Titel dieser Arbeit ist „Machtergreifung des Nationalsozialismus und Maßnahmen zur Machtsicherung“. Dahinter verbirgt sich die zentrale Fragestellung, welche Umstände dazu führten, dass die Nationalsozialisten die Macht ergreifen sowie eine Diktatur etablieren konnten und welche Maßnahmen bzw. Strategien sie später zur Machtsicherung unternommen haben. Bereits in meiner Schulzeit wurde das Interesse an dieser Thematik geweckt. Insbesondere lag mein Interessenschwerpunkt auf der Erkundung der Frage, wie Hitler die Macht ergreifen konnte, obwohl es zu dieser Zeit schon demokratische Strukturen in der Weimarer Republik gab.
Aufgrund meines Studiengangs Handelslehramt mit Unterrichtsfach Politik ist es mir zudem ein persönliches Interesse, künftige Schülerinnen und Schüler, auch an der Berufsbildenden Schule, mit diesem Thema zu konfrontieren. Der Bundesverfassungsschutz berichtete im Mai 2007 über den Deutschlandfunk, dass Jugendliche trotz intensiver Aufklärungsbemühungen Defizite im Wissen über die Zeit des Dritten Reiches aufweisen. Als Handelslehrer trage ich Verantwortung dafür meinen Schülern nicht nur rein ökonomische Kenntnisse zu vermitteln. Die Historie hat gezeigt, dass Kriege oftmals aus Unwissenheit und Vorurteilen gegenüber Anderen resultieren. Ein präventives und wirksames Mittel zur Vermeidung von Kriegen ist somit Aufklärungsarbeit in der Schule. Zudem ist es meine Pflicht wissenschaftliche, fundierte Informationen an meine Schülerinnen und Schüler weiter zu geben. Diese Arbeit bietet einen geeigneten Rahmen, um mir dieses Wissen anzueignen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. „Machtübernahme“ oder „Machtergreifung“ -
Versuche der Begriffsklärung
3. Entstehung der Weimarer Republik
3.1 Die erste demokratische Wahl zur Nationalversammlung
3.2 Probleme der Weimarer Verfassung
4. Der erste Schlag gegen die Demokratie unter Brüning
4.1 Die Vorboten zur späteren Diktatur
4.2 Das erste Präsidialkabinett
4.3 Die geänderte Sichtweise der Juristen
4.4 Die Machtfülle des Reichspräsidenten
4.5 Die Reichspräsidentenwahl 1932 und das Ende Brünings
4.6 Hindenburgs Notverordnungspolitik wird nützlich
5. Die Weimarer Republik unter von Papen
5.1 Die Reichstagsauflösung und das Kabinett unter Papen
5.2 Differenzierte Betrachtungsweise: Führung oder Macht
5.3 Ministerposten zur Diktatur
6. Kurt von Schleicher als letzter Reichskanzler der Weimarer Republik
6.1 Das Hindenburgkabinett
6.2 Eine Chance für die NSDAP
7. Ein Einblick in die wirtschaftliche Situation der Weimarer Republik - Das Prinzip der antizyklischen Wirtschaftspolitik -
8. Die NSDAP - Aufstieg zur Macht
8.1 Die Gründungsphase
8.2 Hitlers Stärken
8.3 Die Reichstagswahlen 1932 – Kein Erfolg für den „legalen“ Weg?
8.4 Entscheidung der Kanzlerfrage
8.5 Der Einfluss der Reichswehr bei der Machtergreifung
9. Erste Strategie: Die politische und rechtliche Machtsicherung
9.1 Die Reichstagsauflösung und das Verordnungspaket
9.2 Die Reichstagsbrandverordnung
9.3 Die letzten Tage vor Hitlers Ermächtigungsgesetz
9.4 Die Abstimmung zum „Ermächtigungsgesetz“
10. Zweite Strategie: Gleichschaltung
10.1 Ausschaltung der Gewerkschaften
10.2 Ausschaltung der Opposition
10.3 Die Deutsche Arbeitsfront
10.4 Umstrukturierung der Verwaltung
10.5 Gleichschaltung der Länder
10.6 Geburtsstunde der Gestapo
10.7 Gleichschaltung der Presse und der Massenmedien
10.8 Der Weg zur „Volksgemeinschaft“
10.9 Das Ende der „Machtergreifung“
11. Dritte Strategie: Die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung während des „Dritten Reiches“ in drei Phasen
11.1 Beschreibung der Phasen der Wirtschaftsentwicklung
11.2 Finanzierung der Aufrüstung und der „Arbeitsbeschaffung“
11.3 Wege zur Finanzmittelbeschaffung
11.3.1 Der Mefo-Wechsel
11.3.2 Steuergutscheine und Reichsanleihen
11.3.3 Die „Reichskreditkassenscheine“
11.3.4 Goldraub zur Finanzierung
11.4 Autarkiebestrebungen
11.4.1 Autarkiebestrebungen in der Landwirtschaft
11.4.2 Autarkiebestrebungen bei Devisen
11.4.3 Autarkiebestrebungen in Wirtschaft und Industrie
11.5 Die „Arbeitsbeschaffungsprogramme“
11.5.1 Reichsautobahn
11.5.2 Arbeitsbeschaffung durch Rüstung
11.5.3 Arbeits- und Sozialpolitik
11.5.4 „Treuhänder der Arbeit“
11.5.5 Arbeit wird zum Arbeitszwang
11.5.6 Beginn der Zwangsarbeit
11.6 Hitlers Ideologie und deren Herkunft
11.7 Das Volk im Nationalsozialismus
11.7.1 Die Jugend: HJ und BDM
11.7.2 Bildungswesen
12. Aly, Götz: Hitlers Volksstaat – Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus – Kritische Beleuchtung der Begriffe „Zustimmungsdiktatur“ und „Gefälligkeitsdiktatur“
Schluss
Ausblick
Literaturverzeichnis
Monografien
Herausgeberschriften
Zeitschriften
Internetquellen
1. Einleitung
Titel dieser Arbeit ist „Machtergreifung des Nationalsozialismus und Maßnahmen zur Machtsicherung“. Dahinter verbirgt sich die zentrale Fragestellung, welche Umstände dazu führten, dass die Nationalsozialisten die Macht ergreifen sowie eine Diktatur etablieren konnten und welche Maßnahmen bzw. Strategien sie später zur Machtsicherung unternommen haben. Bereits in meiner Schulzeit wurde das Interesse an dieser Thematik geweckt. Insbesondere lag mein Interessenschwerpunkt auf der Erkundung der Frage, wie Hitler die Macht ergreifen konnte, obwohl es zu dieser Zeit schon demokratische Strukturen in der Weimarer Republik gab.
Aufgrund meines Studiengangs Handelslehramt mit Unterrichtsfach Politik ist es mir zudem ein persönliches Interesse, künftige Schülerinnen und Schüler, auch an der Berufsbildenden Schule, mit diesem Thema zu konfrontieren. Der Bundesverfassungsschutz berichtete im Mai 2007 über den Deutschlandfunk, dass Jugendliche trotz intensiver Aufklärungsbemühungen Defizite im Wissen über die Zeit des Dritten Reiches aufweisen. Als Handelslehrer trage ich Verantwortung dafür meinen Schülern nicht nur rein ökonomische Kenntnisse zu vermitteln. Die Historie hat gezeigt, dass Kriege oftmals aus Unwissenheit und Vorurteilen gegenüber Anderen resultieren. Ein präventives und wirksames Mittel zur Vermeidung von Kriegen ist somit Aufklärungsarbeit in der Schule. Zudem ist es meine Pflicht wissenschaftliche, fundierte Informationen an meine Schülerinnen und Schüler weiter zu geben. Diese Arbeit bietet einen geeigneten Rahmen, um mir dieses Wissen anzueignen.
Auch die Öffentliche Diskussion um aktuelle rechtsextremistische Vorfälle sowie der aktuelle Verfassungsschutzbericht vom Dezember 2007 zeigen, dass weiterer Aufklärungsbedarf dringend geleistet werden muss.
Mein Thema „Machtergreifung des Nationalsozialismus und Maßnahmen zur Machtsicherung“ beleuchte ich auf Grundlage der Literatur aus politischer, gesellschaftlicher, juristischer sowie ökonomischer Sichtweise[1].
Zu Beginn meiner Arbeit möchte ich im ersten Kapitel die Begriffe Machtergreifung und Machtübernahme voneinander abgrenzen, da diese beiden Begriffe unterschiedliche Konnotationen aufweisen und trotz allem in der Literatur oft synonym verwendet werden. Wie aus der Fragestellung ersichtlich wird, stellt der Begriff der Machtergreifung ein zentrales Element dar. Diesen Begriff werde ich folglich für diesen Prozess verwenden.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Entstehung der Weimarer Republik und ihren Problemen, die im Zusammenhang mit der Weimarer Verfassung und der Notverordnungspolitik Hindenburgs standen.
Anschließend wird im Kapitel drei die Regierungszeit des Reichskanzlers Heinrich Brünings dargestellt, weil in dieser Zeit der erste Aushöhlungsversuch der Weimarer Republik mittels Präsidialkabinett erfolgreich unternommen wurde. Dieses Ereignis zog eine veränderte juristische Sichtweise nach sich, die der Machtergreifung der Nationalsozialisten später dienlich sein sollte. Anschließend möchte ich die Machtfülle des Reichspräsidenten Hindenburg näher beleuchten, da diesem in der Weimarer Republik eine spezielle Rolle zuzuordnen ist. Dem Reichspräsidenten stand u.a. das Recht zu, den Kanzler zu ernennen und ihn zu entlassen; dies hatte entscheidenden Einfluss auf die Ereignisse, die zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten führten. Zum Ende des dritten Kapitels werde ich die Gründe der Regierungsniederlage des Reichskanzlers Brüning näher beleuchten, da hierbei nicht nur politische sondern auch persönliche Gründe mitwirkten. Nachdem Kurt von Schleicher, Leiter des Reichswehrministeriums, durch seine Intrigen und dem guten Verhältnis zum Reichspräsidenten dafür gesorgt hatte, dass Brüning zum Kanzler ernannt wurde, beeinflusste er auch maßgeblich die Wahl Franz von Papen zum neuen Reichskanzler.
Papens Regierungszeit wird im vierten Kapitel näher erläutert, da in seiner Amtszeit das Regieren mittels Präsidialkabinett weiter geführt wurde. Hier werde ich auf die differenzierte Betrachtungsweise der Begriffe Führung und Macht eingehen, da diese als strittig angesehen wurden. Anschließend werde ich auf die wichtigsten Führungspositionen zur Etablierung einer Diktatur eingehen.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit der Regierungszeit des letzten Reichskanzlers der Weimarer Republik Kurt von Schleicher. Das sogenannte „Hindenburgkabinett“ sollte unter Schleicher umgesetzt werden. Die NSDAP sollte sich an der Regierungsarbeit beteiligen, jedoch hatte sich Hitler strikt gegen eine Kooperation ausgesprochen.
Im weiteren Verlauf möchte ich die wirtschaftliche Situation Deutschlands im Kapitel sechs näher beleuchten und die vielfältigen Probleme aufzeigen, denen sich die Weimarer Republik stellen musste. Die wirtschaftliche Not trug maßgeblich dazu bei, dass die Wahlpropaganda der NSDAP auf fruchtbaren Boden fiel.
Das siebte Kapitel beschäftigt sich mit der Gründung der NSDAP, Hitlers Stärken und den Reichstagswahlen 1932 nach denen Hitler für den Posten als Reichskanzler kategorisch abgelehnt wurde. Im Abschnitt 8.4 werde ich der Frage nachgehen, welchen Personen es Hitler zu verdanken hatte, dass Hindenburg ihn am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannte. Zum Schluss der Machtergreifung werde ich zur Schuldfrage der Reichswehr Stellung nehmen.
Im achten Kapitel werde ich zwei Strategien erläutern, die es den Nationalsozialisten erlaubten ihre Macht auszuweiten und zu sichern. Diese sind das Ermächtigungsgesetz, die Gleichschaltung sowie die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung während des Dritten Reiches.
In diesem Zusammenhang stelle ich als erste Maßnahme den Weg bis zum Ermächtigungsgesetz vor.
Kapitel neun befasst sich im Rahmen der zweiten Strategie mit der Gleichschaltung der Gewerkschaften, der Ausschaltung der Opposition und der Schaffung neuer Organisations- und Verwaltungsstrukturen. Anschließend wird der Weg über die Gleichschaltung der Länder, Presse, Medien, der „Volksgemeinschaft“ und der „Nacht der langen Messer“ bis zum Tod des Reichspräsidenten am 02. August 1934 näher beschrieben. Nach dem Tode Hindenburgs wurde die Reichswehr auf den Führer und Reichskanzler Adolf Hitler vereidigt. An diesem Punkt war die rechtliche Machtsicherung abgeschlossen.
Das zehnte Kapitel beschäftigt sich mit der dritten Strategie, in der die wirtschaftlichen Probleme des Dritten Reiches aufgezeigt werden. Hier stelle ich die Wege zur Finanzmittelbeschaffung dar. Unter diesen sind z.B. die Mefo-Wechsel (Metallurgische Forschungsgesellschaft), die Reichskreditkassenscheine und der Goldraub zu nennen. Es folgt der Schritt zur Autarkie des Dritten Reiches vom Weltmarkt im Bereich Landwirtschaft, Devisen sowie in der Wirtschaft und der Industrie. Einen weiteren Schritt zur Machtsicherung stellten die Arbeitsbeschaffungsprogramme und die Aufrüstung dar.
Im weiteren Verlauf betrachte ich die Ideologie Hitlers und gehe anschließend auf die Hitlerjugend, den Bund Deutscher Mädel (BDM) und auf das veränderte Bildungswesen dieser Zeit ein.
Das elfte Kapitel beschäftigt sich mit einer anderen Sichtweise des Dritten Reiches.
Für Götz Aly liegt der Grund am Expansionskrieg vorrangig im Finanziellen und nicht im Antisemitischen. Er beschreibt in seinem Buch „Hitlers Volksstaat“ detailliert die Ausplünderung der besetzten Länder wie z.B. Frankreich, Belgien, Niederlande, Polen und Teile der Sowjetunion. Die geraubten Gegenstände, Gelder sowie Nahrungs-Genuss- und Luxusartikel wurden ins Reich transportiert und an die Bevölkerung verkauft. Der Erlös dieser Verkäufe floss dem Deutschen Reich zu. Die Besitztümer der ermordeten Juden gingen in den Staatshaushalt über und stellten eine Einnahmequelle für den Staat dar, um die enormen Staatsausgaben im sozialen Bereich aufrechterhalten zu können. Zum Schluss folgt eine kritische Beleuchtung der Begriffe „Zustimmungsdiktatur“ oder „Gefälligkeitsdiktatur“, da Aly mit diesen Begriffen versucht, einen weiteren Blickwinkel auf den Genozid zu werfen.
2. „Machtübernahme“ oder „Machtergreifung“ -
Versuche der Begriffsklärung
In der Literatur und im heutigen Sprachgebrauch werden die Begriffe „Machtergreifung“ und „Machtübernahme“ synonym verwendet. Es gilt jedoch zu hinterfragen, ob diese Begriffe auch damals schon synonym verwendet worden sind, und dieselbe Bedeutung hatten wie heute? Aus stenografischen Aufzeichnungen geht diese differenzierte Betrachtung eher nicht hervor[2]. Auch können ungewollte Verfälschungen[3] so gut wie ausgeschlossen werden. In aufgezeichneten Reden damaliger nationalsozialistischer Politiker wie Hitler oder Goebbels, ist nur von anderen Sinnverwandtschaften zu hören z.B. „Tag der nationalen Erhebung“, „die Macht errungen“, „die Macht erhalten“ oder „an die Macht gekommen“. Sind diese Worte einfach nur zufällig gewählt worden oder hatten sie eine bestimmte Konotation[4] ?
Norbert Frei verbindet mit dem Begriff „Machtergreifung“ eher einen „kämpferischen Akt, einen heroischen Sieg“[5] über das marode gewordene System der Weimarer Republik. Diese Worte könnten einen Unterton innehaben, der sich eher auf eine nicht legitime Aneignung der Macht beziehen könnte.
Hitler hatte nie auf der Terminologie bestanden, dass seine „Bewegung“ die Macht am 30. Januar 1933 ergriffen hat[6]. Jedoch könnte diese Aussage, die er an diesem Tag abgegeben hatte, auch bewusst so gewählt worden sein, um kein weiteres Aufsehen zu erregen. Ein Jahr später hatte Hitler den Ausdruck „Machtergreifung“ immer noch nicht verwendet. Ob dies nun absichtlich war, oder Hitler lieber ein anderes Wort hierfür nutzte, bleibt bis heute ungeklärt[7]. Auch in einem Dankschreiben an Mussolini schreibt Hitler nicht von „Machtergreifung“ sondern von „Machtübernahme“[8]. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Wortprägung nicht auf Hitler zurückzuführen ist[9]. Auch Goebbels verwendete diesen Begriff „Machtergreifung“ nicht direkt. Aus seinen Tagebucheinträgen gehen eher Begriffe wie z.B. „die Macht […] gewinnen“ hervor[10].
Der Begriff „Machtübernahme“ lässt eher auf „Gesetzmäßigkeit, Normalität [und] Solidarität“[11] schließen. Leider hat jedoch dieser Begriff eher einen „technokratische[n] Beigeschmack“ und damit etwas von „Gewöhnlichkeit“[12]. Für den eigentlichen Zweck, also für die Propaganda, wäre der Terminus „Machtergreifung“ deshalb sinnvoller: Er verbindet wichtige Elemente wie „Kampf, Aktion, Bewegung [und] Eroberung“[13]. Allerdings hätte dies auch wieder Probleme für die legale Übernahme der Macht bringen können. Hierin ist wohl auch der Grund zu finden, warum sich die Naziführung gegen diesen Begriff gewendet hat. Die Beiden Termini werden heute also gleichbedeutend benutzt, jedoch hat sich eine Präferenz des Wortes „Machtergreifung“ herauskristallisiert. Im Gegensatz zu „Röhmputsch“ oder „Reichskristallnacht“ haben sie nicht so Starke, besser gesagt keine propagandistisch-verfälschte Wortprägung bekommen[14].
Selbst die 13. Auflage des Rechtschreibdudens 1947 enthielt die Begriffe „Machtergreifung“ und „Machtübernahme“ nicht[15]. In der von mir verwendeten Literatur wird zumeist der Begriff Machtergreifung benutzt, welchen ich im Folgenden auch verwenden werde, da dieser die illegale Konnotation für mich besser widerspiegelt.
3. Entstehung der Weimarer Republik
Der Friedensvertrag von Brest-Litowsk, der von den Deutschen im Februar 1918 unterzeichnet wurde, war einen Monat alt, als die Truppen zur großen Offensive “Michael“ in Frankreich losstürmten. Aus den festgefahrenen Stellungskämpfen sollte ein Bewegungskrieg entstehen. Doch dieser währte nur einige Monate und die Kräfte der deutschen Armee waren aufgerieben worden. Kurz vor der Gegenoffensive forderte die deutsche Heeresleitung die Regierung unter Max von Baden auf, mit den Alliierten in Friedensverhandlungen zu treten[16]. Am 03.Oktober 1918 bot die deutsche Regierung, aufgrund des 14-Punkte-Planes des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, den Alliierten einen Waffenstillstandsvertrag an. Einige Tage später reiste der deutsche Kaiser Wilhelm II. nach Spa in Belgien, um sich mit seiner Armeeführung zu beraten[17].
Zeitgleich legte der letzte Reichskanzler Prinz Max von Baden sein Amt nieder und übergab seine Regierungsgeschäfte an den Vorsitzenden der stärksten Fraktion im Reichstag Friedrich Ebert (SPD). Es wurde zu dieser Zeit vermutet, dass es einen Militärputsch im Reich geben könne, an dessen Spitze sich der Kaiser selbst stellen würde[18].
Am 03. November 1918 kam es in Kiel zum Aufstand der Matrosen und Admirale der Kriegsmarine. Die deutsche Admiralität hatte der Kriegsmarineflotte den Befehl gegeben auszulaufen. Hierbei setzten sie sich über eine ausdrückliche Anordnung aus Berlin hinweg. Aus Protest hiergegen bildeten sich im ganzen Reich die Arbeiter- und Soldatenräte. Vorrangiges Ziel war es, der Regierung in Berlin „das Gesetz des Handelns“ in die Hände zu legen, um mit den alliierten Truppen über Frieden und die Aufhebung der Blockade gegen Deutschland zu verhandeln[19].
Aus Angst vor realer oder imaginärer Gefahr von radikalen, bewaffneten Kräften, die nach russischem Vorbild eine Räterepublik errichten wollten, kam der Ausruf der deutschen Republik von Philipp Scheidemann. Er war ein Mitglied der Mehrheitssozialisten. Somit ist Scheidemann dem geplanten Ausruf der „freien sozialistischen Republik“ von Karl Liebknecht zuvor gekommen. Scheidemann kann somit als Vater der Weimarer Republik angesehen werden[20]. Seinen Gedanken und seiner Partei nach, müsse in Deutschland ab sofort an einer „verfassungsmäßig autorisierten und demokratisch legitimierten Regierung“ gearbeitet werden[21].
Das voreilige Handeln Scheidemanns hatte einen Konflikt zwischen der SPD, welche eine Verfassung etablieren wollte, und dem „Spartakusbund“, der eine „sozialistische Republik“ für Deutschland vorsah, zur Folge[22].
3.1 Die erste demokratische Wahl zur Nationalversammlung
Die am 19. Januar 1919 gewählte und am 06. Februar 1919 in Weimar tagende Nationalversammlung wurde von Mehrheitssozialisten dominiert. Es wurde eine Wahlbeteiligung von 83% erreicht, und die Sozialdemokraten hatten fast 38% der Stimmen erhalten. Zusammen mit dem Zentrum und der Demokratischen Volkspartei, welche 20% und 18,5% der Mandate erhielten, hatte diese Koalition die notwendige Mehrheit, um eine Verfassung zu unterzeichnen, welche am 21. Februar 1919 vorgelegt wurde. Des Weiteren hatte die Koalition die Aufgabe das Ultimatum zur Friedensvertragsunterzeichnung bis zum 23. Juni 1919 einzuhalten[23]. Am 29. Mai 1919 wurde versucht die Forderungen der Alliierten als nichterfüllbar zu zeigen, um einen abgeänderten Friedensvertrag zu erwirken. Als Reaktion bekamen die deutschen Volksvertreter von Clemenceaus, dass die Annahme dieses Friedensvertrages nur bedingungslos erfolgen könnte. Da im Parlament die Befürworter bereits eine Mehrheit errungen hatten, beugte sich die Nationalversammlung und unterschrieb den Versailler Vertrag, der in den nächsten Jahren, noch bis zu den Nationalsozialisten, für Spannungen in den einzelnen Parteien und Interessensgruppen der Republik sorgte[24].
Entstanden Diskussionen oder Meinungsverschiedenheiten, bildeten sich Flügel in den Parteien, von denen die sich übergangen fühlten. Dies war nicht die Flexibilität, die ein solches Staatsexperiment in Deutschland mit sich bringen musste, um funktionieren zu können[25].
„Diese Parteien waren reine Klassen- und Interessenparteien [und] ihren Führern ging es […] nur um „die Sache der eigenen Klientel“[26] d.h. nur die eigenen Wähler waren wichtig. Aber bevor eine Partei Gefahr lief, das Vertrauen ihrer Wähler wegen einer unpopulären Politik zu verlieren, trat sie lieber aus dem Kabinett aus, statt sich auf mühselige Kompromisse oder ähnliches einzulassen[27]. Sie waren auch nicht immer bereit oder erfreut über eine Regierungsbeteiligung. Oft ging es bei der SPD und der KPD nur darum, ihre parteieigenen Interessen gegenüber den anderen Parteien und Interessengruppen zu vertreten. Deshalb war sich die SPD auch nicht sicher, ob sich z.B. proletarische Interessen besser in der Regierung oder doch eher in der Opposition vertreten ließen[28].
Höhne schreibt dazu, dass „die deutschen Parteien nie gelernt [hatten], politische Verantwortung zu[29] “ übernehmen. Dies hatten sie nicht gelernt, aber wie man politischen Einfluss übt, ohne der Öffentlichkeit Verantwortung schuldig zu sein, das hatten sie sich von ihrem Lehrmeister Bismark während des Zweiten Reiches abgeschaut. Das Prinzip der vollen Ministerverantwortung wurde also aus Eigennützigkeit nicht weiter verfolgt und nicht etabliert[30].
Das Land versank in dieser Zeit immer mehr in Reibereien. Nicht nur innerhalb der Politik, sondern auch in der Gesellschaft. Am 04. März 1919 musste ein in Berlin ausgerufener Streik des Arbeiter- und Soldatenrates mit militärischer Gewalt begegnet werden, da dieser aus dem Ruder lief. Dieses Ereignis wurde später bekannt als die „Berliner Blutwoche“[31].
Die Streitpunkte dieser Jahre betrafen die Sozialisierung und die Sozialpolitik[32]. Politisch war keine Regierungsarbeit fruchtbar, da sie von einem Teil der Parteien oder der Bevölkerung nicht akzeptiert wurde. Die Parteien waren völlig zerstritten[33]. Die ersten Weimarer Regierungen hatten den „Schmachfrieden“ von Versailles einer Besetzung Deutschlands durch die Siegermächte vorgezogen. Damit hatten sie auch die Folge zu tragen, die der jungen Staatsform aufgebürdet wurde: Reparationszahlungen in ungeheurer Höhe. Doch nicht nur die finanziellen Aspekte nagten am neuen Staate, sondern auch die „akzeptierte Kriegsschuldlüge“[34], die aus dem Artikel 231 des „Schanddiktats“ hervorging:
Artikel 231
Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären und Deutschland erkennt an, dass Deutschland und seine Verbündeten als Urheber aller Verluste und aller Schäden verantwortlich sind, welche die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Angehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben[35].
3.2 Probleme der Weimarer Verfassung
Die oben genannten Probleme, wie z.B. die Kriegsschuldlüge und andere Demütigungen aus dem Versailler Vertrag, waren nicht zu unterschätzende psychologische Faktoren, die später immer wieder als Zündstoff für z.B. Hitler und seine Agitatoren dienten[36].
Nicht nur Versailles brachte Probleme mit sich. Auch die Verfassung selber hatte Angriffspunkte, die man sich später zu nutzen machte. Sie enthielt z.B. Art. 25 zur Reichstagsauflösung, Art. 48 der wesentliche Grundrechte außer Kraft setzte, um mit „Notverordnungen“ -sie enthoben den Zwang zur Konsensbildung[37] - regieren zu können. Zudem beinhaltet sie auch den Art. 53 zur Ernennung und Entlassung von Ministern und Kanzlern. Jasper nennt diese „Notverordnungspolitik“
„Reserveverfassung“[38]. Alle Artikel waren dazu gedacht, die Republik zu schützen.
Der junge Staat hatte sich erfolgreich gegen rechte und linke Angriffe mit Hilfe von Sondergesetzen zum Schutz der Republik sowie mit Waffengewalt gewehrt.[39] Gegen einen sogenannten legitimen, auf der Verfassung ruhenden Angriff seitens einer nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) waren Politiker und Parteien noch nicht gewappnet.
4. Der erste Schlag gegen die Demokratie unter Brüning
4.1 Die Vorboten zur späteren Diktatur
Dr. Heinrich Brüning war der Fraktionsvorsitzende der Zentrumspartei im Reichstag.
Die 5-Parteien-Regierung unter dem SPD-Kanzler Hermann Müller war gescheitert[40]. Brüning sollte seine Nachfolge antreten, von der er selber nicht begeistert war. Er wollte nicht einer Regierung in den Rücken fallen, die er selbst getragen hatte. In seinen Augen war Müller „noch nicht amtsmüde[41] “. Die Große Koalition war seine Möglichkeit zu regieren. Dem Parlamentarismus wollte er nicht den Rücken kehren und stattdessen ein Präsidialkabinett errichten. Aber alle Vermittlungsversuche, das Kabinett Müllers zu retten, waren erfolglos[42]. Es zerbrach letztlich an einem halben Prozent Beitragserhöhung zur Arbeitslosenversicherung[43]. Die Regierung war gescheitert und die SPD schied aus der Regierung aus. Deutschlands Katastrophe nahm am 27. März 1930 ihren Lauf[44].
Als der Reichspräsident v. Hindenburg den neuen Kanzler ernannte, war Brüning vorher das Kabinett beschrieben worden. Es sollte ein „Rechtsruck“ erfolgen und ohne eine Koalition mit den „Sozis“ regiert werden. Das neue Kabinett sollte antiparlamentarisch und antimarxistisch sein, wenn es nach dem Willen des Reichspräsidenten ging. Befürworter dieses Kabinetts waren der Ansicht, dass die Erreichung der „wirtschaftlichen und außenpolitischen Ziele“ nur „ohne die SPD“ möglich wäre[45]. Brüning tat sich schwer damit, die Sozialdemokraten aus den Entscheidungen herauszuhalten. Die SPD tolerierte den Brüningschen Kurs um zumindest eine „semiparlamentarische“ Rückbildung des Präsidialkabinetts zu erreichen[46]. Brüning hoffte immer auf die Zustimmung und Toleranz der SPD, was Hindenburg gar nicht gefiel[47]. Hindenburg und Schleicher hielten die Sozialdemokraten außerdem für „regierungsunfähig“, da sie Aufrüstung und die Reichswehr kritisierten[48]. Brüning hingegen wollte sich nur ungern auf Hindenburgs Notverordnungen stützen und stattdessen durch Mehrheitsbeschlüsse und Kompromisse regieren, was jedoch nicht hieß, dass Brüning zu einem „parlamentarisch-demokratischen Parteienstaat“ zurückkehren wollte[49]. Diese waren in seinem Kabinett aber schwer zu erringen. Es bestand aus Zentrum/DDP/BVP/DVP sowie allen Splitterparteien, um einer Regierung mit der SPD ausweichen zu können[50]. Außerdem äußerte Brüning Bedenken, dass der Zustrom von ausländischen Krediten absinken könne, falls die Nazis an der Macht beteiligt werden würden[51].
4.2 Das erste Präsidialkabinett
Brünings Kabinett war der letzte Versuch, mit einer parlamentarischen Mehrheit die Wirtschaftskrise, unter der Deutschland seit dem Ende des Ersten Weltkrieges litt, entgegen zu steuern. Sollte dies nicht möglich sein, werde auf Notverordnungen zurückgegriffen[52]. Die Notverordnungspolitik der weiteren Zeit könnte somit als temporäre, diktatorische Regierungsvariante ausgelegt werden. Das Legalitätsdenken und Handeln war durch die Aktion Brünings stark beschädigt worden. Diese lässt sich wie folgt schildern:
Brüning brachte am 16. Juli 1930 für den Haushalt eine Deckungsvorlage in den Reichstag ein, die vom Parlament abgelehnt wurde[53]. Auch die Große Koalition unter Müller scheiterte an den Finanzen des Staates. Brüning hoffte, dass ihm eine Abstimmungsniederlage erspart blieb, da er ja nicht mit der Zustimmung der SPD rechnen „durfte“. Dieses kleine Deckungsprogramm wurde auch genehmigt. Daraufhin wollte er ein größeres Projekt beschließen lassen. Da die DVP jedoch darin die Interessen der Unternehmer beeinträchtigt sah, und die SPD die Deckungsvorlage nur tolerieren würde, wenn die Bürgersteuer nicht mehr diskutiert werden würde, verlor er die Abstimmung[54].
Per Notverordnung setzte Brüning die abgelehnte Deckungsvorlage trotzdem um. Das Parlament hebt jedoch die Verordnung mittels eines Außerkraftsetzungsantrages gemäß Art. 48 Abs. 3 WV wieder auf[55].
Artikel 48
(1) Wenn ein Land die ihm nach der Reichsverfassung oder den Reichsgesetzen obliegenden Pflichten nicht erfüllt, kann der Reichspräsident es dazu mit Hilfe der bewaffneten Macht anhalten.
(2) Der Reichspräsident kann, wenn im Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten. Zu diesem Zwecke darf er vorübergehend die in den Artikeln 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 festgesetzten Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen.
(3) Von allen gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 dieses Artikels getroffenen Maßnahmen hat der Reichspräsident unverzüglich dem Reichstag Kenntnis zu geben. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichstags außer Kraft zu setzen[56].
Als Begründung hierfür gibt das Parlament an, dass „eine Notverordnung niemals ein bereits abgelehntes Gesetz ersetzen“ könne[57]. Da Brüning diese Reaktion schon erwartet hatte, verlas er dem entsetzten Reichstag die Auflösungsorder gemäß Art. 25 WV[58].
Artikel 25
(1) Der Reichspräsident kann den Reichstag auflösen, jedoch nur einmal aus dem gleichen Anlaß[59].
Brüning hatte bereits damit gerechnet, dass das Parlament gegen sein Gesetz stimmen würde und hatte sich, in kluger Voraussicht, bereits vom Reichspräsidenten unterzeichnen lassen. Ab dem 26. Juli 1930 konnte Brüning seinen Willen und seine Gesetze bis zum Termin für Neuwahlen durchsetzen[60].
Brüning hatte sich zuvor mit einem Gutachten aus den Reichsinnen- und Reichsjustizministerium abgesichert, dass „keine rechtlichen Bedenken bestehen würden, Steuererhöhungen, ein Agrarsparprogramm und evt. auch die Osthilfe mit dem Art. 48 WV umzusetzen, um möglichen Aufständen in der Landwirtschaft zuvor zu kommen“[61].
Sogar in dieser Zeit war dies ein ungeheuerliches Verhalten. Die Juristen fragten sich, „ob sich [ein] Kanzler und [ein] Reichspräsident über [den ausdrücklichen Willen] des Parlamentes hinwegsetzen durften“[62].
Das Reichsgericht legte klar fest, dass der Reichspräsident eine Notverordnung sooft wiederholen könne, „ wie er sie für richtig halte“[63]. Auch das Parlament dürfe einer Notverordnung von Fall zu Fall zustimmen oder sie ablehnen. Bestätigt wurde auch, dass der Reichstag aufgelöst werden durfte „um den Willen des Kanzlers durchzusetzen“[64]. Sogar der Staatsgerichtshof konnte an den Vorgängen juristisch nichts Falsches finden. Nicht nur der Weg in eine Präsidialregierung war hierdurch geebnet worden, sondern der spätere Weg in die Diktatur durch die Nationalsozialisten wurde Frick und seinen Mitstreitern auf dem Präsentierteller gereicht.[65]
4.3 Die geänderte Sichtweise der Juristen
Diese erstmals von Brüning durchgeführte Prozedur hatte die Interpretation der Art. 48 und 25 WV geändert. Demnach wurde vorher interpretiert, dass in „einer parlamentslosen oder innenpolitischen gefährlichen Situation der Reichspräsident und der Kanzler – letzter als Gegenzeichnungsberechtigter nach Art. 50 WV – die Aufgaben des Parlamentes übernehmen würde, bis ein neuer Reichstag gewählt und seine Arbeit aufgenommen hat“[66].
Artikel 50
(1) Alle Anordnungen und Verfügungen des Reichspräsidenten, auch solche auf dem Gebiete der Wehrmacht, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den Reichskanzler oder den zuständigen Reichsminister. Durch die Gegenzeichnung wird die Verantwortung übernommen.[67]
Doch nun stellten der Reichspräsident und der Kanzler mit der Reichstagsauflösung absichtlich eine parlamentslose Zeit her, um sich über den Willen des Parlamentes hinweg zu setzen. Ab dem 18. Juli 1930 wurde nun, falls der Reichstag eine Notverordnung ablehnt, der Reichstag aufgelöst und diese erneut erlassen[68]. Es gab folglich sechzig Tage in der fast diktatorisch regiert werden konnte.
Diesen Umstand machten sich später auch Frick und Hitler zu nutze um später legal ihr „Verordnungspaket“, welches schließlich am 24.03.1933 im Ermächtigungsgesetz mündete, auf den Weg zu bringen. Alles, was ein Reichskanzler in dieser Zeit brauchte, war der Wille des Reichspräsidenten, die gewünschten und als notwendig erachteten Notverordnungen zu unterzeichnen[69].
4.4 Die Machtfülle des Reichspräsidenten
Im Folgenden möchte ich zum besseren Verständnis, die Machtfülle des Reichspräsidenten seitens der Weimarer Verfassung näher beleuchten. Er ist die Schlüsselperson um eine Diktatur zu errichten. Die Nationalversammlung hatte dem Staatsoberhaupt folgende Aufgaben in die Hände gelegt[70]:
Artikel 53
(1) Der Reichskanzler und auf seinen Vorschlag die Reichsminister werden vom Reichspräsidenten ernannt und entlassen.
Artikel 54
(1) Der Reichskanzler und die Reichsminister bedürfen zu ihrer Amtsführung des Vertrauens des Reichstags. Jeder von ihnen muß zurücktreten, wenn ihm der Reichstag durch ausdrücklichen Beschluß sein Vertrauen entzieht[71].
Der Reichspräsident kann gemäß Art. 53 WV einen Kanzler oder Minister, unabhängig vom Parlament und dessen Meinung, ernennen oder entlassen. Ein Misstrauensvotum war vorher nicht notwendig. Auch ein Kanzler ohne parlamentarische Mehrheit konnte ernannt werden. Sollte einem vom Reichspräsidenten gewünschten Kanzler ein Misstrauensvotum drohen, konnte dieser den Reichstag gemäß Art. 54 WV auflösen und dieser prekären Lage zuvor zu kommen. Somit kann das Misstrauensvotum faktisch als nutzlos betrachtet werden[72].
Der Reichspräsident konnte also einstellen und entlassen wen und wann er wollte. Dies hieß später für Hitler, Frick und seine treuen Gefolgsmänner, dass der Schlüssel zur Macht beim Staatsoberhaupt zu finden war. Frick wird später als Reichsinnenminister dafür sorgen, dass Hindenburg nicht die nationalsozialistischen Abgeordneten entlässt oder anderweitige Kabinettspolitik betreibt. Nicht Hitler wird „eingerahmt“ sondern Hindenburg[73].
Durch die Änderung der Sichtweise zu einem Präsidialkabinett und der veränderten rechtlichen Sichtweise bezüglich der Weimarer Verfassung, waren diese Ereignisse als Schlüssel für die spätere Einmanndiktatur zu betrachten. Der Kanzler und der Reichspräsident machten sich vom Willen des Parlamentes und des Reichstages unabhängig. Sollte Hindenburg nun noch beeinflussbar sein, war nun der Weg für eine Alleinherrschaft des Kanzlers geebnet, so dass dieser die alleinige uneingeschränkte Macht im Reich besaß[74].
Da Brüning aber die Gefahr, die von den Nationalsozialisten ausging, schon klar erkannt hatte, hoffte er, durch einen Antrag die Amtszeit des Reichspräsidenten um zwei Jahre verlängern zu können. Der Grund hierfür könnte in dem guten Verhältnis zu Hindenburg zu sehen sein. Brüning brauchte ihn, um weiter regieren zu können und seine Zustimmung zu Notverordnungen zu erhalten, die Deutschland aus der Talsohle der Wirtschaftskrise befreien sollten[75]. Anschließend sollten Neuwahlen stattfinden und ein arbeitsfähiges Kabinett würde dann die Regierungsgeschäfte wieder übernehmen. Während dieser zwei Jahre hätte sich die Wirtschaft von der Weltwirtschaftskrise erholt und die die Gefahr einer Regierungsübernahme durch die NSDAP wäre gebannt gewesen. Dieser Antrag Brünings blieb erfolglos[76].
4.5 Die Reichspräsidentenwahl 1932 und das Ende Brünings
Die Reichspräsidentenwahl 1932, die die letzte für etliche Jahre sein sollte, hatte zwei Kandidaten. Hitler und Hindenburg. Hitler verlor die Reichspräsidentenwahl 1932 gegen Hindenburg mit 47% zu 53% der Stimmen, womit er auch gerechnet hatte[77]. Hindenburg kandidierte hingegen und rechnete mit zwei Optionen:
1. Hitler könnte die Wahl gewinnen und wäre Reichspräsident in Deutschland. Er hätte das erreicht, was er wollte: Die Macht im Reich.
2. Hitler könnte verlieren. Dann wäre Hindenburg für weitere sieben Jahre das Staatsoberhaupt und könnte weiterhin die Bewegung bremsen.
Die Frage, die sich hieraus ergibt, ist, wenn Hitler sich keine Chancen auf einen Sieg ausgerechnet hatte, warum kandidierte er dann überhaupt? Den amtierenden Reichspräsidenten zur Kandidatur gezwungen zu haben, reichte Hitler und vor allem Frick schon aus, um ihm später drohen zu können. Hindenburg fühlte sich selbst als letztes Bollwerk gegen den radikalen Nationalsozialismus[78] und hatte einer Kandidatur nur zugestimmt, um nicht einen „böhmischen Gefreiten“ als Reichspräsidenten in Deutschland sehen zu müssen, da Hitler hohe Erfolgschancen zugesichert wurden. Brüning übernahm für Hindenburg den Wahlkampf, der diesem zu anstrengend geworden war. Da sich dieser aber auch noch für einen zweiten Wahlgang zur Verfügung stellen musste, nahm er dies Brüning bitter übel[79]. Zwei weitere Jahre im Amt hätte Hindenburg eher akzeptiert als nun weitere sieben Jahre. Er hätte seinen Ruhestand gerne genossen.
Des Weiteren missfiel dem Reichspräsidenten, dass die Kreise, denen er sich verbunden fühlte, ihm ihre Stimmen nicht gegeben hatten, sondern dass Hindenburg seinen Wahlerfolg den Sozialdemokraten und den Kommunisten verdankte, die er ja gar nicht mochte[80]. Die SPD hatte zum Wahlkampf die Parole „Schlagt Hitler! Drum wählt v. Hindenburg![81] “ herausgegeben. Sie nutzten ihn als Bollwerk gegen die „Bewegung“. Hindenburg war trotz des Wahlsieges von seinen Wählern auf die er hoffte tief enttäuscht gewesen[82]. Ferner sollte sich Brünings letzte Notverordnung gegen die Großagrarier richten. Hindenburg hatte diese jedoch abgelehnt, da er sich ihnen sehr verbunden fühlte. Somit hatte Brüning das Vertrauen Hindenburgs verwirkt[83]. Dies war sicher nur ein „Alibi“ Hindenburgs, da die Entlassung Brünings ja schon lange geplant war[84]. Außerdem hatte es Brüning nicht geschafft, die in ihn gesetzte Erwartung von Hindenburg, „eine Einbringung der rechten nationalen Kräfte“[85], zu erfüllen. Brüning wurde später für seine schlechte Wirtschaftspolitik als der „Hungerkanzler[86] “ vom Volk bezeichnet.
Diese Summe von Enttäuschungen ließ in Hindenburg das Gefühl empor steigen, dass Brüning nicht mehr der richtige Mann für das Kanzleramt sei.
Kurt von Schleicher und andere Gegner Brünings machten ihren Einfluss bei Hindenburg geltend[87] und so wurde der relativ unbekannte Franz von Papen zum neuen Kanzler ernannt. Dieser blieb vom 2. Juni 1932 bis 3. Dezember 1932 Amtsinhaber[88].
4.6 Hindenburgs Notverordnungspolitik wird nützlich
Hindenburg, dem nun eine weitere anstrengende Amtsperiode aufgezwungen wurde, stellte sich in den Augen seiner Gegner trotzdem als ein guter „Partner“ dar. Er war es, dem die Nationalsozialisten drohen konnten, wegen der „Notverordnungspolitik der Präsidialkabinette“[89]. Hindenburg hatte diese Politikauffassung durch die Unterschriften unter die Notverordnungen mitgetragen, die jedoch rechtlich als umstritten galt. Hierdurch ist er nach Fricks Auffassung „erpressbar und lenkbar“ geworden[90]. Frick hätte dem Reichspräsidenten mit einer Klage vor dem Staatsgerichtshof bezüglich seiner Notverordnungspolitik gedroht. Ende August 1932 wurde es Frick noch leichter gemacht, nämlich „ durch die Haltung des Reichspräsidenten zur Problematik des Art. 25 WV, der Reichtagsauflösung […] und die Überziehung der […] Frist von 60 Tagen“[91]. Frick sieht hierin eine Eintrittskarte für Hitler in das Kanzleramt[92].
Artikel 25
(1) Der Reichspräsident kann den Reichstag auflösen, jedoch nur einmal aus dem gleichen Anlaß.
(2) Die Neuwahl findet spätestens am sechzigsten Tage nach der Auflösung statt[93].
5. Die Weimarer Republik unter von Papen
5.1 Die Reichstagsauflösung und das Kabinett unter Papen
Auch dem Reichskanzler Franz von Papen blieb eine Reichstagsauflösung nicht erspart, die am 4. Juni 1932 erfolgte. Hindenburg begründete die Auflösung damit, dass „der Reichstag […] nicht mehr dem politischen Willen des deutschen Volkes […] entspricht“[94].
Damals bestand die Meinung, dass die Reichspolitik und die Landespolitik einheitlich sein sollte (Preußenschlag). Es wurde sogar eine Reichsreform für nötig erachtet. Deshalb gab es auch gegen diese Auflösungsorder keine Proteste.
Die Begründung dieser Reichstagsauflösung bedeutete im Grunde „eine Absage an das Föderalismusprinzip von allerhöchster Warte“. Der Föderalismus lebt schließlich auch weiter, wenn die Stimmenanteile einer Partei im Landtag nicht denen des Reichtages entsprechen, solange die Eigenständigkeit der Länder erhalten bleibt z.B. bei Fragen bez. Bildung und Polizei.[95] Diese Auflösung des Reichstages begann damit, dass die KPD einen Misstrauensantrag sowie einen Außerkraftsetzungsantrag stellte gegen Notverordnungen, die Papen erlassen hatte. Dem wollte der Reichskanzler mit einer Auflösungsorder zuvorkommen. Der Reichstagspräsident Göring übersieht dies jedoch - beabsichtigt oder unbeabsichtigt - und ließ unbeirrt durch Papens versuchte Intervention über den Misstrauensantrag abstimmen. Nur 42 von 512 Abgeordneten stimmten für Papen. Damit war der Reichstag aufgelöst[96].
Juristisch war lange fraglich, ob Papen nun gestürzt oder der Reichstag vorher aufgelöst worden war. Für den von Papen mit der Reichstagsauflösung entstandenen Schaden, den das politische Bild wieder einmal erlitten hatte, war diese Frage zweifelsohne unerheblich. Die Regierung hatte es schon wieder nicht geschafft, die Weimarer Republik endlich zu regieren[97]. Gemäß der Zugangstheorie aus §130 BGB war der Reichstag schon während der Abstimmung aufgelöst gewesen[98].
Durch die Reichstagswahl vom 6. November 1932 ergab sich ein weiteres Problem: Wie sollte eine neue Regierung aussehen? Papens Kabinett wurde im Volk als „Kabinett der Barone“[99] bezeichnet, dem viele konservative Adelige angehörten[100]. Sollte es kein Präsidialkabinett mehr geben wäre Hitlers Weg zur Macht vermutlich anders verlaufen[101].
Die Aufhebung des SA-Verbotes folgte einem bestimmten Ziel: Der Reichsregierung war das sozialdemokratische Preußen schon immer unangenehm. Als das Verbot aufgehoben wurde, gingen die verfeindeten Parteien in blutigen Schlachten aufeinander los (Altonaer Blutsonntag). Dass die Landespolizei dies nicht stoppen konnte, war das Infame und rief die Regierung zum Handeln auf. Papen und sein Innenminister Gayl erließen eine Notverordnung, die Papen als Reichskommissar in Preußen einsetzte[102]. Somit war die preußische Regierung, wie schon lange von rechten Parteien gefordert, abgesetzt worden. Als offizielle Begründung für dieses Vorgehen, den sogenannten „Preußenschlag“[103], diente die Aussage, dass Preußen die kommunistischen Gefahr nicht energisch genug bekämpft hätte[104]. Es könnten drei Gründe dafür gesprochen haben, dass gegen den „Preußenschlag“ kein Widerstand kam:
1. Die preußische Regierung besaß „keine demokratische Legitimität“ mehr.
2. Otto Braun, der „einst starke Mann in Preußen“ hatte sich gesundheitsbedingt aus der Politik zurückgezogen.
3. Den Gewerkschaften fehlte die Massenbasis für einen Generalstreik aufgrund er hohen Arbeitslosigkeit[105].
5.2 Differenzierte Betrachtungsweise: Führung oder Macht
Hitler will die Führung in vollem Umfang. Es ist zu bedenken, dass zu dieser Zeit unterschieden wurde zwischen der Führung und der gesamten Macht. Unter der Führung verstand Hitler die „Kanzlerschaft mit der Richtlinienkompetenz[106] “, also nur ausgewählte Posten „zwei höchstens drei politisch gänzlich belanglose Ministerien“[107]. Und unter der gesamten Macht verstand er die „Bestimmung der Minister“ die Hindenburg ernennen sollte[108].
Diese Differenzierung entsprach dem Legalitätsdenken dieser Zeit. Wichtig war nur, dass der Reichspräsident mit den Vorschlägen konform ging, die der Kanzler vorschlug. Der Reichspräsident hatte „selbstverständlich“ auch das Recht, zumindest in der damaligen Rechtsauffassung, die letzte Entscheidung über die Ministerliste zu treffen. Dem Reichpräsidenten wurde zudem das Recht zugesprochen den Reichswehr- und den Reichsaußenminister zu ernennen[109]. Dieses „Recht“ Hindenburgs entspringt einem Vorgang aus dem Jahre 1926. Hindenburg hatte damals den Chef der Heeresleitung Seeckts durch Gessler und 1928 Gessler durch Groener ersetzt. Dies war der Grund warum Hindenburg der Reichswehr eine „Sonderstellung“ einräumte als Berater[110].
Diese Posten waren für Hitlers Pläne später erst einmal nicht so wichtig, solange diese Personen keine „Putschabsichten gegen sein [Hitlers] Kabinett hegen würden[111].
5.3 Ministerposten zur Diktatur
Hitler waren das Kanzleramt und zwei Ministerposten existenziell wichtig: „Neben dem Reichsinnenministerium [wollte er] nur noch [das] belanglose Kommissariat im preußischen Innenministerium“[112]. Papen erlangte den Eindruck, Hitler sei bescheiden geworden, als er diese Forderungen das erste Mal hörte[113]. Dass dies die Posten waren, die man zur Errichtung einer Diktatur unbedingt innehaben musste, daran hatte er nicht gedacht.
Papen schien sich zu überschätzen, so dass er diese Gefahr von Rechts gar nicht erkennen wollte. Er hatte oft ausgesagt, er könne die Nationalsozialisten zähmen, wenn sie erst einmal an der Regierungsarbeit beteiligt seien[114].
Meißner, Staatssekretär im Präsidentenpalais und einer der Mitglieder der Kamarilla, die auf den Reichspräsidenten maßgeblichen Einfluss gehabt haben, freute sich über die Mäßigung Hitlers, nur Anspruch auf drei Kabinettsposten[115] zu erheben und die anderen Hindenburgs Wahl zu überlassen[116]. Am 9. Januar 1933 wollte Hitler nicht mehr die gesamte Macht, also Bestimmung aller Minister, die seinem Kabinett angehören sollen, sondern lediglich drei Posten wollte er vorschlagen und besetzt wissen. Wenn die Nationalsozialisten das Reichsinnenministerium, das Kanzleramt und das preußische Innenministerium in ihrer Hand hätten, dann hatten sie somit die Macht über die Polizei im gesamten Reich[117].
Papens Regierung konnte jedoch nur die Streichung der Reparationsverpflichtungen als Erfolg verbuchen[118].
6. Kurt von Schleicher als letzter Reichskanzler der Weimarer Republik
Kurt von Schleicher war General und Chef des Reichswehrministeriums, Mitwisser sowie Intrigant und Mithelfer beim Sturz Brünings und Papens. Auch schon gegen Müller war er angegangen[119]. Bei allen Vorgängern hatte er seinen guten Einfluss auf Hindenburg spielen lassen und ihn zum Entlassen von vorigen Reichskanzlern überredet. Ihn interessierten nur Macht und Geld aber er glaubte an Rationalität, Professionalität, Vernunft und Berechenbarkeit und an eine militaristische Gesellschaft. Der Monarchie stand er kritisch/ablehnend gegenüber[120].
6.1 Das Hindenburgkabinett
Schleicher wollte das Schaffen, was seine beiden Vorgänger nicht erreicht hatten. Er wollte den gewünschten „Ruck nach rechts“ in das Kabinett bringen[121]. Dies sollte durch die Unterstützung oder zumindest durch die Duldung der NSDAP-Abgeordneten erreicht werden. Schleicher und auch den Großagrariern wäre es lieber gewesen ein „Hindenburgkabinett“[122] ohne lästige Parteien zu etablieren und nur mit dem Art. 48 und den sogenannten Notverordnungen zu regieren, was jedoch ein klarer Verfassungsbruch wäre. Schon das „Brüningkabinett“ sollte eigentlich ohne Parlamentarismus arbeiten[123]. Für Deutschland waren die Vorstellungen Schleichers nicht grotesk. Niemand schien nach der Legitimität solch einer Politik zu fragen. Die Demokratie war durch die Notverordnungspraxis in Gefahr, doch bei der Bevölkerung stieß das auf keine besondere Resonanz, da weite Kreise der Bevölkerung die Weimarer Republik mit der Kriegsniederlage verbanden[124]. Sie war den Deutschen 1918, nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg, quasi „in den Schoß gefallen“. Weimar wurde von Historikern als „Zufalls-Republik“, „ein Provisorium“, als „“eine Verlegenheit“ beschrieben[125]. Erst im Dritten Reich wurde einem Teil der Bevölkerung bewusst, was sie verloren hatten[126].
6.2 Eine Chance für die NSDAP
Im Juli 1932 hätte sich Schleicher Hitler sogar als Reichskanzler vorstellen können. Die Nazis wären, so dachte sich Schleicher, ein guter Gegenpol zu den Sozialdemokraten. Er mochte die vaterländische Begeisterung der Nazis. Sie waren für ihn und verschiedene konservative Politiker zwar schwer lenkbar, aber nützlich. Durch eine Regierungsbeteiligung, hofften die Politiker, würde man „die braune Gefahr zähmen“ können[127]. Schleicher zog diese Möglichkeit aber ernsthaft nie in Betracht, aus Angst davor, dass die NSDAP zerbrechen könnte und die Kommunisten Auftrieb erhalten könnten. Des Weiteren hatte er die Aufrüstung der Reichswehr im Kopf. Er hatte vor, aus der 400.000 Mann starken SA Soldaten für eine Miliz zu rekrutieren, um so den Versailler Vertrag zu umgehen[128]. Schleicher bot Hitler und seinem Vorgänger Papen eine Beteiligung in seinem Kabinett als Vizekanzler an. Aber Papen lehnte ab, da er ihm den Sturz seiner Regierung nicht verzeihen wollte und Hitler lehnte ebenfalls ab, da es nicht seiner Parole „Alles oder Nichts“ entsprach[129]. Strasser allerdings hätte sich mit dem Angebot Schleichers zufrieden gegeben und wäre an einer Regierungsbeteiligung interessiert gewesen[130]. Er hätte sich eine Zusammenarbeit mit Schleicher gut vorstellen können. Die Hoffnungen Schleichers, mit den Abgeordneten der NSDAP eine Koalition einzugehen, scheiterten jedoch an Hitler[131].
Jetzt sollten sich die Intrigen, die Schleicher stets gesponnen hatte, gegen ihn wenden. Papen und Hitler hatten den Plan, Schleicher zu stürzen, da Papen sich sicher war, genug Einfluss auf Hindenburg ausüben zu können um Schleicher zu stürzen. Hitler und Papen hatten seinen Sohn Oskar und Staatssekretär Meißner schon fast überzeugt[132]. Oskar Hindenburg fand Hitler vorher arrogant und deshalb hatte er sich nicht für Hitler eingesetzt. Hitler konnte ihn von seinen politischen Absichten überzeugen. Er könnte Oskar aber auch zusätzlich mit dem Osthilfeskandal gedroht haben[133]. Zudem gaben die Großgrundbesitzer, der Reichslandbund und die Industrie ihre Zustimmung zu einer Regierung unter Hitler. Zudem sollen Wäschekörbeweise Briefe aus der Bevölkerung eingegangen sein, die sich für Hitler als Reichskanzler ausgesprochen haben[134]. Zur Industrie zählt Broszat den „Keppler-Kreis“ sowie Hjalmar Schacht und Fritz Thyssen[135].
[...]
[1] Siehe Seite 82
Exkurs zu Strenge, Irene: Hitlers Machtergreifung-Alles auf legalem Weg
[2] Frei, Norbert: Machtregreifung – Anmerkungen zu einem historischen Begriff, S. 136.
[3] Ebenda. S. 141.
[4] Frei. Norbert: Machtregreifung – Anmerkungen zu einem historischen Begriff, S. 141.
[5] Ebenda. S. 141.
[6] Ebenda. S. 137.
[7] Ebenda. S. 137.
[8] Ebenda. S. 137.
[9] Ebenda. S. 138.
[10] Ebenda. S. 139.
[11] Ebenda. S. 141.
[12] Ebenda. S. 141.
[13] Ebenda. S. 142.
[14] Frei, Norbert: Machtregreifung – Anmerkungen zu einem historischen Begriff, S. 142.
[15] Ebenda. S. 142.
[16] Gessner, Dieter: Die Weimarer Republik, S. 6.
[17] Ebenda. S. 6.
[18] Ebenda. S. 6.
[19] Gessner, Dieter, S. 6.
[20] Ebenda. S. 7.
[21] Ebenda. S. 7.
[22] Ebenda. S. 8.
[23] Ebenda. S. 10.
[24] Gessner, Dieter, S. 10.
Höhne, Heinz: S. 37-38.
[25] Ebenda. S. 40.
[26] Ebenda. S. 36.
[27] Ebenda. S. 36.
[28] Ebenda. S. 36.
Deutschlands Weg in die Diktatur: S. 127.
[29] Becker, Josef / Becker, Ruth: S. 13.
[30] Höhne, Heinz: S. 36-37.
Becker, Josef / Becker, Ruth: S. 13.
[31] Gessner, Dieter: S. 8.
[32] Gessner, Dieter: S. 9.
[33] Ebenda. S. 9.
[34] Wette, Wolfgang: S. 3.
[35] Versailler Vertrag
[36] Turner, Henry A.: S. 12.
[37] Becker, Josef / Becker, Ruth: S. 12.
Broszat, Martin: Die Machtergreifung, S. 97
[38] Becker, Josef / Becker, Ruth: S. 12.
Jasper, Gotthard: S. 21.
[39] Gessner, Dieter: S. 11.
[40] Höhne, Heinz: S. 28.
[41] Ebenda. S. 76.
[42] Ebenda. S. 76.
[43] Jasper, Gotthard: S. 18.
[44] Höhne, Heinz: S. 80-81.
[45] Jasper, Gotthard: S. 24.
[46] Höhne, Heinz, S. 58.
Broszat, Martin: Die Machtergreifung, S. 124.
[47] Höhne, Heinz: S. 87.
Strenge, Irene: S. 64.
Turner, Henry A: S. 17.
[48] Jasper, Gotthard: S. 21.
Gnau, Christoph: S. 23.
[49] Höhne, Heinz, S. 41.
[50] Ebenda. S. 87.
Strenge, Irene: S. 64.
[51] Jasper, Gotthard: S. 56.
[52] Strenge, Irene: S. 65.
[53] Höhne, Heinz: S. 65-66.
[54] Höhne, Heinz: S. 91-96.
[55] Strenge, Irene: S. 65-66.
[56] Weimarer Verfassung
[57] Strenge, Irene: S. 65-66.
[58] Ebenda. S. 65-66.
[59] Weimarer Verfassung
[60] Strenge, Irene: S. 65-66.
[61] Jasper, Gotthard: S. 37.
[62] Strenge, Irene: S. 65-66.
[63] Ebenda. S. 67.
[64] Ebenda. S. 67.
[65] Ebenda. S. 67.
[66] Ebenda. S. 67.
[67] Weimarer Verfassung
[68] Strenge, Irene: S. 68.
[69] Ebenda. S. 68.
[70] Ebenda. S. 68-70.
[71] Artikel 53 WV
[72] Strenge, Irene: S. 68-70.
[73] Strenge, Irene: S. 68-70.
Vgl. Jasper, Gotthard: S. 19.
[74] Strenge, Irene: S. 71.
[75] Ebenda. S. 73.
[76] Ebenda. S. 73.
[77] Ebenda. S. 62.
[78] Strenge, Irene: S. 92.
[79] Ebenda. S. 73.
[80] Ebenda. S. 73.
[81] Ebenda. S. 73.
[82] Ebenda. S. 72-74.
Jasper, Gotthard: S. 83.
[83] Strenge, Irene: S. 74.
[84] Broszat, Martin: Die Machtergreifung, S. 143.
[85] Strenge, Irene: S. 75.
[86] Turner, Henry A.: S. 17.
[87] Strenge, Irene: S. 75.
Höhne, Heinz: S. 147.
Turner, Henry A.: S. 18.
Broszat, Martin: Die Machtergreifung, S. 141.
[88] Strenge, Irene: S. 75.
[89] Ebenda. S. 74.
[90] Ebenda. S. 74.
[91] Ebenda. S. 74.
[92] Ebenda. S. 74.
[93] Artikel 25 WV
[94] Strenge, Irene: S. 75.
Jasper, Gotthard: S. 91.
[95] Strenge, Irene: S. 76.
[96] Turner, Henry A.: S. 27.
Möller, Horst: S. 19-20.
[97] Höhne, Heinz: S. 31.
[98] Strenge, Irene: S. 79.
[99] Jasper, Gotthard: S. 89.
[100] Turner, Henry A.: S. 19.
Jasper, Gotthard: S. 89.
[101] Turner, Henry A.: S. 28.
Strenge, Irene: S. 79.
[102] Jasper, Gotthard: S. 96.
[103] Strenge, Irene: S. 53.
[104] Jasper, Gotthard: S. 95.
Broszat, Martin: Die Machtergreifung – Der Aufstieg der NSDAP und die Zerstörung der Weimarer Republik, S. 147.
[105] Broszat, Martin: Die Machtergreifung – Der Aufstieg der NSDAP und die Zerstörung der Weimarer Republik, S. 148.
[106] Strenge, Irene: S. 82.
[107] Strenge, Irene: S. 83.
[108] Ebenda. S. 83.
Mommsen, Hans: Der Führerstaat, S. 33.
[109] Turner, Henry A.: S. 30.
[110] Broszat, Martin: Die Machtergreifung, S. 95-96.
[111] Strenge, Irene: S. 83-84.
[112] Ebenda. S. 85.
[113] Ebenda. S. 85.
[114] Ebenda. S. 85.
Turner, Henry A.: S. 31.
[115] Broszat, Martin: Die Machtergreifung, S. 151.
[116] Strenge, Irene: S. 85.
Turner, Henry A.: S. 31.
[117] Hildebrand, Klaus: Das Dritte Reich, S. 3.
[118] Turner, Henry A.: S. 31.
[119] Höhne, Heinz: S. 74.
[120] Ebenda. S. 66.
[121] Ebenda. S. 68.
Ebenda. S.77.
Broszat, Martin: Die Machtergreifung, S. 110.
[122] Jasper, Gotthard: S. 18.
[123] Strenge, Irene: S. 89.
Becker, Josef / Becker, Ruth: S. 14.
[124] Möller, Horst: S. 14.
[125] Höhne, Heinz: S. 68.
[126] Ebenda. S. 77 sowie S. 32.
[127] Turner, Henry A.: S. 36-38.
[128] Ebenda. S. 36-38.
[129] Ebenda. S. 40.
Broszat, Martin: Die Machtergreifung, S. 153.
Mommsen, Hans: S. 35.
[130] Turner, Henry A.: S. 41.
[131] Ebenda. S. 41.
[132] Strenge, Irene: S. 116.
[133] Broszat, Martin: Die Machtergreifung, S. 167.
Hentschel, Volker: S. 92.
[134] Broszat, Martin: Die Machtergreifung, S. 189-190.
Strenge, Irene: S. 116.
[135] Broszat, Martin: Die Machtergreifung, S. 126.
Deutschlands Weg in die Diktatur: S. 148.
- Citation du texte
- Diplomhandelslehrer Patrick Pigan (Auteur), 2007, Machtergreifung des Nationalsozialismus und Maßnahmen zur Machtsicherung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123415
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