„Kfz-Versicherung ab 35 Cent am Tag z. B. für einen Audi A4 Avant.“
(Zürich Connect Deutschland)
35 Cent am Tag kostet das Versprechen eines Kraftfahrtversicherers in Deutschland, Schäden bis zu einer Summe von 100 Mio. Euro zu übernehmen. Fast scheint es, als würde das Risiko eines Schadens kaum oder gar nicht bestehen. Ein Blick in die Statistik zeigt jedoch, dass die Kfz-Versicherer in dem Jahr 2007 über 12 Milliarden Euro allein für die Kfz-Haftpflichtschäden leisten mussten. Welche Strategie verfolgen die Anbieter eines derartig risikoreichen Geschäftes?
Ziel dieser Arbeit ist es, die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen es für die Kraftfahrtversicherer möglich ist, eine marktgerechte Prämie zu kalkulieren. Bei dieser Untersuchung liegt das Hauptaugenmerk auf dem Problem der unterschiedlichen Informationsstände von Käufer und Verkäufer, den so genannten asymmetrischen Informationen.
Im ersten Schritt wird die Marktpreisbildung auf vollkommenen Märkten betrachtet. Anhand des wirtschaftstheoretischen Modells von Angebot und Nachfrage werden die Grundlagen der Preisbildung dargestellt. Dabei werden die Gründe drohenden Marktversagens aufgezeigt. Anschließend werden die Wesensmerkmale des Versicherungsprodukts erläutert und mit relevanten Gründen eines drohenden Marktversagens zusammengeführt. Hierbei wird deutlich, welches Risiko an einem Markt mit Informationsdefiziten besteht und warum die Information den wichtigsten Produktionsfaktor für ein Versicherungsunternehmen darstellt. Darauf folgend erhält der Leser Einblick in die vielfältige Methodik der Kraftfahrtversicherer zur Informationsgewinnung. Anschließend wird der Betrug in der Kraftfahrtversicherung als kriminelle Konsequenz einer speziellen Form der Informationsasymmetrie dargestellt und die staatliche Pflichtversicherung als weiterer möglicher Prämieneinflussfaktor analysiert. Im letzten Teil der Arbeit werden die Eigeninitiativen der Kfz-Versicherer behandeln. Hierbei wird deutlich, wie schwierig es für die Kfz-Versicherungswirtschaft ist, trotz einer gewissen Anzahl an Möglichkeiten zur Prämienkalkulation das Preis-Leistungs-Verhältnis dauerhaft rentabel zu gestalten.
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Gliederung
Die risikogerechte Prämie in der Kfz-Haftpflichtversicherung
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielstellung und Vorgehensweise
2 Grundlagen
2.1 vollkommener Markt
2.2 vollkommene Markttransparenz
2.3 Preisbildung
2.3.1 Marktnachfrage
2.3.2 Marktangebot
2.4 Marktgleichgewicht
2.5 optimale Ressourcenallokation
2.6 Marktversagen
3 Wesensmerkmale der Versicherung
3.1 Definition nach Farny
3.2 Information als wichtiger Produktionsfaktor
4 Informationsasymmetrien in der Versicherungswirtschaft
4.1 Zum Problem der asymmetrischen Informationen
4.2 adverse Selektion vor Vertragsschluss (ex ante)
4.3 moral hazard nach Vertragsschluss (ex post)
5 Kooperationsverfahren zur Minderung der Informationsasymmetrien
5.1 Screening und Signaling zur Informationsbeschaffung
5.2 Selbstwahlschema
5.3 Prämiendifferenzierung
6 Betrug als kriminelle Konsequenz des moral hazard
6.1 Aufwertung des moralischen Risikos
6.2 Formen des manipulierten Schadens
6.3 Schutz des Versicherers
7 Kfz-Pflichtversicherung
7.1 Gründe für die staatliche Pflichtversicherung
7.2 Pflichten des Fahrzeughalters und des Versicherers
7.3 Effekte staatlicher Auflagen
8 Eigeninitiative der Kfz-Versicherer
8.1 Schadenmanagement
8.2 Risikomanagement
9 Fazit
9.1 Rückblick
9.2 Ergebnisse
9.3 Konsequenzen
Abkürzungsverzeichnis
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Buch- und Aufsatzliteratur
Internetquellen
1 Einleitung
„Kfz-Versicherung ab 35 Cent am Tag z. B. für einen Audi A4 Avant.“
(Zürich Connect Deutschland)
1.1 Problemstellung
35 Cent am Tag kostet das Versprechen eines Kraftfahrtversicherers in Deutschland, Schäden bis zu einer Summe von 100.000.000 Euro[1] zu übernehmen. Fast scheint es, als würde das Risiko eines Schadens kaum oder gar nicht bestehen. Ein Blick in die Statistik zeigt jedoch, dass die Kfz-Versicherer in dem Jahr 2007 über 12 Milliarden Euro allein für die Kfz-Haftpflichtschäden leisten mussten.[2] Welche Strategie verfolgen die Anbieter eines derartig risikoreichen Geschäftes?
1.2 Zielstellung und Vorgehensweise
Ziel dieser Arbeit ist es, die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen es für die Kraftfahrtversicherer möglich ist, eine marktgerechte Prämie zu kalkulieren. Bei dieser Untersuchung liegt das Hauptaugenmerk auf dem Problem der unterschiedlichen Informationsstände von Käufer und Verkäufer, den so genannten asymmetrischen Informationen.
Zur Beantwortung dieser Frage erscheint die folgende Vorgehensweise sinnvoll. Im ersten Schritt wird die Marktpreisbildung auf vollkommenen Märkten betrachtet. Anhand des wirtschaftstheoretischen Modells von Angebot und Nachfrage werden die Grundlagen der Preisbildung dargestellt. Dabei werden die Gründe drohenden Marktversagens aufgezeigt. Anschließend werden die Wesensmerkmale des Versicherungsprodukts erläutert und mit relevanten Gründen eines drohenden Marktversagens zusammengeführt. Hierbei wird deutlich, welches Risiko an einem Markt mit Informationsdefiziten besteht und warum die Information den wichtigsten Produktionsfaktor für ein Versicherungsunternehmen darstellt. Im weiteren Verlauf erfolgt unter Zuhilfenahme der Prinzipal-Agent-Theorie die Darstellung von Informationsasymmetrien zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber. Die hierbei untersuchten Komplikationen werden anschließend erörtert. Das Grundproblem der Versicherungswirtschaft wird damit gekennzeichnet sein. Darauf folgend erhält der Leser Einblick in die vielfältige Methodik der Kraftfahrtversicherer zur Informationsgewinnung. Anschließend wird der Betrug in der Kraftfahrtversicherung als kriminelle Konsequenz einer speziellen Form der Informationsasymmetrie dargestellt und die staatliche Pflichtversicherung als weiterer möglicher Prämieneinflussfaktor analysiert. Im letzten Teil der Arbeit werden die Eigeninitiativen der Kfz-Versicherer behandeln. Hierbei wird deutlich, wie schwierig es für die Kfz-Versicherungswirtschaft ist, trotz einer gewissen Anzahl an Möglichkeiten zur Prämienkalkulation das Preis-Leistungs-Verhältnis dauerhaft rentabel zu gestalten.
Als Grundlage dieser Arbeit wurde die volkswirtschaftliche Betrachtung der Preisbildung gewählt. Die betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise einzelner Faktoren fliest jedoch in die Untersuchungen ein, um die Vorgehensweise der Versicherer besser zu erläutern. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf dem Produkt Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung. Wenngleich sich die Preisbildung der Fahrzeugkaskoversicherung ähnlich gestaltet, wird die Betrachtung dahingehend nicht weiter ausgedehnt.
2 Grundlagen
„Der Marktpreis eines einzelnen Gutes hängt von dem Verhältnis der am Markt tatsächlich angebotenen Menge und der Nachfrage jener ab, welche bereit sind, den natürlichen Preis dafür zu bezahlen (...)“
(Smith, Adam, geb. 1723, schottischer Moralphilosoph und gilt als Begründer der klassischen Volkswirtschaftslehre)[3]
2.1 vollkommener Markt
Unter einem Markt versteht man den ökonomischen Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage. Das Ergebnis dieses ökonomischen Marktgeschehens ist der Preis.[4] Um den Markt zu durchschauen, müssen die vielfältigen Vorgänge des Marktes in einer starken Vereinfachung erkennbar werden. Um beispielsweise die Zusammenhänge der Preisbildung darzustellen, kann das volkswirtschaftliche Modell des vollkommenen Marktes zu Hilfe genommen werden. Der vollkommene Markt kennzeichnet die ideale Marktform. Es handelt sich um einen Darstellung des theoretischen Grenzfalles, weil er in der Wirklichkeit nur in seltensten Fällen vorkommt. Eine Voraussetzung des vollkommenen Marktes stellt die vollkommene Markttransparenz dar.[5] Zu Beginn dieses Kapitels ist es daher hilfreich, die Theorie der vollkommenen Markttransparenz als ein Merkmal des vollkommenen Marktes unter der Bedingung symmetrischer Informationsverteilung darzustellen.
2.2 vollkommene Markttransparenz
Die vollkommene Markttransparenz wird in der Mikroökonomie dann angenommen, wenn die Marktteilnehmer kostenlos über einen identischen Informationsstand aller gehandelten Güter und Dienstleistungen, deren Preise und sonstigen Merkmale verfügen. Verträge sind vollständig, ihre Erfüllung kann kostenlos beobachtet und komplett durchgesetzt werden.[6] Ein Beispiel wäre der identische Informationsstand der Marktteilnehmer über die Qualität der Güter. Durch die verschiedenen Qualitäten der Güter bilden sich durch den Marktmechanismus auch unterschiedliche Preise. Anhand dieser Preise ist für die Marktteilnehmer der Qualitätsunterschied der Güter ersichtlich. Es herrscht somit eine symmetrische Informationsverteilung. Sofern die Qualität der Güter jedoch nur unter Entstehung von Informationskosten zu ermitteln ist, kann man die Annahme der vollkommenen Markttransparenz nicht mehr halten. Als Informationskosten können all die Kosten angesehen werden, die die Marktteilnehmer für begründete Entscheidungen aufwenden müssen. Dazu können Gutachterkosten für die Qualitätsbeurteilung der Güter oder eine permanente Verhaltensüberwachung des Vertragspartners zählen. Nur in den seltensten Fällen ist zu erwarten, dass die Marktteilnehmer vollständige Markttransparenz erlangen, weshalb die Akteure in der Marktrealität mit unvollkommenen Informationen umgehen müssen. Dabei tritt häufig die Situation ein, dass die Grenzkosten zunehmender Informationsgewinnung irgendwann größer sind, als der Grenznutzen der dadurch ermittelten Tatbestände. Damit haben die Marktteilnehmer ein Optimierungsproblem zu lösen (wie viele Informationen zu welchen Kosten in Relation zum Nutzen), keineswegs jedoch ein Maximierungsproblem (so viele Informationen wie möglich, egal, um welchen Preis). Damit bestehen auf realen Märkten unvollkommene Informationsstände, die auf Märkten von Versicherungsprodukten strukturell zur Situation führen, dass die Anbieter von Versicherungsleistungen weniger Informationen über die Versicherungskunden und deren Motive haben als diese über die Anbieter. Im Folgenden wird zunächst auf das Grundmodell der Preisbildung bei symmetrischer Informationsverteilung eingegangen.
2.3 Preisbildung
Für das Funktionieren einer Marktwirtschaft sind Angebot und Nachfrage die bedeutenden Triebkräfte. Sie bestimmen die produzierte Menge eines jeden Gutes und den Marktpreis. Wenn man die Auswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf die Volkswirtschaft erkennen will, muss man zuerst überprüfen, wovon Angebot und Nachfrage beeinflusst werden. Das vorliegende Kapitel gibt eine Einführung in die Theorie von Angebot und Nachfrage.[7] Es zeigt, wie Märkte funktionieren und zwar unabhängig davon, welche Güter oder Dienste verkauft werden. Da es sich um ein theoretisches Modell handelt, wird zur vereinfachten Darstellung die vollständige Konkurrenz unterstellt. Dabei sind zwei Unterschiede besonders wichtig. Zum einen sind die angebotenen Güter gleich und zum anderen sind die Anbieter und Nachfrager zahlreich und deshalb als einzelne strategieunfähig. Es herrscht ein polypolistischer Zustand.[8]
Die Preise sind - neben anderen Einflussgrößen wie z.B. die Bedürfnisse, Preise anderer Produkte, Qualitäten - ein Faktor, der die Nachfragemengen der Konsumenten am Markt bestimmt. Sie sind Teil der kausalen Beziehungen zwischen Wirkung (Mengen) und Ursachen (Preise), die als generelle Nachfragefunktion bezeichnet wird.[9] Das Angebot wiederum wird durch die Angebotsfunktion bestimmt. Hier sind insbesondere die eingesetzten Faktormengen und die technische Ausstattung entscheidende, den Grenzkostenverlauf bestimmende Faktoren. „Grenzkosten sind der Kostenzuwachs, der durch die Mehrproduktion einer Ausbringungseinheit entsteht.“[10] Angebots- und Nachfragefunktion sollen im weiteren Verlauf unabhängig voneinander analysiert werden.
2.3.1 Marktnachfrage
Zur Betrachtung der Nachfrage wird eine der bestimmenden Ursachen, die Preise, in den Fokus genommen. Alle anderen Einflussgrößen, wie Geschmäcker, Vorlieben, Erwartungen oder Trends, fließen nicht in die Analyse ein. Diese Situation wird „ceteris paribus“ genannt und ist hilfreich um anzudeuten, dass alle relevanten Größen – mit Ausnahme der gerade veränderlich diskutierten – konstant gehalten werden.[11] Die Nachfrage reagiert mit negativen Vorzeichen auf Preisänderungen, was gemeinhin als "Nachfragegesetz" bezeichnet wird. Letzteres besagt: „Bei steigendem Preis fällt die nachgefragte Menge eines Gutes und umgekehrt, bei fallendem Preis steigt die nachgefragte Menge.“[12] Zur Veranschaulichung ein Beispiel:
Auf dem Wochenmarkt bietet Bauer B Tomaten zum Preis von 3 € (p 1) je Kilo an. Der Konsument K isst gern Tomaten, findet den Preis bei gegebener Bedürfnisstruktur sowie gegebenen Preisen substitutiver Güter (ceteris paribus) jedoch zu hoch und entscheidet sich in diesem Fall nur 1 Kilo (m 1) für 3 € zu kaufen. Eine Woche später bietet Bauer B seine schmackhaften Tomaten für 2,00 € (p 2) je Kilo an. Konsument K nimmt dieses Angebot erfreut wahr und entscheidet sich, bei dem günstigen Angebot gleich 3 Kilo Tomaten (m 2) zu kaufen.
Abb. Nr. 1 zeigt das eben beschriebene Beispiel als graphische Kurve. Hier wird dargestellt, dass ein Haushalt (Konsument K) mit fallendem Preis die nachgefragte Menge ausdehnt. Bei steigendem Preis wird die nachgefragte Menge jedoch reduziert. Man bewegt sich also auf der Nachfragekurve, die exakt diesen Zusammenhang zwischen Preis und nachgefragter Menge beschreibt (p 1 und p 2).[13] Wie bemisst sich jedoch die Marktnachfrage insgesamt? Hierbei summiert man die individuell nachgefragte Menge der einzelnen Haushalte zu unterschiedlichen Preisen auf. Im Verlauf dieses Kapitels wird angenommen, dass so viele Haushalte als Nachfrager auf dem Markt auftreten, dass kein Einzelner einen Einfluss auf den Marktpreis ausüben kann.[14]
2.3.2 Marktangebot
Bei der Darstellung des Marktangebotes wird ebenfalls der Schwerpunkt auf eine der bestimmenden Ursachen, dem Preis des angebotenen Gutes gelegt. Alle anderen Einflussgrößen, wie z.B. technisches Wissen oder Preise der Produktionsfaktoren, werden konstant gehalten. (cet. par.). Betrachtet man unternehmerische Entscheidungen erscheint logisch, dass bei höherem Preis eine größere Menge des Gutes angeboten wird. Im Gegensatz dazu würde bei einem niedrigeren Preis eine kleinere Menge des Gutes angeboten werden. Würden die Kosten sogar unter die Stückkosten, also die Kosten pro Produktionseinheit, des Anbieters fallen, wären Verluste vorprogrammiert. Bei Unterschreitung der Gewinnschwelle des Unternehmers, bietet dieser die Menge null an oder er zieht sich ganz aus dem Markt zurück.[15] Es besteht folglich ein positiver Zusammenhang zwischen Preis und Angebot. Diese funktionale Verknüpfung nennt man das Gesetz des Angebotes. Dieses besagt: „Bei sonst unveränderten Randbedingungen steigt die angebotene Menge eines Gutes bei steigendem Preis des Gutes.“[16] Um zu erklären, warum kein Anbieter dauerhaft am Markt bestehen kann, wenn er Preise akzeptiert, welche unter dem Markpreis liegen, wird das Gesetz des fallenden Grenzertrages zur Hilfe genommen. Es stellt dar, dass jede zusätzliche Einheit einer Ressource, die in einem Produktionsprozess eingesetzt wird, einen fortlaufend kleineren Output zur Folge hat. Je mehr produziert wird, desto höher sind die Stückkosten. Damit mehr produziert werden kann, sind also höhere Preise notwendig.“[17] Auch hier ein Beispiel:
Die Preise auf dem Wochenmarkt für Tomaten fallen insgesamt auf 2 € (p 1) je Kilo. Bauer B kann sich ausrechnen, dass die ihm entstandenen Kosten für die Herstellung der Tomaten bei sonst konstanten Einflussgrößen (cet. par.) nicht für eine große Anzahl von Tomatenernte gedeckt sind. Denn je mehr Bauer B an Tomaten anbaut, desto höher sind die Kosten für die angestellten Tomatenpflücker, Saatgut, Dünger etc. Bei 2 € je Kilo kann er nur eine geringe Menge (m 1) an Tomaten anbieten. Steigt der Marktpreis der Tomaten wieder auf über 2 € (p 2), ist auch Bauer B bereit, mehr Tomaten anzubauen und auf dem Wochenmarkt anzubieten (m 2).
Abb. Nr. 2 stellt die Angebotskurve grafisch dar. Die horizontale Achse zeigt die Menge der angebotenen Tomaten in Kilo an, die vertikale den Preis, den der Konsument zahlen müsste, damit der Bauer die gewünschten Kilo Tomaten anbietet. Ebenso wie die Marktnachfrage die Summe der Einzelnachfragen aller potentiellen Käufer ist, ergibt sich das Marktangebot als Summe der individuellen Angebote aller potentiellen Verkäufer.[18]
2.4 Marktgleichgewicht
Wie führen die einzelnen Prozesse von Angebot und Nachfrage letztlich zu einem Marktgleichgewichtspreis? Zur Darlegung des Marktgeschehens wird ebenfalls ein Preis-Mengen Diagramm zur Hilfe genommen (siehe Abb. Nr. 3). Dieses fasst die Angebots- und Nachfragekurven zusammen und bildet somit die gemeinsame Wirkung von Angebot und Nachfrage für die Bildung der Preise ab. Der Marktpreis und die Marktmenge repräsentieren ein stabiles Gleichgewicht; das heißt, die Marktkräfte werden den Preis und die Menge immer zu diesen Werten zurückdrängen.[19] Der Preisanstieg signalisiert eine gestiegene Nachfrage und somit eine größere Knappheit des Gutes. Es besteht ein Nachfrageüberhang. Die Reaktion des Marktes ist folglich, dass ein erweitertes Angebot bereitgestellt und im Ergebnis die Nachfrage befriedigt wird. Durch das größere Angebot ergibt sich eine gewisse Preissenkung, welche signalisiert, dass eine weitere Ausweitung des Angebotes nicht erforderlich ist.[20] Abb. Nr. 3 stellt dieses Signal als Angebotsüberhang dar. Aus diesem Grund bezeichnet man Po auch als Gleichgewichtspreis bzw. Gleichgewichtsmenge.
2.5 optimale Ressourcenallokation
Der Preis regelt also die koordinierte Produktion der Güter und Dienstleistungen, die die Verbraucher begehren. Der Moralökonom Adam Smith[21] hat mit seiner Theorie der „invisible hand“ zum Ausdruck gebracht, dass jeder Marktteilnehmer „einen Zweck fördert, den zu erfüllen er in keiner Weise beabsichtigt hat.“[22] Das eigennützige Streben der wirtschaftenden Menschen oder Unternehmen trage im „System der natürlichen Freiheit“ zum Wohl der gesamten Gesellschaft und der Effizienz der Güterallokation bei. Diese Freiheit beruht auf zwei Fundamenten. Neben der Freiheit zum Wettbewerb unter den Mitbewerbern auf derselben Marktseite ist hier die Freiheit der Marktgegenseite, also die Möglichkeit der Abnehmer, aus mehreren Alternativen nach eigenem Entschluss auswählen zu können, gemeint.[23] In der Wirklichkeit ist der Markt jedoch kein idealer Mechanismus, der stets zum Gleichgewicht führt, sondern er ist ein Ort handelnder und sich verständigender Individuen. Somit ist das Modell eines Marktes, in welchem die Marktteilnehmer zu einem Optimum durch die Verfolgung des bloßen Selbstinteresses geführt werden, nur unter drei Bedingungen gültig:
1. Die Zahl der Anbieter und Nachfrager ist sehr hoch (vollkommene Konkurrenz).
2. Alle Anpassungen können ohne Kosten und Zeitverlust vorgenommen werden.
3. Die vertraglichen Vereinbarungen können ohne Kosten, d.h. ohne Transaktionskosten, eingehalten bzw. durchgesetzt werden.
Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind, werden egoistische Bestrebungen des Marktes in sozial vorteilhafte Marktergebnisse verwandelt.[24]
2.6 Marktversagen
Die Bedingungen vollständiger Konkurrenz und kostenfreier Vertragsdurchsetzung sind also Idealbedingungen, die in der Wirklichkeit der Marktwirtschaft nicht erfüllt sind.[25] Somit treten auch Marktsituationen auf, in denen der Markt nicht fähig ist, die optimale Ressourcenallokation, also die Zuteilung der zur Produktion von Gütern eingesetzten knappen Ressourcen wie Arbeitskraft, Kapital und Boden, zu erzeugen. Diese Situationen werden in der Wirtschaftswissenschaft als Marktversagen definiert. In der Theorie kann dieses Problem unter anderem auf Informationsasymmetrien oder staatliche Interventionen zurückgeführt werden.[26]
Der Markt für Versicherungsprodukte ist weitestgehend durch das Problem der Informationsasymmetrie gekennzeichnet. Im weiteren Teil dieser Arbeit wird daher die Informationsasymmetrie als Grund für drohendes Marktversagen in der Versicherungsbranche näher betrachtet und dargestellt.
[...]
[1] Quelle: Zürich Connect: Höchstdeckungssumme Zürich Connect je Schadenereignis, Stand 04.12.2008,
[2] Quelle: GDV; Bafim: Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2008, S. 46.
[3] Vgl.Helen, Rommel, Thomas: Adam Smith für Anfänger, Der Wohlstand der Nationen, 3. Auflage, München 1999, S. 89.
[4] Vgl. Seidel, Horst, Temmen, Rudolf: Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, 6. Auflage, Bad Homburg 1989 S. 128.
[5] Vgl. Bartling, Hartwig und Luzius, Franz: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 13. Auflage, München 2000, S. 52.
[6] Vgl. Richard, Willi, Hartmann, Gernot B., Schneider, Gerhard: Grundkurs der Volkswirtschaftslehre, 6. Auflage, Rinteln 1983, S. 91.
[7] Vgl. Mankiw, Nicholas Gregory: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 2. Auflage, Stuttgart 2001, S. 69.
[8] Vgl. Mankiw, Nicholas Gregory: Grundzüge, S. 71.
[9] Vgl. Bartling, Hartwig und Luzius, Franz: Grundzüge, S. 52.
[10] Vgl. Seidel, Horst, Temmen, Rudolf: Grundlagen, S. 171.
[11] Vgl. Mankiw, Nicholas Gregory: Grundzüge, S. 74.
[12] Stocker, Ferry: Moderne Volkswirtschaftslehre, 3. Auflage, München ; Wien : Oldenbourg 1999, S. 104.
[13] Vgl. Stocker, Ferry: Moderne Volkswirtschaftslehre, S. 105.
[14] Vgl. Stocker, Ferry: Moderne Volkswirtschaftslehre, S. 106.
[15] Vgl. Mankiw, Nicholas Gregory: Grundzüge, S. 80.
[16] Vgl. Stocker, Ferry: Moderne Volkswirtschaftslehre, S. 112.
[17] Bartling, Hartwig und Luzius, Franz: Grundzüge, S. 55.
[18] Vgl. Stocker, Ferry: Moderne Volkswirtschaftslehre, S. 113.
[19] Vgl. Bartling, Hartwig und Luzius, Franz: Grundzüge, S. 57.
[20] Vgl. Tolksdorf, Michael: Dynamischer Wettbewerb: Einführung in die Grundlagen der deutschen und internationalen Wettbewerbspolitik, Wiesbaden, 1994, S. 20.
[21] Adam Smith *1723 in Kirkcaldy, † 17. Juli 1790 in Edinburgh, schottischer Moralphilosoph und gilt als Begründer der klassischen Volkswirtschaftslehre.
[22] Smith, Adam: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations
(viertes Buch, Kapitel 2) aus Winter, Helen, Rommel, Thomas: Adam Smith für Anfänger, Der Wohlstand der Nationen, 3. Auflage, München, 1999, S. 85.
[23] Vgl. Tolksdorf, Michael: Dynamischer Wettbewerb, S. 37.
[24] Vgl. Bea, F.X., Dichtl, E., Schweitzer, M.: Grundwissen der Ökonomik, Betriebswirtschaftslehre, 8. Auflage, Stuttgart 2000, S. 419.
[25] Vgl. Bea, F.X., Dichtl, E., Schweitzer, M.: Grundwissen der Ökonomik, S. 419.
[26] Vgl. Grüner, Hans-Peter: Wirtschaftspolitik: Allokationstheoretische Grundlagen und politisch-ökonomische Analyse, Springer, 2007, S. 44.
- Quote paper
- Melanie Steuerer (Author), 2008, Die risikogerechte Prämie in der Kfz-Haftpflichtversicherung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122972
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