Die Ausgangssituation dieser Arbeit ist der Mangel an Fach- und Führungskräften in Deutschland, der Unternehmen mehr denn je zu einem Richtungswechsel ihrer Personalstrategie zwingt. Nur durch eine innovative Personalpolitik kann diesem Mangel mittel- bis langfristig entgegengewirkt werden. Als latente Personalressource ist die Zielgruppe qualifizierter Frauen anzusehen. Es geht hierbei nicht nur darum, Potentiale abzuschöpfen, sondern junge Frauen auch frühzeitig für Technik zu begeistern, für das Unternehmen zu gewinnen und an dieses zu binden.
Ein Lösungsansatz ist die Schaffung von Chancengleichheit in allen Bereichen des Unternehmens. Die Frauen werden durch spezielle Programme ihren Fähigkeiten entsprechend gefordert und gefördert. Dies geschieht einerseits durch zielgruppenspezifische Maßnahmen und andererseits durch die Schaffung attraktiver beruflicher Perspektiven. Grundvoraussetzung ist die Berücksichtigung der speziellen Situation berufstätiger Frauen und deren Rollenkonflikt, der sich aus der schwierigen Vereinbarkeit von Beruf und Familie ergibt.
Ergänzend ist die Implementierung des „Work-Life Service“ von Bedeutung, um durch gezielte Maßnahmen dem Rollenkonflikt der Frauen entgegen zu wirken. Daraus resultiert die Notwendigkeit, die betrieblichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ohne Einbußen der beruflichen Entwicklungsperspektiven möglich ist, um die Gruppe an qualifiziertem Personal zu vergrößern.
Insbesondere die Schaffung einer Work-Life-Balance führt zu einer höheren Motivation und Arbeitszufriedenheit sowie einer reduzierten Stressbelastung für die Arbeitnehmer.
Als finanzwirtschaftliche Wirkungen sind hieraus insbesondere eine Reduzierung der Fehlzeiten und Fluktuationsquoten, Kosteneinsparungen durch Arbeitszeitflexibilisierung, erhöhte Produktivität und Effizienz zu nennen. Des Weiteren ergeben sich Wettbewerbsvorteile durch den Erhalt von Know-how.
Daneben profitiert das Unternehmen von personalwirtschaftlichen Wirkungen wie einem verbesserten Arbeitgeberimage und einer gesteigerten Mitarbeiterbindung bzw. Personalgewinnung.
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Problemstellung
2.1 Ursachen
2.2 Ist - Situation
2.3 Zielsetzung
3 Frauenförderung, Strategien zur Chancengleichheit und Work-Life-Balance
3.1 Frauenförderung
3.2 Aktuelle Strategien zur Chancengleichheit
3.2.1 Gender Mainstreaming
3.2.2 Diversity Management
3.2.3 Total E-Quality
3.3 Einschätzung der Strategien zur Chancengleichheit
3.4 Work-Life-Balance
4 Frau als Zielgruppe der Personalpolitik
4.1 Rollenkonflikt berufstätiger Frauen
4.2 Relevanz von Chancengleichheit und Frauen in Führungspositionen
4.3 Erwartungen von Frauen
5 Spezifische Gegebenheiten mittelständischer Unternehmen
5.1 Aktuelle Situation der Unternehmen
5.2 Erfolgsfaktor Mitarbeiter
5.3 Bekannte familienfreundliche Maßnahmen
5.3.1 Arbeitszeitmodelle
5.3.2 Telearbeit
5.3.3 Betreuungs- und Beratungsangebote
6 Grundlegende Instrumente zur Förderung der Chancengleichheit
6.1 Frauen-Netzwerk
6.2 „Work-Life Service“ und Gleichstellungsbeauftragte/r
6.3 Personalentwicklungsgespräche
7 Theorien zur Bestimmung der Motivation und Arbeitszufriedenheit als Ziele betrieblicher Personalarbeit
7.1 Erwartungs-Wert-Theorie nach Vroom
7.2 Equity-Theorie nach Adams
7.3 Motivations-Hygiene-Theorie nach Herzberg
8 Empfehlungen zur Förderung spezifischer Zielgruppen
8.1 Zielgruppe Schülerinnen
8.1.1 Situation und Charakteristika der Zielgruppe
8.1.2 Maßnahmen
8.2 Zielgruppe Studentinnen
8.2.1 Situation und Charakteristika der Zielgruppe
8.2.2 Maßnahmen
8.3 Zielgruppe Absolventinnen und weibliche Nachwuchskräfte
8.3.1 Situation und Charakteristika der Zielgruppe
8.3.2 Maßnahmen
8.4 Zielgruppe Frauen in Führungspositionen
8.4.1 Situation und Charakteristika der Zielgruppe
8.4.2 Maßnahmen
9 Das Modul „Work-Life Service”
9.1 Betreuungs- und Beratungsangebote
9.1.1 Betreuungs- und Beratungsleistungen
9.1.2 Betrieblich unterstützte Kinderbetreuung
9.1.3 Elternzeit und Wiedereinstieg
9.1.4 Reentry-Service
9.2 Flexible Arbeitszeiten
9.2.1 Teilzeit
9.2.2 Alternierende Telearbeit
9.3 „TimeSpacer“
9.4 Aufgaben für die Personalabteilung
10 Analyse betriebswirtschaftlicher Effekte
10.1 Finanzwirtschaftliche Effekte von Chancengleichheit und „Work-Life Service“
10.2 Personalwirtschaftliche Effekte von Chancengleichheit und „Work-Life Service“
10.2.1 Studien über Nutzen und Effekte der Chancengleichheit und des „Work-Life Service“
10.2.2 Bewertung der Modulwirkungen anhand bekannter Motivationstheorien
11 Schritte zur Implementierung für die betriebliche Praxis
11.1 Institutionalisierung der Chancengleichheit und Work-Life-Balance
11.1.1 Unternehmensleitung
11.1.2 Führungskräfte
11.1.3 Arbeitnehmervertretung
11.2 Ist - Analyse
11.3 Festlegung der Handlungsfelder und der Ziele
11.4 Kommunikation und Information im Unternehmen
11.5 Bedarfsermittlung mittels Mitarbeiterbefragung
11.6 Umsetzung der Maßnahmen
11.7 Erfolgskontrolle
12 Zusammenfassung und Ausblick
Quellenverzeichnis
Anhänge
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Veränderung der Altersstruktur in Deutschland bis
Abbildung 2: Sozialversicherungspflichtige Ingenieurinnen und Ingenieure in Deutschland
Abbildung 3: Studienanfängerinnen in Deutschland
Abbildung 4: Betriebe mit Vereinbarungen zur Chancengleichheit
Abbildung 5: Beschäftigungspolitische Leitlinien der EU und das Prinzip des Gender Mainstreaming
Abbildung 6: Grad der Verschiedenartigkeit von Diversity
Abbildung 7: Bruttogehälter von Berufseinsteigern nach Geschlecht
Abbildung 8: Erwerbstätige Frauen nach Altersgruppe
Abbildung 9: Erwartungs-Wert-Theorie nach Vroom
Abbildung 10: Equity-Theorie nach Adams
Abbildung 11: Tauschtheorie als Abwandlung der Equity-Theorie
Abbildung 12: Konzept des Mentoring nach Lewis
Abbildung 13: Frauen mit Hochschulabschluss nach betrieblicher Position
Abbildung 14: Auswirkungen aktiver Familienpolitik
Abbildung 15: Beispiel einer Problemanalyse und Maßnahmenplanung
Abbildung 16: Grundmodell eines Planungs- und Kontrollsystems
Abbildung 17: Ergebnismodell
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Chancengleichheit von Frauen und Männern in deutschen Betrieben
Tabelle 2: Die fünf größten Hindernisse für den Aufstieg von Frauen in Organisationen
Tabelle 3: Was Arbeitgeber für Frauen attraktiv macht
Tabelle 4: Auszubildende in den 20 am stärksten besetzten Ausbildungsberufen 2002
1 Einleitung
Die angespannte wirtschaftliche Lage in Deutschland sowie eine derzeit hohe Arbeitslosenzahl lassen nicht vermuten, dass kurz- und mittelfristig betrachtet ein Mangel an qualifizierten Fach- und Führungskräften herrschen wird.[1] Dieses Defizit ist sowohl auf den zu erwartenden demographischen Wandel als auch auf den Qualifizierungstrend in der Bevölkerung zurückzuführen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Veränderung der Altersstruktur in Deutschland bis 2050[2]
Die Bevölkerungsentwicklung bewirkt arbeitsmarktpolitisch gesehen ein sinkendes Angebot an Arbeitskräften, was zu einer Verknappung qualifizierter Fach- und Führungskräfte führt. Diese Entwicklung zwingt die Unternehmen zum Einsatz spezieller Instrumente. Eine innovative Personalpolitik ist notwenig, um den prognostizierten Arbeitskräftemangel mittelfristig zu dämpfen und diesem langfristig entgegenzuwirken, indem qualifiziertes Personal erhalten, gewonnen und an das Unternehmen gebunden wird. (siehe Anlage 1)
Warum Frauenförderung in einem mittelständischen Unternehmen der Automobilindustrie?
Alle Unternehmen der Automobilindustrie sind heute auf dem internationalen Markt vertreten. Durch den Aufbau weltweit neuer Standorte steigt der Bedarf an qualifiziertem Personal. Betrachtet man den erheblichen Mangel an Fach- und Führungskräften auf dem deutschen Arbeitsmarkt, so wird das Problem schnell deutlich. Die Prognose des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt, dass aufgrund der sich abzeichnenden Bevölkerungsentwicklung und des Qualifizierungstrends ein dringender Handlungsbedarf besteht[3]. Die Personalpolitik, als integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie, muss an die sich verändernden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen angepasst werden.
Ein weiterer sich abzeichnender Trend ist der kontinuierliche Anstieg erwerbstätiger Frauen. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland noch im Jahr 2002 beim Frauenanteil an den Erwerbstätigen mit 46,5 Prozent an dritter Stelle hinter Schweden (48 Prozent) und USA (46,6 Prozent), heute 2003 liegt es mit 46,9 Prozent ganz vorne.[4] Trotzdem steht Deutschland „mit nur fünf Prozent Frauen in Spitzenpositionen am Ende der europäischen Rangliste“.[5] Das zeigt, dass die Unternehmen es sich nicht leisten können dieses Potential qualifizierter Frauen nicht auszuschöpfen.
Der Anteil von Frauen aus allen Führungsebenen beträgt in der Industrie lediglich fünf Prozent, wobei der Anteil an technischen Führungspositionen verschwindend gering ist. Um die ungenutzte Personalressource Frau am Markt akquirieren zu können, gilt es, die Ursachen, welche einer besseren Erschließung des Frauenpotentials entgegenwirken, zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen.
Durch die Steigerung des Frauenanteils sowie der Förderung von Frauen in allen Hierarchieebenen im Unternehmen soll aber nicht nur dem Mangel an qualifiziertem Personal entgegengewirkt, sondern auch die Entstehung einer Monokultur verhindert werden.
Außerdem werden „die wichtigsten Quellen von Wirtschaftswachstum und Strukturwandel voraussichtlich nicht mehr nur Arbeit und Kapital, sondern Produktivitätsfortschritte durch einen besseren Umgang mit menschlichen Ressourcen sein“[6]. Das bedeutet, dass die Unternehmen zukünftig dem „Human-Kapital“ eine größere Beachtung schenken müssen, um sich als Mittelständischer im internationalen Wettbewerb gegen die Mega-Supplier behaupten zu können.
2 Problemstellung
Unternehmen leben vom wirtschaftlichen Erfolg, der nicht zuletzt von einer ressourcenorientierten Personalpolitik abhängt. Weiblichen Mitarbeitern wird trotz der verschiedensten Initiativen eine eher untergeordnete Rolle zugeschrieben. Die Personalpolitik in der betrieblichen Praxis kleinerer und mittelständischer Unternehmen ist nach wie vor auf männliche Mitarbeiter ausgerichtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Chancengleichheit von Frauen und Männern in deutschen Betrieben[7]
In den vergangenen Jahren sind zwar Fortschritte im Hinblick auf die Chancengleichheit von Frauen und Männern zu verzeichnen, dennoch bleibt der Frauenanteil hinter dem der Männer in technischen Berufen zurück.[8]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Sozialversicherungspflichtige Ingenieurinnen und Ingenieure in Deutschland[9]
Folglich stellt sich die Frage: Welche latenten Potentiale stellen Frauen am Arbeitsmarkt dar? Wo liegen die Gründe dafür, dass ein vergleichsweise geringer Anteil an Frauen sich für technische Berufe entscheidet?
Wie ist die Gruppe an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erhöhen und an das Unternehmen zu binden?
2.1 Ursachen
Zurückzuführen ist diese Kluft im Wesentlichen auf vorgefasste Meinungen, die schon die Bildungs- und Ausbildungsentscheidungen der Frauen noch viel zu häufig einengen. In Familie und Gesellschaft sind bestimmte Vorurteile fest verankert, die bei der Entscheidung der Frauen für eine technische Ausbildung zum Tragen kommen. Auch die Frauen selbst trauen sich nicht immer, eine unkonventionelle Entscheidung zu treffen.[10]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Studienanfängerinnen in Deutschland[11]
Dies belegt auch die Identifikationstheorie der Entwicklung von Geschlechtsunterschieden nach Zahlmann-Willenbacher (1979), die von der Annahme ausgeht, dass den so genannten Primärbeziehungen eine zentrale Bedeutung bei der Ausbildung geschlechtsspezifischen Verhaltens zukommt. Das heißt, dass im Laufe der ersten Lebensjahre sich zwischen Kindern und
ihren wichtigsten Bezugspersonen, welche in der Regel die Eltern sind, eine intensive Beziehung entwickelt. Diese intensive Beziehung bewegt das Kind dazu, vom Vater und/oder der Mutter in umfassender Weise innere Gefühlshaltungen, äußere Verhaltensmuster und Wertorientierungen zu übernehmen. Beiden Geschlechtern werden Geschlechtsrollenstereotype zugeteilt. Frauen sind z.B. einfühlsam, emotional, familienorientiert, gefühlsbetont und unentschlossen. Männer hingegen gelten als ehrgeizig, entscheidungsstark, führungs- und verantwortungsbewusst. Betrachtet man allerdings den gegenwärtigen Forschungsstand, so gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass sich zwischen gleichgeschlechtlichen Eltern-Kind-
Paaren häufiger und in größerem Umfang Ähnlichkeiten ausbilden als zwischen ungleichgeschlechtlichen Paaren.[12]
„Nach einem Bericht der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung geben rund 80 Prozent der jungen Frauen an, dass sie sich vor einer Deklassierung in männerdominierten Berufen fürchten. Ein weiterer genannter Grund ist das Fehlen von weiblichen Vorbildern. In den Ingenieurwissenschaften gibt es so wenige Frauen in Führungspositionen, dass sie sich in einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nicht einmal nachweisen ließen“[13].
Die speziellen Ursachen für die Benachteiligung von erwerbstätigen Ingenieurinnen gegenüber ihren Kollegen sind nur in geringem Umfang erforscht. Das Hauptproblem berufstätiger Frauen stellt die Schaffung einer Balance zwischen Beruf und Familie dar. Die Herstellung dieses Gleichgewichts wird fast ausschließlich den Frauen abverlangt. Arbeitszeitmodelle wie Teilzeitarbeit sind besonders in männerdominierenden Branchen nahezu unbekannt; Telearbeit ist in Deutschland nur für wenige Beschäftigte Realität. Ein weiteres Problem stellt der Wiedereinstieg nach einer Familienphase dar, der „gerade bei
technischen Berufen aufgrund des schnellen technologischen Wandels für besonders problematisch gehalten wird“[14].
2.2 Ist - Situation
Der Verein Deutscher Ingenieure prognostiziert, dass aufgrund des wachsenden Fachkräftebedarfs von einer guten Arbeitsmarktperspektive ausgegangen werden kann. Ingenieure und Ingenieurinnen gehören also langfristig zu den gefragtesten Berufsgruppen. „Bei Fortschreibung augenblicklicher Trends wird der Bedarf an Ingenieuren in den nächsten Jahren um jährlich circa sechs Prozent steigen. Mittelfristig ist im Laufe der nächsten zehn Jahre mit einer Steigerung um rund fünf Prozent zu rechnen“[15]. Der Anteil der Ingenieure und Ingenieurinnen an der Gesamtzahl der Beschäftigten in Deutschland wächst stetig. (vgl. Abbildung 2)
Der Verein Deutscher Ingenieure gab bekannt, dass im Jahr 2002 die Zahl von Studienanfängerinnen in Ingenieurstudiengängen erstmals stärker gewachsen ist, als die männlicher Studienanfänger. Die kreative Verbindung von Bundes- und Landesinitiativen und eine große Portion an Eigeninitiative der Fachbereiche in den Hochschulen sind Gründe, die dazu beigetragen haben, die Barriere zwischen Frauen und Technik abzubauen. „Insgesamt haben sich im Jahr 2002 1.500 junge Frauen für ein ingenieurwissenschaftliches Studium eingeschrieben, das sind 9,6 Prozent mehr als im Vorjahr“[16]. Es ist davon auszugehen, dass bereits qualifizierte Frauen auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind. Somit geht es nicht nur darum, eine „bislang nicht angesprochene Gruppe von Frauen zu motivieren, deren Begabung für technische Berufe bislang nicht hinreichend gefördert wird“[17], sondern ebenso die vorhandenen aber bislang ungenutzen Potentiale abzuschöpfen.
2.3 Zielsetzung
Die Maßnahmen, die zu ergreifen sind, „zielen auf mehrere Ebenen ab: Auf Personen, auf Betriebe und auf die Gesellschaft“[18]. Es gilt nicht nur, Frauen für technische Berufe zu interessieren und zu motivieren, sondern auch langfristig Änderungen der weiblichen Laufbahn- und Karriereplanung in Angriff zu nehmen. Hierzu gehören Themen wie Aufstieg, Weiterbildung, Kinderbetreuung und Vereinbarung von Beruf und Familie, die oftmals zu geringe Beachtung finden.
Diese Arbeit zielt darauf ab, ein Konzept zur Chancengleichheit und Work-Life-Balance für mittelständische Unternehmen zu entwickeln, das durch eine konkrete Ausrichtung auf den Faktor Frau die Gruppe von qualifiziertem Personal vergrößert. Dadurch wird zu einer verbesserten Ressourcenverteilung und einer Steigerung der betrieblichen Effizienz im Unternehmen beigetragen.
3 Frauenförderung, Strategien zur Chancengleichheit und Work-Life-Balance
Frauenförderung ist nicht eine Erfindung unserer Zeit. Bereits „seit Mitte der 80er Jahre begann sich – in Deutschland, auf europäischer Ebene und weltweit – in Politik und Wissenschaft die Überzeugung durchzusetzen, dass neue Vorgehensweisen notwendig sind, um dem Ziel einer tatsächlichen Gleichstellung von Männern und Frauen näher zu kommen“[19].
„Bereits 1957 wurde in Artikel 119 des Vertrags von Rom der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit verankert. Ab 1975 wurde in mehreren Richtlinien die Gleichbehandlung von Männern und
Frauen beim Zugang zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg festgeschrieben, um jegliche Diskriminierung in der Arbeitswelt auszuschließen. Durch den Amsterdamer Vertrag wurde der in seinem Geltungsbereich relativ begrenzte Artikel 119, nunmehr Artikel 141, in seiner Wirkung verstärkt, indem in Artikel 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft die Gleichstellung von Männern und Frauen als eine der Aufgaben der Gemeinschaft festgeschrieben wurde. In Deutschland ist die Gleichstellung von Frauen und Männern im Artikel 3 des Grundgesetzes verankert“[20].
Ferner nahm die Europäische Kommission im Juni 2000 eine Mitteilung an, die die Leitlinien für eine Strategie der Gemeinschaft zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005) darlegt. Damit wird ein Aktionsrahmen vorgegeben, innerhalb dessen alle Maßnahmen der Gemeinschaft ihren Beitrag zur Erreichung des Ziels leisten können, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. Die im Dezember 2000 angenommene Charta der Grundrechte der Europäischen Union beinhaltet ein Kapitel mit dem Titel „Gleichheit", in dem der Grundsatz der Gleichheit von Männern und Frauen bekräftigt wird. Darin heißt es: „Die Gleichheit zwischen Männern und Frauen ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts sicherzustellen".
3.1 Frauenförderung
Die Anerkennung des Gleichbehandlungsgrundsatzes führte in den 80er Jahren zur Förderung der Chancengleichheit. Frauenförderung wird eingesetzt, um die Chancengleichheit der Geschlechter zu erreichen und wird von speziellen organisatorischen Einheiten betrieben, die für die
Gleichstellungspolitik im Unternehmen zuständig sind. Ansatzpunkt ist eine konkrete Situation, in der die Benachteiligung von Frauen unmittelbar zum Vorschein kommt. Frauenförderung ermöglicht ein rasches und zielgerichtetes Handeln. Allerdings beschränkt sich die jeweilige Maßnahme auf spezifische Problemstellungen. Betrachtet man die betriebliche Praxis, so zeigt sich, dass die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen zur Frauenförderung nicht in ausreichendem Maße angenommen und ausgeschöpft werden.[21] Viele Unternehmen legen ihren Schwerpunkt hauptsächlich auf die Bereiche „Arbeitszeitflexibilisierung“ und „Arbeitsorganisation“[22]. Gemäß der jüngsten Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bieten nur etwa 4,5 Prozent der Betriebe frauenfördernde und familienfreundliche Maßnahmen an. In großen Unternehmen sind Vereinbarungen zur Chancengleichheit, die auf Basis von Tarifverträgen geschlossen wurden, sehr viel häufiger zu finden als in kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Betriebe mit Vereinbarungen zur Chancengleichheit[23]
Ein Grund hierfür ist, dass kleine und mittlere Betriebe ihre Betriebspolitik oftmals noch immer an traditionellen Verhaltensmustern und Rollenvorstellungen orientieren. Ein weiterer Grund ist, dass im Rahmen der Untersuchung all die Unternehmen nicht erfasst wurden, die Maßnahmen zur Chancengleichheit zwar auf informellem Wege anbieten, jedoch nicht in institutioneller Form. Des Weiteren werden bestehende Förderprogramme oftmals nicht ausreichend im Unternehmen kommuniziert; folglich sind Angebot und Nachfrage nicht genügend abgestimmt. Darüber hinaus zeigen die Frauen selbst ein „zu geringes Interesse an der Frauenförderung, da sie keine Sonderstellung einnehmen möchten“[24]. Die Effektivität von Fördermaßnahmen ist oft nicht klar, da in den meisten bekannten Fällen keine konkreten Zielsetzungen für die Förderprogramme definiert werden und somit kann keine erfolgsorientierte Kontrolle vollzogen werden.
Da Frauenförderprogramme alleine nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen, haben sich im Laufe der Zeit Strategien wie Gender Mainstreaming, Diversity Management und Total E-Quality Management, in Wirtschaft und Politik herausgebildet.
3.2 Aktuelle Strategien zur Chancengleichheit
Moderne Managementstrategien müssen sich im Zuge der globalen Entwicklungen der Frage stellen, „welche Bedingungen und Entwicklungskonzepte in Organisationen zu schaffen sind, die Gleichheit und Anerkennung aufnehmen und allen Beschäftigten Optionen bieten, so dass alle ihren Fähigkeiten entsprechend etwas leisten können und wollen“. (vgl. Peters, 2002) Im Folgenden werden drei Managementstrategien vorgestellt, die die Chancengleichheit aus verschiedenen Perspektiven beleuchten.
3.2.1 Gender Mainstreaming
Die Europäische Kommission definiert Gender Mainstreaming als „systematische Einbeziehung der jeweiligen Situation, der Prioritäten und der
Bedürfnisse von Frauen und Männern in alle Politikfelder, wobei mit Blick auf die Gleichstellung von Frauen und Männern sämtliche allgemeinen politischen Konzepte und Maßnahmen an diesem Ziel ausgerichtet werden und bereits in der Planungsphase wie auch bei der Durchführung, Begleitung und Bewertung der betreffenden Maßnahmen deren Auswirkungen auf Frauen und Männer berücksichtigt werden“[25]. Die Managementstrategie ist eine Ergänzung zu den jährlich verabschiedeten „Beschäftigungspolitischen Leitlinien“ der Europäischen Union. Die Leitlinien fußen auf vier Säulen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Beschäftigungspolitische Leitlinien der EU und das Prinzip des Gender Mainstreaming[26]
Bei der Umsetzung der einzelnen Leitlinien ist von Seiten der EU-Mitgliedsstaaten in allen vier Säulen der Gender Mainstreaming Ansatz zu berücksichtigen. Es ist der Auftrag an die Spitze einer Verwaltung, einer Organisation, eines Unternehmens und an alle Beschäftigten, die unterschiedlichen Interessen von Frauen und Männern von vornherein zu berücksichtigen, um das Ziel der Gleichstellung effektiv verwirklichen zu können.[27] Als wesentliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der „Mainstreaming–Politik“ gelten das Engagement der Führungsebene und Sensibilisierungsmaßnahmen für Verantwortliche des Unternehmens.
3.2.2 Diversity Management
„Managing Diversity is a comprehensive Management Process for developing an environment that works for all employees.” (R. Roosevelt Thomas 2002)
Nach Roosevelt Thomas, einem der Pioniere auf dem Sektor, ist Managing Diversity ein umfassender Managementprozess zur Entwicklung einer Umwelt, die für alle Arbeitnehmer da ist. Diversity, zu Deutsch Vielfalt, kann sich auf unterschiedliche Merkmale der Beschäftigten eines Unternehmens beziehen. Dabei werden nicht nur die klassischen Merkmale wie Geschlecht, Alter etc. einbezogen, sondern auch die, die nicht unmittelbar erkennbar sind, wie zum Beispiel religiöse Überzeugung oder Lifestyle. (vgl. Batemann/ Zeithaml 1993, S.379).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Grad der Verschiedenartigkeit von Diversity[28]
Es dient als Förderinstrument spezifischer Beschäftigungsgruppen global agierender Unternehmen mit heterogenen Belegschaftsstrukturen. Mit dem Fokus auf das klassische Merkmal „Geschlecht“ bedeutet Diversity Management, dass, angepasst an das Angebot am Arbeitsmarkt, alle Stellen gleichmäßig durch Frauen und Männer besetzt werden. Die Managementstrategie „zielt darauf ab, Bedingungen zu schaffen, unter denen alle Beschäftigten ihre Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft uneingeschränkt entwickeln und entfalten können – unabhängig von Geschlecht, von der ethnischen Zugehörigkeit und einer Vielzahl anderer Merkmale“[29]. Im Fokus steht die Erhöhung des Unternehmensnutzens durch die Schaffung geeigneter betrieblicher und organisatorischer Rahmenbedingungen für eine individualisierte Personalentwicklung, die die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft aller Beschäftigten fördert.
3.2.3 Total E-Quality
Die Idee des Total E-Quality Managements nimmt Bezug auf die Management-Strategie des Total Quality Managements. Unter Total Quality Management ist die kontinuierliche Verbesserung der Unternehmensqualität, ausgerichtet auf die Optimierung der Kunden-, Prozessablaufs- und Mitarbeiterorientierung zu verstehen. Total Quality Management zielt darauf ab, mit motivierten Mitarbeitern und durch eine stärkere Kundenorientierung verbesserte Unternehmensergebnisse zu erreichen. Folglich muss die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter ebenso oberstes Unternehmensziel sein wie die Kundenzufriedenheit. „Total E-Quality Management verknüpft die Förderung der Qualifikationen und Fähigkeiten jeder Mitarbeiterin und jedes Mitarbeiters und die Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen und Möglichkeiten mit der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens“[30].
Der Grundgedanke der Total E-Quality ist also Chancengleichheit als Qualitätskriterium. Der Ansatz verbindet die politische Verpflichtung - das Gender Mainstreaming - mit der Förderung aller Beschäftigten zur Verbesserung des Unternehmensnutzens, dem Diversity Management. Im Mittelpunkt steht dabei ein Total E-Quality Team, deren erste Aufgabe die Entwicklung von Qualitätskriterien ist. Durch den Kriterienkatalog soll einerseits die Ist-Situation im Unternehmen in Bezug auf Chancengleichheit erfasst werden und andererseits soll das Unternehmen selbst motiviert werden, die Nutzung des „Human-Kapitals“ zu optimieren. Im Folgenden gilt es, sowohl einen Maßnahmenplan zu erstellen, durch den geeignete Schritte erarbeitet werden können, als auch zur Umsetzung geeignete Rahmenbedingungen im Unternehmen zu schaffen. Ziel ist es, die
Attraktivität des Unternehmens für seine Mitarbeiter, seine Kunden und als Arbeitgeber zu erhöhen. Frauen sollen verstärkt deswegen gefördert werden, um den wirtschaftlichen Nutzen des Unternehmens zu erhöhen und nicht grundsätzlich aus der sozialen Verantwortung heraus, denn Frauenförderung muss sich für das Unternehmen lohnen. „Total E-Quality Management geht von der These aus, dass Chancengleichheit und Frauenförderung den Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschafft und für eine innovative und zukunftsweisende Personalpolitik unerlässlich ist“[31].
3.3 Einschätzung der Strategien zur Chancengleichheit
Gender Mainstreaming Strategien (siehe Anlage 2) wählen Instrumente für Fördermaßnahmen, in denen explizit Rechtsexpertisen herangezogen werden. Der Ansatz konzentriert sich ausschließlich auf die Arbeitsplätze von Frauen und auf Frauenquoten. Es ist primär der Auftrag an die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten, Gleichstellungspolitik in Verwaltung und Kommunen zu verwirklichen und die Wirtschaft durch geeignete Programme und Rahmenbedingungen für das Thema zu sensibilisieren. Die Maßnahmen und Instrumente des Gender Mainstreaming schaffen zwar Transparenz und Öffentlichkeit, berücksichtigen jedoch nur in begrenztem Umfang den Aspekt des Unternehmensnutzens. Insofern gibt die Europäische Kommission den Auftrag an Verwaltungen, Kommunen, Behörden und Unternehmen, eine Gleichstellungspolitik stärker zu verfolgen, jedoch ohne ausreichende Differenzierung und ohne Berücksichtung der Wirtschaftlichkeit. Demzufolge kann man nicht davon ausgehen, dass Gender Mainstreaming Strategien für Politik und Wirtschaft gleichermaßen Anwendung finden können.
Diversity Management hingegen ist in der Privatwirtschaft vertreten und richtet den Fokus auf unternehmensinterne Strategien unter Berücksichtigung des Unternehmensnutzens. Frauenförderung und Förderung der Humanressourcen werden als interne und externe Wettbewerbsfaktoren gesehen. Die Aufgaben der Personalentwicklung und/oder Organisationsentwicklung haben ihren Schwerpunkt in der „Wahrnehmung von Differenz und Förderung von Bewusstseinsstrukturen durch Arrangements innerhalb von Teams oder Personalentwicklung durch präventive Maßnahmen von Gleichstellung und Chancengleichheit“[32]. Die Pflicht interner Personalentwicklungsstrategien ist es, top-down Strategien der Führungsebene und bottom-up Initiativen, angepasst an die jeweilige Unternehmensstruktur und Unternehmenskultur, zu verknüpfen. Wie diese Maßnahmen im Einzelnen funktionieren, ist von außen nicht einsehbar, was nicht verwunderlich ist, wenn man davon ausgeht, dass Chancengleichheit und Förderung der Humanressourcen die Wettbewerbsfaktoren der Zukunft sind. Strategien wie Förderung der Frauen in Führungspositionen werden bewusst intransparent gehalten.
Diversity Management ist inzwischen eine Bedingung für geratete Unternehmen und somit in großen, börsennotierten Konzernen Bestandteil der Personalpolitik. Zu beachten ist, dass die Umsetzung der Diversity Management Strategien als ein Balanceakt zwischen Unternehmenszielen und Mitarbeiterzielen zu betrachten ist. Das Augenmerk sollte darauf gerichtet sein, ein Gleichgewicht beider Zielperspektiven zu halten, denn ein Ungleichgewicht könnte die Vorteile der Strategie leicht in das Gegenteil umschlagen lassen. Die Möglichkeiten, Methoden und Instrumente großer Konzerne hinsichtlich der Implementierung und Kontrolle des Diversity Managements sind jedoch nicht ohne weiteres auf mittelständische Unternehmen übertragbar, da diese oftmals nicht über die notwendigen monetären Mittel verfügen.
Obwohl die Strategie des Total E-Quality Managements als Schnittstelle zwischen Gender Mainstreaming und Diversity Management zu verstehen ist, zielt sie ebenso auf große finanzstarke Unternehmen ab. Der Fokus der Strategie richtet sich am Ansatz des Total Quality Managements aus, wodurch die kontinuierliche Verbesserung der Unternehmensqualität stark in den Mittelpunkt rückt. Auf dieser Basis wird schlussgefolgert, dass motivierte Mitarbeiter bessere Qualität bringen und folglich eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens bewirkt wird. Frauenförderung gründet also nicht auf der sozialen Verantwortung eines Unternehmens, sondern ausschließlich auf dem Ziel, dessen wirtschaftlichen Nutzen zu erhöhen. Hierbei steigt die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Umsetzung nach dem Total E-Quality Ansatz, Frauenförderung zu sehr als Kennzahl und zu wenig als innovative Personalentwicklungsstrategie gesehen wird. Das Total E-Quality Management ist eine geeignete Lösung für große Unternehmen und kann helfen den Spagat zwischen Gender Mainstreaming und Diversity Management zu schaffen. Jedoch ist die Strategie nur in bedingtem Maße für mittelständische Betriebe anwendbar.
3.4 Work-Life-Balance
Work-Life-Balance soll eine Balance zwischen Beruf und Privatleben für alle Mitarbeiter schaffen: für Frauen, Männer, Paare, Singles, Eltern wie Kinderlose. Grundlage des Work-Life-Balance Konzeptes war die Anfang der 90er Jahre steigende Zahl gut ausgebildeter Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Auch der ansteigende Wunsch vieler Singles und Väter nach mehr Raum für ihr Privatleben trug zu dieser Entwicklung bei. Durch die Schaffung der Balance zwischen Beruf und Privatleben soll die wichtigste Ressource heutiger Unternehmen gepflegt werden: Das „Human-Kapital“. Work-Life Maßnahmen sind vielfältig. Je nach Unternehmensstruktur und Unternehmenskultur werden auch neue Maßnahmen entwickelt. Beispiele für
bewährte Work-Life-Maßnahmen sind: flexible Arbeitszeiten, Telearbeit, innerbetriebliche bzw. betrieblich unterstützte Kinderbetreuung, Beratungsangebote zu möglichen Krisenthemen, Fitnessangebote zur Stressvermeidung (Rückenschule, Yogakurse usw.), Relocation-Service oder Wiedereingliederungsprogramme. Die genannten Work-Life-Maßnahmen werden in Kapitel 9 eingehend erläutert. Work-Life-Balance in Verbindung mit einer Managementstrategie zur Chancengleichheit ist zunehmend notwendig als Wettbewerbsvorteil.
4 Frau als Zielgruppe der Personalpolitik
„Die Vereinten Nationen haben festgestellt: Frauen machen die Hälfte der Weltbevölkerung aus, leisten fast zwei Drittel der Arbeitsstunden, verdienen ein Zehntel des Welteinkommens und besitzen weniger als ein Hundertstel des Weltvermögens“[33] .
4.1 Rollenkonflikt berufstätiger Frauen
Die Rollentheorie[34] geht davon aus, dass das Verhalten von Personen in hohem Maße von der Position bestimmt wird, die diese Person inne hat. So wird von einer Mutter erwartet, dass sie sich um ihr Kind kümmert. Diese Erwartungen üben einen Druck auf den Positionsinhaber aus, sich rollenkonform zu verhalten. Unter „Rolle“ wird ein Komplex von Erwartungen verstanden, die an einen Positionsinhaber gerichtet werden. Die Personen, die Erwartungen an den Positionsinhaber (Rollenempfänger) richten, werden als Rollensender bezeichnet. Der Rollenbegriff selbst hat verschiedene Dimensionen. Eine Rollendimension ist der Verpflichtungscharakter, das heißt, dass sich die Erwartungen, die an den Positionsinhaber gerichtet werden hinsichtlich ihres Verbindlichkeitsgrades unterscheiden. Man spricht von Muss-, Soll- und Kann-Erwartungen, die bei Nichteinhaltung entsprechend ihres Verbindlichkeitsgrades sanktioniert werden. Der
Identifikationsgrad als weitere Dimension drückt aus, welchen Stellenwert die Position und die damit verbundene Rolle für das Selbstbild der Person hat: Zentraler Lebensinhalt oder unwichtige Nebenaufgabe? Der Allgemeinheitsgrad beschreibt, wie genau die Rollenerwartungen sind. Wird dem Positionsinhaber ein großer Handlungsspielraum gelassen oder wird ihm sein Verhalten genau vorgeschrieben.
Rollen unterscheiden sich auch in dem Grad ihrer Mehrdeutigkeit oder Klarheit. Die letzte Dimension ist die so genannte Reichweite oder der Durchdringungsgrad einer Rolle. Diese Dimension gibt an, inwieweit sich eine Rolle auf alle Lebensbereiche einer Person oder nur auf bestimmte Bereiche bezieht.
„Konflikte stellen psychologische und soziale Phänomene dar, die durch das Vorliegen gegensätzlicher Verhaltenstendenzen gekennzeichnet sind“[35]. Im Fall von Rollenkonflikten werden verschiedene Typen unterschieden: der Inter-Rollenkonflikt, der Intra-Rollenkonflikt und der Person-Rolle-Konflikt.[36]
Ein Inter-Rollenkonflikt kann sich daraus ergeben, dass eine Person verschiedene Rollen wahrzunehmen hat und sich aus den Erwartungen an die verschiedenen Rollen Widersprüche ergeben, beispielsweise: Frau in Beruf und Familie.
Als Intra-Rollenkonflikt bezeichnet man Konflikte, die sich aus einer Rolle ergeben, wenn an diese eine Rolle widersprüchliche Erwartungen gestellt werden. Ein Beispiel ist die Rolle einer Führungskraft, die die Erwartungen der eigenen Vorgesetzten sowie die ihrer Mitarbeiter zu erfüllen hat, was naturgemäß einen Intra-Rolllenkonflikt auslöst, da der Positionsinhaber keiner Anforderung zu 100 Prozent gerecht werden kann.
Der Person-Rollen-Konflikt tritt ein, wenn die Erwartungen an eine Rolle nicht vereinbar sind mit den persönlichen Wünschen, Werten oder Bedürfnissen des Positionsinhabers.
Durch dieses Rollendenken könnte man auch den mangelnden Anteil von Frauen in Unternehmen und in Führungspositionen erklären. Es führt dazu, dass es zu wenige Frauen in Positionen für Nachwuchskräfte gibt und
dass Frauen seltener in den Firmenbereichen tätig sind, aus denen Führungskräfte rekrutiert werden. Die spezielle Situation berufstätiger Frauen, der bislang kaum Beachtung geschenkt wurde, spielt dabei eine wesentliche Rolle. Weder mangelndes Talent noch die Dominanz männlicher Kollegen sollte als Grund für das Frauendefizit in Fach- und Führungspositionen überbewertet werden. Vielmehr ist es die Furcht vor der eigenen Courage sowie das Dilemma, als Frau erst dann anerkannt zu werden, wenn sie im Job aufsteigt und gleichzeitig die Familienfrage meistert, also sich als berufstätige Frau rollenkonform verhält. Dieses Dilemma sowie die daraus resultierende Doppelbelastung[37] werden oft ignoriert. Es sind nicht nur Frauen, die bereits Familie und Karriere zu vereinbaren haben, die davon betroffen sind, sondern auch die noch kinderlosen Mitarbeiterinnen sowie nachfolgende Generationen werden sich dieser Rollenproblematik nicht entziehen können.
Die betrieblichen Voraussetzungen dafür, dass Frauen und auch Männer sich Beruf und Familie widmen können, fehlen oft. Familienfreundliche Maßnahmen sind in einem Großteil der Unternehmen weder vorhanden noch geplant. Für fast jede Frau bedeutet ein Aussetzen der Berufstätigkeit einen Karriereknick oder sogar den Karriereabsturz. Erschwert wird die berufliche Situation durch Vorurteile, eine mangelnde Anerkennung, Akzeptanz, Förderung und Unterstützung im Unternehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Die fünf größten Hindernisse für den Aufstieg von Frauen in Organisationen[38]
4.2 Relevanz von Chancengleichheit und Frauen in Führungspositionen
Sollen und können mittlere Unternehmen auf die Chance von Wettbewerbsvorteilen durch Chancengleichheit und Frauenförderung verzichten? Keine der in Kapitel 3 vorgestellten Managementstrategien berücksichtigt in ausreichendem Maße die spezielle Situation und die speziellen Anforderungen mittelständischer Unternehmen. Nach einer Erhebung des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sind es im Sommer 2002 lediglich zwei Prozent aller Betriebe in West- und Ostdeutschland, die auf Basis von Tarifverträgen Vereinbarungen zur Chancengleichheit von Frauen geschlossen haben.[39] Wie schon erwähnt geht die Managementstrategie des Diversity Managements auch davon aus, dass Frauenförderung und Förderung der Humanressourcen die Wettbewerbsfaktoren der Zukunft sind; vereinfacht ausgedrückt: Je gemischter die Beschäftigungsstruktur und das Management, desto erfolgreicher ist das Unternehmen. Das Unternehmen erweitert durch Frauen sein Potential, aus dem es Führungspersonal rekrutieren kann. Gleichzeitig nutzt es die Investitionen, die es für Aus- und Fortbildung der Mitarbeiterinnen aufgewendet hat.
Empirische Studien bescheinigen Frauen wichtige Führungseigenschaften wie Kommunikationstalent und Durchhaltevermögen – bezüglich sozialer Kompetenz sind sie den Männern von Natur aus einen Schritt voraus. Frauen sind trotzdem seltener im Management eines Unternehmens anzutreffen, obwohl sie diverse Vorteile in ein Team bringen: sie setzen neue Akzente, erweitern die Sichtweise und geben zusätzliche Impulse. Verschiedenen Erfahrungsberichten zufolge kommt es, alleine durch einen geringen Frauenanteil in männerdominierenden Abteilungen und Teams, zu einem besseren Arbeitsklima, einer gesteigerten Motivation und Produktivität. Qualifizierte Frauen sollten demzufolge auf allen Hierarchieebenen vertreten sein, um eine Monokultur zu verhindern und neue Impulse zu geben. Frauen
in Führungspositionen haben sich als Organisationstalente bewiesen. Sie stehen ihren männlichen Kollegen weder in Flexibilität und Risikobereitschaft, noch in der Fähigkeit, Probleme zu lösen, nach. Frauen handeln und entscheiden eher intuitiv, dabei aber mit hohem Sachverstand. Früher zählten überwiegend fachliche Fähigkeiten. Heute ist beides notwendig: Soziale Kompetenz und fachliche Fähigkeiten.
4.3 Erwartungen von Frauen
Was macht Arbeitgeber für Frauen attraktiv?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: Was Arbeitgeber für Frauen attraktiv macht[40]
Die wesentlichen Begriffe zur Beantwortung der Frage sind Work-Life-Balance und Chancengleichheit. Work-Life-Balance sollte durch geeignete familienfreundliche Maßnahmen für alle Mitarbeiter erreicht werden. Bei der Schaffung einer Work-Life-Balance kommt Faktoren wie eigenständiges Arbeiten, flexible Arbeitszeitgestaltung, Teilzeitarbeit, Telearbeit und Beratungsangeboten eine entscheidende Rolle zu. Die genannten Work-Life-Maßnahmen werden in Kapitel 9 eingehend erläutert. Ergänzende Schritte sind innerbetriebliche Qualifizierungsangebote, wie Lernen am Arbeitsplatz, selbstorganisiertes Lernen, Telelernen oder Lernen im Workshop. Ein
innerbetriebliches Qualifizierungskonzept trägt gleichzeitig einen großen Teil zur Chancengleichheit im Unternehmen bei, denn Frauen arbeiten nicht weniger effizient und erfolgreich als Männer. Allerdings erfahren Frauen deutlich weniger Anerkennung und Wertschätzung ihrer Leistung als ihre männlichen Kollegen. Ein Beispiel hierfür ist die leistungsgerechte Entlohnung: je höher die Position, desto häufiger beziehen Frauen bei gleicher Leistung, Qualifikation und Position ein geringeres Bruttogehalt als ihre Kollegen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Bruttogehälter von Berufseinsteigern nach Geschlecht[41]
5 Spezifische Gegebenheiten mittelständischer Unternehmen
Gemäß den Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit bildet der Mittelstand mit rund 3,3 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen und Selbständigen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. 99,7 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind mittelständische Betriebe; sie stellen 69,7 Prozent der Arbeitsplätze und 80 Prozent der Ausbildungsplätze bereit.
5.1 Aktuelle Situation der Unternehmen
Der Mittelstand kann sich dem intensiven Wettbewerb am Markt ebenso wenig entziehen wie die Großkonzerne und gerät damit zunehmend unter einen Anpassungsdruck. Es gehört deshalb zu den wesentlichsten Aufgaben der Geschäftsführung, einerseits den Handlungsbedarf zu erkennen, zu identifizieren und die Rahmenbedingungen im Unternehmen so zu gestalten und anzupassen, dass das gesamte Entwicklungs- und Innovationspotential ausgeschöpft werden kann. Ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor der Zukunft ist eine ressourcenorientierte Personalpolitik und die damit verbundenen Maßnahmen, die zu einer Leistungsoptimierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beitragen. Wie schon eingangs erwähnt, wird auf dem deutschen Arbeitsmarkt mittel- und langfristig ein Mangel an Fach- und Führungskräften herrschen. Es gilt also, durch eine innovative Personalpolitik die Gruppe qualifizierter Arbeitskräfte zu erhöhen. Gleichzeitig muss jedoch das vorhandene qualifizierte Personal gehalten werden und einsatzfähig sowie leistungsfähig bleiben. Die Arbeitsmarktsituation verdoppelt die Anforderungen sowohl an die Mitarbeiter als auch an das Unternehmen selbst. Die Mitarbeiter kämpfen um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze, das Unternehmen um das Überleben am Markt. In immer kürzer werdenden Abständen werden die eigenen Prozesse und Strukturen optimiert, was wiederum die Anforderungen an die Mitarbeiter erhöht und Einschränkungen im Privatleben zur Folge hat. Stressbedingte Überforderungen und ein mangelnder Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben können Folgen dieses
sich selbst verstärkenden Kreislaufs sein, der in seinem Endergebnis zu sinkender Arbeitsproduktivität und Arbeitsqualität führt. „Der entscheidende Produktionsfaktor eines Unternehmens sind seine Mitarbeiter mit ihrer Kreativität, ihrem Know-how, ihren Ideen, ihrer Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft. (…) Nichts bedroht die Existenz eines Unternehmens langfristig mehr, als wenn dieses Potential nicht gepflegt wird, seinen Wert verliert, oder schlicht abwandert“[42].
5.2 Erfolgsfaktor Mitarbeiter
Ein wesentlicher Bestandteil der Zukunftssicherung eines Unternehmens ist es, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und diese zu halten. Die Rekrutierung neuer qualifizierter Potentiale führt zu einer Entlastung der Angestellten und zudem zu einer Erweiterung des Know-hows. Ziel der Personalentwicklung ist es, die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mindestens zu erhalten, um so zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens beizutragen. Somit kann der „Teufelskreislauf“ durchbrochen werden. Ein erster Schritt ist die Analyse der Zielgruppe Frau. Die Zahl der erwerbstätigen Frauen steigt stetig.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Erwerbstätige Frauen nach Altersgruppe[43]
Zur Sicherung des Fachkräftebedarfs müssen Unternehmen die Produktivität von Frauen wie von Männern in allen Unternehmensbereichen und Hierarchieebenen ausschöpfen. Frauen stehen ihren männlichen Kollegen in punkto Kompetenz und Qualifikation nicht nach. Sie besitzen sogar spezifische Handlungskompetenzen, wie „emotionale Intelligenz“[44] und Organisationstalent, die dem Unternehmen ein Vorteil und eine Bereicherung sein könnten, wenn der speziellen Situation der Frau mehr Beachtung geschenkt werden würde. Die Erschließung der Leistungsfähigkeiten fordert, dass diese spezielle Situation den Ausgangspunkt einer qualifizierten Personalentwicklung darstellt. Durch differenzierte Maßnahmen und Projekte wird die Gleichstellung von Frauen gefördert und somit die Gruppe von qualifiziertem Personal vergrößert. Parallel dazu zwingt die spezielle Arbeits- und Lebenssituation der Frauen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Unternehmen zu fördern. Eine Antwort darauf bietet die Work-Life-Balance. Das Konzept gilt für Frauen wie Männer gleichermaßen. Work-Life-Maßnahmen zielen auf die Erhöhung der Motivation, Mitarbeiterbindung, Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft ab. Die wesentlichen Ergebnisse sind gesteigerte Effizienz, Arbeitsproduktivität und reduzierte Fehlzeiten.
5.3 Bekannte familienfreundliche Maßnahmen
Unter bekannten familienfreundlichen Maßnahmen sind insbesondere flexible Arbeitszeitmodelle, Telearbeit und verschiedene Beratungs- und Betreuungsangebote zu verstehen, die allerdings bislang aus anderen Gründen als der Familienfreundlichkeit in Unternehmen eingeführt wurden. Modifizierte Varianten der hier aufgeführten Modelle werden im Kapitel 9 erläutert.
5.3.1 Arbeitszeitmodelle
In den letzten Jahren hat sich der Trend besonders bei jüngeren hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewandelt. Die Schaffung einer Work-Life-Balance wird wichtiger. Eine Maßnahme ist die Arbeitszeitflexibilisierung. Im Folgenden werden ausgewählte Arbeitszeitmodelle vorgestellt.[45]
Teilzeitarbeit
Unter Teilzeitarbeit ist jedes Arbeitsverhältnis zu verstehen, das von seinem zeitlichen Umfang unterhalb der betrieblichen Regelarbeitszeit vereinbart wird. Der „Frauenanteil in dieser Beschäftigungsform ist ungefähr acht mal so hoch wie der von Männern“[46]. Die Teilzeitarbeit bietet eine gute Möglichkeit, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, jedoch gibt es immer noch zu wenig qualifizierte Teilzeitangebote.
Insbesondere in technischen Bereichen, auf der Führungsebene und im Management sind Teilzeitmodelle selten. In vielen Unternehmen wird der Wunsch nach Teilzeitarbeit noch als mangelnde Motivation angesehen, obwohl es eigentlich vielmehr eine Steigerung der Motivation, der Produktivität und der Mitarbeiterleistung zur Folge hat. Andererseits werden die Informations- und Kommunikationsanforderungen im Unternehmen erhöht. Teilzeit trägt dazu bei, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen zu halten und somit die Fluktuation zu reduzieren.
Turnusteilzeiten[47]
Die Turnusteilzeit ist eine Variante der Teilzeit und ist gekennzeichnet durch einen gewissen Arbeitszeitrhythmus, beispielsweise abwechselnd eine Woche in Vollzeit und eine Woche frei. Die Varianten sind vielfältig und ermöglichen so einen bedarfsgerechten Personaleinsatz. De facto teilen sich zwei Mitarbeiter einen Arbeitsplatz, dabei stellen die Übergabe bzw. die Absprachen im Team einen kritischen Aspekt dar.
Halbtagesarbeit
Hierbei handelt es sich um das wohl bekannteste und gängigste Teilzeitmodell. Die individuelle Arbeitszeit wird halbiert und wird jeweils auf die Vormittage oder Nachmittage an fünf Tagen in der Woche festgelegt. Das heißt, dass die Aufgaben der Stellen entweder ebenso auf die Hälfte gekürzt werden oder dass eine Stelle mit zwei Halbtagskräften besetzt wird. Es ist eine recht starre Variante im Rahmen der Arbeitszeitflexibilisierung.
Job Sharing
Diese Arbeitsform erfordert eine genaue Abstimmung der Mitarbeiter, da sich zwei oder mehr Personen eine Arbeitsstelle teilen. Die zu teilende Stelle braucht dabei keine Vollzeitstelle zu sein. Allerdings muss die Arbeitszeit des einzelnen Job Sharers unter der betriebsüblichen Arbeitszeit liegen. Das Modell eignet sich besonders für Team- und Projektarbeiten, da die Stelle durchgehend besetzt ist. Die beteiligten Mitarbeiter haben die volle Verantwortung bezüglich der Aufteilung der Arbeit und der Anwesenheit am Arbeitsplatz. Dazu bedarf es nicht nur einer sehr guten Koordination, sondern auch eines hohen Verantwortungsbewusstseins.
Vorteile sind das zusätzlich gewonnene Know-how und Synergien sowie bessere Überbrückungsmöglichkeiten bei Urlaub, Schwangerschaft, Erziehungszeit und Krankheit. Die Wiederbesetzung bei Kündigung kann sich allerdings schwierig gestalten. Job Sharing zwingt zudem zu einer Veränderung des Führungsstils: von autoritär hin zu mitarbeiterorientiert.
Sabbatical
Bei einem Sabbatical erwirkt der Mitarbeiter durch Gehaltsverzicht oder durch den Aufbau von Plusstunden einen Freizeitanspruch den er als Freizeitblock von zum Beispiel drei Monaten oder einem Jahr nehmen kann, beispielsweise für Studienzwecke. Die Maßnahmen führten ebenso zu einer Steigerung der Mitarbeitermotivation, dennoch ist zu beachten, dass eine Stellvertretung zusätzlich zu Urlaubsansprüchen zu organisieren ist, was folglich weitere Kosten verursacht.
Zeitautonome Arbeitsgruppen[48]
Das Modell basiert auf dem des Job Sharing mit dem Unterschied, dass die Dauer und Lage der Arbeitszeit innerhalb eines gesamten Teams in Eigenverantwortung geregelt wird. Die Beteiligten koordinieren zudem unter Berücksichtigung betrieblicher Vorgaben die Verteilung der Arbeit zwischen den Teammitgliedern sowie den zeitlichen Ablauf. Hierbei ist ebenfalls eine hohe Eigenverantwortung und Disziplin der Mitarbeiter notwenig. Anfänglich bringt dieses Arbeitszeitmodell eine erhöhte Koordination für den Vorgesetzten mit sich. Wie im Falle des Job Sharing bedarf es auch hier einer Anpassung des Führungsstils.
Vertrauensarbeitszeit[49]
Zeitkontrolle ist bei diesem Arbeitszeitmodell kein maßgeblicher Faktor mehr. Das heißt: Stechuhren werden abgeschafft. Die Arbeitszeit spielt für die Bewertung der Leistung keine Rolle, sondern vielmehr Zielerreichung und Leistungsbeurteilung. Vertrauensarbeitszeit lässt sich sehr gut in Teams integrieren. Jeder Einzelne trägt mit seiner Zielerreichung und Leistung zum Gesamtergebnis des Teams bei. Die Ziele werden jährlich partizipativ im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs vereinbart. Die Entlohnung richtet sich nach der jährlich ermittelten Leistungsbeurteilung und Zielerreichung. Auch hier muss der Führungsstil den neuen Gegebenheiten angepasst werden: „Führen mit Zielen“ ist hierbei das Schlagwort. Das Modell setzt ein hohes Maß an Vertrauen von Seiten des Unternehmens in die Eigenverantwortung, Selbstorganisation und Leistungsbereitschaft seiner Mitarbeiter voraus.
5.3.2 Telearbeit
„Telearbeit ist jede auf Informations- und Kommunikationstechnik gestützte Tätigkeit, die ausschließlich oder zeitweise an einem außerhalb der zentralen Betriebsstätte liegenden Arbeitsplatz verrichtet wird. Dieser Arbeitsplatz ist
mit der zentralen Betriebsstätte durch elektronische Kommunikationsmittel verbunden“[50]. Telearbeit hat viele Gesichter: Heimbasierte Telearbeit, Mobile Telearbeit, Telecenter oder On-Site-Telearbeit. Die einzelnen Formen werden im Folgenden dargestellt.
[...]
[1] Reinberg, Alexander; Hummel, Markus (2003): Bildungspolitik: Steuert Deutschland langfristig auf einen Fachkräftemangel hin? , Nürnberg; Reihe / Serie: IAB-Kurzbericht Nr. 09/2003
[2] Quelle: Statistisches Bundesamt, Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung
[3] Reinberg, Alexander; Hummel, Markus (2003): Bildungspolitik: Steuert Deutschland langfristig auf einen Fachkräftemangel hin? , Nürnberg; Reihe / Serie: IAB-Kurzbericht Nr. 09/2003
[4] Erschienen in: Fränkischer Tag: 63 Prozent der Mütter arbeiten, Bamberg, 06.03.2004, S.4
[5] Erschienen in: Fränkischer Tag, Frauen fordern gleiche Chancen, Bamberg, 09.03.2004, S.4
[6] Peters, Sibylle, Frauen in Führungspositionen: Der Diskurs über Geschlechterdifferenz und –arrangements, S. 34 in Peters, Sibylle/ Bensel, Norbert (Hrsg.), Frauen und Männer im Management – Diversity in Diskurs und Praxis, 2.Auflage, Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 2002
[7] Quelle: IAB-Betriebspanel 2002, Erschienen in: IAB Kurzbericht Nr.12/2003; * nur Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten; gewichtete Werte; Mehrfachnennungen möglich
[8] Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) gemeinnützige GmbH, E-Quality Management – Personalressourcen identifizieren und entwickeln – ein Beitrag zur Chancengleichheit von Frauen, W. Bertelsmann Verlag, Wirtschaft Bildung Verwaltung, Bielefeld 2001
[9] Quelle: IAB 2003
[10] Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Frauen und Technik, Europäische Gemeinschaften, Luxemburg, 2002
[11] Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 2004, Stand 09.01.2004
[12] http://www.uni-bamberg.de/ifb/mat-pdf/Geschlechtsrollen.pdf , Stand 19.01.2004
[13] Braun Carolyn, Unter Männern: Frau und Karriere – in manchen Berufen aussichtslos. Das denken viele Berufseinsteigerinnen und versuchen es erst gar nicht. Ein Fehler. , Erschienen in: Wirtschaftswoche, Nr. 40, 25.09.2003, S. 112 f.
[14] Beckmann, Petra (2003): EU-Beschäftigungsquote: Auch richtige Zahlen können in die Irre führen. Nürnberg; Reihe / Serie: IAB-Kurzbericht Nr. 11/2003.
[15] Verein Deutscher Ingenieure, Ingenieure und Ingenieurinnen in Deutschland – Situation und Perspektiven, VDI Verein Deutscher Ingenieure, Düsseldorf April 2002, Seite 9f.
[16] Verein Deutscher Ingenieure, Ingenieure und Ingenieurinnen in Deutschland – Situation und Perspektiven, VDI Verein Deutscher Ingenieure, Düsseldorf April 2002, Seite 9f.
[17] Verein Deutscher Ingenieure, Ingenieure und Ingenieurinnen in Deutschland – Situation und Perspektiven, VDI Verein Deutscher Ingenieure, Düsseldorf April 2002, Seite 11f.
[18] Bendl, Regine, Chancengleichheit am Arbeitsplatz für Frauen – Integration in die strategische Unternehmensführung. Eine theoretische und empirische Analyse. Hampp Verlag, München, Mering, 1997
[19] Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) gemeinnützige GmbH, E-Quality Management – Personalressourcen identifizieren und entwickeln – ein Beitrag zur Chancengleichheit von Frauen, W. Bertelsmann Verlag, Wirtschaft Bildung Verwaltung, Bielefeld 2001
[20] http://europa.eu.int/scadplus/leg/de/cig/g4000c.htm#c2 , Stand 19.01.2004
[21] Gemeinnützige Hertie-Stiftung (Hrsg.): Strategien einer familienbewussten Unternehmenspolitik, Bonn, Januar 2003
[22] Gemeinnützige Hertie-Stiftung (Hrsg.): Strategien einer familienbewussten Unternehmenspolitik, Bonn, Januar 2003
[23] Quelle: Vgl. IAB 12/2003
[24] Hansmeyer, Marie Christine; Festing, Marion, Perspektiven und Karrierehindernisse von weiblichen Führungskräften, Personal Heft 11/2003
[25] Europäische Kommission (Hrsg.), 100 Begriffe aus der Gleichstellungspolitik. Glossar der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Luxemburg 1998
[26] Quelle: Bundesanstalt für Arbeit, Referat Chancengleichheit am Arbeitsmarkt (RCA), Juni 2002
[27] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Gender Mainstreaming. Was ist das?, Die Bundesregierung, Berlin 2002
[28] Quelle: Vgl. Sepheri/ Wagner in Peters, S .
[29] Krell, G., Managing Diversity: Chancengleichheit als Erfolgsfaktor, Erschienen in: Personalwirtschaft, April 1999, Seite 24ff.
[30] Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) gemeinnützige GmbH, E-Quality Management – Personalressourcen identifizieren und entwickeln – ein Beitrag zur Chancengleichheit von Frauen, W. Bertelsmann Verlag, Wirtschaft Bildung Verwaltung, Bielefeld 2001
[31] Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) gemeinnützige GmbH, E-Quality Management – Personalressourcen identifizieren und entwickeln – ein Beitrag zur Chancengleichheit von Frauen, W. Bertelsmann Verlag, Wirtschaft Bildung Verwaltung, Bielefeld 2001
[32] Peters, Sibylle, Frauen in Führungspositionen: Der Diskurs über Geschlechterdifferenz und –arrangements, S. 43 in Peters, Sibylle/ Bensel, Norbert (Hrsg.), Frauen und Männer im Management – Diversity in Diskurs und Praxis, 2.Auflage, Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden, 2002
[33] Vgl. http://www.balancing-consult.de/publikac.htm , Stand 19.01.2004
[34] Vgl. Heinen, E., Industriebetriebslehre, S. 735 f.
[35] Vgl. Heinen, E., Industriebetriebslehre, S. 754
[36] Vgl. Heinen, E., Industriebetriebslehre, S. 755 f.
[37] http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2001/p1680031.htm , Stand 15.01.2004
[38] Quelle: "Woman in Leadership: A European Business Imperative", The Catalyst and The Conference Board, 2002
[39] Möller, Iris; Allmendinger, Jutta (2003): Frauenförderung: Betriebe könnten noch mehr für die Chancengleichheit tun. Nürnberg; Reihe / Serie: IAB-Kurzbericht Nr. 12/2003.
[40] Quelle: Access-Survey 2003, Erschienen in: Wirtschaftswoche Nr.40, 25.09.2003
[41] Quelle: Access Survey 2003, Erschienen in: Wirtschaftswoche, Nr.40, 25.09.2003
[42] Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), Wettbewerbsvorteil familienbewusste Personalpolitik-Leitfaden für mittelständische Unternehmen, 1.Auflage, Mai 2001
[43] Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 2004, Stand: 09.01.2004
[44] Goleman, Daniel, Emotionale Intelligenz, München, 1997, Seite 65: „Der Begriff der emotionalen Intelligenz bezieht sich vor allem auf jene Momente gefühlsmäßigen Handelns, die wir später bereuen, wenn sich die Aufregung gelegt hat; die Frage ist dann, weshalb wir so unvernünftig haben handeln können.“ Mit emotionaler Intelligenz werden eine ganze Reihe von Fähigkeiten und Kompetenzen beschrieben, wie z.B. Mitgefühl, Kommunikationsfähigkeit, Menschlichkeit oder Takt
[45] Vgl. Heinen, E., Industriebetriebslehre, S. 810 ff.
[46] http://www.work-life.de/Info/AZ-Modelle.asp, Stand 19.01.2004
[47] http://www.work-life.de/Info/AZ-Modelle.asp, Stand 19.01.2004
[48] http://www.work-life.de/Info/AZ-Modelle.asp, Stand 19.01.2004
[49] Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG, „Brose Arbeitswelt“, 2001
[50] Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung Referat Information, Publikation, Redaktion (Hrsg.), Telearbeit – Leitfaden für flexibles Arbeiten in der Praxis, Februar 2001
- Citation du texte
- Janine Weber (Auteur), 2004, Entwicklung und Einführung eines zielgruppenspezifischen Konzeptes zur Gewinnung und Bindung von qualifizierten Fachkräften in mittelständischen Unternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123260
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