Die Auseinandersetzung mit den Diktaturen ist nach den 80er Jahren ein aktuelles Thema
geworden. Wie die neuen Demokratien mit der jüngeren Vergangenheitspolitik umgehen,
unterscheidet sich jedoch von Land zu Land. Die Aufarbeitung der DDRVergangenheit
nimmt einen wichtigen Platz in der Deutschen Vergangenheitspolitik
ein.
Im Rahmen des Seminars „Friedens- und Konfliktforschung“ befasst sich diese Hausarbeit
mit der Konfrontation der DDR-Vergangenheit nach 1990. Um einen Überblick zu
verschaffen, wird im ersten Abschnitt die Vergangenheitspolitik nach dem Zusammenbruch
von Diktaturen, die für die neuen Demokratien als Herausforderung gilt, dargelegt.
Im zweiten Teil beschäftigt sich die Arbeit mit der Vergangenheitspolitik nach
1990 in Deutschland und mit der besonderen Rolle des Staatssicherheitsdienstes in der
DDR. Im letzten Teil der Hausarbeit wird die Transitional Justice und Vergangenheitsbewältigung
nach 1990 durch die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes
der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) und deren
Funktion bei der Konfrontation der SED-Diktatur dargestellt. In diesem Sinne werden
Mandat, Auftrag und die Erfahrungen von BStU herauskristallisiert, um die BStU
als ein erfolgreiches Instrument von Transitional Justice feststellen zu können.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, einen gesamten Überblick über die Aufarbeitung der DDRVergangenheit
durch BStU zu geben. Darüber hinaus wird die These untersucht, ob die
Aufarbeitung der DDR Vergangenheit durch die BStU ein neues und universelles Konzept
im Hinblick auf Transitional Justice darstellt.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung und Hinführung zum Thema
2. Vergangenheitspolitik nach dem Zusammenbruch von Diktaturen
2.1 Die dritte Welle der Demokratisierung: Trends nach
2.2 Transitional Justice und Vergangenheitsbewältigung als Herausforderung für die „neuen Demokratien“
3.Warum Vergangenheitsbewältigung in Deutschland?
3.1 Klassifizierung der DDR als Diktatur
3.2 Die besondere Rolle der Staatssicherheit in der DDR
4. Transitional Justice und Vergangenheitsbewältigung am Beispiel der Aufarbeitung der Stasi Vergangenheit nach 1990 durch die BStU
4.1 Die BStU als ein Instrument von Transitional Justice
4.2 Auftrag und Mandat von BStU
4.3 Bisherige Erfahrungen mit dem Instrument BStU
4.4 Die BStU - eine erfolgreiche Variante von Tranitional Justice?
Zusammenfassung und Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung und Hinführung zum Thema
Die Auseinandersetzung mit den Diktaturen ist nach den 80er Jahren ein aktuelles Thema geworden. Wie die neuen Demokratien mit der jüngeren Vergangenheitspolitik umgehen, unterscheidet sich jedoch von Land zu Land. Die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit nimmt einen wichtigen Platz in der Deutschen Vergangenheitspolitik ein.
Im Rahmen des Seminars „Friedens- und Konfliktforschung“ befasst sich diese Hausarbeit mit der Konfrontation der DDR-Vergangenheit nach 1990. Um einen Überblick zu verschaffen, wird im ersten Abschnitt die Vergangenheitspolitik nach dem Zusammenbruch von Diktaturen, die für die neuen Demokratien als Herausforderung gilt, dargelegt. Im zweiten Teil beschäftigt sich die Arbeit mit der Vergangenheitspolitik nach 1990 in Deutschland und mit der besonderen Rolle des Staatssicherheitsdienstes in der DDR. Im letzten Teil der Hausarbeit wird die Transitional Justice und Vergangenheitsbewältigung nach 1990 durch die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) und deren Funktion bei der Konfrontation der SED-Diktatur dargestellt. In diesem Sinne werden Mandat, Auftrag und die Erfahrungen von BStU herauskristallisiert, um die BStU als ein erfolgreiches Instrument von Transitional Justice feststellen zu können.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, einen gesamten Überblick über die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit durch BStU zu geben. Darüber hinaus wird die These untersucht, ob die Aufarbeitung der DDR Vergangenheit durch die BStU ein neues und universelles Konzept im Hinblick auf Transitional Justice darstellt.
2. Vergangenheitspolitik nach dem Zusammenbruch von Diktaturen
2.1 Die dritte Welle der Demokratisierung: Trends nach 1990
Der Systemwechsel von einer Diktatur zu einer Demokratie stellt einen schwierigen Prozess für die Gesellschaften dar. Zuerst müssen die Menschenrechtsverletzungen, die während der Diktatur begangen wurden, aufgearbeitet und die Elemente der Vergangenheitspolitik eingesetzt werden.
Die Vergangenheitspolitik hat mit der Ausbreitung der demokratischen Herrschaftsverhältnisse Ende der 80er Jahre in Europa, Lateinamerika und Ostasien, die als dritte Welle der Demokratisierung genannt wird, mehr an Bedeutung gewonnen. Aus diesem Grund wird dieser Begriff als Mittel der Demokratisierung angesehen. Nach 1990 versuchten die neuen demokratischen Regime auf unterschiedlicher Weise mit ihrer Vergangenheit umzugehen, da sich die Vergangenheit in jedem Land anders darstellt. „In einem Land herrschte ein diktatorisches Regime, das die Menschen zu einer von Willkür und Terror geprägten Existenz zwang. In einem anderen führte die Staatsmacht eine Vernichtungskrise gegen die eigene Bevölkerung oder Teile derselben.“[1]
Beispiele für die Aufarbeitung der begangenen Menschenrechtsverletzungen sind internationale Strafgerichtshöfe in Ruanda und Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens, Wahrheitskommissionen in Chile, Südafrika und Ost-Timor, Entnazifizierungsprozesse und Reparationszahlungen an Überlebende des Holocaust und die Untersuchungen der Stasi Akten in der DDR nach 1990.
Im Hinblick auf die Vergangenheitsbewältigung in den Ländern, die in diesem Jahrhundert einen Systemwechsel von der Diktatur zur Demokratie erlebt haben, lässt sich feststellen, dass sich die Akteure der Vergangenheitsbewältigung je nach Land verändern.
“(…). Beispielsweise die Akteure in einem Land wie Südafrika, das schwerste Menschenrechtsverletzungen an der Mehrheit durch eine Minderheit der Bevölkerung zu verarbeiten hat und ständig am Rand eines erneuten Bürgerkrieges steht, andere Bewältigungsformen wählen als die Akteure in der Bundesrepublik Deutschland, Polen oder Chile.“[2] Die Tatsache, dass die Vergangenheitsbewältigung unterschiedlich behandelt wird, zeigt, dass sie eine Herausforderung darstellt.
2.2 Transitional Justice und Vergangenheitsbewältigung als Herausforderung für die „neuen Demokratien“
„Vergangenheitspolitik ereignet sich während einer Revolution in der Phase des Machtkampfes und in der Phase der Verteilungskampfes um die Ausgangspositionen im neuen System“[3]
Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist deshalb nach dem Zusammenbruch von Diktaturen eine rechtliche und moralische Herausforderung geworden. Seit dem Zusammenbruch der Diktaturen steht die Aufarbeitung der Vergangenheit in vielen Ländern auf der Tagesordnung. “Worte wie Wahrheit, Verantwortung, Täter, Opfer, Schuld oder Sühne finden ihren weg aus der Literatur oder Philosophie heraus mitten hinein in die Gesellschaft und Politik des Umbruchs.“[4] In chronologischer Reihenfolge ist ein Übergang von der Diktatur zu einer Demokratie in Polen, Ungarn, Ostdeutschland (DDR), der Tschechoslowakei, Rumänien und Bulgarien zu betrachten.[5] Obwohl Transitional Justice und Vergangenheitsbewältigung Herausforderungen für die neuen Demokratien darstellen, wird die Konfrontation der begangenen Verbrechen in jedem Land anders aufgearbeitet. Wie unterschiedlich jedes Land mit seiner Vergangenheit umgeht, zeigen die folgenden Beispiele: Während in Ruanda mit Plaketten und Aufnahmen in der Öffentlichkeit auf das vergangene Unrecht aufmerksam gemacht wird, fielen die Reparationen und Säuberungen in der Tschechoslowakei aus. Insgesamt sind wenige Gerichtsverfahren in neuen Demokratien zu betrachten. Hier ist zu betonen, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit der ehemaligen diktatorischen Regime nicht immer nach dem Zusammenbruch der Diktatur begonnen hat. Im Hinblick auf die Sowjetunion ist festzustellen, dass deren Vergangenheitsbewältigung bereits im Laufe der Entstalinisierung eingetreten war.[6]
Durch Konfrontation und strafrechtliche Verfolgung von Menschenrechtsverbrechen in der diktatorischen Vergangenheit können die demokratischen, zivilgesellschaftlichen Strukturen ihren richtigen Platz einnehmen. In diesem Zusammenhang ist die Aufarbeitung der Stasi Vergangenheit eine Herausforderung der Transtional Justice für die Bundesrepublik Deutschland. Daher ist es wichtig die DDR als Diktatur zu klassifizieren.
3.Warum Vergangenheitsbewältigung in Deutschland?
3.1 Klassifizierung der DDR als Diktatur
Die Bundesrepublik Deutschland musste sich zwangsläufig mit der Vergangenheit der diktatorischen Regime des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen. Die Jahre 1945 und 1990 nehmen einen besonderen Platz in der Vergangenheitsbewältigungsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland ein. “Nach der Entnazifizierung muss sich das vereinigte Deutschland heute mit der „Entstasifizierung“ auseinandersetzen.“[7] Auch die Wissenschaft spricht von einer doppelten Vergangenheitsbewältigung der Deutschen, da die Auseinandersetzung der NS Vergangenheit noch nicht abgeschlossen ist und die Aufarbeitung der Stasi Vergangenheit immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Darüber hinaus leistet die Konfrontation mit der Vergangenheit die Bildung der Sozialmarktwirtschaft, die Entwicklung der stabilen Demokratie, die Bestärkung des Fundaments der Bürgergesellschaft.[8]
Wenn die im Laufe der Diktatur begangenen Menschenrechtsverletzungen betrachtet werden, lässt sich feststellen, dass die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) als einziger Herrschaftsapparat agiert hat. Willensbildungsprozesse und alle wichtigen Entscheidungen wurden von der SED Diktatur getroffen und alle Interessengegensätze unterdrückt oder ausgeblendet. „Verhandlung, Kompromiss und Einigung waren unter den Bedingungen der zentralistischen Diktatur nicht vorgesehen (…). Obwohl Verfassungsorgane wie Legislative, Judikative und Exekutive in ihrer Bedeutung betont wurden, spielte sich die faktische Macht- und Entscheidungsgewalt in anderen Institutionen ab, die lediglich indirekt durch die festgeschriebene Führungsrolle der SED verfassungsmäßig legalisiert war.“[9] Das Unrechtsystem und die krisenhaften Lebensbedingungen haben dazu beigetragen, dass Zehntausende DDR-Bürger eine Massenflucht betrieben haben. Um das zu verhindern, wurden die Menschen in der DDR gewaltsam underdrückt. “Es galt die Regel: Je größer die für die Erfüllung der SED-Ziele eingesetzte kriminelle Energie, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit der Flucht in den Westen oder der Opposition gegen das System. Und: Je mehr Mittäter, um so gesicherter war das Unrechtsystem.“[10]
Eine der schlimmsten Folge der SED Diktatur war, dass die Persönlichkeit und die Würde der Menschen zerstört worden sind. Viele Menschen mussten zwangsläufig aus der DDR fliehen. Dabei hat das Ministerium für Staatssicherheit eine große Rolle gespielt. „Erziehung zum Hass, Zersetzung, Entführung, Mord etc. waren gängige Arbeitsmethoden des SED-Geheimdienstes.“[11]
Im diesem Zusammenhang ist es sinnvoll auf das Ministerium für Staatssicherheit, das als kriminelle Gemeinschaft bezeichnet wird, einzugehen, um seine besondere Rolle in der DDR zu veranschaulichen.
3.2 Die besondere Rolle der Staatssicherheit in der DDR
Das Ministerium für Staatsicherheit (MfS), das auch „Stasi“ genannt wird, war sowohl eine wichtige Institution als auch eine Absicherung der neu entstandenen SED Diktatur. “Seit seiner Gründung durch das Gesetz vom 8.Februar 1950 gehörten die Bekämpfung aller Formen widerständigen bzw. oppositionellen Verhaltens der Bevölkerung ebenso zu seinen Hauptaufgaben wie die Spionagetätigkeit jenseits der Grenzen der DDR und die umfassende Informierung der SED über alle gegen die kommunistische Diktatur gerichteten Aktivitäten.“[12]
[...]
[1] Hankel, Gerd: Vergangenheit, die nicht ruhen darf, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Nr.42, 2006, S. 3- 9, hier: S,.4.
[2] Bock, Petra: Vergangenheitspolitik im Systemwechsel. Die Politik der Aufklärung, Strafverfolgung, Disqualifizierung und Wiedergutmachung im Letzten Jahr der DDR. Berlin 1999, S.9.
[3] Ebd.,S.453
[4] Ebd.,S.1
[5] Vgl. Elster, Jon: Die Akten Schlissen. Recht und Gerechtigkeit nach dem Ende von Diktaturen. Frankfurt/Newyork 2004. S.79
[6] Vgl. ebd.
[7] Schweizer, Katja: Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Vergangenheitsbewältigung der Vergangenheitsbewältigung, in Mertens, Lothar, Voigt, Dieter (Hrsg.): Opfer und Täter im SED Staat, Berlin 1998, S. 11-41, hier: S.11.
[8] Vgl. Boroznjak, Alexander: Bewältigung der Vergangenheit: deutsche Erfahrungen aus der Sicht eines russischen Historikers, in: Nolte, Hans-Heinrich (Hrsg.): Auseinandersetzungen mit den Diktaturen – Russische und Deutsche Erfahrungen, Gleichen 2005, S.45-50, hier: S.49.
[9] Bock, Petra: a.a.O., S.37
[10] Voigt, Dieter (Hrsg.); Opfer und Täter im SED Staat, Berlin 1998, S,7
[11] Ebd. S.,8.
[12] Richter, Michael: Die Staatssicherheit im letzten Jahr der DDR, Weimar-Köln-Wien 1996, S.29
- Citar trabajo
- Özgür Ekinci (Autor), 2008, Transitional Justice in Deutschland? Die Vergangenheitsbewältigung in Deutschland nach 1989/90, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123258
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