“ ist (Brockhaus 1997, Achtes Band. S.316). Wendet man dieses Verständnis der beiden Begriffe auf das historisch-genetische Lernen an, so könnte man meinen, dass der Lernende, anhand der historischen Entstehung und Entwicklung eines technischen Gebildes und deren kritische Betrachtung für die jeweilige Gesellschaft, lernt.
In der fachdidaktischen Literatur findet man zum „historisch-genetischen Lernen“ verschiedene Begrifflichkeiten und Ansichten. So spricht z.B. Meschenmoser hinsichtlich historisch-genetischen Lernens von einem pädagogischen Ansatz, Duismann von einem fachdidaktischen Modell historisch-genetischer Orientierung, wohingegen Schütte von einer historisch-genetischen Methode spricht (vgl. Meschenmoser 2005, S.6; Duismann 2005, S.11 und Schütte 1981, S.33). Hüttner favorisiert hingegen eine Trennung zwischen logisch-historischer und der genetischen Lehrmethode (vgl. Hüttner 2005). Wobei hier nicht weiter auf die Unterschiede zwischen den Begriffen Methode, Modell, usw. eingegangen werden soll.
Diese verschiedenen Ansichten und Begrifflichkeiten haben trotzdem eines gemeinsam: der Lerninhalt (das technische Gebilde in der Technik, das Gesetz in der Naturwissenschaft,…) wird exemplarisch ausgewählt. Exemplarisch meint hier nicht die Vermittlung eines Objektes als ein Teil eines Ganzen, einer Stufe oder einer Vorstufe, sondern eine Art Schwerpunkt, indem die Beziehung zum Ganzen gesehen und erkannt werden kann (vgl. Wagenschein 1992, S. 32). Die Qualitäten des genetischen Lernens fasst Wagenschein zusammen: Unter anderem lehrt das genetische Lernen „[…] zuerst das produktive Suchen, Finden und das kritische Prüfen und gibt damit ein authentisches Bild der lebenden Wissenschaft. […] Es macht Gebrauch von der angeborenen Denk- und Lernlust des Kindes. Daher sein hoher Wirkungsgrad“ (Wagenschein 1992, S.113).
Schütte mahnt in ihrer Auffassung vom historisch-genetischen Lernen an, dass die historisch-genetische Methode keineswegs nur ein Aufzeigen geschichtlicher Entwicklung in einem technischen Bereich bzw. eines Gegenstandes sei. Sie soll vor allem auch Begründungszusammenhänge einer technischen Entwicklung erklären, den gesellschaftlichen Arbeitsprozess in der betrachteten Geschichtsperiode aufzeigen, sowie bei dem Schüler eine eigenständige Beurteilung und ein kritisches Verständnis an dem gegenwärtigen technischen Entwicklungsstand des Gegenstandes als Ergebnis liefern (vgl. Schütte 1981, S. 37-39). Die historisch-genetische Methode kann, nach Schütte, durch unterschiedliche Unterrichtsverfahren, wie z.B.: Erfinden, Konstruieren und Problemlösen; praktisch-gegenständliche Tätigkeit der Schüler oder auch die Technikgeschichte als Vorbereitung auf Betriebserkundungen realisiert werden (vgl. Schütte 1981).
Hüttner favorisiert hingegen eine klare Trennung zwischen logisch-historischer und der genetischen Lehrmethode (vgl. Hüttner 2005).
„Die Logisch-historische Lehrmethode erschließt die historisch gewordene Technik für das unterrichtliche Lernen. Sie verdeutlicht innovatives Denken und Handeln und dadurch erreichte Wirkungen in der Gesellschaft. Die Technikentwicklung in Wechselwirkung mit den sozio-ökonomischen Bedingungen ist die bestimmende Leitlinie“ (Hüttner 2005, S.103).
„Die genetische Lehrmethode ermöglicht das Problemerkennen und das Lösen lerninhaltsbezogener Probleme. Die Schüler lernen, Probleme aufzudecken und Strategien zu ihrer Lösung zu konzipieren“ (Hüttner 2005, S.98).
Er setzt bei beiden Methoden einen Fokus auf die Fähigkeit des Problemlösens beim Schüler, die Beschreibung von Problemen, sowie auf die Einsicht des Schülers, dass durch eine technische Entwicklung weitere Probleme entstehen können. Die von Schütte geforderten Begründungszusammenhänge einer technischen Entwicklung, eine eigenständige Beurteilung und die individuelle Kritik an der technischen Entwicklung durch den Schüler werden bei Hüttner eher vernachlässigt.
Meschenmoser fasst seine Auffassung vom historisch-genetischen Lernen in einem Vorwort zusammen. „Das historisch-genetische Lernen ist ein leistungsfähiger pädagogischer Ansatz einer konsequent kritisch und demokratisch ausgerichteten Allgemeinbildung für alle Heranwachsenden […] [, deren Ziel] eine demokratische und humane Gesellschaftsentwicklung durch sozial- und ökologisch verträgliche Technikgestaltung“ ist (Meschenmoser 2005, S.6).
Duismann zählt überzeugende Begründungsansätze des Modells der historisch- genetischen Orientierung auf. So soll die historische Orientierung als Lehr- und Lernmethode gesehen werden, bei dem sich der Lernende technische Grundkenntnisse u. a. durch Nachvollziehen oder „Nach-Konstruieren“ aneignet. Weiterhin soll die historische Orientierung als Motivation und unterhaltsame Illustration überzeugen, bei der fast alle Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene, sofern nicht durch schlechten Unterricht abgeschreckt, von historischen Sachverhalten und besonders auch von „alter“ Technik, fasziniert sind und alte Maschinen anziehend wirken. Die historisch- genetische Orientierung kann als Methode des Denkens und Erkennens genutzt werden, bei der Erkenntnis und Lernen als aktive, eingreifende und gestaltende Tätigkeiten gesellschaftlich kooperierender Individuen verstanden und als erkenntnistheoretische Basis des historisch-genetischen Unterrichts darstellt werden (vgl. Duismann 2005, S.18-21).
Die Auffassungen von Schütte und die Begründungsansätze Duismanns zum Modell historisch-genetischer Orientierung überzeugen meiner Meinung nach und sollen auch für den späteren Beitrag zum historisch-genetischen Lernen im 2. Abschnitt als Orientierung gelten. Denn zu einem Wissen wie ein technisches Gebilde funktioniert, gehört auch ein kritischer Umgang mit Fragen, warum das technische Gebilde so entstanden ist, wie es heute ist, welche Folgen es für die betrachtete Gesellschaft hatte, hat und auch in Zukunft haben könnte.
1.2 Der Begriff „Arbeit“
Im vorangegangenen Kapitel 1.1 habe ich das historisch-genetische Lernen in seiner Theorie betrachtet und mich dazu positioniert. In meiner Arbeit möchte ich einen Beitrag zum historisch-genetischen Lernen in der Arbeitslehre speziell zur Technologisierung, Automatisierung und Rationalisierung in unserer Arbeitswelt leisten. Aber was ist Arbeit? Diese Frage soll nun im Folgenden geklärt werden.
Der Begriff „Arbeit“ kann aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Sprachlich lautet die mittelhochdeutsche Übersetzung für Arbeit „arebeit“ und bedeutet soviel wie Mühe, Last oder Leid. (vgl. Brockhaus 1997, Band Zwei, S. 41) In der Physik wird die mechanische Arbeit „[…] als das Produkt aus dem Betrag F und dem unter deren Einwirkungen zurückgelegten Weg s, wenn Kraft und Weg in ihrer Richtung übereinstimmen“ (Brockhaus 1997, Band Zwei, S. 41) definiert. In den Wirtschaftswissenschaften ist die Arbeit ein Produktionsfaktor, dessen Ergebnis in Form von Kapital akkumulierbar ist (vgl. Luczak 1998). Aus ökologischer Sichtweise bedeutet jede Arbeit einen Eingriff in die Natur. Für den Menschen als Individuum ist die Arbeit als Gelderwerb zu sehen, die zur Bedürfnisbefriedigung beiträgt. Sie prägt dabei die Persönlichkeit und strukturiert den Lebenszyklus. Für die meisten dient Arbeit auch zur Selbstverwirklichung.
Dies sind nur einige Beispiele aus unterschiedlichen Bereichen, deren Aufzählung zeigen sollen, dass Arbeit mehrperspektivisch betrachtet werden kann und dass es keine einheitliche Definition für Arbeit gibt.
In der von mir besuchten Vorlesung zu den „Grundlagen von Arbeitssystemen“ (Wintersemester 2005) in der Universität Potsdam lieferte Herr Prof. Dr. Mette eine Definition, der ich mich im Sinne dieser Bachelorarbeit anschließen möchte. Dort heißt es: „Arbeit ist eine bewusste, zweckmäßige, planmäßige und zielgerichtete Tätigkeit des Menschen“. Diese Definition vereint sowohl die Ansichten aus der Psychologie, der Ökonomie und den Arbeitswissenschaften. Das Arbeit auf ein wirtschaftliches Ziel ausgerichtet sein muss, habe ich bewusst ausgelassen, was sich z.B. durch die Arbeitsform der ehrenamtlichen Arbeit begründet. Ein wirtschaftliches Ziel hingegen verfolgt der Arbeiter vor allem in der Erwerbsarbeit.
1.3 Die Bedeutung der Arbeit in unserer Gesellschaft
Wie oben schon angedeutet, wird für viele Menschen in unserer Gesellschaft die Arbeit als Grundlage zur Existenzsicherung angesehen. Den Formen der Erwerbsarbeit, der individuellen und der gemeinnützigen Arbeit werden in unserer Gesellschaft unterschiedliche Bedeutungen beigemessen und unterliegt einer geschichtlichen Entwicklung. Im Rahmen dieser Bachelorarbeit möchte ich hier nur grob auf die geschichtliche Entwicklung der Erwerbsarbeit eingehen und die gemeinnützige Arbeit nur anreißen.
Der Gesellschaft der Industriellen Revolution im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts ging eine Gesellschaft der landwirtschaftlichen Produktion voraus, die der Agrargesellschaft. Der Wert der primären Arbeit und damit deren Bedeutung in der Agrargesellschaft wurde anhand der Kontrolle über das Land und von der Fähigkeit es auszubeuten festgelegt. Die Wirtschaft in dieser Zeit wurde nicht durch den Handel von Gegenständen bestimmt, sondern von der Leistung der Bauern, die vor allem Nahrung zum Überleben produzierten. Die Bauern und die Menschen die auf dem Land arbeiteten, machten zu dieser Zeit 80 bis 90 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Die meisten mussten für ihr Recht das Land nutzen zu können einen Teil ihrer Ernte an den Grundherrn abführen, der sich im Gegenzug um deren Unterkunft sorgte, das Gesellschafts- und Rechtssystem organisierte und militärischen Schutz anbot. Die wenigen Fälle der Erwerbsarbeit im heutigen Sinne wurden in der Regel mit Naturalien vergütet (vgl. Giarini 1997, S.92-93).
Im 18. Jahrhundert begann die industrielle Warenproduktion und erlebte mit der Erfindung der Dampfmaschine durch James Watt im Jahre 1793 ihren Durchbruch. Menschliche Arbeitskraft konnte nun durch Maschinenkraft ersetzt werden und deren Einsatz in vielen Bereichen machte größere Rationalisierungsmaßnahmen möglich. Die Wirtschaft und die Gesellschaft wurden durch die industrielle Produktion bestimmt (vgl. Giarini 1997, S.93). „Innerhalb von zweihundert Jahren fiel der Anteil der Beschäftigten im Agrarsektor weltweit von etwa 80 auf 48% und in den fortgeschrittenen Industrieländern auf unter 10%“ (Giarini 1997, S.93). Die Erwerbsarbeit wurde in dieser Zeit zum Standard aller Tätigkeiten, deren Vergütung nun nicht mehr über Naturalien erfolgte, sondern über Geld. Dienstleistungen wurden als zweitrangig angesehen, da sie nicht unmittelbar zum Produktionsprozess beitrugen (vgl. Giarini 1997, S.93).
Bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein dominierte in der Wirtschaft die industrielle Produktion mit ihrer sekundären Arbeit. Ab diesem Zeitpunkt erfolgte eine Umstrukturierung von der industriellen Produktion auf den Dienstleistungssektor. Diese Umstrukturierung in unserer Wirtschaft erfolgte eher schleichend und dauert bis zum heutigen Tage an (vgl. Dombois 1999, S.16-17). Die Bedeutung der Erwerbsarbeit in unserer Gesellschaft nahm zu, indem die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer gestärkt und das soziale System ausgebaut wurde.
In der heutigen Zeit erlebt der Dienstleistungssektor einen regelrechten Aufschwung. kunden- und serviceorientierte, sowie andere sogenannte tertiäre Arbeiten geraten mehr und mehr in den Vordergrund und bestimmen zunehmend die Erwerbsarbeit. Ein gutes Beispiel dafür ist der „Boom“ des Callcenterbereichs und in der Touristikbranche. Die Schwelle zur Dienstleistungsgesellschaft haben wir längst überschritten.
Dieser geschichtliche Abriss soll zeigen, dass die Arbeit und deren Fokus auf einen bestimmten Sektor (primär, sekundär, tertiär) in der Gesellschaft einen unterschiedlichen Wert besaß und dass sich die Wertvorstellungen von Arbeit veränderten. Unstrittig scheint dabei zu sein, dass der Art der Arbeit in unserer Gesellschaft eine unterschiedliche Bedeutung zugesprochen wird. Dazu zwei Beispiele: Die letzten Jahre zeigen, dass Erntehelfer für Spargel in Deutschland „Mangelware“ sind. Deutsche Erntehelfer sind schwer zu finden, denn die Arbeit auf den Spargelfeldern ist hart und die Löhne bei der Ernte sind im Vergleich zu nichtlandwirtschaftlichen Arbeiten niedrig. Aus diesem Grund versuchen die Spargelbauern auf ausländische Saisonarbeiter zurückzugreifen. In Deutschland werden vorwiegend polnische Erntehelfer eingesetzt, die aber ebenfalls mehr und mehr, durch die gestiegenen Lebenserhaltungskosten in Polen und den höheren Löhnen in anderen Ländern, zur „Mangelware“ werden.
Die Arbeit eines Arztes hingegen hat für die Gesellschaft eine große Bedeutung. Er verfügt über ein Fachwissen, welches in der Gesellschaft hoch angesehen ist.
Diese einfachen Beispiele zeigen Tätigkeiten, die nach Giarini als monetisiert bezeichnet werden (vgl. Giarini 1997, S.37). Nichtmonetisierte Arbeiten sind zum Beispiel individuelle Arbeiten z.B. die Arbeit im eigenen Garten oder auch die ehrenamtlichen bzw. bürgerlichen Arbeiten (z.B. „Ärzte ohne Grenzen“). Viele Feuerwehren, die in unserer Gesellschaft ihr selbstverständliches Dasein pflegen, vor allem in den ländlichen Gegenden, leben von den ehrenamtlichen Helfern. Die Bedeutung der ehrenamtlichen Arbeit in unserer Gesellschaft verdeutlicht der derzeitige Bundesminister für Finanzen Peer Steinbrück in einer Bundestagsrede: „Würden diese Menschen nicht mehr tun, als sie tun müssen, würden sie nur, wenn man so will, ihr persönliches Pflichtenheft abarbeiten oder ihren legitimen materiellen Interessen nachgehen, würden sie nicht Zeit, Kraft und manchmal auch Nerven in diese ehrenamtliche Tätigkeit investieren, wäre unsere Gesellschaft nach meiner Auffassung nicht nur ärmer, sondern sie würde nicht funktionieren.“ Um die Form der ehrenamtlichen Arbeit zu fördern und im gewissen Maße auch zu würdigen, wurden am 06.07.2007 in Deutschland einige größere Gesetzesänderungen vorgenommen.
1.4 Die Arbeitswelt im Wandel hinsichtlich Technologisierung, Automatisierung und Rationalisierung
Der Wandel der Arbeitswelt wird durch verschiedene sich verändernde Einflussfaktoren bestimmt. Die Zukunft der Arbeitswelt exakt zu prognostizieren ist daher kaum möglich. Trotzdem kann durch Aufzeigen der Einflussfaktoren und deren kritischen Umgang ein realistisches Bild der Zukunft der Arbeitswelt konstruiert werden. Einige Einflussfaktoren, die die Arbeitswelt derzeit bestimmen sind:
- die Realisierung von neuen Produktionskonzepten, indem neue Produktivitätsreserven mit neuen Rationalisierungsstrategien erschlossen werden,
- der Trend zur Tertiarisierung der Beschäftigungsstruktur,
- die immer noch andauernde Massenarbeitslosigkeit und
- die Bedeutung der Eigen- und Gesellschaftsarbeit (vgl. Dedering 1998, S.45-49).
Nicht nur zu Zeiten der industriellen Revolution spielten die Begriffe der Technologisierung, Automatisierung und Rationalisierung eine große Rolle. Auch in einem Zeitalter, in der wir die Schwelle der Dienstleistungsgesellschaft überschritten haben, bleiben diese Begriffe aktuell, denn eine „neue Qualität der Internationalisierung von Wirtschaftsaktivitäten („Globalisierung“) lässt Absatz-, Beschaffungs- und Arbeitsmärkte zusammenwachsen und entfaltet einen erheblichen Druck in Richtung sinkender Preise, hoher Verarbeitungsqualität und Termintreue sowie erhöhtem Kundennutzen von Produkten („neue Innovationsdynamik“) (Baethge-Kinsky 2002, S.55).
Eine Rationalisierung durch Automatisierung (z.B.: Datenverarbeitung im Büro) sowie Automatisierungsprozesse ersetzt nicht nur menschliche Arbeitskräfte, sie ersetzt sogar ganze Arbeitsprozesse sowie Kontrollverfahren, die durch den Automatisierungsprozess selbständig durchgeführt werden können (vgl. Giarini 1997, S. 166-167). Automatisierungsprozesse müssen aber zunächst vom Menschen durchdacht und initiiert werden. Die eingesetzte Computertechnik muss bedient, überwacht und gewartet werden. Dies setzt eine Ausbildung voraus, die sich nicht nur auf den technischen Bereich beschränkt, sondern bei der es auch um Fähigkeiten, wie Flexibilität und Problemlösefähigkeit geht, um sich den Änderungen nicht nur im technischen Bereich anzupassen. Die Veränderungen in der Arbeitswelt hinsichtlich der Rationalisierung in der Büro- und Verwaltungswelt erkannte Schütte 1981: „Die Auseinandersetzung mit der Entwicklung der Datenverarbeitungstechnik, der Rationalisierung von Büro und Verwaltung in entsprechenden sozioökonomischen Zusammenhängen dürfte unter der Perspektive des Erwerbs von Handlungskompetenz und -bereitschaft, insbesondere im Bereich der den Lernenden erwartenden Berufs- und Arbeitswelt und darüber hinaus ohne Zweifel von großer Bedeutung sein“ (Schütte 1981, S. 174).
Rationalisierung darf meiner Meinung nach aber nicht nur auf den Einsatz moderner Technik zurückgeführt werden, sondern sie ist auch eine Folge von wirtschaftlich- politischen Einflüssen, Entscheidungen und Ereignissen, die bei einer kritischen Betrachtung berücksichtigt werden sollte.
Technologisierung, Automatisierung und Rationalisierung heißt nicht nur Arbeitsplätze oder Geld einsparen bzw. den Umsatz erhöhen. Technologisierung, Automatisierung und Rationalisierung kann auch eine Chance für neue Technologien, neue Arbeitsplätze und Arbeitsformen sowie eine Humanisierung der Arbeit bedeuten. Neue Technologien bringen Veränderungen in vielerlei Hinsicht, auch eine Veränderung in der Arbeitswelt. Damit geht auch eine Forderung der angemessenen Handlungs- und Anpassungsfähigkeit in der Arbeitswelt einher sowie die Fähigkeit diese Technologie kritisch zu betrachten. Dies stellt für die Schule eine Herausforderung an die Berufswahlvorbereitung speziell im Bereich Arbeitslehre dar. Diese Herausforderung kann durch das historisch-genetische Lernen gemeistert werden, indem die Schüler durch die komplexen Wirkungs- und Begründungszusammenhänge auf die Thematik neuer Technologien, der Automatisierung und der Rationalisierung sensibilisiert werden, um daraus kritische Prognosen, Trends usw. zu entwickeln und die Zukunft der eigenen Lebenswelt mitzubestimmen (vgl. MBJS 2002).
2.Abschnitt II: Ein Beitrag zum historisch-genetischen Lernen im Unterrichtsfach Arbeitslehre
2.1 Die Bedeutung der Arbeit im Unterrichtsfach Arbeitslehre
Seit den sechziger Jahren wird die Arbeitslehre in vier Gegenstandsbereiche, auch Themenfelder genannt, Technik, Haushalt, Wirtschaft und Beruf aufgeteilt, in dessen Zentrum die Arbeit steht. Die folgende Abbildung des Deutschen Ausschusses 1964 verdeutlicht dies.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Abbildung aus: Jenzen1996, S.217)
Als zentrale Aufgabe werden in der Arbeitslehre die technische, sozio-ökonomische Grundbildung, eine geeignete Hinführung zur Berufswahlreife und deren Rolle als zukünftige Erwerbstätige und Konsumenten gesehen, die aktiv an der Gestaltung ihrer Umwelt mitwirken können. Dabei werden auch die unterschiedlichen Formen von Arbeit wie die Erwerbsarbeit, gemeinnützige Arbeit oder die individuelle Arbeit betrachtet. Ihre Bedeutung für die Gesellschaft, sowie deren Einfluss auf viele Bereiche wie Betrieb, Haushalt, Freizeit, Öffentlichkeit u. v. m. und deren gegenseitige Wechselwirkungen untereinander und den technischen, wirtschaftlichen und sozialen Aspekten werden dabei hervorgehoben.
In einigen Bundesländern z. B. in Rheinland-Pfalz oder in Saarland gilt die Arbeitslehre als eigenständiges Unterrichtsfach. Andere Bundesländer wie z. B. Nordrhein- Westfalen oder Mecklenburg-Vorpommern integrieren die Arbeitslehre in Fächer wie „Technik/Wirtschaft“ und „Arbeit-Wirtschaft-Technik und Informatik“ (AWT) oder schließen sie in Fächerverbänden, Fachprofilen bzw. Lernbereiche, wie zum Beispiel in Baden-Württemberg „Wirtschaft, Arbeit, Gesundheit“ (WAG) oder in Bayern „Arbeit- Wirtschaft-Technik“, mit ein (vgl. Wulfert 2007).
Im Land Brandenburg wird das Lernfeld Arbeitslehre in den Bereichen „Wirtschaft- Arbeit-Technik“ (WAT) integriert. Dabei stellt die Stellung der Begriffe Wirtschaft, Arbeit und Technik die Gewichtung der Teilbereiche dar.
Die Formen der Arbeit, die sich deutlich in den einzelnen Themenfeldern der Arbeitslehre wiederfinden lassen und die Umsetzung der Themenfelder in der Schule, spiegeln die Bedeutung der Arbeit im Unterrichtsfach Arbeitslehre in allen Bundesländern wieder.
2.2 Aussagen zur Arbeitswelt im Rahmenlehrplan Wirtschaft-Arbeit-Technik der Primarstufe und der Sekundarstufe I des Landes Brandenburg
Bevor ich mich dem praktischen Teil meiner Arbeit widme, möchte ich im Folgenden aufzeigen, welche Bedeutung der Wandel der Arbeit im Rahmenlehrplan der Sekundarstufe I und der Primarstufe des Landes Brandenburg einnimmt.
Wie bereits erwähnt, steht die Arbeit in der Arbeitslehre im Mittelpunkt. Für die Bildung und Erziehung in der Primarstufe, soll das Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik (WAT) bei den Schülern, Vorstellungen über die Arbeits- und Wirtschaftswelt entwickeln, die sie aus den Erfahrungen und Entscheidungen in Haushalt, Familie auf andere ökonomische Akteure übertragen. Der wesentliche Unterschied zum Rahmenlehrplan der Sekundarstufe I besteht jedoch darin, dass ihnen die „Regeln und Bedingungen technischer und ökonomischer Handlungssysteme […] im Wesentlichen noch unbekannt“ sind (MBJS 2004, S. 17). Durch die Reflektion der Erfahrungen und Entscheidungen der Schüler, sollen im Bezug zur Arbeitswelt erste berufliche Vorstellungen, die Neugier und das Interesse an der Arbeitswelt aufgegriffen werden, um technische und ökonomische Handlungssysteme ihrer Lebenswelt verstehen, nach eigenen Interessen und Werten handeln und verantwortungsbewusst mitgestalten zu können, sowie eigene Stärken und Schwächen für das künftige Berufsleben wahrgenommen werden (vgl. MBJS 2004, S.17-18). Für die beruflichen Vorstellungen unter Berücksichtigung des Wandels der Arbeit bedeutet dies konkret für die Jahrgänge 5 und 6 in der Primarstufe, dass die Schüler Merkmale von Berufen nennen können, Methoden zur eigenen Ziel- und Bildungswegplanung anwenden können, ihre eigenen Interessen Stärken und Schwächen ermitteln können, externe Einflussfaktoren auf die Berufswahl und den Wandel der Arbeit am Beispiel erläutern können, persönliche Ansprüche an Berufe entwickeln können und Präsentationen mit einem Autorenprogramm erstellen können (vgl. MBJS 2004, S. 21). Die Umsetzung der eben genannten Standards erfolgt im Themenfeld „Berufsorientierung/Lebensplanung“, dessen Verhältnis im Vergleich zu den Themenfelder Wirtschaft und Technik nur mit 1:3:3 gegenübersteht.
Der Rahmenlehrplan der Sekundarstufe I des Landes Brandenburgs trägt in der Sekundarstufe dazu bei, dass der technisch und wirtschaftlich beeinflusste Wandel der Arbeitsorganisationen und deren Beeinflussung auf die Lebenswelt von den Schülern verstanden werden. Außerdem hat sich das Fach WAT in der Sekundarstufe die Aufgabe gestellt, den Wandel der Arbeitsverhältnisse, sowie dem Wandel in den Raum- und Zeitstrukturen der Arbeit für die Schüler begreifbar zu machen (vgl. MBJS 2002, S. 21). Innerhalb der Förderung der ökonomischen und technischen Grundbildung ,als einer der Hauptaufgaben des Faches WAT, bereitet das Fach WAT „[…] die Schülerinnen und Schüler darauf vor, sich als Nutzer von Technik, als Produzenten und Konsumenten, als Erwerbstätige (Arbeitnehmer oder Selbstständige) und Wirtschaftsbürger in der komplexen und sich wandelnden Arbeits- und Wirtschaftswelt zu orientieren, nach eigenen Möglichkeiten teilzuhaben, zu bewerten und mitgestalten zu können“ (MBJS 2002, S.21-22). Voraussetzung dafür ist eine starke Persönlichkeit des Menschen, dessen Stärkung ein übergeordnetes Ziel in der Sekundarstufe I darstellt.
Der Unterricht im Fach WAT verfolgt unter anderem das Ziel, den Schüler auf den Übergang in ein weiterführendes Bildungs- oder Ausbildungssystem vorzubereiten. Hierbei werden im Bereich der Berufswahlvorbereitung Grundzüge des Wandels der Beschäftigungsstruktur und Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung erkannt und nach ihrer Wirksamkeit beurteilt, die sich sowohl auf die Erwerbsarbeit als auch auf private Lebensformen bezieht. Deren Zusammenhang sollen von den Schülern erkannt und persönliche Gestaltungsmöglichkeiten beurteilt werden (vgl. MBJS 2002, S.24). Um technisches und ökonomisches Handeln vollziehen zu können, werden „zur Gewinnung eines Auswahlkriteriums und zur Verankerung einer integrativen Perspektive […] die ausgewählten gesellschaftlichen Funktionsbereiche und Institutionen Haushalt und Konsum, Produktion und Unternehmen sowie Infrastrukturen unter dem Gesichtspunkt der Arbeitswelt im Wandel erschlossen“ (MBJS 2002, S.32). Somit wird die Arbeitswelt im Wandel dazu benutzt, die Kerninhalte eines fachbezogenen Wirtschafts- und Technikunterrichts in der Sekundarstufe I zu verankern.
2.3 „Der Spargel im Wandel der Zeit“ – eine Unterrichtsanregung
2.3.1 Anbau des Spargels
Die Spargelpflanze
Es sind rund 100 Spargelarten bekannt. Doch interessiert hier lediglich der Bleichspargel „Aspáragus officinális“, der, neben dem grünen Spargel, vorwiegend in den Gegenden des Landes Brandenburg angebaut wird.
Der Spargel gehörte früher zu der Familie der Liliengewächse, heute zählt er zur Familie der „Asparagaceae“ und umfasst etwa 120 Arten (vgl. Sulzmann 2005, S.17). Er ist eine mehrjährige Staude, dessen fleischiges, stark bewurzeltes Rhizom (bewurzelter unterirdischer Spross) sich im Boden befindet, dort überwintert und hohe Kältegrade ohne Schäden aushält. Die oberirdischen Teile sterben im Herbst ab und treiben im Frühjahr wieder aus. Die im Frühjahr treibenden Sprosse sind das Erntegut (Spargelstangen), die durch den Erdwall gebleicht bleiben. Nach der Erntezeit, die traditionell am 24. Juni („Johanni“) endet, lässt man die Sprosse treiben, damit sich die Pflanze der Umgebung anpassen und sich für das nächste Jahr kräftigen kann. Die Lebensdauer einer Spargelpflanze beträgt im Durchschnitt 16-18 Jahre. Nach richtiger Kultivierung und Pflege können die ersten Spargelstangen einer Jungpflanze erst im dritten Jahr geerntet werden. Der „Aspáragus officinális“ bevorzugt leichte sandige Böden in frühen Klimaräumen, d.h. in milden klimatischen Lagen mit frühem Vegetationsbeginn, da sich der Sandboden im Frühjahr rascher erwärmt und somit der
Austrieb und ein früherer Erntebeginn begünstigt werden. Durch den sandigen Boden wird das Anlegen der Gräben, der Dämme sowie die Ernte wesentlich erleichtert.
Besonders geeignet sind freie, offene, ebene, leicht nach Süden geneigte, windgeschützte Lagen. Stehen die Gräben zu sehr im Wind, so kann es zu Verwehungen der Dämme kommen und somit zu Ernteausfällen. Dem kann durch Windschutzbepflanzungen vorgebeugt werden, sofern sie den Spargelpflanzen nicht die Sonne „wegnehmen“. Erwünscht sind gleichmäßige, hohe Temperaturen im Frühjahr und im Frühsommer. Frost schadet den Pflanzen nicht, da die Wurzeln tief in die Erde hineinragen und weitverzweigt sind. Auch eine zeitweilige Trockenheit wird vom Spargel gut überstanden, im Gegensatz zu einem hohen Grundwasserstand, was zu stauender Nässe und zu Krankheiten an der Wurzel führen kann (vgl. Dressler 1900, S.8-9).
Bodenvorbereitung
Die Bodenvorbereitung stellt eine wichtige Grundlage für eine Neubepflanzung dar. Der Untergrund muss gelockert, von größeren Hindernissen, wie Steine o. ä. befreit und ihm müssen wichtige Nährstoffe und Humus zugeführt werden. Die Bearbeitung des Bodens muss mindestens bis zu einer Tiefe von 40cm reichen, da die Spargelwurzeln besonders gut in einem durchwurzelbaren, humushaltigen Sandboden, bis zu einer Bodentiefe von 20-70 cm wachsen. Die oben erwähnten Maßnahmen sind wichtig, da bis zur Pflanzung eine einheitlich gut versorgte Fläche zur Verfügung stehen muss. Die Bodenlockerung und die Zufuhr von Nährstoffen müssen ein Jahr vor der Neupflanzung mit Hilfe eines Pfluges mit Untergrundschar oder einem Rigolpflug ausgeführt werden.
Diese Tatsache, und dass der Spargel erst im dritten Jahr erntefähig ist, macht den zeitlichen und den finanziellen Aufwand des Spargelanbaus deutlich. Erst im vierten Jahr sind erste finanzielle Einnahmen aus dem Verkauf der ersten Ernte möglich, wobei diese aufgrund der jungen Pflanze noch nicht so hoch ausfallen werden. Denn erst im fünften Erntejahr erreicht die Pflanze ihr höchstes Ernteniveau.
Heute stellt die Arbeit der Bodenvorbereitung kein Problem dar. Leistungsstarke Zugmaschinen, weiterentwickelte Pflüge (Wippscharlockerer) und widerstandsfähiges Material erreichen mühelos die 40cm Tiefe (in ungünstigen Gegenden und Bodenverhältnissen sogar bis zu 100cm Tiefe). Normalerweise werden nur ein Traktor mit mindestens 100PS als Zugmaschine und eine Person, die den Traktor fahren und den Pflug vorher einstellen muss, benötigt. Der Fahrer muss darauf achten, dass er eine möglichst gerade Strecke fährt und größere Steine nicht den Pflug beschädigen. Ein Traktor und ein Pflug rentieren sich in der heutigen Zeit erst ab einer Betriebsgröße von 7 ha (vgl. Vereinigung der Spargelanbauer in Niedersachsen e.V. 2001, S. 149). Früher, vor dem Einsatz von Zugmaschinen, wurden ochsen- oder pferdebespannten Holz- bzw. Eisenpflüge, primitiven Eggen, herkömmlichen Spaten, Harken oder Hacken für die Bodenbearbeitung eingesetzt. Beim Einsatz von Pferden oder Ochsen wurden, je nach Bodenbeschaffenheit und technischem Gerät (Pflug), zwei bis vier Arbeitstiere und ein bis zwei Arbeitskräfte benötigt, die den Tieren und dem Pflug den Weg zeigten. Mühsam musste der Pflugweg mit den Tieren bestritten werden, was sowohl den Menschen, das Tier und das Material stark beanspruchte. Auch die Qualität der Böden war um einiges geringer als heute, da die Menschen und Pflüge es nicht schafften, den Boden mit den wichtigen Nährstoffen tief genug zu vermischen. Das machte sich wiederum in der Qualität des Spargels bemerkbar. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten bleiben die Qualität der Bodenbearbeitung und die Tiefe auf einer Fläche stets konstant. Heute benötigt ein Traktor, für die Bearbeitung mit einem 2m breiten Pflug und einer Fläche von einem Hektar 10-14 Stunden (vgl. Hartmann 1989, S.88). Wie lange früher ein Bauer mit seinem Vieh für die gleiche Fläche benötigte ist leider nicht bekannt, es lässt sich nur erahnen.
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- Master of Education (M.ed) Jens Schütz (Author), 2007, Die Arbeitswelt im Wandel - Ein Beitrag zum historisch-genetischen Lernen in der Arbeitslehre, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123597
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