Vor dem Hintergrund eines kontrastiven Interesses ist es Ziel der vorliegenden Arbeit, inchoative und terminative Verbalperiphrasen spanischer Originaltexte mit ihrer jeweiligen deutschen Übersetzungslösung zu vergleichen, um deren aspektuelle Wirkung (im kontextuellen Zusammenhang) beurteilen zu können.
Ein sprachliches Mittel, das als ein signifikantes Unterscheidungsmerkmal zwischen der spanischen und der deutschen Sprache besteht, ist der Verbalaspekt. "Cuando hablamos, nos expresamos sobre eventos en el mundo […]. La manera en que esto se expresa en una lengua depende de los medios lingüísticos que la misma posea." Die Arbeiten des bedeutenden Linguisten Bernard Comrie zur Untersuchung von Temporalität und Aspektualität definieren das dem Aspekt zugehörige Hyperonym der Aspektualität als "diferente ways of viewing the internal temporal constituency of a situation". Hierbei handelt es sich um eine viel zitierte Standarddefinition des Phänomens, welches "entre la gramática y la semántica, entre la lingüística y la filosofía lingüística" zu verorten ist. So können mithilfe einer Kategorie, die im Spanischen unter anderem primär grammatikalisch-morphologisch am Verb sichtbar wird, aspektuelle Merkmale ausgedrückt werden, für welche im Deutschen andere Mittel, beispielsweise lexikalischen oder syntaktischen Charakters, heranzuziehen sind. Es bietet sich daher an, das Spannungsfeld der Aspektualität und ihre sprachlichen Realisierungen unter einer kontrastiven Fragestellung zu betrachten. Dies ist zentrales Anliegen der vorliegenden Arbeit. Ein sprachliches Mittel zum Ausdruck von aspektuellen Eigenschaften ist – neben unzähligen weiteren aspektuellen Mitteln – die Verbalperiphrastizität. Auch wenn der Begriff der Verbalperiphrase in der Geschichte der Linguistik einen Bedeutungswandel durchlaufen hat und heute noch widersprüchliche Meinungen hinsichtlich einer trennscharfen Abgrenzung der Verbalperiphrase existieren, so zählen dazu zusammengesetzte Konstruktionen aus verbo auxiliar und verbo auxiliado (infinitivo, gerundio oder participio), wie beispielsweise jene in Bsp. (1) und (2) (acabar de enterarse, empezar a marcharse, empezar diciendo, acabar pasando usw.). Übersetzer:innen haben sich stets der Herausforderung zu stellen, derartige spanische Verbalperiphrasen sinngemäß in die deutsche Sprache zu übersetzen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Aspektualität und ihre sprachlichen Realisierungen
3 Verbalperiphrastizität - Ein Mittel der Aspektualität
4 Kontrastive Analyse von Verbalperiphrasen mit Infinitiv
a. Inchoative Aspektualität: Analyse ausgewählter Übersetzungslösungen am Beispiel von <empezar a + infinitivo>
b. Terminative Aspektualität: Analyse ausgewählter Übersetzungslösungen am Beispiel von < acabar de + infinitivo >
c. Zwischenbilanz
5 Kontrastive Analyse von Verbalperiphrasen mit Gerundium
a. Inchoative Aspektualität: Analyse ausgewählter Übersetzungslösungen am Beispiel von < empezar + gerundio >
b. Terminative Aspektualität: Analyse ausgewählter Übersetzungslösungen am Beispiel von < acabar + gerundio >
c. Zwischenbilanz
6 Fazit
7 Literaturverzeichnis
8 Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Ausdrucksmittel der Aspektualität in den romanischen Sprachen (Haßler 2016: 194 auf der Grundlage von De Miguel 1999: 2993).
Abb. 2: Darstellung des zeitlichen Verlaufs (Bsp. (15)) mit und ohne Präfigierung.
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Aktionale Klassen, in Anlehnung an Vendler (1957 bzw. 1967).
Tab. 2: Zuteilung von Verbalperiphrasen mit Infinitiv in Klassen (Gómez Torrego 1999: 3323f.).
Tab. 3: Aspektsystem nach Bertinetto in Anlehnung an Bertinetto (1986: 119), Dessì Schmid (2014: 28) und Haßler (2016: 206).
Tab. 4: Perífrasis de fase (RAE 2009: 2114
1 Einleitung
“Cuando hablamos, nos expresamos sobre eventos en el mundo […]. La manera en que esto se expresa en una lengua depende de los medios lingüísticos que la misma posea” (Romero Zúñiga 2018: 101). Ein solches sprachliches Mittel, das als ein signifikantes Unterscheidungsmerkmal zwischen der spanischen und der deutschen Sprache besteht, ist der Verbalaspekt. Die Arbeiten des bedeutenden Linguisten Bernard Comrie zur Untersuchung von Temporalität und Aspektualität definieren das dem Aspekt zugehörige Hyperonym der Aspektualität als “diferente ways of viewing the internal temporal constituency of a situation” (Comrie 1976: 3). Hierbei handelt es sich um eine vielzitierte Standarddefinition des Phänomens, welches “entre la gramática y la semántica, entre la lingüística y la filosofía lingüística“ (Dessì Schmid 2014: V) zu verorten ist. So können mithilfe einer Kategorie, die im Spanischen unter anderem primär grammatikalisch-morphologisch am Verb sichtbar wird, aspektuelle Merkmale ausgedrückt werden, für welche im Deutschen andere Mittel, beispielsweise lexikalischen oder syntaktischen Charakters, heranzuziehen sind. Es bietet sich daher an, das Spannungsfeld der Aspektualität und ihre sprachlichen Realisierungen unter einer kontrastiven Fragestellung zu betrachten (vgl. Breu 2007: 123). Dies ist zentrales Anliegen der vorliegenden Arbeit. Ein sprachliches Mittel zum Ausdruck von aspektuellen Eigenschaften ist – neben unzähligen weiteren aspektuellen Mitteln – die Verbalperiphrastizität. Die folgenden Auszüge aus spanischen Romanen und ihre entsprechenden Übersetzungen geben einen ersten Eindruck, auf welch unterschiedliche Weise spanische Verbalperiphrasen ins Deutsche übersetzt werden können.
(1) Sp. Acabo de enterarme de que ya han empezado a marcharse, de que se están yendo en grupos de tres, de cuatro, con intervalos de una media hora, y por la información que acabo de recibir, me he dado cuenta de que estábamos equivocados, de que no hemos sabido relacionar… [1067, 8, 3]
Dt. »Ich habe gerade erfahren, dass sie dabei sind, in Dreier- oder Vierergruppen aufzubrechen, alle halbe Stunde eine, und aus den Informationen, die ich erhalten habe, geht hervor, dass wir uns geirrt haben, und weil wir nicht wussten, wie …« [1067, 8, 3][1]
(2) (a) Sp. Rómulo me contaba que usted siempre empieza diciendo a todo que no y acaba pasando por el aro. [1010, 7, 4]
Dt. Romulus hat mir erzählt, dass Sie immer zuerst zu allem nein sagen und am Ende zur Vernunft kommen.» [1010, 7, 4]
(b) Sp. Había empezado buscando las fuentes del Nilo y había acabado encontrando un pasadizo secreto al año 2000. [1041, 8]
Dt. Er hatte nach den Quellen des Nils gesucht, und gefunden hatte er einen Geheimgang ins Jahr 2000. [1041, 8]
Auch wenn der Begriff der Verbalperiphrase in der Geschichte der Linguistik einen Bedeutungswandel durchlaufen hat und heute noch widersprüchliche Meinungen hinsichtlich einer trennscharfen Abgrenzung der Verbalperiphrase existieren, so zählen dazu zusammengesetzte Konstruktionen aus verbo auxiliar und verbo auxiliado (infinitivo, gerundio oder participio), wie beispielsweise jene in Bsp. (1) und (2) (acabar de enterarse, empezar a marcharse, empezar diciendo, acabar pasando usw.). Übersetzer:innen haben sich stets der Herausforderung zu stellen, derartige spanische Verbalperiphrasen sinngemäß in die deutsche Sprache zu übersetzen, auch wenn analog funktionierende Ausdrucksmittel nicht zur Verfügung stehen. Als eine unvermeidbare Folge dieser Tatsache ist bei der Übersetzung von spanischen Originaltexten ins Deutsche nicht selten ein Differenzierungsgefälle (siehe Bsp. (2b)) und umgekehrt ein Differenzierungsanstieg zu beobachten (vgl. Haßler 2016: 282f.).
Vor dem Hintergrund eines kontrastiven Interesses ist es Ziel der vorliegenden Arbeit, inchoative und terminative Verbalperiphrasen spanischer Originaltexte mit ihrer jeweiligen deutschen Übersetzungslösung zu vergleichen, um deren aspektuelle Wirkung (im kontextuellen Zusammenhang) beurteilen zu können. Der Fokus liegt hierbei auf der inchoativen Verbalperiphrase < empezar (a) + {infinitivo/gerundio}> bzw. auf der terminativen Verbalperiphrase < acabar (de) + {infinitivo/gerundio}>. Beide Konstruktionen dienen dazu, Beginn bzw. Ende einer Handlung in ihrem Verlauf auszudrücken.
Hierzu soll zunächst in einem theoretischen Teil zum einen die allgemeine Kategorie der Aspektualität hinsichtlich ihrer Begrifflichkeiten sowie ihrer sprachlichen Realisierungen erläutert werden (Kapitel 2). Zum anderen werden grundsätzliche Merkmale von Verbalperiphrasen zusammengefasst, da diese als eine mögliche sprachliche Realisierung von Aspektualität im Fokus dieser Arbeit stehen (Kapitel 3). Daran schließt sich in einem praktischen Teil die Analyse zweier ausgewählter Verbalperiphrasen. Die im verbalperiphrastischen Kontext als verbos auxiliares fungierenden Verben < empezar (a)> sowie < acabar (de)> sollen in einem ersten Schritt (Kapitel 4) in Kombination mit einem Infinitiv und in einem zweiten Schritt (Kapitel 5) in Kombination mit einem Gerundium kontrastiv untersucht werden. Abschließend werden in einem Fazit (Kapitel 6) die Chancen sowie Grenzen der Untersuchungsergebnisse aufgezeigt sowie deren Bedeutung für die Translatologie diskutiert.
2 Aspektualität und ihre sprachlichen Realisierungen
Jede konjugierte Verbform enthält Information hinsichtlich fünf verschiedener grammatischer Kategorien: Person, Numerus, Modus, Tempus und Genus Verbi (Diathese). Die Kategorisierung ‚1. Person Singular Indikativ Präsens Aktiv‘ ordnet dem Infinitiv ‚lieben‘ die finite Form ‚ich liebte‘ zu. Umstritten ist, ob die Kategorien Aspekt und Aktionsart eine sechste (und gegebenenfalls sogar siebte) Kategorie eröffnen. Die folgenden Ausführungen machen deutlich, dass der Verbalaspekt im Deutschen nicht als am Verb morphologisch sichtbare grammatische Kategorie existiert. Jedoch ist auch im Spanischen eine Bezeichnung als eigenständige grammatische Kategorie ebenfalls abzustreiten, da die an manchen Verbformen morphologisch sichtbare aspektuelle Information in romanischen Sprachen immer auch mit dem Ausdruck temporaler Information einhergeht. In Abgrenzung zur Modalität und Temporalität kann eine schrittweise Annäherung an die Definitionen des Hyponyms ‚Aspekt‘ und seinem entsprechenden Hyperonym ‚Aspektualität‘ erfolgen. Anschaulich stellt Andersson (2011: 4) dar, dass die grammatischen Kategorien Modus (Indikativ, Konjunktiv, Imperativ) bzw. Tempus (Präsens, Präteritum und je nach Perspektive auch die analytischen Futur-, Perfekt- und Plusquamperfekt-Konstruktionen) jeweils den Kern der ihnen entsprechenden semantisch-funktionalen Kategorien Modalität bzw. Temporalität bilden. So ist “la temporalidad […] una categoría plenamente vigente en el sistema verbal español y […] mediante ella se puede explicar a la perfección el funcionamiento del conjunto de formas que integran los paradigmas verbales” (Rojo 1974: 70). Nach der klassischen Theorie von Hans Reichenbach resultiert die Bedeutung bestimmter finiter Verbformen aus der Art und Weise, wie drei theoretische Einheiten miteinander kombiniert werden, nämlich el punto del habla (H), que designa el momento de la enunciación, el punto del evento (E), que refiere al punto de la línea temporal en el que se localiza el acontecimiento denotado por el predicado verbal, y el punto de referencia (R), que se corresponde con un intervalo de tiempo relevante con respecto al cual el hablante sitúa en la línea temporal el punto del evento (Carrasco Gutiérrez 1994: 69f.).
Hierbei wird deutlich, dass Temporalität als deiktische Kategorie und als außersprachliches System von Zeitkonzepten das Verhältnis einer betrachteten Zeit zur Sprechaktzeit ausdrückt (vgl. Haßler 2016: 181). Dagegen kommt der Aspektualität keine deiktische Qualität zu. Sie bezieht sich auf den internen Verlauf einer Handlung und ermöglicht so eine ganzheitliche Darstellung einer Situation oder eine Darstellung im Verlauf und ihren Phasen (ebd.). Im Gegensatz zu den Analogien zwischen Modus und Modalität sowie Tempus und Temporalität besitzt Aspektualität jedoch keine grammatische Ausdruckskategorie, die als deren Kern zu definieren ist (vgl. Andersson 2011: 4). Vielmehr ist auf eine große Bandbreite sprachlicher Mittel hinzuweisen, durch welche Aspektualität nicht nur grammatisch, sondern beispielsweise auch lexikalisch, syntaktisch oder mittels verschiedener konzeptueller und textsemantischer Entsprechungen realisiert werden kann (ebd.: 6).
Um Missverständnissen aufgrund häufig unscharfer Abgrenzung der Begrifflichkeiten vorzubeugen, orientiert sich diese Arbeit an der Terminologie von Pottier (2012: 141). Mithilfe unterschiedlicher Schreibweisen unterscheidet er zwischen (1) ASPECT, (2) aspect und (3) aspectualisations, um sich damit auf (1) Aspektualität, (2) den am Verb sichtbaren grammatischen Aspekt und (3) einzelne Aspektualisierungen zu beziehen. Im Rahmen dieser Arbeit soll das Adjektiv ‘aspektuell‘ sowohl in Bezug auf das Hyperonym der Aspektualität (1) als auch das Hyponym Aspekt (2) gebraucht werden.2 Wie bereits angeklungen, referiert (1) Aspektualität (ASPECT) als universelle, konzeptuelle und onomasiologisch definierte Kategorie auf die Gesamtheit aller sprachlichen Mittel, die einer Realisierung von Aspektualität dienen. Diese Mittel können „mehr oder weniger spezialisiert auf diese Funktion sein oder auch erst im Kontext als aspektuelles Mittel auffallen“ (Haßler 2016: 191).
Der (2) Aspekt (aspect) meint die morphologisch am Verb sichtbare und daher grammatikalisierte Kategorie, die sich in Aspektsprachen, zu denen beispielsweise die slavischen oder semitischen Sprachen zählen, durch die Korrelation perfektiver und imperfektiver Verben äußert. So vermag der altgriechische Aorist ausschließlich aspektuelle Merkmale auszudrücken3 (ebd.: 182). Im Gegensatz zum Deutschen stehen im Spanischen pretérito perfecto simple und pretérito imperfecto in gegenseitiger Opposition. „Beim Gebrauch des pretérito perfecto simple ‚cantó‘ (perfektiver Aspekt) wird die Handlung in ihrer Gesamtheit und als abgeschlossen betrachtet. Mit dem pretérito imperfecto ‘cantaba‘ (imperfektiver Aspekt) wird die Handlung in ihrem Verlauf betrachtet, ohne Anfang und Ende der Handlung zu berücksichtigen“ (Böhm 2013: 121). Genannte Opposition führt bei bestimmten Verben (z.B. saber, conocer, ver, tener) je nach gewählter Zeitform sogar zu einem Bedeutungsunterschied, dessen Ursache im konnotierten Aspekt der Abgeschlossenheit bzw. der Unabgeschlossenheit liegt (vgl. Siever/Wehberg 2016: 41).
Ergänzend kann auf die ursprünglich sehr allgemein gehaltene Charakterisierung der aspektuellen Verhältnisse im Kontext der Aspekttheorie nach Bondarko hingewiesen werden. Der Opposition perfektiver und imperfektiver Verben legt er die Merkmale der Ganzheitlichkeit bzw. der Nichtganzheitlichkeit zugrunde (vgl. Bondarko 1984: 9). Folgendes Beispiel veranschaulicht den daraus resultierenden signifikanten Bedeutungsunterschied in Abhängigkeit der gewählten Zeitform:
(3) Sp. Ayer, cuando regresé a casa encontré a mi madre. [Siever/Wehberg 2016: 47]
Dt. Als ich gestern zu Hause ankam, traf ich (im Haus) meine Mutter.
(4) Sp. Ayer, cuando regresaba a casa encontré a mi madre. [Siever/Wehberg 2016: 47]
Dt. Als ich gestern auf dem Nachhauseweg war, traf ich (auf der Straße) meine Mutter.
Das pretérito perfecto simple in Bsp. (3) drückt aus, dass die Handlung des Verbs (regresar), das heißt die Rückkehr nach Hause, schon abgeschlossen ist, bevor die zweite Handlung (encontrar a la madre) einsetzt. Es liegt die Beschreibung einer Handlungskette vor. Dagegen signalisiert das pretérito imperfecto in Bsp. (4), dass die Handlung (regresar a casa) noch nicht abgeschlossen ist, als sich das Aufeinandertreffen mit der Mutter ereignet. Statt Zuhause begegnen sich die beiden auf dem Nachhauseweg. Die erste Handlung (regresar) hat die Funktion der Beschreibung einer Hintergrundshandlung (vgl. Siever/Wehberg 2016: 47).
Ein letzter nach Pottier zu definierender Begriff, nämlich der der (3) Aspektualisierungen (aspectualisations), referiert auf all jene einzelnen, semasiologisch zu untersuchenden sprachlichen Mittel, die neben dem grammatisch-morphologischen Aspekt (aspect) zur Aspektualisierung beitragen. So ist eine ganzheitliche Darstellung auch ohne die Ausdifferenzierung in eine rein grammatische Kategorie des Aspekts möglich. Diese gestaltet sich lediglich weniger systematisch als in Aspektsprachen. Folgende Abbildung (Abb. 1) stellt eine anschauliche Übersicht der verschiedenen Mittel dar.
Abb. 1: Ausdrucksmittel der Aspektualität in den romanischen Sprachen (Haßler 2016: 194 auf der Grundlage von De Miguel 1999: 2993).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Abb. 1 wird deutlich, dass Haßler generell zwischen grammatisch-morphologischen, lexikalischen und lexikalisch-syntaktischen Ausdrucksmitteln der Aspektualität unterscheidet.4 Die Strukturierung soll jedoch nicht suggerieren, dass diese drei Kategorien als voneinander unabhängig betrachtet werden können. Genauso wenig gilt, dass aspektuelle Eigenschaften in einem Satz, einer Textpassage oder gar im Makrokontext entweder nur mit verbalen oder nur mit diskursiven Mitteln ausgedrückt werden. Vielmehr muss Aspektualität als graduelle funktionale Kategorie gesehen werden, welche den grammatischen Aspekt und die lexikalische Aktionsart der Verben umfasst. So sieht auch Dessì Schmid insofern einen Zusammenhang zwischen lexikalischen und grammatischen sprachlichen Mitteln, als dass sie „Pole einer als Kontinuum aufgefassten Ebene“ (2014: 4) darstellen. So funktionieren verschiedene Mittel hinsichtlich der Versprachlichung aspektueller Inhalte auf konzeptueller Ebene ähnlich (vgl. Haßler 2016: 191). Böhm (2016: 19) dagegen nimmt statt einer Zuordnung der verschiedenen Mittel zu einem Kontinuum eine Systematisierung in Zentrum (grammatische Mittel) oder Peripherie (lexikalische Mittel) vor. Eine derartige Kategorisierung führt zu einer Hierarchisierung in (primäre) zentrale und (sekundäre) randständige Mittel.
Auch wenn der Ausdruck von Aspektualität sowohl in den romanischen Sprachen als auch im Deutschen weniger systematisch als in reinen Aspektsprachen geschieht, so sieht Haßler die Chance in der Vielfalt der Möglichkeiten, wodurch der Ausdruck „gerade durch das Zusammenwirken unterschiedlicher sprachlicher Ebenen auch nuancenreicher und komplexer sein“ (2016: 192) kann. Auf dem Kontinuum näher am grammatischen Pol zu verorten sind sprachliche Mittel wie
- die grammatische Opposition zwischen den Verbformen des Imperfekts und dem einfachen Perfekt (bzw. je nach Kontext den zusammengesetzten Verbformen)
- sowie die hoch grammatikalisierte progressive Verbalperiphrase des Verbs estar in Kombination mit einem Gerundium.
Näher am lexikalischen Pol hingegen sind sprachliche Mittel wie beispielsweise
- Derivationsmorpheme,
- aktionale Typen (Aktionsarten) und daraus resultierende Oppositionen von Verbklassen,
- Verbalperiphrasen (z.B. estar a punto de mit Infinitiv; llevar mit Gerundium, tener mit Partizip),
- den Ablauf von Situationen kennzeichnende Adverbien (z.B. siempre, de repente, durante),
- Negation
- oder weitere syntaktische und kontextuelle Mittel.
In der deutschen Sprache existiert Aspektualität zumindest nicht als grammatikalische, jedoch als funktional-semantische und konzeptuelle Kategorie, die sich peripher auf das grammatische System auswirkt (vgl. Andersson 2011: 10). So betont Dessì Schmid (2014: 2f.) den übereinzelsprachlichen Charakter dieser Kategorie. Um eine Handlung ganzheitlich oder in ihrem Verlauf darzustellen, stehen mehr oder weniger – meist weniger – evidente Ausdrucksmittel zur Verfügung. Eine große Rolle im Deutschen hinsichtlich der Ausprägung der aspektuellen Markierung spielen dabei die aktionalen Verbklasse, zu denen sich Verben zuteilen lassen. Diese lexikalische Kategorie (aspecto lexical), die allgemein unter dem Begriff der ‚Aktionsart‘ (sp. modo de acción) bekannt ist und vom aspecto verbal (aspecto gramatical) abzugrenzen ist, „wird meist als eine mit dem ‚konstanten‘ semantischen Inhalt verbundene Kategorie definiert, die in der lexikalisch kodifizierten und fixierten Komponente des Verbalprädikats verankert ist“ (ebd.: 20). Dabei dominiert im Spanischen der aspecto verbal, während im Deutschen der aspecto lexical dominiert. Je nach Autor:in und Theorie wird zwischen zwei und siebzehn Kategorien verschiedener Aktionsarten variiert (vgl. Carpena Soriano 2017: 52). Ein sehr häufig zitierter Ansatz ist die Theorie Verbs and Times nach Zeno Vendler (1957 bzw. 1967). Der semantische Gehalt eines Verbs kann in Abhängigkeit von der inhärent ausgedrückten Dauer (durativ/nicht-durativ), der Telizität (telisch/nicht-telisch) und der Dynamis (dynamisch/statisch) so eingestuft werden, dass das Verb zu einer der vier Klassen achievement, accomplishment, activity und state zuzuordnen ist (Tab. 1).
Tab. 1: Aktionale Klassen, in Anlehnung an Vendler (1957 bzw. 1967).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Als weitere Möglichkeiten zur aspektuellen Markierung im Deutschen nennt Andersson (2011: 2f.) neben der aktionalen Klassenzugehörigkeit der Verbalphrase folgende Erscheinungsformen:
- (Verbal-)Periphrasen, wie beispielsweise die Verlaufsform, die im Deutschen durch die Kombination von ‚am/im‘ mit einem substantivierten Infinitiv und dem Verb ‚sein‘ ausgedrückt wird (z.B. ‚am Lesen sein‘),
- bestimmte Konjunktionen und Adverbien (z.B. ‚während‘, ‚gerade‘),
- die Definitheit bzw. Indefinitheit von Nominalphrasen und
- die semantisch oder pragmatisch begründeten Taxisbeziehungen zwischen Satzinhalten (Parallelität, Aufeinanderfolge, Inzidenzschema).
In der Anwendung dieser Mittel handelt es sich um „kombinatorische Erscheinungen auf Satz- und satzverbindender, schließlich auch textueller Ebene, durch die die aspektuellen Inhalte ‘Handlung in ihrem Verlauf / Handlung in ihrer Totalität‘ mehr oder wenig eindeutig festgelegt werden können“ (ebd.: 2). Alle genannten Mittel zum Ausdruck von Aspektualität zu betrachten, würde den Rahmen dieser Arbeit übersteigen. Stattdessen soll im Folgenden das sprachliche Phänomen der ‚Verbalperiphrastizität‘ zuerst allgemein erläutert werden, um im anschließenden praktischen Teil der Arbeit den Fokus auf zwei ausgewählte aspektuelle Verbalperiphrasen im Spanischen zu richten.
3 Verbalperiphrastizität - Ein Mittel der Aspektualität
Die Untersuchung spanischer Verbalperiphrasen stellt ein beliebtes, bis Friedrich Diez (1794-1876) zurückgehendes Forschungsfeld in der Linguistik dar. Das mag unter anderem daran liegen, dass diese aufgrund ihres häufigen Vorkommens und aufgrund ihrer Analytizität ein relevantes typologisches Unterscheidungsmerkmal des Spanischen zum Lateinischen darstellen (vgl. Haßler 2016: 246). So existiert der überwiegende Anteil der spanischen Verbalperiphrasen nicht im klassischen Latein, weshalb deren Entstehung auf das Vulgärlatein unter griechischem Einfluss zurückzuführen ist (ebd.: 199). Coseriu vertritt eine stark vereinfachte Definition, gemäß derer eine Verbalperiphrase „im eigentlichen Sinn ein sprachliches materielles mehrgliedriges Zeichen [ist], das eine einheitliche, eingliedrige Bedeutung hat, d.h. ein gegliedertes ‚Signifiant‘, dem aber ein einfaches ‚Signifié‘ entspricht“ (1976: 201). In der Definition der Gramática Descriptiva de la Lengua Española wird deutlich, dass das Verständnis einer Verbalperiphrase als ein mehrgliedriges Zeichen (‚Signifiant‘) Ergebnis einer Verbindung mehrerer Verben zu einer prädikationsgründenden Einheit ist:
Una perífrasis verbal es la unión de dos o más verbos que constituyen un solo ‘núcleo’ del predicado. El primer verbo, llamado ‘auxiliar’, comporta las informaciones morfológicas de número y persona, y se conjuga en todas (o en parte de) las formas o tiempos de la conjugación. El segundo verbo, llamado ‘principal’ o ‘auxiliado’, debe aparecer en infinitivo, gerundio o participio, es decir, en una forma no personal. Según se trate de una u otras formas, hablamos de perífrasis verbales de infinitivo, de gerundio y de participio (Gómez Torrego 1999: 3325).
Die Verbindung beider Konstituenten ist im Gegensatz zur Konstruktion hochgrammatikalisierter zusammengesetzter temporaler Verbformen weniger eng, sodass in einigen Fällen eine Einfügung von Adverbien, adverbialen Redewendungen oder umschreibender Ergänzungen zwischen den beteiligten Verben möglich ist (ebd.: 3325f.). Ähnlich lautet die Definition in der Gramática de la Real Academia Española5:
Se denominan PERÍFRASIS VERBALES las combinaciones sintácticas en las que un verbo AUXILIAR incide sobre un verbo AUXILIADO, llamado a veces PRINCIPAL O PLENO, construido en forma NO PERSONAL (es decir, en infinitivo, gerundio o participio) sin dar lugar a dos predicaciones distintas (RAE 2009: 2105).
Auch die Definition nach Pusch/Wesch (2003: 2f.) beinhaltet, dass in einer Verbalperiphrase die Kombination mindestens zweier Verben eine einzige syntaktisch und semantisch einheitliche (nicht-kompositionelle) Prädikationseinheit bildet. Hinsichtlich der semantisch-lexikalischen Rolle der beiden Konstituenten präzisiert die Definition von Dessì Schmid (2014: 206) vor dem Hintergrund einer Perspektive der „skalaren Periphrastizität“ folgende Inhalte: Während das verbo auxiliar in nur sehr stark abgeschwächter Form und „indirekt proportional abhängig vom Grad der Auxiliarisierung“ (ebd.) zum lexikalischen Gesamtgehalt der Konstruktion beisteuert, fungiert das verbo auxiliado „direkt proportional abhängig vom Grad der Auxiliarisierung des ersten Glieds der Periphrase“ (ebd.) als Träger der lexikalischen Hauptinformation.
Diese Angaben können durch ähnliche Information in der Gramática Descriptiva de la Lengua Española ergänzt und konkretisiert werden: “[E]l verbo auxiliar no significa por y para sí mismo sino que lo que hace es modificar, determinar o matizar el significado o el contenido del verbo principal” (Gómez Torrego 1999: 3346). So nuanciert beispielsweise tener in der Rolle als verbo auxiliar in der Verbalperiphrase < tener que + infinitivo > mit dem modalen Wert der Pflicht. Außerdem gilt ein Verb erst dann als verbo auxiliar, “cuando ha perdido en parte o totalmente su significado originario, o sea, cuando se ha gramaticalizado completa o parcialmente” (ebd.: 3345). Hinsichtlich eines solchen Prozesses der Entsemantisierung kommt es folglich zwar zu einer Bedeutungsabschwächung des verbo auxiliar, jedoch bleibt ein Teil der Grundbedeutung erhalten (vgl. Lhafi 2014: 654). Des Weiteren legt die Gramática Descriptiva de la Lengua Española fest: “El resultado del significado perifrástico no es la suma de dos significados independientes“ (Gómez Torrego 1999: 3346). Stattdessen entstehe die Gesamtbedeutung in Folge des conjunto perifrástico (ebd.). Eine Ausnahme bilden die beiden im Rahmen dieser Arbeit untersuchten verbos auxiliares empezar und acabar:
Sin embargo, en perífrasis como <{ empezar a/comenzar a } + infinitivo>, <{ terminar/acabar } de + infinitivo>, < soler + infinitivo>, los significados aspectuales correspondientes proceden del ‘modo de acción’ […] de los auxiliares y se proyectan a toda la perífrasis. En estos casos, el resultado significativo de la perífrasis sí se corresponde con la suma del significado del primer verbo y del segundo (ebd.: 3346).
Obgleich der hier erwähnten Festlegungen für einzelne Konstruktionen sowie der Vielzahl weiterer bestehender Definitionsversuche, bleibt die Abgrenzung der Verbalperiphrasen von auf den ersten Blick ähnlichen verbalen Konstruktionen (vgl. generative Transformationsgrammatik) hoch umstritten. Denn […] je nach definitorisch-theoretischer Fundierung [fällt] der Objektbereich sprachlicher Phänomene, die unter dem Etikett verbaler Periphrastizität behandelt werden können, sehr unterschiedlich [aus] […]. Ein salomonischer und nahe liegender Ausweg aus der Eingrenzungsproblematik besteht darin, Periphrastizität als ein skalares oder zumindest graduelles Konzept aufzufassen (Pusch/Wesch 2003: 4).
Die Gramática Descriptiva de la Lengua Española schließt sich diesem Lösungsansatz an, indem sie eine Diskussion über eine eindeutige Katagorisierung als überflüssig deklariert: “Plantearse cuándo una construcción de infinitivo empieza a ser perífrasis no tiene mucho sentido, pues, como decimos, el fenómeno perifrástico tiene carácter gradual“ (Gómez Torrego 1999: 3335). Vielmehr scheint in jedem konkreten Einzelfall einer verbalen Konstruktion eine (makro)kontextbasierte Argumentierung für eine Zuordnung entscheidend zu sein. Denn der Bedeutungsgehalt einer Verbalperiphrase ist in den meisten Fällen abhängig davon, in welchem Kontext sie verwendet wird und welche Verbkombination sie konstituiert (vgl. Lhafi 2014: 655). So kann der folgende Beispielsatz auf zwei Weisen interpretiert werden.
(5) Sp. Juan va a comprar un libro. [Lhafi 2014: 656]
Vorerst ist zum einen anzumerken, dass Konstruktionen mit Infinitiv als am stärksten verbreitete Verbalperiphrasen gelten und zum anderen, dass unter diesen wiederum < ir a + infinitivo > im Spanischen am häufigsten auftritt (vgl. RAE 2009: 2140). Da < ir a + infinitivo > eine Handlung in der Zukunft situiert, würde sich eine erste Interpretation von Bsp. (5) mit der Übersetzung „Julia wird (bald) ein Buch kaufen“ (futuristischer Wert) von einer zweiten Interpretationsweise „Julia geht ein Buch kaufen“ unterscheiden.
(6) Sp. Juan va a la ciudad a comprar un libro. [Lhafi 2014: 656]
Durch das Hinzufügen von a la ciudad in Bsp. (6), ist die Zweideutigkeit ausgeschlossen, sodass lediglich die zweite Interpretationsweise in Frage kommt: „Julia geht in die Stadt, um ein Buch zu kaufen“.
Lhafi (2014: 654) weist darauf hin, die sich Verbalperiphrasen kontinuierlich in einem Grammatikalisierungsprozess befinden. Dieser bewirkt, dass der Verlust des lexikalischen Bedeutungsgehalts des verbo auxiliar immer durch einen Zuwachs an grammatischer Bedeutung als Verbmorphem ausgeglichen wird (vgl. Squartini 1998: 21). Auch Haßler (2016: 247) unterscheidet diesbezüglich einerseits zwischen Verbalperiphrasen, die sich auf dem Weg der Grammatikalisierung befinden und andererseits vollständig grammatikalisierten periphrastischen Konstruktionen, welche als Tempora fest in das Verbalparadigma eingebunden sind. Letztere können nicht mehr als Verbalperiphrasen bezeichnet werden, da die Grammatikalisierung des verbo auxiliar (z.B. haber in ha cantado) so weit vorangeschritten ist, dass es nicht mehr als eigenständiges Vollverb fungiert (vgl. Lhafi 2014: 655). Somit wäre der Beispielsatz (5) lediglich in seiner zweiten Übersetzungslösung als Verbalperiphrase zu interpretieren, nicht jedoch hinsichtlich der ersten Variante. Zusammenfassend und unter Berücksichtigung der aufgeführten Definitionsversuche soll im Rahmen dieser Arbeit als perífrasis verbal eine analytische Konstruktion bezeichnet werden, die aus einem auxiliarisierten Vollverb und einem Hauptverb in infiniter Form (Infinitiv, Gerundium oder Partizip) besteht.
Dabei ist zu beachten, dass die Auxiliarisierung als Grammatikalisierungsprozess mit einem Verlust der semantischen Grundbedeutung einhergeht, wobei diese verlorene Grundbedeutung auf das Hilfsverb und somit auf die Gesamtbedeutung der Verbalperiphrase «abfärbt» («retención semántica»). Zudem sollte noch betont werden, dass innerhalb der Verbalperiphrase Hilfsverb und Hauptverb gemeinsam eine Verbalkategorie bilden, die eine eigenständige Bedeutung erhält. Das Hilfsverb modifiziert nicht das Hauptverb (cf. supra: Quiere venir → ¿Qué quiere? – Venir → Komplement), sondern bildet mit ihm eine Einheit, die eine Gesamtbedeutung aufweist (ebd.: 655).
Im Rahmen dieser Arbeit werden ausschließlich Verbalperiphrasen mit Infinitiv (Fall A) und mit Gerundium (Fall B) untersucht; jene mit Partizip stehen nicht im Fokus. Hinsichtlich der Verbalperiphrasen, die in Kombination mit einem Infinitiv (Fall A) gebildet werden, ist zu unterscheiden zwischen perífrasis modales, perífrasis aspectuales und otras perífrasis (Tab. 2).
Tab. 2: Zuteilung von Verbalperiphrasen mit Infinitiv in Klassen (Gómez Torrego 1999: 3323f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aspektuelle Verbalperiphrasen unterscheiden sich hauptsächlich hinsichtlich zweier Merkmale von modalen Verbalperiphrasen. Sie können im Gegensatz zu den modalen Verbalperiphrasen (Bsp. (7)) keine infinitivos compuestos bilden, die Bildung von imperativos compuestos (Bsp. (8)) ist jedoch möglich. Für modale Verbalperiphrasen gilt beides in umgekehrter Weise.
(7) Sp. Debe de haber comido la manzana.
(8) Sp. ¡Empieza a comer!
Da Verbalperiphrasen mit Gerundium (Fall B) stets eine Handlung in ihrer Entwicklung bzw. in ihrem Verlauf darstellen (kursive Aspektualität) und somit “valores aspectuales“ (Yllera 1999: 3394) ausdrücken, sind diese ausschließlich der Klasse der perífrasis aspectuales zuzuordnen (vgl. auch RAE 2009: 2185). Die Gramática Descriptiva de la Lengua Española nimmt eine differenzierte Auseinandersetzung mit häufig vorkommenden Periphrasen wie < estar + gerundio >, <{ ir/venir/andar/llevar} + gerundio >, <{ quedar(se)/seguir/continuar/proseguir} + gerundio > und <{ acabar/terminar/empezar/comenzar} + gerundio > vor. Mit weiteren Verbalperiphrasen beschäftigt sie sich unter dem zusätzlichen Kapitel otras construcciones.
„Die Gesamtheit der aspektuellen Bedeutung kommt durch das Zusammenwirken [von Kombinationen mehrerer, auch widersprüchlicher] [...] Markierungen zustande, wobei eine Komponente dominieren oder auch andere ausschließen kann“ (Haßler 2016: 264). So summiert sich die durch eine Verbalperiphrase ausgedrückte Aspektualität aus verschiedenen ihr inhärenten aspektuellen Merkmalen. Haßler benennt diesbezüglich die Aktionsart, d.h. den semantisch-lexikalischen Gehalt der in der Periphrase aufeinandertreffenden Verben, deren Aktanten und die Flexionsform des verbo auxiliado. Darüber hinaus markiert die Opposition von STARE-Kopula (formas del verbo estar) und ESSE-Kopula (formas del verbo ser) des doppelten Kopula-Systems iberoromanischer Sprachen insofern auf aspektuelle Weise, als dass die in bereits hohem Grad grammatikalisierte STARE-Kopula in Kombination mit einem Gerundium imperfektive Aspektualität ausdrückt (ebd.: 250). Die Art und Weise sowie der Grad der aspektuellen Markierung einer Verbalperiphrase ist abhängig von der aktionalen Klassenzugehörigkeit der Nominalform, mit der die verbos auxiliares, d.h. im Rahmen dieser Untersuchung empezar und acabar, kombiniert werden. Je nach Ansatz und Literatur unterscheidet sich die Anzahl sowie die Bezeichnung unterschiedlicher Aktionsarten. Mit folgender beispielhafter Auswahl demonstriert Haßler die Vielfältigkeit bestehender Begrifflichkeiten: „definitiv, determiniert, diminutiv, (attenuativ), durativ, egressiv (finitiv), faktitiv, imperfektiv, inchoativ (ingressiv), indefinitiv, indeterminiert, iterativ, kausativ, konativ, perfektiv, progressiv, punktuell, repetitiv, resultativ (effektiv), semelfaktiv, terminativ“ (2016: 219). In Abhängigkeit der Art und Weise der Verwirklichung der betrachteten Verbalhandlung können diese Begrifflichkeiten hauptsächlich zu drei übergeordneten Phasen zugeteilt werden: Anfangsstadium, Verlaufsstadium oder Endstadium. Wiederum können hierbei einerseits das Anfangsstadium in Vorbereitung (imminentielle Phase) und Beginn (ingressive Phase) sowie andererseits das Endstadium in Vollendung (konklusiv-egressive Phase) und Ergebnis (resultative Phase) untergliedert werden. Alternativ orientiert sich Bartinetto, statt zwischen Anfang, Verlauf und Ende zu differenzieren, an einem an Imperfektivität und Perfektivität ausgerichteten zweidimensionalen Ansatz (Tab. 3).
Tab. 3: Aspektsystem nach Bertinetto in Anlehnung an Bertinetto (1986: 119), Dessì Schmid (2014: 28) und Haßler (2016: 206).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Rahmen dieser Arbeit soll die Terminologie der RAE leitend sein. Sie unterscheidet zwischen den übergreifenden Gruppen (1) perífrasis de fase o fasales, (2) perífrasis escalares o seriales, (3) perífrasis culminativas und (4) mit Partizip gebildete perífrasis resultativas (RAE 2009: 2114). Die in dieser Arbeit analysierten Verbalperiphrasen mit den verbos auxiliares empezar bzw. acabar gehören der Übergruppe der perífrasis de fase an und werden den beiden Untergruppen perífrasis incoativas bzw. terminativas zugeteilt (Tab. 4).
Tab. 4: Perífrasis de fase (RAE 2009: 2114).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Da eine Betrachtung aller Aspektualität vermittelnder Periphrasen die Kapazität dieser Arbeit übersteigen würde, sollen im folgenden Kapitel die inchoative Verbalperiphrase < empezar a + infinitivo> und die terminative Verbalperiphrase < acabar de + infinitivo> untersucht werden. Daran schließt sich die Analyse jener Verbalperiphrasen, die aus den eben genannten Hilfsverben, jedoch in Kombination mit einem Gerundium, gebildet werden. Hierbei handelt es sich insofern um ein bedeutsames Vorhaben, als dass die punktuelle Aktionsart der anfangs- bzw. endbezogenen Verben empezar bzw. acaber in Kombination mit durativen, verlaufsbezogenen Gerundien in einem vermeintlichen Widerspruch steht. Es stellt sich daher die Frage, welche aspektuelle Gesamtwirkung mit dieser Kombination herbeigeführt werden kann.
4 Kontrastive Analyse von Verbalperiphrasen mit Infinitiv
Der textuelle Aspektualitätsansatz in der deutschen Sprache eignet sich sehr gut für kontrastive und translinguistische Zwecke (vgl. Andersson 2011: 3). Unter der Fragestellung, wie im Deutschen ausgedrückt werden kann, was in einer anderen Sprache – wie zum Beispiel im Spanischen – durch die grammatikalische Aspektkategorie, die Verlaufsform oder spezielle Verbalperiphrasen geschieht, sollen im Folgenden literarische Texte untersucht werden. Im Fokus stehen primär Textpassagen ursprünglich spanischsprachiger Literatur, die mit einer vorliegenden deutschen Übersetzungslösung kontrastiv verglichen werden. Jedoch auch die Übersetzungslösungen jener Literatur, welche das Ergebnis einer Übersetzung von ursprünglich deutschsprachigen Werken ins Spanische darstellen, sollen ebenfalls teilweise zum Erkenntnisgewinn beitragen. Als Analysegrundlage dienen die im Parallel Corpus German/Spanisch (PaGeS) enthaltenen Textauszüge aus einer Sammlung von 169 Werken.6
a. Inchoative Aspektualität: Analyse ausgewählter Übersetzungslösungen am Beispiel von <empezar a + infinitivo>
Die Verbalperiphrase < empezar a + infinitivo > “expresa la fase inicial de una actividad“ (RAE 2009: 2172).7 Die RAE weist darauf hin, dass das verbo auxiliar empezar auch Infinitive akzeptiert, die einen Zustand ausdrücken (Bsp. (9)).
(9) Sp. Empieza a tener miedo. [RAE 2009: 2172]
In den analysierten Übersetzungslösungen (siehe Anhang 1) können hauptsächlich fünf verschiedene Möglichkeiten herausgearbeitet werden, mit denen eine im Spanischen vorliegende aspektuelle Markierung durch < empezar a + infinitivo > im Deutschen ausgedrückt werden kann. Das am häufigsten angewandte Muster stellt eine wörtliche Übersetzung durch die Phrase „beginnen/anfangen etwas zu tun“ dar (Übersetzungslösung8 1). Dies geschieht vorzugsweise in kurzen Sätzen.
(10) Sp. Nada. Empezó a llorar. ¿Qué habría en aquel lugar? [1001, 2, 13]
Dt. Nichts. Er begann zu weinen. Was befand sich wohl an diesem Ort? [1001, 2, 13]
(11) Sp. Empieza a romperlo. [1025, 2, 20]
Dt. Fang schon mal an, es zu zerreißen! [1025, 2, 20]
(12) Sp. Empecé a temblar. Tuve miedo. [1058, 4, Sábado]
Dt. Ich begann zu zittern. Vor Angst. [1058, 4, Samstag]
(13) Empecé a preguntarme por qué había hecho eso, e inmediatamente empecé a lamentarlo: [1026, 2, 20]
(14) Ich begann mich zu fragen, warum ich das getan hatte, und gleich anschließend begann ich zu bereuen: [1026, 2, 20]
Diesbezüglich ist fraglich, ob die Beispiele überhaupt zur Kategorie der Verbalperiphrasen gezählt werden können, da die Bedingungen der Auxiliarisierung und der Entsemantisierung von empezar im Gegensatz zu den folgenden Übersetzungslösungen weniger stark ausgeprägt sind. Vielmehr nimmt das Verb empezar eine modifizierende Rolle ein, was für eine nicht-periphrastische Interpretation spricht.
Eine zweite, ebenfalls sehr häufige Übersetzungslösung bedient sich im Deutschen eines Adverbs, um den Beginn der Handlung auszudrücken (ÜL2).
(15) Sp. No me lo planteo. —¡No le pegues una bronca a este señor, que no es de esta guerra, Sixto! Hemos venido a pedirte la bendición y nos vamos. Cerdán empezaba a fastidiarse. [1014, 3, Epilogo]
Dt. »Ich denke nicht darüber nach.« »Brich keinen Streit mit diesem Herrn vom Zaun, Sixto, er gehört nicht zu unserer Truppe. Wir sind nur gekommen, um uns deinen Segen zu holen und dann wieder zu gehen.« Cerdán ärgerte sich allmählich. [1014, 3, Epilog]
(16) Sp. Vidal apuró el vino de un trago. —Hay dos cosas que quería decirte. No te van a gustar. — Empiezo a acostumbrarme. —Una tiene que ver con tu padre. Sentí que aquella sonrisa envenenada se me fundía en los labios. —He querido decírtelo durante años, pero pensé que no te iba a hacer ningún bien. [1013, 7, 18]
Dt. Vidal leerte sein Weinglas in einem Zug. »Es gibt zwei Dinge, die ich dir sagen wollte. Sie werden dir nicht gefallen.« »Langsam gewöhne ich mich dran.« »Das eine hat mit deinem Vater zu tun.« Ich spürte, wie mir das Lächeln auf den Lippen erstarb. »Ich wollte es dir seit Jahren sagen, aber ich dachte, es würde dir nichts bringen. [1013, 7, 18]
Auffällig ist dabei, dass es sich in einigen der untersuchten Fällen um die Adverbien langsam bzw . allmählich handelt, die einen verzögerten bzw. stufenweisen Beginn der durch den Infinitiv ausgedrückten Handlung vermitteln. Hierdurch ist ÜL2 deutlich von ÜL1 abgrenzbar: ÜL1 dient der Markierung eines festen Zeitpunktes, in welchem eine Handlung beginnt, um anschließend für eine unbestimmte Zeitspanne anzudauern. ÜL2 dagegen markiert einen Zeitraum, in dem die durch den Infinitiv angegebene Handlung auf graduelle Art und Weise eintritt. Hinsichtlich des Bsp. (15) bedeutet dies, dass der:die Erzähler:in in der Vergangenheit einige Erfahrungen machen musste, die potenziell zur Ärgernis führen. Die Befürchtung eines bevorstehenden Streits scheint jedoch ausschlaggebend dafür zu sein, dass sie Ärgernis schließlich graduell einsetzt. Ebenso scheint auch der:die Protagonist:in in Bsp. (16) einige negative Vorerfahrungen gemacht zu haben, sodass die erneute Ankündigung einer schlechten Nachricht dazu führt, dass der:die Protagonist:in sich graduell an schlechte Benachrichtigungen zu gewöhnen scheint.
Eine dritte Form stellt die Präfigierung eines deutschen Verbs dar, welches hierdurch statt einer durativen eine inchoative Aktionsart erhält (ÜL3).
(17) Sp. Una vez que empiece a caminar, en la primera curva del camino empezarán a surgirme las preguntas. [1016, 1, Empezar a ...]
Dt. Kaum bin ich losgegangen, beginnen hinter der ersten Wegbiegung auch schon die Fragen. [1016, 1, Sich auf d...]
(18) Sp. Quédese la carga y olvide esta chingadera. –Quizá deberíamos…- empezó a decir. Yasikov la observó, casi sorprendido. [1068, 8, 9]
Dt. Behalten Sie die Ladung und vergessen Sie den ganzen Mist. »Vielleicht sollten wir …«, setzte sie an. Yasikov fasste sie ein wenig überrascht ins Auge. [1068, 8, 9]
Mittels der Verben losgehen/davongehen statt gehen oder ansetzen statt setzen wird ein Zeitpunkt bestimmt, in dem die Handlung beginnt. Diese differenziertere Beschreibung des zeitlichen Verlaufs verändert den „Terminativitätsgrad“ (Breu 2007: 133) des Satzes (Abb. 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Des Weiteren kann eine spanische Konstruktion durch ein deutsches Verb ersetzt werden, das auch ohne Präfigierung einen stärker differenzierten, inchoativen Charakter als die durch den Infinitiv ausgedrückte Handlung aufweist (ÜL4).
(19) Sp. Ya es un milagro que no te haya dejado tieso, cabrón. Pedro empezó a caminar. [1025, 2, 20]
Dt. Es ist sowieso ein Wunder, daß ich dich nicht kaltgemacht habe, du Arschloch!« Pedro setzte sich in Bewegung. [1025, 2, 20]
(20) Sp. Luego se dirigió al baño y empezó a llenar la bañera. [1013, 3, 3]
Dt. Dann ließ sie Wasser in die Badewanne. [1013, 3, 3]
In Bsp. (19) bzw. (20) sind es die beiden Phrasen „sich in Bewegung setzen“ bzw. „Wasser [ein]lassen“, die beide einen unbewegten bzw. leeren Ausgangszustand voraussetzen, welcher in sein Gegenteil verändert wird: Aus einer unbewegten Person wird eine Person, die sich fortbewegt und aus einer leeren Wanne eine gefüllte. Hierbei ist zu erwähnen, dass nur so lange Wasser in die Badewanne gefüllt werden kann, bis sie voll ist. Verglichen mit dem Füllen eines kleineren Gefäßes, beispielsweise ein Wasserglas, erstreckt sich das Füllen der Wanne über einen längeren Zeitraum, sodass sich je nach Kontext (Glas vs. Wanne) die aspektuellen Eigenschaften eines Satzes verändern.
Eine letzte hier erläuterte Übersetzungslösung im Deutschen ist die Verwendung einer Form von ‚werden‘ in Kombination mit der adjektivierten Form des Infinitivs (ÜL5). Die Änderung des Zustands wird hierdurch vergleichbar zur ÜL2 als gradueller Prozess ausgedrückt. Aus impacientarse folgt ‚ungeduldig werden‘, aus enfriar ‚kühl werden‘ und aus clarear ‚hell werden‘:
(21) Sp. Quique empezaba a impacientarse. [1056, 4, La Profecí...]
Dt. Quique wurde ungeduldig. [1056, 4, Die Prophe...]
(22) Sp. Oscureció. Empezó a enfriar. [1058, 4, Espejos]
Dt. Es wurde dunkel. Und kühl. [1058, 4, Spiegel]
(23) Sp. Ya empezaba a clarear. [1056, 4, 101]
Dt. Draußen wurde es schon hell. [1056, 4, 101]
Abschließend soll über die fünf Übersetzungsmöglichkeiten hinaus auf zwei Besonderheiten hingewiesen werden. Zum einen darauf, dass sich hinsichtlich der Aktanten, die in einem Satz verwendet werden, ein Bedeutungsunterscheid ergibt. Während Aktanten im Singular den Beginn einer Handlung anzeigen, bewirken Aktanten im Plural “el ingreso en una actividad que puede descomponerse en un número indeterminado de acciones individuales” (RAE 2009: 2172).
(24) Sp. Empezaba a cansarle aquella conversación. [1041, 2, 26]
Dt. Allmählich ermüdete ihn die Unterhaltung. [1041, 2, 26]
(25) Sp. Logramos salir cuando empezaron a caer las primeras bombas. [1041, 3, 40]
Dt. Wir gelangten nach draußen, als die ersten Bomben fielen. [1041, 3, 40]
(26) Sp. A partir de entonces empezó a salir casi todas las noches. [1007, Nuria Monfort…, 11]
Dt. Von da an ging er fast jede Nacht aus. [1007, Nuria Monfort..., 11]
Während sich in Bsp. (24) eine konkrete Unterhaltung (aquella conversacion) ab einem gewissen Punkt in eine ermüdende Unterhaltung wandelt, wird in Bsp. (25) durch die Verwendung von las primeras bombas im Plural – statt una bomba im Singular – ausgedrückt, dass auf eine erste fallende Bombe weitere folgen werden; es handelt sich um eine größere Anzahl wiederkehrender Handlungen (fallende Bomben). Noch deutlicher ist dies in Bsp. (26) durch die zusätzlich verstärkende Verwendung von todas sowie a partir de entonces markiert. Hingegen ist die Grammatikalität des Satzes “Empezó a caer una bomba“ zu diskutieren. Denn aufgrund der Tatsache, dass empezar a normalerweise ein Verb mit zeitlich ausgedehnter Aktionsart verlangt, steht die punktuelle Aktionsart von caer hierzu im Widerspruch.
Die zweite Besonderheit, auf die hingewiesen werden soll ist die folgende: Werden Verbalperiphrasen, die den Beginn, den Verlauf oder das Ende einer Handlung ausdrücken mit einem Infinitiv punktueller Aktionsart kombiniert, so muss gegebenenfalls der Kontext herangezogen werden, um die intendierte aspektuelle Markierung der Handlung zu durchschauen. Denn „[s]tark begrenzte Verben sind zum Beispiel in Periphrasen, die den Handlungsanfang markieren, problematisch“ (Haßler 2016: 269). So sind Beispielsätze wie „*Sie findet den verlorenen Geldbeutel eine Stunde lang“ grammatikalisch inkorrekt. In folgendem Bsp. (27) trifft das stark begrenzte Verb morir (sterben als punktuelles Geschehen) auf das den Handlungsanfang markierende Verb empezar a:
(27) Sp. ¿Cuánto vivió mi padre en realidad? ¿Cuándo empezó a morirse ? En los meses finales ya no era él, su cuerpo había cambiado tanto que era difícil reconocerlo y su espíritu tampoco estaba allí. [1022, 56]
Dt. Wie lange lebte mein Vater wirklich? Wann begann er zu sterben? In den letzten Monaten war er nicht mehr er selbst, sein Körper hatte sich so sehr verändert, daß man ihn kaum wiedererkannte, und auch sein Geist war dahin. [1022, 56]
Die Verbalperiphrase kann folglich als ein sprachliches Mittel verwendet werden, um ein ursprünglich punktuelles Ereignis (morir) als Verlauf darzustellen. In Bsp. (27) wird dieser Prozess auf eine Zeitspanne mehrerer Monate ausgedehnt. Wird zusätzlich der Kontext, das heißt, die vorausgehenden sowie nachgestellten Beschreibungen berücksichtigt, so können diese gemeinsam mit der Verbalperiphrase als Mittel für eine Spezifizierung der aspektuellen Markierung betrachtet werden.
Schließlich ist ergänzend anzumerken, dass in der Übersetzung von deutschen Originaltexten ins Spanische hinsichtlich der angewandten Mittel dieselben aspektuellen Analogien (vgl. ÜL1-ÜL5) vorzufinden sind. Es folgt die Untersuchung der terminativen Verbalperiphrase < acabar de + infinitivo >.
b. Terminative Aspektualität: Analyse ausgewählter Übersetzungslösungen am Beispiel von < acabar de + infinitivo >
Laut Diccionario de la Lengua Española bedeutet das Verb acabar in intransitiver Verwendung und in Kombination mit dem Nexus de “Haber ocurrido poco antes algo” (RAE 2020) und in verneinter Form “No lograr algo“ (ebd.). Dementsprechend bezeichnet die Verbalperiphrase < acabar de + infinitivo > „eine Handlung, die sich kurz vor der Gegenwart oder einem Zeitpunkt der Vergangenheit vollzogen hat“ (Reumuth/Winkelmann 1991: 263). Am häufigsten wird dies im Deutschen durch die Wendung ‚gerade etwas getan haben‘ ausgedrückt, sodass eine im presente konjugierte Form von acabar im Deutschen mit dem Perfekt und eine im préterito imperfecto konjugierte Form mit dem Plusquamperfekt wiedergegeben wird. < acabar de + infinitivo > wird für gewöhnlich weder im préterito perfecto oder im futuro verwendet, noch in den Formen des condicional. Darüber hinaus beschreibt die RAE (2009: 2164), dass die Verbalperiphrase mit Verben, die auf vorübergehende Zustände referieren, kombiniert werden kann (Acaba de sufrir una grave enfermedad), jedoch nicht mit Verben, die dauerhafte Zustände ausdrücken (*Acaba de parecerse a su padre). Im Kontext der Verneinung ist die Verwendung dahingehend eingeschränkt, als dass die Verbalperiphrase nur entweder im Sinne von no es cierto que oder in der Kombination mit entender/enterarse verwendet werden kann (ebd.: 2165).
Die RAE unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Gebrauchsarten von < acabar de + infinitivo >: zum einen – wie bereits erwähnt – als perífrasis de anterioridad reciente (‚gerade etwas getan haben‘) und zum anderen als perífrasis de fase (‚etwas beenden zu tun‘). Hinsichtlich der untersuchten Übersetzungen (siehe Anhang 2) werden nur in seltenen Fällen beide Gebrauchsarten in der deutschen Übersetzung integriert:
(28) Sp. Acababa de afeitarse cuando el agente Leandro Pornoy le reveló las intenciones de los hermanos Vicario. [1002, 4, 60]
(29) Dt. Er beendete gerade seine Rasur, als der Polizist Leandro Pornoy ihm die Absichten der Brüder Vicario offenbarte. [1002, 4, 60]
[...]
1 Alle Hervorhebungen, Markierungen und Unterstreichungen in den kontrastiven Beispielen aus dem Parallel Corpus – auch jene in den folgenden Beispielen der Arbeit – dienen einer besseren Orientierung und wurden durch SR vorgenommen. Diese Bearbeitung ist so nicht im Original vorzufinden.
2 Häufig wird – wie auch in dieser Arbeit – „das Adjektiv ‘aspektuell‘ oder ‘aspektual‘ wohl notgedrungen mit Bezug sowohl auf das Hyperonym Aspektualität als auch auf das Hyponym Aspekt gebraucht“ (Andersson 2011: 6). Dies ist insofern problematisch, als dass eine „ausreichende Differenziertheit der Terminologie für die grundlegendsten Unterscheidungen“ (ebd.) ein schwer zu erfüllendes Desiderat bleibt.
3 In den slavischen Sprachen (z.B. bulgarisch, sorbisch, polnisch, russisch, serbisch, tschechisch oder ukrainisch) entsteht durch Präfigierung eines imperfektiven Aoriststamms ein perfektives Verb, welches dadurch in morphologischer Aspektkorrelation zum imperfektiven Aorist steht (vgl. Haßler 2016: 182).
4 An dieser Stelle sollen die Termini „lexikalischer Aspekt“ und „lexikalisch-syntaktischer Aspekt“ bewusst nicht angewandt werden, da die Bezeichnung „Aspekt“ im Sinne Pottiers (2012: 141) ausschließlich auf die grammatisch-morphologische Ausdruckskategorie referiert, welche sich hauptsächlich in der Korrelation der beiden Zeiten imperfecto und indefinido äußert.
5 In darauffolgenden Verwendungen abgekürzt mit RAE.
6 Neben Belletristik (ca. 80%) umfasst die Sammlung auch Sachtexte verschiedener Gattungen (Essays, Ratgeberliteratur, biographische und populärwissenschaftliche Texte). Um eine vielfältigere Textgrundlage bereitzustellen, enthält der Parallel Corpus German/Spanisch (PaGeS) genannte Werke nicht in ihrer vollständigen Form, sondern lediglich in Auszügen. Herausgeber des Parallel Corpus German/Spanisch (PaGeS) ist die Forschungsgruppe SpatiAIEs (Spatial Relations German/Spanish), die an der Universität Santiago de Compostela tätig ist.
7 Synonym zu < empezar a + infinitivo > ist die Verbalperiphrase < comenzar a + infinitivo > zu verstehen. Jedoch resultieren in Parallel Corpus German/Spanisch (PaGeS) nur eine halb so große Anzahl an Suchergebnissen als hinsichtlich < empezar a + infinitivo >.
8 Der Begriff Übersetzungslösung wird im Folgenden abgekürzt durch ÜL.
- Citar trabajo
- Stefanie Rottler (Autor), 2021, Inchoative und terminative Aspektualität mittels Verbalperiphrasen. Ein Vergleich von Übersetzungslösungen literarischer Texte im Spanischen und Deutschen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1234822
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