Derzeit wird das Thema Essen von den Medien häufig aufgegriffen. Renommierte Zeitungen berichten über ‚dicke Kinder’ oder über eine immer adipöser werdende Bevölkerung, die das Gesundheitssystem belastet. Es gibt Internetplattformen rund um das Thema Essen (www.kochbar.de) und im Fernsehen tummeln sich mittlerweile fast mehr Fernsehköche und -köchinnen als Nachrichtensprecher/-innen. Trotz des offenen Umgangs mit der übergeordneten Thematik Essen gibt es einen Tabubereich, der in den Medien selten auftaucht. So stehen Beiträge zu Essstörungen relativ selten in den Programmlisten, wobei eher wenig reflektierte Beiträge zu Superlativen à la ‚der dickste Mann der Welt’ hiervon ausgenommen sind. Besonders wenn es um das Thema ‚Magersucht’ geht, wird die mediale Auswahl ‚dünn’. Wie kommt das? Tragen die Medien eventuell eine Mitschuld an der steigenden Anzahl von Essgestörten? Vor dem Hintergrund dieser Frage wird in dieser Arbeit das Thema Essstörungen aufbereitet. Dabei wird zunächst ein Überblick über verschiedene Essstörungsformen gegeben. Im Zentrum steht dabei eine der extremsten Formen der Magersucht, die Anorexia nervosa (A. n.). Zum besseren Verständnis wird diese von zwei anderen Formen der Essstörung, der Bulimia nervosa (B. n.) und der Binge Eating Disorder (BED), abgegrenzt. Außerdem wird ein ausführlicher Überblick über den Forschungsstand zu ursächlichen Faktoren für das Auftreten von Essstörungen gegeben. Danach gilt es folgende These zu überprüfen: (i) Der mediale Einfluss auf das Krankheitsbild A. n. ist weitreichend: Die mediale Darstellung von Frauen: 1. begünstigt unter bestimmten Voraussetzungen das Entstehen des Krankheitsbildes A. n., 2. wirkt sich über ständige Präsentation von schlanken Idealen auf den Verlauf aus und 3. ist ein Faktor, der den Heilungsprozess erschwert. Unter Bezugnahme auf Festingers Theorie des sozialen Vergleichs (Festinger 1954) und den von Zajonc verifizierten Mere Exposure Effekt (Zajonc 1968) wird unter Berücksichtigung ausgewählter Studien versucht, die Annahmen zu verifizieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung: Soziokulturelle Faktoren und Essstörungen
2. Gegenstandsbestimmung. Essstörungen
2.1 Anorexia nervosa
2.2 Abgrenzung der Anorexia nervosa zur Bulimia nervosa und Binge Eating Disorder
2.2.1 Bulimia nervosa
2.2.2 Binge Eating Disorder
2.3 Geschlechterdifferenzen der Prävalenz
3. Ursächliche Faktoren für das Entstehen der Anorexia nervosa
3.1 Familiäre Faktoren
3.2 Prädispositionen - individuelle Risikofaktoren
3.3 Soziokultureller Einfluss
4. Fokus: Der Einfluss der Medien
4.1 Der Ausbruch der Krankheit beeinflusst durch die Vermittlung von Schönheitsidealen
4.2 Der Verlauf unter dem Einfluss der ständigen Präsenz des Ideals – dünne Frau
4.3 Der (schwierige) Ausstieg: Teufelskreis – Stigmatisierung
5. Diskussion der Ergebnisse
6. Literaturverzeichnis
1. Einführung: Soziokulturelle Faktoren und Essstörungen
Derzeit wird das Thema Essen von den Medien häufig aufgegriffen. Renommierte Zeitungen berichten über ‚dicke Kinder’ oder über eine immer adipöser werdende Bevölkerung, die das Gesundheitssystem belastet. Es gibt Internetplattformen rund um das Thema Essen (www.kochbar.de) und im Fernsehen tummeln sich mittlerweile fast mehr Fernsehköche und - köchinnen als Nachrichtensprecher/-innen.
Trotz des offenen Umgangs mit der übergeordneten Thematik Essen gibt es einen Tabubereich, der in den Medien selten auftaucht. So stehen Beiträge zu Essstörungen relativ selten in den Programmlisten, wobei eher wenig reflektierte Beiträge zu Superlativen à la ‚der dickste Mann der Welt’ hiervon ausgenommen sind. Besonders wenn es um das Thema ‚Magersucht’ geht, wird die mediale Auswahl ‚dünn’. Wie kommt das? Tragen die Medien eventuell eine Mitschuld an der steigenden Anzahl von Essgestörten? Vor dem Hintergrund dieser Frage wird in dieser Arbeit das Thema Essstörungen aufbereitet. Dabei wird zunächst ein Überblick über verschiedene Essstörungsformen gegeben. Im Zentrum steht dabei eine der extremsten Formen der Magersucht, die Anorexia nervosa (A. n.). Zum besseren Verständnis wird diese von zwei anderen Formen der Essstörung, der Bulimia nervosa (B. n.) und der Binge Eating Disorder (BED), abgegrenzt. Außerdem wird ein ausführlicher Überblick über den Forschungsstand zu ursächlichen Faktoren für das Auftreten von Essstörungen gegeben. Danach gilt es folgende These zu überprüfen:
(i) Der mediale Einfluss auf das Krankheitsbild A. n. ist weitreichend: Die mediale Darstellung von Frauen …
1. begünstigt unter bestimmten Voraussetzungen das Entstehen des Krankheitsbildes A. n.,
2. wirkt sich über ständige Präsentation von schlanken Idealen auf den Verlauf aus und
3. ist ein Faktor, der den Heilungsprozess erschwert.
Unter Bezugnahme auf Festingers Theorie des sozialen Vergleichs (Festinger 1954) und den von Zajonc verifizierten Mere Exposure Effekt (Zajonc 1968) wird unter Berücksichtigung ausgewählter Studien versucht, die Annahmen zu verifizieren.
2. Gegenstandsbestimmung: Essstörungen
2.1 Anorexia nervosa (A.n.)
Brunnhuber definiert Anorexia nervosa (A. n.) als „… eine Essstörung, bei der die Betroffenen durch ein restriktives Essverhalten und willentliches Hungern einen erheblichen Gewichtsverlust herbeiführen.“ (Brunnhuber et al. 2005, S. 350). Im Zuge dieses Gewichtsverlustes kommt es häufig zu starkem Untergewicht und einer Schwächung des Körpers. Die Betroffenen haben eine verzerrte Selbstwahrnehmung (Körperschemastörung), erleben sich als zu dick, und leben in der ständigen Angst zuzunehmen. Diese Ängste werden oft von niedrigen „Selbstwerterleben“ begleitet, das „an das Körpergewicht gekoppelt ist“. Die A. n. geht also über die Anorexie hinaus (ebd.). Denn während Anorexie als bloßer Zustand, der „Appetitlosigkeit, Herabsetzung des Triebs zur Nahrungsaufnahme“ (Pschyrembel 2002, S. 82) zu verstehen ist, geht die A. n. mit einer willentlichen Entscheidung des Betroffenen, sich in einer bestimmten Weise zu ernähren, sowie einer Veränderung der Körperwahrnehmung einher (Brunnhuber et al. 2008, S. 350). Man unterscheidet zwei Formen der A. n.:
1. Der „restriktive Typus“ (asketische Form), bei dem das Untergewicht ausschließlich durch striktes Diäthalten erreicht und aufrechterhalten wird (ebd., S. 351)
2. Der „purging type“ (oder die bulimische Form), der mit Heißhungerattacken, anschließendem Erbrechen, Laxanzien- und Diuretikaeinnahme oder der Einnahme anderer Substanzen zur Gewichtsreduktion einhergeht (ebd.).
Nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten ICD-10 definieren folgende vier diagnostische Kriterien die A. n.:
1. Das Körpergewicht des/ der Betroffenen 15% liegt unter dem Durchschnitt des erwarteten Normalgewichts oder der Body Mass Index ist kleiner 17,5 (Pschyrembel 2002, S. 82).
2. Der Gewichtsverlust muss selbst herbeigeführt worden sein.
3. Die Betroffenen nehmen sich als zu dick wahr und haben Angst davor zuzunehmen (wobei sie für sich ein individuelles, sehr niedriges Idealgewicht festlegen).
4. Die Erkrankten weisen endokrine Störungen auf, die sich bei Frauen u.a. in einer Amenorrhö zeigen (Brunnhuber et al. 2005, S. 351).
Mit diesem Diagnosekatalog korrespondiert weitestgehend die DSM-IV Klassifikation der American Psychiatric Association (APA), die allerdings zusätzlich noch die Leugnung des schlechten Körperzustands als Diagnosekriterium aufführt (ebd.).
Über die letzten 6 Jahrzehnte ist die Prävalenz der A. n. von 0,3% auf 1% der Gesamtbevölkerung gestiegen, besonders betroffen sind dabei junge Frauen im Alter zwischen 10 und 25 Jahren. Die Letalität liegt bei 5% (Pschyrembel 2002, S. 82).
2.2 Abgrenzung der Anorexia nervosa zur Bulimia nervosa und der Binge Eating Disorder
2.2.1 Bulimia Nervosa (B. n.)
Wie der Namensbestandteil Bulimia, der als „Hyperorexie, Heißhunger, Esssucht, Fresssucht“ (Pschyrembel 2002, S. 249) übersetzt werden kann, verdeutlicht, ist die B. n. mit einem gewissen Kontrollverlust bezüglich der Essensaufnahme assoziiert. Die Betroffenen erleben in Folge der Essanfälle, in denen meist kalorienreiche Nahrung verspeist wird, oftmals Schuld- und Schamgefühle (Brunnhuber et al. 2005, S. 357). Diese Gefühle korrelieren wie bei den an A. n. Erkrankten oftmals mit einem herabgesetzten Selbstwertgefühl. Das Auftreten sowohl körperlicher Probleme infolge des wiederholten Erbrechens, als auch psychischer Störungen wie Depression, Angststörungen und Persönlichkeitsstörungen ist nicht selten (ebd.). Zudem kommt es teilweise zu Medikamentenmissbrauch. Unterschieden werden zwei Typen der B. n.:
1. Der „purging type (Bulimia nervosa mit regelmäßigem Erbrechen oder Laxanzien- bzw. Diuretikaeinnahme)“ und
2. Der „non purging type (Bulimia nervosa mit gegensteuernden Maßnahmen wie Fasten oder übermäßiger körperlicher Aktivität)“ (ebd., S. 357).
Die diagnostischen Kriterien der B. n. der ICD-10-Klassifikation unterscheiden sich von denen der A. n. insofern, als dass …
1. bulimische Patient(inn)en nicht stark untergewichtig sind und „kalorienreiche Speisen“ nicht meiden.
2. Sie über einen Zeitraum von mindesten 3 Monaten unter Essatacken leiden, die mindestens zweimal wöchentlich auftreten und bei denen „hochkalorische“ Nahrung aufgenommen wird. (ebd.)
In den anderen Symptomen unterscheiden sich A. n.- und B. n. Erkrankte nicht, so setzen sich Betroffene sehr stark mit der Thematik Essen auseinander, haben Angst davor zu zunehmen, neigen zu Präparatmissbrauch und weisen in Folge ihres Nahrungsverhaltens körperliche Symptome auf.
Die Problematik der Unterscheidung zwischen A. n. und B. n. besteht in der Überlappung bestimmter Symptome. Besonders schwierig ist die Abgrenzung zwischen der bulimischen Unterform der A. n. und der B. n. (purging-type). Hier verliert auch das von Polivy und Herman vorgeschlagene Unterscheidungskriterium der Impulsivität an Bedeutung (Polivy & Herman 2002, S. 189). So weisen bei dieser Form auch die A. n. Betroffenen einen Essenszwang auf, den sie nicht kontrollieren können. Im individuellen Fall kann neben einer intensiven Verhaltensuntersuchung vor allem das Ausmaß des Untergewichts einen Hinweis auf die Krankheitsform geben.
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- Christian Franke (Autor), 2009, Der Einfluss medialer Berichterstattung auf den Verlauf von Essstörungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123355
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