Die Idee vom Gerechten beschäftigt die Menschen Jahrtausende. Schon in der Antike befasste man sich ausgiebig mit diesem Thema und dessen Hintergründe. Man versuchte Definitionen und Begriffsdimensionen zu ergründen, um der Idee vom Gerechten immer näher zu rücken. Beginnend mit der Gerechtigkeit als Göttlichen Ursprungs bis hin zu einer globalen Gerechtigkeit (vgl. Höffe 2007) entwickelten sich verschiedenartige Ansätze und Ideen über die Jahrtausende hinweg.
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Nachdem ich die Position und Gedanken der rawlsschen Gerechtigkeit als Fairneß erläutert habe, greife ich die Kritik des Jürgen Habermas an Ralws auf, um einen Realitätsbezug für die Gerechtigkeitsidee von John Ralws herzustellen. Vor diesem Hintergrund der realisierten Gerechtigkeit als Fairness, im Gleichschritt mit der von Jürgen Habermas ins Spiel gebrachten Diskurstheorie innerhalb der Gerechtigkeit, möchte ich dann Amartya Sens Versuch die Gerechtigkeit globaler zu betrachten aufgreifen, um am Ende zu einem, zwar nicht ganz kompletten, aber deutlich aufeinander aufbauenden, Gedankenstranges anzukommen. Mit dieser Vereinigung dieser drei doch unterschiedlichen Gedankenstränge versuche ich dieses neue Feld der globalen Gerechtigkeit zu erweitern, um für weitere Ideen zu einer globalisierteren Form der Gerechtigkeit einen Nährboden zu schaffen.
Inhalt
- Einleitung
- John Rawls: Gerechtigkeit als Fairness
- Jürgen Habermas: Versöhnung durch öffentlichen Vernunftgebrauch
- Amartya Sen: Globale Gerechtigkeit. Jenseits internationaler Gleichberechtigung und Schlussbetrachtung
- Quellenangaben
Einleitung
Die Idee vom Gerechten beschäftigt die Menschen Jahrtausende. Schon in der Antike befasste man sich ausgiebig mit diesem Thema und dessen Hintergründe. Man versuchte Definitionen und Begriffsdimensionen zu ergründen, um der Idee vom Gerechten immer näher zu rücken. Beginnend mit der Gerechtigkeit als Göttlichen Ursprungs bis hin zu einer globalen Gerechtigkeit (vgl. Höffe 2007) entwickelten sich verschiedenartige Ansätze und Ideen über die Jahrtausende hinweg.
Die ersten Spuren sind bei den Ägyptern zu erkennen. Dort beginnend mit einer Gerechtigkeit der Schulden des Menschen gegenüber sich selbst, sowie einer höheren Instanz, der göttlichen Ordnung, bis hin zur Solidarität und Verantwortung einander gegenüber, implizierend den Gedanken auch in umgekehrter Form bei Nichterfüllung: die Vergeltung. So lebt in der dortigen Idee der Mensch, der nach den gerechten Grundsätzen richtet und gerichtet wird, nicht nur rechtschaffend und gerecht, sondern wird auch mehrdimensional belohnt (worauf ich hier nicht weiter eingehen möchte). Erfüllt er diese Kriterien des gerechten Zusammenlebens nicht, wird sich das Böse wegen seiner Taten rechen (Höffe: 2007 S.14). Damit verfolgten schon die Ägypter ein durchaus komplexes System der Vorstellung eines rechtschaffenden Lebens und deren Folgen (Belohnung und Bestrafung).
Diese Gedanken eines rechtschaffenden Lebens des einzelnen trug sich geschichtlich weiter fort. So kann man eine stetige Fortentwicklung dieser Gedanken beobachten, in die Antike hineingetragen: Das im Mittelpunkt stehende Individuum und dessen Sozialverhalten gegenüber anderen, sowie einem moralischen Zustand des Staates, standen auch hier im Mittelpunkt der Gerechtigkeitsbetrachtung. Der “gerechte Staat” und das “gerechte Handeln” eines Individuums sind der Mittelpunkt der antiken Gerechtigkeitsgedanken seit dem fünften Jahrhundert vor Christus. Jedoch ist die Gerechtigkeit hier allein nur noch auf das Handeln des Menschen und des Staates bezogen. Irdische Gerechtigkeiten gegenüber einer höhergestellten metaphysischen Macht sind nicht mehr all zu stark vertreten (Horn/Scarano: 2002 S. 18). Durchaus sind weitere Spuren einer solchen metaphysischen Gerechtigkeit vorhanden, jedoch geraten sie in den Hintergrund gegenüber den zwischenmenschlichen Handlungen.
In der Entwicklung der Spätantike und dem Mittelalter bekommt der göttliche “Einfluss” auf die Gerechtigkeitsidee neue Nährböden. So treten biblische Begriffe wie Sünde auf, die einen starken christlichen Einfluss auf die Ideen zulassen (Horn/Scarano: 2002 S. 91).Die Sünde als metaphysische Definition des “Nicht-Guten” bringt in dieser Zeit eine Verschärfung und eine so genannte “Neuauflage” der göttlichen Bestrafung der ägyptischen Idee. Dadurch ist die Ungerechtigkeit nun eine Verstärkung der klerikalen Bestrafungsmöglichkeit. So entwickeln sich zwei verschiedene Epochen der Gerechtigkeitslehre. Von den vor-aristotelischen Ansätzen, ausgehend von der Nikomachischen Ethik, bis hin zur Aristoteles-Kommentierung (Horn/Scarano: 2002 S. 96). Zum Ende der mittelalterlichen Epoche hin fokussierten die Schriften auf eine Staatsgerechtigkeit hin. Dort standen die Handlungen des “gerechten” Staates im Mittelpunkt der Gedanken.
Anschluss an die mittelalterlichen Gedanken betreffs des “gerecht handelnden Staates” fand vor allem Thomas Hobbes. Aber der Sprung und der Abschluss der naturgegebenen göttlichen Gerechtigkeit hin zu einem stärker intergesellschaftlichen, naturalistisch-wissenschaftlichen und unter anderem eher rechtspositivistischem Denken wurde zum Merkmal dieser Neuzeit (vgl. Horn/Scarano: 2002 S. 151). In diesem Sinne wurden antike Fragen neu aufgelegt und durchdacht. Wie schon zum Anfang dieser Epoche erwähnt, ist Thomas Hobbes einer der wichtigsten Denker dieser Zeit. Seine Idee des stark rechtspositivistischen, auf Naturrecht basierenden Staates wurde als neu empfunden (vgl. Horn/Scarano: 2002 S. 153). Grundlage für den starken Rechtspositivismus ist der Gesellschaftsvertrag, der zur Überwindung des Naturzustandes zwischen den einzelnen Individuen geschlossen wird. Daraus logisch folgend ergibt sich eine Gerechtigkeit- und Ungerechtigkeitsauffassung, die sich allein auf die Grundlage des Vertrages stützt. Der natürliche Gerechtigkeitssinn des Menschen existiert nicht (vgl. Horn/Scarano: 2002 S. 153/54). Rousseau, im Gegensatz zu Hobbes, fokussiert nicht den Staat oder den Staatsvertrag, sondern das Besitzeigentum als Grundlage für sein Gerechtigkeitsverständnis. So öffnet er die Gerechtigkeit für die Gleichheit. Auch er argumentiert aus dem Naturzustand heraus mit einer natürlichen Ordnung der Welt(vgl. Horn/Scarano: 2002 S. 219). Bei ihm entsteht erst durch die Existenz der Ungerechtigkeit der Sinn für das Gerechte, wobei die Ungerechtigkeit nur im Naturzustand und damit im Urzustand des Menschen existieren kann. Mit der Überwindung des Naturzustandes geht im Gleichschritt die Entwicklung des Menschen voran und die Ungerechtigkeit, die aus der Natur des “wilden Menschen” entsteht, wird durch die, aus der Natur des “zivilisierten Menschen” entstehenden, Gerechtigkeit ersetzt. Kant spaltet den Begriff der Gerechtigkeit in drei Teilbereiche: die göttliche Gerechtigkeit, Gerechtigkeit als Sicherstellung des Eigentums und Strafgerechtigkeit. Damit verfolgt Kant ein stark vernunftgeprägtes Verständnis (vgl. Horn/Scarano: 2002 S. 164).
Im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert gab es vor allem einen wichtigen neuen Versuch die Gerechtigkeit zu erfassen. Von John Stuart Mill und Henry Sidgwick wurde versucht mit empirischen Hilfsmitteln Moral zu messen und damit der Gerechtigkeit ein empirisches Standbein zu verschaffen (vgl. Horn/Scarano: 2002 S. 236). Mit Marx und Nietzsche entstanden in der selben Schaffungsepoche kritische Ansätze zu Moralvorstellungen und der Gerechtigkeit (vgl. Horn/Scarano: 2002 S. 236), welche später mit in die kritizistische Strömung der politischen Theorie aufgenommen wird. Auch G. W. F. Hegel beschreibt im einem seiner Werke eine Idee zur Gerechtigkeit. Er kritisiert die Naturzustandstheoreme und geht mit der Ansicht Platons einher, die wahre und reale Gerechtigkeit sei nur im Staat zu finden (Horn/Scarano: 2002 S. 237).
Nun angekommen in der gegenwärtigen Debattenepoche, möchte ich jetzt kurz erklären, wieso ich auf eine stark gekürzte historische Herleitung setze. Ich möchte hiermit einen kurzen und knappen, allgemeinen Wissenshintergrund für die Gerechtigkeitsergründung aufbauen, um einen späteren, stark theoretisierten, Rückgriff der Entstehung eines gerechten Gedankens innerhalb einer Gesellschaft auf das Konstrukt des Urzustandes geben.
Nachdem ich die Position und Gedanken der rawlsschen Gerechtigkeit als Fairneß erläutert habe, greife ich die Kritik des Jürgen Habermas an Ralws auf, um einen Realitätsbezug für die Gerechtigkeitsidee von John Ralws herzustellen. Vor diesem Hintergrund der realisierten Gerechtigkeit als Fairness, im Gleichschritt mit der von Jürgen Habermas ins Spiel gebrachten Diskurstheorie innerhalb der Gerechtigkeit, möchte ich dann Amartya Sens Versuch die Gerechtigkeit globaler zu betrachten aufgreifen, um am Ende zu einem, zwar nicht ganz kompletten, aber deutlich aufeinander aufbauenden, Gedankenstranges anzukommen. Mit dieser Vereinigung dieser drei doch unterschiedlichen Gedankenstränge versuche ich dieses neue Feld der globalen Gerechtigkeit zu erweitern, um für weitere Ideen zu einer globalisierteren Form der Gerechtigkeit einen Nährboden zu schaffen.
John Rawls: Gerechtigkeit als Fairness
Beginnend mit diesem ersten Abschnitt, möchte ich zunächst die grundlegenden Ideen der Gerechtigkeit als Fairness des John Rawls darstellen. Orientiert an den Hauptkritikpunkten von Amartya Sen und Jürgen Habermas, stelle ich eine punktuelle und zentrale Sicht auf die Hauptmerkmale dieses Werkes des John Rawls dar.
Den Anfang bildet das Personenverständnis, welches logischer Weise einen der zentralen Punkte der Gerechtigkeit als Fairness einnimmt. In bezug auf die grundlegende Annahme über einen Menschen, der sich in der Lage sieht innerhalb einer sozialen kooperativen gerechten und fairen Gesellschaft zu überleben, stellt Rawls zunächst zwei Eigenschaften dieser Person in den Mittelpunkt:
Die erste Grundeigenschaft dieses Menschen ist „die Anlage zum Gerechtigkeitssinn, also die Fähigkeit, die für die fairen Bedingungen der sozialen Kooperation bestimmenden Prinzipien der politischen Gerechtigkeit zu verstehen, anzuwenden, sich von ihnen zum Handeln motivieren zu lassen (und nicht nur in Übereinstimmung mit ihnen zu handeln)“ (Rawls 2006: S. 44).
Die zweite „die Fähigkeit, sich eine Vorstellung vom Guten zu machen, also die Fähigkeit, eine Konzeption des Guten zu vertreten, zu revidieren und rational durchzusetzen“ (Rawls 2006: S. 44). Unter einer solchen „Konzeption des Guten“ versteht Rawls eine Ansammlung von Lebenszwecken, die als wertvoll betrachtet werden. Mit anderen Worten: Dinge die der Mensch als Lebenswerte bezeichnet. Diese Lebenswerte werden in diesem rawlsschen Kontext als Produkte religiöser, philosophischer und moralischer Gesamtlehren gesehen (Rawls 2006: S. 44).
Aus dieser Kombination, aus der Fähigkeit der Erkenntnis der fairen Kooperation und der zweiten Gabe Werte zu erkennen und anzuwenden, folgt ein durchaus, in diesen Grundannahmen, gleicher Mensch, wie er in dieser Form nur in Rawls Urzustand existieren kann (worauf ich später eingehen möchte). Jedoch aus dem Urzustand herausgedacht, bleibt die Frage nach der Gleichheit (die logischer Weise in einer fairen kooperativen Gesellschaft von Nöten ist) der Personen.
Rawls beantwortet diese Frage ähnlich dem des eben erwähnten Urzustandes: Er sieht Personen insofern als gleich an, „als ihnen allen unentbehrlichen Mindestmaß die moralischen Vermögen zugeschrieben werden, die nötig sind, um sich ein leben Lang an der sozialen Kooperation zu beteiligen und der Gesellschaft als gleiche Bürger anzugehören“ (Rawls 2006: S. 46). Damit sind die Ideen einer gleichen Person innerhalb und außerhalb des Urzustandes die selbigen. Doch wirken außerhalb des Urzustandes gleichzeitig die Zwangsgewalt des Staates und der Gesellschaft (Rawls 2006: S. 47), was wiederum die Frage nach einer Gleichbehandlung vor der Staats- und Gesellschaftsmacht eröffnet. Diese wird jedoch relativ simpel beantwortet. Rawls reduziert hier die Ansicht der Staats- und Gesellschaftsmacht auf den Menschen allein durch die zwei Grundeigenschaften. Erfüllt eine Person beide Grundeigenschaften, so ist sie ein volles Mitglied der Gesellschaft und damit des Staates. Daraus folgt auch hier eine Gleichbehandlung, allein auf die zwei Grundeigenschaften des Menschen reduziert (Rawls 2006: S. 47).
Aber interessant erscheint auch die Frage nach dem Beginn einer Mitgliedschaft innerhalb einer sozial-kooperativ-politischen Gesellschaft. Rawls beantwortet sie logisch und einfach zugleich: „So wird man beispielsweise in die Gesellschaft hineingeboren (..)“(Rawls 2006: S. 47). Damit beginnt die Mitgliedschaft in einer solchen Gesellschaft mit der Geburt und endet mit dem Tode.
Anders verhält es sich jedoch mit Interessensgemeinschaften. Diese Gemeinschaften können vielerlei Identitäten annehmen und Interessen vertreten, sowie Belohnungen für ihre Mitglieder aussprechen (Rawls 2006: S. 47). Hier ist die Mitgliedschaft nicht auf den Beginn mit der Geburt und dem Ende durch den Tod beschränkt, sondern für jeden Einzelnen frei wählbar. Ich erwähne hier diese Gemeinschaften mit dem Blick auf Armatya Sens Idee zu einer globalen Gerechtigkeit. In seinem Werk „Globale Gerechtigkeit. Jenseits internationaler Gleichberechtigung“ geht Sen auf diese Gemeinschaften weiter ein, jedoch später dazu mehr.
Zuletzt, habe ich die Absicht die Identität einer Person auf der individuellen Ebene des einzelnen innerhalb der rawlsschen Gesellschaftsidee darzustellen. Die Bürger diese Gesellschaft verfügen auch über moralische Identitäten. Sie bildet sich aus politischen und nichtpolitischen Zielen, die sie verfolgen. „So bejahen sie die Werte der politischen Gerechtigkeit und möchten deren Verkörperung in politischen Institutionen und sozialpolitischen Maßnahmen erleben. Außerdem setzen sie sich für die übrigen nichtpolitischen Werte und Ziele der Verbände ein, denen sie angehören“ (Rawls 2006: S. 49). Daraus folgt eine moralische Identität, die sie jedoch erst nach Ende des Urzustandes entwickeln können. Diese Identitäten sind genauso Folgen eines bestimmten individuellen Interessenmixes, der jedoch schon vor der Identitätsbildung besteht, sich jedoch danach wohl anzunehmend nicht verändern wird.
Mit einem inhaltlichen Sprung von dem Post-Urzustandstatus, möchte nun auf die Entstehung dieser Gesellschaft und damit zu dem Urzustand zurückkehren.
Unsere Ausgangsposition ist die faire kooperative Gesellschaft. Nur ist hier die Frage, wie diese faire Kooperation zustande kommt, wie sich die einzelnen Individuen auf gerechte Grundsätze der Kooperation und der Gesellschaft einigen. Rawls gibt die Richtung vor:
Durch eine Übereinkunft alle Beteiligten. Er begründet diese Idee der Einigung durch eine Übereinkunft aller durch eine dadurch ermöglichte Mitbestimmung jedes Einzelnen, was durch eine andere, vielleicht höhere moralische Institution nicht gelangen würde (Rawls 2006: S. 39). Das heißt genauso, dass es genaue, vorher festgesetzte Regelungen zur Einigung geben muss. Diese Regeln sind jedoch einem schwierigen Kriterium unterworfen: der Gerechtigkeit.
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- Philipp-A. Stütze (Autor), 2008, Der Weg zu eine globalen Gerechtigkeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123222
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