Familie, Schule, Peers und die Medien als Einflussfaktoren auf das Rauchverhalten von 14 - 16-jährigen österreichischen jugendlichen Mädchen und Burschen werden in dieser Arbeit unter die Lupe genommen.
Inhaltsverzeichnis
1 Problemstellung und theoretische Hintergründe
1.1 Problemstellung
1.2 Die Soziologie der Jugend
1.3 Jugend in der Gender-Mainstreaming-Debatte
1.4 Geschichte und Epidemiologie des Rauchens mit speziellem Augenmerk auf das Rauchen von Mädchen
1.4.1 Aktuelle Daten
1.4.2 Inhaltsstoffe
1.4.3 Folgen
1.5 Zigaretten und ihre Eroberungsgeschichte
1.6 Rauchen und Emanzipation
1.7 Gesetzeslage
2 Forschungsfrage und Forschungsdesign
2.1 Erklärungsmodelle zum Rauchverhalten
2.2 GAT-Studie
2.3 Das Modell der Raucherkarriere als Ergebnis der GAT-Studie
2.4 Soziale Kontexte
2.4.1 Familie als Einflussfaktor
2.4.2 Schule als Einflussfaktor
2.4.3 Peers als Einflussfaktor
2.4.4 Medien und Stars als Einflussfaktoren
2.5 Fragestellung
2.6 Ergebniszusammenfassung
2.7 Methodische Vorgangsweisen
2.7.1 Daten und Methoden der EC-Studie
2.7.1.1 Daten
2.7.1.2 Rekrutierung
2.7.1.3 Interviewdurchführung
2.7.1.4 Sample
2.7.1.5 Weiteres Verfahren mit den Interviews
2.7.1.6 Kodierung und Analyse
2.7.2 Spezielle Analysen des Projekts zum Einfluss der sozialen Kontexte auf das Rauchverhalten der 14 – 16-jährigen Jugendlichen in Österreich
3 Ergebnisse
3.1 Familie
3.1.1 Einfluss des Raucherstatus der Eltern
3.1.2 Rauchen der Minderjährigen im Beisein der Eltern
3.1.3 Umgang der Familie mit den rauchenden Jugendlichen
3.1.3.1 Geschwister
3.1.3.2 Eltern
3.2 Schule/ Lehrer
3.2.1 Reaktionsmuster der Lehrer und Lehrerinnen
3.3 Peers
3.3.1 "Liebespartner"
3.4 Medien und die Rolle der Stars
4 Schlussfolgerungen
5 Literatur
5.1 Internetrecherchen
1 Problemstellung und theoretische Hintergründe
1.1 Problemstellung
Rauchen und seine Gefahren. Ein Thema das regelmäßig durch die Medien geistert. Dennoch oder gerade deshalb beginnen tagtäglich Kinder und Jugendliche damit, das Rauchen zu probieren. Einige belassen es beim Probieren, andere wiederum probieren weiter und erlernen krampfhaft das Rauchen – aus welchen Gründen auch immer.
Durch meine wissenschaftliche Mitarbeit am Ludwig Boltzmann-Institut für Medizin und Gesundheitssoziologie bin ich mit dem Thema "Gender and Smoking“ erstmals in Kontakt gekommen. Anfangs war es ein internationales Projekt, später wurde es um ein nationales Projekt erweitert, bei denen ich an der Forschung mitwirkte. Die beiden Arbeiten wurden veröffentlicht unter den Titeln:
- "Gender Differences in Smoking in Young people” (Lambert et al. 2002) und
- "Geschlechtsunterschiede im Rauchverhalten bei Adoleszenten. Sekundäranalysen zum EC-Projekt ‚Gender Differences in Smoking in Young people’ für 14-16-jährige Mädchen in Österreich“ (Dür et al. 2003)
Das Hauptergebnis dieser Forschungen war eine neue Erkenntnis über den Beginn des Rauchens bei Jugendlichen. Mittels Fokusgruppeninterviews konnte ein Weg rekonstruiert werden, der einer Prozesslogik folgt, wodurch sich ein mehrstufiges Karrieremodel mit lerntheoretischen Ansätzen ableiten ließ. Die jungen Erwachsenen durchschreiten auf ihrem Weg zum süchtigen Raucher folgende 6 Stufen:
1. Wirkungen Beobachten
2. Erstes Probieren
3. Wiederholtes Probieren
4. Problemrauchen
5. Genussrauchen und Rauchen als Lebensstil
6. Gewahrwerden der Sucht
Da sich diese Erkenntnis sehr stark an der Prozesslogik orientiert, Sozialisation jedoch nicht in einem sozialen Vakuum stattfindet, kam diese Arbeit zustande. Darin wird untersucht in welchen Umwelten die Karriere des Rauchers stattfindet und inwieweit diese Umwelten die Raucherkarriere, das Rauchverhalten beeinflussen. Welche "Bedeutung“ kommt dabei der Familie, der Schule, den Peers und auch den Medien zu? Fakt ist: all diese sozialen Kontexte, in denen die Jugendlichen eingebettet sind, beeinflussen ihr Rauchverhalten.
In mehreren Schritten wird an das Thema herangeführt: Ausgehend von der Erörterung des Begriffs der Jugend und der Soziologie der Jugend als vorrangigen theoretischen Hintergrund folgt die Gender-Mainstreaming-Debatte, die in Zeiten der Emanzipation und des Stärkerwerdens der Frauen und Mädchen, auch schon in der Jugend eine große Rolle spielt.
Nationale und internationale Daten und Fakten zur Verbreitung der Zigarette und die Geschichte des Rauchens werden in weiteren Kapiteln behandelt.
Da diese Arbeit ein spezielles Augenmerk auf Mädchen legt, darf das Thema Rauchen und Emanzipation nicht fehlen.
Auch der rechtliche Hintergrund soll beleuchtet werden, da im Laufe der Zeit von der Legislative ein umfangreiches Gesetz geschaffen wurde, das das Rauchen und die Bewerbung von Tabakprodukten regelt.
All diese Hintergründe sollen helfen, den ganzen Umfang der Thematik des Rauchens besser zu verstehen. Sie sollen die theoretische Grundlage bilden.
1.2 Die Soziologie der Jugend
"Die Jugend von heute…“ – so beginnen oft Beschwerden älterer Menschen über die jüngere Generation.
Doch wie ist die Jugend von heute? Hat sich das Bild in den letzten Jahren gewandelt oder gelten die Zuschreibungen von früher auch noch für die heutigen jungen Erwachsenen?
Zuallererst muss der Begriff der Jugend näher definiert werden. Weder in der Alltagssprache noch in der Fachsprache der Soziologie, der Psychologie und der Pädagogik gibt es einen eindeutigen Bedeutungsinhalt des Begriffs "Jugend“. Aus dem soziologischen Blickwinkel sind für die Gegenwartsgesellschaft diverse Elemente für eine Definition von "Jugend" zu nennen (vgl. Schäfer 2001):
- Jugend ist eine Lebensphase im Lebenszyklus eines jeden Individuums, die mit dem Einsetzen der Pubertät um das 13. Lebensjahr beginnt; der Jugend als Altersphase geht die Kindheit voraus; es folgen das Erwachsenensein und das Alter (so war bereits die Einteilung in der Antike);
- Jugend ist die Altersgruppe der etwa 13- bis etwa 25-jährigen, die in soziologischer Hinsicht deshalb besonders hervorgehoben werden kann, weil sie typische, als "jugendlich“ bezeichnete Verhaltensweisen und Einstellungen besitzt;
- Jugend ist eine biologisch mitbestimmte, aber sozial und kulturell "überformte“ Lebensphase, in der das Individuum die Voraussetzungen für ein selbständiges Handeln in allen gesellschaftlichen Bereichen erwirbt;
- Jugend ist eine Subkultur, eine gesellschaftliche Teilkultur;
- Jugend ist weiterhin ein "idealer Wertbegriff“ der auf ein in vielen Völkern und Kulturen hoch geschätztes "Gut“ verweist: auf Jugendlichkeit.
Während sich die Experten beim Beginn der Jugendphase mit dem Einsetzen der Geschlechtsreife einig sind, gibt es über das Ende der Lebensphase "Jugend“ unterschiedliche Meinungen. Laut Schäfer (2001) bestand bisher immer Einigkeit darüber, dass die Jugendphase dann als abgeschlossen gelten kann, wenn ein Individuum seine persönliche und soziale Identität gefunden hat.
Indikatoren für diese Identität sind ökonomische Selbständigkeit durch Berufsausübung und eigenes Einkommen und die soziale Verselbständigung z.B. durch Gründung eines eigenen Haushaltes und/oder einer eigenen Familie. Dieses klare Erscheinungsbild verschwindet jedoch in der heutigen Zeit mehr und mehr und wird durch ein neues ersetzt. Heute gehört der ökonomisch unselbständige Vater oder die studierende Mutter zum Gesellschaftsbild. In diesen Fällen geht das Jugendalter in die Post-Adoleszenz über. Dieser Begriff der Post-Adoleszenz setzte sich in der Wissenschaft für die 18- bis 25-jährigen durch. Das Ende dieser Phase lässt sich jedoch nur schwer bei 25 Jahren festlegen, wie unterschiedliche Meinungen auch bei Experten zeigen. Hackauf/Winzen (1999 in Dür et al. 2002) zum Beispiel weiten die Jugendphase bis zum 30. Lebensjahr aus, je nach Grad der erreichten Unabhängigkeit. Gillis hat in seiner "Geschichte der Jugend“ diese Jugendlichen mit der Kategorie "Mündigkeit ohne wirtschaftliche Grundlage“ charakterisiert (Schäfer 2001).
Diese Pluralisierung der Lebensphase Jugend bringt auch jede Menge Probleme im Alltag mit sich. Im Gegensatz zu heute wusste man in der Gesellschaft des 19. und frühen 20. Jahrhunderts noch genau, was ein guter (angepasster) Bürger ist und wie sich Jugendliche zu entwickeln haben. Auch waren die Lebens- und Karrieremöglichkeiten viel eingeschränkter und lange nicht so vielfältig wie heute. Somit stehen den Jugendlichen heute mehr Entscheidungsmöglichkeiten offen, was aber den entscheidenden Nachteil mit sich bringt, dass, im Gegensatz zu früher, kein einfacher und klarer Orientierungsrahmen mehr gegeben ist. So liegt es heute an der Kreativität, Aktivität und (Eigen-)Initiative jedes einzelnen Jugendlichen, seinen Weg aus der Vielzahl von Möglichkeiten zu finden.
Als Folge dieser Situation sind Vorbilder rar geworden oder haben zumindest an Wirkung eingebüßt. Es ist nicht mehr in demselben Ausmaß möglich, einen Lebensentwurf zu repräsentieren, wie früher. Das ist das Verhängnis und gleichzeitig die Chance der Jugendlichen von heute.
Das Hauptproblem der Pubertät hat sich damit auch verändert: Die Jugendlichen von heute haben Entwicklungsaufgaben zu bewältigen, deren Lösungswege noch nicht feststehen oder vorgegeben sind. Ihr Problem ist weniger die Anpassung an vorgegebene Standards als das Finden neuer Möglichkeiten. Für das Erwachsenwerden der heutigen Jugendlichen bestehen daher keine fertigen Entwürfe mehr, es existieren dafür unendlich viele Möglichkeiten. (Dür et al. 2003, Hurrelmann 1995)
Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, muss man feststellen, dass auch ein Kulturwandel stattgefunden hat. Initiationsrituale verschwinden mehr und mehr, Ritterschlag, Mensurschlagen oder ähnliches haben in modernen Gesellschaften weitestgehend ausgedient und auch Riten der diversen Stammesvölker finden in unseren Breiten keine Anwendung. Auch dieser Wandel bedingt, dass die Jugendlichen beim Erwachsenwerden heute weitgehend auf sich selbst gestellt sind. (Schäfer 2001)
Die Pluralisierung der Lebensmöglichkeiten bringt für die Jugendlichen zwar vielfältige Möglichkeiten und Chancen, andererseits sind aber auch die Gefahren des Scheiterns angewachsen. Dies erschwert den Jugendlichen den Statusübergang, die so genannte Statuspassage, umso mehr, da es zu Schwierigkeiten bei der Entwicklung der Erwachsenenidentität kommen kann, wenn Jugendliche nicht wissen, welchen Weg sie gehen sollen. Vor Augen geführt wird diese Lage der Jugendlichen auch den vielen Lesern von J. K. Rowlings Romanserie "Harry Potter und ...“. Dür (2003 - Vortrag) findet Parallelen zwischen den Aufgaben für den jungen Harry Potter in Band 4 und der momentanen Situation der Jugendlichen allgemein. Harry Potter muss in diesem Band am trimagischen Turnier teilnehmen, das aus 3 Aufgaben besteht. Die schier unlösbare zweite Aufgabe scheint bezeichnend für die Situation von Jugendlichen im Allgemeinen: sie besteht darin, herauszufinden worin die Aufgabe besteht. Genau diese beinahe ausweglose Situation des jungen Helden ist mit der oben beschriebenen Situation der Jugendlichen vergleichbar. Unterstützt wird der junge Harry dabei von einem Mitschüler, was wiederum bezeichnend für die Bedeutung der Peers ist (vgl. Kapitel 2.4.3).
Verstärkt kommt in der letzten Zeit auch die Diskussion um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern oder die Bevorzugung des weiblichen Geschlechts hinzu. Auch die Gendermainstreamdebatte, die im folgenden Kapitel umrissen wird, beeinflusst den Weg der jugendlichen Mädchen und Burschen.
Junge Frauen müssen sich nicht mehr hinter ihren Männern und im Haushalt verstecken, Mädchen wagen sich immer mehr in "männlich dominierte" Ausbildungsstätten und Berufe. Ob Höhere technische Lehranstalten oder Bundesheer, Gesetze regeln die fairen Bedingungen bzw. die bevorzugte Behandlung von Frauen. Für Burschen verschärft sich dadurch die Konkurrenzsituation. Will man wissenschaftliches Licht in diese Entwicklung bringen, kommt man an der Gendermainstreamdebatte keinesfalls vorbei.
1.3 Jugend in der Gender-Mainstreaming-Debatte
"Sämtliche Studien, Forschungsprojekte und Erhebungen müssen nach dem Geschlecht aufgeschlüsselte Daten enthalten." Diese und weitere 24 Leitlinien für einen Beitrag zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern, Mädchen und Jungen wurden in einem Leitfaden für Projekt- und Programmverantwortliche im Rahmen des "Leonardo da Vinci"-Programms erstellt um die Qualität von Projekten zu erhöhen. Das Schlagwort dazu heißt "Gender Mainstreaming" (BMBWK 2003).
Das Konzept des Gender Mainstreaming geht weg von den primär frauenfördernden Maßnahmen der Vergangenheit, da es nicht ausreicht spezifische Fördermaßnahmen für Mädchen und Frauen einzuführen. Anstatt dieses Konzepts soll gleichzeitig und zusätzlich zu den frauenfördernden Maßnahmen Gender Mainstreaming angewandt werden. Das bedeutet, dass eine umfassende Politik zur Gleichstellung vorherrschen muss. Frauen- und Geschlechterfragen – eine geschlechtsbezogene Perspektive – muss in alle Politikbereiche, in alle Konzepte und Maßnahmen integriert werden, fordert das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur in seiner veröffentlichten Broschüre.
Gender Mainstreaming wird durch eine im Auftrag des Europarates eingesetzte ExpertInnenkommission 1998 erarbeitete Definition des oft sehr vage verwendeten Begriffs definiert: es ist demnach die (Re)organsiation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluierung grundsatzpolitischer Prozesse, mit dem Ziel, eine geschlechterbezogene Sichtweise in alle politischen Konzepte auf allen Ebenen und Phasen durch alle an politischen Entscheidungsprozessen Beteiligten einzubringen.[1]
Eine Geschlechterpolitik, die nicht den Begriff der Frau strapaziert, sondern den Gender-Begriff (= aus dem englischen; soziale und kulturelle Geschlechterrolle) heranzieht, betont damit, dass es um beide Geschlechter und die Verhältnisse zwischen ihnen geht. Es wird darauf hingewiesen, dass das männliche Geschlecht nicht die allgemein gültige menschliche Norm bildet.
Es geht um Differenzen, um grundsätzlich als veränderbar angesehene Verhältnisse zwischen den Geschlechtern. Die biologischen Geschlechterdifferenzen werden nicht mehr als Legitimation für gesellschaftliche Differenzen zwischen den Geschlechtern akzeptiert. Soziale und kulturelle Geschlechterrollen für Männer und Frauen werden als historisch gewachsen und politisch gestaltbar gesehen.[2]
[...]
[1] www.wien.gv.at/ma57/mainstreaming.htm
[2] www.fes.de/fulltext/asfo/00802001.htm
- Quote paper
- MMag. Nina Aichholzer (Author), 2006, Der Einfluss der sozialen Kontexte auf das Rauchverhalten der 14 bis 16 jährigen österreichischen Jugendlichen mit besonderem Augenmerk auf die Mädchen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123051
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